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Sonderdruck aus der Bürgerwel le-Mitgl iederzeitung Ausgabe 2/2011

Redaktion, Herausgeber und Copyright ©:Bürgerwel le, Dachverband der Bürger und Initiativen zum Schutz vor Elektrosmog e.V.Sprecher des Vorstands: Siegfried Zwerenz, Lindenweg 10, D-95643 Tirschenreuth,Tel . 09631-795736, Fax -795734, pr@buergerwel le.de, www.buergerwel le.de

Für die Verbreitung dieser Schrift zur Information von Entscheidungsträgern undBevölkerung ist die Papierform vielfach wirksamer als die elektronische Form.

Bei Bestel lungen wird die ganze Ausgabe 2/2011 der Bürgerwel le-Mitgl iederzeitungzu € 2,50 zuzügl ich Porto gel iefert.

IARC: Mobilfunkstrahlung ist

„möglicherweise krebserzeugend“

InhaltDer Artikel besteht zur Hauptsache aus vier Kommentaren, die vom19. Mai bis 6. Jul i 2011 von "Microwave News" publ iziert wurden(www.microwavenews.com) und hier als Kapitel 1. bis 4. nummeriert sind.

Editorial ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

Einleitung.... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1. Ein französischer TV-Dokumentarfi lm deckt auf, wie die Industrie über einenIARC-Experten die Forschung behinderte. French TVDocumentary Links IARC RFPanelist to Industry Interference (Microwave News, May 19, last updated May 20) . . . . . . . . . . . 4

2. IARC setzt Anders Ahlbom vor die Tür. IARC Drops Anders Ahlbom fromRF–Cancer Panel (Microwave News, May 22, 2011 , last updated May 23) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

3. IARC: Mobilfunkstrahlung ist für den Menschen mögl icherweise kanzerogen .IARC: Cell Phone Radiation Is a Possible Human Carcinogen (Microwave News,June 3, 2011) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

4. Mobiltelefon und Hirntumor: Konfuse Signale vom Wie-du-mir-so-ich-dir-Spielder Epidemiologen. Cell Phones and Tumors: Mixed Signals as EpidemiologistsPlay Tit for Tat (Microwave News, July 6, 2011) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

Handygefahr: Die Forschung ist geknebelt... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

(Artikel aus der Gazette de Montpellier vom 26. Mai 2011)

Sonderdruck aus der Bürgerwelle Mitgl ieder-Zeitung 2/20112

Editorial

Wer kennt nicht den Ausspruch: „Ach, ihr mit eurer Handystrahlen-Hysterie – al les ist heute schädl ich: Rauchen, Autofahren, Fl iegen,Strom verbrauchen, Essen und Trinken, Atmen... da könnte man ja garnicht mehr leben!“

Abgesehen davon, dass Abwehr, Bequemlichkeit, H ilflosigkeit, Über-forderung und Angst aus diesen Worten sprechen, stimmt der Aus-spruch insofern durchaus, als wir heute nicht mehr „einfach so“daherleben können. Es braucht Bewusstsein über die Zusammenhän-ge in al len Lebensgebieten, auf al len Ebenen. Natürl ich kann nicht je-der al les wissen. Aber die großen Zusammenhänge können undmüssen wir als Einzelne selber verstehen, auf jedem Gebiet in Zivi l isa-tion, Kultur und Natur. Wo wir noch nicht durchbl icken, holen wir unsdie Informationen an den Quel len, welchen wir am ehesten vertrauen.

Die Massenmedien nützen uns dabei nur teilweise. Zu sehr unterl ie-gen sie dem Einfluss des Zweigespanns Wirtschaft und Staat. Charak-teristisch für das, was öffentl ich gesagt werden kann, war etwa derKommentar von Harald Lesch zur ZDF-Sendung Abenteuer Forschungvom 2. Juni 2010: „Das bisschen Handystrahlung.... Andere Risikensind viel dramatischer.... Gamma-Strahlung, Atombombe....“ (Die Sen-dung war noch vor Fukushima; er „vergaß“ Harrisburg und Tscherno-byl .) Immerhin kritisierte Lesch beim Handy den Ressourcenverbrauchbezügl ich der Seltenen Erden. Außerdem nannte er dieses Gerät tref-fend einen „Sklaventreiber“. Das Handy darf also Nachteile haben,bloß gesundheitsschädl ich darf es auf keinen Fal l sein....

Wie lange wird es der Industrie mit Beihilfe des Staates noch gel ingen,der Mobilfunkstrahlung den Anstrich der Unschädl ichkeit zu geben,damit sie an der Spirale „Bedürfnisschaffung – Bedarfsdeckung“ weiterdrehen und so weiterhin Mil l iarden scheffeln kann? Wann wird die Öf-fentl ichkeit aufwachen?

Konsequenz im menschl ichen Denken und Handeln fußt auf Einsichtund auf Bewusstsein der Folgen von Zuständen oder Intentionen.Zwar können wir Einsicht nicht verordnen und entsprechende Konse-quenz nicht verlangen, aber wir können sie selber vorleben – und wirkönnen andere informieren, immer wieder, unermüdl ich, auch mitdem vorl iegenden Sonderdruck aus der Bürgerwel le-Mitgl ieder-zeitung 2/2011. Louis Slesin von Microwave News macht die Vorgängein der Wissenschaftswelt bis ins Detail nachvol lziehbar, „akribisch re-cherchiert und umfassend dokumentiert“, wie das Time Magazine be-zeugte. Damit man die Hintergründe wirkl ich versteht.

Peter Schlegel

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Niederfrequente Magnetfelder von Bahn- und Haus-strom sind schon seit 2002 in der Klasse 2B „mögli-cherweise kanzerogen“ eingestuft. Jetzt hat dieInternationale Agentur für Krebsforschung (IARC) inLyon auch Mobilfunkstrahlung gleich bewertet.

(ps) – Es gibt viele, die ob dieser Einstufung enttäuschtsind. Wissenschaftler wie Franz Adlkofer (Kästchen S. 8)oder Annie Sasco (Text S. 9) gehören dazu. Ihre eigeneBeurteilung des Standes der Forschung veranlasst sie zueiner schärferen Bewertung. Andererseits können dieumweltmedizinische Praxis und die Elektrosmog-Schutz-organisationen gerade beim Krebs nur wenig zur Klä-rung der Ursachenfrage beitragen. Evidenz über denursächl ichen Zusammenhang besteht vielmehr bei denspontanen Beschwerden und den kurz- bis mittelfristi-gen Auswirkungen der Strahlung auf die Gesundheit.

Nach dem IARC-Entscheid reagierte die Weltpresse mitpolaren Reaktionen. Positive und negative Kommentarefolgten einander teils in derselben Zeitung. Vergleichs-beispiele aus der IARC-Klasse 2B wurden angeführt, zumBeispiel das Schädl ingsgift DDT durch die ersteren, Kaf-fee durch die letzteren Kommentatoren wie im Artikeldes „Economist“ vom 10. Juni, welcher überdies längstwiderlegte Argumente der Industrie aufwärmte. Einesdavon lautet, dass nichtionisierende Strahlung keinenoxidativen Zel lstress verursachen könne.

Dennoch: Wenn trotz des Drucks der Industriekonzerneauf den Wissenschaftsbetrieb immerhin ein Warnschusswie diese IARC-Bewertung zustande kommt, dann be-deutet das schon etwas. Positiv ausgedrückt: Pol itiker,die um unsere Umwelt und Gesundheit ehrl ich besorgtsind, haben durch den IARC-Entscheid nun etwas mehrRückendeckung für Vorstöße zugunsten griffiger Vor-sorgemaßnahmen – obwohl man eigentl ich längst nichtmehr bloß von Vorsorge, sondern von dringend not-wendiger Schadensabwendung sprechen müsste.

Die vier nachstehend abgedruckten, von der Bürgerwel-le (ps) aus dem engl ischen Original übersetzten Artikelstammen vom Wissenschaftsjournal isten Louis Slesin .Seine Informationen und Kommentare in MicrowaveNews finden weltweit Beachtung. Hier das Wichtigstezusammengefasst und aus unserer Sicht interpretiert:

■ Der französische Fernseh-Dokumentarfi lm "MauvaisesOndes" – auf Deutsch sinngemäß: "üble Strahlung" –ist seit dem norwegischen Film "Ein strahlender Tag"(siehe Bürgerwel le-Mitgl iederzeitung 2/2010) wohldie mutigste Aufdeckung der Machenschaften der In-dustrie, mit denen diese das Bekanntwerden der Ge-sundheitsrisiken der Funktechnik unterdrücken wil l .

■ Die Turbulenzen um den Wissenschaftler Anders Ahl-bom könnten der Öffentl ichkeit die Augen öffnenüber den Einfluss der Industrie auf dem Weg über die

Wissenschaft auf die Pol itik (wenn die Medien dar-über berichten würden). Auf der anderen Seite kanndie klare Haltung des Forschers Lennart Hardell al lendenjenigen Mut machen, die ihrem Verantwortungs-bewusstsein nachleben möchten.

