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5 Langzeiteinflüsse

5.1 Grundlagen(Wiederholung / Ergänzungen zu Stahlbeton I)

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Zeitabhängiges Verhalten von Beton

Schwinden

Volumenkontraktion ohne Lasteinwirkung

(Darstellung für freie = unbehinderte Verformungen → keine Zwängungen)

Kriechen

Zunahme der Verformungen unter konstanter Spannung

Relaxation

Abfall der Spannungen unter konstanter Dehnung

σc

keine Lasteinwirkung

t

εc

Volumenkontraktion durch Schwinden

t

σc

t

Spannung konstantεc

t

Anfangsverformung

Kriechverformung

εc

t

Dehnung konstantσc

Spannungsabfall durch Relaxation

Anfangsspannung

t

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Langzeiteinflüsse

Schwinden

Früh-/Kapillarschwinden (bis zu 4‰ → vermeiden!) • Kapillarspannungen während der Verdunstung von Wasser aus dem Frischbeton führen zu dichterer Lagerung der

Zementmatrix in den ersten Stunden bis zum Erstarren.• Vermeidung durch Nachbehandlung (Verhinderung signifikanter Wasserverluste an der frischen Betonoberfläche, wie sie

durch hohe Beton- oder Lufttemperaturen, geringe Luftfeuchtigkeit und Wind verursacht werden).

Autogenes und chemisches Schwinden (Normalbeton bis zu 0.3‰, UHFB bis zu 1.2‰)• Volumenkontraktion im Laufe der Hydratation, einerseits durch chemische Einbindung der Wassermoleküle in die

Hydratationsprodukte (erste Tage), andererseits durch Kapillarspannungen infolge der geringeren inneren relativen Luftfeuchtigkeit, sobald das Wasser in den Kapillarporen verbraucht ist, so dass die Hydratation Wasser in den Gelporenverbraucht (erste Wochen).

• Primär abhängig vom W/Z-Wert: Je kleiner der W/Z-Wert, desto grösser das autogene Schwinden (signifikanter Einfluss nur für W/Z < 0.45 → hochfeste Betone, UHFB).

Trockenschwinden (bis ca. 0.3‰ aussen bei RH=70%, bis ca. 0.5‰ innen bei RH=50%)• Volumenkontraktion im Festbeton durch Abgabe von Wasser an die Umgebung, beginnt mit dem Ausschalen resp. dem

Ende der Nachbehandlung und dauert Jahre.• Grösse primär abhängig vom Zementleimvolumen (Zement, Zusatzstoffe, eingeschlossene Luft und Wasser). Schnellerer

Verlauf bei hohem W/Z-Wert, geringer Luftfeuchtigkeit und dünnen Bauteilen.

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CH

inne

n

CH

aus

sen

NB: Endwertunabhängig von

Austrockungsbeginn

Zeitabhängiges Verhalten von Beton

Trockenschwinden 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐(nach SIA 262)

Trockenschwindmass 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐∞ [‰] Zeitverlauf ⁄𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐 (𝑡𝑡) 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐∞

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Zeitabhängiges Verhalten von Beton

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Trockenschwinden 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐

Trockenschwindmass 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐∞ [‰]

Autogenes Schwinden 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐 (nach SIA 262)

Zeitverlauf und Schwindmass 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐 𝑡𝑡 [‰]

𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐 𝑡𝑡 = 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐 𝑡𝑡 + 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐 𝑡𝑡

+CH

inne

n

CH a

usse

n

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Zeitabhängiges Verhalten von Beton

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Trockenschwinden 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐

Trockenschwindmass 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐∞ [‰]

Autogenes Schwinden 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐 (nach SIA 262)

Zeitverlauf und Schwindmass 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐 𝑡𝑡 [‰]

𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐 𝑡𝑡 = 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐 𝑡𝑡 + 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐 𝑡𝑡

+CH

inne

n

CH a

usse

n

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Langzeiteinflüsse

Kriechen und Relaxation

Ursache / Phänomene• Beanspruchung führt zur Umlagerung resp. Verdunstung von Wasser im Zementstein; damit einhergehende Gleit-/und

Verdichtungsvorgänge führen zur Volumenkontraktion.• In den Normen wird angenommen, dass die Kriechverformungen nach einigen Jahrzehnten zum Stillstand kommen

(Endkriechzahl ϕ∞). Dies ist heute umstritten; Schäden an Freivorbaubrücken könnten darauf hindeuten, dass die Kriechverformungen kontinuierlich zunehmen. Versuche sind jedoch nur wenige verfügbar.

Einflüsse auf die Grösse der Kriechverformungen• Höhe der Belastung (Kriechverformungen näherungsweise proportional zur Belastung)• Zementleimvolumen (hohes Zementleimvolumen = grössere Kriechverformungen)• Betondruckfestigkeit (hohe Druckfestigkeit = kleinere Kriechverformungen)• Alter des Betons (Belastung in jungem Alter = grössere Kriechverformungen)

Einflüsse auf den Zeitverlauf• Kriechverlauf ist schneller bei kleinen Bauteilabmessungen (dünne Bauteile)• Kriechverlauf ist schneller bei niedriger relativer Luftfeuchtigkeit (trockene Umgebung)

Relaxation• Kriechen und Relaxation sind verwandte Phänomene• Einflussgrössen für Kriechen gelten sinngemäss auch für das Relaxationsverhalten

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Kriechen

εc

tεc,t=0

ϕ (t)·εc,t=0

σc

t

Spannung konstant

• Zunahme der Verformung bei konstanter Spannung

• 𝜀𝜀𝑐𝑐 𝑡𝑡 = 𝜀𝜀𝑐𝑐,𝑒𝑒𝑒𝑒 + 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐(𝑡𝑡)

• 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐 = 𝜑𝜑(𝑡𝑡, 𝑡𝑡0) � 𝜀𝜀𝑐𝑐,𝑒𝑒𝑒𝑒 resp.𝜀𝜀𝑐𝑐 𝑡𝑡 = 𝜀𝜀𝑐𝑐,𝑒𝑒𝑒𝑒 1 + 𝜑𝜑(𝑡𝑡, 𝑡𝑡0)

• 𝜑𝜑(𝑡𝑡, 𝑡𝑡0): Kriechzahl

• Normalfall: 𝜑𝜑𝑡𝑡=∞ ≅ 1.5 … 2.5, d.h. Zunahme der Verformungen um Faktor 2.5…3.5

• Analoges Verhalten auf Zug (ungerissener Beton)

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Langzeiteinflüsse

Relaxation (≈ Kriechen bei ε = const.)

