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G E S E T Z L I C H E · U N F A L L V E R S I C H E R U N G · Kämpfen im Sportunterricht

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Kämpfen im Sportunterricht

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Kämpfen im Sportunterricht

Impressum

Bausteine und Materialien für die Lehrerfortbildung

Herausgeber:Rheinischer Gemeindeunfall-versicherungsverband (RGUVV)Heyestr. 99, 40625 Düsseldorf

RedaktionBoris Fardel

ArbeitsgruppeBoris Fardel(Rheinischer GUVV)

Stéphanie Groß(Ringerverband Nordrhein-Westfalen)

Heinz Janalik(Pädagogische Hochschule Heidelberg, Abtlg. Sportwissenschaft/Sportpädagogik,Badischer Sportbund)

Klaus Keßler(Deutsche Sporthochschule Köln, Nordrhein-Westfälischer Judoverband)

Jutta Meyer(Beauftragte für den Schulsport Bez.-Reg.Düsseldorf, Fachleiterin Sport StudienseminarPrimarstufe Essen)

Dr. Karl-Georg Troglauer(ehem. Beauftragter für den Schulsport Bez.-Reg.Köln, Karatedachverband Nordrhein-Westfalen)

Holger Zeine(Beauftragter für den Schulsport Bez.-Reg.Münster, Universität Münster)

BilderMichael Ravens, Düsseldorf

Design & RealisationIdeenreich – Atelier fürMediengestaltung, Düsseldorf

DruckColor-Druck Lemke GmbH, Essen

Auflage2000

Empfohlen durch die Landesstelle für denSchulsport beim Landesinstitut für Schule NRW

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Kämpfen im SportunterrichtV o r w o r t

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Vorwort

Tobende, balgende und raufende Kinder sieht man in jeder Pause auf den Schulhöfen. Kinder und Jugendliche haben das Bedürfnis sich miteinander zu messen – auch körperlich. Als Träger der ge-setzlichen Schülerunfallversicherung im Rheinland ist die Prävention von Unfällen und die Reduzie-rung von Gefährdungen in der Schule und im Schulsport ein Schwerpunkt unseres Handelns. Wir wirken beratend und unterstützend bei schulischen Fragen zur „Sicherheits- und Gesundheitsförderung“.

Wir befürworten die Richtlinien und Lehrpläne für den Schulsport in Nordrhein-Westfalen, die „Ringenund Kämpfen – Zweikampfsport“ als verbindlichen Unterrichtsinhalt definieren, und begrüßen, dassdiese elementaren Grundbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen Einlass in den Sportunterrichtgefunden haben. Wir sehen jedoch auch, dass beim Ringen und Kämpfen ein hohes Potential an Ge-fährdungen vorhanden ist. Deshalb möchten wir Handlungshilfen für den Sportunterricht geben, ummögliche Gefährdungen weitgehend auszuschließen.

Diese Materialakte bietet Hilfen und Anregungen für die Lehrerausbildung und –fortbildung. Lehr-kräfte können mit diesem Konzept Schülerinnen und Schüler anleiten, in körperlichen Auseinander-setzungen regelkonform, rücksichtsvoll und fürsorglich miteinander umzugehen.

Wir wünschen allen Schulveranstaltungen zu diesem Inhaltsbereich viel Erfolg und Akzeptanz.

Marlis Bredehorst Peter Zech(Geschäftsführerin) (Abteilungsleiter Prävention)

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Vorwort

Sportlich miteinander Ringen und Zweikämpfenist ein wichtiger Aspekt kindlicher und jugend-licher Sozialisation. Innerhalb neuer oder überar-beiteter Lehrpläne im Fach Sport vieler Bundes-länder wird dem Rechnung getragen. Kinder lernen beim Zweikämpfen das Umgehen mit ei-gener und fremder Aggression, sie erfahren un-mittelbare körperliche Kraft, sie lernen das Ver-arbeiten von Sieg und Niederlage, sie entwickelnSelbstdisziplin und verbessern ihre Wahrneh-mungsfähigkeit im Umgang mit anderen. ImGegeneinander muss es dabei immer fair, nachRegeln und ohne Verletzungen zugehen.

Seitens der Kampfsportverbände, die seit Jahreneinen enormen Zulauf bei Kindern und Jugend-lichen verzeichnen, wird diese schulische Ent-wicklung begrüßt. Besonders die Budo-Diszipli-nen haben sich seit jeher einer pädagogischenAusrichtung des Kämpfens im Dienste der Per-sönlichkeitsentwicklung verpflichtet gefühlt.

In der Schule, angeleitet von erfahrenen Sport-pädagoginnen und Sportpädagogen, können dieChancen, die im sportlichen Kämpfen für dieEntwicklung und Stärkung von Selbstwahrneh-mung und Selbstwertgefühl oder im Bereich derGewaltprävention liegen, noch besser genutztwerden.

Der vorliegende Materialienband gibt eine fach-kundige Hinführung zum Zweikämpfen (nicht nurmit Körperkontakt), mit dem sich auch kampf-sportunerfahrene Sportlehrerinnen und -lehrerdieses für Kinder und Jugendliche so wichtigeLernfeld für den Sportunterricht erschließen können. Den Kampfsport-Trainerinnen und -Trai-nern liefert der Band eine pädagogisch reflektier-te Herangehensweise für die Vermittlung vonGrundkompetenzen ihres Sports.

Viele der Autorinnen und Autoren dieses Mate-rialbandes sind mir persönlich bekannt; sie leis-ten hervorragende pädagogische Arbeit in ihremBundesfachverband. Deshalb empfiehlt derDeutsche Judo-Bund e.V. diese Broschüre desRGUVV ausdrücklich und wünscht ihr eine weiteVerbreitung.

Ralf Pöhler(Dipl.-Trainer, Vizepräsident Deutscher Judo-Bund e.V.)

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I n h a l t s v e r z e i c h n i s

Kämpfen im Sportunterricht

Seite 8 Einführung

Seite 10 Allgemeine Vorbemerkungen

Seite 11 Umgang mit den Handreichungen

Seite 13 Sicherheitsförderung beim Kämpfen im Sportunterricht

Seite 14 Hinweise zur Unterrichtsgestaltung

Seite 21 Übersicht: Grundlagen von Ringen und Kämpfen

im Sportunterricht

Baustein 1

Seite 22 Gegeneinander setzt Miteinander voraus –

Körperkontakt anbahnen, Kooperationsbereitschaft

und Vertrauen entwickeln

Baustein 2

Seite 34 Auf dem Weg zum Kämpfen – Mit Gleichgewicht und

Körperspannung experimentieren

Baustein 3

Seite 50 Basiserfahrungen zum „Zwei-Kämpfen“ – Hinein-

wachsen in die Rolle des Angreifers/Verteidigers

mit Hilfe des „Stockkämpfens“

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Kämpfen im SportunterrichtI n h a l t s v e r z e i c h n i s

Baustein 4

Seite 63 Kräfte messen: schieben, ziehen, widerstehen,

ausweichen – das Spiel mit der Kraft

Baustein 5

Seite 68 Vom unkontrollierten Stürzen zum sicheren Fallen

Baustein 6

Seite 94 Kämpfen am Boden

Seite 96 Kämpfen am Boden um Gegenstände

Seite 99 Kämpfen am Boden um den Raum und Körperpositionen

Seite 105 Kämpfen um/gegen die Rückenlage – Bodenkampf

Baustein 7

Seite 120 Kämpfen im Stand

Seite 121 Kämpfen im Stand um Gegenstände

Seite 125 Kämpfen im Stand um den Raum

Seite 138 Partnerschaftliches Werfen und Fallen

Seite 156 Ausblick: Kultiviertes Kämpfen als Ziel sportunterrichtlicher Inszenierungen

Seite 160 Literatur/Internet-Adressen

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Einführung

Als Träger der gesetzlichen Schülerunfallver-sicherung im Rheinland fördert der RheinischeGemeindeunfallversicherungsverband Maßnahmenzur Sicherheit und Gesundheit in der Schule undim Schulsport. Wir sind Partner des Schul- undSportministeriums und der Bezirksregierungendes Landes und wollen diese bei der Umsetzungder Richtlinien und Lehrpläne Sport in allenSchulstufen und –formen unterstützen.

Nach unserem Verständnis von effektiver Sicher-heits- und Gesundheitsförderung im Sportunter-richt sind stets die schulischen Rahmenbedin-gungen und unterschiedlichen Zielgruppen zuberücksichtigen. Sicherheitsförderung im Sport-unterricht orientiert sich erstens an der pädago-gischen Leitidee der Entwicklungsförderungdurch Bewegung, Spiel und Sport und zweitensan der Erschließung der Bewegungs-, Spiel-, undSportkultur. Der Schwerpunkt dieser Handrei-chung liegt hauptsächlich in der Entwicklungs-förderung der Schülerinnen und Schüler.

Jede Sportaktivität birgt, neben Risiken, vielfäl-tige Chancen, Kompetenzen bei Schülerinnenund Schülern für Schule, Alltag und Beruf zuentwickeln. Beim Kämpfen im Sportunterrichterscheint uns die Entwicklung folgender Fähig-keiten besonders bedeutsam, weil sie entschei-dend zur Gesundheitskompetenz beitragen:

● Fairness und verantwortliches Handeln gegenüber anderen

● Selbstdisziplin und Aggressionskontrolle● Sensible Wahrnehmungsfähigkeiten im

Umgang mit sich und anderen

Unser Konzept zur Verbesserung der Sicherheits-und Gesundheitskompetenz von Schülerinnenund Schülern deckt sich mit dem Verständnis derWeltgesundheitsorganisation (WHO) von Alltags-kompetenz. Alltagskompetenz ist laut WHO dieFähigkeit zur Anpassung und zu positivem Han-deln. Dabei geht es u.a. um soziale und persönli-che Kompetenzen, die Fähigkeit Entscheidungenzu treffen und die Entwicklung von Kohärenz-sinn. Alle diese Könnensbereiche ermöglichen esKindern und Jugendlichen, den Anforderungenund Herausforderungen des Lebens wirksam underfolgreich zu begegnen.

Beim Ringen und Kämpfen als einem „Grund-bedürfnis“ von Kindern und Jugendlichen können diese Ressourcen entwickelt und ver-stärkt werden.

Umfangreiche Informationen zum Konzept derSicherheitsförderung im Schulsport finden sichin den Kommentierungen des Erlasses „Sicher-heitsförderung im Schulsport“ in Nordrhein-Westfalen.

Den Sportunterricht im Inhaltsbereich „Ringenund Kämpfen – Zweikampfsport“ sehen wir auchals Chance zur Prävention von Sturzunfällen,denn im Unterricht können

● Handlungsstrategien entwickelt werden, um Stürze unbeschadet zu überstehen und

● hilfreiche Falltechniken aus den Zweikampf-sportarten erlernt und geübt werden.

Die vorliegende Handreichung zum Inhaltsbe-reich „Ringen und Kämpfen – Zweikampfsport“wurde für die Lehrerfortbildung entwickelt undist das Ergebnis kollegialer Zusammenarbeit.Beauftragte für den Schulsport, Fachleiterinnenund Fachleiter Sport, Sportlehrerinnnen undSportlehrer der Bezirksregierungen Köln, Düssel-dorf und Münster, Dozenten der Deutschen

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Sporthochschule, der Pädagogischen HochschuleHeidelberg und der Universität Münster sowieVertreterinnen und Vertreter der SportverbändeJudo, Ringen und Karate in Nordrhein-Westfalenhaben ihren spezifischen Beitrag dazu geleistet.

Diese Handreichung soll alle Sportlehrkräfte befähigen, einen sicheren, abwechslungsreichenund lernergiebigen Unterricht durchführen zukönnen, insbesondere diejenigen, die keine bzw.kaum Berührungspunkte mit Zweikampfsportar-ten haben und hatten.

Wir hoffen und wünschen uns, dass zahlreicheFortbildungsveranstaltungen für Lehrerinnen undLehrer auf der Basis unseres Konzeptes stattfinden.

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Allgemeine Vorbemerkungen

Die derzeit gültigen Richtlinien und LehrpläneSport des Landes Nordrhein-Westfalen machenmit dem Inhaltsbereich 9 „Ringen und Kämpfen -Zweikampfsport" ein Handlungsfeld zur unter-richtlichen Aufgabe, das im Rahmen der Lehrer-ausbildung bisher wenig berücksichtigt wurde.

Angesichts dieser Tatsache sind die bei vielenSportlehrkräften im Hinblick auf eine obligatori-sche didaktische Bearbeitung des Inhalts Käm-pfen vorhandenen Zweifel an der eigenen Kom-petenz und die daraus oder aus anderen Gründenresultierenden Vorbehalte, Ablehnungen undauch Ängste durchaus verständlich. Andererseitsbietet die sportartübergreifende, auf Mehrper-spektivität zielende Perspektive „Ringen undKämpfen" gerade diesen Lehrkräften im Sport-unterricht eine große pädagogische und didakti-sche Chance. Sie verfügen zwar nicht über spezi-fische Kenntnisse im Feld des Zweikampfsports,sind damit aber auch frei und unabhängig vonverbands- und sportartgeleiteten Interessens-lagen und Lehrvorschriften. Auch oder geradediese Kolleginnen und Kollegen können einenhoch qualifizierten Unterricht im besagten In-haltsbereich Ringen und Kämpfen durchführen,sofern sie bereit sind, innere Barrieren aufzuge-ben, einer engen Auffassung von Sport (Sport =Sportarten; Sport lernen = Sportarten lernen)zugunsten einer Orientierung an „Bewegung,Spiel und Sport“ eine Absage zu erteilen undzumindest Basiserfahrungen des Kämpfens alsfruchtbare Lern- und Selbsterziehungsgelegen-heiten für Kinder und Jugendliche (u.U. auch für sich selbst) anzuerkennen.

Für solche Lehrkräfte hat das Autorenteam diefolgenden, an den Leitlinien der aktuellen Lehr-pläne und an den Grundgedanken des Inhalts-bereichs 9 ausgerichteten Handreichungen ent-wickelt.

Die pädagogisch-didaktische Legitimation diesesInhaltsbereiches 9 lässt sich nicht zuletzt darausableiten, dass Kämpfen und Kampf soziale Tat-sachen sind und zur Lebenswirklichkeit vonMenschen - auch von Schülern1 und Lehrkräften- gehören. Verhaltensweisen des Kämpfens be-gegnen uns im Alltag ständig, facettenreich undambivalent, teilweise konkret beobachtbar (z.B.als sportlicher Wettkampf oder als mediale Doku-mentation politischer Auseinandersetzungen),zum Teil auch der direkten Anschauung entzo-gen (z.B.Kämpfen als psychischer Vorgang).

Auch in der Welt der Schule sind vielfältigeFormen des Kampfes und des Kämpfens präsent.Beispielsweise zeigt sich immer häufiger in denPausen die ganze Bandbreite zwischen spieleri-schem Rangeln und Raufen und brutaler Prüge-lei, bei der ein Verlierer „auf der Strecke bleibt“.Im letzteren Fall erschöpft sich dann nicht sel-ten die Intervention der Erwachsenen - oft inErmangelung anderer Bearbeitungsstrategien - in hilflosem Wegsehen oder in Form von Strafenund Geboten, die per Disziplinierungsmacht ver-ordnet werden. Erfahrungsgemäß lassen sich mitdiesen Umgangsweisen schwerwiegende Konflikteund gewaltträchtige körperliche Auseinanderset-zungen zwischen Heranwachsenden nur ober-flächlich lösen bzw. nur kurzzeitig verhindern.Keinesfalls werden damit dauerhafte positiveVerhaltens- und Einstellungsänderungen bewirkt.Dazu bedarf es vielmehr einer intensiven Ur-sachenanalyse, geduldiger und sensibler Inter-vention (z.B. über veränderte Lernumwelten)und vor allem der Mitarbeit und Mithilfe allerBeteiligten.

Aus unserer Sicht haben Schule und Unterrichtdie Aufgabe, Phänomene und Einflusskräfte, diedie Entwicklung und Lebenswirklichkeit vonKindern und Jugendlichen begleiten und maß-geblich beeinflussen, so zu bearbeiten, dass beiihnen einsichtiges Verstehen von Zusammen-

1 Die Entscheidung zur männlichen Form im Sprachgebrauch fiel nicht aus geschlechtsspezifischen Gründen, sondern im Hinblick auf eine flüssigere Lesbarkeit der Ausführungen.