■ Slesins Insider-Bl ick auf die IARC-Konferenz spiegelteine wachsende Besorgnis von immer mehr For-schern über das Schädigungspotenzial der elektro-magnetischen Wel len und Felder, kurz EMF genannt.Das vol le Ausmaß des Problems, wie es an der Praxis-front sichtbar ist, erkennen zwar wohl nur einzelnevon ihnen. Sie sind ja al le hoch spezial isiert, was dieGefahr des engen Bl ickwinkels mit sich bringt. Dochauf der anderen Seite scheinen Forscher mit offen-sichtl ichen Industrieverbindungen immer isol ierterdazustehen.

■ Die Reaktionen der nationalen Krebsvereinigungensind bedenkl ich, aber für sie selbst entlarvend. Indemsie die IARC-Einstufung des Krebsrisikos infolge EMFherunterspielen, zeigen sie ihre – in der Öffentl ichkeitnoch kaum bekannte! – Industrienähe deutl icher.

Die am Tag ihrer Veröffentl ichung top-aktuel len Texte inMicrowave News sol len uns die damal ige Situation undWissenslage spiegeln. Wir haben daher Zeitbegriffe wie„gestern“, „heute“ usw. unverändert übernommen.

Das Wort hat nun Louis Slesin. Die Kästchen gehörennicht zu seinem Text, es sind Zusätze der Redaktion.

IARC: Mobilfunkstrahlung ist

„möglicherweise krebserzeugend“

Internationale Agentur fürKrebsforschung (IARC)

Die International Agency for Research on Cancer (IARC)ist eine Unterorganisation der Weltgesundheitsorganisa-tion (WHO) . Sie hat ihren Sitz in Lyon (Frankreich). IhreHauptaufgabe ist die Klassifizierung von Substanzenund Agenzien in Bezug auf ihr kanzerogenes Potenzial .Ihre Tätigkeit beschreibt sie selber (gekürzt):

„Die IARC-Monografien identifizieren Umweltfaktoren,die das Krebsrisiko beim Menschen erhöhen können.Dazu gehören Chemikal ien, physikal ische und biologi-sche Agenzien und Faktoren des Lebenssti ls. NationaleGesundheitsbehörden können diese Informationen zurwissenschaftl ichen Stützung ihrer Maßnahmen für denSchutz vor potenziel len Kanzerogenen verwenden."

"Interdiszipl inäre Arbeitsgruppen wissenschaftl icher Ex-perten überprüfen die publ izierten Studien und bewer-ten das Gewicht des Beweismaterials dafür, dass einbestimmter Stoff das Krebsrisiko erhöhen kann. Seit1971 wurden über 900 Stoffe geprüft, wovon 400 alskanzerogen, wahrscheinl ich kanzerogen oder mögl i-cherweise kanzerogen eingestuft wurden.“

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1. Ein Französischer TV-Dokumentarfilmdeckt auf, wie die Industrie über einenIARC-Experten die Forschung behinderte

19. Mai 2011 – Ein äußerst kritischer, vom französischenFernsehen gestern Abend ausgestrahlter Dokumentar-fi lm behauptet, René de Sèze, ein bekanntes Mitgl iedder auf dem Gebiet der Hochfrequenzstrahlung arbei-tenden französischen Wissenschaftlergruppe, habe be-wirkt, dass eine für die Mobilfunkindustrie schädl icheStudie verzögert, wenn nicht sogar begraben wurde.Der 90-minütige Film berichtet, de Sèze habe im Auf-trag von Bouygues Télécom , eines führenden Mobilfunk-betreibers, eine Studie koordiniert, und als die Ergeb-nisse ein Strahlungs-Gesundheitsrisiko stützten, habe eral les nur Mögl iche getan, um sie zu diskreditieren. DeSèze arbeitet am Institut national de l'environnement in-dustriel et des risques (INERIS).

Dieser Vorwurf kommt ausgerechnet einige Tage vorder Reise von de Sèze nach Lyon als Mitgl ied eines vonder Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) ein-berufenen Panels, das die mit Mobilfunkstrahlung zu-sammenhängenden Krebsrisiken bewerten sol lte. Die

IARC ist bereits unter Beschuss, weil sie drei Industrie-vertreter als Beobachter an diese Konferenz eingeladen,die Presse aber ausgesperrt hat. Jene Einladungen, dasAufstel len des Panels sowie die Tatsache, dass zentraleErgebnisse der Interphone-Studie, eines IARC-Projekts,nicht veröffentl icht wurden, haben unter anderen auchEMF-Aktivisten veranlasst, Fragen über die Objektivitätund Fairness der IARC aufzuwerfen. (Die Interphone-Da-ten über Akustikusneurinom und Speicheldrüsentumorsowie die Orte der Hirntumoren in Bezug auf die Han-dyhaltung am Kopf wurden noch nicht veröffentl icht,aber es gibt Gerüchte, wonach die Resultate zu Akusti-kusneurinom und Tumorlokationen an der Konferenzder nächsten Woche zur Verfügung stehen werden.)

Heute früh zum Beispiel setzte Mast Victims, eine briti-sche Gruppe, ein imitiertes Filmplakat zu „Science of theLambs“ mit der Schlagzeile „Première in Lyon, Frank-reich, 24.-31. Mai“ in Umlauf. „ 'Worth Every Penny' – dasMonatsmagazin der Handyherstel ler“ lautet ein nachge-machter Schriftzug. Das Plakat zielt auf Anders Ahlbom ,Mitgl ied des IARC-Panels, von dem es weithin heißt, erhalte jegl iches Krebsrisiko infolge Mobiltelefon für un-wahrscheinl ich. (Siehe ein Interview mit Ahlbom vomSchwedischen Rat für Arbeits- und Sozialforschung(FAS)) .

Die von de Sèze koordinierte Studie fand heraus, dassMobilfunkstrahlung für Hühnerembryos tödl ich seinkann. Sie wurde von Florence Batellier vom NationalenInstitut für landwirtschaftl iche Forschung (INRA) durch-geführt und war darauf angelegt, herauszufinden, ob ei-ne ähnl iche, 2001 publ izierte Studie von MadeleineBastide repl iziert werden könne. Batel l ier sagt, ihre Stu-die sei im Großen und Ganzen in Übereinstimmung mitden Ergebnissen von Bastide. Wegen der Einflussnahmevon de Sèze und Bouygues Télécom dauerte es sechsJahre bis zur Herausgabe der Studie, wie der Dokumen-tarfi lm aussagt; sie erschien schl ießl ich im Jahre 2008.De Sèze hatte darauf beharrt, dass die Embryos durcheinen thermischen Effekt gestorben seien, sagt Batel l ier.Als de Sèze von der Filmproduzentin Sophie Le Gall ge-fragt wurde, welches seine Schlussfolgerung aus denbeiden Studien sei, witzelte er: „Telefoniere nicht mitKüken.“ (Bastide starb 2007.)

Der Dokumentarfi lm wirft auch Fragen auf über dieTransparenz der ICNIRP wegen der mangelnden Offen-legung der Industrieverbindungen ihrer Mitgl ieder, ins-besondere derjenigen von Bernard Veyret. Er bringtzudem ein seltenes Interview mit Pierre Aubineau, einemfranzösischen Forscher, der mit Veyret einen Streit hattewegen seiner Studie, die eine von Hochfrequenzstrah-lung verursachte Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schrankezeigte. Aubineau warf Veyret vor, er habe versucht, sei-ne Publ ikation zu unterdrücken, ganz so wie de Sèzevorgeworfen wird, er habe die Publ ikation von Batel l ierverzögert. Aubineaus Studie wurde, außer in der Formeiner Konferenz-Zusammenfassung, nie formel l publ i-ziert.

Der Film „Mauvaises Ondes“ wurde am 18. Mai zur bes-ten Sendezeit auf France 3 ausgestrahlt. Zwei Tage spä-ter bezeichnete die Fédération Française des Télécoms

„Mauvaises Ondes“:Die Mobilfunkbetreiber brandmarken den Doku-mentarfilm als „Desinformationsunternehmen“

"Nachdem der Film Mauvaises Ondes, ein für den Mobil-funk niederschmetternder Dokumentarfi lm, am 18. Maizur besten Sendezeit von France 3 ausgestrahlt wordenwar, l ieß die Reaktion nicht lange auf sich warten. DieFédération Française des Télécoms (FFT) , Wortführerinder Mobilfunkbetreiber, sandte einen Brief an den Präsi-denten des französischen Fernsehens, Rémy Pflimlin.

Darin wirft die FFT der Filmproduzentin Sophie Le Gallvor, in ihrem 'Auftragswerk' habe diese 'bewusst zahlrei-che neuste und grundlegende Aspekte und Elementevertuscht' . Die schärfste Kritik betrifft Mittel der Regiewie 'spektakuläre Zeugnisse Betroffener; unkenntl ichgemachte oder mit Off-Stimme sprechende Ankläger;gestohlene Bilder und Konversationen' , al les nur umSchauder zu erregen' oder 'die Quote zu steigern' , abermit der 'Gefahr der Irreführung' der Zuschauer. Im Briefsind sämtl iche die Industrie entlastenden Elemente (Ar-beiten der WHO; Bericht der IGAS [Inspection Généraledes Affaires Sociales = interministeriel le Kontrol lstel ledes Staates für soziale Angelegenheiten] ; Zusammen-stel lung der ANSES [Agence Nationale de Sécurité Sani-taire = staatl iche Gesundheitsbehörde] ...) aufgel istet,welche von der Filmproduzentin, gemäß FFT, absicht-l ich 'verschwiegen' worden seien.

