5.7. WheatstonescheBr¨ucke— [wI:tst@n] · 5.7 Wheatstonesche Br¨ucke — ["wI:tst@n] 547 L ab,...

15
5.7 Wheatstonesche Br¨ ucke — ["wI:tst@n] 545 5.7. Wheatstonesche Br¨ ucke — ["wI:tst@n] Ziel Bestimmung unbekannter ohmscher Widerst¨ ande, Kapazit¨ aten und Induktivit¨ aten durch Vergleich mit Bauteilen, deren Werte bekannt sind. Verst¨ andnis f¨ ur die Spannungs- und Stromverh¨ altnisse in einfachen Wechselstromkreisen. Hinweise zur Vorbereitung Die Antworten auf diese Fragen sollten Sie vor der Versuchdurchf¨ uhrung wissen. Sie sind die Grundlage f¨ ur das Gespr¨ ach mit Ihrer Tutorin/Ihrem Tutor vor dem Versuch. Infor- mationen zu diesen Themen erhalten Sie in der unten angegebenen Literatur. Wie funktioniert die wheatstonesche Br¨ uckenschaltung und wozu wird sie verwen- det? Wieso ist die Bestimmung von Widerst¨ anden mit der Br¨ uckenschaltung genauer als einfach nur mit Multimeter? Wie lauten die kirchhoffschen Gesetze? Wie unterscheiden sich Wirk-, Blind- und Scheinwiderstand? Wovon h¨ angt der Blindwiderstand eines Kondensator, bzw. einer Spule ab? Erl¨ autern Sie die Phasenbeziehung zwischen Strom und Spannung bei sinusf¨ ormigem Wechselstrom an Reihenschaltungen aus Wirkwiderstand R, Kondensator C und Spule L. Wie k¨ onnen Wechselstromwiderst¨ ande anschaulich dargestellt werden? Zubeh¨ or Drahtwiderstand der L¨ ange l = 100cm mit verschiebbarem Schleifkontakt und zwei Skalen zur Ablesung der Position x des Kontaktes relativ zum linken Drahtende sowie des Teilungsverh¨ altnisses r = x lx . St¨ opselrheostat als bekannter Widerstand 1 Ω 1111 Ω regelbarer Widerstand 0 Ω 200 Ω Bauteile mit bekannten Werten: C 1 =4.66 μF L 3 =8.6 mH Bauteile mit unbekannten Werten: © Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anf¨ angerpraktikum der Universit¨ at Konstanz zum internen Gebrauch bestimmt Diese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschl¨ age? last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017) Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

Transcript of 5.7. WheatstonescheBr¨ucke— [wI:tst@n] · 5.7 Wheatstonesche Br¨ucke — ["wI:tst@n] 547 L ab,...

5.7 Wheatstonesche Brucke — ["wI:tst@n] 545

5.7. Wheatstonesche Brucke — ["wI:tst@n]

Ziel

Bestimmung unbekannter ohmscher Widerstande, Kapazitaten und Induktivitaten durchVergleich mit Bauteilen, deren Werte bekannt sind. Verstandnis fur die Spannungs- undStromverhaltnisse in einfachen Wechselstromkreisen.

Hinweise zur Vorbereitung

Die Antworten auf diese Fragen sollten Sie vor der Versuchdurchfuhrung wissen. Sie sinddie Grundlage fur das Gesprach mit Ihrer Tutorin/Ihrem Tutor vor dem Versuch. Infor-mationen zu diesen Themen erhalten Sie in der unten angegebenen Literatur.

• Wie funktioniert die wheatstonesche Bruckenschaltung und wozu wird sie verwen-det?

• Wieso ist die Bestimmung von Widerstanden mit der Bruckenschaltung genauer alseinfach nur mit Multimeter?

• Wie lauten die kirchhoffschen Gesetze?

• Wie unterscheiden sich Wirk-, Blind- und Scheinwiderstand?

• Wovon hangt der Blindwiderstand eines Kondensator, bzw. einer Spule ab?

• Erlautern Sie die Phasenbeziehung zwischen Strom und Spannung bei sinusformigemWechselstrom an Reihenschaltungen aus Wirkwiderstand R, Kondensator C undSpule L.

• Wie konnen Wechselstromwiderstande anschaulich dargestellt werden?

Zubehor

• Drahtwiderstand der Lange l = 100 cm mit verschiebbarem Schleifkontakt und zweiSkalen zur Ablesung der Position x des Kontaktes relativ zum linken Drahtendesowie des Teilungsverhaltnisses r = x

l−x.

