50 Jahre UFA-Revue

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November 2008 Künftige Herausforderungen und Chancen der Landwirtschaft 50 Jahre Ein Jubiläumsgeschenk für unsere Leserinnen und Leser

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November 2008

Künftige Herausforderungen und Chancen der Landwirtschaft

50 Jahre

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Fortschritt wird anhalten

Die Tierproduktion wird stets denKonsumentenansprüchengerecht werden müssen. 34

Potenzial nützen

Die Gesellschaft für Pflanzen-bauwissenschaften zur Pflanzenbau-Strategie 2050.24

Wohin geht die Reise?

Vier Megatrends werden die Entwicklung der Landtechnik beeinflussen. 16

Ein Blick vorwärts

In 50 Jahren hat sich die Politikweitgehend aus der Land-wirtschaft verabschiedet. 10

Dynamisch in die Zukunft

Willy Gehriger äussert sich zu den Herausforderungen der fenaco LANDI-Gruppe. 4

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UFA-RevueJubiläumsausgabe der Mitglieder-Fach zeit schrift der LANDI. DieAusgaben Nr. 1, 3, 5, 7-8, 9 und 11der UFA-Revue erscheinen mit imAbonne ment inbe grif fener Beilagedes LANDI-Contact.

ISSN 1420-5106

Herausgeberfenaco, Erlachstrasse 5, 3001 Bern

MitherausgeberLV-St. Gallen und GVS Schaffhausen.

Die Beteiligungen der Heraus geberan anderen Unter neh mungen sind

in den gültigen Geschäfts berichten auf ge führt. Erhältlich beim Verlag.

Redaktion und VerlagTel. 052 264 27 28Fax 052 213 21 61Schaffhauserstr. 6,8401 Winterthur

Dr. Roman Engeler, Chefredaktor; Hans Peter Kurzen, Verlagsleiter

Auflage (WEMF/SW beglaubigt 06)Mitgliederabonnemente 76’852davon deutsch 63’036davon französisch 13’816Gratisauflage 2’976Druckauflage 79’828

Impressum

EDITORIAL

INHALTSVERZEICHNIS

Zwischen der ersten Ausgabe der«UFA+SEG Rundschau», erschienenim Herbst 1958, bis zur aktuellenAusgabe der «UFA-Revue», derFachzeitschrift der LANDI, liegennicht einfach nur 50 Jahre. Eshandelt sich um eine wechselvolle,interessante Zeitspanne, geprägtvon einer rasanten Entwicklung inder Landwirtschaft. Gab es vor 50 Jahren in der Schweiz rund200 000 landwirtschaftlicheBetriebe, so sind es heute nochetwas mehr als 60 000 Haupt- undNebenerwerbsbetriebe. Diedurchschnittliche Betriebsflächenahm in dieser Zeit von knapp 7 auf über 17 Hektar zu.

Auch die UFA-Revue hat in dieserZeit eine Entwicklung durchge-macht, den Namen gewechselt unddas Erscheinungsbild dem Zeitgeistentsprechend immer wiederangepasst. Geblieben ist jedoch daseigentliche Konzept: Das Vermittelnvon Zusammenhängen, Hintergrün-den und Analysen, gleichermassenerarbeitet von externen Fachautorenwie internen Redaktoren, mit demZiel, die Bauern in ihrer täglichenArbeit zu unterstützen. DiesesKonzept hat heute mehr denn jeseine Richtigkeit, werden dochblanke Nachrichten über digitaleMedien schneller und eleganterverbreitet, als Zeitschriften dies tunkönnen.

Auch mit dieser Jubiläumsausgabewill die Redaktion dem bewährtenKonzept treu bleiben. Anstelle einerretrospektiven Betrachtung über«50 Jahre UFA-Revue» wagenverschiedene Experten einen Blickin die Zukunft: Wie wird dieLandwirtschaft morgen wohlaussehen? Welche Herausforderun-gen werden in den nächsten 50 Jahren auf die Bauern zukom-men? Und, wo liegen die spezifi-schen Chancen einer SchweizerLandwirtschaft?

Interessante Themen in einem fürSie hoffentlich spannendenJubiläumsheft!

RomanEngeler

[email protected]

MANAGEMENT

LANDTECHNIK

PFLANZENBAU

NUTZTIERE

«Fortschritt wird anhalten»Christine Flury und Stefan Rieder mit Szenarien für die Zukunft 34

Eugen Brühlmeier, fenaco Geschäftsleitung: «Eingeschlagenen Kurs konsequent weiterverfolgen» 36Vor 50 Jahren: Bedeutung des Stallklimas entdeckt 40

«Potenzial nutzen»Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften zur Strategie 2050 24

Werner Kuert, fenaco Geschäftsleitung:«Hilfsstoffhandel und Abnehmer bereiten sich vor» 29Vor 50 Jahren: Ackerbau schon früher fortschrittlich 30

«Ein Blick vorwärts»Heidi Bravo zur (möglichen) Schweizer Landwirtschaft in 50 Jahren 10

Professor Enno Bahrs: Agrarbetriebe im 21. Jahrhundert 11fenaco-Präsident Lienhard Marschall:«Der wichtigste Beruf der Welt» 12Vor 50 Jahren: Das Landwirtschaftsgesetz 13

«Wohin geht die Reise?»So sieht Karlheinz Köller die Landtechnik von morgen 16

Vor 50 Jahren: Import-Kontingente aufgehoben 17SLV-Präsident Jürg Minger:«Überdurchschnittliche Dienstleistungen weiter gefragt» 19

FENACO

«Verantwortungsvoll und dynamisch in die Zukunft»Interview mit Willy Gehriger, Vorsitzender der fenaco Geschäftsleitung 4

LANDI-Geschäftsführer Martin Bieri:«Konkurrenzkampf wird härter» 6Vor 50 Jahren: Bezugs- und Absatzgenossenschaften 7

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FENACO

Der neu kreierte Begriff «körper-schaftlicher Konzern» steht heute teil-weise für die einstige Bezeichnung «Genossenschaftsverband» und sym-bolisiert die enge Zusammenarbeitzwischen LANDI und fenaco. Jedermacht das, was er am besten kann undwo er am effizientsten ist. Für den End-kunden ist es letztlich nicht relevant,wer welche Aktivität macht – für ihnmuss die Leistung stimmen. NehmenSie als Beispiel den Mischfuttersektor:Einst betrieben wir viele dezentraleMischfutterwerke. Wir sahen aberschon früh, dass man die Werke zen-tralisieren muss, will man weiterhinwettbewerbsfähig Mischfutter produ-zieren. Nicht jede LANDI sah dies je-doch gleich, weil sie vielleicht selbstBesitzerin eines Mischfutterwerks war.Solche Prozesse verursachen Spannun-gen, die im Dialog gelöst werden müs-sen.

Dialog – zusammen reden, das sagt sichleicht. Was steckt bei der fenaco dahin-ter?

Wir reden intensiv mit der Basis, mitden LANDI-Vorständen und -Geschäfts-führern. Dabei geht es um Fakten undStrukturen. Wir wollen auch die Unter-nehmenskultur fördern und weiter ent-wickeln. Auftretende Spannungen sindimmer Energie und Motor für Ideen, umgemeinsam vorwärts zu kommen.

Die fenaco ist in den letzten Jahren ste-tig gewachsen, wird heute da und dort alsAgrarriese bezeichnet. Ein Riese erweckthin und wieder Ängste. Was unterneh-men Sie dagegen, damit diese Ängste be-seitigt werden, respektive gar nicht erstaufkommen?

DIE FENACO entwickelte sich in den vergangenen 15 Jahren zu einem effizienten

Unternehmen, in dem die Bauern nach wie vor die Hauptrolle spielen. Willy Gehriger,

Vorsitzender der fenaco Geschäftsleitung, zeigt die künftigen Herausforderungen auf.

Verantwortungsvoll und dynamisch in die Zukunft

RomanEngeler

DanielaClemenz

50 JAHRE UFA-REVUE

UFA-Revue: Vor rund 150 Jahrenhaben sich die ersten landwirtschaft-lichen Genossenschaften als Selbst-hilfeorganisationen gebildet. Dieser

Idee blieb man bis heute treu. Wird diesauch in Zukunft so sein?

Willy Gehriger: Das Genossenschafts-wesen entwickelt sich sehr gut, sowohlin der Schweiz, als auch im Ausland. DerGenossenschaftsgedanke, dass die Bau-ern Besitzer ihrer Werkzeuge und ihrerInfrastrukturen sind, ist immer noch festverankert. Das ist auch sinnvoll, dennder Primärsektor wird immer hart zukämpfen haben und sich auch in Zu-kunft verteidigen müssen. Es gibt aberin der Landwirtschaft auch Organisati-onsformen, die nach anderen Spielre-geln funktionieren.

Beispielsweise LANDI, die als Aktien-gesellschaften firmieren?

Ja, aber dabei handelt es sich um sogenannte genossenschaftliche Aktien-gesellschaften (AG) und auch bei diesenLANDI AG steht der Genossenschafts-gedanke in Zentrum. Sie sind dort ent-standen, wo es zu einer Kooperationvon Genossenschaft und der fenaco-Gruppe kam. Eine AG ist halt jene juris-tische Form, in der eine solche Koope-ration rechtlich korrekt geregelt werdenkann. Wir setzen uns stets dafür ein,dass die Landwirte Aktionäre werdenund dadurch die Interessen ihrer LANDI wahrnehmen. Kurz gesagt, eineLANDI AG ist juristisch gesehen eineAktiengesellschaft, funktioniert aberwie eine Genossenschaft.

Die Genossenschaftswelt hat sich ver-ändert, die Zahl der LANDI sinkt und be-trägt heute noch etwas mehr als 300. Zu-

dem sehen die LANDI vermehrt Nicht-Landwirte als Kunden. Ist diese Entwick-lung erwünscht?

Die Hauptaufgabe der Genossen-schaft wird immer in der Landwirtschaftliegen, auch wenn es künftig wenigerBauern und Betriebe geben wird. Wirwollen aber weiterhin dynamische undaktive Genossenschaften mit einerGanzjahresbeschäftigung der Angestell-ten. So ist es erwünscht, dass wir nicht-landwirtschaftliche Kreise als Kunden inden LANDI-Läden gewinnen können.

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Der Genossen-schaftsgedankeist immer nochfest verankert.

Was bedeutet dieser Trend für die fenaco?

In der ganzen Branche wird die Pro-fessionalisierung weiter zunehmen, umdie Qualität der Dienstleistungen wei-ter zu verbessern. Dies gilt für die LANDI wie für die fenaco. Wir engagie-ren uns deshalb intensiv in der Aus- undWeiterbildung. Wir wollen, dass dieLANDI-Mitarbeiter die Bauern kompe-tent bedienen und beraten können. Ei-ne herausragende Agrarkompetenz istfür uns wichtig.

Die fenaco sieht sich heute als körper-schaftlicher Konzern in enger Verbindungmit den LANDI. Wo sehen Sie die Vortei-le dieser engen Partnerschaft?

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aufmerksam. Steht diese Haltung nichtim Widerspruch zu einem Handelsunter-nehmen und zur eigenen Exporttätigkeit?

Wenn man die fenaco als privatesHandelsunternehmen betrachten wür-de, könnte man dies bejahen. Denn ichsehe ebenso viele Geschäftsfelder, in de-nen wir Gewinn machen, wie solche, indenen wir Verluste einfahren würden.Dass der Handel auch nach diesen Ab-kommen funktioniert, steht ausser Zwei-fel. Aber wie sieht es mit der Inlandpro-duktion aus? Nehmen wir Österreich.Dort werden jährlich 700 000 Schweineimportiert, geschlachtet, verarbeitet unddas Fleisch wieder exportiert. Manspricht dann von Exportsteigerungen,aber davon hat der österreichischeSchweineproduzent herzlich wenig. Diefenaco bezweckt, eine produzierendeSchweizer Landwirtschaft zu fördern,und da steht ein Freihandelsabkommenmit der EU quer in der Landschaft.

JUBILÄUMSAUSGABE

50 JAHRE UFA-REVUE

Willy Gehriger: «In der ganzenBranche wird die Professionalisie-rung zunehmen, um die Qualitätder Dienstleistungen weiter zuverbessern».

Die fenaco ist zu 100 % einbäuerliches

Unternehmen.

Die Gründung der fenaco gab bei un-seren Mitbewerbern nicht nur Anlass zuFreude, das ist klar. Wir sind nicht nurgewachsen, wir sind vor allem effizien-ter geworden und haben Marktanteilegewonnen. Es gibt scheinbar Leute,nach deren Meinung sollen die Bauernund ihre Organisationen klein bleiben.Wenn sie trotzdem grösser werden,kann dies Ängste wecken, daher viel-leicht der Ausdruck «Agrarriese». Aberehrlich gesagt, es gibt in der Schweiz an-

dere Unternehmen, auch im Bereich derLebensmittelveredlung, zu denen derAusdruck «Riese» besser passen würde.Die fenaco ist zu 100 % ein bäuerlichesUnternehmen, aktive Bauern sind in derUnternehmensführung vertreten.