Doch kein einziger von al l den Angriffen bezieht sichauf die im Dokumentarfi lm berichteten Fakten. In denAugen der FFT haben sich Sophie Le Gal l und ihr Doku-mentarfi lm – der als 'Desinformationsunternehmen' be-zeichnet werden könne – einer Unterlassungssündeschuldig gemacht."

Catherine Maussion am 20.05.2011 aufwww.écrans.fr

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Im Dokumentarfilm "Mauvaises Ondes":Vier Studien, die der französischen Mobil-funkindustrie nicht passten

Handystrahlung tötet Hühnerembryonen (1)

Die 2007 verstorbene For-scherin Madeleine Bastidevom immunologischenund parasitologischen In-stitut der Universität Mont-pellier fand Ende der90-er Jahre in einem Expe-riment, dass unter Dauer-bestrahlung durch einGSM-900-Mobiltelefonder größte Teil (72.3%)der Hühnerembryonennicht überlebte, gegen-über 11% bei den unbe-

strahlten Eiern. Die Veröffentl ichung der Studie – dieerste in Frankreich über die Wirkung von Handystrah-lung – gab einen Eklat.Bastide habe anonymeBriefe und Anrufe mitBeschimpfungen biszu Morddrohungenerhalten, sagt eineehemal ige Kol legin imFilm. Und ein Famil i-enangehöriger berich-tet: "Eines Tages be-kam sie einen ano-nymen Telefonanruf,in welchem man ihrein Tonband abspielte,das die Wiedergabeeines Gesprächs in ih-rem Büro der Fakultätenthielt. Es war wirk-l ich ihre eigene Stim-me. In ihrem Bürowaren Mikrofone ver-steckt worden, davonwar sie überzeugt.Man wol lte sie wohlunter Druck setzen,damit sie ihre Arbeitabbreche. Sie ver-suchte vergebl ich her-auszufinden, wer eswar."

Handystrahlung tötet Hühnerembryonen (2)

Florence Batellier wollte 2002 am Nationalen Forschungs-institut für Agronomie (INRA) die Studie von Bastide wie-derholen. Sie erhielt ähnl iche Ergebnisse. Doch der vonBouygues Télécom zur Koordination der Studie eingesetz-te Forscher René de Sèze "...trat vol l auf die Bremse",sagt ein Informant im Film. "Er stel l te den Studiendesignin Frage, indem er sagte, ja, aber die Versuchskammerist nicht so, sondern so... und die Temperatur ist nicht

die richtige... Er sah,dass die Resultatesich bestätigten. Soversuchte er mit al-len Mitteln zu zei-gen, dass sie sichzwar bestätigten,aber dass der Stu-diendesign von An-fang an in die fal-sche Richtung ge-führt habe. Er such-te ganz klar denPlan zu torpedieren." Die Studie wurde erst 2008 publ i-ziert und bl ieb innerhalb der Forschergemeinschaft un-beachtet.

Mobilfunkstrahlung macht die Blut-Hirn-Schrankedurchlässig

Pierre Aubineau wies an Ratten nach, dass die Blut-Hirn-schranke unter Mobilfunkbestrahlung durchlässig wird,wodurch Schadstoffe in das Gehirn eindringen können.Leiter des COMOBIO-Forschungsprojektes war BernardVeyret (ICNIRP-Mitgl ied). Aubineau im Interview: "Vey-ret wol lte andereFolgerungen publ i-zieren als ich; ermeinte, die Resulta-te seien auf denMenschen nichtübertragbar. Ichwol lte den Satznicht zurückziehen.Zwar war es nichtam Menschen ge-zeigt, aber ich sahkeinen Grund, wa-rum es nicht über-tragbar sein sol lte. Da meinte Veyret, ich könne schonpubl izieren, aber dann würde er seinen Namen unddenjenigen des Labors zurückziehen. Doch dadurchwurde die Publ ikation praktisch unmögl ich."

Fördert Mobilfunkstrahlung Parkinson, Alzheimerund Epilepsie?

Der NeurobiologeAlain Privat be-schreibt, wie ihmder Kredit für dieFortsetzung seinerForschung ohneAngabe eines Grun-des verweigert wur-de. Indirekt erfuhrer, die Ergebnisseseien nicht so ge-wesen, wie man sieerwartet habe – nämlich die völ l ige Unschädl ichkeit derStrahlung. Die Gazette de Montpellier hat unter dem Ti-tel „Handygefahr: Die Forschung ist geknebelt“ ein Inter-view mit ihm gebracht, das wir auf Seite 12 abdrucken.

Bild 1 : Madeleine Bastide er-klärt die Resultate ihres Expe-rimentes. Detail siehe Bild 2.

Bild 2: Oben die Versuchsanord-nung mit dem Handy auf denEiern. Rechts unten: tote Em-bryonen (schwarze Felder) vorallem im Antennenbereich. Linksunten: Unbestrahlte Kontroll-gruppe, wenig Verluste.

Bild 3: Die mit dem GSM-900-Mobiltelefon bestrahlte Gruppevon 60 Eiern

Bild 4: Florence Batellier in ihremehemaligen Versuchslabor (für denFilm nachgestellt)

Bild 5: Pierre Aubineau im Ge-spräch mit der FilmproduzentinSophie Le Gall

Bild 6: Alain Privat in seinem Ver-suchslabor

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über dessen Netze weltweit 40% al ler Telefongesprächelaufen, ebenfal ls Kunde von Gunnar Ahlbom AB ist. Ahl-bom ließ dies auf seiner Kundenl iste vom Sonntag weg.(In einem e-Mail vom 23. Mai bestritt Ahlbom ausdrück-l ich, dass Ericsson ein Kunde der Beratungsfirma seinesBruders sei.)

Enthül lungen über Ahlboms Beziehungen zur Telekom-branche könnten die IARC weiter in Verlegenheit brin-gen. Die Agentur ist bereits dafür angegriffen worden,dass sie drei Industrievertretern die Teilnahme an derKonferenz erlaubt hat. Und erst vor ein paar Tagen hatdas französische Fernsehen einen Dokumentarfi lm ge-sendet, der ein anderes Mitgl ied des Panels, René deSèze, aufs Korn nahm. Dieser habe versucht, eine Studiezu unterdrücken, die auf gesundheitl iche Auswirkungeninfolge Mobiltelefon hinwies.

Auf das Ersuchen um einen Kommentar antwortete Ahl-bom nicht. Auch IARC-Vertreter gaben keine Antwortauf e-Mails von Microwave News.

Ahlbom: Einflussreich und umstritten

Anders Ahlbom, Vorsteher des Karol inska Instituts fürUmweltmedizin in Stockholm, ist wohl der bedeutendsteEpidemiologe Europas mit Erfahrung in Mobilfunkstrah-lung. Einen Großteil seiner Berufskarriere hat er denAuswirkungen verschiedener Arten elektromagnetischerFelder gewidmet, und er spielte ein Schlüsselrol le beimNachweis des Zusammenhangs von Kinderleukämie mitden EMF von Hochspannungsleitungen. Ahlbom präsi-diert oder sitzt in einer Vielzahl wichtiger Komitees inSchweden und in der EG, welche Forschungsprioritätensetzen und Forschungsgelder verteilen. Er war Mitgl iedder ICNIRP während 12 Jahren und gehört weiterhin zuderen beratenden Experten.

Ahlbom und seine Protégée Maria Feychting arbeiten imlaufenden Interphone-Projekt mit, das durch die IARCkoordiniert wird, ferner im COSMOS-Projekt, einer Pro-spektivstudie mit Mobiltelefonbenutzern. Ahlbom leitetauch ein Komitee, das jährl iche EMF-Statusberichte fürdie schwedische Strahlenschutzbehörde herausgibt.

Seit einigen Jahren sagt Ahlbom, es sei unwahrschein-l ich, dass Mobiltelefone Tumore verursachen. „Wir ha-ben keinen Grund zu glauben, es gebe solche Risiken“,erklärte er kürzl ich in einem Interview. Solche Aussagenmachten ihn zum Favoriten der Industrie und der Regie-rungsstel len, die die besorgte Öffentl ichkeit beruhigenwol len, und zur Zielscheibe derjenigen, die finden, diepubl izierte wissenschaftl iche Literatur – mit Einschlussderjenigen von Ahlbom selber – deute auf ein Krebsrisi-ko hin.

„Anders Ahlboms Verbindungen zur Telekomindustrieüber seinen Bruder und ihre gemeinsame Firma ist einedirekte Erklärung für seine systematische Verneinungvon Gesundheitsrisiken infolge Mobiltelefonen“, stel l tNilsson in ihrer Presseerklärung fest.

Lennart Hardell, ein schwedischer Forscher, der eine An-zahl Studien mit Hinweisen auf höhere Tumorraten un-ter Mobiltelefonbenutzern veröffentl icht und im Laufder Jahre oftmals mit Ahlbom die Kl ingen gekreuzt hat,

(FFT) [der Verband der französischen Telekomindustrie]den Dokumentarfi lm als „voreingenommen“ und eine„Übung in Desinformation“. Der vierseitige Brief der FFTan den Präsidenten von France Télévisions geht nichtauf die an de Sèze gerichtete Anklage ein.