• Stopselrheostat als bekannter Widerstand 1Ω− 1111Ω

• regelbarer Widerstand 0Ω− 200Ω

• Bauteile mit bekannten Werten:

– C1 = 4.66μF

– L3 = 8.6mH

• Bauteile mit unbekannten Werten:

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

546 5. Versuche zur Elektrizitatslehre

– R1, . . . , R5

– C2, . . . , C7

– L1, L2, L4

• regelbares Gleichspannungsnetzgerat (Belastbarkeit entweder 15V, 700mA oder30V, 400mA)

• Sinusgeneratoren fur die Frequenzen f = 100Hz, 1 kHz und 10 kHz mit regelbarerAusgangsamplitude 0Vpp bis 10Vpp (Das Zeichen Vpp bedeutet

”Volt von Spitze zu

Spitze“ und ist von 〈engl.〉 peak to peak abgeleitet.)

• Galvanometer mit Taster zum Umschalten auf eine hohere Empfindlichkeit

• Kopfhorer als Messinstrument (Nullinstrument) fur Wechselspannungen

Grundlagen

Der ohmsche Widerstand eines Drahtes

Der ohmsche Widerstand R eines homogenen Drahtes nimmt mit steigender Lange llinear zu und mit steigender Querschnittsflache A linear ab. Er lasst sich folgendermaßenberechnen:

R = � ·l

A(5.7.1)

mit

� = spezifischer Widerstand,

l = Lange des Drahtes,

A = Querschnittsflache des Drahtes.

(5.7.2)

Wechselstromwiderstande

Fur Gleichstrome stellt ein Kondensator eine Unterbrechung mit unendlich hohem Wi-derstand dar, eine ideale Spule bedeutet einen Kurzschluss mit dem Widerstand null.Fur sinusformige1 Wechselstrome hingegen hangt das Verhaltnis aus Spannungsamplitu-de und Stromamplitude in ahnlicher Weise von der Kapazitat C bzw. der Induktivitat

1Ist der zeitliche Verlauf der angelegten Wechselspannung nicht sinusformig, so kann man sich diese aussinusformigen Anteilen unterschiedlicher Frequenz zusammengesetzt denken. Die jeweiligen Anteilelassen sich mathematisch durch die sog. Fouriertransformation bestimmen. Die

”Antwort“ des Kon-

densators bzw. der Spule auf einen beliebigen Spannungsverlauf lasst sich dann entsprechend aus den

”Antworten“ auf die einzelnen sinusformigen Komponenten zusammensetzen. Es genugt also, diesesinusformigen Signale zu betrachten.

Ist der zeitliche Verlauf der Spannung nicht sinusformig, so wird allerdings der zeitliche Verlaufdes Stroms eine andere Form aufweisen. Eine

”dreieckformige“ Spannung fuhrt z. B. zu einem

”recht-

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

5.7 Wheatstonesche Brucke — ["wI:tst@n] 547

L ab, wie beim Gleichstrom vom ohmschen Widerstand. Man spricht daher auch vonWechselstromwiderstanden. Diese Widerstande werden allerdings nicht warm, wenn sievom Strom durchflossen werden. Elektrische Energie wird also nicht in Warme umgewan-delt. Daher kommt die Bezeichnung

”Blindwiderstande“ im Gegensatz zum ohmschen

Wirkwiderstand.In der Literatur sind die folgenden Formelzeichen und Begriffe ublich:

• R: ohmscher Widerstand, Wirkwiderstand, Gleichstromwiderstand, Resistanz,

• X: Blindwiderstand, Wechselstromwiderstand, Reaktanz,XL: induktiver Blindwiderstand einer Spule, Induktanz, (positiver Wert),XC : kapazitiver Blindwiderstand eines Kondensators, Kapazitanz, (manchmal alsnegativer Wert angegeben),

• Z: Scheinwiderstand, Impedanz.

Der Scheinwiderstand Z ist dabei der Gesamtwiderstand einer Schaltung aus mehreren– auch unterschiedlichen – Bauteilen.Wechselstromwiderstande hangen von der Kreisfrequenz ω des Wechselstroms ab und zwargilt:2

XL = ωL , (5.7.4)

XC =1

ωC, (5.7.5)

Z =

√R2 +

(ωL− 1

ωC

)2

. (5.7.6)

Anschauliche Erklarung des Wechselstromwiderstandes eines Kondensators

Oft kommt es zu Unklarheiten und Missverstandnissen uber den”Grund“, warum die

Stromstarke im Wechselstromkreis von der Große des Kondensators und der Frequenzabhangt.3 Dabei ist der Vorgang im Grunde einfach zu verstehen.Deshalb hier eine – nicht ganz wortlich zu nehmende – Analogie. Wir vergleichen denWechselstrom durch einen Kondensator mit dem Verkehrsaufkommen auf den Zufahrts-straßen zur Fahre zwischen Konstanz und Meersburg. Die Parkplatze an beiden Fahrhafen

eckformigen“ Strom durch einen Kondensator, wie man sich leicht uberlegen kann, denn fur diesenFall gilt ja:

I(t) =dQ(t)

dt=

d(C ·U(t))

dt= C ·

dU(t)

dt. (5.7.3)

2Da außerdem eine Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung auftritt, werden die Widerstandeoft als komplexe Großen geschrieben. Eine ausfuhrliche Darstellung hierzu finden Sie bei der Anleitungzum Versuch

”Schwingungssiebe“ in Abschnitt 5.9 ab der Seite 576.