• Abnahme der Spannung bei konstanter Verformung• Grobe Näherung (fikt. E-Modul):

𝜎𝜎𝑐𝑐 𝑡𝑡 = 𝜎𝜎𝑐𝑐,𝑡𝑡=0 �1

1 + 𝜑𝜑

• Bessere Näherung (nach Trost):

𝜎𝜎𝑐𝑐 𝑡𝑡 = 𝜎𝜎𝑐𝑐,𝑡𝑡=0 1 −𝜑𝜑(𝑡𝑡)

1 + 𝜇𝜇𝜑𝜑

• Normalfall: 𝜑𝜑𝑡𝑡=∞ ≅ 1.5 … 2.5, 𝜇𝜇 = 𝑐𝑐𝑐𝑐. 0.75, d.h. Abbau der initialen Spannung auf ca. 25%

• Abbau bei langsamer aufgezwungener Verformung weniger stark (auf ca. 40%)

σc

t

εc

t

Dehnung konstant

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Langzeiteinflüsse

Kriechen Relaxation (= Kriechen)

εc

t

σc

t

σc

t

εc

t

Spannung konstant Dehnung konstant

𝜀𝜀𝑐𝑐,𝑒𝑒𝑒𝑒 =𝜎𝜎𝑐𝑐𝐸𝐸𝑐𝑐

𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐(𝑡𝑡) = 𝜑𝜑(𝑡𝑡, 𝑡𝑡0) � 𝜀𝜀𝑐𝑐,𝑒𝑒𝑒𝑒

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Langzeiteinflüsse

Kriechen – reversibler und plastischer Anteil• Die Verformungen des Betons unter Lastbeanspruchung setzen sich zusammen aus den elastischen Verformungen 𝜀𝜀𝑐𝑐,𝑒𝑒𝑒𝑒 und den

zeitabhängigen Kriechverformungen 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐• Die Kriechverformungen 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐 bestehen aus einem reversiblen Anteil 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐,𝑟𝑟 (stellt sich relativ schnell ein, Halbwertszeit ca. 30 Tage) und einem

irreversiblen (plastischen) Anteil 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐,𝑝𝑝:

Der irreversible Anteil 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐,𝑝𝑝 hängt vom Belastungszeitpunkt resp. Betonalter ab (alter Beton ist weniger «kriechfähig») und stellt sich viel langsamer ein als der reversible Anteil.

• In der Regel wird der Einfachheit halber nicht zwischen den Anteilen unterschieden.

• Beispiel: Belastung und vollständige Entlastung nach längerer Zeit (bleibende Dehnung):

( ) ( ) ( ) ( ), , , ,c c el cc r cc p c el cct t t t= + + = +ε ε ε ε ε ε

𝜀𝜀𝑐𝑐,𝑒𝑒𝑒𝑒

𝜀𝜀𝑐𝑐,𝑒𝑒𝑒𝑒𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐,𝑟𝑟 + 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐,𝑝𝑝(𝑡𝑡0)

εc

t𝑡𝑡0 𝑡𝑡1

𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐,𝑟𝑟 + 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐,𝑝𝑝(𝑡𝑡1)

𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐,𝑝𝑝 𝑡𝑡0 − 𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐,𝑝𝑝(𝑡𝑡1)irreversibler Anteil

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LangzeiteinflüsseKriechen – Grösse und Zeitverlauf(siehe auch SIA 262, 3.1.2.6)

• Zunahme der Verformung bei konstanter Spannung•

mit

• Normalfall: 𝜑𝜑𝑡𝑡=∞ ≅ 1.5 … 2.5, d.h. Zunahme der Verformungen um den Faktor 2.5…3.5

• Analoges Verhalten auf Zug (ungerissener Beton)

εc

t

σc

t

𝜀𝜀𝑐𝑐𝑐𝑐 = 𝜑𝜑(𝑡𝑡, 𝑡𝑡0) � 𝜀𝜀𝑐𝑐,𝑒𝑒𝑒𝑒

Spannung 𝜎𝜎𝑐𝑐 = konstant

𝜀𝜀𝑐𝑐,𝑒𝑒𝑒𝑒 =𝜎𝜎𝑐𝑐𝐸𝐸𝑐𝑐

𝑡𝑡0

𝑡𝑡0

( ) ( )( )

, 0 ,

0 ,

,

(1 , )c c el c el

c el

t t t

t t

ε = ε + ϕ ⋅ ε

= + ϕ ⋅ ε

t0t

Kriechzahl

Zeit

Alter des Betons bei Einwirkungsbeginn

0t t− Belastungsdauer

( )0,t tϕ

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Langzeiteinflüsse

Kriechen – Grösse und Zeitverlauf(siehe auch SIA 262, 3.1.2.6)

- Relative Luftfeuchtigkeit:

- Beanspruchungsniveau:

- Betondruckfestigkeit:

- Betonalter bei Belastung:(korrigiert um Einfluss der Temperatur: t0,eff → kT t0)

- Lastdauer (→ Zeitverlauf):

1.5 0.45

0.45 1)(für , sonst c

ckfc c ck ce f

σ −

σ σβ = σ > β =

... 25 / 30 30 / 37 35 / 45 ...

... 2.9 2.7 2.6 ...fcC C Cβ =

0 0( ) 1.2 0.2 ( 28d) 0.5t tβ ≈ β = =

0(( ) ) 1t tβ = ∞ − ≈

1.25 1.5 ( 65 80%)(CH)RH RHϕ ≈ ≈

𝑡𝑡: Zeitpunkt, zu welchem das Kriechmass ϕ bestimmt wird

𝑡𝑡0: Betonalter zum Zeitpunktdes Belastungsbeginns

( ) 0 00 , ( 1.( ) 2. )) 5( 5fcRH c t tt t tσϕ = ⋅β ⋅ ⋅β ⋅ − ≈ϕ β β

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Langzeiteinflüsse

Kriechen – Grösse und Zeitverlauf(siehe auch SIA 262, 3.1.2.6)

CH in

nen

CH a

usse

n

: Beiwert für relative Luftfeuchtigkeit (RH: normalerweise Jahresmittel)RHϕ

CH in

nen

CH a

usse

n

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( ) 0 00, ( 1.( ) 2. )) 5( 5fcRH c t tt t tσϕ = ⋅β ⋅ ⋅β ⋅ − ≈ϕ β β

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Langzeiteinflüsse

Kriechen – Grösse und Zeitverlauf(siehe auch SIA 262, 3.1.2.6)

0( ) : Betonalter bei Belastung tβ : Lastdauer ( Zeitverlauf) RHϕ →

Normalfall(t0 = 28d)