2. IARC setzt Anders Ahlbom vor die Tür

22. Mai 2011 – Die Internationale Agentur für Krebsfor-schung (IARC) hat Anders Ahlbom vom Karol inska Insti-tut aus ihrem Expertenkomitee, das zur Bewertung desKrebsririkos infolge Mobiltelefonen zusammengestel ltwurde, entfernt. Das Komitee wird in Lyon während ei-ner Woche vom kommenden Dienstag, 24. Mai an zu-sammenkommen. In einem e-Mail , das Ahlbom heutesandte, schreibt er: „Die IARC hat mich aus der Hochfre-quenz-Arbeitsgruppe ausgeschlossen wegen einer'mögl ichen Wahrnehmung eines Interessenkonfl iktes' .“

Die IARC hatte schnel l gehandelt, nachdem sie erfahrenhatte, dass Ahlbom eine leitende Stel lung in der Bera-tungsfirma Gunnar Ahlbom AB seines Bruders hat. DieseFirma mit Sitz in Brüssel , der europäischen Hauptstadtund Zentrum für Lobbyisten, war gegründet worden, umKunden auf dem Gebiet der Telekommunikation mitSchwerpunkt Umwelt- und Energieregul ierung zu bera-ten. Ahlbom hatte diese Nebenbeschäftigung in der Er-klärung zu seinen Interessebindungen, die von al lenTeilnehmern an den IARC-Krebsbewertungen verlangtwird, nicht angegeben.

Offenbar bot die IARC Ahlbom an, er könne die Konfe-renz dieser Woche als nicht stimmberechtigter „eingela-dener Spezial ist“ besuchen. Vor kurzem reichte er einekorrigierte Deklaration seiner potentiel len Interessen-konfl ikte ein.

Mona Nilsson , eine schwedische Journal istin, die zweiBücher über Mobilfunk und Gesundheit geschriebenhat, entdeckte Ahlboms Verbindung zur Firma seinesBruders. Sie wol lte gerade eine Pressemitteilung veröf-fentl ichen über das, was sie herausgefunden hatte, alsAhlbom ankündigte, er gehe überhaupt nicht zur IARC-Konferenz. Nilsson sagte, das sei eine gute Nachricht.„Ahlbom sol lte wirkl ich überhaupt nicht zur IARC-Exper-tengruppe gehören“, meinte sie zu Microwave News.

Zwei amerikanische Wissenschaftler, die auf dem Gebietder Hochfrequenzstrahlung arbeiten und diese Nach-richt gehört hatten, sagten in separaten Interviews, siestimmten mit Nilsson überein. „Ich bin froh, dass sichdie IARC an die Regeln über Interessenkonfl ikte hält“,sagte einer von ihnen. Beide baten, anonym bleiben zudürfen.

Am heutigen Sonntagmorgen kündigte Ahlbom an, ersei nun aus dem Vorstand der Firma seines Bruders zu-rückgetreten. In einer separaten Erklärung, ebenfal ls vonheute Sonntag, macht Ahlbom geltend, er erhalte keinGeld von der Gunnar Ahlbom AB, und er nennt drei Fir-men (SOS Alarm AB, Fiberoptic Val ley AB und IT Part-ners) als deren Kunden. Aber Microwave News haterfahren, dass Ericsson , der riesige Telekom-Konzern,

Sonderdruck aus der Bürgerwelle Mitgl ieder-Zeitung 2/2011 7

der die Arbeitsgruppe der IARC über Hochfrequenz-strahlung präsidierte. Samet, Professor an der Universityof Southern California in Los Angeles, war anfangs die-ses Jahres von Präsident Obama in den Vorstand desNationalen Krebsbeirats berufen worden.

Der Beschluss „hebt die Sache auf eine neue Ebene“,sagte Kurt Straif, Leiter des Monografie-Programms derIARC, der die Konferenz organisieren half – die ersteüber Hochfrequenzstrahlung und Krebsrisiko überhaupt.Viele Mitgl ieder des Ausschusses waren derselben Mei-nung.

„Zuvor bestand weithin die Auffassung, dass ein Krebsri-siko infolge Mobiltelefonen unwahrscheinl ich sei“, sagteRon Melnick, der eine der Untergruppen an der IARC-Konferenz leitete. „Jetzt hat die Weltgesundheitsorgani-sation ihren offiziel len Stempel auf diese Mögl ichkeitgedrückt.“ Melnick, vormals höherer Beamter im Natio-nalen Toxikologieprogramm der USA bis zu seiner Pen-sionierung vor zwei Jahren, entwarf die weltgrößteStudie zur Abklärung, ob Mobilfunkstrahlung Krebs inRatten und Mäusen erzeugen kann. Deren Resultatewerden erst in ein paar Jahren erwartet.

„Ein mögl iches Risiko kann nicht mehr von der Hand ge-wiesen werden, zumindest solange wir keine glaubwür-digen Hinweise auf das Gegenteil erhalten“, sagteDariusz Leszcinski von der finnischen Strahlenschutzbe-hörde (STUK) in Helsinki, Mitgl ied der IARC-Untergrup-pe über Mechanismen.

Die Nachricht der IARC war eine Sensation. Viele Berich-te erschienen auf der Titelseite der weltweit führendenZeitungen wie Washington Post, New York Times undWall Street Journal, Sidney Morning Herald, Le Mondeund Daily Telegraph . Innerhalb von 24 Stunden nach derIARC-Pressekonferenz fand man etwa 3000 Beiträge un-ter Google News nur schon auf Engl isch. Viele davongehörten zu den meistgelesenen und meistverbreitetenauf zahl losen Internet-Nachrichtenseiten rund um dieErde.

Peter Inskip, der Außenseiter vom NCI

Einige sagten in Lyon, Inskip habe während der Konfe-renz einen unbehagl ichen Eindruck gemacht. „Währendder Plenarsitzungen war er schweigsam und gab keinenKommentar ab“, sagte jemand, der dabei war und nichtgenannt werden wil l . „Er schien ärgerl ich, aufgebrachtund schlechter Laune zu sein.“

Es gibt auch Berichte, dass Inskip aktiv andere Mitgl ie-der der Epidemiologiegruppe zu überzeugen versuchte,die Studien des Schweden Lennart Hardell nicht zu be-rücksichtigen – dies manchmal in direkter und persönl i-cher Weise.

Inskip ist bekannt für seine Ansicht, dass Mobiltelefon-strahlung nicht Krebs verursache. Er veröffentl ichte eineder ersten epidemiologischen Studien über Mobiltelefo-ne schon 2001: Sie zeigte keinen Zusammenhang mitHirntumoren. Und dabei bl ieb er.

Inskip sol l schon früher mindestens einmal seine Über-zeugung vertreten haben, dass Mobiltelefonstrahlungharmlos sei. Vor wenigen Jahren wandte er sich anläss-

sagte, er sei über die Tatsache von Ahlboms Verbindun-gen zur Industrie nicht überrascht, über deren Offen-sichtl ichkeit aber schon. „Ahlbom hat Hirntumorrisikeninfolge Mobiltelefonen verneint oder ignoriert und warmehr oder weniger als Sprecher der Industrie tätig“,sagte Hardel l in einem Interview. Hardel l ist Mitgl ied desIARC-Panels und wird diese Woche in Lyon sein.

Es war verbreitet gemunkelt worden, Ahlbom sei alsVorsitzender der Untergruppe für Epidemiologie derIARC für die Krebsbewertung ausgewählt worden. Jetztwird gesagt, diese Stel lung habe Jack Siemiatycki einge-nommen. Dieser arbeitet an der University of Montrealund ist ebenfal ls ein Mitgl ied des Interphone-Projekts.

Es mag als Maßstab für Ahlboms geringes Ansehen un-ter Europas Aktivisten gelten, dass letzte Woche einebritische Gruppe zur Verhöhnung von dessen Ansichtenüber die Handyrisiken ein fingiertes Filmplakat in Zirku-lation setzte, auf welchem Ahlbom ins „Hannibal-Lech-ter-Land“ gesetzt wurde.

3. IARC: Mobilfunkstrahlung ist für denMenschen möglicherweise kanzerogen

Eine kleine Gruppe wird eine Minderheitsmeinungeinbringen

3. Juni 2011 – Einmütige Übereinstimmung ist nichtleicht zu erreichen, wo man es mit Mobilfunkstrahlungzu tun hat. Und geht es erst um Handy und Krebs, sogeht gar nichts mehr. Die Internationale Agentur fürKrebsforschung (IARC) jedoch hat die Sache beinahedurchgezogen. Am 31. Mai haben mehr als zwei Dut-zend Wissenschaftler und Doktoren aus 14 Ländern – ei-ne Gruppe, die von IARC-Direktor Christopher Wild „dieweltbesten Experten“ genannt wurde – eine gemeinsa-me Erklärung abgegeben, dass Mobilfunk- und andereHochfrequenzstrahlung Krebs verursachen könnte.

Vor dem Abschluss der Konferenz leisteten ihrer sechsnoch Widerstand, aber am Ende bl ieb bloß eine Gegen-stimme. (Die Gruppe kam überein, dass der Name dieserPerson geheim bleiben sol le.) Die IARC gab die Mittei-lung heraus, dass die langfristige Nutzung eines Handyszu zwei verschiedenen Tumorarten führen könnte: Gl i-om, ein Gehirnkrebs, und Akustikusneurinom, ein Tumordes Hörnervs.