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hängen gefördert wird. Eigene Lebensbewälti-gung in sozialer Verantwortung setzt diesesVerstehen voraus.

Deshalb ist es unseres Erachtens auch notwen-dig, sich mit vielfältigen Erscheinungsweisen desKämpfens - statt sie zu tabuisieren - pädago-gisch und didaktisch auseinander zu setzen,wohl wissend, dass es keine exakte Berechen-barkeit von erzieherischen Prozessen gibt undwir nie sicher sein können, dass das Ergebnisunserer Interventionen ein positives ist.

Diese prinzipielle Möglichkeit des Scheiterns ent-bindet uns jedoch nicht von der Aufgabe, unsgemeinsam mit den Schülern immer wieder han-delnd und reflektierend mit den vielfältigen undwidersprüchlichen Gesichtern (Ambivalenz) desSports, auch mit denen des Zweikämpfens, aus-einander zu setzen. Nur auf diese Weise wirdnämlich einsichtig, dass es allein von den Men-schen abhängt, die Sport ausüben, vermittelnund organisieren, ob dieser Sport eine positiveoder negative Wirkung entfaltet. Weder Sportnoch der Vorgang des Kämpfens ist von vornher-ein per se gut oder schlecht.

Das bewusste Wahrnehmen von Differenzen (z.B.regelgeleitetes faires Kämpfen im Unterschied zuungeregeltem, unfairem) und das bewusste Er-lernen partnerschaftlicher Verhaltensweisen imRahmen eines kämpferisch ausgerichteten Bewe-gungsdialogs können maßgeblich dazu beitragen,Sozialkompetenz, Empathie und Widerstands-kräfte gegen Gewalt zu entwickeln.

Da wir also von der unbestrittenen Tatsache aus-gehen, dass im Handlungsfeld Ringen und Käm-pfen bedeutsame, für die Entwicklung von Kin-dern und Jugendlichen unersetzliche soziale,emotionale, kognitive und motorische Impulsebzw. Erfahrungswerte lagern, ist unser Hauptziel,Schüler im Sportunterricht zur bewussten

Verhaltensform des kultivierten Kämpfens zuführen. Darunter verstehen wir eine sensibleForm der körpernahen, handgreiflichen Ausein-andersetzung, in der Verantwortung, Achtsamkeitund Fürsorge im Umgang mit sich und anderenhandlungsleitende Prinzipien sind.

Bei dieser angestrebten Form der empathischenInteraktion spielen das Einhalten von Regelnund die Gewöhnung an sinnvolle Rituale eineentscheidende Rolle. Ebenso bedeutsam sindunterrichtliche Arrangements, die gängige undim öffentlichen Bewusstsein fest verankerteSichtweisen zu Kampf und Kämpfen aufbrechenund erweitern. Hierin muss sich professionellessportpädagogisches Denken und Handeln vondem eher sachorientierten, affirmativen einesÜbungsleiters im Verein und Verband maßgeblichunterscheiden.

Umgang mit den Handreichungen

Die folgenden Materialien zum InhaltsbereichRingen und Kämpfen sind aufgegliedert in siebensogenannte „Bausteine“, in eine Schlussbetrach-tung mit exemplarischen „Sinnsträngen“ (s. S.156)sowie in eine auf alle Bausteine bezogene Litera-turliste. Zusammen genommen handelt es sichum eine Art Ideenbörse für Sportlehrkräfte allerJahrgangsstufen zur unterrichtlichen Bearbeitungdes Inhalts Kämpfen. Wir bieten kein geschlosse-nes Vermittlungskonzept, das ein Erlernen, Übenund Automatisieren von Techniken und Taktikeneinzelner normierter und durch Verbände regle-mentierter Kampfsportarten zum Ziel hat.

Mit dem Begriff „Baustein“ soll einmal signali-siert werden, dass einzelne Teilelemente: Pädago-gische Perspektiven (mit fett gedruckten Schwer-punkten), Ziele, Themenvorschläge, Inhalte, Auf-gaben, pädagogisch-didaktische Kommentare (inblauer Schrift), Sicherheits- und Organisations-hinweise (in grüner Schrift) zu einer beispielhaf-

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ten thematischen Einheit zusammengefügt wur-den und dieser daraus entstandene Baustein wie-derum Teil eines übergeordneten Ganzen (Inhalts-bereich Ringen und Kämpfen) ist. Zum anderenverweist der Begriff auf die grundsätzliche Mög-lichkeit, die Elemente der einzelnen Bausteine inanderer Weise zusammenzusetzen. Eine solcheNotwendigkeit ergibt sich logischerweise aus derLernausgangslage, d.h. aus dem jeweils spezifi-schen Wissens- und Könnensstand der eigenenKlasse bzw. Lerngruppe.

Im Hinblick auf den Lernprozess ist es empfeh-lenswert - weil besonders lernergiebig - mit Schü-lern gemeinsam die Elemente eines Bausteins zuvariieren und/oder zu erweitern, beispielsweisedurch inhaltliche Ergänzungen aus anderen Bau-steinen. Auch das lässt erkennen, dass undwarum es keine absolute Trennschärfe zwischenden einzelnen Bausteinen geben kann.

Zu der benutzten Begrifflichkeit sei ergänzendvermerkt, dass gelegentlich auch das Wort „Sinn-strang“ auftaucht. Darunter verstehen wir Unter-richtsthemen, deren Formulierung dem Lehrendennicht nur eine grobe Orientierung bietet (z.B.„Erlernen des richtigen Fallens“), sondern kom-plexe inhaltliche Zusammenhänge verdeutlichtund mehrperspektivische Bearbeitungswege sig-nalisiert, also eine pädagogisch-didaktische Leit-linie darstellt (z.B. „Welche Faktoren bestimmendas Miteinander im Gegeneinander?“ oder „Zwei-Kämpfen setzt gegenseitiges Vertrauen voraus!“).

Bei genauerem Hinsehen werden Sie erkennen,dass viele der aufgeführten Spiel- und Übungs-formen auch bisher schon in Ihrem Unterrichtzum Einsatz gekommen sind, ohne dass damitdie Absicht verbunden war, spezifische Erfahrun-gen im Bereich Ringen und Kämpfen zu eröff-nen. Manche Spiel- und Übungsform ist Ihnenvielleicht unter anderem Namen und in anderen

Zusammenhängen bekannt. Diese Tatsache sollMut machen, sich auf ein nur vermeintlich unbe-kanntes Terrain lehrend einzulassen.

Für Experten einer Kampfsportart bietet sichjederzeit die Möglichkeit, in Abhängigkeit vomLeistungs- und Erkenntnisstand der Schüler sport-artspezifische Ergänzungen in den Unterrichteinzubringen. Dies wollten wir durch die beidenletzten Bausteine verdeutlichen, die exempla-risch die Zweikampfsportart Judo einbeziehen2.

Ein geschlossenes methodisches Vorgehen in derArt einer verbindlichen methodischen Reihe fin-det sich explizit nur beim Baustein „Vom unkon-trollierten Stürzen zum sicheren Fallen“ und inangedeuteter Form bei den technikverarbeiten-den Lernprozessen (Kämpfen am Boden, Kämpfenim Stand). Aber selbst dort gibt es andere Mög-lichkeiten, den Vermittlungsprozess zu gestalten.Mit diesem Hinweis wird keinesfalls einer deduk-tiven Vorgehensweise eine generelle Absage er-teilt. Vielmehr soll damit schon jetzt an dieWichtigkeit eines regelmäßigen Methodenwech-sels erinnert werden.

Die vorgeschlagenen Spielformen und sportarten-spezifischen Beispiele können bereits ab der Pri-marstufe durchgeführt werden. Die Reihenfolgeder Bausteine, aber auch die ihrer Elemente, istnicht verbindlich, obgleich eine spezifische Logikunsere beispielhafte Reihung leitet.

Auch die jeweiligen Schwerpunktziele sind beiden einzelnen Bausteinen exemplarisch aufge-führt, d.h. dass weitere denkbar, im Blick auf diekonkrete Klassensituation sogar notwendig sind.

Ein Schlüsselaspekt bei der Auswahl der Inhaltewar das Anliegen, Spiel- und Übungsformen an-zubieten, die auch in anderen Bewegungsfeldernbzw. Inhaltsbereichen Anwendung finden können.

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2 In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die kürzlich erschienene Publikation „Ringen und Kämpfen – Zweikampfsport. Handreichungfür die Schulen der Primarstufe und Sekundarstufe I“, die gemeinsam vom Landessportbund NRW, Nordrhein-Westfälischer Judo-Verband und Ringerverband NRW herausgegeben wurde. Sie bearbeitet in weitaus stärkerem Maße als die vorliegende Handreichung die judospezi-fische Variante des Kämpfens.

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Ebenso wichtig war die Vorgabe, dass die inhalt-lichen Elemente dieser Handreichungen auchunter einfachen situativen Bedingungen prakti-zierbar sein müssen. Das bezieht sich beispiels-weise auf die räumlichen Gegebenheiten, dieGeräteausstattung oder die Kleidung der Schüler.

Abfinden muss sich die Lehrkraft mit der Tat-sache, dass kultiviertes Kämpfen nicht immerdirekt und vor allem nicht kurzfristig erreichbarist, insbesondere bei Schülern, die Kampfformenin einer sehr aggressiven Form „einverleibt“haben. Wichtige Voraussetzungen für das Erler-nen und Ausüben von kultiviertem und huma-nem Kämpfen sind, wie schon erwähnt, Regelnund Rituale. Einsichtig wird das den Schülern vor allem dann, wenn von Beginn an Unter-richtssituationen geschaffen werden, in denendie Notwendigkeit und der Sinn von „Ordnungen“und Orientierungen erkennbar werden bzw.Schüler dies selbst entdecken und erkennen.

Das Autorenteam fühlt sich der Lehrerfortbil-dung verpflichtet und denkt deshalb nicht imengen und strengen Rahmen der sogenanntenUnterrichtsvorhaben. Wir orientieren uns an denschon erwähnten thematischen Sinnsträngen.

Sicherheitsförderung beim Kämpfen imSportunterricht

Grundlage einer effektiven Sicherheits- undGesundheitsförderung (vgl. S.8) ist das Schaffengeeigneter Unterrichtsvoraussetzungen. Diesekönnen sowohl personeller als auch materialerArt sein.

Lehrkräfte, die Schüler in den etablierten, wett-kampforientierten Zweikampfsportarten unter-richten und ein diesbezügliches Technikerwerbs-training anbieten wollen, müssen überdurch-schnittlich qualifiziert sein, was jahrelange Er-fahrung erforderlich macht. Eine Grundlagen-

kompetenz jedoch, die zur Vermittlung soge-nannter Basiserfahrungen des Kämpfens befähigt(die durchaus zu den Zweikampfsportarten hin-führen können), kann sich jede Lehrkraft durchentsprechende Qualifizierungsmaßnahmen aneig-nen. Dort gelangen auch die wichtigsten Sicher-heitsperspektiven zur Bearbeitung, von deneneinige im Folgenden aufgezeigt werden: Um bei-spielsweise Spiel- und Kampfformen „sicher“ ein-zuführen, sollten Lehrkräfte - am besten undwirksamsten gemeinsam mit den Schülern -rechtzeitig verbindliche Regeln zur Beendigungdieser Formen und Aktionen entwickeln (z.B.Stopp-Regel). Über die Einhaltung der Regelver-einbarungen haben konsequent Lehrkraft undSchüler zu wachen, bis dies die Schüler alleinübernehmen können. Das kann sehr bald der Fallsein.

Mögliche Risiken bei der Durchführung der Spiel-formen sollten bekannt sein. Spiele sind behut-sam einzuführen, Gefährdungen rechtzeitig auf-zuzeigen und Spielformen und Techniken ent-sprechend den kognitiven und motorischen Vor-aussetzungen der jeweiligen Lerngruppe auszu-wählen.

Bei der Durchführung des Unterrichts ist daraufzu achten, dass sich die Übungsräume der Käm-pfenden nicht überschneiden, d.h. ausreichendeSicherheitsabstände gewährleistet sind.

Um Verletzungen vorzubeugen, ist von den Schü-lern der gesamte Schmuck, inklusive Piercings,abzulegen. Zusätzlich sollten Fingernägel kurzgeschnitten sein, um Mitschüler nicht zu verlet-zen und falls der Unterricht auf geeignetemUntergrund (Matte) barfuss stattfindet, müssenauch die Fußnägel kurz gehalten werden. Da sichdie Schüler beim Kämpfen sehr nahe kommen,sollten aus hygienischen Gründen Hände undFüße gewaschen sein. Bei langen Haaren ist esselbstverständlich, ein Haarband zu verwenden.

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Empfehlenswert sind lange Hosen und Hemden,da sie während des Kämpfens und Ringens aufder Turnmatte vor Schürfwunden an Knie undEllbogen schützen.

Werden Techniken aus den Sportarten Judo undRingen erlernt, empfiehlt es sich, Judo- bzw.Ringermatten einzusetzen. Sollten diese Mattennicht vorhanden sein, können andere Matten-arten genutzt werden, wobei Lehrkräfte prüfenmüssen, ob die verwendete Mattenart für diegewählte Übung geeignet ist. Eine Übersicht undHilfe bei der Auswahl geeigneter Matten bietetdie Broschüre „Matten im Sportunterricht“ (GUV57.1.28).

Bei der Verwendung von Matten, die aufgrundmangelnder Bodenhaftung verrutschen können,sind diese gegen das Verrutschen zu sichern, wasbeispielsweise durch Schüler geschehen kann,die das Geschehen beobachten. Eine Kampfflächewird beispielsweise erstellt, indem 2-8 Turnmat-ten bündig zusammengeschoben und von dennicht aktiven Schülern oder gerade Pausierendenmit gegrätschten Beinen zusammengehalten wer-den. Diese Schüler fungieren gleichzeitig alsSchiedsrichter, zeigen Fouls an, verhängen Stra-fen und unterbrechen bei Bedarf den Kampf (s. Bild).

Für Spielformen im Stand und Standkämpfe sinddie meisten Weichböden nicht geeignet, da dieSchüler im Stand zu tief in die Matte einsinkenund die Gefahr von Fuß- und Knieverletzungenbesteht. Dagegen ist der Einsatz von Weichbödenbei Bodenkämpfen unproblematisch. Auf dertrittfesten Seite von Niedersprungmatten sindZweikampfspiele im Stand in der Regel möglich.

Die zu wählenden Gruppengrößen richten sichprimär nach dem „kämpferischen“ Entwicklungs-stand und dem Alter der Schüler sowie nach densituativen Bedingungen in der Halle.

Im Übrigen ist beim Ringen und Kämpfen imSportunterricht der Runderlass „Sicherheitsför-derung im Schulsport“ mit seinen Inhalten undErläuterungen zur Grundlage allen Arbeitens zumachen.

Hinweise zur Unterrichtsgestaltung

Der Doppelauftrag der Richtlinien und LehrpläneSport macht die Absicht und die Aufgabe deut-lich, mehr als bisher Fertigkeitsvermittlung undErziehungsförderung als eine Einheit zu betrach-ten und sie als solche in den Mittelpunkt sportun-terrichtlicher Lehr- und Lernprozesse zu stellen.Hiermit wird nicht nur der Lehrkraft eine deut-lich modifizierte Rolle zugewiesen, sondern auchden Schülern, die als sich selbst erziehende,selbstgesteuerte und selbstorganisierte Individu-en angesehen werden. Das hat zur Folge, dassder Lehrer den Unterrichtsprozess selbst stärkerund konsequenter an der zugrunde liegendenpädagogischen und fachdidaktischen Position

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ausrichten muss. Konkret heißt das: die Schülererhalten mehr Eigenverantwortung und Mitge-staltungsaufgaben im Unterricht, wo möglich,wird problemorientiertes und reflexives Lernen inVerbindung mit erziehendem Unterricht ermög-licht, und das Prinzip der Mehrperspektivitätwird zur Leitlinie jeglicher Lehr-Lernprozesse.Bezogen auf den Inhaltsbereich Ringen undKämpfen lautet demnach die zentrale Frage: Wiekann die Lehrkraft Unterricht gestalten, damitdas grundsätzlich ambivalente Feld des Kämpfenszu einer entwicklungsfördernden Lerngelegenheitwird, die den Schüler veranlasst, neben motori-schen Handlungsmustern auch Einstellungen undWerthorizonte aufzubauen, die sein gegenwärti-ges und künftiges Leben in sozialer Verantwor-tung bereichern?