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( ) 0 00, ( 1.( ) 2. )) 5( 5fcRH c t tt t tσϕ = ⋅β ⋅ ⋅β ⋅ − ≈ϕ β β

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( ) 0 00, ( 1.( ) 2. )) 5( 5fcRH c t tt t tσϕ = ⋅β ⋅ ⋅β ⋅ − ≈ϕ β β

Langzeiteinflüsse

Kriechen – Grösse und Zeitverlauf(siehe auch SIA 262, 3.1.2.6)

0( ) : Betonalter bei Belastung tβ : Lastdauer ( Zeitverlauf) RHϕ →

Normalfall(t0 = 28d)

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5.2 Einfluss des Kriechens auf das Trag- und Verformungsverhalten

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Langzeiteinflüsse

Einfluss des Kriechens auf Tragwerksverformungen• Der Einfluss des Kriechens ist bei der Ermittlung der Verformungen infolge ständiger Lasten immer zu berücksichtigen. Der

Verformungszuwachs infolge Kriechens ist im gerissenen Zustand II wesentlich kleiner als im ungerissenen Zustand I (siehe Stahlbeton I)• Verformungen sind bei der Bemessung oft massgebend, beispielsweise bei:

- schlaff bewehrten Hallenbindern mit Schlankheit h/L< 1/12- schlaff bewehrten Platten (Flachdecken, Vordächer, Decken im Fassadenbereich, nichttragende Wände)- vorgespannte Brückenträger, deren Beanspruchungen in Bau- und Endzustand sich stark voneinanderunterscheiden (Freivorbau, Durchlaufträger mit feldweiser Herstellung)

Einfluss des Kriechens auf Schnittkräfte und Spannungen• Zwängungsbeanspruchungen und Eigenspannungen werden durch Kriechen im Laufe der Zeit teilweise abgebaut (Relaxation)• Bei statisch bestimmten Systemen und bei statisch unbestimmten Systemen mit gleichmässigen Kriecheigenschaften hat das Kriechen

keinen Einfluss auf die Schnittgrössen• Bei Systemwechseln und in Systemen mit ungleichmässigen Kriecheigenschaften treten infolge Kriechen bedeutende

Schnittkraftumlagerungen auf. Die Berechnung des Kriechverhaltens wird durch diese gegenseitige Abhängigkeit (Kriechen hängt von der Höhe der Beanspruchung ab und umgekehrt) erschwert.

Ansätze für die Berechnung von Kriech- und Schwindproblemen• Verfahren mit ideellem E-Modul• Methode der Einheitskriechkurve (Methode Dischinger)• Methode Rüsch (verbesserte Methode Dischinger) • Kriechstufenverfahren• Verfahren von Trost (ausreichend genau und für Handrechnungen geeignet)

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Langzeiteinflüsse

Kriechen – Superpositionsprinzip von Boltzmann

• Die Kriechdehnung infolge eines beliebigen Spannungsverlaufs σ(t) kann allgemein wie folgt ausgedrückt werden:

• Für diskrete Spannungsstufen ∆σi , die zur Zeit ti aufgebracht werden resultiert:

( ) ( )0

0

1 ,t

ccc

t t dE

τ=

τ=

∂σε = ϕ τ τ

∂τ∫( ) ( )

00

1 ,n

cc i iic

t t tE =

ε = ∆σ ⋅ϕ∑

σc

𝑡𝑡

( ), it tϕ

∆σ0

∆σ1

( )0

0

,t tϕ→ ∆σ( )1

1

,t tϕ→ ∆σ

𝑡𝑡𝑡𝑡0 𝑡𝑡1

𝑡𝑡𝑗𝑗𝑡𝑡0 𝑡𝑡130.11.2016 ETH Zürich | Prof. Dr. W. Kaufmann | Vorlesung Stahlbeton III 19

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Langzeiteinflüsse

Kriechen – Superpositionsprinzip von Boltzmann

Falsches Vorgehen bei der Ermittlung der Kriechverformungen (Kriechen ab jeweiliger Laststufe für gesamte Last mit neuem Kriechbeiwert):

• (*) Effektiver = richtiger Anteil der Kriechfunktion für σ0 im Zeitintervall t1…tj

• (**) Falsch ermittelter Anteil der Kriechfunktion für σ0 im Zeitintervall t1…tj

σc

𝑡𝑡

( ), it tϕ

σ0

σ1

( )0

0

,t tϕ→ σ( )1

1

,t tϕ→ σ

𝑡𝑡𝑡𝑡0 𝑡𝑡1

( )1 0, (richtig)jt t∆ϕ → σ

𝑡𝑡𝑗𝑗𝑡𝑡0 𝑡𝑡1

( )1 0, (falsch)jt t∆ϕ → σ

(*)

(**)

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Langzeiteinflüsse

Ansätze für die Berechnung von Kriech- und Schwindproblemen

Verfahren mit ideellem E-Modul• Einfluss des Betonalters bei Belastung vernachlässigt

→ gleiche Kriechkurve für alle Belastungen, verschoben entlang der Abszisse (horizontal)• unrealistisch (überschätzt Kriechfähigkeit des alten Betons)

𝑡𝑡

( ), it tϕ ( ) ( )10, ,tt tt = ϕ = ∞ϕ = ∞

𝑡𝑡1𝑡𝑡0

𝑡𝑡1 −𝑡𝑡0

σc

∆σ0

∆σ1

( )0

0

,t tϕ→ ∆σ( )1

1

,t tϕ→ ∆σ

𝑡𝑡

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Langzeiteinflüsse

Ansätze für die Berechnung von Kriech- und Schwindproblemen

Verfahren mit ideellem E-Modul• Einfluss des Betonalters bei Belastung vernachlässigt

→ gleiche Kriechkurve für alle Belastungen, verschoben entlang der Abszisse (horizontal)• unrealistisch (überschätzt Kriechfähigkeit des alten Betons)• unrealistisch: entspricht Annahme eines viskoelastischen, d.h. voll reversiblen Verhaltens

𝑡𝑡𝑡𝑡1𝑡𝑡0 𝑡𝑡0 +𝑡𝑡1

σc∆σ0

𝑡𝑡

wirkliches Verhalten

εc

Ideeller E-Modul

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Langzeiteinflüsse

Ansätze für die Berechnung von Kriech- und Schwindproblemen

Methode der Einheitskriechkurve (Methode von Dischinger)• gleiche Kriechkurve für alle Belastungen, entlang Ordinate (vertikal) verschoben• Vorteil: Darstellung in Rekursionsform möglich• unrealistisch (unterschätzt Kriechfähigkeit des alten Betons)