Ein weiteres Mitgl ied der Arbeitsgruppe hätte auch nichtzugestimmt, wenn es nicht schon vor der Schlussab-stimmung die Konferenz verlassen hätte. MicrowaveNews erfuhr, dass Peter Inskip vom Nationalen Krebsin-stitut der USA (NCI) vorzeitig wegging und nicht zurück-kam. Aleea Farrakh Khan vom Medienbüro des NCIbestätigte, dass Inskip nicht an der Schlussabstimmungteilgenommen habe und sich der „Minderheitsmeinung“einer „kleinen Gruppe“ innerhalb der Arbeitsgruppe an-schl ießen werde.

„[Unsere] Schlussfolgerung sagt aus, dass es ein gewis-ses Risiko geben könnte, und deshalb müssen wir dran-bleiben in Bezug auf einen Zusammenhang zwischenMobiltelefonen und Krebsrisiko“, sagte Jonathan Samet,

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l ich einer Planungssitzung für eine Konferenz des BrainTumor Epidemiology Consortium (BTEC) vehement ge-gen eine vorgesehene Risikodiskussion. Er sei sehr emo-tional gewesen, sagte jemand, der dabei war, aber nichtgenannt werden wil l . Die Gespräche wurden gestrichen.

Mitgl ieder der IARC-Arbeitsgruppen vertreten nicht un-bedingt die Sichtweise der Organisationen, in denen siearbeiten. Doch das NCI, wo Inskip arbeitet, hat viel Geld,und wenige wol len sich gegen die Ansichten seinesFachkol legiums stel len und dadurch riskieren, davon ab-geschnitten zu werden. Das Budget des Instituts für2010 zum Beispiel betrug mehr als 5 Mil l iarden $. Eini-ges davon geht an die IARC. Im vergangenen Jahr gabdas NCI einen Zuschuss auf fünf Jahre zur Unterstüt-zung des Monografie-Programms der IARC. Das Natio-nale Institut für Umweltwissenschaften der USA (NIEHS)unterstützt dieses Programm ebenfal ls.

Im Anschluss an die IARC-Konferenz gab das NCI einePressenotiz heraus, in welcher die Krebsrisiken verharm-lost wurden, und bemerkte, dass sich „Hirntumorhäufig-keit und Sterbl ichkeitsrate in der Bevölkerung im ver-gangenen Jahrzehnt wenig verändert haben“ – dies ineinem Zeitraum, in welchem die Handynutzung raschzunahm.

Inskip gab keine Antwort auf Anfragen per Telefon unde-Mail mit Bitten um einen Kommentar. Weder NicolasGaudin , Leiter der IARC-Pressestel le noch Kurt Straif,Leiter des Monografie-Programms, beantworteten Auf-forderungen zur Klärung.

Aufbau eines Konsenses

Der Beschluss, Hochfrequenzstrahlung als mögl ichesKanzerogen einzustufen, war keineswegs ein vorbe-stimmtes Ergebnis. Am 24. Mai, dem Eröffnungstag derKonferenz, vermuteten in der Tat viele, dass letztl ich derSpruch getan würde, es gebe nicht genug Hinweismate-rial , um auf ein Krebsrisiko zu schl ießen.

Die IARC teilt chemische und physikal ische Agenzien infünf Kategorien ein. Ein mögl iches Kanzerogen wird mit„2B“ benannt, und eines, das nicht klassifiziert werdenkann, ist „3“. Die übrigen sind: „1“ für ein bekanntesKanzerogen; „2A“ für „wahrscheinl ich kanzerogen“; „4“für „wahrscheinl ich nicht kanzerogen“. In der vierzigjäh-rigen Geschichte des IARC-Monografie-Programmswurden mehr als 900 Agenzien bewertet, und nur eines– Caprolactam – ist als nicht kanzerogen eingestuft wor-den; 107 wurden in die Gruppe 1 getan, 59 in die Grup-pe 2A, und 266 in die Gruppe 2B. Die Mehrzahl wurdeals unklassifizierbar befunden, Gruppe 3.

Im Verlauf der Konferenz gab es eine klare, wenn auchnur al lmähl iche Verlagerung zur Bezeichnung 2B. „Dieüberzeugendsten Hinweise für eine Unterstützung die-ser Einstufung kamen von epidemiologischen Studien“,so Samet. Zwei Studiensets brachten die Waage zumUmschlagen, fügte er an: Das Interphone-Projekt derIARC und dasjenige der Gruppe von Lennart Hardell vonder schwedischen Universität Örebro. Beide weisen aufein erhöhtes Auftreten von Gl iomen und Akustikusneu-rinomen unter Langzeit-Handynutzern hin.

„Als es zur Abstimmung kam, trafen sich die Leute undes wurde klar, dass wahrscheinl ich für 2B entschiedenwürde“, sagte Carl Blackman , Mitgl ied der IARC-Gruppe.„Doch als wir in Lyon ankamen, war das noch gar nichtso sicher. Es ergab sich dann aber aus einer sehr ernst-haften Auswertung des Hinweismaterials.“ Blackman ar-beitet bei der U.S. Umweltbehörde in North Carol ina.

Einige Mitgl ieder der Arbeitsgruppe sagten, es habe ei-ne gewisse Stimmung für 2A gegeben, aber diese habesich nicht lange gehalten.

Schl ießl ich gab es eine einzige Stimme gegen 2B – ob-wohl es eine zweite gegeben hätte, wenn Inskip länger

„Strahlenschutz in Deutschland im Abseits“

In Deutschland besteht eine besonders starke „Bastionzur Verteidigung der Industrieinteressen“, wie der For-scher Prof. Franz Adlkofer mit mehreren Beispielenbelegt: Anlässl ich der Abstimmung über die IARC-Ein-stufung stammte die einzige (! ) Gegenstimme von ei-nem Mitgl ied der SSK, der deutschen Strahlen-schutzkommission. (Von Microwave News erfahren wir,dass es sich um Maria Blettner von der Johannes-Guten-berg-Universität Mainz handelte). „Die Teilnahme vonProf. Alexander Lerchl, als Leiter des Ausschusses Nich-tionisierende Strahlen in der SSK oberster Strahlen-schützer Deutschlands, von dem mit Sicherheit einezweite Gegenstimme zu erwarten gewesen wäre, warvon der IARC mit der Begründung abgelehnt worden,dass seine Industrienähe und seine Voreingenommen-heit in der Fragestel lung der Suche nach einem Konsensnicht dienl ich sein würde“, so Adlkofer.

Zur Bewertung der Hochfrequenzstrahlung als „mögli-cherweise karzinogen“ schreibt der enttäuschte Adl-kofer, dass die Einstufung „wahrscheinlich karzinogen“gelautet hätte, wenn die Ergebnisse der Grundlagenfor-schung ihrer Bedeutung gemäß berücksichtigt wordenwären. Denn Mobilfunkstrahlung ist genotoxisch, dasheißt sie schädigt die Erbsubstanz und bereitet damitdie Krebsentstehung vor. Adlkofer war Leiter des euro-päischen REFLEX-Forschungsprogramms, das die Geno-toxizität der Mobilfunkstrahlung bestätigte. In Bezugauf den IARC-Entscheid meint er, man habe eine weite-re Verschärfung „weder den mobilfunkfreundl ichen Re-gierungen der Länder, die die WHO finanzieren, nochder als schützenswert angesehenen WirtschaftsmachtMobilfunkindustrie zumuten“ wol len.

Für Adlkofer ist die Umklassifikation der Hochfrequenz-strahlung bereits in absehbarer Zeit auf „wahrscheinl ichkarzinogen“ und in nicht sehr ferner Zukunft auf „ karzi-nogen beim Menschen“ vorgezeichnet.

Er mahnt zudem „äußerste Zurückhaltung bei der Nut-zung des Mobiltelefons durch Kinder“ an, dies auch un-ter dem Aspekt der „zunehmend ins Bl ickfeld gera-tenden neurodegenerativen Krankheiten“, insbesondereder Alzheimer'schen Krankheit, zu deren Entstehung be-kanntl ich Umweltfaktoren maßgebl ich beitrügen. – DieStel lungnahme Prof. Franz Adlkofers ist abrufbar unterhttp://www.stiftung-pandora.eu/aktuelles/index.html.

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gebl ieben wäre. „Es war ein überaus eindrucksvol lerKonsens“, sagte Hardel l , als er nach der Konferenz zu-rück nach Schweden aufbrach.

Zusätzl ich zu den epidemiologischen Hinweisen schlossdie Arbeitsgruppe, dass es „gewisse Hinweise“ auf eineKanzerogenität aus Tierstudien gebe, sagte Straif vonder IARC. In Bezug auf Genotoxizität sagte er, die Unter-gruppe zu den Mechanismen habe „schwache“ unter-stützende Hinweise gefunden.

Straif betonte, dass nicht al le 266 gemäß IARC „mögl i-chen“ Kanzerogene auf derselben Grundlage unter 2Beingestuft worden seien. Einige erhielten die Bezeich-nung 2B aufgrund von Tierstudien, sagte er. Unter den-jenigen, die – wie bei der Mobiltelefonstrahlung – aufStudien an Menschen basierten, sind Talkpuder für Kör-perpflege, Herbizide und niederfrequente Magnetfelder.