Lehrkräfte müssen sich bei der Arbeit im Inhalts-bereich Ringen und Kämpfen auf Ängste, Ableh-nungen und Verweigerungen auf Seiten ihrerSchüler ebenso einstellen, wie auf den vehemen-ten Wunsch, sofort kämpfen zu wollen! Alles wasdann didaktisch-methodisch diesem Bedürfnisentgegensteht, wird u.U. aus Schülersicht alsüberflüssig und als langweiliger Umweg zum We-sentlichen angesehen. Daraus folgt, dass dasSinnvolle und Gewinnbringende vermeintlicher„Umwege“ (z.B. Wahrnehmungssensibilisierung,Vertrauensaufbau, Grundlagenarbeit) den Schü-lern unbedingt bewusst und einsichtig gemachtwerden müssen.

Im Folgenden werden wir einige Empfehlungenzur Unterrichtsgestaltung gegeben. Ein Teil da-von bezieht sich direkt auf das Miteinander-Kämpfen. Andere, die Gültigkeit für jeden Sport-unterricht haben, sind aufgeführt, weil sie unsbesonders wichtig erscheinen. Die Erfahrungzeigt, dass die Beachtung der Empfehlungengünstige Auswirkungen auf die unterrichtlicheBearbeitung des Inhaltsbereichs hat.

● Wo im Sportunterricht zu den motorischen Aktionen erzieherische Absichten hinzukom-men und subjektive sowie soziale Wertmaß-stäbe mit Hilfe des Sports bearbeitet und gegebenenfalls verändert werden sollen, macht es Sinn, entdeckendes und einsichti-ges Lernen zu ermöglichen. Es gilt also, Unterrichtsinhalte daraufhin zu überprüfen, ob sich mit ihnen Unterrichtssituationen schaffen lassen, die ein induktives Vorgehenermöglichen. Weite Aufgabenstellungen stattBewegungsanweisungen animieren die Schü-ler zu aktiver, kreativer Mitarbeit, signali-sieren ihnen Anerkennung als Partner im Lösungsprozess und fördern das selbststän-dige Arbeiten. Unter anregungsreichen Lern-bedingungen finden Schüler oft selbst die besten Lösungen.

Zentrale Aufgabe für Lehrende ist deshalb, Lern-situationen bereit zu stellen, in denen die Lern-enden den Weg zum Ziel auch selbst finden kön-nen. Durch Bewegungsaufgaben wie z.B. „Erfin-det einen Zieh- oder Schiebewettkampf mit demPartner“ oder „Probiert aus, wie ihr mit demgeringsten Kraftaufwand den Partner auf die an-dere Seite der Halle transportieren könnt“ wer-den Schüler zu aktiven Mitgestaltern von Unter-richt. Durch ausprobierendes Suchen nach unter-schiedlichen Aufgabenlösungen in sogenanntenExperimentierphasen des Unterrichts können dieSchüler eigene Erkenntnisse gewinnen und auchdie Lösungsvorschläge der Mitschüler kritischüberprüfen. Dabei muss den Schülern eine ange-messene Lernzeit zur Verfügung stehen, damitsich kreatives Denken und Handeln entwickelnkann. Selbstverständlich werden die Ergebnisseihrer Anstrengung vorgestellt, gewürdigt undweiter bearbeitet, wodurch man ihnen vermit-telt, dass sie und ihre Arbeit ernst genommenwerden.

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● Entdeckendes Lernen mit seinen intensiven Experimentierphasen ist grundsätzlich an nachfolgende Auswertungsgespräche gekop-pelt. Diese müssen sorgfältig geplant wer-den, damit Erlebtes sowie Be- und Erarbei-tetes reflektiert, ausgetauscht und schließ-lich als Erfahrungswert einverleibt werden können. Dabei spielen wirkungsvolle und präzise formulierte Schlüsselfragen, die Schüler zu anspruchsvoller, vielfältiger Denkleistung animieren, eine entscheidende Rolle und sind deshalb wichtige Bestandteil der Planungsüberlegungen.

Es bedarf besonderer Kompetenzen in der Ge-sprächsleitung, um dafür zu sorgen, dass Auswer-tungsgespräche nicht von wenigen Schülerndominiert werden, so dass andere nicht zu Wortkommen oder sich innerlich „ausklinken“.

Reflexion und angemessener sprachlicher Aus-tausch sind notwendige Begleiter jedes motori-schen, aber auch sozialen und emotionalen Ler-nens. Wo die Sprache im Sportunterricht fehlt,verkümmert er zu bloßem Aktionismus.

Allerdings muss ebenso beachtet werden, dassSportunterricht Bewegungsunterricht ist, dieSchüler ein Recht auf Bewegung haben und sichauch aus unterschiedlichen Gründen ausgiebigbewegen sollen. Deshalb muss ein ausgewogenesVerhältnis von kognitiven Phasen und Bewe-gungszeit gefunden werden.

Bewährt hat sich, den Unterrichtsverlauf gele-gentlich in seinen Kernstellen stichwortartig aneiner Wandtafel zu fixieren (Schrift/Bild). Dieser„einsehbare“ Unterrichtsverlauf erleichtert esden Schülern, in Auswertungsgesprächen oder inPhasen der Lernkontrolle das Erarbeitete bewusstzu erinnern und bedeutsame Stellen im Lehr-Lernprozess zu rekonstruieren.

● Auch wenn im sportartübergreifenden Inhaltsfeld Ringen und Kämpfen keine diszi-plinspezifischen technischen Sollwerte ange-strebt werden, sondern die individuelle Aufgabenerfüllung im Mittelpunkt steht, darf die für Schüler so bedeutsame Vermitt-lung von Techniken (vgl. Bausteine 6 und 7)nicht ausgeblendet werden. Eine solche technikzentrierte Fertigkeitsvermittlung kann überdies nicht immer erfahrungsgelei-tet erfolgen, sondern macht auch ergebniso-rientierte Methoden erforderlich. Deshalb werden in diesen Handreichungen weitge-hend konkrete Spielformen, Handlungsan-weisungen und Übungsformen zur Technik-schulung aufgezeigt. Sie können vor allem den disziplinfremden Lehrkräften helfen, sportliche Handlungs- und Bewegungskom-petenz zu vermitteln. Dies schließt jedoch nicht aus, dass im Sinne eines erziehenden Unterrichts, wo immer möglich, den Schü-lern Freiräume zur individuellen Auseinan-dersetzung mit den themenbezogenen Problemstellungen eingeräumt werden sollte.

Wichtig ist uns zu betonen, dass auch das Vor-und Nachmachen seinen didaktischen Stellen-wert hat. Es leitet nicht - wie so oft angenom-men - nur gedankenloses Kopieren ein. Das Imi-tieren gibt Kindern Gelegenheit, erprobte Tech-niken aus der etablierten Sportartenwelt kennenzu lernen, deren Angemessenheit und Wert fürsich selbst zu überprüfen und mit Hilfe einsich-tiger Lehrkräfte sogar mutig zu modifizieren.Lerngewinn resultiert auch aus der Wahrneh-mungsschulung durch genaues Beobachten vor-bildlich demonstrierter Bewegungsabläufe, wobeipräzise Beobachtungsaufträge Voraussetzung sind.

● Als Vorbereitung auf ein Unterrichtsvorha-ben zum Ringen und Kämpfen sind neben kooperativen Spielformen zum Abbau von Berührungsängsten und zur Anbahnung von

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Körperkontakten viele Übungen zur Schu-lung von Gleichgewicht und Körperspannungbedeutsam, die vor allem in Aufwärmphasenimmer wieder thematisiert werden können. Den Schülern sollte dabei stets die Möglich-keit eingeräumt werden, sich zeitweilig aus einer Spiel- oder Kampfhandlung herausneh-men zu können, so z.B., wenn bei Berüh-rungsspielen körperliche Nähe als zu bedrän-gend empfunden wird. Freie Partnerwahl kann hier - zumindest am Anfang - sehr hilfreich sein.

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● Rituale bieten Schülern in jedem Unterricht einen wichtigen Orientierungs- und Struktu-rierungssrahmen. Durch einen in Rituale eingebundenen Unterricht erhält der Unter-richtsinhalt außerdem eine größere Verbind-lichkeit und fördert das Verantwortungsbe-wusstsein zur Regeleinhaltung.

Bewährt haben sich folgende Rituale:Zu Stundenbeginn versammeln sich Schüler undLehrer im Sitzkreis. Hier wird, was in jedem Un-terricht wünschenswert ist, der geplante Stunden-verlauf und im Regelfall auch das Unterrichtszielim Sinne der Verlaufs- und Zieltransparenz be-sprochen. Man kann mit einer kurzen Stille- undKonzentrationsphase beginnen und schließtdiese mit dem Angrüßen ab. Dieses Sitzkreisri-

tual wird am Ende der Stunde als Klammer undzur Reflexion wiederholt (siehe Bild).

Zum Stundenabschluss, vor dem Abgrüßen, bie-ten sich Entspannungsübungen wie z.B. Partner-massage mit und ohne Materialien oder medita-tive und entspannende Spiele mit ruhigem undkonzentrativem Charakter an.

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Weiterhin empfiehlt sich ein Startritual, d.h. einVerhaltensmuster bei Kampfbeginn, das die Be-reitschaft und Verpflichtung zu Regelakzeptanzund Fairness signalisiert (z.B. Bist du bereit?Give five, Verbeugen). Analog gilt als Schlussri-tual nach dem Kampf als Dank für die erlebteFairness: Give five oder Verbeugung.

Alle Partner- oder Gruppenaktionen sollten miteinem vorher vereinbarten Startkommando ein-geleitet werden, damit alle Schüler genug Zeithaben sich vorzubereiten und nicht von denSchnelleren überrumpelt werden. Diese Ritualesollten mit den Schülern erarbeitet und schrift-lich fixiert werden, z.B. in Form eines Posters. Regeln und zum Teil auch Rituale sollten nachMöglichkeit von den Schülern selbst erarbeitet,erprobt und variiert werden. Diese einsichtför-dernde Vorgehensweise ist eine Grundvorausset-zung für freudvolles, verantwortungsbewusstesund gefahrloses Ringen und Kämpfen. Respekt,Achtung und die absolute Anerkennung desPrinzips körperlicher Unversehrtheit ist dabei der zentrale Leitgedanke.

Nicht erlaubt ist:

● Kneifen● Kratzen● Spucken● Beißen● Haare ziehen● Würgen● Treten● Schlagen● Hebeln● Beleidigen/Beschimpfen● ...

Empfehlenswert ist ein im Unterricht gemeinsamerarbeitetes Regelplakat, das verändert und mitBildern oder Zeichnungen ausgestaltet werdenkann. Es bleibt während des gesamten Projekts

„Ringen und Kämpfen" in der Halle aufgehängtund könnte in der Grundform z.B. folgendesAussehen haben:

RegelnUm meinen Partner äußerlich und innerlichnicht zu verletzen und ihm nicht die Freude amKämpfen zu nehmen, muss ich folgendeAbsprachen unbedingt einhalten:

● Stoppregel !!! Ruft ein Kampfpartner bzw. ein Schiedsrichter „stopp" oder klopft ein Kampfpartner ab, muss sofort die (Kampf) Aktion abgebrochen werden.

● Bei Regelverletzung! Je nach Schwere der Regelverletzung gibt es eine Zeitstrafe oder einen Punkteabzug oder eine Disquali-fikation oder ...

● Über das Strafmaß entscheidet der jeweilige Schiedsrichter oder eine Schüler-Regelgrup-pe oder die vom Regelverstoß Betroffenen selbst oder ...

Erlaubt ist:

● Schieben ● Drücken● Stoßen● Täuschen● Ziehen● Den Gegner selbst aussuchen● Nein sagen● Einen Kampf durch Signal beenden● ...

● Das Ende eines Kampfes ergibt sich durch einen Sieg oder durch vorher festgelegte Zeitbegrenzung oder durch Aufgabe eines Kämpfers oder ...

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Ausdrücklich muss darauf hingewiesen werden,dass eine der wichtigsten Regeln die Stopp-Regelist, durch die eine für den Schüler unerträglicheSituation beendet wird. In der absoluten Akzep-tanz und Ausübung dieser Regel nehmen gegen-seitiger Respekt und Vertrauen beobachtbareGestalt an.

Die Überwachung von Regeln sollte möglichstfrüh auf die Schüler selbst übertragen werden(Gewöhnung an Eigenverantwortung). Bei Regel-verletzungen muss die Lehrperson von Anfangan konsequent „durchgreifen“, ebenso bei Auf-treten von Gewalt in Sprache und Handlung.

Wichtig ist auch oder gerade hier, dass keineKonflikte mit in den nachfolgenden Unterrichtgenommen werden! Hier muss ggf. die Gesprächs-phase genutzt werden.

● Spezialistenwissen und -können bei den Schülern - beispielsweise aus dem Verein gewonnen - sollte im Unterricht unbedingt aufgegriffen werden, jedoch nicht nur in bestätigender und reproduzierender Weise. Da Ringen und Kämpfen immer mehr als fertigkeitsorientiertes Lernen, Üben und Wettkämpfen in den Sportarten Ringen, Judo, Fechten oder Karate ist, müssen auch die Experten ihren Horizont erweitern indemsie im Unterricht zusätzliche Perspektiven zu diesem Handlungsfeld erfahren. Verschie-dene, durchaus auch widersprüchliche Sinn- richtungen kennen zu lernen ist nämlich eine der Hauptaufgaben des Sportunterrichtsund dient der Ausbildung individueller Handlungskompetenz.

● Innerhalb einer Unterrichtsstunde sollte im Regelfall das Kämpfen selbst nicht durchge-hender und ausschließlicher Inhalt sein, zumal dies für Schüler physisch kaum leist-bar ist. Sinnvoll ist eine Mischung aus

Vorbereitung und Anwendung, aus Aktion und Ruhe, was automatisch eine Rhythmi-sierung des Unterrichts mit sich bringt.

● Geben Sie nicht zu viele Informationen auf einmal in den Unterricht ein. Dazu neigen besonders Lehrkräfte, die ein sportliches Handlungsfeld nur aus der Theorie kennen!

● Ausscheidespiele sind im Hinblick auf die Bereitschaft und den Willen der Schüler, aktiv sein zu wollen, kontraproduktiv. Deshalb sollte entweder auf sie verzichtet werden oder sie müssen durch Zusatzaufga-ben eine sinnvolle Erweiterung erfahren.

● Bei Einsatz von Musik muss die Passung geklärt sein: Nicht immer unterstützt Musik den Lernprozess - sie kann auch massiv stören!

● Von besonderer Bedeutung für die Lern- undEntwicklungsförderung von Heranwachsen-den ist das Lob, insbesondere dann, wenn esin begründeter Form erteilt wird.

● Lernfördernd und das Unterrichtsklima ver-bessernd wirkt sich zusätzlich aus, wenn aufder Beziehungsebene eine dialoggeleitete, respektvolle Partnerschaftlichkeit zwischen Lehrkraft und Schülern, aber auch unter denSchülern selbst vorherrscht. Liebe Kollegin-nen und Kollegen, haben Sie keine Scheu, sich selbst als Lernender zu outen!