3Eine weit verbreitete obwohl falsche Vorstellung ist z. B., dass der Aufladevorgang des Kondensatorsirgendwie dafur verantwortlich ware,

”weil der Kondensator immer erst Zeit braucht, um sich auf-

zuladen“. Auch die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung wird manchmal irrtumlichgenannt.

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

548 5. Versuche zur Elektrizitatslehre

entsprechen den Kondensatorplatten. Sie speichern Fahrzeuge an Stelle der Elektronen(Ladung Q). Die Kapazitat C entspricht dann der Große der Parkplatze. Die Zahl deraufgenommenen Fahrzeuge (Ladung Q) ergibt sich daraus durch Multiplikation mit derPackungsdichte (Spannung U). Zwischen den Kondensatorplatten soll sich ein Isolator be-finden, d. h. wir nehmen an, dass die Fahre ausnahmsweise nicht in Betrieb ist, so dass keinTransport uber den Bodensee moglich ist. Wollen nun ausschließlich Fahrzeuge von Meers-burg nach Konstanz (Gleichspannung), so wird sich zunachst der Parkplatz in Meersburgfullen (

”aufladen“) und dann wird der Vorgang zum Stillstand kommen. Das Verkehrs-

aufkommen (Strom I) ist dann Null. Schickt man aber die Fahrzeuge auf dem Weg umden See herum immer abwechselnd nach Konstanz und Meersburg (Wechselspannung), sowerden die Anwohner an den Zufahrtsstraßen durchaus ein Verkehrsaufkommen registrie-ren. Die Hohe des mittleren Verkehrsaufkommens (

”Fahrzeuge pro Zeit“ entsprechend der

mittleren Stromstarke I =”Ladung pro Zeit“) ist dabei einerseits proportional zur Zahl

der beteiligten Fahrzeuge (und daher zur Große der Parkplatze und zur Packungsdichte),andererseits auch zur Haufigkeit des Hin- und Herfahrens (Frequenz f). Hier noch einmaltabellarisch zusammengefasst die einander entsprechenden Großen:

Verkehrsmodell Stromkreis mit Kondensator

Große der Parkplatze Kapazitat CZahl der Fahrzeuge Ladung QPackungsdichte Spannung UHaufigkeit des Hin- und Herfahrens Frequenz f = ω

Verkehrsaufkommen Strom I

Mit dieser Erlauterung sollten die Gleichungen

I ∝ C ·U · f =U1

f ·C(5.7.7)

=⇒ U

I∝ 1

f ·C(5.7.8)

unmittelbar einleuchten. Bis auf den Faktor 2π haben wir so tatsachlich bereits den Aus-druck 1

2πf ·C fur den kapazitiven Blindwiderstand aus Gleichung (5.7.5) hergeleitet.Um den noch fehlenden Proportionalitatsfaktor zu berechnen, muss man den Betrag ei-ner Sinusfunktion zeitlich mitteln. Dies tragt aber zum prinzipiellen Verstandnis nichtwesentlich bei.

Die kirchhoffschen Gesetze

Fast alle elektrischen Schaltungen enthalten Verzweigungen. Die einzelnen Bauelemen-te und Verbindungen bilden sog.

”Maschen“.4 Eine wichtige Aufgabe ist nun, in einem

solchen Stromkreis Spannungen und Strome zu berechnen.Gustav Kirchhoff hat dazu fur den Fall stationarer Strom- und Spannungsverhaltnissezwei Gesetze formuliert, durch deren Anwendung diese Aufgabe eindeutig losbar ist:

4Darunter versteht man die kleinsten ringfomig geschlossenen Strompfade in der Schaltung.

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

5.7 Wheatstonesche Brucke — ["wI:tst@n] 549

• 1. kirchhoffsches Gesetz (”Knotenregel“):

In einem Verzweigungspunkt (”Knoten“) ist die Summe der zufließenden Strome

gleich der Summe der abfließenden Strome.5

• 2. kirchhoffsches Gesetz (”Maschenregel“):

Die Summe der Spannungen uber den Widerstanden einer Masche ist gleich derGesamtspannung der Spannungsquellen in dieser Masche.6

Bei einer Parallelschaltung von Widerstanden nach Abbildung 5.7.1 gelten demnach diefolgenden

”Gesetze“:

1. Der Strom in den Zuleitungen ist gleich der Summe der Strome in den einzelnenZweigen.

2. Die Strome in den einzelnen Zweigen verhalten sich umgekehrt zueinander wie dieWiderstande der Zweige.7

In Formeln also

I = I1 + I2 , (5.7.11)

I1I2

=R2

R1

. (5.7.12)

Strom-/Spannungsfehlerschaltung bei der Bestimmung von Widerstanden

Man kann den Wert R eines ohmschen Widerstandes prinzipiell nach dem ohmschenGesetz

U = R · I (5.7.13)

5Dieses Gesetz ist eigentlich nur eine andere Formulierung fur den Erhaltungssatz der Ladung. Allezufließenden Ladungen mussen wieder abfließen, denn wenn sie sich am Knoten ansammeln wurden,hatte dies eine Anderung der Spannungsverhaltnisse zur Folge, was wir ja gerade ausgeschlossen haben.

6Es gibt verschiedene gleichwertige Formulierungen dieses”Gesetzes“. Statt

”Summe der Spannun-

gen uber den Widerstanden“ liest man oft”Summe der Spannungsabfalle uber den Widerstanden“.

Manchmal spricht man von der”Summe der durch die Spannungsquellen eingepragten Spannungen“.

Auch die explizite Erwahnung der inneren Widerstande der Spannungsquellen kommt gelegentlichvor, obwohl es fur das Ergebnis egal ist, ob ein Widerstand in der Spannungsquelle oder außerhalbvon ihr liegt. Die physikalische Aussage andert sich dadurch naturlich nicht.

7Da in der Masche keine Spannungsquellen vorhanden sind, mussen die Spannungen uber den einzigenbeiden Bauelementen gleich sein. Durchlauft man die gesamte Masche einmal im Kreis herum, so wirddie Spannung an einem Widerstand positiv und die am anderen Widerstand negativ gezahlt, weil maneinmal in Stromrichtung lauft, das andere Mal entgegen der Stromrichtung. Dadurch erhalt man dieGesamtspannung null in der Masche, wie es dem 2. kirchhoffschen Gesetz entspricht. Es gilt also:

U1 = R1 · I1 = R2 · I2 = U2 (5.7.9)

=⇒ I1I2

=R2

R1. (5.7.10)

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

550 5. Versuche zur Elektrizitatslehre

Abbildung 5.7.1.: Parallelschaltung von Widerstanden.

aus dem Verhaltnis von Spannung U und Strom I bestimmen. Bei der praktischen Messungergibt sich allerdings doch eine gewisse Schwierigkeit, weil die normalerweise verwendetenMessinstrumente nicht ohne Einfluss auf die Spannungen und Strome im Stromkreis sind.Ein ubliches Multimeter hat einen sog. Innenwiderstand Ri, d. h. sobald eine Spannungangelegt wird, fließt ein dazu proportionaler Strom durch das Messgerat. Zwar ist dieserInnenwiderstand fur Spannungsmessgerate relativ hoch und fur Strommessgerate relativniedrig, aber eben doch in beiden Fallen nicht vernachlassigbar.Man hat nun im Wesentlichen zwei Moglichkeiten, Strom und Spannung gleichzeitig zumessen, die in den Abbildungen 5.7.2 und 5.7.3 dargestellt sind. Im ersten Fall wird dieSpannung am Widerstand korrekt gemessen, allerdings zeigt das Strommessgerat nichtnur den Strom durch den Widerstand an, sondern die Summe aus den Stromen durchden Widerstand und durch das Spannungsmessgerat. Man nennt diese Schaltung daher

”Stromfehlerschaltung“ und erhalt systematisch zu niedrige Werte fur R. Im zweiten Fallwird der Strom korrekt gemessen, dafur ist die Spannung etwas zu hoch, namlich umdie Spannung, die am Strommessgerat anliegt (

”abfallt“). Diese Schaltung heißt daher

”Spannungsfehlerschaltung“. Sie liefert systematisch zu hohe Werte fur R.Je nachdem, welchen Wert der zu messende Widerstand im Verhaltnis zu den Innen-widerstanden hat, liefert die eine oder andere Schaltung ein genaueres Ergebnis. Ganzvermeiden lasst sich der Fehler allerdings nur dann, wenn der Strom durch die Messgeratevollig verschwindet. Dies kann tatsachlich mit Hilfe der als

”wheatstonesche Bruckenschal-

tung“ bekannten Anordung (siehe Abbildung 5.7.4) erreicht werden.

Die Bruckenschaltung

Die Abbildungen 5.7.4, 5.7.5 und 5.7.6 zeigen die wheatstoneschen Bruckenschaltungenzur Bestimmung von ohmschen Widerstanden, Kapazitaten und Induktivitaten.Die Messung erfolgt so, dass bei angeschlossener Spannungsquelle die Stellung des Schleif-kontaktes so lange verandert wird, bis die Spannungsdifferenz zwischen den Punkten Cund D verschwindet, ein zwischen diese Punkte geschaltetes Messinstrument also keinenAusschlag mehr zeigt.8 Als Spannungsquelle kann fur ohmsche Widerstande ein Gleich-

8Eine Skala ist hierfur gar nicht notwendig.