𝑡𝑡

( ), it tϕ

𝑡𝑡1𝑡𝑡0

σc

∆σ0

∆σ1

( )0

0

,t tϕ→ ∆σ( )1

1

,t tϕ→ ∆σ

𝑡𝑡

( )0,it tϕ

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Langzeiteinflüsse

Ansätze für die Berechnung von Kriech- und Schwindproblemen

Methode der Einheitskriechkurve (Methode von Dischinger)• gleiche Kriechkurve für alle Belastungen, entlang Ordinate (vertikal) verschoben• Vorteil: Darstellung in Rekursionsform möglich• unrealistisch (unterschätzt Kriechfähigkeit des alten Betons)• unrealistisch: vernachlässigt viskoelastisches Verhalten (kein reversibler Anteil)

𝑡𝑡𝑡𝑡1𝑡𝑡0

σc∆σ0

𝑡𝑡εc

Methode Dischinger

wirkliches Verhalten

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Langzeiteinflüsse

Ansätze für die Berechnung von Kriech- und Schwindproblemen

Methode von Rüsch (verbesserte Methode von Dischinger)• grundsätzlich gleiche Annahmen wie Methode von Dischinger• Superposition des in der Methode Dischinger vernachlässigten reversiblen Anteils der Kriechverformungen in voller Grösse

gleichzeitig mit der elastischen Dehnung• einigermassen realistisch, da sich der reversible Anteil der Kriechverformungen relativ schnell einstellt

𝑡𝑡

σc∆σ0

𝑡𝑡εc

Methode Dischinger

Methode Rüsch

wirkliches Verhalten

𝑡𝑡1𝑡𝑡0

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Langzeiteinflüsse

Ansätze für die Berechnung von Kriech- und Schwindproblemen

Kriechstufenverfahren• Die Spannungsgeschichte ist nur in einfachen Fällen zum Vornherein bekannt, was in den bisherigen Betrachtungen

angenommen wurde. Allgemein hängt sie vom Kriechverhalten ab. Die Lösung erfordert daher in der Regel ein iteratives oder stufenweises Vorgehen.

• Basierend auf der Methode von Dischinger (funktioniert auch mit der Methode Rüsch) kann eine Differentialgleichung für das Kriechverhalten formuliert werden. Für die numerische Lösung kann das Kriechstufenverfahren eingesetzt werden, welches auf einer Unterteilung der Belastungsgeschichte in Zeitintervalle oder (meist zweckmässiger) in «Kriechstufen» (Unterteilung der Kriechzahl φ(𝑡𝑡 = ∞, 𝑡𝑡0) in gleiche Kriechintervalle ∆φ) basiert.

• Linearisierung der Kriech- und Spannungsfunktion pro Intervall ergibt die Zunahme der Kriechverformung im Zeitintervall ∆𝑡𝑡𝑖𝑖 = 𝑡𝑡𝑖𝑖 − 𝑡𝑡𝑖𝑖−1:

Änderung der Kriechfunktion während ∆𝑡𝑡𝑖𝑖Änderung der Betonspannung während ∆𝑡𝑡𝑖𝑖

• Zunahme der Gesamtdehnung im Zeitintervall ∆𝑡𝑡𝑖𝑖 = 𝑡𝑡𝑖𝑖 − 𝑡𝑡𝑖𝑖−1:

1,i 1

0 01

; :2

:

i i icc i i i i

c ci i i

E E−

σ ∆σ ∆ϕ∆ε = ∆ϕ + ∆ϕ = ϕ − ϕ

∆σ = σ − σ

1,i ,i ,i ,i

0 0 0 0

12

i i i ic cc cs i i cs

c c c cE E E E−∆σ ∆σ σ ∆σ

∆ε = + ∆ε + ∆ε = + ∆ϕ + ∆ϕ + ∆ε

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5 Langzeiteinflüsse

5.3 Vereinfachtes Verfahren zur Berücksichtigung von Langzeiteinflüssen

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Langzeiteinflüsse

Ansätze für die Berechnung von Kriech- und Schwindproblemen

Verfahren nach TrostIn der Praxis wird oft ein relativ grosser Teil der Gesamtbeanspruchung zum Zeitpunkt 𝑡𝑡0 aufgebracht, gefolgt von kleineren Spannungsinkrementen ∆𝜎𝜎𝑖𝑖 (Zusatzbelastungen, aber auch Schnittkraftumlagerungen). Das Verfahren von Trost macht sich dies zunutze, um ein iteratives oder stufenweises Vorgehen zu vermeiden.

Dabei wird die Kriechfunktion für die im Zeitraum 𝑡𝑡𝑖𝑖 > 𝑡𝑡0 (resp. 𝑡𝑡0 < 𝑡𝑡𝑖𝑖 ≤ ∞) auftretenden Spannungsinkremente 𝜎𝜎 𝑡𝑡 − ∆𝜎𝜎0 = ∑𝑖𝑖=1𝑛𝑛 ∆𝜎𝜎𝑖𝑖 mit einem Alterungsbeiwert 𝜇𝜇 𝑡𝑡 («ageing factor», auch als Relaxationsfaktor bezeichnet) reduziert.

Die Kriechverformung infolge der gesamten Spannungsänderung beträgt nach dem Superpositionprinzip von Boltzmann:

( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( )0 00 0 0

0

0

001 0

( ), , , ,n

ii

c cc

ic cc

tt tt t t t t t

E Et

Et

E=

σ σ⋅ µε = + = +

σ − σ∆σ⋅ ϕϕ ⋅⋅ ϕ ϕ⋅∑

Alterungsbeiwert (nach Trost vereinfacht identisch für alle Laststufen 𝑡𝑡𝑖𝑖 > 𝑡𝑡0);allgemeine Herleitung siehe Marti, Baustatik, Kap. 7.4.2

σc

∆σ0

∆σ1

∆σi

𝑡𝑡𝑡𝑡0 𝑡𝑡1 𝑡𝑡𝑖𝑖

( ) 0tσ − ∆σ( )tσ

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Langzeiteinflüsse

Ansätze für die Berechnung von Kriech- und Schwindproblemen

Verfahren nach TrostAus der Gleichung auf der vorhergehenden Folie resultiert der Alterungsbeiwert:

Die gesamten Verformungen zum Zeitpunkt t betragen somit:

( ) ( )( ) ( ) ( )( ) ( )00

0 0

001 ,1 ( ),

ccs

cc t t t

tt

EEt ttε = + +

σϕ

σ − σ+⋅ εµ ϕ+

SchwindenElastische Verformungen

( ) ( ) ( )( )