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Gegeneinander setzt miteinander voraus –Körperkontakt anbahnen, Kooperationsbereitschaft und Vertrauen entwickeln

Auf dem Weg zum Kämpfen –Mit Gleichgewicht und Körperspannung experimentieren

Basiserfahrungen zum „Zwei-Kämpfen“ – Hineinwachsenin die Rolle des Angreifers/Verteidigers mit Hilfe des „Stockkämpfens“

Kräfte messen: schieben, ziehen, widerstehen, ausweichen –das Spiel mit der Kraft

Vom unkontrollierten Stürzen zum sicheren Fallen

Kämpfen am Boden Kämpfen im Stand

Kämpfen um Gegenstände

Kämpfen um den Raum undKörperpositionen

Kämpfen um/gegen dieRückenlage - Bodenkampf

Partnerschaftliches Werfenund Fallen

Kämpfen um Gegenstände

Kämpfen um den Raum

Kultiviertes Kämpfen 21

Grundlagen von Ringen undKämpfen im Sportunterricht

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Gegeneinander setzt Mitein-ander voraus –Körperkontakt anbahnen,Kooperationsbereitschaftund Vertrauen entwickeln

Vorbemerkungen

Miteinander ringen und kämpfen bedeutet, denunmittelbaren Körperkontakt zum Partner zu suchen und zuzulassen. Körperliche Nähe wirdgewollt und kennzeichnet diesen Bewegungs-bereich. Das hautnahe Spüren des Kampfpartnersermöglicht sowohl wichtige Erfahrungen des Einzelnen über sich selbst als auch über denanderen. Dieses kann einerseits Vertrautheit entstehen lassen, andererseits aber auch etwasTrennendes bewirken, wenn verspürte Wider-stände oder Gegensätze gefühlsmäßig nicht ertragen werden können.

Körperliche Nähe berührt immer emotional. Zubedenken ist, dass sie unterschiedlich erlebt wird, da die Grenzen des Einzelnen je nach eige-ner Sozialisation individuell gezogen sind: was für den einen in der körperlichen Auseinander-setzung eine positive, durchaus sinnliche Erfah-rung sein kann, kann für den anderen bereits alseine Grenzüberschreitung erlebt und als Übergriffgewertet werden.

Spielformen zur Anbahnung von Körperkontaktleisten hierbei einen wichtigen Beitrag sich aufBerührungen einzulassen. So können Hemmun-gen leichter abgebaut und Grenzen verschobenund/oder neu definiert werden.

Miteinander gegeneinander kämpfen heißt immer auch gemeinsam handeln, denn verlangtwird ein ständiger Wechsel von Agieren undReagieren. Somit entsteht ein Dialog, der alspartnerschaftliches Miteinander in der Bewegungaber erst entstehen kann, wenn die Schülergelernt haben, einander wert zu schätzen, ver-antwortungsvoll miteinander umzugehen und zu vertrauen.

Kooperative Aufgaben bieten Schülern Gelegen-heit, soziale Formen des helfenden Miteinander

zu erfahren. Herausforderungen gemeinsam durchwechselseitiges Geben und Nehmen zu bewälti-gen, sowie zu erfahren und zu erkennen, dassohne dieses Zusammenspiel keine zufriedenstel-lende Aufgaben- oder Bewegungslösung zustandekommt, ist wünschenswertes Ziel aller kooperati-ven Spielformen. In der Gruppe persönlichesKönnen zu erleben stärkt das Selbstvertrauenund trägt dazu bei, die Fähigkeiten der Partnerbei der Lösung eines gemeinsamen Problems zuerfahren.

Vertrauensbildende Maßnahmen haben die Aufga-be, ein behutsames und achtsames Umgehen mitsich und den anderen anzubahnen. Dieses erfor-dert ein hohes Maß an Bereitschaft, sich auf andere einzustellen, sich einzulassen und vorallem sich auf diese zu verlassen.

Aufgaben, die das Führen und Geführt-werdenzum Inhalt haben, vermitteln diese Erfahrungenerst dann unmittelbar, wenn die visuelle Wahr-nehmung ausgeschlossen und damit die Abhängig-keit vom Partner spürbar wird.

Spielformen, die ein Sich-fallen-lassen und Auf-fangen in den Mittelpunkt stellen, erfordern einebesondere Sensibilität aller an der DurchführungBeteiligten. Sein Gleichgewicht aufzugeben undsich fallen zu lassen, aber auch die Übernahmeder Verantwortung, den Fallenden sicher aufzu-fangen, erfordern Mut und Überwindung. BeimKämpfen werden diese Erfahrungen vor allemdann bedeutsam, wenn es darum geht, Fallenund Werfen miteinander zu koppeln (sieheBaustein 7).

Akzeptanz von Körperkontakt, Bereitschaft zurKooperation und Vertrauen in Partner und Mitspieler sind Bestandteil sportlichen Handelnsin vielen Bewegungsbereichen. Somit gilt es, diese Fähigkeiten vom 1. Schuljahr an langfristiganzubahnen, zu entwickeln und zu festigen.

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Baustein 1

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Pädagogische Perspektiven

● Kooperieren, wettkämpfen, sichverständigen

● Wahrnehmungsfähigkeit verbessern –Bewegungserfahrungen erweitern

● Etwas wagen und verantworten

Ziele

● Achtsamkeit und Rücksichtnahme im direkten Körperkontakt entwickeln

● Berühren können und Berührung zulassen● Kooperative Verhaltensweisen anbahnen und

weiterentwickeln● Vertrauen aufbauen und Verantwortung

übernehmen („Verlass dich auf mich!“)● Helfendes Miteinander erfahren, Hilfen

annehmen und geben● Wahrnehmungen und Erfahrungen reflek-

tieren und sich darüber austauschen● .....

Themenvorschläge

● Körpernähe erleben!● Ich nehme die Kraft und das Gewicht meines

Mitspielers wahr und lerne damit umzugehen● Aufgaben lösen – allein oder gemeinsam● Mit dem mach ich nicht!● Auch im Miteinander kann es ein

Gegeneinander geben!● Was hat Vertrauen mit Kämpfen zu tun?

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BegrüßungAlle laufen zur Musik. Stoppt diese, werden vomSpielleiter die Körperteile benannt, die sich nun „begrüßen“, d.h. einander berühren sollen, z.B.Fuß zu Fuß. Dabei sollen die Spieler innerhalb einer kurzen Zeit so viele Füße wie möglich „be-grüßen“ – bis die Musik wieder einsetzt.

Sinnvoll ist, zuerst „ferne“ (Fuß zu Fuß, Po zu Po ...) und dann „nahe“ Körperteile (Ohr zu Ohr, Nase zu Nase, ...) auszurufen.

Spiele zur Anbahnung vonKörperkontaktStoffsammlung/Aufgaben

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Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 1

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Sandwichspiel(Abwandlung eines Atomspiels)Alle Schüler laufen kreuz und quer durch denRaum (nach Musik). Nun nennt der Spielleitereinen Begriff aus dem Fast Food, der von denSchülern möglichst schnell umgesetzt wird. Vor-her festgelegte Bezeichnungen werden folgen-dermaßen dargestellt:

Bezeichnungen und Darstellung von den Schülernverändern oder erweitern lassen.

PommesSchüler legen sich einzeln lang auf den BodenSandwich2 Schüler legen sich übereinanderHamburger3 Schüler legen sich übereinanderCheese Sandwich4 Schüler legen sich übereinanderBig Sandwich5 Schüler legen sich übereinander

Die Schüler müssen darauf hingewiesen werden,dass sich das Gewicht beim Übereinanderliegenverteilen muss.

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Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 1

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Eiszapfenist ein Fangspiel mit Erlösen. Je nach Größe derGruppe gibt es ein bis zwei Fänger. Abgeschla-gene Schüler erstarren auf der Stelle in der Be-wegung zu „Eiszapfen“. Sie können nur erlöstwerden, indem ein Mitspieler sie „auftaut“.Dieser kann folgendermaßen Wärme erzeugen:Mitspieler in den Arm nehmen und einen Momentfesthalten oder – wem dieser Kontakt zu eng ist– durch Warmrubbeln oder Warmklopfen.

OrgelpfeifenDie Spieler erhalten den Auftrag, sich mit ge-schlossenen Augen der Größe nach aufzustellen.Die Größenermittlung erfolgt durch gegenseitigesAbtasten der Spielpartner. Schätzen die Spielerdie Aufgabe als erfolgreich gelöst ein, dürfen siedie Augen öffnen. Bei großen Gruppen bietet essich an, die Gruppe zu teilen. Es ist hilfreich, wenn der Spielleiter festlegt, anwelchem Ende der/die Kleinste bzw. Größte ste-hen soll. Erschwert wird die Aufgabe, wenn kei-ner sprechen darf.

Wieviel Hände?Ein Spieler stellt sich in die Mitte einer Klein-gruppe und schließt die Augen. Die Mitspielerlegen nun ihre Hände (eine oder beide) auf denKörper des Blinden. Dieser soll nun die Anzahlder Hände, die ihn berühren, erspüren. Variante: die Körperstellen, an denen er berührtwird, benennen. Vor Spielbeginn sollten Tabuzonen festgelegtwerden. Außerdem muss im Gespräch deutlichwerden, dass ein Erspüren nur in einer ruhigenund konzentrierten Atmosphäre möglich ist, sodass nicht gesprochen werden sollte.

Vampirtanzist ein sehr lautes, freudvolles Spiel. Alle Schülerbewegen sich mit geschlossenen Augen in einembegrenzten Raum, die Arme sind nach vorn ge-streckt. Unter ihnen ist ein Vampir, der heimlichvom Spielleiter bestimmt wurde. Trifft man nunauf einen Mitspieler, werden die Hände aneinan-der gelegt. Geschieht nichts, wendet man sich abund wandert weiter. Erwischt man jedoch denVampir, stößt dieser beim Handkontakt einenmörderischen Schrei aus. Durch diese Berührungwird man nun selbst zum Vampir und „infiziert“von da an – beim Weitergehen – ebenfalls alleNicht-Vampire. Erst wenn man auf einen weite-ren Vampir trifft, ist man erlöst. Bis man aufden nächsten Vampir trifft ...Dieses Endlosspiel wird vom Spielleiter beendet.Der Spielleiter achtet darauf, dass die Schülernicht gegen Wände laufen oder das Spielfeld ver-lassen.

Alle auf eine InselAneinandergelegte Matten bilden eine Insel.Gruppe A befindet sich auf der Insel, Gruppe Bversucht auf ein Zeichen hin die Insel zu ero-bern. Das Spiel ist beendet, wenn alle Spieler derGruppe A von der Insel verdrängt sind. Ein vonder Insel Vertriebener darf nicht mehr in das Spiel eingreifen (vgl. Baustein 7).Auf Fixierung der Matten achten! KeineWeichbodenmatten verwenden, wenn das Spielim Stand erfolgt.

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Baustein 1

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HochwasserUnterschiedliche Materialien (Kleine Kästen,Langbänke, Kastenoberteile) werden in der Halleverteilt. Die Schüler laufen durch die Halle undmüssen sich auf ein Kommando hin auf dieseRettungsinseln vor dem Hochwasser retten.Selbstverständlich müssen sich die Schüler beiHochwasser gegenseitig helfen, um zu überleben.Die Rettungsinseln können immer weiter abge-baut werden und die Anzahl der Schüler auf denRettungsinseln kann vorgeben werden.

EierlegenDrei bis vier Schüler bilden einen engen Außen-stirnkreis und klemmen mit ihren Rücken einenMedizinball zwischen sich ein. Nun muss dieGruppe das „Ei“ ohne Zuhilfenahme der Händezu einem entfernten „Eierkorb“ (umgedrehterkleiner Kasten) transportieren und ablegen.

Familie XYAlle Schüler ziehen verdeckt einen Familien-namen. Nun laufen sie und müssen auf ein Kom-mando hin alle Mitglieder der Familie finden(Vater, Mutter, Tochter, Sohn, Baby, Hund, ...),um sich anschließend in einer bestimmtenReihenfolge auf einen kleinen Kasten zu setzen.Die Karten können selbstverständlich auch beimLaufen gewechselt werden.

WinterschlussverkaufZwei Gruppen sitzen auf zwei Linien in ca. 6mAbstand gegenüber. Nun müssen beide Gruppenversuchen durch ein Tor in der Mitte auf die an-dere Seite zu gelangen. Die Torbreite wird im wei-teren Verlauf des Spiels nach und nach verengt.

Luft rausSpielbeschreibung, siehe Baustein 5, Seite 72.

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Doppel-BeinkegelnZwei nebeneinander stehende Schüler haben diebenachbarten/inneren Beine zusammengebun-den. Mit diesem Doppelbein sollen sie versuchen,vor ihnen stehende Kegel mit einem Ball umzu-schießen.

Gordischer KnotenDie in einem dicht gedrängten Kreis stehendenSchüler strecken ihre Hände in die Mitte (ggf.blind) und ergreifen zwei Hände, die zwei ver-schiedenen Personen und nicht den Nachbarngehören dürfen. So entsteht ein menschlicherKnoten. Nun versuchen sie, den Knoten zu ent-wirren, ohne die Hände zu lösen. Es können soein großer oder aber einzelne kleinere Kreiseentstehen, die manchmal ineinander verschlun-gen sind.

GruppenaufstandDiese Kooperationsübung zweier Partner, dieRücken an Rücken und mit den Armen einge-hakt versuchen, aus dem Sitz in den Stand zukommen, ist allgemein bekannt. Wer kann diesaber zu dritt, viert oder mit einer größerenGruppe? Der Gruppenaufstand ist auch als Wett-spiel möglich, gesucht wird dann die zahlen-mäßig größte Gruppe.

PlatzwechselEine Gruppe von zehn bis vierzehn Schülern wird in zwei Hälften geteilt, die sich auf einerLangbank rechts und links der Mitte aufstellen.Die beiden Gruppen sollen jetzt die Plätze unter-einander tauschen, ohne die Bank zu verlassen.Wer ganz rechts außen steht, der muss nachganz links außen, der 2. von links tauscht mitdem 2. von rechts den Platz usw. Wer beginntund wieviel Mitspieler gleichzeitig agieren, ent-scheidet die Gruppe. Fällt jemand von der Bank,muss die gesamte Gruppe ihre Ausgangspositioneinnehmen und neu starten (vgl. auch „Fluss-überquerung“, S.30).

Spiele zur Stärkung koope-rativen VerhaltensStoffsammlung/Aufgaben

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Baustein 1

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2 Füße, 3 HändeJe nach Gruppengröße wird den Schülern dieAufgabe gestellt, gemeinsam eine Figur zu bil-den, die nur mit einer vorgegebenen Anzahl vonKörperteilen den Boden berühren darf.

VarianteJedrei Schüler bilden eine Gruppe. Diese mussnun eine festgelegte Strecke unter der Vorgabedes erlaubten Bodenkontaktes (s.o.) zurückle-gen. Wie die Gruppe diese Aufgabe löst, bleibtihr überlassen.

Wichtig ist die Aufgabe so zu stellen, dass kreati-ve Lösungen aufgrund einer geringen Anzahl von Bodenkontakten gefordert, aber auch möglichsind.

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Baustein 1

FlussüberquerungZwei Langbänke werden an den Schmalseiten an-einandergestellt. Jede Gruppe stellt sich gleich-mäßig verteilt hinter ein Ende der Bänke. Aufein Startzeichen hin versuchen nun beide Grup-pen, den Fluss über die Brücke zu überqueren.Wer schafft es, trockenen Fußes auf die andereSeite zu gelangen?

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SitzkreisAlle Schüler stehen dicht hintereinander imKreis, einheitlich zeigt eine Schulter zumKreismittelpunkt. Sie fassen um die Hüfte desVordermannes. Auf ein Startsignal hin setzensich alle Mitspieler auf die Knie ihres Hinter-mannes.

Diese wacklige Formation muss auch gemeinsamwieder aufgelöst werden.

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Baustein 1

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Alle vertrauensbildenden Spielformen solltengrundsätzlich begleitet werden von Reflexionen,die die Beteiligten für ihre eigenen Wahrneh-mungen und Gefühle und die ihrer Partner sensibilisieren:- Habe ich mich sicher gefühlt, habe ich meinem

Partner/der Gruppe vertraut, mich auf sie ver-lassen?

- Habe ich mich in die Situation/die Gefühle/dieÄngste meines Partners hineindenken können?

- .....

Sehende führen Blinde● durch Berühren

- mit Handfassung- nur mit einer Fingerspitze

● durch akustische Signale- Glocke, Rassel, vereinbarte Laute

● durch einen Raum● über einen Geräteparcours● draußen im Gelände● auf verschiedenen Untergründen● barfuß über einen Fühlpfad● .....Partner frei wählen lassen!