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

5.7 Wheatstonesche Brucke — ["wI:tst@n] 551

Abbildung 5.7.2.: Stromfehlerschaltung bei der Bestimmung von Widerstanden.

Abbildung 5.7.3.: Spannungsfehlerschaltung bei der Bestimmung von Widerstanden.

spannungsnetzgerat (bzw. eine Batterie) verwendet werden, fur Kapazitaten und Induk-tivitaten kommt nur eine Wechselspannungsquelle in Frage. Als Messinstrument diententweder ein Zeigerinstrument (hier mit Taster zum Umschalten auf eine hohere Emp-findlichkeit) oder (naturlich nur bei Wechselspannung passender Frequenz im Horbereichdes menschlichen Ohres) auch ein Kopfhorer.Ist diese Position gefunden, so gilt nach den kirchhoffschen Gesetzen

fur ohmsche Widerstande:

Rx

R=

x

l − x(5.7.14)

=⇒ Rx = R ·x

l − x, (5.7.15)

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

552 5. Versuche zur Elektrizitatslehre

Abbildung 5.7.4.: Wheatstonesche Bruckenschaltung zur Bestimmung ohmscher Wi-derstande.

Abbildung 5.7.5.: Wheatstonesche Bruckenschaltung zur Bestimmung von Kapazitaten(bzw. kapazitiven Blindwiderstanden). Der als Nullinstrument dienen-de Kopfhorer ist durch das Schaltsymbol fur einen Lautsprecher darge-stellt.

fur kapazitative Widerstande bzw. Kapazitaten:

1ωCx

1ωC

=x

l − x(5.7.16)

=⇒ Cx = C ·l − x

x(5.7.17)

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

5.7 Wheatstonesche Brucke — ["wI:tst@n] 553

Abbildung 5.7.6.: Wheatstonesche Bruckenschaltung zur Bestimmung von Induktivitaten(bzw. induktiven Blindwiderstanden). Die realen Spulen sind aus Drahtgewickelt und weisen daher neben der reinen Induktivitat L unvermeid-licherweise auch einen ohmschen Widerstand R auf. Sie werden hierdurch ihr Ersatzschaltbild dargestellt, also durch eine Hintereinander-schaltung aus L und R.Der zusatzliche regelbare Widerstand Rv kann je nach Bedarf entwederin den linken oder in den rechten Zweig geschaltet werden und dientdazu, das Verhaltnis L/R und damit die Phasenverschiebung zwischenStrom und Spannung in beiden Zweigen gleich zu machen. Ohne diesenWiderstand ware zwar auch ein Minimum der Lautstarke im Kopfhorerzu erzielen, allerdings ware das Minimum u.U. deutlich von null ver-schieden und weniger genau einstellbar.

und fur induktive Widerstande bzw. Induktivitaten:

ωLx

ωL=

x

l − x(5.7.18)

=⇒ Lx = L ·x

l − x. (5.7.19)

Phasenverschiebung zwischen Spannung und Strom

Bei der Bestimmung von Induktivitaten ist es vielleicht nicht unbedingt sofort klar, wie dieSpannungs- und Stromverhaltnisse sind. Wichtig ist, dass tanα = ωL

Rfur beide Spulen auf

den gleichen Wert gebracht wird. Die Spannung ist dann in jeder LR-Kombination in Pha-se mit der Spannung am ohmschen Widerstand. Das kann man sich am Zeigerdiagrammklarmachen.9 Dieses Ziel ist nur durch Einfugen eines zusatzlichen ohmschenWiderstandes

9Auch die Strome in den beiden oberen Zweigen sind dann untereinander in Phase, wobei sie phasen-verschoben verlaufen zu den Stromen in den unteren Zweigen, in denen nur der Widerstandsdraht

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

554 5. Versuche zur Elektrizitatslehre

zu erreichen, denn ohmsche Widerstande kann man nicht wie Blindwiderstande kompen-sieren, sie sind stets positiv. Bei Messungen an Kondensatoren tritt dieses Problem nichtin Erscheinung, weil die ohmschen Widerstande gegenuber den kapazitiven Widerstandenvernachlassigt werden konnen (relativ kleine C, relativ kleine ω).

Versuchsdurchfuhrung

1. Bestimmen Sie fur jeweils mindestens drei verschiedene ohmsche Widerstande Rn,Kapazitaten Cn und Induktivitaten Ln jeweils die Stellung x des Schleifkontaktes,in der die Spannungsdifferenz zwischen den Punkten C und D verschwindet.