( )( ) ( )0 1

01 0 0 0 0

,, ( ) , ( )

,

n

i ini i

ii c c

t ttt t t t t t

E E t t t=

=

∆σ ⋅ϕσ − σ∆σ

⋅ ϕ = ⋅µ ⋅ ϕ → µ =σ − σ ⋅ ϕ

∑∑

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σc

∆σ0

∆σ1

∆σi

𝑡𝑡𝑡𝑡0 𝑡𝑡1 𝑡𝑡𝑖𝑖

( ) 0tσ − ∆σ( )tσ

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Langzeiteinflüsse

Ansätze für die Berechnung von Kriech- und Schwindproblemen

Verfahren nach Trost• Spannungsverlauf im Allgemeinen nicht bekannt → µ(t) kann auf diese Weise nicht direkt berechnet werden• Ermittelt man die Relaxationsfunktion aus der Kriechfunktion (Lösung einer linearen inhomogenen Volterra-

Integralgleichung), kann der zugehörige Alterungsbeiwert numerisch ermittelt werden [siehe Seelhofer 2009 und Marti, Baustatik]:

• Man erkennt, dass µ(t) nur wenig variiert

→ zeitunabhängiger Alterungsbeiwert µfür Praxis ausreichend genau

→ für übliche Verhältnisse (ϕ∞ = 1.5…4)gilt näherungsweise µ = 0.8

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Langzeiteinflüsse

Ansätze für die Berechnung von Kriech- und Schwindproblemen

Verfahren nach Trost

• Die gesamten Verformungen zum Zeitpunkt t betragen mit diese Näherung:

• Alternative Formulierung unter Verwendung fiktiver E-Moduli für Langzeitbeanspruchungen:

( ) ( ) ( ) ( )

( ) ( )

00

0 0 0 0 0 0,

1 1 1

( ), , , , 0.8mit

c csc

t tE

t t t t t t t

ε = σ + ϕ + ∆σ + ⋅ϕ + ε

σ = ∆σ = σ = ∆σ = σ − σ ϕ > µϕ = ≈

µ

Beanspruchungen,die von Beginn an wirken

Beanspruchungen,die im Laufe der Zeit

hinzukommen

( )

( )

( )

( )

( ) ( ) ( ) ( ) ( )0 0 0 0

0 0 0 0

0 0

: ,1 , 1 ,

1 , 1 ,

c cc cs cs c

c c c c

t t E Et t t E EE E E E t t t tt t t t

∆σ ∆σσ σ ′ ′′ε = + + ε = + + ε = =′ ′′ + ϕ + ⋅ϕ

+ ϕ + ⋅ϕµ

µBeanspruchungen,

die von Beginn an wirkenBeanspruchungen,

die im Laufe der Zeit hinzukommen

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Langzeiteinflüsse

Berechnung der Relaxationsfunktion • Relaxationsfunktion = Spannungsverlauf für konstante (aufgezwungene) Anfangsdehnung,

Verfahren mit ideellem E-Modul

Verfahren nach Trost

( ) ( ) ( )0 0

0 0 0

0

0 0 0

( )1 1

( )1

1( ) ( ) 11 1

cc c c

ttE E E

t

t t

σ ∆σ σε = + ϕ + + ϕ =

ϕ→ ∆σ = −σ

+ ϕ ϕ

→ σ = σ + ∆σ = σ − = σ + ϕ + ϕ

( ) ( ) ( )0 0

0 0 0

0

0 0

( )1 1

( )1

( ) ( ) 11

cc c c

ttE E E

t

t t

σ ∆σ σε = + ϕ + + ⋅ϕ =

ϕ→ ∆σ = −σ

+ ⋅ϕ ϕ

→ σ = σ + ∆σ = σ − + ⋅ϕ

µ

µ

µ

σc

t

00

0

d.h. Anfangsverformung bleibt konstantccE

σε =

( )0,( )t tϕ = ϕ

( )0,( )t tϕ = ϕ

id. E-Modul

Trost

Dischinger

Endwerte t = ∞ (µ = 0.8):

0.330.230.14

0σ0σ0σ

Der Ansatz von Trost ist sehr einfach und stimmt mit Versuchen gut überein (besser als kompliziertere Verfahren)→ nur dieses Verfahren weiter verwendet!

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Langzeiteinflüsse

Umlagerung von Lastschnittkräften bei statisch unbestimmten SystemenSysteme mit durchwegs gleichen (uniformen) KriecheigenschaftenBeispiel 1: Zweifeldträger, Lösung mit Kraftmethode

GS: Zwischenauflager entferntÜG: Reaktion Zwischenauflager Verschiebungen im Grundsystem (elast., t = t0):

Verträglichkeitsbedingung zum Zeitpunkt t0:

Zeitabhängige Verträglichkeitsbedingung mit Ansatz von Trost:

→ Verallgemeinerung auf allg. Systeme möglich → bei durchwegs gleichen Kriecheigenschaften ändern überzählige Grössen stat. unbestimmter Systeme nicht!

( ) ( )4 3

10 11

2 25 1384 48

l lEI EI

δ = δ =

10 11 11

1110 11

(1 ) (1 ) ( ) (1 ) 01( ) 0 ( ) 01k Be

k Be B

B B

g R R t

R t Rg tR

δ = ⋅ δ ⋅ + ϕ + ⋅ δ ⋅ + ϕ + ∆ ⋅ δ ⋅ + µϕ =+ µϕ

+ ∆ ⋅⋅ δ + ⋅ δ δ = → ∆ =+ ϕ

= 0 (Verträglichkeitzum Zeitpunkt t0)

10( 1)q =δ

11(R 1)B =δ

l l

ständige Lasten (ab t0 wirksam): gk

10 11 0 k Beg Rδ = ⋅ δ + ⋅ δ =

( ) ( )B Be BR t R R t= + ∆

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Langzeiteinflüsse

Umlagerung von Lastschnittkräften bei statisch unbestimmten SystemenSysteme mit durchwegs gleichen (uniformen) KriecheigenschaftenVerallgemeinerung auf allgemeine Systeme

Bei durchwegs gleichen Kriecheigenschaften ändern überzählige Grössen stat. unbestimmter Systeme nicht!