Kleines Pendel Zwei Schüler stehen einander in Schrittstellunggegenüber. Zwischen ihnen befindet sich einweiterer Schüler, der sich – mit zunehmenderSicherheit und wachsendem Vertrauen auch mit geschlossenen Augen – nach vorne und hin-ten fallen lässt (Körperspannung!). Er wird von den Mitspielern mit nach vorn gestrecktenArmen leicht abgefangen und wieder sanft weggeschoben.Zu Beginn dieser Übung die Hände auflegen undreaktionsbereit stehen!Geschlossene Augen und Stille intensivieren dasErleben dieser Bewegung.Zu thematisieren ist hier ggf. der verantwortungs-bewusste Umgang mit dem fallenden Mitschüler.

Großes PendelDie gleiche Übung findet im Kreis statt und istfür die Auffangenden wesentlich schwieriger. Hierfür müssen sich die Schüler (sechs bis zehn)in einem engen Kreis – Schulter an Schulter/-Schrittstellung – aufstellen. In der Mitte stehtdie Person, die sich fallen lässt Das kleine Pendel sollte vorbereitend erarbeitetworden sein.

SeiltanzDie Teilnehmer stehen einander in zwei Reihengegenüber. Ein Seiltänzer balanciert nun aufeinem imaginären Drahtseil zwischen den Reihenhindurch. Dabei kann er jeden Moment stürzen,d.h. sich in jede beliebige Richtung fallen lassen.Je nach Spiellaune und Vertrauen des Seiltänzersgibt es viele oder wenige Stürze, bis das Endeder Gasse erreicht ist. Die Gruppe muss ständigbereit sein einen Sturz aufzufangen: Hände vorder Brust, Handflächen nach vorne, Beine in Schrittstellung, Knie leicht angewinkelt. JederSturz wird so sanft aufgefangen und der Seil-tänzer wieder in die aufrechte Position zurückge-bracht.

SpinnennetzDie Schüler bilden einen Innenstirnkreis. JederSchüler umschlingt ein Seil/Judogürtel in derKreismitte umeinander und hält beide Enden seines Seils. Nun setzt sich ein Spieler auf dieses„Spinnennetz“, wird von den Mitspielern lang-sam hochgehoben und sanft geschaukelt.

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Spiele und Aufgaben zurEntwicklung von VertrauenStoffsammlung/Aufgaben

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GassenlaufDie Mitspieler stellen sich in einer Gasse mit ca.2-5 m Abstand voneinander auf. Ein Teilnehmersteht am Anfang der Gasse, schließt die Augenund läuft so schnell, wie er sich traut, durch siehindurch. Das vorletzte Paar ruft laut und deut-lich stopp, sobald der Läufer es erreicht hat.Durch Geräusche können die Mitspieler Orientie-rungshilfen geben.Ausreichender Sicherheitsabstand zur Wand. AmEnde der Gasse - Abstand zum Abstoppen ein-planen - Sicherung durch einen Mitspieler imAuslauf, der ggf. den Läufer stoppt.

VertrauensfallDie Teilnehmer stellen sich in zwei Reihen Schul-ter an Schulter einander gegenüber auf. Immerabwechselnd (Reißverschluss) halten sie ihre ge-streckten Arme mit den Handflächen nach obenin die Gasse, so dass der Gegenüber beinahe be-rührt wird. Wichtig ist ein stabiler Stand mitleicht angewinkelten Knien. Der Mitspieler, dersich von einem Podest (z.B. großer Kasten) ausca. Schulterhöhe der Fänger in die Gasse fallenlassen will, streckt die Arme über den Kopf, bautmaximale Körperspannung auf (die er bis zurLandung aufrecht erhält) und lässt sich vorwärtsfallen. Erst wenn die Fänger laut mitgeteilt haben, dasssie bereit sind und der Fallende „Ich falle“ gesagthat, kann er den Fall starten.Eine stabile, unverrückbare Absprungplattformwählen.

Tipp:Ein Mitspieler legt sich in Rückenlage auf denBoden in der Gasse und erlebt so intensiv, wieder Fallende auf ihn zu kippt.

Mehr Mut braucht der Fall rückwärts. Er ist auchschwieriger für die Fänger, da die Körperspan-nung beim Rückwärtsfall häufig nicht bis zurLandung des ganzen Körpers aufrecht erhalten

wird, die Hüfte einknickt und das Gewicht desFallenden an dieser Stelle verstärkt aufgefangenwerden muss.

Ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen setztfolgende Variante voraus: Die Fänger lassen die Arme zunächst hängen und heben sie erst dann blitzschnell, wenn derFallende beginnt, nach vorne zu kippen.

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Baustein 1

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Vorbemerkungen

Bekanntlich wirkt sich länger andauernde extre-me An- und Entspannung (Verspannung/Schlaff-heit) sowie mangelnde Gleichgewichtsfähigkeitnegativ auf die Qualität sportlicher Bewegungenaus. Dies gilt insbesondere beim Ringen undKämpfen. Zwei-Kämpfen bedeutet immer auchein mehr oder weniger ernstes Spiel mit demGleichgewicht. Deshalb gilt es, die Schüler zubefähigen, die der jeweiligen Situation angemes-sene psycho-physische Spannung zu finden, fle-xibel mit ihr umzugehen und die Gleichgewichts-fähigkeit in Verbindung mit Geschicklichkeit zuverbessern.

So werden im ersten Teil spezielle Spiel- undÜbungsformen zur Schulung der angemessenenKörperspannung vorgestellt, die zudem die Ver-trauensbildung und das Verantwortungsgefühlfördern (siehe auch Baustein 1).

Der zweite Teil beinhaltet spielerische Zweikampf-übungen zur Gleichgewichtsschulung, bei denenes weniger um den Einsatz körperlicher Kraft alsviel mehr um Geschicklichkeit (Ausweichen/Nachgeben/Ausnutzen der gegnerischen Kraft)und Reaktionsschnelligkeit geht. Diese erstenZweikämpfe sind in der Regel schnell entschie-den und bieten von daher die Chance, vielfältigeErfahrungen mit unterschiedlichen Partnern zusammeln. So werden Zusammenhänge von Aktionund Reaktion kennen gelernt und die Fähigkeitentwickelt, wachsam und flexibel auf Angriffe zureagieren und als Angreifer gegnerische Kräfte zunutzen. Schließlich wird dabei auch die eigeneKörperwahrnehmung verbessert.

In Teil drei werden ausgewählte Übungen zurEntspannung vorgestellt, die den Schüler fürunterschiedliche Spannungszustände in seinemKörper sensibilisieren sollen. Eine Reflexion des Erlebten ist wünschenswert.

Pädagogische Perspektiven

● Wahrnehmungsfähigkeit verbessern -Bewegungserfahrungen erweitern

● Kooperieren, wettkämpfen und sich ver-ständigen

● Etwas wagen und verantworten

Ziele

● Unterschiedliche Spannungszustände erlebenund lernen, diese situationsabhängig abzurufen

● Die Wahrnehmungsfähigkeit verbessern und Körperbewusstsein ausbilden

● Die Gleichgewichtsfähigkeit durch vielfälti-ges Zwei-Kämpfen verbessern

● Die Fähigkeit entwickeln, gegnerische Angriffsimpulse energieökonomisch für eigene Aktionen zu nutzen

● .....

Themenvorschläge

● Erleben und Erfahren unterschiedlicher Körperspannungszustände

● Wer sich anspannt, muss auch entspannen können

● Ich traue mich mein Gleichgewicht aufzugeben

● Was hat Gleichgewicht mit gleichem Gewichtzu tun? - Grundlegende Erfahrungen in Zweikampfsituationen

● Was heißt „Siegen durch Nachgeben“ ?

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Auf dem Weg zum Kämpfen– Mit Gleichgewicht undKörperspannung experimen-tieren

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FliegerEin Partner legt sich auf den Rücken und hebtdie Beine. Der andere stellt sich dicht an denLiegenden. Der Liegende setzt seine Füße mitden Zehen nach außen gegen die Hüfte desStehenden, der sich dann nach vorne beugt,damit sich beide erst an den Schultern, späteran den Händen fassen können. Die Arme desUnteren sind gestreckt. Er streckt die Beine undhebt somit seinen Partner hoch, der seine Beinenach hinten in die Horizontale führt.

Es muss eine Matte untergelegt werden. EineHilfestellung kann neben dem Unteren stehen.

Der Körper des Fliegers bleibt die ganze Zeitgestreckt und unter Spannung!

Es erfordert Mut und Überwindung sowie Ver-trauen zum Partner, sein Gleichgewicht freiwilligaufzugeben bzw. sich vom Anderen in die Luftheben zu lassen. Die Partner müssen sich ihrerVerantwortung bewusst sein und entsprechendaufmerksam handeln.

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Baustein 2

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Spiel- und Übungsformenzur Schulung derKörperspannungStoffsammlung/Aufgaben

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Baumstamm antippenEin Schüler liegt auf der Seite und hat Arme undBeine gestreckt und angehoben. Ein zweiterSchüler tippt den Liegenden mit einem Fingerbzw. der Hand an, um ihn zu bewegen. Der Lie-gende versucht in der Ausgangslage zu bleiben.

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Baustein 2

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JurteDie Schüler stellen sich mit Handfassung ineinem Kreis auf. Reihum wird nun 1,2,1,2,1 ...abgezählt. Die Füße stehen nebeneinander hüft-breit auf dem Boden, für einen festen Halt bietetsich der Unterarmgriff an. Auf ein Zeichen hinlehnen sich alle „Einser“ mit gestrecktem Körpernach vorne, alle „Zweier“ nach hinten bis dieArme gestreckt sind (Körperspannung!). Ist derKreis ausbalanciert, wird beim nächsten Zeichengewechselt: die „Zweier“ lehnen sich vorsichtignach hinten, die „Einser“ nach vorne.

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Baustein 2

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Baustein 2

Brett anhebenEin Partner legt sich in Rückenlage auf den Bo-den und spannt den Körper an. Der andere hebtihn etwa 50cm an den Füßen hoch. Der Angeho-bene muss die Körperspannung beibehalten.Auf rückenfreundliches dosiertes Heben achten!

Pendel(Spielbeschreibung, siehe Baustein 1, S.32).

Toter MannEin Schüler legt sich auf den Boden und spanntden Körper an. Er wird von sechs bis siebenSchülern vom Boden aufgehoben und über Kopfhoch gehalten.VariationDer „tote Mann“ kann auch durch die Halle ge-tragen werden oder vorsichtig um die Horizon-tale oder Vertikale gedreht werden. Den „toten Mann“ auf ein Kommando hin gleich-zeitig anheben!

RiesenraupeDie Schüler liegen so dicht wie möglich mit nachoben gestreckten Armen nebeneinander auf demBauch. Füße und Köpfe zeigen jeweils in diegleiche Richtung. Der erste legt sich nun auf sei-nen Nebenmann (gleiche Ausrichtung), rollt sichmit vorgestreckten Armen über die gesamte Mit-spielerreihe hinweg und schließt sich dem letz-ten Schüler an. Der nächste Spieler startet je-weils kurz nach dem Start seines Vorgängers mitdem Hinüberrollen.Es gilt beim Rollen nicht auf den Boden bzw. dieMatte zu gelangen.

BaumstammtransportDie Lage der Schüler ist wie bei der Riesenraupe(ca. acht Personen). Ein Spieler legt sich nun imrechten Winkel zu den anderen auf die Gruppe(Körperspannung) und wird nun von den liegen-den Schülern über sie hinweg transportiert, in-dem sich alle gleichzeitig um die Längsachse indie gleiche Richtung rollen. Es empfiehlt sich Mattenbahnen zu benutzen.

Bäume verpflanzenMannschaft A verteilt sich in der Halle und stehtsteif wie ein Baum da. Mannschaft B muss ver-suchen, die Bäume in möglichst kurzer Zeit aneinen vorher bestimmten Ort zu verpflanzen. Auf rückenschonendes Heben achten.

SanitäterspielFangspiel, bei dem Abgeschlagene als „Verletzte“auf dem Boden (Rückenlage) liegen bleiben. ZweiSanitäter können den Verletzten ins „Kranken-haus“ (z.B. Weichbodenmatte) transportieren,indem sie ihn an Armen und Beinen fassen undtragen (Körperspannung des „Verletzten“). Vondort aus können die „Patienten“ als geheilt ent-lassen werden und wieder mitspielen. Beim „Transport“ darf der Verletzte nicht amBoden entlang gezogen werden.

MonumentSpielbeschreibung, siehe Baustein 5, Seite 73.

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Stabiler StandEin Schüler steht mit leicht gebeugten Knienund geschlossenen Augen so stabil und unver-rückbar wie möglich. Ein zweiter Schüler ver-sucht nun durch Auflegen einer Hand und sanf-ten Druck diesen aus dem Gleichgewicht zu brin-gen. Der stehende Schüler soll sich nicht ausdem Gleichgewicht bringen lassen und unver-rückbar stehen.

Stoßende HändeZwei Partner stehen einander im Ausfallschrittgegenüber. Die Innenseiten ihrer linken Füße berühren sich. Die Partner halten die rechtenHandinnenflächen gegeneinander und versuchen, das Drücken und Nachgeben des Partners zuerfühlen und darauf zu reagieren.

GleichgewichtstanzDie Partner stehen sich auf einem Bein gegenü-ber und haben sich an den Händen gefasst. Durch Zug- und Druckbewegungen mit denArmen, unterstützt durch Sprünge in alle Rich-tungen, versuchen sie den anderen auf beideFüße zu zwingen (siehe auch Handflächenkampf,S.40).

Kampf um das FischernetzDie Partner stehen sich auf zwei umgedrehtenLangbänken gegenüber (Abstand ca. 1,5m) und halten ein Fischernetz (zusammengeknotetesSeil) in der Hand. Beide versuchen das Netz zu sich zu ziehen. Wer bleibt am längsten auf derBank und hält das Seil?Die Gasse zwischen den beiden Bänken kanndurch Matten ausgekleidet werden.Bänke gegen Umkippen sichern. Das Seil darf die Hand nicht umwickeln.

FallobstDie Partner stehen sich auf einem Kleinkasten(Bank) gegenüber und halten einen Medizinball vor den Bauch. Beide versuchen den anderen mit

Hilfe des Medizinballes vom Kasten zu stoßen.Auf zwei umgedrehten Langbänken können dreiPaare gleichzeitig kämpfen.

BärenringenZwei Schüler versuchen sich im Stand gegensei-tig vom Boden abzuheben, indem sie den Partneran der Hüfte umfassen und hochheben. Bei dieser Übungsform können, die für Zwei-kampfsportarten typischen Situationen (Verhal-ten des Angreifers/Verteidigers; Wie gelingt es,nicht ausgehoben zu werden?) besonders gutthematisiert werden.

HockstandkampfZwei Schüler befinden sich im Hockstand gegen-über und versuchen sich durch gegenseitigesStossen und Täuschen aus dem Gleichgewicht zubringen. Das Spiel wird noch dynamischer, wennbeide Schüler in der Hocke hüpfen müssen. Beim Fallen nicht mit Händen und Ellbogenabstützen (siehe Baustein 5).

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Baustein 2

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Zweikampfspiele zurSchulung der Gleichge-wichtsfähigkeitStoffsammlung/Aufgaben

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Baustein 2

HandflächenkampfDie Partner stehen einander gegenüber undlegen die Handflächen aneinander. DurchSchieben und Drücken sowie durch geschicktesFühren der Hände versuchen sich beide gegensei-tig aus dem Gleichgewicht zu bringen. DerHandkontakt darf nicht verloren gehen.

Varianten- die Handflächen kurzzeitig voneinander

lösen- auf einem Bein stehend- im Sohlenhockstand- eine Hand auf dem Rücken

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SohlenkampfDie Partner sitzen einander im Schwebesitzgegenüber und legen die Fußsohlen aneinander.Die Arme können vor der Brust verschränkt sein.Durch kräftiges Strecken der Beine wird ver-sucht, den anderen zum Abrollen in die Rücken-lage zu zwingen.

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Baustein 2

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Baustein 2

Schritt über die GrenzeBeide Schüler versuchen, den anderen zu einemSchritt bzw. Sprung über eine Linie zu zwingen.Die Handfassung kann variiert werden.