Wiederholen Sie jede Messung insgesamt funf Mal, um eine statistische Aussageuber die Zuverlassigkeit der Messwerte machen zu konnen.

Hinweise:

• Versuchen Sie bei den Messungen mit den ohmschen Widerstanden den bekann-ten Widerstand jeweils so zu wahlen, dass die Endposition des Schleifkontaktesetwa in der Mitte des Schleifdrahtes liegt, weil so der Messfehler minimiert wird(siehe Aufgabenteil).

• Vergessen Sie nicht den regelbaren ohmschen Phasenausgleichswiderstand beiden Messungen mit den Spulen.

Auswertung

1. Bestimmen Sie aus Ihren Messdaten die Werte aller untersuchten unbekannten ohm-schen Widerstande Rn, Kapazitaten Cn und Induktivitaten Ln.

Fragen und Aufgaben

1.”Messbereichserweiterung“:

Sie haben ein Spannungsmessgerat (”Voltmeter“), das bei einer Spannung von 1V

Vollausschlag anzeigt und einen Innenwiderstand von Ri = 100 kΩ besitzt.10 Weiter-hin steht Ihnen ein Sortiment verschiedenster ohmscher Widerstande zur Verfugung.

Wie konnen Sie damit den Messbereich so erweitern, dass eine Spannung von 100Vgerade Vollausschlag ergibt?

2. Leiten Sie mit Hilfe der kirchhoffschen Gesetze her, dass

a) bei einer Reihenschaltung (”Hintereinanderschaltung“) von Widerstanden der

Gesamtwiderstand gleich der Summe der Einzelwiderstande ist, und dass

liegt. Der Kopfhorer bleibt bei richtiger Stellung des Schleifkontaktes still, denn er”sieht“ ja keine

Spannungsdifferenz zwischen seinen Anschlussen.10Man kann sich ein reales Voltmeter vorstellen als Parallelschaltung aus einem idealen Spannungsmess-

gerat (mit unendlich hohem Widerstand) und einem ohmschen”Innenwiderstand“ Ri.

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

5.7 Wheatstonesche Brucke — ["wI:tst@n] 555

b) bei einer Parallelschaltung von Widerstanden der Kehrwert des Gesamtwider-standes gleich der Summe der Kehrwerte der Einzelwiderstande ist.

3. Stellen Sie die Wechselstromwiderstande in der komplexen Ebene dar und disku-tieren Sie die Bedeutung des

”Phasenausgleichswiderstandes“ Rv in der komplexen

Widerstandsebene.

4. fur alle Studiengange außer Physik: Betrachten Sie einen Wechselstromkreismit einer idealen Induktivitat L und einem dazu in Reihe geschalteten ohmschenWiderstand R (das ergibt insgesamt das Ersatzschaltbild fur eine reale Spule). Danngilt

U(t) = L ·dI(t)

dt+R · I(t) (5.7.20)

und fur die sinusformige Spannung

U(t) = U0 · sin(ωt) (5.7.21)

ergibt sich ein dazu um ϕ phasenverschobener Strom

I(t) = I0 · sin(ωt− ϕ) . (5.7.22)

Setzt man die Gleichungen (5.7.21) und (5.7.22) in Gleichung (5.7.20) ein, so erhaltman

U0 · sin(ωt) = Lω I0 · cos(ωt− ϕ) +RI0 · sin(ωt− ϕ) . (5.7.23)

Zeigen Sie durch Anwendung der trigonometrischen Additionstheoreme (siehe Ab-schnitt E.2.2 auf Seite 853 oder einschlagige Formelsammlungen wie z. B. [BS85])und anschließendes Sortieren der Glieder mit den Faktoren sinωt bzw. cosωt, dassfolgende Beziehungen gelten mussen:

tanϕ =ωL

R, (5.7.24)

U0

I0=

√R2 + (ωL)2 . (5.7.25)

Hinweis: Sie bekommen als Zwischenergebnis eine Gleichung der Form

(. . .) · sinωt+ (. . .) · cosωt = 0 . (5.7.26)

Damit diese Gleichung fur alle Zeiten t erfullt sein kann, mussen beide Klammernvor sinωt und cosωt gleich Null sein.

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

556 5. Versuche zur Elektrizitatslehre

5. fur alle Physik-Studiengange (B.Sc. und B.Ed.): Stellen Sie eine Differen-tialgleichung fur Spannung und Strom an einer Hintereinanderschaltung von In-duktivitat L, Kapazitat C und ohmschem Widerstand R auf. Zeigen Sie, dass derkomplexe Ansatz

U(t) = U0 · eiωt , (5.7.27)

I(t) = I0 · ei(ωt−ϕ) (5.7.28)

eine Losung darstellt und dass gilt:

tanϕ =ωL− 1

ωC

R, (5.7.29)

U0

I0= Z =

√R2 +

(ωL− 1

ωC

)2

. (5.7.30)

Wie erhalt man aus den komplexen Großen die”wirklichen“ Werte fur Spannung

und Strom?