11 11 1 1

10

0

0

1 0

11 1 1

0

0 1

: (**)0

0

ÜG bei :

Änderu

Verträglichkeit

ng der üb

bei

e i

ie i ii

i e

i i ii ie

i

Xt t

tX

X

Xt

δ δ δ = + ⋅ = δ δ δ

δ δ δ → = = ⋅

δ δ δ

( ) ( ) ( )1

0

10 11 1 1

0 1

( ) ( )

01 1 1

0

erzähligen Grössen mit Ansatz von Trost:

Verträglichkeit für :

u

i ie i

i e

ii i ii ie

X t X X t

Xt t

X

X X

δ δ δ

= + ∆

∆ → > + ϕ + ⋅ + ϕ + + µϕ =

δ δ δ

( )( )

11 1 1 11 1

1

1

1

01

01

0

0

0nter Beachtung von (**): mit

i i

i ii i i ii i

X X

X X

δ δ ∆ δ δ + µϕ ⋅ = ≠ + ϕ δ δ ∆ δ δ

∆ → = ∆

Alle Koeffizienten mit gleichem Faktor

multipliziert!

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Langzeiteinflüsse

Umlagerung von Lastschnittkräften bei statisch unbestimmten SystemenSysteme mit durchwegs gleichen (uniformen) KriecheigenschaftenBeispiel 2: Vorgespannter Zweifeldträger, Lösung mit Kraftmethode

GS: Zwischenauflager entferntÜG: Reaktion Zwischenauflager Verschiebungen im Grundsystem (elast., t = t0):

Verträglichkeitsbedingung zum Zeitpunkt t0:

Zeitabhängige Verträglichkeitsbedingung mit Ansatz von Trost:

→ Reaktionen ändern infolge der zeitabhängigen Vorspann-verluste (ÜG proportional zu Vorspannkraft resp. Umlenkkraft)

10( 1)q =δ

11(R 1)B =δ0 10 11( ( )) 0k Beg u t R+ ⋅ δ + ⋅ δ =δ =

ständige Lasten (ab t0 wirksam): gk

Umlenkkräfte u(t) u(t) = u(t0)+∆u(t)

( ) ( )4 3

10 11

2 25 1384 48

l lEI EI

δ = δ =

( ) ( ) ( ) ( ) ( )

( )

0 10

0 10 1

11 10 11

10 11

10

11

1

( ) 1 1 ( ) 1 ( ) 1 01 1( ) ( ) 01 1

( (

)

)

(

)

k B

B

Be

k Be B

B

g u t R u t R t

u t R t

R t u t

g u t R+ ⋅

δ = + ⋅ δ + ϕ + ⋅ δ + ϕ + ∆ ⋅ δ + µϕ + ∆ ⋅ δ + µϕ =

+ µϕ + µϕ+ ∆ ⋅ δ + ∆ ⋅ δ =

+ ϕ + ϕδ

δ +

= −∆

δ

δ

∆= 0 (Verträglichkeitzum Zeitpunkt t0)

l l

( ) ( )B Be BR t R R t= + ∆

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Langzeiteinflüsse

Umlagerung von Lastschnittkräften bei statisch unbestimmten SystemenSysteme mit ungleichmässigen KriecheigenschaftenBeispiel 3: Zweigelenkrahmen mit Betonriegel und Stahlstützen, Lösung mit Kraftmethode

Verschiebungen im Grundsystem (elastisch, t = t0):

Verträglichkeitsbedingung zum Zeitpunkt t0:

Zeitabhängige Verträglichkeitsbedingung mit Ansatz von Trost(Stütze kriecht nicht), unter Beachtung der Verträglichkeit bei t0:

10 10 11 11

2 22 4 3 32 10 28 4 3 48 4 16 4 3 16

R S R S

R R S

gl l l gl l l l l h lEI EI EI EI EI EI

δ = − ⋅ ⋅ ⋅ = − δ = δ = − ⋅ = δ = ⋅ ⋅ ⋅ =

( ) 10 10

11 11

10 10 11 111 0 11 0( )6

SS R

Rk

eS

RR

Seg lt XX

δ + δδ = → = − =

δ + δδ + δ + δ + δ =

( ) ( ) ( )( ) ( )

( ) ( )

10 10 11 11 11 11

10 11 1110 11

1

10 11 1

0 11

10 11 11 11

11 1

1

1

1 1 1

1 1

11 1 1

1

( ) 1 1 1 0

1 0

1 0 ( )1

S R S Re

S R S R S Re

R R S Re

R ReR R S R

e S R

t X X

X

X

X X

XX X t

δ = δ + δ + ϕ + δ + δ + ϕ + ∆ δ + δ + µϕ = + δ ⋅ϕ + + ⋅ δ ⋅ϕ + ∆ δ + δ + µϕ =

δ + ⋅ δ δ ϕ + ⋅ δ ϕ + ∆ δ + δ + µϕ = → ∆ = −ϕ δ

δ + δ δ +

δ

δ

+ + µϕ

→ ∆ 1 1 1( ) , ( ) 16 2 2 6 2k k

eg l g lX t X X t ϕ ϕ ϕ

= = = + + µϕ + µϕ + µϕ

/ 6SEI EI=

0(t )R IEI E t= =

4lh =

l

kg

GS+ÜG:

System und Belastung:

0 :M

1 1(X 1) :M =

2 8gl

4l

1 1 1( ) ( )eX t X X t= + ∆

Formel gilt nur für das Beispiel(systemabhängig)

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→ bei ungleichmässigen Kriecheigenschaften treteninfolge Kriechen Schnittkraftumlagerungen auf

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Umlagerung von Lastschnittkräften bei statisch unbestimmten SystemenSysteme mit ungleichmässigen Kriecheigenschaften – Verallgemeinerung auf allgemeine Systeme

Langzeiteinflüsse

10 11 1 1

0

0 1

11 11 1 10

0

1 0

: 0 (**)Verträglichkeit bei

ÜG bei :

Änderung der überzähligen Grö

i

i i ii i

e i

ie i ii i

Xt t

X

Xt t

X

δ δ δ = + ⋅ = δ δ δ

δ δ δ → = = ⋅ δ δ δ

( ) ( ) ( )10 11 1 1 1

0

0 1

1

( ) ( )

1 1 1 0

ssen mit Ansatz von Trost:

Verträglichkeit für :

unter Beachtung von (**):

i ie i

i e

i i ii ie i

X t X X t

X Xt t

X X

= + ∆

δ δ δ ∆ → > + ϕ + ⋅ + ϕ + + µϕ =

δ δ δ ∆ δ

( )( )

1 1 1 1

1

11 1

1

0

0

01

01

0 m it

i i

i ii i ii i i

X

XX

Xδ ∆ δ δ + µϕ ⋅ = ≠ + ϕ δ δ ∆

∆ → =

δ δ

kein konstanter Faktor für Kriecheinfluss

→ überzählige Grössen müssen ändern!