Die Globalisierung mit WTO-Abkom-men oder dem europäischen Agrarfrei-handel verunsichert die Schweizer Land-wirte. Sie als fenaco machen stets aufnegative Konsequenzen für die Bauern

In welchen Geschäftsfeldern wird essehr schwierig werden?

Beim Fleisch wird die Schweiz imGastro- und Tiefpreissegment niemalsmithalten können. Insgesamt dürftedie Schweineproduktion um einenDrittel zurückgehen. Selbst bei denSpezialitäten im Hochpreissegmentdarf man sich keine Illusionen machen.Die Konkurrenz ist stark, man denkenur an den Parmaschinken. Es liegt inder Natur der landwirtschaftlichen Pro-duktion: Je mehr Premium-Produkteerzeugt werden, desto mehr wird auchRestware produziert, und was machenwir damit?

Der Bundesrat sieht aber Begleitmass-nahmen zur Abfederung der negativenAuswirkungen eines Freihandelsabkom-men vor.

Selbst damit wird es für alle Beteilig-ten hart werden. Die dafür vorgesehen

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3 Mrd. Fr. werden allenfalls reichen, umallfällige Restwerte abzuschreiben, aberfür Investitionen in die Zukunft reichtdas nicht. Dafür würde es jährlich diesen Betrag brauchen. Wir haben nun mal nicht gleich lange Spiesse wiedie Länder in der EU.

Sehen Sie in der Globalisierung, imÖffnen der Grenzen nicht auch Chancen– sowohl für die Bauern als auch für dasUnternehmen fenaco?

Ach sehen Sie, der Freihandelsgedan-ke ist alt und die Idee, Grenzen abzu-

bauen, beschäftigt die Politiker schonseit Jahrzehnten. Aber in den letztenJahren wurden weltweit mehr Grenzenauf- als abgebaut. Ehrlich gesagt, imFreihandel sehe ich eher geringe Chan-cen. Man darf nicht naiv sein. In Europaherrschen andere Spielregeln. Ein Ver-arbeitungsbetrieb im Südtirol erhält beiInvestitionen bis zu 80 % Unterstützungdurch die EU und durch die Landesre-gierung. Auch das Erstellen von Bautenin der Landwirtschaftzone ist dort mög-lich. Solche Voraussetzungen werdenwir in der Schweiz nie haben.

Seit der Bund sich 2001 aus der Ge-treidevermarktung zurückgezogen hat,agiert die fenaco erfolgreich in diesemSegment, wirtschaftlich rationell undzum Wohle der Bauern. Ein ähnlicher Li-beralisierungsschritt ist zurzeit im Milch-markt aktuell. Von Aussen hat man dasGefühl, dass es dabei um einiges harzigerläuft, als damals beim Getreide. Wie be-urteilen Sie diese Entwicklung? Haben Sieallenfalls Tipps für die Milchbranche?

Getreide und Milch sind nur be-schränkt vergleichbar. Bei der Milchsteckt ein industrieller Verarbeitungs-

FENACO

50 JAHRE UFA-REVUE

Konkurrenzkampf wird härter

Als grösste Herausforderung einerLANDI sieht Martin Bieri dieAgrarpolitik. «Der Rückzug der Politik

hat nach wie vor immense Auswirkungenauf die Bauern, die Landwirtschaft undauch auf eine LANDI. Gewisse Bauernwerden extensivieren, auf diese Art ihreDirektzahlungen optimieren und vollzie-hen, was die Politik will. Andere richtensich nach dem Markt aus, produzierenintensiv, erzeugen Qualitätsprodukte ingrossen Einheiten – und stossen an ihreGrenzen.»

Martin Bieri ist Sohn eines LANDI-Geschäftsführer, lernte Landwirt und führtseit 1995 die Geschicke der LANDI Kerzersund Umgebung. Diese LANDI ist einge-zwängt in der Dorfzone, die Gebäude sindwenig funktional. «Wir müssen in dieIndustriezone expandieren», sagt Bieri.

Geplant ist, zusammen mit den LANDIAarberg, Treiten und Ins die LANDISeeland zu gründen.

Um in den verschiedenen Agrargeschäftenerfolgreich zu sein, müsse dem Handeljederzeit alles in verlangter Menge undQualität zur Verfügung stehen, betontBieri. «Man muss deshalb stets etwas mehrals eigentlich nötig im petto haben, eine sogenannte Risikomenge». Man versucheaber ausgleichend auf den Markt zuwirken, erklärt Bieri und ergänzt: «Wirhaben zum Beispiel für den Bohnenanbaueinen Mengen- und Aktionsfonds, einen sogenannten Verkaufsförderungsfondseingerichtet, um in Härtefällen dieMarktschwankungen ausgleichen zukönnen». Trotzdem brauche es gemässBieri auch künftig eine regulierende(staatliche) Hand bei grossen Markt-schwankungen. Schliesslich gelange manim Finanzsektor auch zu dieser Einsicht.

Der Boden ist der begrenzende Produktions-faktor, vor allem bei den intensiv produzie-renden Gemüsebaubetrieben im Seeland.

Die Gemüsebauern brauchen Land, umeine vernünftige Fruchtfolge einhalten zukönnen. Flächentausch zwischenGrünland- und Gemüsebetrieb sindgefragt. «Aber die Bauern haben Mühemiteinander zu reden und solche Sachenzu regeln. Die Interessenlagen sind zuunterschiedlich, manchmal ist es aucheine Generationenfrage», erklärt Bieri.Solche Differenzen unter den Bauernwerden in Zukunft noch ausgeprägtersein und der Konkurrenzkampf werdegrösser, ist Bieri überzeugt. Verstärkt wirddieser Trend durch die Einkaufskonzen-tration der Detailhändler mit ihrenLogistikplattformen.

«Ein LANDI-Geschäftsführer muss zurLösung solcher Zielkonflikte beitragen.Wir haben schon viele Schritte in dieseRichtung gemacht. Die überbetrieblicheZusammenarbeit kann durchaus nochintensiviert werden. So lassen sichnämlich massiv Maschinen- undGebäudekosten sparen», meint MartinBieri abschliessend.

Wie sieht ein LANDI-Geschäfts -führer wie Martin Bieri die Zukunftder Landwirtschaft?

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Die Hauptaufgabeeiner Genossenschaftwird immer in derLandwirtschaft liegen,selbst wenn man auchnicht-bäuerliche Kreiseals Kunden gewinnenmöchte.

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prozess dahinter, beim Getreide hinge-gen übernehmen wir die Lagerung, dieReinigung, halten die Kosten so tief wiemöglich und verkaufen das Getreide wei-ter. Dahinter steckt eine echte genos-

Die grösste Herausforderung wirdsein, mit überdurchschnittlichenDienstleistungen die Bauern zu unter-stützen. Dazu müssen wir unsere Struk-turen modernisieren und restrukturie-ren. Bei den LANDI wird es weiterhinFusionen und Zusammenschlüsse ge-ben. Die Kommunikation mit der bäu-erlichen Basis, auch mit den übrigenKunden, muss intensiv gepflegt werden.Eine weitere Herausforderung ist dieweltweite Knappheit bei Produktions-mitteln, zum Beispiel beim Dünger. DieBeschaffung dürfte nicht mehr so selbst-verständlich sein, wie in den letztenJahrzehnten. Ein gewisser Unsicher-heitsfaktor ist die Politik. Nur wenn dieagrarpolitischen Massnahmen bekanntsind, kann ein Unternehmen wie die fe-naco strategisch korrekt planen.

Sie sind momentan Vizepräsident,demnächst Präsident von «IntercoopEurope», dem europäischen Verband derGenossenschaften. Wie arbeiten Sie indiesem Gremium zusammen?

Zusammenarbeit ist immer ein The-ma. Dass wir gegen ein Freihandels-abkommen sind, heisst nicht, dass wiruns abschotten. Wir suchen die Kooperation, aber aus einer gewissenStärke heraus. Macht man dies nicht,verliert man seine Identität. Wir ver-gleichen unsere Zahlen regelmässig mitjenen unserer Partner im Verband.Auch wenn wir im Vergleich zuDeutschland oder Frankreich ein etwaskleineres Unternehmen sind, beweisenunsere Zahlen, dass wir effizient arbei-ten. Im Oktober gründeten wir eineneue Handelsgenossenschaft mit Sitz inder Schweiz. Beteiligt sind sieben euro-päische Genossenschaftsverbände. Ziel

In den 1950er Jahren gab es in der Schweiz rund1127 Bezugs- und Absatzgenossenschaften in siebenregionalen und zwei kantonalen Verbänden, denen

etwas mehr als 120 000 Mitglieder angehörten. DieVerbände befassten sich damals mit dem Grosseinkaufvon Produktionsmitteln und der Verwertung vonLandesprodukten. In Gebieten mit viel Ackerbau undkleinbäuerlichen Verhältnissen besassen die Genossen-schaften meist einen Maschinenpark, den sie ihrenMitgliedern zur Verfügung stellten. Statutengemäss oblagvielen Genossenschaften auch die Beratung und dieOrganisation von Weiterbildungen mit Kursen, Demons-trationen und Besichtigungen. Der Umsatz aller Verbändebelief sich vor 50 Jahren auf rund 400 Mio. Fr. Davonentfiel knapp ein Drittel auf den Getreideverkehr. Dasmahlfähige inländische Brotgetreide wurde im Auftragund auf Rechnung der Eidgenossenschaft übernommen.Fakten zum landwirtschaftlichen Genossenschaftswesentrug damals Ernst Durschi, VOLG-Präsident und ETH-Professor, zusammen. In seiner Publikationen Mitte der1950er Jahre vermerkt er: «Ohne die genossenschaftlicheZusammenarbeit, durch welche die eher ungünstige‹marktstrategische Position› der klein- und mittelbäu-erlichen Betriebe in der Konkurrenzwirtschaftganz wesentlich verbessert wurde, wäredie Landwirtschaft in unseremIndustriestaat auf verlorenem Posten,trotz des kürzlich vom Volke an ge -nommenen Bundesgesetz über dieFörderung der Landwirtschaft unddie Erhaltung des Bauernstandes.»

Quelle: Ernst Durtschi, Die landwirt-schaftlichen Genossenschaften derSchweiz.

Bezugs- und Absatzgenossenschaften

vor

50 J

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JUBILÄUMSAUSGABE

50 JAHRE UFA-REVUE

Die fenaco bezweckt, eineproduzierende

Schweizer Land-wirtschaft zu

fördern.

senschaftliche Lösung mit einer Margevon weniger als 2 %. Übrigens einigestiefer, als dies früher bei der staatlichenLösung der Fall war. Mit Tipps für dieMilchbranche halte ich mich zurück, dasist nicht unser Geschäft.

Wo liegen für Sie die künftigen Her -ausforderungen einer fenaco?

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FENACO

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wird sein, einen Teil der nichtlandwirt-schaftlichen Aktivitäten zu bündeln.

Stecken benachbarte Genossenschafts-verbände ihre Fühler in Richtung Schweizaus?

Das wird regelmässig versucht, nichtnur die benachbarten, sondern auchUnternehmen aus den Niederlandenoder gar Irland machen dies. Aber dieeuropäische Etikette alleine bedeutetnicht, dass in der Schweiz erfolgreichergeschäftet werden kann, als wir diestun. Wir haben aufgrund unserer Leis-tungen eine starke Marktposition er-reicht und sind dynamisch, entspre-

chend sind diese Eindringungsversuchenicht automatisch erfolgreich.

Wie beurteilen Sie die Auswirkungenvon spekulativen Geschäften auf dielandwirtschaftlichen Rohstoffe?

Diese Spekulation ist verheerend.Landwirtschaftliche Rohstoffe sind Le-bensmittel und die Nahrungsversorgunggehört zu den Menschenrechten. Derweltweite Getreidehandel liegt in denHänden von acht Firmen, die Konzen-tration beim Düngerhandel ist nochgrösser. Wenn eine liberale Einstellungmit einem hohen gesellschaftlichen Ver-antwortungsbewusstsein gekoppelt ist,resultiert daraus Erfolg und auch Wohl-stand. Gerade die Finanzmärkte führenuns aber die dramatischen Folgen vorAugen, wenn der Bezug zur Realität ver-loren geht. An der Börse sind virtuelleWelten entstanden, in denen es nurnoch darum geht, möglichst schnellsehr viel Geld zu verdienen. In diesenStrudel sind auch die landwirtschaftli-

chen Rohstoffmärkte geraten. Es brauchtKontrollmechanismen, denn an der Bör-se und im Freihandel folgen die Nah-rungsmittel der Kaufkraft und nicht denhungrigen Mägen. Die WTO versagt indiesem Bereich völlig. Aber Indien undChina sind aufgewacht. Hohe Export-zölle verhindern dort die Ausfuhr vonNahrungsmitteln, damit genug da ist,um die eigene Bevölkerung zu ernähren.Ich bin zuversichtlich, dass immer mehrLänder dies auch so sehen werden.

Abschliessend zurück zur unmittelba-ren Zukunft. Im vergangenen Jahr konn-te die fenaco mit einem Umsatz von 4.8Mrd. Fr. und einem Ergebnis von 64 Mio.Fr. den besten Abschluss seit der Grün-dung erzielen. Wie sehen die Tendenzenfür das laufende Geschäftsjahr aus?