6. fur alle Physik-Studiengange (B.Sc. und B.Ed.): Beweisen Sie, dass derMessfehler minimal wird, wenn der Schleifkontakt nach dem Nullabgleich geradein der Mitte des Drahtes liegt

7. fur alle Physik-Studiengange (B.Sc. und B.Ed.): Warum wird die Messungder Induktivitat ungenauer, wenn man den zusatzlichen Widerstand Rv nicht jenach Bedarf immer nur in einen der beiden Zweige schaltet, sondern ihn als Po-tentiometer betreibt (alle drei Anschlusse werden gleichzeitig benutzt, wobei dieaußeren Anschlusse an die Spulen gelegt werden, wahrend der Schleifkontakt desregelbaren Widerstandes am Kopfhorer angeschlossen wird)?

8. fur alle Physik-Studiengange (B.Sc. und B.Ed.): Welche Bedeutung hat diespezielle Kreisfrequenz

ω0 =1√L ·C

(5.7.31)

offenbar in Gleichung (5.7.30)?

Erganzende Informationen

Historisches

Im Jahr 1833 erkannte Sir Charles Wheatstone die Bedeutung der von Samuel HunterChristie entwickelten und heute als wheatstonesche Bruckenschaltung bekannten Schal-tung zur Messung elektrischer Widerstande.Wie in vielen anderen Fallen ist also auch hier der Zusammenhang zwischen dem Nameneiner

”Erfindung“ und dem Entdecker zweifelhaft.

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

5.7 Wheatstonesche Brucke — ["wI:tst@n] 557

Anwendung

Die wheatstonesche Bruckenschaltung wird in teilweise abgewandelter Form in der Pra-xis sehr haufig eingesetzt, wobei vor allem das Prinzip des Vergleichs von Verhaltnissenimmer wiederkehrt. Die zu vergleichenden Großen (Temperaturen, Drucke, Gaskonzentra-tionen, . . . ) werden dabei auf geeignete Weise in elektrische Spannungen ubersetzt unddann mit Hilfe der Bruckenschaltung verglichen.

Verwendung von Kondensatoren und Spulen

Nachdem im Praktikum ofter die Frage aufkommt, wozu man denn Spulen und Konden-satoren uberhaupt brauchen kann, hier ein paar Beispiele:

• In modernen Fahrradrucklichtern mit Standlichtfunktion wird meist ein Konden-sator mit recht hoher Kapazitat (typisch 1F) eingesetzt, um die Energie fur dieLeuchtdioden zu speichern. Einige Vorteile im Vergleich zu einem Akkumulatorsind:

– schnelle Lademoglichkeit, da nicht durch chemische Prozesse begrenzt,

– sehr haufiges Laden/Entladen moglich ohne”Altern“ des Bauteils,

– sehr schnelles Entladen, wenn man das Licht abschalten will, um nicht unnotigLangfinger auf ein abgestelltes Rad aufmerksam zu machen.

Leider ist die Energiedichte nicht so groß wie bei einem Akkumulator, da”nur“

elektrische und nicht chemische Energie gespeichert wird.

• Das gleiche Prinzip wird in den elektronischen Fotoblitzgeraten verwendet. Fur denBlitz muss innerhalb einer sehr kurzen Zeit eine große Energie zur Verfugung gestelltwerden. Das bedeutet eine hohere Leistung, als sie einer Batterie entnommen werdenkann.11 Man lost das Problem dadurch, dass man die Energie

”langsam“ bei hoher

Spannung in einen Kondensator hineinbefordert und dann schnell abruft, indemman den Kondensator einfach uber die Blitzrohre entladt.

• Lautsprecherweiche in HiFi-Boxen: Spulen und Kondensatoren”sortieren“ auf-

grund ihres frequenzabhangigen (Blind-)Widerstandes die verschieden hohen Fre-quenzen (Tone) zu den entsprechenden Einzellautsprechern eines Systems mit z. B.Hochtoner, Mitteltoner und Basslautsprecher/Subwoofer.

• Filterschaltungen, die z. B. in Telekommunikationsgeraten (Handy, Radio, TV) dieverschiedene Frequenzkomponenten (

”Kanale“) auftrennen, bestehen im Wesentli-

chen aus Spulen und Kondensatoren.

• Schaltungen zur Erzeugung von elektrischen Schwingungen, z. B. in einer Quartz-uhr. In diesem Fall besteht der Kondensator aus einem auf zwei gegenuberliegenden

11Die maximal entnehmbare Leistung ist durch den Innenwiderstand der Batterie begrenzt.