30.11.2016 ETH Zürich | Prof. Dr. W. Kaufmann | Vorlesung Stahlbeton III 37

→ bei ungleichmässigen Kriecheigenschaften treten infolge Kriechen Schnittkraftumlagerungen auf

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Einfluss des Kriechens bei SystemwechselnBeispiel 4 – Verbindung von zwei einfachen Balken mit gleichem Kriechverhalten

System, kriechrelevante Belastung:

Bauablauf: 1. Versetzen zwei Einfeldträger2. t=t0 : Monolithische Verbindung B

GS+ÜG:

Biegemoment und Verdrehung in B (pro Seite) bei t0:

Vergleich: Biegemoment in B am Einguss-System:

Verträglichkeitsbedingung (Verdrehung über B bleibt ab t = t0 konstant):

Beim Zwischenauflager baut sich durch Kriechen ein Moment von ca. 80% des Einguss-Systems auf

Langzeiteinflüsse

3

0 1,24 3

kB B

g l lEI EI

θ = θ =

3

0 0 0( ) 0, ( )24

kB Be B B

g lM t M tEI

= = θ = θ =

A B C

3

0 0( )24

kB B

g ltEI

θ = θ =gk (ständige Lasten und ggf. Umlenkkräfte Vorspannung)

0(t ), ( ) 0B B B tθ = θ ∆θ =

0

( ) ( ) ( )B Be B BM t M M t M t=

= + ∆ = ∆

( )0 1

0,

1

( ) ( ) ( ) 1 0

( ) ( )1 1

B B B B B

BB B EG B

B

t t M t

M t M M t

∆θ = θ = θ ⋅ϕ + ∆ ⋅ θ + µϕ =

θ ϕ ϕ→ ∆ = − = ⋅ =

θ + µϕ + µϕ

20

B,1 8

B kEG

B

g lM θ= − = −

θ

30.11.2016 ETH Zürich | Prof. Dr. W. Kaufmann | Vorlesung Stahlbeton III 38

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Einfluss des Kriechens bei Systemwechseln

Verhältnis des Moments über B zum Moment amEinguss-System für verschiedene Zeitpunkte und Kriechzahlen:

Allgemein gilt: Bei Systemwechseln wird durch Kriechen weitgehend der Spannungszustand der Einguss-Herstellung σEG aufgebaut. Die Annäherung an den Einguss-Zustand ist umso grösser, je kriechfähiger die Systemteile sind. Näherungsweise kann angenommen werden:

Langzeiteinflüsse

( )( )0.6 0.8Schnittkraft vor Systemwechsel (Anfangszustand)Schnittkraft am Einguss-System

t A EG A

A

EG

S S S SSS

=∞ ≈ + −

ϕ ≈ 1 ϕ ≈ 2

A B C

3

0 0( )24

kB B

g ltEI

θ = θ =gk (ständige Lasten und ggf. Umlenkkräfte Vorspannung)

0(t ), ( ) 0B B B tθ = θ ∆θ =

0

( ) ( ) ( )B Be B BM t M M t M t=

= + ∆ = ∆

30.11.2016 ETH Zürich | Prof. Dr. W. Kaufmann | Vorlesung Stahlbeton III 39

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Langzeiteinflüsse

Einfluss des Kriechens auf ZwängungsschnittkräfteBeispiel 5a – Dreifeldträger, zeitunabhängige («schnelle») Auflagerverschiebungen s1, s2

Verträglichkeitsbedingung zum Zeitpunkt t = t0 :

Zeitabhängige Verträglichkeitsbedingung (Ansatz von Trost):

…dito, umgeformt:

1s2 1 2( , )s s sθ

1 1 1( ) ( )AX t X X t= + ∆ 2 2 2( ) ( )AX t X X t= + ∆

1l

2s1 1 2( , )s s sθ

2l 3l

1 1 11 1 11 2 12 2 12

2 1 21 1 21 2 22 2 22

( ) ( ) (1 ) ( ) (1 ) 0( ) ( ) (1 ) ( ) (1 ) 0

A A

A A

t X X t X X tt X X t X X t

∆θ = θ ⋅ϕ + ∆ θ ⋅ + µϕ + θ ⋅ϕ + ∆ θ ⋅ + µϕ =∆θ = θ ⋅ϕ + ∆ θ ⋅ + µϕ + θ ⋅ϕ + ∆ θ ⋅ + µϕ =

11 11 2 12 1 11 11 12

2 21 2 22 2 22 21 22

A A s sA

A A s sA

X X XX X X

−θ + θ = θ θθ θ → = θ + θ = θ θθ θ

[ ]

[ ]

1

11 11 2 12 1 11 2 1211 11 12

2 21 22 21 21 2 22 1 21 2 22

2

1 1

2 2

( ) ( )( )1( ) 1( ) ( )

1

( )( ) 1

re

s

A As

sA A

s

A

A

X t X t X XX tX t

X t X t X X

X t XX t X

θϕ

∆ θ + ∆ θ = − θ + θϕ θ∆ θ θ + µϕ → = − ∆ θ θ θϕ + µϕ ∆ θ + ∆ θ = − θ + θ

+ µϕθ

ϕ∆ → = − ∆ + µϕ

( ) 11

sp. i iAX t X ϕ= − + µϕ

(analog Relaxationsfunktion)

→ zeitunabhängige Zwängungs-schnittkräfte («schneller Zwang») werden durch Kriechen (resp. Relaxation) auf 1/3…1/4 des anfänglichen Wertes abgebaut

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Langzeiteinflüsse

Einfluss des Kriechens auf ZwängungsschnittkräfteBeispiel 5b – Dreifeldträger, zeitabhängige («langsame») Auflagerverschiebungen s1, s2

Annahme: Setzungsverlauf (s1, s2) affin zur Kriechfunktion:

Zeitabhängige Verträglichkeitsbedingung (Ansatz von Trost):

…dito, umgeformt:

1s2 1 2( , )s s sθ

1 1 10

( ) ( )AX t X X t=

= + ∆

2 2 20

( ) ( )AX t X X t=

= + ∆

1l

2s1 1 2( , )s s sθ

2l 3l

1 1 11 2 12 1 ,

2 1 21 2 22 2 ,

( ) ( ) (1 ) ( ) (1 )