Wir werden beim Umsatz die Schwel-le von 5 Mrd. Fr. wohl überschreiten,vor allem aufgrund der Teuerung beiden Energie- und Rohstoffpreisen. DasUnternehmensergebnis wird nicht ganzdort sein, wo wir im vergangenen Jahrlagen, jedoch werden die Budgetwertesicher erreicht. �

Dr. Willy Gehriger leitet seit 2002 alsVorsitzender der Geschäfts leitung dieGeschicke der fenaco. Der Waadt länderAgronome promovierte an der ETH inZürich und leitete danach während 12 Jahren den Bereich Kartoffeln undNeusaaten an der ForschungsanstaltChangins. 1989 trat er in den West-schweizer GenossenschaftsverbandUCAR ein. Nach der Fusion zur fenacoleitete er ab 1993 das DepartementPflanzenbau. Neben der Funktion alsVorsitzender der fenaco Geschäftsleitungist Gehriger seit 2002 zuständig für dasDepartement Landesprodukte.

INFINFO BOXBOXINFO BOXINFO BOXwww.ufarevue.ch 11 · 08

Ein gewisserUnsicherheits-faktor ist dieAgrarpolitik.

Ein Freihandels-abkommen

mit der EU stehtquer in derLandschaft.

Die Verantwortlichender fenaco haben früherkannt, dass einegewisse Zentralisie-rung der Mischfutter-produktion nötig ist,will man auch künftigwettbewerbsfähigFutter produzieren.

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MANAGEMENT

Wenn man den Blick nicht zurück,sondern vorwärts in die Zukunftrichtet, so kann man zwar aus derVergangenheit lernen, doch unter

welchen Rahmenbedingungen dieLandwirte in 50 Jahren arbeiten wer-den, ist sehr ungewiss. Der Klimawan-del wird weiter gehen, in der Schweizwird es voraussichtlich einige Gradewärmer sein. Für die landwirtschaftlicheProduktion kann dies – verbunden mitausreichend vorhandenem Wasser im

Wasserschloss Schweiz – vorteilhaft seinund die landwirtschaftlichen Erträgewerden steigen, dies im Gegensatz zuandern Regionen Europas und der Welt.Die Entwicklungen und Ereignisse derletzten Monate und Wochen auf denKapital- und Agrarrohstoffmärkten so-wie auf dem Energiemarkt haben ge-zeigt, wie schnell sich Rahmenbedin-gungen ändern können. Die Grenzenwerden infolge von WTO und einer wei-teren Annäherung an die EU offener

sein. Die internationalen Märkte wer-den immer unberechenbarer und Turbulenzen werden direkt auf dieschweizerische Landwirtschaft über-schwappen. Gleichzeitig wird sich auchdie Einkommensschere zwischen gut bissehr gut verdienenden und ärmeren Be-völkerungsschichten weiter öffnen.

Rückzug der Agrarpolitik DerBund wird sich aus der Agrarpolitik weit-gehend zurückgezogen haben. Einzig für

IN 50 JAHREN wird sich die Politik weitgehend aus der Landwirtschaft

verabschiedet haben. Die Landwirte haben sich einerseits voll auf eine intensive

Produktion spezialisiert oder sich anderseits als Botschafter für eine naturverbundene

Lebensweise der Landwirtschaft und Vermittler zu den Konsumenten profiliert.

Ein Blick vorwärts

Heidi Bravo

50 JAHRE UFA-REVUE

Veränderte Rahmenbedingungenhaben zur Folge, dass die Betriebesich weiter spezialisieren odervergrössern werden.Bild: VSGP

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UFA-REVUE · 11 2008 JUBILÄUM 11

vom Steuerzahler geforderte öffentlicheLeistungen, wie schöne Landschaften,Biodiversität oder Tierwohl, wird derBund Auflagen erlassen und einzelneLeistungen über Direktzahlungen abgel-ten. Die Konsumenten werden je nachverfügbarem Einkommen und Überzeu-gung noch mehr als heute verschiedeneQualitäten von Nahrungsmitteln nach-fragen. Einfache Deklaration, Rück -verfolgbarkeit und Sicherheit der Nahrungsmittel werden eine Selbstver-ständlichkeit sein.

Spezialisierung Diese verändertenRahmenbedingungen haben für dieschweizerischen Landwirtschaftsbetrie-be weit reichende Konsequenzen. Dieeinen Betriebe werden sich stark spe-zialisieren, intensiv produzieren undwenn immer möglich, sich vergrössern.

Andere Betriebe werden das Bild des typischen Landwirtschaftbetriebes des20. Jahrhunderts weiter entwickeln,sich weiter diversifizieren und zuneh-mend als Botschafter der Landwirtschaftund Vermittler zu den Konsumentenauftreten.

Die erste Kategorie der Betriebe wirdsich über den Zukauf von Flächen undProduktionsrechten oder aber über ver-schiedenste Formen der überbetriebli-chen Zusammenarbeit vergrössern. Die-se Betriebe werden auf den Marktausgerichtet, effizient und nach neues-ten Erkenntnissen produzieren. In derMilchproduktion werden Melkrobotereinen Teil der Arbeit übernehmen, diegemolkene Milch wird elektronisch er-fasst und die Futterration entsprechendbestimmt. Die Produzenten und Verar-beiter haben sich privatrechtlich auf ein

funktionierendes Mengenmanagementgeeinigt. Neueste Technologien werdenauch im Pflanzenbau eingesetzt unddurch den Klimawandel ist der Anbauneuer Kulturen und Spezialitäten inAcker-, Obst- und Gemüsebau wirt-schaftlich erfolgreich. SchweizerischeSpezialitäten sind im Ausland gefragt

JUBILÄUMSAUSGABE

50 JAHRE UFA-REVUE

Die Konsumentinnen werden je nachverfügbarem Einkommen undÜberzeugung noch mehr als heuteverschiedene Qualitäten von Nahrungsmitteln nachfragen.

Agrarbetriebe im

21. Jahrhundert

Derzeit befindet sich die Landwirtschaft global in einem sichdynamisch veränderndem Umfeld. Zwei treibende Kräfte steckendahinter: Der Bevölkerungszuwachs, begleitet von veränderten,

anspruchsvollere Ernährungsgewohnheiten, und der zunehmendeVerbrauch fossiler Energie mit der Notwendigkeit, diese mindestensteilweise durch Biomasse zu ersetzen. Während früher agrarpolitischeInterventionsmechanismen in Überschusssituationen die Preise nachunten absicherten, aber auch nach oben nicht viel Erwartungs-potenzial übrig liessen, werden die künftigen Märkte durch einhöheres Mass an Unsicherheit geprägt sein.

Mit abnehmenden agrarpolitischen Interventionsmechanismen werden betriebliches Informations- und Risikomanagement wichtiger.Agrarunternehmer sollten sich künftig noch weniger davor scheuen,einen Blick auf die Entwicklung internationaler Märkte zu werfen. ImZeitalter der Globalisierung von Agrarmärkten beeinflussen Ernten inAustralien, Überschwemmungen in lowa oder Tierseuchen in Englanddie Entwicklung inländischer Marktpreise. Während sich früher diePreiserwartungen in relativ schmalen Bandbreiten bewegten, wirddiese Spanne zukünftig grösser werden. Das Potenzial von Preisaus-schlägen nimmt zu und die Märkte werden noch weniger gutprognostizierbar. Es wird für alle Marktbeteiligten schwieriger,Angebot und Nachfrage ausreichend vorauszusehen und mit demnotwendigen Verhandlungsgeschick zu begleiten.

Wer an dieser Stelle schlecht prognostiziert und verhandelt, wird imkünftigen Wettbewerb stärker als zuvor das Nachsehen haben. DasVerhandlungsmanagement gewinnt an Bedeutung. Damit schlägt auchdie Stunde der wachstumswilligen und wachstumsfähigen Agrarunter-nehmer. Entscheidend wird aber sein, wer auch in schlechten ZeitenOberwasser behalten und die Schwächen anderer für das eigeneWachstum nutzen kann.

Insgesamt ergeben sich steigende Anreize für eine höhere Produktionsintensität, die noch höhere Herausforderungen an denUmwelt- und Naturschutz erfordern. Steigende Preise führen dazu, die Betriebsmittel noch effizienter einzusetzen. Eine zunehmendeTechnisierung (Precision Farming, Precision Livestock Farming) wirddie Agrarunternehmer entsprechend unterstützen. Die Offenheitgegenüber technischen Innovationen wird wichtig sein, um diese bei angemessenem Preis-Leistungs-Verhältnis in die Praxis implementieren zu können.

Dr. Enno Bahrs, Professor für landwirtschaftliche Betriebslehre an derUniversität Hohenheim (D).

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und durch den durchgehenden Schutzvon Herkunftsbezeichnung und be-kannten Marken können Marktanteileim Ausland gewonnen werden. Ander-seits werden auch mehr Produkte im-portiert, vor allem solche im Billigseg-ment. Der Abschluss von Verträgen mitGrossverteilern und andern Abnehmernverlangt von den Betriebsleitern fun-diertes ökonomisches Wissen und Ver-handlungsgeschick. Für Betriebsleitergehören leistungsstarke Taschencompu-ter mit integriertem Telefon, die alle Ab-läufe auf dem Hof erfassen, längst zumalltäglichen unverzichtbaren Arbeitsele-ment.

Diversifizierung Die zweite Kate-gorie von Betrieben kann oder will denWeg der effizienten, rein auf den Marktausgerichteten Landwirtschaft nichtgehen. Der Familienbetrieb mit seiner

MANAGEMENT

50 JAHRE UFA-REVUE

Wichtigster Beruf der Welt

Lienhard Marschall, Landwirt undLohnunternehmer aus Neuenegg (BE),stellte sich vor etwas mehr als

20 Jahren die Frage, wie er neben seinerangestammten Tätigkeit auch im Umfeldder Landwirtschaft etwas bewegen kann.Unzufrieden mit der LANDI Neuenegg saher sich damals vor die Wahl gestellt:«Entweder trete ich aus der LANDI ausoder helfe im Vorstand mit, aus derangeschlagenen LANDI wieder einrentables Unternehmen zu machen».

Mit Erfolg, konnte doch die LANDINeuenegg mit neuen Leuten wieder aufErfolgskurs gebracht werden. Marschallselbst fand am GenossenschaftswesenGefallen, engagierte sich weiter und istheute Verwaltungspräsident der fenaco.Eine intensive, aber interessante Aufgabe,wie er betont. «Ich kann die Sicht Bauerneinbringen. Die Geschäftsleitungssitzungensind für mich sakrosankt, dort fühle ich den Puls des Unternehmens.» Marschallfindet es wichtig, dass die bäuerliche Basis

in ihren Unternehmen, aber auch in derPolitik Einfluss nimmt. Allerdings weiss ernur zu gut, dass für solche Engagementsauch immer die notwendige Zeit gefundenwerden muss.

Bei den Marschalls teilen sich VaterLienhard und Sohn Michael, der sichmomentan auf die Meisterprüfungvorbereitet, das grosszügige und moderneingerichtete Büro im Bauernhaus. JedenMorgen diskutieren sie über die Tages -planung. Aber auch strategische Fragen zuden einzelnen Betriebszweigen, Anbau-Markt- und Investitionsplanungen werdenbehandelt. In der Buchhaltung siehtLienhard Marschall ein wichtiges Instru-ment der Betriebsführung. Als mehrwert-steuerpflichtiger Betrieb ist er angehalten,die Buchführung «à jour» zu halten, denndiese liefert ihm die Grundlagen fürwichtige Entscheide. Ohne dies käme ersich wie ein Blinder vor, allenfalls versehenmit einem Blindenstock, wenn dieResultate erst Mitte des Folgejahrs

einträfen. Für eine erfolgreiche Betriebs -planung braucht es aber mehr als Zahlen.«Man muss mit sich selbst ehrlich sein, dieeigenen Schwächen und Stärken erkennen,das Wünschbare vom Mögliche unterschei-den und zuerst mit jenen Steinen bauen,die vorhanden sind». Als grosses Problemder Schweizer Landwirtschaft erachtetMarschall die hohen Strukturkosten vonGebäuden, Maschinen und Einrichtungen.«Weniger als die reinen Anschaffungskos-ten beschäftigen mich die notwendigen 2 Mrd. Fr., die in der Gesamtrechnung derSchweizer Landwirtschaft für die jährlichenAbschreibungen ausgewiesen werden». Umdiese Kosten zu senken, so Marschall, seieine bessere Auslastung der Maschinenzwingend erforderlich, das heisse abergleichzeitig weniger Maschinen anschaffen.

Als weitere Herausforderung der Zukunftsieht Lienhard Marschall, die Leistungender Landwirtschaft einer breiten Öffent-lichkeit verständlich zu machen. «Heutegeht fast vergessen, dass ein Bauer

Lienhard (l.) und Michael (r.) Marschallsetzen sich für eineproduktive SchweizerLandwirtschaft ein.

Moderne Informations-technologien wie beispielsweiseleistungsfähige Taschencomputerwerden zu einem unverzichtbarenArbeitsinstrument.