Die Bezeichnung 2B ist nicht auf Handys begrenzt. Siesei „breit anwendbar“ auf al le Quel len von Hochfre-quenzstrahlung, sagte Samet.

Sichtweisen außerhalb von Lyon

Abseits der Konferenzräume der IARC gab es die erwar-tete weite Spanne der Ansichten. Viele von denen, diesich jeweils hören lassen, bestätigten ihre langjährigeSichtweise. Auf der einen Seite sagten Neurochirurgenwie Keith Black in Los Angeles: „Was Hochfrequenz-strahlung tut, ist grob gesagt dasselbe wie das, was mitder Nahrung im Mikrowel lenofen geschieht, nämlichKochen des Gehirns“ und Charlie Teo in Austral ien: „Esgibt zunehmendes Beweismaterial für einen Zusammen-hang zwischen Hirntumor und Mobiltelefonen.“ Undauf der anderen Seite sagte Rodney Croft, Leiter der inAuflösung begriffenen Hochfrequenz-Forschungsgrup-pe Austral iens: „Weitere Forschung wird beweisen, dasses keinen Grund zu einem Alarm gibt.“

Maria Feychting von Karol inska Institut in Stockholmmeldete sehr bald ihre Opposition zur IARC-Bezeich-nung an. Die Studien seien „bei weitem zu unsicher“, umdiese zu stützen, sagte sie der Presse. Feychting ist eineProtégée und Kol legin von Anders Ahlbom, der als Mit-gl ied der Arbeitsgruppe vorgeschlagen, aber wiederausgeladen wurde, als die IARC erfuhr, dass er im Vor-stand der Telekom-Beratungsfirma seines Bruders war.Beide streben sie seit langem danach, die Mögl ichkeitvon Tumorrisiken herunterzuspielen. Einige spekul ieren,ob das IARC-Panel zum gleichen Beschluss gelangt wä-re, wenn Ahlbom dort gewesen wäre, um seinen Fal lvorzutragen. Die meisten wiesen jedoch darauf hin, dassdas Ergebnis dasselbe gewesen wäre. „Die Dynamik wä-re viel leicht eine andere geworden“, sagte ein Mitgl iedder Arbeitsgruppe, „aber ich glaube es wäre immer noch2B gewesen.“ Ein anderes Mitgl ied hob hervor, dassStan Szmigielski wegen Krankheit ebenfal ls nicht in Lyonwar, aber er hätte Ahlboms Opposition aufgewogen.

David Savitz, ein Epidemiologe der Brown University, ge-hört zum Feychting-Lager. „Ich wäre wahrscheinl ich zwi-schen „nicht klassifizierbar“ und „kein Zusammenhang“gelegen“, sagte er uns in einem Interview. „Mich über-rascht die Schlussfolgerung, wo doch die Beweislage

immer stärker wird, dass Mobiltelefonnutzung keinenZusammenhang mit Hirntumor hat“, sagte er zur LosAngeles Times.

Ähnl ich sagte Meir Stampfer von der Harvard School ofPublic Health zur New York Times, dass, wenn man denIARC-Beschluss ins rechte Licht rücke, das Beweismateri-al nicht dafür spreche, dass man „wirkl ich darüber be-sorgt sein müsse“. Die Times bezeichnete Stampfer alseinen „bezahlten Berater der Mobiltelefonindustrie“.

Andere waren enttäuscht, dass das IARC-Panel nichteinen festeren Standpunkt eingenommen und Hochfre-quenzstrahlung als wahrscheinl iches Kanzerogen fürden Menschen bezeichnet hat. „Wir haben verloren“,sagte Annie Sasco, eine Epidemiologin, die 22 Jahre langbei der IARC war, bevor sie zurück zur INSERM nach Bor-deaux ging. „Ich hatte gehofft, es würde 2A“, sagte siezu Microwave News, „es gibt zweifel los genug Hinweisefür eine 2A-Einstufung.“ Als Sasco die IARC verl ieß, warsie Leiterin des Teams für Epidemiologie in der Krebs-vorsorge.

Im Großen und Ganzen sagten die langjährigen EMF-Beobachter [gemeint sind Fachleute, die den weltweitenUmgang mit der Problematik der elektromagnetischenFelder (EMF) intensiv verfolgen; Red.] , d ie Bezeichnung2B sei die richtige Wahl . „2B ist das Beste, was die ge-genwärtige Beweislage stützen kann“, sagte David Gee,ein leitender Berater bei der Europäischen Umweltagen-tur (EEA) in Kopenhagen. Und Tony Mil ler von der Uni-versity of Toronto kommentierte, er sei über denBeschluss des Panels nicht überrascht.

Reaktionen der Industrie und derKrebsvereinigungen

Die Monografien der IARC werden weltweit als derGoldstandard für mögl iche oder tatsächl iche Krebs-agenzien betrachtet. Daher hat der Beschluss der Ar-beitsgruppe großes Gewicht. „Niemand wird diesesErgebnis in Frage stel len“, meinte ein Panel-Teilnehmer.

Dies mag der Grund dafür sein, dass die Mobilfunkin-dustrie in ihren Stel lungnahmen der Presse gegenüberetwas gedämpft war. Die Wirtschaftsgruppen versuch-ten anscheinend gute Miene zum Entscheid des Panelszu machen. „Die IARC-Klassifikation deutet an, dass eineSchädigung mögl ich, aber nicht wahrscheinl ich ist“, sag-te Jack Rowley von der GSM-Vereinigung. Rowley nahmam IARC-Panel als Beobachter teil .

Das Mobile Manufacturers Forum (MMF) [internationalerVerband von Herstel lern von Funkgeräten und -anlagen;Red.] gab sich ähnl ich. „Die Folgerung der IARC ist be-deutsam, dass EMF weder ein eindeutiges noch einwahrscheinl iches menschl iches Kanzerogen ist“, stel l tees in seiner Presseerklärung fest. „Die IARC kam bloßzum Schluss, es könnte mögl ich sein, dass Hochfre-quenzstrahlung kanzerogen ist.“ Das MMF hatte Joe El-der als Beobachter zur Konferenz gesandt.

Die Meinung der Krebsvereinigungen beiderseits desAtlantiks waren ebenfal ls rasch gemacht: Meistens lesensie sich eher wie eine zögerl iche Entgegennahme desIARC-Spruches als eine wirkl iche Anerkennung. „Es ist

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wichtig, dass ihr Ergebnis mit großer Sorgfalt interpre-tiert werde“, warnte die American Cancer Society. „DieSchlussfolgerung aus dem Beweismaterial mag für Be-denken sorgen, aber sie ist nicht überzeugend“, sagteOtis Brawley, ihr medizinischer Chef.

Ed Yong, Leiter des Gesundheits- und Informationsbe-reichs von Cancer Research UK, interpretierte den IARC-Beschluss dahingehend, dass „es gewisse Hinweise füreinen Zusammenhang zwischen Mobiltelefonen undKrebs gibt, aber er ist zu schwach, um überzeugendeSchlussfolgerungen zu ziehen.“ Er fuhr weiter: „Die pu-bl izierten Studien zeigen nicht, dass Mobiltelefone dasKrebsrisiko erhöhen könnten.“ Sein Blog-Beitrag wurdevon anderen Kommentatoren gelobt und im Internetweit verbreitet, aber durch Powerwatch , eine britischeEMF-Gruppe, als „extrem irreführend“ verurteilt.

Was nun?

An der Pressekonferenz verzichteten die IARC-Vertreterdarauf, Ratschläge für den individuel len Schutz zu ge-ben. „In diesem Stadium ist es immer eine heikle Frage,was man als Konsument tun sol l“, sagte Straif. „Die Stär-ke dieses Programms ist auch darauf zurückzuführen,dass wir keine ausdrückl ichen Empfehlungen für die Re-glementierung geben. Das ist der Verantwortungsbe-reich der nationalen und internationalen Behörden.“

Andererseits sagte Christopher Wild, Direktor der IARC:„Es ist wichtig, pragmatische Maßnahmen zu ergreifenwie Freisprecheinrichtungen oder Textübermittlung.“

In den USA ersuchten drei Senior-Kongressmitgl ieder –die Republ ikaner Ed Markey (D-MA), Henry Waxman (D-CA) und Anna Eshoo (D-CA) – den obersten Rechnungs-hof (GAO) um eine „umfassende Bewertung“ der aktuel lexistierenden Gesundheitsforschung sowie der „Ange-messenheit“ der Sicherheitsstandards der FCC [FederalCommunications Commission] für Mobiletelefone.

Die Mitteilung der WHO „macht klar, dass es weitereForschung braucht, um die langfristigen Auswirkungender Mobiltelefonbenutzung auf den menschl ichen Kör-per, vor al lem bei Kindern, ganz zu verstehen“, sagteMarkey in einer Pressemitteilung.

Samet schloss die Pressekonferenz mit der Aussage, ererwarte „mit Sicherheit, dass es künftig wahrscheinl icheine weitere Überprüfung der Hochfrequenzstrahlungdurch die IARC geben" werde.