Die Hände dürfen nicht gelöst werden, es emp-fiehlt sich im Unterarmgriff zu fassen.

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HahnenkampfDie Partner stehen sich auf einem Bein gegenü-ber und haben die Arme vor dem Körper ver-schränkt. Auf einem Bein hüpfend versuchenbeide den Partner so „anzurempeln“, dass er eine begrenzte Fläche verlässt oder mit beidenFüßen den Boden berührt.

Kopf stets aufrecht halten!Die Arme dürfen nicht angehoben werden.

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Baustein 2

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Baustein 2

LinienkampfZwei Partner stehen einander auf einer Liniegegenüber. Dabei sollte die Ferse des vorderen Fußes die Spitze des hinteren berühren. Die bei-den geben sich die Hand und versuchen denanderen dazu zu zwingen, die Linie mit einemFuß zu verlassen.

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Kampf auf dem BalkenZwei Partner stehen sich auf einer umgedrehtenLangbank gegenüber und versuchen sich gegen-seitig durch Ziehen so aus dem Gleichgewicht zu bringen, dass der andere von der Langbanksteigt.

Variationen- versuchen, den Partner ohne vorgeschriebenen

Kontakt vom Balken zu schubsen- versuchen, den Partner mit Hilfe von weichen

Gegenständen (Kissen, Schaumgummiknüppel) vom Balken zu „schlagen“ (siehe Bild).

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Baustein 2

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Baustein 2

Eidechsenkampf

In Liegestützposition versuchen beide Partner,das Gleichgewicht des anderen durch Fassen undZug am Handgelenk zu brechen und so denanderen in die Bauchlage zu befördern. DerKörper bleibt gestreckt und die Füße möglichstgeschlossen.

Als Vorbereitung kann auch vorgegeben werden,dass nur der Handrücken des Partners durchTippen berührt wird (siehe Bild).

Schlagen ist verboten! Beim Fassen und Ziehendarf nur von innen nach außen gezogen werden. Eine kleine Matte kann untergelegt werden.

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Reiter abwerfenEin Partner befindet sich in der Bankstellung.Der andere sitzt auf dem Rücken des Partnersund hat die Füße hinter dessen Oberschenkelnverschränkt. Der Untere versucht nun, seinenReiter durch schnellkräftiges Strecken der Beineund kreisende Bewegungen abzuwerfen. DerReiter versucht dies zu verhindern und dasGleichgewicht zu halten ohne sich festzuhalten.

Die Hände dürfen den Boden nicht verlassen.

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Baustein 2

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Entspannungsschaukel1.Teil SchwebenZwei Reihen von Schülern – mindestens vier jeReihe – knien einander gegenüber und gebensich die Hände. Ein weiterer Spieler legt sich nunrücklings auf die Hände (in die Schaukel) undschließt die Augen. Die anderen erheben sichgleichmäßig und schaukeln den Ruhenden sanfthin und her.

Wenn nicht gesprochen wird, kann derGeschaukelte das Spiel intensiver erleben.

2. Teil ErdungNach ca. 1/2 Minute wird der Geschaukelte wie-der sanft zu Boden gelassen. Dann legen ihmalle Gruppenmitglieder eine Hand auf die Arme,Beine und Schultern und drücken relativ fest, so dass die Kraft deutlich zu spüren, aber nichtschmerzhaft ist. Der Geschaukelte wird so für ca. 1 Minute „geerdet“. Auf ein nonverbales Zei-chen hin lassen alle gleichzeitig los. Wenn derLiegende dies für ihn ausreichend nachgespürthat, öffnet er die Augen und macht Platz füreinen Nachfolger.

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EntspannungsübungenStoffsammlung/Aufgaben

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PizzabackenEin Schüler legt sich auf den Bauch. Sein Rückenstellt nun den Pizzateig dar. Zuerst wird der Teigkräftig durchgeknetet, dann wird er ausgerollt(ausgedrückt), mit Tomatensauce bestrichen undes wird der Belag (Salami, Paprika, Käsekrümel,Kräuter) aufgetragen. Je nach Fantasie desSpielleiters oder der „backenden“ Schüler wirddas Pizzabacken bzw. das Belegen mit Hand-flächen und Fingerspitzendruck imitiert. Nachdem Belegen wird die Pizza in den Ofen gescho-ben. Dafür beugt/legt sich der Pizzabäcker soüber seinen Partner, dass sein Oberkörper dessenRücken berührt und wärmt. Dabei soll keingroßer Druck entstehen (sonst kann die Pizzanicht aufgehen). Nach ca. 1 Minute wird dieBerührung gelöst und die Pizza ist fertig.Der Bereich der Wirbelsäule ist tabu!

WettermassageDiese Massage kann entweder als Partnermassageoder in Kleingruppen durchgeführt werden. EinSchüler legt sich ganz entspannt auf den Bauch.Sein Partner oder die Kleingruppe betätigt sichnun als Wettermacher: Es wird vom Lehrer odervon einzelnen Schülern entweder für die gesam-te Gruppe oder als Gruppenarbeit eine Wetterge-schichte erzählt, die je nach Fantasie des Erzäh-lenden folgende Elemente enthält:

- Sonnenschein:Die Hände werden flach auf den Körper gelegt und bleiben dort eine kurze Zeit liegen.

- Wolken verdecken die Sonne:Die Hände werden behutsam herunter-genommen.

- Nieselregen:Die Fingerspitzen spielen auf dem Körper wie auf einem Klavier.

- Dicke Regentropfen:Zeige- und Mittelfinger „platschen“ zusammen auf den Körper.

- Landregen:Die Geschwindigkeit des „Platschens“ wird erhöht.

- Platzregen:Mit der ganzen Hand wird auf den Körper geklopft.

- Wind:Die Finger streifen auf dem Körper entlang, z.B. vom Kopf in Richtung Füße.

- Sturm:der Körper wird leicht hin und her geschaukelt.

Die Geschichte mit ruhigen Bewegungen oderWärme (Sonnenschein) ausklingen lassen.

AutowaschanlageDie Schüler knien paarweise in Gassenform ge-genüber. Sie bilden die Autowaschanlage, durchdie sich ein Schüler auf allen Vieren langsamvorwärtsbewegt. Während die ersten Schüler das„Auto“ mit Wasser einsprühen (Fingerspitzentrommeln), seifen es die nächsten ein (streichen,massieren mit den Handflächen), dann wirdgespült (sanftes Wischen mit den Handflächen)und schließlich getrocknet (Wischen mit denFingerspitzen). Am Ende der Waschstraße schließtsich der Schüler jeweils so an, dass die Waschan-lage am Band genutzt werden kann und jedereinmal „gewaschen“ wird.

Schwingende HandtücherEin Partner liegt auf dem Rücken, schließt dieAugen und versucht seine Muskeln zu entspan-nen. Der andere legt ein Handtuch unter dessenArme, Beine oder dessen Kopf, hebt es leicht anund schwingt es. Der Liegende lässt die betref-fenden Körperteile locker passiv mitschwingen. Auf rückenfreundliches Heben der Handtücherachten.

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Baustein 2

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Vorbemerkungen

Die folgenden Bewegungsformen (fast ausschließ-lich in Verbindung mit dem Gymnastikstab, zumTeil auch mit Zeitungsrollen) dienen dazu, aufspielerische Art und Weise allgemeine Grunderfah-rungen im Bewegungsfeld „Kämpfen“, d.h. in derkörpernahen Auseinandersetzung, zu sammeln.Das Stockkämpfen bietet - vor allem den gegen-über Körperkontakten eher zurückhaltenden Schü-lern - den Vorteil, dass im Prozess des Kräfteaus-tausches und -messens immer noch eine gewisseKörperdistanz gegeben ist. Physische Vorteile undkörperliche Differenzen der Partner (oder inner-halb einer Gruppe) spielen im Regelfall bei denvorgeschlagenen Übungsformen keine Rolle. Eswerden viele Sinne gleichzeitig aktiviert undsowohl im Wahrnehmungsbereich als auch im ko-ordinativen Sektor zahlreiche bedeutsame Erfahr-ungen gemacht.

Regelmäßiger Austausch im Rahmen von Gesprächs-phasen helfen den Schülern, das Erlebte zu verar-beiten, zu reflektieren und als Erfahrungswert ein-zuverleiben.

Dieser sprachliche Dialog dient neben dem Bewe-gungsdialog auch dazu, die emotionale Seite, diebeim Kämpfen immer stark beteiligt ist, bewusstzu machen, zu überdenken und letztlich einerinneren Kontrolle zu unterstellen. EmotionaleSelbstdisziplin ist nämlich auf dem Weg zu einemerwünschten kultivierten Kämpfen neben demkonsequenten Einhalten von Absprachen undRegeln im motorischen Bereich von besondererBedeutung.

Aus entwicklungspsychologischer Sicht ist der Um-gang mit kalkulierbaren Wagnissituationen undRisiken für Kinder und Jugendliche unabdingbar.Stockkämpfen eignet sich hier in besonderer Weise,um Schüler anzuleiten, kompetent und sicher-heitsbewusst in ungewöhnlichen, zum Teil riskan-

ten Situationen zu bestehen. Dabei ist die Wahr-scheinlichkeit, sich beim regeldefinierten Stock-kämpfen zu verletzen, höchst unwahrscheinlich,da die Konzentration in der Ausführung vonSchlag-, Block- und Ausweichbewegungen hoch istund die technischen Anforderungen dabei relativgering sind. Bekanntlich ist beim Erwerb vonSportarten bzw. Bewegungsfertigkeiten, die einoffensichtliches Risiko beinhalten, kaum mit Ver-letzungen zu rechnen.

Damit die Schüler konzentriert und regelgerechtmit den Stäben umgehen können, müssen Lehr-kräfte für günstige situative Bedingungen sorgen.Dazu gehören beispielsweise das Schaffen einesungestörten Lernklimas, das Verbieten vonStechbewegungen (wie beim Fechten üblich), dasKennzeichnen von Sicherheitsbereichen an denStäben durch eine deutlich sichtbare Klebeband-markierung im Griffbereich, das Aussortierendefekter Stäbe und das Schaffen ausreichenddimensionierter Übungsräume.

Pädagogische Perspektiven

● Wahrnehmungsfähigkeit verbessern - Bewegungserfahrungen erweitern

● Kooperieren, wettkämpfen und sichverständigen

● Etwas wagen und verantworten

Ziele

● Den eigenen Körper in seiner Wahrnehmungs-fähigkeit und Wirksamkeit erleben undreflektieren

● Im intensiven kämpferischen Auseinander-setzen mit anderen sich selbst erfahren

● Den anderen in seinem spezifischen Anderssein wahrnehmen und akzeptieren

● Sich ganz auf eine „Sache“ (Partner, Stab, Aufgabe) einlassen und konzentrieren

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Basiserfahrungen zum „Zwei-Kämpfen“ –Hineinwachsen in die Rolledes Angreifers/Verteidigersmit Hilfe des„Stockkämpfens“

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● Die Achtsamkeit (Sensibilität) gegenüber demeigenen Körper und den von anderen erhöhen

● Bewegungsformen mit anderen abstimmen und synchronisieren

● Sich mit anderen messen, ohne sie innerlich und äußerlich zu verletzen

● Stockkämpfen als Form des Bewegungsdialogserfahren

● Das rechte Maß des Krafteinsatzes finden (Energieökonomie)

● Riskante Situationen erkennen, einschätzen und angemessen bewältigen

● Eigene Überforderungen und Ängste erkennen,akzeptieren und äußern

● .....

Themenvorschläge

● Nicht nur meine Augen nehmen wahr! - Die eigene Wahrnehmung erweitern undsensibilisieren

● Stark werden durch Nachgeben● Stockkämpfen als Bewegungsdialog -

Wir verstehen uns immer besser● „Was Du nicht willst, das man Dir tut ...“● Ruhe ertragen und sich auf eine Sache kon-

zentrieren● Bewegungen allein und mit anderen gestalten● Die eigenen Kräfte entdecken und

sensibilisieren● Was ist Kämpfen? Was ist beim Stockkämpfen

der Kampf?● Selbstvertrauen gewinnen durch Wagnissitua-

tionen beim Stockkämpfen● Sicherheitskompetenz durch Stockkampf

ausbilden

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Baustein 3

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Die folgenden Bewegungsformen können in jedebeliebige Sportstunde eingebaut werden, wobei sich manche Schüler zum „Schlagen“ überwindenmüssen. Die Auswahl der Übungen muss sich nachdem motorischen Entwicklungsstand der Kinderrichten und ist abhängig vom Sozialklima in derKlasse.

Gewöhnung ans Gerät● vielfältige Geschicklichkeitsübungen mit dem

Gymnastikstab in Einzel-, Partner- und Gruppenform

● Schläge mit dem Stab (entweder flach mit derganzen Stablänge oder nur mit der Stabspitze)in unterschiedlicher Intensität auf eine Mattenunterlage (u.U. im Rhythmus zu einer entsprechenden Musik). Aufgabe: Hören, sehen, fühlen!

● Einhändige, lockere „sensible“ Fassart am Ende des Stabes, der nach oben oder unten gerichtet ist. Die freie Hand übt kurze, unter-schiedlich starke Kraftimpulse auf den Stab aus.

● Fechtkampf mit gerollten Zeitungen

Die Zeitungen können mit Tapezierband fixiertwerden, so dass sie sich nicht auflösen.

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StockkämpfenStoffsammlung/Aufgaben

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BeobachtungsaufgabeWelchen Weg nimmt der Stab?

Der Gymnastikstab wird an einem Ende mit beidenHänden gefasst ...

... und in Form von Einzelschlägen bruchlos, d.h.ohne Richtungsabweichungen und zeitlicheVerzögerungen auf verschiedenen Kraftwegengeführt (z.B. in der Senkrechten, Diagonalen,Parallelen zum Boden), ...

... so als ob der Stab die Hände hinter sich herzie-hen würde (sich vom Stab führen lassen und nichtden Stab führen).

Die Stabschläge sollen bei allmählicher Verringe-rung der Geschwindigkeit bis hin zum Zeitlupen-tempo ohne Abweichungen geführt werden. Ange-strebt wird eine harmonische, flüssige Verbindungder Einzelschläge zu einer (gestalteten) Schlag-serie, wobei sich der Körper im Raum mitbewegt.

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Baustein 3

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Baustein 3

Synchron-SchlagserieEin Partner übernimmt die Führungsarbeit, derandere versucht, möglichst genau die Schläge undKörperbewegungen zu imitieren („Schattenfech-ten“). Anfangs reicht es Einzelschläge zu synchro-nisieren (hintereinander, dann spiegelbildlich). Mit fortgeschrittenem Können werden diese mit-einander verbunden und der Wechsel derFührungsarbeit erfolgt nicht mehr mit Wortensondern über Körpersprache.

Eine ungewohnte Form der Kommunikation, dieals solche bewusst gemacht werden muss.

Auf Sicherheitsabstände achten.

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● Einer der beiden Partner gibt unterschiedlich starke Kraftimpulse auf den Stab des anderen.Dieser beantwortet die über sein taktiles und kinästhetisches System empfangenen Impulsemöglichst mit der gleichen Schlagintensität auf den Stab des Impulsgebers.

● Nicht nur die gleiche Schlagintensität wird als„Antwort“ zurückgegeben, sondern auch der gleiche Trefferpunkt am Stab (visuelle Wahr-nehmung). Je nach Situation der Klasse sind die Einzelelemente gesondert zu üben.

● Die Impulsvorgabe umfasst jetzt 2, 3 oder 4 unterschiedlich starke Schläge (u.U. auch unterschiedliche Trefferpunkte). Entsprechendmuss auch die „Antwort“ sein.

● Der Impulsempfänger schließt die Augen und muss sich jetzt in seiner „Antwort“ zusätzlichvom Ton des Schlages beeinflussen lassen.

● Alle bisherigen Formen können jetzt auch miteinhändiger Fassart, mit der „schwachen“ Hand oder mit Hilfe eines kurzen Stabes (hierverringert sich die Distanz der Körper, u.U. bis hin zum Körperkontakt) durchgeführt werden (auch ein ständiger Wechsel ist mög-lich und bringt entsprechende Erfahrungen).