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

558 5. Versuche zur Elektrizitatslehre

Seiten mit Elektroden versehenen Quartzkristall. Der Quartz bildet somit das Di-elektrikum eines Plattenkondensators. Durch seine speziellen physikalischen Eigen-schaften verknupft er seine sehr prazise mechanische Resonanzschwingung mit einerelektrischen Schwingung, die von der nachfolgenden Schaltung ausgewertet wird.

•”Entstorkondensatoren“ schließen unerwunschte hochfrequente Signale kurz, diez. B. beim Offnen eines Schalters entstehen, und verhindern so die Abstrahlung alselektromagnetische Wellen, die sonst andere Gerate (Radio, Telefon) storen konnten.

• Drosselspulen begrenzen in vielen Schaltungen mit Leuchtstoffrohren den Stromdurch die Rohre, ohne selbst allzu viel Warme zu entwickeln, da sie einen großerenBlindwiderstand ωL als Wirkwiderstand R haben.

•”Entstordrosseln“ sind Spulen, die unerwunschte hochfrequente Signale unter-drucken sollen. Eine einfache Abwandlung findet man an vielen Computermoni-torkabeln. Es handelt sich dabei um einen Ferritkern, der um das Anschlusskabelherumgelegt ist. Er wirkt als einfache Spule mit einer Windung, namlich dem durchihn hindurchfuhrenden Kabel.

Leistungsfaktor bei Wechselstrom

Die in Gleichung (5.7.29) angegebene Phasenverschiebung ϕ zwischen Strom und Span-nung im Wechselstromkreis ist in der Technik von großer Bedeutung und wird dort meistals

”Phasenwinkel“ bezeichnet. Zum Beispiel enthalten Elektromotoren als wesentliches

Bauelement Spulen, die als Elektromagnete wirken. Dies fuhrt dazu, dass Strom und Span-nung nicht mehr in Phase sind. Durch das standige Auf- und Abbauen der Magnetfelderpendeln großere Energiebetrage zwischen dem Elektrizitatswerk und dem Motor hin undher. Der Strom durch die Zuleitungen ist dann großer als es eigentlich zur Ubertragungder Wirkleistung (Nutzleistung) notig ware. Es gilt:

PW = Ueff · Ieff · cosϕ , (5.7.32)

PB = Ueff · Ieff · sinϕ (5.7.33)

mit

PW = Wirkleistung,

PB = Blindleistung,

cosϕ = Leistungsfaktor,

ϕ = Phasenverschiebung,

Ueff = Effektivwert der Wechselspannung,

Ieff = Effektivwert des Wechselstroms.

Der Wert fur cosϕ wird auf dem Typenschild großer Motoren ublicherweise angegeben.Ein typischer Wert ist cosϕ ≈ 0.8. Der erhohte Strom erzeugt naturlich in den Zulei-tungen (auch den Hochspannungsfernleitungen) ohmsche Verluste, weil er diese aufheizt.

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC

5.7 Wheatstonesche Brucke — ["wI:tst@n] 559

Dieser Effekt ist unerwunscht, denn er reduziert die Effizienz der Verteilung elektrischerEnergie bzw. erzwingt dickere Leitungen. In jedem Fall verteuert sich die Nutzung. Daherwird insbesondere bei großen Motoren dafur gesorgt, dass durch geeignete Schaltungs-elemente der zum Aufbau der Magnetfelder benotigte

”Blindstrom“ direkt beim Motor

”erzeugt“ wird. Die einfachste Losung hierfur ist das Parallelschalten eines Kondensa-tors geeigneter Kapazitat (bei Drehstrommotoren je ein Kondensator fur jede Phase). DieSpule im Elektromotor bildet mit dem Kondensator einen Schwingkreis (siehe auch An-leitung zum Versuch

”Elektrischer Schwingkreis“ in Abschnitt 5.8 auf Seite 561) und die

Energie pendelt dann standig ziwschen dem elektrischen Feld des Kondensators und demmagnetischen Feld der Spule im Motor hin und her, ohne die Zuleitungen zu belasten.Man bezeichnet derartige Schaltungen oft als

”Phasenschieber“.

Literaturhinweise

Standardlehrbucher, z. B. [Gob74].

Literaturverzeichnis

[BS85] Bronstein, I. N. und K. A. Semendjajew: Taschenbuch der Mathematik.Verlag Harri Deutsch, Thun und Frankfurt/Main, 22. Auflage, 1985.

[Gob74] Gobrecht, Heinrich: Bergmann-Schaefer – Lehrbuch der Experimentalphysik,Band I: Mechanik, Akustik, Warme. Walter de Gruyter, Berlin, 9. Auflage, 1974.

© Bernd-Uwe Runge, Physikalisches Anfangerpraktikum der Universitat Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmtDiese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschlage?

last change to this section: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)

Gesamtversion: kompiliert am 17. Januar 2020 um 9:34 Uhr UTC