4. Mobiltelefon und Hirntumor: KonfuseSignale vom Wie-du-mir-so-ich-dir-Spielder Epidemiologen1

Keine Sorge, sagt die ICNIRP2

6. Juli 2011 – Die Schlacht um die Interphone-Studiegeht weiter. Diesmal in vol ler Öffentl ichkeit, da wichtigeAkteure Studien publ izieren, in denen sie ihren Stand-punkt bezügl ich des Mobiltelefon-Tumorrisikos ausführ-l ich beschreiben. Al lerdings gab es keine großenÜberraschungen, da ihre Ansichten schon lange bekannt

sind. Dennoch haben die diametral gegensätzl ichenSichtweisen bei jedem Erscheinen einer neuen Studie zuwidersprüchl ichen Medienberichten geführt.

Ein neues Kapitel wurde letzte Woche aufgeschlagen, alsdie Internationale Kommission zum Schutz vor nichtio-nisierender Strahlung (ICNIRP2) ankündigte, dass ihreEpidemiologen1 glauben, Mobiltelefone seien unschäd-l ich. Zwar gaben sie zu, nicht ganz sicher zu sein, ob-wohl es schien, als seien sie es schon fast. Dies war ihreSchlussfolgerung: „Der Trend in dem sich ansammeln-den Beweismaterial widerspricht zunehmend der Hypo-these, dass das Mobiltelefon Hirntumoren verursacht.“Dieser Kommentar war im Fachjournal EnvironmentalHealth Pespectives veröffentl icht.

Die BBC hatte es mit der Ankündigung dieser Nachrichtderart eil ig , dass sie sogar die Sperrfrist des Journalsmissachtete. „Krebs durch Mobiltelefone 'unwahrschein-l ich'“, lautete die Schlagzeile. Genau einen Monat zuvorhatte derselbe Reporter einen Beitrag über die Ergeb-nisse einer größeren Gruppe geschrieben, die von derInternationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) ge-bildet worden war. Jene Expertengruppe hatte eine ganzandere Botschaft: Hochfrequenzstrahlung von Mobilte-lefonen ist eine mögl iche Krebsursache. „Handys kön-nen Hirntumor verursachen“, war die Schlagzeile derBBC am 31. Mai.

BBC war nicht die einzige. Reuters meldete am 1. Juni:„WHO sagt, Handybenutzung sei 'mögl icherweise kan-zerogen'“, und am 4. Jul i : „Beweise 'zunehmend gegen'ein Handy-Krebsrisiko“. Und der Reuters-Artikel vom 5.Jul i drückte aus, was jeder denken musste: „Handys ma-chen Krebs. Nein, tun sie nicht. Doch, tun sie.“

Wie sol l da noch jemand klug werden?

Jetzt gab es keine auch nur teilweise Übereinstimmungmehr zwischen den Forschergruppen der ICNIRP undder IARC. Während mehr als einem Jahrzehnt hattenviele von ihnen im Interphone-Projekt der IARC zusam-mengearbeitet – oder hätten jedenfal ls zusammenarbei-ten sol len. Interphone, das war die größte jedurchgeführte epidemiologische Studie über Mobiltele-fonbenutzer. Etwa auf halbem Weg der Studie, als dieResultate auf ein Hirntumorrisiko hindeuteten, kamenSpannungen auf, und Interphone legte einen Stopp ein.Zwei gegnerische Blöcke zeichneten sich ab. Die einenakzeptierten die Resultate und begannen sich für Vor-sorge auszusprechen. Die anderen fanden die Resultatezu wenig klar und gaben den systematischen Verzerrun-gen große Bedeutung. Als die Blockierung andauerte,griff Christopher Wild, der Direktor der IARC, ein undbestand darauf, dass die Hirntumor-Ergebnisse der In-terphone-Studie publ iziert wurden. Aber die beidenGruppen hatten so wenig gemeinsamen Boden, dass die

1 Epidemiologie = wissenschaftl iche Diszipl in, die sich mit denUrsachen und Folgen sowie der Verbreitung von gesundheits-bezogenen Zuständen und Ereignissen in der menschl ichenBevölkerung und in Tierpopulationen beschäftigt

2 Ausführl iche Beschreibung von Entstehung und Funktion derICNIRP in der Ausgabe 2/2010 der Bürgerwel le-Mitgl iederzeitung

Sonderdruck aus der Bürgerwelle Mitgl ieder-Zeitung 2/2011 11

Publ ikation schlussendl ich wenig zu einer tieferen Ana-lyse beitrug und ebenfal ls bloß Verwirrung hinterl ieß.

Vieles von dem, was im vergangenen Jahr über Handyund Hirntumor publ iziert wurde, hat diese gegensätzl i-chen Meinungen noch verstärkt. Der fast einstimmigeBeschluss der IARC-Gruppe vom 31. Mai, Mobiltelefon-strahlung als mögl iches menschl iches Kanzerogen ein-zustufen, basierte auf den Interphone-Studien sowie aufder Arbeit der vom Schweden Lennart Hardel l geleitetenGruppe. Angesichts des hohen Ansehens der IARC be-zügl ich ihrer Bewertung, was als krebsfördernd gilt undwas nicht, hätte man sich denken können, dass ihre Ent-scheidung auf ein Übergewicht des von Austral iens Bru-ce Armstrong und Spaniens Elisabeth Cardis – beide inder IARC-Arbeitsgruppe – angeführten, der Vorsorgezuneigenden Interphone-Blocks hindeuten würde.

Doch der Grundsatz der Vorsorge war der ICNIRP schonimmer ein Dorn im Auge. Viel leicht waren ihre Mitgl ie-der unsicher, wie die IARC-Konferenz ausgehen würdeund wol lten es nicht darauf ankommen lassen, dass ihreAnsichten ignoriert würden. Ihre Wahl des Zeitpunktswar wohl kaum zufäl l ig . Der Kommentar der ICNIRP l iestsich wie eine Gegenmeinung zum IARC-Beschluss. Zweiseiner Autoren, Schwedens Maria Feychting und Groß-britanniens Tony Swerdlow, waren Mitarbeiter beim In-terphone-Projekt und führten dessen Zweifler an.

Die ICNIRP-Publ ikation dient auch als Gegengewicht zueinem Editorial , das anfangs dieses Jahres durch El isa-beth Cardis und Israels Siegal Sadetzki in Occupationaland Environmental Medicine publ iziert wurde. Siegal istebenfal ls Mitgl ied der Interphone-Gruppe. Im Gegen-satz zum Rat der ICNIRP, es bestehe kein Grund zur Sor-ge, warnten Cardis und Sadetzki, man sol le auf NummerSicher gehen und Headsets benutzen oder im Frei-sprechmodus telefonieren.

Viel leicht das deutl ichste Beispiel für die beiden sich du-el l ierenden Lager ist die kürzl iche Publ ikation zweier se-parater Analysen von verschiedenen Mitgl iedern desInterphone-Projekts. Diese untersuchten den Ort derTumoren in Bezug auf die Strahlungskeule der Mobilte-lefone. Die beiden Publ ikationen erschienen innerhalbweniger Wochen. Am 24. Mai veröffentl ichte das Ameri-can Journal of Epidemiology die Studie einer großenGruppe mit Feychting und Swerdlow, welche folgerte,dass die Tumoren nicht in den Gehirnpartien mit derhöchsten Strahlungsexposition lokal isiert seien. Sie wur-de am 9. Juni gekontert von einer separaten Analyse,durchgeführt von Interphone-Mitgl iedern unter der Lei-tung von Cardis. Diese letztere Publ ikation sagt aus,dass der Ort des Tumors ein wichtiger, nicht gering zuschätzender Faktor sei.

Die ICNIRP zitiert die von Feychting und Swerdlow mit-verantwortete Studie, versäumt aber die Erwähnung derAnalyse von Cardis, welche die ICNIRP-Aussage unter-gräbt, wonach al les kein Problem sei.

Die duel l ierenden Studien über die Tumorlokation ver-anlassten Großbritanniens Daily Mail, im Abstand vonzwei Tagen zwei gegensätzl iche Schlagzeilen zu brin-gen: „Experten warnen, dass die Hirntumorfäl le wegen

Handys in 20 Jahren auf das 20-fache steigen könnten“und „Handys erhöhen das Krebsrisiko nicht, da die meis-ten Hirntumoren nicht im Strahlungsbereich l iegen“.

Setzt sich die ICNIRP wirklich fürdie Volksgesundheit ein?

Schon wieder ist das, worum es eigentl ich geht, abhan-den gekommen. Die Debatte darüber, ob MobiltelefoneTumoren verursachen können, ist nicht irgend eine ab-strakte Übung wie „Engel auf dem Kopf einer Stecknadelzählen". Es geht um die öffentl iche Gesundheit, und wiekönnte man „öffentl icher“ werden, als indem man überdie Gesundheit von 4-5 Mil l iarden Handybenutzernspricht. Tatsache ist, dass drei verschiedene Tumorartenmit Langzeitnutzern von Mobiltelefonen in Verbindunggebracht wurden, und dass zwei voneinander unabhän-gige Forschergruppen Zusammenhänge mit dem Gliom(einem Hirntumortyp) und mit dem Akustikusneurinom(Hörnervtumor) belegt haben.

Gewiss, die Studien haben Mängel . Epidemiologie hatimmer Mängel , aber wir haben nichts anderes. Sehensich denn die Epidemiologen der ICNIRP wirkl ich so sehrim Recht, dass sie bereit sind, al le Studien mitsamt ihreneigenen3 zu verwerfen? Fühlen sie sich wirkl ich so sicher,dass sie keinen Grund sehen, den Leuten einfache Vor-sorgemaßnahmen zu empfehlen, bis wir mehr wissen?