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UFA-REVUE · 11 2008 JUBILÄUM 13

diversifizierten Produktion im Kreislaufmit der Natur, dem typischen bäuerli-chen Familienleben, mit Hofhund, Kat-ze, Blumen- und Gemüsegarten ent-spricht dem Wunsch der Bevölkerung.Der Grossteil der Produkte wird überdie Direktvermarktung abgesetzt, wo-bei sich verschiedene Betriebe oftmalsfür die Verarbeitung und Vermarktungihrer Produkte zusammenschliessen.Die Leiter dieser Betriebe verfügenüber eine hohe Sozialkompetenz. Vie-le dieser Betriebe bieten Ferien aufdem Bauernhof, Kinder- und Alten-betreuung sowie Angebote im Freizeit-bereich an. Es gibt Möglichkeiten zurBetreuung verschiedenster Tiere vomPensionspferd, über Hunde und Katzenbis zum Altenbrot für Tiere. Der Auf-enthalt auf dem Bauernhof gehört insSchulprogramm. Die Kinder können sopraxisnah in Themen aus Biologie,Ökologie, Gartenbau, Gesundheit oderKochen eingeführt werden. Damit wirddas Verständnis der Jugend für denKreislauf der Natur gefördert, denn nurnoch wenige Kinder werden einen di-rekten Bezug zur Landwirtschaft haben.Auf dem Grossteil dieser Betriebestammt das Haupteinkommen aus pa-ralandwirtschaftlicher oder nichtland-wirtschaftlicher Tätigkeit.

Je nach der geographischen Lage derBetriebe und den Neigungen der Bau-ernfamilie drängt sich das eine oder an-dere Modell auf. Die Betriebsmodellewerden sich angepasst haben und auchverschiedene Zwischenformen werdenweitergeführt. Die Zusammenarbeit mitTourismus, Naturparks und Gewerbewird den Alltag prägen und die Bauern-familien werden als im Dorf verwurzelteMitglieder der Gesellschaft hoch ge-schätzt.

Anliegen der Gesellschaft EinTeil der Bevölkerung wird sich kaum fürNatur und Landwirtschaft interessieren.Diese Konsumenten werden möglichstgünstige Nahrungsmittel nachfragen oh-ne zu fragen, wie sie produziert wurdenoder woher sie kommen. Der Preis istder entscheidende Faktor. Der Grossteilder Bevölkerung wird aber eine schöneErholungslandschaft, die vielfältigen An-gebote der Landwirtschaft, unterschied-liche Bewirtschaftungsarten und die Of-fenheit der Bauernfamilien im direktenKontakt schätzen. Diese Konsumentenunterstützen die Landwirtschaft durchden Kauf von Nahrungsmitteln undDienstleistungen und werden so auch in50 Jahren die Zukunft der schweizeri-schen Landwirtschaft sichern. �

JUBILÄUMSAUSGABE

50 JAHRE UFA-REVUE

Autorin Dr. Heidi Bravo ist seit 1993für den schweizerischen Bauernverbandtätig. Von 1997 bis 2005 war sie Leiterindes Departements Agrarwirtschaft undInternationale Beziehungen und Mitgliedder Geschäftsleitung. Als Leiterin StabInternationales vertrat sie im Sommerdie Interessen der Schweizer Bauern ander WTO-Runde in Genf.

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Lebensmittel wie Milch, Brot oderFleisch produziert». Für Marschall ist der Beruf des Landwirts denn auch einerder wichtigsten auf der Welt. DenHunger zu stillen, gehöre schliesslich zuden Existenzbedürfnissen und zu denGrundrechten der Menschen. «Währendjenen zwei Stunden, in denen manbeispielsweise die UFA-Revue liest,wächst die Weltbevölkerung um rund19 000 Menschen, die zusätzlich ernährtwerden müssen», betont Marschall. Das gelinge aber nur, wenn jeder Staatfür eine gewisse Mindestgrund-versorgung einstehe und die Bauern zu Kosten deckenden Preisen produzie-ren könnten.

Dies meint Lienhard Marschall durchausmit kritischem Blick in RichtungGrenzöffnung: «Ich wünsche mir, dassdie Nahrungsmittel produzierendeLandwirtschaft nicht dem Stakeholder-Denken der ‹Globalisierungstechnokra-ten› zum Opfer fällt».

1954 trat das eidgenössische Landwirtschaftsgesetzin Kraft. Ziel war, einen gesunden Bauernstand undeine leistungsfähige Landwirtschaft mittels

kostendeckender Preise zu erhalten. Über die Mass-nahmen, wie diese Ziele zu vereinbaren und zu erreichenwaren, herrschte jedoch weitgehend Dissonanz. ImVordergrund standen Auseinandersetzungen über denMilchpreis, denn davon hing es ab, ob die Bauern den«Paritätslohn» erzielen würden. 1958 erwies sich dieSituation auf dem Milchsektor als derart prekär, dass dieLandesregierung den Milchpreis auf 43 Rp. einfror.Zudem hatten die Produzenten sich mit einem Rück-behalt an den Verwertungskosten zu beteiligen. Die Ideeder inneren Aufstockung als Alternative zum flächen-mässigen Wachstum rückte in der zweiten Hälfte der1950er Jahre in den Vordergrund. Gemeint war damiteine Geflügel- oder Schweinefleischproduktion auf Basiszugekaufter Futtermittel. Am 31. Oktober 1958beantragte der Bundesrat eine Abände-rung des Bundesgesetzes über dieEntschuldung landwirtschaftlicherHeimwesen aus dem Jahre 1940,damit der Bund die Kredithilfefortsetzen konnte bis dasBundesgesetz über Invest-itions darlehen an dieLandwirtschaft ausgearbeitetwar.

Quelle: Werner Baumann, Peter Moser: Bauern imIndustriestaat, 1999.

Das Landwirtschafts-gesetz

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LANDTECHNIK

Steigerung der Nahrungsmittelproduk-tion bei gleichzeitigem Schutz der Res-sourcen Boden und Wasser sowie unterBerücksichtigung der Folgen des Klima-

DIE LANDTECHNIK VON MORGEN wird geprägt sein von den Megatrends

Boden und Wasser schonende Pflanzenproduktion, weitere Automatisierung bis hin

zu Precision Farming, elektrische Antriebe für Traktoren und Landmaschinen sowie

Steigerung der Energieeffizienz und die Produktion erneuerbarer Energien.

Wohin geht die Reise?

KarlheinzKöller

50 JAHRE UFA-REVUE

Konsequente Weiterentwicklung und Einführung einer konservierendenBodenbearbeitung sind wichtigeMass nahmen für eine nachhaltigeBegrenzung der Bodenerosion.Bild: Amazonen-Werke

qualitativ angemessenen Ernährung derMenschheit zu sichern. Da mittlerweilemehr als 50 % der Weltbevölkerung inStädten leben und der Anteil der Land-bevölkerung weiter sinken wird,stellt der zunehmende Man-gel an landwirtschaftlichenArbeitskräften eine weitereHerausforderung dar. Die

Eine wachsende Weltbevölkerungsowie die anhaltende Bodenzerstö-rung durch Erosion, Versalzung undBebauung bei gleichzeitig zuneh-

mender Wasserknappheit stellen dieLandwirtschaft vor die gigantische Auf-gabe, die Nahrungsmittelproduktion inden nächsten Jahrzehnten zu verdop-peln, um das Ziel einer quantitativ und

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wandels und demographischer Entwick-lungen bieten nicht nur den Landwirten,sondern auch den Landmaschinenher-stellern riesige Chancen. Die Kernfragefür die Zukunft lautet: Wie produziertman mehr Nahrungsmittel auf wenigerLand bei weniger Wasser?

Der Landtechnik fällt dabei eine ent-scheidende Rolle zu. Ohne weitere Mo-torisierung und Mechanisierung wird esnicht möglich sein, eine ausreichendeRessourcen schonende und nachhaltigeProduktion von Nahrungs-, Futter- undEnergiepflanzen zu sichern. Abgesehenvon einer weltweit flächendeckendenMechanisierung sind zusätzliche An-strengungen in Forschung und Ent-wicklung erforderlich, um die Produk-tionsprozesse weiter zu rationalisieren,zu automatisieren sowie Boden scho-nend, Wasser und Energie sparend zu

gestalten. Vor diesem Hinter-grund zeichnen sich

vier Megatrendsab, welche diekünftige Ent-wicklung be-

stimmen wer-den:

• Boden- und Wasser schonende Pflan-zenproduktion.

• Automatisierung und Precision Far-ming.

• Elektrische Antriebe für Traktor- undLandmaschinen.

• Steigerung von Energieeffizienz underneuerbaren Energien.

Boden- und Wasser schonendePflanzenproduktion Vor dem Hin-tergrund anhaltender Bodenzerstörungdurch Erosion, Versalzung, Wasserman-gel, Bebauung sowie den Folgen des Kli-mawandels bleibt der Bodenschutzweltweit die wichtigste Herausforde-rung. Die konsequente Weiterentwick-lung und Einführung von Verfahren zurkonservierenden Bodenbearbeitungund Direktsaat ist mit Abstand die wich-tigste Massnahme für eine nachhaltigeBegrenzung der Bodenerosion, verbun-den mit ökonomischen Vorteilen. Wäh-rend in Nord- und Südamerika, aberauch in Australien, diese VerfahrenStandard sind, ist die Verbreitung in an-deren Regionen der Welt, trotz der öko-logischen und ökonomischen Vorteile,vergleichsweise gering. In Europa ste-

hen einseitige Fruchtfolgen, strenge ge-setzliche Auflagen in Pflanzenschutzund Biotechnologie sowie die unge-wohnten Managementanforderungeneiner weiteren Verbreitung im Wege.

Wichtigste Voraussetzung für einenwirkungsvollen Erosionsschutz ist der Verbleib der Ernterückstände auf derBodenoberfläche. Damit ist das Stroh-management nach der Ernte aus tech-nischer Sicht von grösster Bedeutung.Abgesehen von einer optimalen Vertei-lung und Zerkleinerung des Strohs sindfür einen optimalen Einsatz von Bo-denbearbeitungs- und Sägeräten inno-vative Entwicklungen von Werkzeugenund Softwareprogrammen erforderlich,um Boden schützende Mulchdecken zuerhalten, aber gleichzeitig das Saatgutoptimal im Boden zu platzieren. «Intel-ligente» Bodenbearbeitungsgeräte wer-den künftig in Abhängigkeit von der

JUBILÄUMSAUSGABE

50 JAHRE UFA-REVUE

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in derSchweiz die Einfuhr ausländischer Traktoren zumSchutz der damals noch zahlreichen Schweizer

Hersteller stark eingeschränkt. Ausländische Anbieterhatten es deshalb schwer, auf dem Schweizer MarktFuss zu fassen. Wieviele Maschinen die Importeureeinführen konnten, war jeweils Gegenstand vonVerhandlungen. Auf den 1. April 1958 wurde dieseEinfuhrkontingentierung dann aber aufgeho-ben, gleichzeitig jedoch der Zollansatzvon 0.20 Fr. auf 1.00 Fr. je kg (Traktor)angehoben. Trotzdem machte dieseEntwicklung den einheimischenHerstellern zu schaffen und trugletztlich massgeblich zumNiedergang des SchweizerTraktorenbaus bei.

Aufhebung derEinfuhrbeschränkung

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18 JUBILÄUM 11 2008 · UFA-REVUE

Hangneigung, der Strohauflage, der Bo-denart oder der Fruchtart mittels Sen-soren und Software automatisch die Ar-beitstiefe und -geschwindigkeit regeln,um eine dem Standort angepassteMulchdecke auf der Oberfläche zu hin-terlassen. Entsprechend geregelte Sä-maschinen sind in der Lage, in Abhän-gigkeit von der Strohauflage und desBodenwassergehaltes automatisch diejeweils optimale Saattiefe einzustellen.

Abgesehen von diesen maschinen-technischen Verbesserungen muss auchdas gesamte System optimiert werden,zum Beispiel mit verbesserten Bodenschonenden Fahrwerken zur Vermei-dung von Bodenverdichtungen, speziel-ler Pflanzenschutztechnik zur automati-schen Erkennung unterschiedlicherPflanzenarten mit signifikanter Reduzie-rung des Wertstoffbedarfs und schliess-lich mit verbesserter Düngerapplikationim Saatbereich.

Automatisierung und PrecisionFarming Um die Arbeitsproduktivi-tät, den Ressourcenschutz und dieEnergieeffizienz weiter zu verbessern,hält der Trend zur Automatisierung von

Arbeitsprozessen in der Pflanzenpro-duktion, verbunden mit teilschlagspe-zifischen Bewirtschaftungsstrategien,weiter an. Neben den bekannten An-sätzen bei Düngung, Saat und Pflan-zenschutz, gewinnt auch die ortsspezi-fische Bodenbearbeitung mit variablenArbeitstiefen an Bedeutung.