● Das bisher in Partnerform Erlernte kann auch in der Gesamtgruppe durchgeführt werden, z.B. indem die Hälfte der Schüler Impulsgeber,die andere Hälfte Impulsantworter sind. Alle gehen durcheinander. Die Impulsgeber suchen sich über Blickkontakt oder Körper-sprache ihren „Gegner“, schlagen auf dessen Stab und erhalten die analoge Schlagantwort auf ihren Stab.

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Baustein 3

● Beide Partner schlagen gleichzeitig auf vorhervereinbarte Trefferflächen mit abgesprochenerSchlagstärke (Ritterspiel).

Hinweise zur Materialsicherheit und -beschaffenheit:Stäbe unbeschädigt (splitterfrei, ohne Brüche)Stäbe nicht lasiert bzw. lackiertEmpfehlenswerter Stabdurchmesser: 3 cmStablängen: 50-100 cm

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● Je nach Könnensstand ist die Möglichkeit eines Partnerwechsels oder auch einer Aufga-benerfüllung in Gruppenform gegeben. Im letzteren Fall steht der Abwehrende im Kreis, muss genau beobachten und blitzschnell rea-gieren. Die Außenstehenden schlagen in Zeit-lupentempo und anfangs in festgelegter Reihenfolge.

Mit zunehmendem Können kann die Reihen-folge geändert werden. In diesem Fall müssendie Außenstehenden sehr verantwortungsvoll und achtsam agieren und deutlich den Beginnihrer Aktion signalisieren.

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Baustein 3

Blockieren der Schläge

Die vom Partner sehr langsam (am besten in Zeitlupe) geführten Schläge werden mit dem Stab gebremst bzw. blockiert.

Die Erfahrung zeigt, dass sehr bald das Blockieren im rechten Winkel zur Richtung des schlagenden Stabes und mit der Mitte desabfangenden Stabes als günstiger Blockier-punkt erkannt wird.

Ängstliche Schüler können anfangs (Ski-) Handschuhe tragen, um die Finger gegen einen eventuell abrutschenden Stab zu schützen.

Der Block darf nicht in Handnähe erfolgen. Beim Blockieren ist der Stab so zu führen, dass ein Abrutschen zu den Händen vermie-den wird.

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● Der Abwehrende muss sehr schnell eine optimale Körperposition finden, um diese vorteilhafte Form der Schlagblockierung durchführen zu können. Zu diesem Zeitpunktsind intensive Absprachen zwischen den Partnern über die Stärke, Geschwindigkeit und Richtung der Schläge zu treffen und absolut einzuhalten.

Die Lehrkraft muss auf Regeleinhaltung achten!

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Baustein 3

● Das mit Hilfe des Stockkämpfens erarbeitete Beziehungsgefüge zwischen Angriffs- und Ab-wehrverhalten (Zeitlupenartiger Angriff mit deutlicher Angriffsrichtung, Blockieren, Fort-führen der Angriffsimpulse) kann jetzt bereitsauf die direkte körperliche Auseinanderset-zung (Körperkontakt) übertragen werden(vgl. beide Jungen im Hintergrund).

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Weiterführung der Schläge

Die Zeitlupenschläge des Partners werden zur Abwehr nicht mehr blockiert, sondern auf dem Kraftweg fortgeführt, und zwar mit dem im rechten Winkel zur Schlagrichtung aufge-legten „begleitenden“ Stab. Dabei sollte im Sinne der Kraft- und Energieökonomie darauf geachtet werden, dass der abwehrende, be-gleitende Stab den ursprünglichen Weg desSchlagstabes exakt fortführt. Nur auf diese Weise entsteht eine optimale Summierung derKräfte, wird die Angriffskraft zur energieöko-nomischen Abwehr genutzt.

● Das schon in einem früheren Könnensstadiumpraktizierte Ritterspiel kann jetzt auf hohem Niveau wieder aufgegriffen werden. Als Aufgabe bietet sich die Inszenierung eines entsprechenden Video-Clips an, wobei jetzt indie Gestaltung von Angriffs- und Abwehr- reaktionen der kluge, angemessene und kraft-sparende Wechsel von Angriffsblockierungen und -fortführungen eingebunden werden soll.

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Vorbemerkung

Bei den folgenden Formen gilt es, eigene Kräfte zuentdecken, prüfend und experimentierend einzu-setzen und gegebenenfalls zu ökonomisieren(Energieökonomie). Beim Kräfteeinsatz und Kräfte-messen wird Sinneswahrnehmung zum Handlungs-prinzip. Die bezüglich Richtung und Stärke unter-schiedlichen Kraftaktionen, die mit dem eigenenKörper ausgeführt, aber auch von ihm empfangenwerden (Wechselspiel von Wirkung erzielen undWirkung verspüren), sollen ganz bewusst regis-triert werden. Mit Hilfe einzelner Sinne (bei gleich-zeitiger Ausschaltung von anderen) sollen Diffe-renzen im Kräftespiel wahrgenommen werden. Diedirekte, hautnahe körperliche Auseinanderset-zung, bei der Widerstand aufgebaut und aufrechterhalten werden muss, setzt auch Emotionen frei(Unbehagen, Angriffslust, Aggressivität, Zorn,Angst, Rachegefühle) und macht die Beherrschungvon Affekten zur Aufgabe.

Die Erfahrungen von Über- und Unterlegenheit,von Sieg und Niederlage werden zu Problemen, diegemeinsam thematisiert, reflektiert und gelöstwerden müssen. Gerade bei der Arbeit zu diesemBaustein bietet es sich an, die Schüler an derGestaltung des Unterrichts zu beteiligen, indemBewegungsaufträge erteilt, von den Schülern inGruppen oder mit dem Partner erarbeitet, vorge-stellt, von allen erprobt und ggf. verändert wer-den. Daraus ergeben sich Regeln und Normen füreine Humanisierung des körpernahen Kämpfens,die im achtsamen, rücksichtsvollen Umgehen mitsich und anderen ihren Ausdruck findet.

Pädagogische Perspektiven

● Wahrnehmungsfähigkeit verbessern -Bewegungserfahrungen erweitern

● Das Leisten erfahren, verstehen und einschätzen

● Kooperieren, wettkämpfen und sich verständigen

Ziele

● Kraftwiderstand gegen einen Partner aufbau-en und aufrecht erhalten

● Eigene Kräfte und fremde Gegenkräfte wahr-nehmen und mit beiden experimentieren

● Physikalische Grundlagen, z.B. Ansatzpunkte von Kraftimpulsen, Summierung von Kräften im partnerschaftlich abgesprochenen Spiel mit der Kraft erarbeiten

● Die Bedeutung der psychischen Vorgänge im Kräftemessen erkennen

● Angreifenden Kräften durch geschicktes Ausweichen die Wirkung nehmen

● Humanisierung / Kultivierung körperlicher Auseinandersetzung durch Regeln

● .....

Themenvorschläge

● Das Spiel mit der Kraft!● Wie kann ich einem stärkeren Partner Paroli

bieten?● Wer ist wirklich stärker?● Auch Mädchen haben Kräfte!● Wie misst man Kraft beim Kräftemessen?● Wir erarbeiten Regeln für faires Kräftemessen

und Kämpfen!● Wir kämpfen miteinander ohne uns

wehzutun!● Manchmal wende ich zu viel Kraft auf!

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Kräfte messen –Schieben, Ziehen, Wider-stehen, Tragen, Ausweichen – das Spiel mit der Kraft

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Baustein 4

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● Beide Partner versuchen, ihre Körper in unterschiedlichen Positionen auf der Basisformel „Kraft = Gegenkraft“ auszu-balancieren.

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Kräfte messenStoffsammlung/Aufgaben

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● Wegschieben des stehenden Partners, der vor-erst keinen Widerstand leistet. Mit unter-schiedlichen Kontaktstellen, z.B. mit beiden Händen an den Schultern des Wegzuschie-benden oder an dessen Hüfte, mit einer Hand an dessen Kopf, Brust, Bauch, mit der Schulter an dessen Rücken oder Gesäß, soll ausprobiert werden, ob sich Unterschiede im Kraftaufwand und in der Wirkung ergeben.

● Der wegzuschiebende Partner variiert seine Ausgangsposition: Hocke, Knie- und Bank-stellung, Rücken- und Bauchlage, auf einem Bein stehend. Schon jetzt kann daran gearbeitet werden, sich als Angreifer zu zügeln, eine innere Bremse zu entwickeln und aggressive Bewe-gungsimpulse in sozial verträgliche zu über-führen. Beide Partner versuchen Dialogformenzur Lösung etwaiger Konfliktsituationen zu entwickeln.

● Der wegzuschiebende Partner leistet jetzt in den verschiedenen Positionen unterschiedlichstarken Widerstand. Der Schiebende setzt sichmit folgenden Fragen auseinander: Wie rea-giere ich auf den Widerstand? Werde ich aggressiv, ziehe ich mich zurück, verliere ich die Lust und gebe meinen Kraftaufwand auf? Resigniere ich schnell? Wann resigniere ich? Welche Folgen hat meine Gefühlslage für meine Kraft?Sobald ein Partner Schmerzen oder Unbe-hagen signalisiert, muss die Übung unter-brochen werden (Festlegen eines Stopp-Signals).

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Baustein 4

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Kämpfen im SportunterrichtBaustein 4

G r u n d l a g e n

● Der Krafteinsatz soll einmal mit Pressatmung,das andere Mal mit Ausatmung stattfinden. Ergeben sich Unterschiede?

● Der jeweils geschobene Partner schätzt seiner-seits den spürbaren Kraftimpuls subjektiv ein und äußert seinen Eindruck (stark, mittel, schwach, aber auch brutal, wehtuend, wild, aggressiv usw.).

● Der Geschobene variiert seine Gegenkraft, d.h. die Skala seiner Reaktionen soll das Blockieren (Widerstand geben) ebenso umfas-sen wie den Verzicht auf Widerstand (sich wegschieben lassen) und das Weiterführen des empfangenen Kraftimpulses durch Formendes Ausweichens in Verbindung mit einem zusätzlichen eigenen Krafteinsatz.

● Gleiche Aufgabenstellungen für die Aktion „Ziehen“.

● Gruppenziehkampf in KreisformEine Gruppe stellt sich im Kreis um einen Medizinball auf, der auf einem Tennisring liegt. Nun versucht jeder Schüler, dass ein Mitschüler den Medizinball berührt. (Dieses Spiel kann auch als Partnerspiel durchge-führt werden).

● WiderstehenZwei Kinder stehen sich im Abstand von etwaeinem Meter gegenüber und halten die Hand-flächen in Brusthöhe gegeneinander. Wer kannden Anderen durch Stoßbewegungen auf die Handfläche aus dem Gleichgewicht bringen?

Beide Kinder stehen auf einem Kreidestrich. Wer muss den Standort aufgrund eines Stoßesverlassen? (siehe Baustein 1 und 2).

● TäuschenJetzt kann auch ein Stoß nur angedeutet werden und durch geschicktes Nachgeben der Partner zum Verlassen des Kreidestrichs gebracht werden.

Gleiche Übung, aber beide Partner stehennur auf einem Bein. Mit dieser einbeinigen Ausgangsposition kann auch das Spiel „Hahnenkampf“ durchgeführt werden (siehe Baustein 2).

● Schieben und ZiehenAuf unterschiedlichem Untergrund, z.B. auf Teppichfliesen, Rollbrettern, mit dicken Socken aber auch unter Einsatz von „Zusatz-geräten“ wie Stäben, Sitzbällen, Gymnastik-seilen versuchen sich die beiden Kampfpart-ner aus der sicheren Position zu bringen.

● SumoJeder versucht den Anderen aus einem begrenzten Feld zu drängen; dieser Schiebe- kampf kann im Knien oder Stehen erfolgen (siehe Bild und Baustein 6 und 7).

● Armdrücken im Liegen

● Schließlich soll ausprobiert werden, andere sozu transportieren (Ziehen und Tragen), dass ein möglichst geringes Lastempfinden ver-

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spürt wird (Vergleich des Kraftgebrauchs beimZiehen an den Füßen, an den Händen, unter den Achseln; beim Tragen auf dem Rücken, überder Schulter, mit den Händen in Vorhalte, mitHilfe des Partners, unter dem Schwerpunkt ...).

● In Abhängigkeit von der momentanen sozia-len Atmosphäre in der Klasse kann die Auf-gabe gestellt werden, den Partner auf dem Boden gegen dessen Widerstand festzuhalten (siehe hierzu auch Baustein 6).

● Schildkröte umdrehenEin Schüler kniet in der niedrigen Bank. Der andere versucht, die „Schildkröte“ auf den Rücken zu drehen (siehe Baustein 6).Es empfiehlt sich, mit einer niedrigen Bank-position zu beginnen, wobei die Unterarme auf der Mattenfläche aufgelegt sind.VariationBeide Kampfpartner befinden sich in der Bankposition und versuchen, sich gegenseitigumzudrehen.

Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 4

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Vom unkontrolliertenStürzen zum sicheren Fallen

Vorbemerkungen

Stürzen und Fallen sind bekanntlich Begleiter-scheinungen im menschlichen Lebenslauf.

Wenn beispielsweise Kinder Mutsprünge vonKästen und Mauern wagen oder Jugendliche inder Halfpipe ihre Kunststücke inszenieren, gehensie das kalkulierbare Risiko des Fallens ein.Erfolgt dagegen dieser Bodenkontakt unerwartetund unter Extrembedingungen, die mit hoherVerletzungswahrscheinlichkeit verbunden sind,z.B. bei Glatteis, spricht man im Regelfall vonStürzen.

In einigen Zweikampfsportarten sind Falltech-niken unverzichtbarer Teil des sportlichen Hand-lungsfeldes. Selbst in den traditionellen Sportar-ten und auch in einigen Trendsportarten wiedem Inline-Skaten ist das Erlernen kontrollier-ten Fallens sinnvoll. Schließlich erhöht die Fä-higkeit, kontrolliert fallen zu können, die indivi-duelle Handlungskompetenz und trägt entschei-dend zum Angstabbau bei. Erfahrungsgemäßblockiert Angst bei vielen Kindern und Jugend-lichen Lernerfolge im Sportunterricht.

Fallen bedeutet, das Gleichgewicht und damit sei-nen sicheren Stand bewusst aufzugeben. In zahl-reichen Zweikampfsportarten gibt der Fallendebeim Erlernen und Üben von Wurftechniken frei-willig und kooperativ sein Gleichgewicht auf, umden Werfenden beim Technikerwerb zu unterstüt-zen (vgl. Baustein 7: Partnerschaftliches Werfenund Fallen). Der Fallende steuert seinen Fall -auch mit Hilfe des Werfenden -, erweitert so dieeigene Handlungskompetenz und erhöht somitauch seine individuelle Sicherheit.

Der Baustein „Vom unkontrollierten Stürzen zumsicheren Fallen“ ist als Handlungshilfe gedacht,um Fallen, nicht nur im Inhaltsbereich Kämpfen,sondern auch sportartübergreifend zu vermitteln.

Nach einer ausführlichen Information zu Fall-prinzipien werden Spielformen vorgestellt, die inzahlreichen Unterrichtssituationen Anwendungfinden und noch keinen Bezug zu den dargestell-ten Falltechniken haben.

Es folgt dann eine Auswahl von Falltechniken.Für die Vermittlung gerade dieser Techniken imUnterricht spricht, dass sie in alltäglichenSituationen angewendet werden können, leichterlernbar und Grundlage für weiterführendeFalltechniken sind.

Abschließend werden einige wenige Übungenvorgestellt, die der gezielten Schulung der darge-stellten Falltechniken dienen.

Pädagogische Perspektiven

● Wahrnehmungsfähigkeit verbessern- Bewegungserfahrungen erweitern

● Gesundheit fördern, Gesundheitsbewusst-sein entwickeln

Ziele

● Durch antizipiertes Fallen Verletzungen vermeiden

● Den Körper im Flug und bei der Landung kontrollieren

● Eigene Gefühle wahrnehmen, über-denken und ggf. Ängste gezielt abbauen

● .....

Themenvorschläge

● Wir erarbeiten die unterschiedliche Bedeu-tung der Begriffe „Sturz“ und „Fall“

● Wie unterscheiden sich Stürze und Fallsituationen im Alltag und im Sport voneinander?