( ) ( ) (1 ) ( ) (1 )

s

s

t X t X t

t X t X t

∞∞

∞∞

ϕ∆θ = ∆ θ ⋅ + µϕ + ∆ θ ⋅ + µϕ = θ

ϕϕ

∆θ = ∆ θ ⋅ + µϕ + ∆ θ ⋅ + µϕ = θϕ

0, 0

0

0( , )( ) ( ) :0( , )

ii i i

i

st ts t s t s t tXt t ∞

=ϕ ϕ= = ∞ = =

=ϕ = ∞ ϕ

11 11 2 12 1 ,1 ,1 11 12

2 21 22 2 ,1 21 2 22 2 ,

1 ,1,

2 2 ,

( ) ( )(1 ) ( )

( ) (1 )( ) ( )(1 )

( ) ( )( ) (1 ) (1resp.

ss

ss

E eli iE el

E el

X t X tX tX tX t X t

XX t X t XX t X

−∞∞∞

∞∞∞

∞ ∞

ϕ∆ θ + ∆ θ = θ

θϕϕ + µϕ ∆ θ θ → = ϕ ∆ θ θ θϕ + µϕ ∆ θ + ∆ θ = θϕ + µϕ

ϕ ϕ → = = ϕ + µϕ ϕ

,,

)

am elastischen System mit ohne Kriechen ermittelt : isiE elX ∞θ

+ µϕ

→ zeitabhängige Zwängungs-schnittkräfte («langsamer Zwang») erreichen infolge Kriechen (resp. Relaxation) nur ca. 40% des elastischen (Kurzzeit-)Wertes

30.11.2016 ETH Zürich | Prof. Dr. W. Kaufmann | Vorlesung Stahlbeton III 41

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Langzeiteinflüsse

In der Vorlesung nicht behandelte Aspekte:

Verbundquerschnitte aus Beton und Stahl resp. Beton-Fertigteilen und Ortsbeton→ Eigenspannungen resp. Umlagerungskräfte infolge Schwinden und Kriechen des Betons

(Stahl kriecht und schwindet nicht, Fertigteile in kleinerem Ausmass als Ortsbeton)→ Ermittlung der Umlagerungskräfte aus der Verträglichkeitsbedingung (Ebenbleiben des Querschnitts)→ Berücksichtigung des Kriechens infolge zeitabhängiger Eigenspannungen mit dem Ansatz von Trost

Einfluss der Rissbildung auf das Kriechverhalten→ in den vorhergehenden Ausführungen wurde ungerissenes Verhalten vorausgesetzt→ Rissbildung und Langzeiteffekte beeinflussen sich gegenseitig→ näherungsweise Berechnung analog zum ungerissenen Zustand mit fiktiver Kriechzahl ϕ’:

- Ermittlung der gerissen-elastischen Steifigkeit EIIIt=0 mit Ec0 resp. EIIIt=∞ mit Ec0 /(1+ϕ) (Stahlbeton I)- Berechnung mit EIIIt=0 unter Verwendung der fiktiven Kriechzahl ϕ’= EIIIt=0 / EIIIt=∞−1.

Einfluss des Kriechens auf vorgespannte Systeme→ Vorspannverluste infolge Schwinden, Kriechen und Relaxation des Spannstahls siehe Stahlbeton II→ Schnittgrössen infolge Vorspannung sind bei der Ermittlung der kriecherzeugenden Beanspruchung zu berücksichtigen. Zweckmässig ist die

Behandlung als Anker-, Umlenk- und Reibungskräfte (Vorspannung auf der Lastseite) → Kriechen infolge ständiger Lasten abzüglich Umlenkkräfte infolge Vorspannung.

→ Bei stark vorgespannten, verformungsempfindlichen Systemen, wie beispielsweise Freivorbaubrücken im Bauzustand (*), sind die Langzeiteinflüsse sorgfältig zu untersuchen, und es ist mit oberen/unteren Grenzwerten zu arbeiten

(*) grosse Verformungen aus Eigengewicht (+) und Vorspannung (-), resultierende Verformung = Differenz, empfindlich auf getroffene Annahmen (bei der Festlegung der Überhöhungen gibt es keine «sichere Seite»!)

30.11.2016 ETH Zürich | Prof. Dr. W. Kaufmann | Vorlesung Stahlbeton III 42

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Langzeiteinflüsse

Zusammenfassung• Unter dem Begriff «Langzeiteinflüsse» werden Schwinden, Kriechen und Relaxation zusammengefasst. Kriechen und Relaxation des Betons

sind verwandte Phänomene.• Aufgrund der grossen Streuungen der Materialeigenschaften können das Schwind- und Kriechverhalten auch mit aufwändigen

Berechnungen nur näherungsweise ermittelt werden.• Kriecherzeugend sind alle ständigen Einwirkungen (Eigengewicht, Auflasten, Vorspannung).• Die Spannungsgeschichte hängt in der Regel vom Kriechverhalten ab. Die Lösung von Kriechproblemen erfordert daher ein iteratives /

stufenweises Vorgehen. Für Handrechnungen eignet sich das Verfahren von Trost mit einem Alterungsbeiwert µ ≈ 0.8 für Beanspruchungen, die nicht von Anfang an wirken.

• Bei statisch unbestimmten Systemen mit durchwegs gleichen Kriecheigenschaften ändern die überzähligen Grössen infolge Kriechen ausschliesslich infolge zeitabhängiger Vorspannverluste (ÜG infolge Vorspannung sind proportional zur Vorspannkraft resp. zu denUmlenkkräften).

• Bei statisch unbestimmten Systemen mit ungleichen Kriecheigenschaften ändern die überzähligen Grössen infolge Kriechen. • Bei Systemwechseln wird durch Kriechen weitgehend der Spannungszustand der Einguss-Herstellung aufgebaut. Die Annäherung an den

Einguss-Zustand ist umso grösser, je kriechfähiger die Systemteile sind. Für übliche Verhältnisse (ϕ ≈ 2) wird ca. 80% des Einguss-Zustands erreicht.

• Zeitunabhängige Zwängungsschnittkräfte («schneller Zwang») werden durch Kriechen (resp. Relaxation) auf 1/3…1/4 des anfänglichen Wertes abgebaut. Der Abbau der initial in voller Grösse wirksamen Zwängungen ist umso grösser, je kriechfähiger die Systemteile sind:

• Zeitabhängige Zwängungsschnittkräfte («langsamer Zwang») erreichen infolge Kriechen (resp. Relaxation) nur ca. 40% des elastischen (Kurzzeit-)Wertes. Die Zwängungen wirken nie in voller Grösse und bauen sich umso weniger auf, je kriechfähiger die Systemteile sind:

( ) 11i iAX t X ϕ

= − + µϕ

,( )(1 )i iE elX t X

ϕ=

ϕ + µϕ

30.11.2016 ETH Zürich | Prof. Dr. W. Kaufmann | Vorlesung Stahlbeton III 43