Die bessere Auslastung und Überwa-chung komplexer Maschinen erfordertden weiteren Einsatz von Elektronik undRegeltechnik, zunehmend unterstütztdurch intelligente Software, die eben-falls unerlässlich wird für steigende An-forderungen in den Bereichen Quali-tätssicherung, Rückverfolgbarkeit undDokumentation von Arbeitsprozessensowie Logistik, Flottenmanagement undMaschinenüberwachung zur Minimie-rung von Ausfallzeiten und Reparatur-kosten. Im Precision Farming sind mitt-lerweile Fahrassistenz-Systeme, zumBeispiel zur automatischen Lenkungund für positionsgenaue Wende- undSchaltmanöver, Stand der Technik undinsbesondere auf modernen Betriebenverbreitet. Die vergleichsweise hohenAnschaffungskosten, die auf die erfor-derliche hohe Präzision und Einsatzsi-cherheit bei gleichzeitig vergleichbargeringen Stückzahlen zurückzuführensind, sowie die Tatsache, dass das Po-tenzial dieser Systeme durch Fahrassis-

tenz alleine bei weitem nicht aus-geschöpft ist, führen zurweiteren Zunahme von teil-schlagspezifischen Applikatio-

nen. Während Einzellösungen bereitsauf dem Markt sind, werden die Ent-wicklungen im Bereich des Daten-Ma-nagements zu vernetzten Strukturenführen, welche die gesamte Prozessket-te abbilden. So können Informationenaus der Ernte, wie etwa unterschiedli-che Qualitätsparameter oder aus demPflanzenschutz (Unkraut- und Schäd-lingsnester), automatisch analysiert undfür Entscheidungen in der Bodenbear-beitung (Arbeitstiefe, Verteilgenauig-keit) und Düngung verwendet werden.Hier besteht die Forderung, leistungsfä-hige und flexibel einsetzbare Entschei-dungsmodelle zu entwickeln, die auchfabrikatsunabhängig einsetzbar sind.

Die Präzision der Arbeit wird durchelektronische Steuerungen und zuneh-mend elektrische Antriebe weiter zu-nehmen. Eine wesentliche Vorausset-zung, die resultierenden Potenzialeabzurufen, ist die Möglichkeit, einen«virtuellen Schlag» in dem Rechner zuführen, der die Steuerung des Geräteskoordiniert. So kann auch in der Praxiseffektiv jede Teilfläche mit dem Wertbelegt werden, der aufgrund der Ent-scheidungsalgorithmen vorgesehen ist.Die nötigen Schnittstellenstandardssind mittlerweile vorhanden oder ange-dacht und müssen konsequent umge-setzt werden. Eine weitere Funktion istdie mechanische Unkrautbekämpfung.Hier sind die zuverlässige Reihenerken-nung und die Fähigkeit, die einzelnePflanze zu betrachten, wichtigste Vo-raussetzungen, nicht nur zwischen, son-dern auch in der Reihe effektiv und mitangepasster Intensität zu arbeiten.

Neben diesen «High-Tech»-Anwen-dungen wird auf der anderen Seite im«Low-Budget»-Bereich ein Markt füreinfache Anwendungen und entspre-chende Geräte für kleinere Betriebe ent-stehen. Hier ergibt sich die Nachfragenach einfachen, kostengünstigen Gerä-ten und Traktoren, wobei bewusst aufeinfache neue Technik gesetzt wird,statt auf gebrauchte «High-Tech»-Ma-schinen.

Elektrische Antriebe Mit der se-rienmässigen Erzeugung und Nutzungelektrischer Energie in landwirtschaftli-chen Fahrzeugen und Maschinen be-ginnt eine neue Ära in der Landtechnik.Mit der «E-Premium»-Baureihe führt

LANDTECHNIK

50 JAHRE UFA-REVUE

Die Landwirtschaftmuss künftig auf

weniger Fläche fürmehr MenschenNahrungsmittel

produzieren – eineriesige Chance für die

Landtechnik mitinnovativen Produkten.

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UFA-REVUE · 11 2008 JUBILÄUM 19

John Deere als erster Anbieter ein elek-trisches Leistungsnetz bei Traktoren ein.Damit wird nicht nur der Antrieb per-manent laufender Aggregate wie Lüfter,Klimaanlage, Wasserpumpe ermöglicht,sondern auch der elektrische Antriebvon Anbaugeräten. Solche Anbaugerätebieten entscheidende Vorteile, wie zumBeispiel bisher unerreichten Bedien-komfort, besondere Umwelt- und Res-sourcenschonung durch reduziertenKraftstoffverbrauch und hervorragendeDüngerverteilung sowie hohe Bedien-und Arbeitssicherheit.

Elektrische Antriebe sind unempfind-lich gegen Hitze, Kälte und Verschmut-zung. Sie erreichen eine hohe Lebens-dauer, sind verschleissarm (ausserLagern keine berührenden Teile), ge-

Die Satellitennavigation macht esmöglich: Automatisierung vonArbeitsprozessen und teilschlag-spezifische, zentimetergenaueBewirtschaftung.

Überdurchschnittliche Dienstleistungen weiter gefragt

Mit der Zunahme der Weltbevölke-rung und dem ansteigenden Wohlstandin gewissen Schwellenländern mit dem

Trend zur höherwertigen Ernährung wirddie Landwirtschaft künftig intensiver, dadie Anbaufläche pro Person abnimmt.Dieser globale Trend gilt an sich auch fürdie Schweiz. Die Qualität der Landtechnikwird vom jetzt schon hohen Niveau weiteransteigen, so verbessern sich die Flächen-leistungen und je Arbeitsgang wird künftigmehr erledigt werden. Die Energieeffizienzvon Traktoren und Erntemaschinen wirdebenso ein Thema sein wie der Einbezugvon Alternativenergien oder elektrischenAntrieben. Mit der Leistungssteigerung derTrägerfahrzeuge wird sich auch jene derAnbaugeräte verbessern, die Verluste werdenweiter minimiert und die Applikation vonDünger und Pflanzenschutzmittel wirdexakter und feiner dosiert erfolgen.

Obwohl es in der Schweiz nie eine Gross -flächen-Landwirtschaft geben wird, hat dieAgrarwirtschaft bei uns gute Chancen. DieBehörden werden aber gefordert sein, einefür unser Land angepasste Agrarpolitik zuverfolgen, da der Selbstversorgungsgradeine grössere Bedeutung einnehmen wird.

Was die Landtechnik in der Schweizbetrifft, so verfügen wir heute über einenhohen Stand bei Wartung und Pflege derMaschinen. Es gibt viele gut qualifizierteLandmaschinenhändler, deren Gesamtzahlist aber zu hoch, denn die Anforderungenan einen Verkaufspunkt nehmen laufend zu(Infrastruktur, finanzielle Absicherung oderMarketing). Da werden künftig vor allemdie kleinen Händler nicht mehr mithaltenkönnen.

Für die internationalen Hersteller vonLandtechnik wird der Schweizer Marktimmer eine Bedeutung haben, selbstwenn wir nicht zu den ersten Abnehmernvon gross dimensionierter Landtechnikgehören. Aber bei uns werden vieletechnische Details nötig und nachgefragt,bevor sie in anderen Ländern überhauptzu einem Thema werden (z.B. Umwelt-oder Tierschutznormen, Emissionen). Auchbeim Vertrieb wird die Schweiz oft alsTestmarkt «eingesetzt». Zudem darf mannicht vergessen, dass es auch anderswoklein strukturierte Landwirtschaften gibt.Die grossen Hersteller sind also stetsgefordert, entsprechende Maschinenanbieten zu können.

JUBILÄUMSAUSGABE

50 JAHRE UFA-REVUE

Die Schweizer Preise für Agrartechnikhaben sich bereits jetzt jenen im Auslandangeglichen. Der Schweizer Landwirtwird aber auch in Zukunft höhereAnforderungen an die Dienstleistungenstellen (Lieferbereitschaft, Ersatzgeräte,Vorführmaschinen).

Die noch verbliebenen Landtechnikher-steller in der Schweiz können sichbehaupten, wenn es ihnen gelingt, inihrer Nische qualitativ hoch stehendeProdukte zu Weltmarktpreisen zuproduzieren.

Die Schweiz darf stolz sein, eine solcheLandwirtschaft mit gepflegten undkultivierten Flächen zu haben. Dies solltees unserer Regierung und Bevölkerungauch in Zukunft wert sein, öffentlicheGelder dafür einzusetzen.

Jürg Minger, Präsident Schweizeri-scher Landmaschinen-Verband(SLV).

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20 JUBILÄUM 11 2008 · UFA-REVUE

räuscharm und umweltfreundlich. Elek-trische Energie lässt sich leicht erzeu-gen, verteilen, speichern und sehr ver-lustarm regeln und umwandeln. Eslassen sich drei Antriebsaufgaben un-terscheiden:• Der Geräteantrieb, der heute zumeist

über die Zapfwelle erfolgt, sowie Ar-beitsorgane von Selbstfahrern erfor-dern die Antriebsleistung meist beieiner festen Drehzahl oder über eineneingeschränkten Drehzahlbereich.Um die Leistung über diesen Dreh-zahlbereich konstant zu halten, ist einAnsteigen des Drehmomentes mitfallender Drehzahl erforderlich(«Drehmomentanstieg»).

• Bei Fahrzeug-Hilfsaggregaten, wiezum Beispiel Pumpen und Lüfter,steigt die erforderliche Leistung über-proportional mit der Drehzahl. Dashöchste Drehmoment und die höchs-te Leistung muss bei Maximaldreh-zahl aufgebracht werden.

• Der Fahrantrieb benötigt konstanteLeistung über einen sehr weitenDrehzahlbereich. Bei Traktoren be-trägt dieser Konstantleistungsbereichin der Regel mehr als 1 zu 10. DieseAntriebsaufgabe wird heute über

schaltbare oder stufenlose Getriebegelöst.

Die Technologie ist heute verfügbar.Die Massenanwendung von elektro-mechanischen Hybridsystemen imPKW wird zu einem erheblichen Kos-tenrückgang führen und damit dieTechnologie auch für die Landtechnikbezahlbar machen.

Steigerung der Energieeffizienz/Erneuerbare Energien Mit stei-genden Preisen für fossile Kraftstoffe gewinnt der effiziente Kraftstoffeinsatzzunehmende Bedeutung. Von der Bo-denbearbeitung bis hin zur Ernte gibt esvielfältige Möglichkeiten der Einspa-rung von Kraftstoff, sei es durch ma-schinenspezifische Entwicklungen (zumBeispiel elektronisches Motor- und Ge-triebemanagement) oder durch Kombi-nation von Arbeitsgängen oder Verzichtauf bestimmte Massnahmen (zum Bei-spiel Pflugverzicht). Darüber hinaus istdie Energieeffizienz auch ein wichtigesKriterium zur Bewertung der Biokraft-stoffproduktion. Berechnungen zeigen,dass eine Ganzpflanzennutzung vonEnergiepflanzen mit folgender Biome-thanproduktion im Vergleich zur Bio-

diesel- oder Bioethanolproduktion einehöhere Energieeffizienz aufweist. Ausdiesem Grund wird besonders die Gas-erzeugung und -nutzung (Strom, Wär-me, Kraftstoff) aus verschiedenen Bio-massen der Land- und Forstwirtschaftim Fokus von Forschung und Entwick-lung stehen. Gerade die Nutzung bio-gener Gase bietet die grosse Chanceüber eine Einspeisung in das Erdgasnetzvon den positiven Entwicklungen allerNutzungspfade (Strom, Wärme, Kälte,Kraftstoff) biogener Energieträger profi-tieren zu können. Abgesehen von einerRessourcen schonenden Biomassepro-duktion (Energie- und Wassereffizienz,Ökobilanz) und -bereitstellung (Logis-tik, Aufbereitung, Lagerung) bestehenauch im Bereich der Konversionstech-nologien noch erhebliche Optimie-rungspotenziale.

Insgesamt ergeben sich neue Per-spektiven für agrarische Ressourcen. DieTrends der Entwicklung sprechen eherfür eine Verbesserung der Wettbe-werbsposition der Bioenergien gegen-über fossilen Energieträgern. Es beste-hen noch erhebliche Reserven in derVerbesserung der Produktion, Logistik,Verarbeitung und des Marketings insämtlichen Verfahren der Biomassepro-duktion. Festzuhalten bleibt aber, dasssich die neuen Märkte für Bioenergienicht ohne Gestaltung günstiger politi-scher Rahmenbedingungen für Investo-ren entwickeln, es sei denn, der Welt-marktpreis für Rohöl bleibt dauerhaftüber 80 US $/Barrel. �

LANDTECHNIK

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Autor Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Karlheinz Köller ist Professor an der Universität Hohenheim (Stuttgart)und leitet innerhalb des Instituts fürAgrartechnik das Fachgebiet Verfahrenstechnik in der Pflanzen-produktion.

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Mit steigenden Preisen fürfossile Kraftstoffe gewinnenalternative Energien und neueMotorkonzepte an Bedeutung.Bild: Same Deutz-Fahr

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PFLANZENBAU

Lange Zeit waren zuerst Überpro-duktion und später fallende Produ-zentenpreise die dominierendenThemen der Landwirtschaft in der

Schweiz und in anderen westlichen Län-dern. Diese Tatsache sowie die steigen-den Umweltbelastungen aus der Land-wirtschaft führten zur Agrarreform inden 80er Jahren, die eine Ökologisie-rung der Schweizer Landwirtschaft zumZiel hatte. Parallel zur Verschiebung der

agrarpolitischen Ziele wurden die For-schungsgelder für die Landwirtschaftkontinuierlich abgebaut.