Die ICNIRP ist eine jeweils sich selber ergänzende Grup-pe, die ihre Finanzierungsquel len nicht offenlegt. IhrStändiger Ausschuss für Epidemiologie, der den neuenKommentar verfasste, besteht aus lauter Gleichgesinn-ten. Ihr früherer Vorsitzender Anders Ahlbom [siehe S. 4]hat ebenfal ls seine Ansicht bekundet, wonach es keinHandy-Tumorrisiko gebe. (Er war Hauptautor der letztenICNIRP-Übersicht zum Thema Mobiltelefon und Krebs.)Ein weiteres früheres Mitgl ied, Maria Blettner, war dieeinsame Gegenstimme in der Schlussabstimmung derIARC-Arbeitsgruppe. Blettner und Ahlbom arbeitetenbeide an der Interphone-Studie mit.

Der Zwist über die Interphone- und die Hardel l-Studienschadet der Krebsdebatte. Das jedenfal ls ist klar. Der[wissenschaftl iche] Korrespondent des Economist sprachaus, was jetzt zweifel los viele denken, als er kürzl ichschrieb: „Der ganze Aufruhr um Handy und Krebs istfürchterl ich belanglos, vergl ichen mit al l den anderenDingen, weswegen wir uns Sorgen machen müssen.“Eins zu Nul l für die ICNIRP.

Welches ist ihr Spielplan in der ganzen Suche nach demZusammenhang zwischen Handy und Krebs? Die ICNIRPsagt, wir sol len einfach abwarten, ob die Tumorrate an-steigt. Wenn wir also in einem oder zwei Jahrzehnteneinen messbaren Aufwärtstrend sehen, dann werden wirwissen, dass die ICNIRP uns einen schlechten Rat gege-ben hat. Oder, wie Feychting, Swerdlow und die anderenICNIRP-Epidemiologen es ausdrücken: „Dann wird mandarauf eine Antwort geben müssen.“

3 Microwave News gibt eine Studie über Gl iom und eine überAkustikusneurinom sowie die Abschlusspubl ikation der Inter-phone-Studie an. In al len drei Publ ikationen ist die Rede voneinem zwar geringen, aber doch vorhandenen Risiko.

Sonderdruck aus der Bürgerwelle Mitgl ieder-Zeitung 2/201112

Handygefahr: Die Forschung ist geknebelt

La Gazette de Montpellier, 26. Mai 2011

„Die Handyhersteller haben mir den Kredit gestoppt,weil meine Forschung eine Wirkung auf das Gehirnaufdeckte.“ Der berühmte Neurobiologe Alain Privataus Montpellier prangert die Schädlichkeit der Funk-wellen und die Zensur durch die Industrie an.

„Was ich im Mikroskop sah, machte mir Angst.“ AlainPrivat läutet die Alarmglocke in einem spannenden Do-kumentarfi lm mit dem Titel „Mauvaises Ondes“. DerNeurobiologe wurde bekannt dafür, dass er gelähmteMäuse mittels Nervenzel len wieder gehfähig machte.Seit 2003 hat seine Forschung mit Ratten, die Han-dystrahlung ausgesetzt wurden, Störungen im Gehirngezeigt. Da ist wieder das umstrittene Gesundheitspro-blem, das al le Franzosen und ihre 64 Mil l ionen Handysbetrifft.

La Gazette: Was genau sind die Wirkungen des Handysauf das Gehirn aufgrund der von Ihnen durchgeführtenExperimente?

Prof. Alain Privat: Es handeltsich um ziemlich beunruhi-gende Veränderungen bio-chemischer und strukturel-ler Art. Zuerst möchte icherklären, wie die Experimen-te am Institut für Neurowis-senschaften der UniversitätMontpel l ier (INSERM, Labor am Krankenhaus Saint-Éloi)von den sechs Forschern durchgeführt wurden. ZwölfRatten haben wir während 15 Minuten einer elektroma-gnetischen GSM-Strahlung von 900 MHz, der Frequenzder Handys, von 6 W/kg ausgesetzt; das ist eine Strah-lung, die beim Dreifachen des Grenzwertes l iegt. Da-durch änderten sich sofort Qual ität und Quantität dreierNeurotransmitter: das mit der Bewegungsfähigkeit zu-sammenhängende Acetylchol in, das Dopamin, das mitder Alzheimer'schen Krankheit zu tun hat, und die GABA(γ-Aminobuttersäure), welche die Aktivität des Zentral-nervensystems beeinflusst. Außerdem beobachteten wirdie Entzündung einer Gehirnpartie, Striatum genannt,was bedeutet, dass das Nervengewebe betroffen ist.

Im Klartext: Was muss man beim Menschen befürchten?

Das Experiment ist zwar noch kein Beweis für die Toxizi-tät der Funkwel len für den Menschen, aber es mündet ineinen starken Verdacht. Man muss befürchten, dass dieintensive Langzeitnutzung des Mobiltelefons die Parkin-son'sche und Alzheimer'sche Krankheit begünstigt. Auchdie Epilepsie könnte gefördert werden, denn sie hängtmit einer Reizung der Nervenzel len zusammen, wie wirsie unter dem Mikroskop gesehen haben. Schl ießl ich istauch der Neurotransmitter Serotonin betroffen, der eineRol le im Schlaf-Wach-Rhythmus spielt. H ingegen teileich die Meinung bestimmter Wissenschaftler nicht, dassein Risiko für Hirntumor bestehe, denn dieser hängt mitanderen Mechanismen zusammen.

Wegen Ihres Verdachts wollten Sie die Studie fortsetzen,aber man hat Ihnen den Kredit gestoppt. . . .

Man muss wissen, dass die Studie 2003 zum Projekt CO-MOBIO (Communication Mobile Biologie) gehörte, dasje zur Hälfte von der Regierung und den Handyherstel-lern finanziert war. Nach Beendigung unserer Versuchereichte ich den Antrag für eine Vertiefungsstudie ein,aber dieser wurde nicht berücksichtigt. Später kandi-dierte ich vergebl ich für eine offiziel le Expertengruppe.Als ich dafür eine Erklärung verlangte, erhielt ich nie ei-ne Antwort. Ich habe das Gefühl , dass die Telekomin-dustrie die für sie negativen Studien aus wirtschaftl ichenGründen el iminiert – genau so, wie es hier in Montpel-l ier auch meine Kol legin Madeleine Bastide erlebt hat.

Vielleicht gab es auch Vorbehalte Ihrer Studie gegenüber.Kann man eine Ratte mit einem Menschen vergleichen?Und sind Schlussfolgerungen nicht schwerer zu ziehenwegen der sehr starken Strahlung im Experiment?

Die Ratte ist tatsächl ich weniger widerstandsfähig alsder Mensch. Aber ihr Nervensystem ist nicht so ver-schieden von unsrigen. Aufgrund von Experimenten mitMäusen versuchten wir Paraplegikern wieder das Gehenzu ermögl ichen. – Die Strahlung betrug in der Tat6W/kg, obwohl sie bei Handys etwa um 1.5 W/kg herumliegt. Aber diese extremen Bedingungen erlauben uns,eine Toxizität erst zu entdecken. Bei der Fortsetzung derStudien wol lten wir dann die Experimente auf einemreal istischeren Strahlungsniveau wiederholen.

Ist also Ihre Studie nicht wirklich anerkannt worden ?

Sie wurde 2004 in Neurobiology ofDisease, der maßgeb-l ichen amerikanischen Fachzeitschrift, publ iziert. Das istsoviel wie eine Anerkennung. Vor al lem aber hat ein an-deres Team das ausgeführt, was wir wol lten, nämlich dieRatten bei nur 1.5 W/kg tägl ich 45 Minuten lang wäh-rend 8 Wochen bestrahlen. Das Team von Verneuil-en-Halatte (Oise) hat seine Resultate 2008 und 2010 veröf-fentl icht. Diese sind den unseren absolut vergleichbar.

Warum ich jetzt wieder auf diese Auseinandersetzungüber die Auswirkungen des Mobiltelefons und die Un-abhängigkeit der Forschung zurückkomme? Weil ich seitkurzem im Ruhestand bin und mir keine Zurückhaltungmehr auferlegen muss. Und weil ich aus Sorge über dieVolksgesundheit wünsche, dass man wirkl iche For-schung über das Mobiltelefon mit aktuel len MRT- (Ma-gnetresonanztomografie-) Bildern durchführe. Manmuss vermeiden, dass die Forscher von der Industrie un-terstützt werden, und dass die Experten zugleich Richterund Partei sind wie in der Affäre Mediator4.

Welche Ratschläge geben Sie den Handyfreaks?

Benutzen Sie das Headset, um der Strahlung wenigerausgesetzt zu sein. Unter 15-jährige sol lten die Handy-benutzung vermeiden oder begrenzen; während der Or-ganbildung ist das Gehirn der Kinder viel empfindl icherals das unsrige.

Aufgezeichnet von Olivier RiouxÜbersetzung aus dem Französischen von (ps)

4 Mediator = ein Medikament für übergewichtige Diabetiker, daswegen Nebenwirkungen mit Todesfolge (500-2000 Tote in 30Jahren) verboten wurde, aber erst mit 12-jähriger Verspätung.