Für Zukunft gewappnet? ZweiJahrzehnte nach Beginn der Agrarre-form ist die Multifunktionalität in derBundesverfassung verbürgt und durchein intensives Regel- und Gesetzeswerkinklusive Direktzahlungen reglemen-tiert. Die Schweizer Landwirtschaft un-

terliegt jedoch nach wie vor starkenEinflüssen aus Umwelt und Gesell-schaft. Deshalb hat die SchweizerischeGesellschaft für Pflanzenbauwissen-schaften (SGPW) in einer umfassendenStudie eine Vision für den SchweizerPflanzenbau im Jahre 2050 entworfen.Ziel dieser weit blickenden Arbeit wares, Bereiche der wissenschaftlichenForschung zu identifizieren, die demSchweizer Pflanzenbau in den kom-

BEVORSTEHENDE VERÄNDERUNGEN wie zunehmende Globalisierung,

Klimawandel, Ressourcenknappheit und eine stetig wachsende Weltbevölkerung führen

zur Frage, wie die Landwirtschaft diese Herausforderungen meistern kann und ob

technologische Fortschritte nicht besser genutzt werden könnten. Die Gesellschaft für

Pflanzenbauwissenschaften liefert dazu interessante Gedankenanstösse.

Potenzial nutzen

Alain Gaume

Peter Althaus

NadineDegen

50 JAHRE UFA-REVUE

Die Betriebe werden in Zukunft wohl grösser.Vielseitig werden sieaber bleiben.Bild: agrarfoto.com

24 JUBILÄUM 11 2008 · UFA-REVUE

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menden Jahrzehnten zum Erfolg ver-helfen könnten. Mit dem Jahr 2050wählte die SGPW absichtlich einenweiten Zeithorizont. Einerseits ermög-lichte dies, sich bei der Erarbeitung derVision von der Gegenwart zu lösen undsich mit klar veränderten und teilweiseunbekannten Rahmenbedingungen zubefassen. Andererseits sind insbeson-dere Pflanzenzüchter gezwungen, inlangen Zeitintervallen zu denken, dau-ert doch die Entwicklung einer neuenGetreidesorte 12 bis 15 und die Züch-tung einer neuen Apfelsorte gar bis zu20 Jahre.

Rahmenbedingungen 2050 Umeine Vision zu formulieren, bedarf esprimär einer sauberen Analyse. Diesebesteht unter anderem darin, dass mansich Gedanken macht, wie sich das Um-feld des Pflanzenbaus im Jahre 2050präsentieren könnte. Selbstverständlichkönnen Extremereignisse diese Annah-men vollständig verändern. Es mussdeshalb an dieser Stelle explizit betont

werden, dass die Prognosen auf demheutigen Wissensstand beruhen.

Klimaerwärmung und Boden-knappheit Das Klima ist eine ent-scheidende Komponente für den Pflan-zenbau. Experten gehen davon aus, dasssich die Durchschnittstemperaturen er-höhen werden. Dies hat unter anderemzur Folge, dass die Schneegrenze umrund 400 m steigen wird. Die Nieder-schlagsmengen im Sommer gehen zu-rück und es ist im Allgemeinen mit mehrExtremereignissen zu rechnen (Grafik).Dies kann zu verschärften und neuenProblemen im Ackerbau führen, auf deranderen Seite können sich aber die An-baubedingungen für gewisse Kulturenauch verbessern.

Der Boden als Produktionsfaktorwird in der Schweiz weiterhin knapper.Dies insbesondere auf Grund des Sied-lungsdrucks, aber auch auf Grund vonÜbernutzungen bestimmter Böden(beispielsweise Moorböden). DieserBodenverlust kann nur ungenügend

durch zusätzliche Flächen in höherenLagen kompensiert werden.

Steigende Nachfrage Es ist davonauszugehen, dass sich die Märkte öff-nen werden. Es muss deshalb mit einemPreisniveau gerechnet werden, das demzukünftigen Weltmarktpreis entspricht.Es wird vermutet, dass dieser gegen-über heute in einem eher bescheidenenRahmen, aber kontinuierlich ansteigenwird. Dank gewissen im Ausland aner-kannten Produktionsstandards wie BioSuisse oder IP-Suisse oder der Her-kunftsbezeichnung AOC können be-stimmte Spezialitäten zu einem besse-ren Preis abgesetzt werden. Allgemeinist zu erwarten, dass sich der Anbau vonEnergiepflanzen weiterhin erhöhenwird, da sich gewisse Ressourcen er-schöpfen werden. Gleichzeitig wächstdie Weltbevölkerung an, so dass dieNachfrage nach Nahrungsmittel anstei-gen wird. Zudem ändern sich bei stei-gendem Wohlstand in den Schwellen-ländern die Ernährungsgewohnheiten,

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50 JAHRE UFA-REVUE

UFA-REVUE · 11 2008 JUBILÄUM 25

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PFLANZENBAU

50 JAHRE UFA-REVUE

Neue Möglichkeitenfür Spezialkulturen inden Berggebieten.Bild: ACW

wodurch der weltweite Bedarf nachFleisch und Milch weiter zunehmenwird. Trotzdem kann das Angebot dieNachfrage auch in Zukunft befriedigen,dank dem Einsatz moderner Technolo-gie und züchterischem Fortschritt. Ein

Teil des globalen Flächenschwundes(Verwüstung, Überbauung) kann dankder Erschliessung neuer Flächen in hö-heren Breiten (Kanada, Sibirien) wett-gemacht werden. Zu guter Letzt mussauch noch bemerkt werden, dass die Be-

völkerung die Landschaft als Freizeit-und Naherholungsgebiet nutzen möch-te. Gleichzeitig ist es auch ihr Bedürfnis,eine gewisse Garantie bezüglich Nah-rungsmittelsicherheit – sowohl qualita-tiv als auch quantitativ – zu haben.

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UFA-REVUE · 11 2008 JUBILÄUM 27

ser Szenarien mit den oben geschilder-ten Rahmenbedingungen wurde festge-stellt, dass kein einzelnes System angesichts der anzunehmenden Bedin-gungen einen zukunftsfähigen Pflanzen-bau garantieren könnte. Vielmehr resul-tierte, dass sich eine Mischung all dieserLandwirtschaftsbilder den Herausforde-rungen am besten stellen würde. Sokonnte nun die Vision Pflanzenbau2050 formuliert werden:

Vielseitige Betriebe Der im Jahr2050 international konkurrenzfähige,produktionsorientierte und innovativePflanzenbau wird in der Schweiz auf,verglichen mit heute, weniger, aber

grösseren Betrieben ausgeübt. DieseBetriebe zeichnen sich durch ein pro-fessionelles Management aus, das dieNachhaltigkeit als oberstes Ziel hält. DieBetriebe sind spezialisiert, aber betrei-ben wie heute mehrere Produktions-richtungen. Dies ist wichtig, um das Ri-siko von Totalschäden durch klimatischeExtremereignisse abzufedern.

Vermehrt im Berggebiet Pflan-zenbau wird im Jahr 2050 nicht nur imTalgebiet, sondern vermehrt auch imBerggebiet ausgeübt. Die klimatischeEntwicklung deutet auf in Zukunft ver-besserte pflanzenbauliche Bedingungenin höheren Regionen hin. So ist es

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50 JAHRE UFA-REVUE

Forschungs- und Entwicklungsbedarf

Früherkennung

• Entwicklung von Früherkennungssys-temen, welche die neuen Herausfor-derungen für den Pflanzenbauprognostizieren.

Neue Forschungsschwerpunkte

• Entwicklung neuer Strategien imPflanzenschutz.

• Entwicklung neuer Sorten mitverbesserten Resistenzen sowieerhöhter Wasser- und Nährstoffeffi-zienz.

• Entwicklung von Anbaumethoden zurMinimierung der Bodenerosion sowiedes Schadstoffeintrags und zurOptimierung der Düngung.

• Aufzeigen der besseren Produktions-möglichkeiten in den Berggebieten.

• Entwicklung neuer Technologien fürumweltschonende und ressourceneffi-ziente Produktionsverfahren.

Transfer neuer Technologien verbessern

• Technologietransfer zwischenForschung, Entwicklung und Praxisverstärken.

• Kommunikation und Transparenzzwischen allen Beteiligten fördern.

Extremszenarien Zur Erstellung ei-ner Vision für den gesamten SchweizerPflanzenbau wurde von vier verschiede-nen Szenarien ausgegangen: Diese wur-den bewusst extrem formuliert und gin-gen von einem reinen Bioland Schweizüber eine hoch technologisierte Land-wirtschaftsindustrie bis zur Idee derTouristiklandschaft. Beim Vergleich die-

Grafik: Zunahme von Extremereignissen

10 12 14 16 18 20 22 24 26 28

10 12 14 16 18 20 22 24 26 28

Temperatur (°C)

Messungen 1961–1990

Prognose 2071–2100

1909

1947

2003

Häufigkeit

Hitzesommer 2003 im Vergleich zu den mittleren Sommertemperaturen von 1961–1990und den Prognosen für 2071–2100. (Schär et al., © 2004, Macmillan Publishers Ltd:Nature)

2003

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Page 21: 50 Jahre UFA-Revue

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durchaus denkbar, dass den Konsumen-ten in naher Zukunft vermehrt Bergobstangeboten wird. Der Berglandwirtschaftbietet sich hier ein neuer Produktions-zweig an, der durchaus interessant seinkönnte. Im Talgebiet wiederum ist esdenkbar, dass auf grösseren Flächen Kul-turen angebaut werden, die durch tech-nische Entwicklung spezifische Inhalts-stoffe enthalten, die eine höhere

Wertschöpfung versprechen. Eine über-betriebliche Kooperation wird die ein-zige Möglichkeit sein, die Kosten ent-scheidend zu senken. Die Bereitschaftzur Zusammenarbeit wird wesentlichüber die Zukunft des Pflanzenbaus inder Schweiz entscheiden. BesonderesAugenmerk wird im Talgebiet der ab-nehmenden Bodenfruchtbarkeit zuschenken sein. Lösungsansätze sind hier

die Kombination von Ackerbau undTierhaltung sowie der überbetrieblicheEinsatz von organischen Düngern.

Mehr Marketing und innovativeTechnik Nicht nur der Verkauf vonNahrungsmitteln auf nationalen und internationalen Märkten bedarf einesprofessionellen Marketings. Auch dieübrigen durch den Pflanzenbau produ-zierten Güter wie Energie oder die ge-pflegte Landschaft können und sollenvermarktet werden.

Angesichts der sich ändernden Rah-menbedingungen darf die SchweizerLandwirtschaft ihre Augen nicht ver-schliessen vor neuen technologischenEntwicklungen. So können etwa inno-vative Lösungen im Bereich des Pflan-zenmaterials, Anbaumethoden oderVermarktung dem Pflanzenbau reelleChancen einräumen, vorausgesetzt, siewerden unter dem Oberziel der Nach-haltigkeit eingesetzt.

Fazit: Grosser ForschungsbedarfEin qualitativ und quantitativ hoch-wertiger Pflanzenbau für die Zukunftkann nur ermöglicht werden, wennrechtzeitig die entsprechenden Mass-nahmen ergriffen werden. Auf Grundder zu erwartenden Veränderungen der

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schon seit Längerem eine steigendeKonzentration feststellen. Um in der kleinenSchweiz die Versorgung mit Hilfsstoffen zu guten Bedingungen zu sichern, bedarfes einer starken Organisation, die über dieGrenzen hinaussieht. Die fenaco – alsgenossenschaftlich organisiertes Unter-nehmen in der Hand der Landwirte –nimmt hier eine wichtige Position ein. Siewird ihr Ziel, den Landwirten gute undgünstige Hilfsstoffe zur Verfügung zustellen – an die künftigen Rahmenbedin-gungen angepasst – weiter engagiert in die Tat umsetzen. Zudem fördert diefenaco den Absatz der qualitativ hochstehenden Erzeugnisse aus dem SchweizerPflanzenbau.

Um sich laufend auf die neuestenKundenbedürfnisse ausrichten zu können,werden die Fachbereiche der fenacoweiterhin den engen Kontakt zur Industrie,

zum Handel und zu den Verarbeiternsuchen, ihre Produkte entsprechendoptimieren und so die lokale Produktionfördern. Diese Kontakte innerhalb einesUnternehmens sind eine besondere Stärkeder fenaco. In der Vergangenheit wurdenauf diese Weise wichtige Innovationen wiebeispielsweise der HOLL-Raps oder dieEntscheidungshilfe für die Sortenwahl beimMais (Bewertung der Energieherkunft nachStärke und Fasern) geschaffen. Sie dienender Landwirtschaft und werden sich weiteretablieren. Zur Unterstützung des gezieltenEinsatzes des Saatguts und der Hilfsstoffeund um den hohen Qualitätsanforderungengerecht zu werden, wird die Pflanzen-bau-Beratung der fenaco auch künftig einkompetenter Ansprechpartner bleiben.

Werner Kuert, fenaco Geschäftsleitungs-mitglied, Leiter Departement Pflanzenbau.

Ein wettbewerbsfähiger und zukunftsorienterter Pflanzenbau braucht eine ver-stärkte Förderung der Zusammenarbeit und des Wissensaustauschszwischen Forschung, Entwicklung und Praxis. Bild: ACW

Aufgrund des steigenden Nahrungs-mittelbedarfs für Mensch und Tiersowie der Engpässe bei Energieträgern

wird der produktive Pflanzenbau in derSchweiz auch künftig bedeutend sein. DieDiskussion rund um den Klimawandel sorgtdafür, dass ökologische und agronomischeAnforderungen hoch bleiben.

Die Angleichung der Schweizer an dieeuropäischen Normen (Beispiel Chemie-,Pflanzenschutzmittel-Verordnung,Sortenanerkennung) geht wohl weiter. Vonder Dünger-, Saatgut- und Pflanzenschutz-industrie werden grosse Anstrengungen

unternommen, um auf der einen Seitedie Nachfrage decken zu können

und auf der anderen Seite dieökologischen Profile ihrer

Produkte weiter zuverbessern. Bei denZulieferern lässt sich

Hilfsstoffhandel und Abnehmer bereiten sich vor

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Rahmenbedingungen wurde in dieserStudie der Handlungsbedarf an For-schung und Entwicklung für die kom-menden Jahre aufgezeigt (Kasten). All-

strategien Beachtung geschenkt wer-den. Es braucht eine verstärkte Förde-rung der Zusammenarbeit und des Wis-sensaustauschs zwischen Forschung,Entwicklung und Praxis. Um diese Auf-gaben zu erfüllen, benötigen Forschungund Entwicklung des landwirtschaftli-chen Pflanzenbaus eine deutlich höhe-re finanzielle Unterstützung und eineverstärkte Förderung des wissenschaft-lichen Nachwuchses. �

PFLANZENBAU

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Autoren Alain Gaume, Peter Althaus,Nadine Degen, SchweizerischeGesellschaft für Pflanzenbauwissen-schaften (SGPW). Weiter wirkten andiesem Beitrag Roland Kölliker, AndreasHund, Michael Winzeler und ArthurEinsele, ebenfalls SGPW, mit.

Umfassender Schlussbericht

Der umfassende Schlussbericht «VisionPflanzenbau 2050» der SGPW kannunter www.sgpw.scnatweb.ch eingesehen werden.

INFINFO BOXBOXINFO BOXINFO BOXwww.ufarevue.ch 11 · 08

Bereits vor 50 Jahren wurde der SchweizerAckerbau als fortschrittlich beurteilt, während dieViehwirtschaft, die damals im Durchschnitt rund

die Hälfte des Landwirtschaftlichen Einkommensausmachte, als «Stiefkind» galt. Schon damals wurdedazu aufgerufen, sich des Potenzials im Futterbaubewusst zu sein und die Wiesen sorgfältig zu pflegen.Um im Luzerneanbau höhere Erträge zu ermöglichen,stellte die ETH Zürich neu Knöllchenbakterien-Impfkulturen zur Verfügung. Ein anderes Thema warder teilweise sehr geringe Mineralstoffgehalt imWiesengras. Dieser müsse durch eine ausreichendeDüngung mit Thomasmehl und Kali erhöht werden,hiess es. Mais wurde nördlich der Alpen noch keinerangebaut. Erst die Hybridzucht machte es ab 1960möglich, Sorten zu züchten, die in den SchweizerBreitengraden voll abreifen konnten. In den Saat-

menge-Empfehlungen beim Getreide wurdenoch unterschieden zwischen Maschinen- undHandsaat. Das meist diskutierte Thema anObstbautagungen waren die Vorteile von Halb-und Niederstammbäumen, die sich einfacherpflegen lassen und einen höheren Obstertragliefern als Hochstammbäume.

Ackerbau schon früher fortschrittlich

vor

50 J

ahre

ngemein muss der Früherkennung vonVeränderungen und der Entwicklungneuer, innovativer Technologien, Pro-dukte, Verfahren und Vermarktungs-

Die Entwicklungneuer Stratiegien imPflanzenschutz wirdein wichtigerForschungsschwer-punkt bleiben.Bild: BASF

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NUTZTIERE

Vorhersagen für die Zukunft lasseneinem oft direkt ins Fettnäpfchentreten. Es kommt doch alles ganzanders als man denkt. Blicke in die

Zukunft beinhalten viele Unbekanntenund sind nicht zuletzt auch durch denBlickwinkel der jeweiligen Autoren ge-prägt. Nichtsdestotrotz ist der Blick indie Zukunft unabdingbar. Er bildet dieGrundlage für planerische Aktivitäten,auch im Bereich der Tierzucht. Im fol-genden Beitrag werden, basierend aufaktuellen Entwicklungen, Auswirkun-gen auf die zukünftige Tierproduktion,respektive die Tierzucht in der Schweizskizziert. Bei den diskutierten Aspektenhandelt es sich um Entwicklungen, diesich aufgrund des heutigen Wissens-stands abzeichnen. Im ersten Abschnittwerden diese Entwicklungen kurz be-schrieben. Nachfolgend werden die zuerwartenden Auswirkungen auf denSektor Tierproduktion und auch auf dieTierzuchtlandschaft in der Schweiz dis-kutiert. Die Leserschaft ist eingeladen,sich mit den Schreibenden Gedankenzu machen und zu prüfen, wie weit dieÜberlegungen der Autoren mit der ei-genen Vision der schweizerischen Tier-zucht übereinstimmen.

Rahmenbedingungen Grundsätz-lich kann man davon ausgehen, dassder technische Fortschritt und der na-turwissenschaftliche Erkenntnisgewinnweiter anhalten werden. Dies beein-flusst die Tierproduktion wie auch dieTierzuchtwissenschaften. Es werdenEntwicklungen in den Bereichen derstatistischen und molekularen Genetik,der Zuchtplanung, der Reproduktions-biologie und der Medizin erwartet.Diese werden direktes Umsetzungspo-

tenzial für die landwirtschaftliche Pra-xis enthalten.

Aktuell handelt es sich bei der Tier-zucht, und der Landwirtschaft insgesamt,in vielen Ländern um hoch reglementier-te, geschützte Sektoren. Durch Mittel deröffentlichen Hand werden diverse Akti-

vitäten der Landwirte/Tierzüchter undderen Organisationen von Gesetzes we-gen unterstützt.

Fossile Energieträger sind endlich undman geht davon aus, dass diese mittel-bis längerfristig teurer und knapper wer-den, wenn nicht gar zur Neige gehen.

SZENARIEN FÜR DIE TIERZUCHT Wie sich die Tierhaltung in Zukunft entwickelt,

hängt von vielen Faktoren wie neuen technischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen,

Agrarpolitik, Ressourcenverfügbarkeit sowie der Marktentwicklung ab. Bestimmt

wird der Kunde auch in Zukunft der König bleiben. Das bedeutet, dass die Nutztier-

produktion letztlich den Ansprüchen der Konsumenten gerecht werden muss.

Fortschritt wird anhalten

ChristineFlury

StefanRieder

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An neuen Energieträgern wird gearbei-tet. Diverse menschliche Tätigkeitenund die Natur selbst produzieren Exter-nalitäten, die sich negativ auf die Um-welt auswirken. Die Kaufkraft und da-mit die Möglichkeit zum Konsum vontierischen Lebensmitteln nehmen in vie-len Ländern der Welt zu. Global steigtdie Nachfrage nach tierischen Produk-ten massiv an.

Genauere und schnellere Selek-tion In den letzten 15 Jahren warendie Tierzuchtwissenschaften geprägtvon der Entschlüsselung des Erbgutesbei Mensch und Tier. Heute steht die-se Information für die wichtigstenlandwirtschaftlichen Nutztiere öffent-lich zur Verfügung. Hunderttausendevon Erbgutunterschieden (Marker)zwischen Tieren einer Art wurden auf-gedeckt. Zehntausende genetische

Marker lassen sich heute kommerziellan jedem beliebigen Tier ablesen. Dieseröffnet neue Möglichkeiten zur Schät-zung des genetischen Potenzials in denNutztierpopulationen. Das Stichwortlautet «genomische Selektion». Ergeb-nisse aus der Wissenschaft zeigen, dassdie Genauigkeiten der genomischenZuchtwerte selbst für Tiere ohne Eigen-oder gar Nachkommenleistung sehrhoch sind. Die Auswirkungen auf be-stehende Zuchtprogramme könntengravierend sein. Anhand genomischerZuchtwerte können Tiere bereits kurznach der Geburt selektiert werden.Dies führt zu einer drastischen Verkür-zung des Generationenintervalls undmacht die zeit- und kostenaufwändigeNachkommenprüfung überflüssig. Zu-dem wird eine deutlich genauere Se-lektion auf dem mütterlichen Pfadmöglich.

Spermasexing für Schweine?Neben den Errungenschaften auf demGebiet der Nutztiergenetik sind insbe-sondere Fortschritte im Bereich der Re-produktion für die praktische Tierzuchtrelevant. Die Möglichkeit, Spermien ge-schlechtsspezifisch zu sortieren und ingenügender Menge und Qualität auf denMarkt zu bringen, ist heute beim Rind-vieh Realität. Gezielt können für dieMast männliche und für die Milchpro-duktion weibliche Tiere erzeugt werden.Rinderrassen, deren männliche Tierekaum einen Marktwert haben, werdenvermutlich bald davon profitieren. Manstelle sich vor, derselbe Ansatz liesse sichbeim Schwein in die Praxis umsetzen, dieDiskussionen um Ebergeruch und Fer-kelkastration wären wohl bald beendet.

Medizinproduktion Der Markt ver-langt oft einheitliche und identische

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Schöne Kühe werden auch künftiggefragt sein. An den Rahmenbedin-gungen für die Tierzucht könnte sichaber einiges ändern. Bild: holstein.ch

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Produkte. Sollte die Klonierung vonTieren effizienter und kostengünstigerwerden, würde diese Reproduktions-technik vermutlich ebenfalls breiterzum Einsatz kommen. Weiter ist in denkommenden Jahren sicher mit Fort-

NUTZTIERE

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Eingeschlagenen Kurs konsequent weiterverfolgen

Die Schweizer Landwirtschaft lebt inhohem Ausmass von der Tierhaltung.Das wird auch in Zukunft so bleiben,

denn unsere kleinräumigen Strukturen unddie topografischen Verhältnisse erforderneine hohe Wertschöpfung auf wenig Fläche.Wenn mit steigender Weltbevölkerung dieNahrungsversorgung schwieriger wird unddie Lebens- und Futtermittelpreise steigen,dann wird es umso wichtiger, einenachhaltige, ressourcenschonendeProduktion in der Nähe zu haben. Hierhaben wir unsere Stärken: Das nachhaltigeSchweizer Rindvieh-Fütterungskonzept,unser hohes Tierschutzniveau und unserökologisches Bewusstsein sind iminternationalen Vergleich fortschrittlich undzukunftsgerichtet und werden an Stellen-wert gewinnen. Der Respekt vor Natur undUmwelt wird zunehmen und jedes Land hatein legitimes Interesse an einer minimalen,sicheren Selbstversorgung.

Die fenaco hat sich immer für eineerfolgreiche Tierhaltung engagiert und hat

die Zeichen der Zeit erkannt. Mit unserenProduktionsprogrammen haben wir dieTierhalter unterstützt und ihnen neueProduktionschancen erschlossen. So warenwir mit «Agri Natura» die Pioniere in derLabelproduktion, mit Expanderfutter habenwir punkto Sicherheit und Hygiene neueMassstäbe gesetzt und mit unserenVerkaufskanälen haben wir neue Märkteerschlossen. Mit ständiger Rationalisierungund Innovation haben wir die Produktions-kosten gesenkt und mit dem europaweitmodernsten Mischfutterwerk Biblis habenwir die Effizienz nochmals erhöht undstellen sicher, dass die Schweizer Ackerpro-dukte sinnvoll veredelt werden können.

Wir wollen den eingeschlagenen Weg auchin Zukunft weitergehen und mit denSchweizer Tierhaltern eine konkurrenz -fähige Produktion mit einer möglichsthohen Wertschöpfung in der Schweizerhalten. Unsere bisherigen Grundsätze derNachhaltigkeit, Sicherheit und Rückver-folgbarkeit werden in Zukunft noch

wichtiger. Hier haben wir mit unsererSchweizer Produktion Vorteile, die überMarketingversprechen hinausgehen undechten Mehrwert bedeuten. Die fenacosetzt sich mit aller Kraft dafür ein, dass die Tierhalter mit diesen Stärken auch beioffeneren Märkten bestehen werden.

Mit dem Wachstum der Betriebe und derSpezialisierung steigt der Bedarf anBeratungsleistungen. Mit unsereninnovativen Konzepten im Rindvieh- (uhs, W-FOS) und Schweinebereich (UFA2000, AFP) bieten wir zukunftsgerichteteDienstleistungen zur Verbesserung derWirtschaftlichkeit beim Tierhalter.

Die fenaco wird auch in den nächsten 50 Jahren alles tun, um die wirtschaftlichenVerhältnisse der Tierhalter bestmöglich zufördern und so auch dem Schweizer Acker-und Getreidebau den Absatz zu sichern.

Eugen Brühlmeier, fennaco Geschäftslei-tungsmitglied, Leiter Division 2 (Tierproduk-tion, Pflanzenbau, Agrartechnik).

schritten im Bereich der Gentechnolo-gie zu rechnen. Es ist bereits Realität,dass das Erbgut von Nutztieren gen-technisch so verändert werden kann,dass eine nutzbare Substanz direkt inder Milch oder im Blut zur Ausschüt-

tung kommt. Solche Substanzen könn-te man einerseits für medizinische An-wendungen beim Menschen nutzen(«gene pharming» – zum Beispiel Blut-gerinnungsfaktoren) oder die pharma-kologische Wirkung käme direkt demTier zu Gute. So wurden beispielsweisekürzlich in den USA transgene Kühe er-zeugt, die im Euter Antibiotika gegenStaphylococcus aureus ausschütten undsich so quasi mit körpereigenen Medi-kamenten selber schützen.

Genetische Vielfalt bleibt wich-tig Der direktere Zugriff zur geneti-schen Information bewirkt, dass dieTiere bedingt durch die erwähntenTechniken vermehrt «nur» noch die«wenigen» gewünschten Gene haben.Dies führt schneller als bisher zu einerAbnahme der genetischen Variation in-nerhalb der, für die Ernährungssicher-heit relevanten, Nutztierpopulationen.Vielfalt ist und bleibt jedoch eineGrundvoraussetzung für die Tierzuchtund letztlich auch für die Anpassungs-fähigkeit von Nutztierpopulationen anneue Kundenbedürfnisse und sich ver-ändernde Umwelten. Die Frage nachder genetischen Diversität der Nutz-

Zuchtwerte lassen sich dereinst direkt aus Labordatenbestimmen.Bild: agrarfoto.com

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tierrassen und deren Erhalt wird somitwohl längerfristig an Bedeutung ge-winnen.

Frage der Akzeptanz Die Arbeitmit lebenden Tieren behält eine emo-tionale Seite, nicht nur beim Tierhalter,sondern auch bei den Endnutzern undKonsumenten. Damit bleiben für denBereich technische Entwicklungen inder Schweiz Fragen offen, was die Ak-zeptanz und die Umsetzbarkeit der neu-en Möglichkeiten anbelangt. Eine derHerausforderungen der Zukunft ist diesinnvolle, ethisch verantwortbare Nut-zung genetischer Informationen und de-ren Einbau in die klassischen Zuchtpro-gramme.

Preisdruck hinterlässt Spuren ImZeitalter der Globalisierung wird dieWelt einerseits kleiner, andererseits

werden Unterschiede grösser und esgibt Gewinner und Verlierer. Internatio-nale Gremien arbeiten an einer weitge-henden Liberalisierung der Märkte in-klusive der Agrarmärkte. Öffnung undPreisdruck werden in der SchweizerTierproduktion Spuren hinterlassen.Sollte die Liberalisierung der Märkte miteiner generellen Deregulierung derLandwirtschaft einhergehen, ist in derSchweiz mit grösseren Umwälzungen zurechnen. Der Produktionsfaktor Bodenist knapp und derzeit weitgehend demfreien Markt entzogen (Raumentwick-lungsgesetzgebung, Bäuerliches Boden-recht u.a.). Sollte sich dies ändern,könnte der Landwirtschaft in der klei-nen Schweiz der Boden buchstäblichunter den Füssen weggezogen werden.Mit ihrer multifunktionellen Ausrich-tung leistet die Schweizer Tierprodukti-on einen Beitrag an öffentliche Güter

(beispielsweise Natur- und Tierschutz,Landschaftspflege, Biodiversität, Nach-haltigkeit etc.). Diese Dienste werdenmit öffentlichen Mitteln entschädigt.Direkte Beiträge an die Tierzucht überalle beitragsberechtigten Nutztierartengibt es zurzeit im Umfang von knapp 40Millionen Franken pro Jahr. Damit wer-den aktuell unter anderem das Herde-buchwesen, die Leistungsprüfungenund das Halten von Zuchttieren unter-stützt. Kürzungen haben im zunehmendhärteren Kostenumfeld der Landwirtevermutlich einen Rückgang der Herde-buchpopulationen und damit der ei-gentlichen Selektionsbasis der Zuchtor-ganisationen zur Folge. Aufgrund deraktuellen Strukturen werden sich Kür-zungen vermutlich stärker auf die Sek-toren Rind, Pferd und Kleinwiederkäu-er auswirken als beispielsweise auf denGeflügel- und Schweinesektor.

NUTZTIERE

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Massnahmen, um dieAmmoniakemissionenzu senken, werdenimmer mehr zumStandard.

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40 JUBILÄUM 11 2008 · UFA-REVUE

Ressourcenknappheit Die zu er-wartende Energieressourcen-Knappheitist ein Dauerthema in der Tagespresse.Was geschieht in der Tierzucht, wennder Zugang zu fossilen Brennstoffen ver-siegt? Klar, im Moment nutzt derSchweizer Landwirt im Stall primär dieEnergie aus der Steckdose. Aber was ge-schieht mit dem Futterbau, wenn Dieselnicht mehr zugänglich ist? Und wie ent-wickelt sich der Strommarkt? Kann odersoll die Landwirtschaft sogar einen Bei-trag zur Überbrückung der Energie-knappheit leisten (Biogasanlagen, Erzeu-gung von Solarstrom)? Welcher oder

welche Energieträger decken den zu-künftigen Bedarf? Wer hat welchen Zugang zu welchem Preis? Fördert dasEnde des fossilen Zeitalters eine Bünde-lung der Kräfte oder führt sie im Gegen-teil zu dezentralen, kleinen Strukturen?

Handlungsbedarf bezüglich Emis -sionen Neben der zunehmendenRessourcenknappheit ist auch davonauszugehen, dass Emissionen aus derLandwirtschaft weiter unter Beschussgeraten werden. In einer Publikationder FAO (Welternährungsorganisationder Vereinten Nationen) aus dem Jahre2006 wurden der Einfluss des Tierpro-

duktionssektors auf die Umwelt quanti-fiziert und Handlungsachsen aufgezeigt.Die Tierproduktion hat sich als einer dergrössten Verursacher wichtiger Um-weltprobleme wie Erosion, Klimawan-del, Luftverschmutzung, Wasserknapp-heit, Wasserverschmutzung undAbnahme der Artenvielfalt erwiesen.Der Handlungsbedarf hinsichtlich land-wirtschaftlicher Emissionen wird starkzunehmen. In einer globalisierten Wirt-schaft gilt es neben lokalen und natio-nalen sicher auch internationale Mass-nahmen anzustreben. Der ganze Sektorist gefordert, Lösungen zu suchen undAlternativen zu prüfen.

NUTZTIERE

50 JAHRE UFA-REVUE

«Die Schlachtkörperqualität in der Schweinemasthängt nicht nur von den Erbanlagen und derNahrung, sondern auch vom Stallklima ab», steht in

der UFA+SEG-Rundschau vom September 1958. Es warendie «umwälzenden» Erkenntnisse, die aus dänischen undenglischen Versuchen herausgingen und aufzeigten,weshalb Mastschweine von 105–110 kg Gewicht imSommer qualitativ erstklassig ausfielen, während imWinter trotz gleicher Fütterung und Haltung bereits beiLebendgewichten von 95–100 kg zu viel Fett vorhandenwar. In der Rindviehhaltung ging es darum, die Leistungs-fähigkeit der Kühe via Zucht und Fütterung zu erhöhen.«Unwirtschaftliche Tiere werden zu lange gehalten», hiess

es. Um die Viehwirtschaft vielseitiger zugestalten, wurde dazu aufgerufen,

vermehrt Qualitätsmastvieh zuerzeugen. 1957 wurden noch

4256 Stück Gross- undKleinvieh von der Maul-

und Klauenseuchebefallen. Von derSchweinepest waren205 Ställe mit 5634Tieren betroffen.Über tuberkulose-freie Tiere wurdeein absolutesWeideverbotverhängt, damit sienicht angestecktwerden konnten.Beinah saniert wardie Seuche AbortusBang.

Bedeutung des Stallklimas entdeckt

vor

50 J

ahre

n

Tierfreundliche Haltungssysteme bleiben aktuell. Bild: agrarfoto.com

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42 JUBILÄUM 11 2008 · UFA-REVUE

Höhere Nachfrage nach Tier-produkten Die weltweit massiv ge-steigerte Nachfrage nach tierischenProdukten aufgrund des Bevölke-rungswachstums und der gesteiger-ten Nachfrage in Entwicklungslän-dern wird auch die schweizerischeTierproduktion betreffen. Von derFAO wird in der Zeitspanne von 2002bis 2030 eine Zunahme des Fleisch-konsums in Entwicklungsländern von140 Millionen Tonnen auf 250 Mil-lionen Tonnen erwartet. Hinzukommt eine Steigerung des Fleisch-konsums von 100 Millionen Tonnenauf 120 Millionen Tonnen in ent-wickelten Ländern. Auch für denMilchkonsum sind ähnlich starke Zu-nahmen in der Nachfrage prognosti-ziert. Die gesteigerte Nachfrage nachtierischen Produkten, unter dem Um-stand der immer knapper werdendenRessourcen und dem zunehmendenDruck, ökologischer zu produzieren,wird als eine der grössten Herausfor-derungen für die Tierproduktion dernächsten 50 Jahre angesehen.

Schlussfolgerungen Wissen-schaftliche und technologische Fort-schritte werden die Tierproduktionund die Tierzucht weiter vorantrei-ben. Der verbesserte Zugang zur ge-netischen Information und neue Re-produktionstechnologien werden dietraditionellen Zuchtprogramme nach-haltig verändern (beispielsweise Auf-gaben, Besitzverhältnisse, Rechteetc.). Für die langfristige Sicherungdes Zuchtfortschritts muss die gene-tische Vielfalt innerhalb und zwischen

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Page 29: 50 Jahre UFA-Revue

UFA-REVUE · 11 2008 JUBILÄUM 43

Rassenpopulationen im Auge behal-ten werden. Neben medizinischnutzbaren Entwicklungen ist die zu-künftige Bedeutung der Gentechno-logie im Bereich der Ernährungswirt-schaft schwierig zu beurteilen.Umsetzungen dürften neben finan-ziellen und technischen Einschrän-kungen stark von der Akzeptanz derjeweiligen Konsumentenschaft ab-hängig sein. Die Klonierung kann imBereich der reinen Vermehrung so-

gen ist davon auszugehen, dass auchim Rinder-, Pferde- und Kleinwie-derkäuerbereich eine weitere Kon-zentration stattfinden wird. Markt-mächte werden gebündelt, hoheEntwicklungs- und Züchtungskostenwerden durch hohe globale Markt-anteile ausgeglichen. Es sind aberauch Strömungen in die andereRichtung denkbar: der Weg zurückzur Nischenproduktion oder Subsis-tenzwirtschaft, in der vielleicht so-

wie der Vermarktung von Einzeltie-ren eine gewisse Bedeutung erhal-ten. Auch hier spielt letztlich die Fra-ge der Kosten und derländerspezifischen Akzeptanz eineRolle.

Veränderte Rahmenbedingungenwie Marktöffnung, Ressourcen-knappheit, zunehmende Umweltbe-lastung und die gesteigerte Nachfra-ge nach tierischen Produktenwerden den Tierproduktionssektorin den kommenden Jahren fordern.Eine extreme Herangehensweise ansolche Veränderungen wäre diedurch weitere technische Fortschrit-te bedingte Loslösung der Tierhal-tung von der Nahrungsmittelpro-duktion. Käse und Fleisch wärendann nicht mehr landwirtschaftlicheProdukte, sondern synthetisch er-stellte Nahrungsmittel aus einem Le-bensmittellabor. Solch futuristischanmutenden Lösungen sind selbst-verständlich kritisch zu prüfen.

Durch die technischen Fortschrit-te, aber auch die skizzierten Verän-derungen in den Rahmenbedingun-

gar der tierische Zug wieder relevantwird. Die Geschichte zeigt, dass Ent-wicklungen oft nicht linear, sondernnetzwerkartig, manchmal in kleine-ren, manchmal in grösseren Schrit-ten, vor sich gehen. Gewichtungenverschieben sich. Wie weit die dis-kutierten Punkte in der Zukunft re-levant sind, wird sich weisen.Schlussendlich dürften viele Formender Tierproduktion da und dortüberleben und zu finden sein – auchin der Schweiz. Denn Diversitätschafft letztlich Stabilität und da-durch Nachhaltigkeit. �

JUBILÄUMSAUSGABE

50 JAHRE UFA-REVUE

Autoren Dr. Christine Flury und Dr. Stefan Rieder sind Dozenten fürTiergenetik und Pferdewissenschaftenan der Schweizerischen Hochschule fürLandwirtschaft (SHL) in Zollikofen (BE).Neben dem Unterrichten betreuen sieverschiedene Projekte im Bereich derNutztierwissenschaften.

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Die weltweiteNachfrage nachtierischen Produktensteigt mit demzunehmendenWohlstand in denSchwellenländern.

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