● Wir fallen und landen aus unterschiedli-chen Ausgangssituationen

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● Wir fallen und landen mit unter-schiedlichen Körperspannungen

● Die Körperlage entscheidet über die Art des Falls und der Landung

● Unser Körper nimmt die Landungen mit unterschiedlichen Körperstellen wahr

● Wie beeinflussen unterschiedliche Untergründe meine Landung?

● Unsere Landetechnik ist abhängig von der Fallhöhe

● Wir stellen den Transfer zu anderen Sportarten her

● Verletzungen werden durch kontrolliertes Fallen vermieden

● Die motorische Umsetzung von Fallprinzipien schützt uns

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Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 5

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Kinder und Jugendliche, die fallen oder aberstürzen, bedienen sich bestimmter Verhaltens-muster. Sie setzen dabei sowohl unbewusst alsauch bewusst physikalische Gesetzmäßigkeitenin Bewegung um, damit ihre Landung verletz-ungsfrei erfolgt. Eine geglückte Landung ist ab-hängig von zahlreichen Faktoren, wie der Aus-gangslage des Körpers beim Fall bzw. Sturz, derFallgeschwindigkeit, der Beschaffenheit des Un-tergrundes in der Sporthalle (Judomatte, Turn-matte, Niedersprungmatte, Weichbodenmatte,unterschiedliche Hallenböden usw.) und im Frei-en (Rasen, Asphalt, Kies usw.).

Damit der Fall ohne negative Folgen bleibt, wer-den nun „Prinzipien“ aufgelistet, deren Beach-tung zu verletzungsfreiem Fallen im Sportunter-richt führen kann.

KopfschutzDer Kopf darf bei der Landung den Untergrundniemals berühren. Durch Wegdrehen des Kopfesbeim Fallen und Anheben bei der Landung kanndieses Schutzziel erreicht werden.

AbrollenDurch runde, rollende Bewegungen sollen Kör-perteile vor einem direkten Aufprall auf demUntergrund geschützt werden. Durch Abrollenund Abwälzen wird die Fallgeschwindigkeit soweit reduziert, bis der Fall mit Hilfe der eigenenKörperspannung großflächig abgebremst wird.

KörperspannungDurch Anspannen der Muskulatur wird der Kör-per in eine günstige Landeposition gebracht.Durch eine angemessene Spannung kann undsoll Großflächigkeit erzielt werden. Der Körperwird außerdem bei der Landung „federnd“gemacht.

GroßflächigkeitDer Aufprall des Körpers, d.h. die Landung sollteauf eine möglichst große Fläche verteilt werden,damit die Fallenergie absorbiert wird. Der Druckpro Flächeneinheit wird so vermindert.

AbschlagenUm den Stützreflex des Armes zu unterbinden,wird diesem die Funktion des Abschlagens zuge-wiesen. Zusätzlich wird durch das dem Aufprallvorausgehende Abschlagen mit angespanntenArmen und Händen ein entgegengerichteterImpuls - Konterschlag - gesetzt, der die Aufprall-wucht des Körpers auf den Untergrund etwasminimiert. Bei entsprechend stoßdämpfendenUntergründen ist dies möglich und erwünscht.

AusatmenBei der Landung wird aktiv ausgeatmet, um dieLunge und die inneren Organe zu schützen. DerRumpf wird im Sinne eines „muskulären Form-schlusses“ gespannt, um die Aufprallenergie zukompensieren. Durch aktives Ausatmen wirdzusätzlich das mögliche Schmerzempfinden beider Landung reduziert.

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Prinzipien des Fallens

A) Große Aufprallfläche - keine Verformung, keine BeschädigungB) Kleine Aufprallfläche - große Verformung, starke Beschädigung

A B

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Diese Stoffsammlung dient der sportartübergrei-fenden Sensibilisierung für das Thema Stürzenund Fallen. Sie kann ohne die Kenntnis vonFalltechniken aus den Zweikampfsportarten imUnterricht verwendet werden. Sie dient aberauch zur Schulung und Vertiefung der am Endevorgestellten Falltechniken und bietet eine hilf-reiche Unterstützung.

Wünschenswert ist letztlich die Entwicklungeiner sportartübergreifenden individuellenHandlungskompetenz der Schüler in Bezug aufdas Phänomen Fallen.

● Schüler wälzen und rollen sich um die Längs- und Querachse von einer schiefen Ebene hinunter.

● Schüler springen von einer erhöhten Fläche ab. Die Landung erfolgt als Körperlandung oder als Punktlandung auf den Füßen mit anschließendem seitlichen Abkippen. Landung dem Untergrund anpassen.

● Schwingen an Ringen und Kletterseilen mit Sprung auf unterschiedliche Untergründe. Die Landung kann frei gewählt oder vorge-geben werden. Die Landung sollte im Umkehrpunkt ein-geleitet werden.

● Schüler sitzen auf einem Rollbrett, Skate-board, Cityroller und lassen sich während der Fahrt fallen. Nur ein Übender/Bahn. Der Einsatz dieser rollenden Spielgeräte macht einen exakten Ordnungsrahmen notwendig.

● UmschubsEin Schüler hockt auf der Matte. Ein anderersteht einmal hinter, einmal seitlich und ein-mal vor dem Hockenden und schiebt diesen sanft um. Beim Fall nicht abstützen.

● TorwarttrainingEin Schüler sitzt auf dem Boden/der Matte (später in der Hocke). Ein anderer wirft einen Ball rechts oder links am Schüler vor-bei. Der Sitzende kippt seitlich nach dem Ball und fängt diesen (der Hockende hech-tet nach den Ball).

● Ballwurf nach hintenEin Schüler sitzt mit einem Ball auf dem Boden/der Matte und wirft diesen, während er sich über den Rücken nach hinten rollen lässt, zu einem Partner oder auf ein Ziel. Kinn zur Brust ziehen und somit den Kopf schützen. Der Untergrund wird nicht mit dem Hinterkopf berührt.

● Reiter abwerfenEin Schüler befindet sich in der Bankpositionund hat einen etwa gleich schweren Schüler als Reiter auf seinem Rücken. Nun muss er diesen abwerfen. Der Reiter darf sich nicht mit den Händen festhalten (siehe Baustein 2). Beim Fall nicht abstützen. Auf geeigneten Untergrund achten.

● TreibballZwei Mannschaften stellen sich gegenüber auf. Ein Pezziball wird in die Spielfeld-mitte gelegt. Jeder Schüler erhält einen Ball, mit dem er den Pezziball in die gegne-rische Hälfte treiben kann. Geworfen werdendarf aber nur in Form eines Fallwurfs. Hierzuwerden Weichbodenmatten im eigenen Spiel-feld verteilt. Regeln vereinbaren, um Bälle einzusammeln,die auf dem Spielfeld sind.

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Baustein 5

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Sicheres FallenStoffsammlung/Aufgaben

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Luft raus

● FallrauschDie Schüler torkeln wie im Rausch und fallen bei einem Kommando auf unter- schiedliche Materialien und Untergründe.

● Ball prellenJeder prellt einen Ball und muss bestimmte Aufgaben bewältigen: sich hinlegen, im Liegen drehen, wälzen, rollen etc.

Ein Schüler tippt Körperteile des Mitschülers an, ...

... an der berührten Stelle wird der Körper ent-spannt (Luft ablassen) bis er sich nicht mehrhalten kann und umfällt.

Die Schüler erkennen, dass sie auch ohne Erfah-rungen mit normierten Falltechniken, kontrol-liert und verletzungsfrei auf dem Untergrundlanden können. Dies sollte in Reflexionsphasenthematisiert werden.

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Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 5

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MonumentEin Schüler befindet sich in der Bank. Ein zweiter Schüler versucht ihn durch Ziehenund Schieben von der Seite umzuwerfen.VarianteDer Schüler in der Bank streckt Arm und Beindiagonal von sich.Dem Widerstand des Partners entsprechenddosiert Druck und Zug ausüben.

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Baustein 5

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Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 5

Katapult

Ein Schüler liegt auf dem Rücken und hat dieBeine angewinkelt, wobei die Fußsohlen zurDecke zeigen. Der Zweite setzt sich auf die Füße ...

... und wird nun nach oben katapultiert.

Die Landung kann individuell gestaltet oder vor-gegeben werden (z.B. Falltechnik).Möglichst immer erst auf den Füßen/Beinen landen. Stoßrichtung der Beine nur in RichtungHallendecke.

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Hechten und baggern

Es werden zwei oder mehrere Mannschaften gebil-det. Jeweils ein Spieler einer Mannschaft steht,vor der Weichbodenmatte und wirft einemMitspieler einen Volleyball zu. Dieser muss denVolleyball mit einem Hechtbagger in ein Zielbefördern.

Unterschiedliche Landungen analysieren und zurDiskussion stellen (siehe S.79).

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Baustein 5

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Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 5

Mattenrutschen

Die Weichbodenmatte wird durch eine Gruppe senkrecht aufgestellt ...

... und dann fallen gelassen.

Die Schüler springen nach vorn gestreckt auf dielandende Matte und rutschen so mit der Mattevorwärts.

Das Mattentreiben geschieht normalerweise ausdem Anlauf mit gemeinsamen Start, wobei dieMatte zuerst auf dem Boden liegen kann.

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Variation

Fallen rückwärts.Keine zu großen Gruppen bilden.Das Fallen rückwärts erfordert ein höheres Maß an Überwindung.

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Baustein 5

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Baustein 5

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Viele Stürze geschehen aus einer Stolpersituationheraus. Während des Sturzes wird automatisch die Landung vorbereitet, indem zumeist Händeund Arme reflexartig unkontrolliert hochgerissenwerden, damit der Körper geschützt wird. Oftwird jedoch die Landung durch ungeschicktes,unangemessenes Abstützen zu einer schmerzhaf-ten Erfahrung, wobei Verletzungen der oberenExtremitäten dabei nicht auszuschließen sind.

Durch das Beherrschen des Falls vorwärts könnenVerletzungsrisiken minimiert werden, da bei die-sem Bewegungsmuster die Landung rechtzeitigantizipiert und der Körper sicher auf- bzw. abge-fangen wird. Sensible Körperpartien wie Kopfund Rumpf berühren dabei den Untergrund nichtund werden so geschützt.

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Baustein 5

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Der Fall vorwärts

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Aus dem Stand ...

... nach vorne fallen und ...

... in der Flugphase die Landung durchBereithalten der Arme und Anspannen desKörpers vorbereiten.

Beim Landen ausatmen, Kopf und Rumpf berühren den Untergrund nicht.

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Landeposition

- Körper mit Händen und Unterarmen abgefangen- Unterarme bilden ein Dreieck- Kopf angehoben und seitlich gedreht- Gesäß angehoben- Füße aufgestellt

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Baustein 5

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Vorübungen

Der Erwerb der Falltechnik vorwärts kann durchvorgeschaltete Übungen erleichtert werden. Vorübung 2 baut auf 1 auf.

Vorübung 1

Die Arme bilden an der Wand ein Dreieck, die Finger zeigen nach innen und der Kopf wird zur Seite gedreht.

Aus dem Stand nach vorne gegen die Wand fallen, den Körper anspannen und ...

... den Abstand zur Wand allmählich vergrößern.

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Baustein 5

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Vorübung 2

Aus dem Kniestand ...

... nach vorne fallen und dabei ...

... die Arme bereithalten und den Körper „ver-spannen“, um ...

... in der Landeposition kontrolliert aufzu-kommen.

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Baustein 5

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Baustein 5

Weitere Übungen

● Ein Schüler befindet sich im Liegestütz und fällt in die Landeposition.

● Ein Schüler fällt aus dem Kniestand in die Landeposition, dann legt er sich flach aufden Boden. Ein zweiter Schüler fällt eben-falls aus dem Kniestand über den am Boden liegenden, ohne diesen zu berühren.

Dreier WalzeDrei Schüler bilden eine Gruppe. Sie liegennebeneinander im Abstand von etwa 1,50 m aufdem Bauch. Einer der außen liegenden Schülerspringt über den mittleren, landet und wälztsich, um seine Körperlängsachse drehend, aufden anderen außen liegenden Schüler zu. Dieserrichtet sich auf und springt nun seinerseits überden auf ihn zuwälzenden Schüler, so das Akti-onen im Fluss entstehen (siehe Bild).

Körperlage beim Flug parallel zum liegendenMitschüler.

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Der kontrollierte Fall rückwärts ist eine Möglich-keit, in Situationen „angemessen“ zu reagieren,bei denen man ausrutscht und nach hinten stürzt.Dies kann beispielsweise bei Glatteis der Fall sein.Beim Erlernen des Fall rückwärts bedarf es etwasÜberwindung, da der Fall nach hinten angstbesetztsein kann. Durch geringe Anfangshöhen beimTechnikerwerb (Hockstand) wird dies vermieden.Das A und O dieser Falltechnik ist, die rück-wärtsgerichtete Fallenergie zu bremsen und stetsden Hinterkopf vor einem Aufprall auf denBoden zu schützen.

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Baustein 5

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Der Fall rückwärts

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Aus dem Stand in die flüchtige Hocke gehen, ...

... dabei Arme in Vorhalte. Nun ...

... nach hinten abrollen und die Landung vorbereiten. Mit den gestreckten Armen vor demAufprall des Körpers als bremsender Kraftimpulsauf dem Untergrund abschlagen (Handinnenflächennach unten), und ...

... mit dem Kopf den Untergrund nicht berühren(Kinn auf die Brust). Hierzu mit den Augendurch die geöffneten und vom Körper wegge-streckten Beine schauen und zusätzlich bewusstausatmen.

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Landeposition

- Rückenlage- Kopf angehoben, Kinn zur Brust und auf den

Bauch schauen- nach dem Abschlagen befinden sich die Arme

gestreckt und angespannt ca. im 45° Winkel zum Rumpf auf der Matte

- die Handinnenflächen liegen auf- die Beine sind angehoben und nach vorne

getreckt (= Bremswirkung)

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Baustein 5

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Rückwärts von der Bank „rutschen“

Der zum Fallen Bereite setzt sich auf eine„Bank“, (zuerst auf eine niedrige, später aufeine hohe) und ...

... rutscht mit dem Gesäß langsam nach hintenvon der Bank, wobei die Arme sich anfangs ander „Bank“ festhalten können. Später kann ohne Festhalten geübt werden.

In der Landeposition aufkommen.

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Baustein 5

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Weitere Übungsformen

● Aus dem Sitz bzw. der Hocke in die Landeposition.

● Zwei Schüler befinden sich in der tiefen Hocke einander gegenüber und fassen sich an den Händen. Nun ziehen beide, bis einer der beiden auf ein vereinbartes Kommando hin loslässt (siehe Bild).

● VariationDie Schüler haben die Handflächen aneinan-dergelegt (Fingerspitzen zeigen zur Decke) und müssen nun versuchen den Partner durch Drücken und Stossen aus dem Gleich-gewicht zu bringen. Täuschen kann erlaubt sein.Kopf schützen, Kinn zur Brust, nicht abstützen.

● Fangen und fallenEin Fangspiel mit mehreren Fängern. Wer abgeschlagen wurde, fällt rückwärts.

● Die Schüler bilden einen Kreis und gehen in die Hocke. Mehrere Spieler befinden sich in der Kreismitte. Nun berühren diese die Außenstehenden, die sofort den Fall rück-wärts ausführen müssen. Das Spiel kann auch mit Umschubsen gespielt werden. Hierbei verschränken die Kreisspieler die Arme vor dem Körper.

Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 5

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Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 5

Der Fall seitwärts

Der Fall seitwärts ist der häufigste Fall in derSportart Judo. Bei den meisten Wurftechnikenerfolgt die Landung in einer seitlichen Körperpo-sition (siehe Baustein 7: „PartnerschaftlichesWerfen und Fallen”).

Aus dem Stand in die flüchtige Hocke gehen und dabei ...

... Arm und Bein einer Körperseitegleichzeitig vor den Körper zur Gegenseite schwingen. Im Fall die Landung vorbereiten, und ...

... in der Landeposition aufkommen und dabei aktiv ausatmen.Der Kopf ist angehoben und berührt den Untergrund nicht.

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Der Fall seitwärts

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Landeposition

- Seitenlage- Kopf angehoben und Kinn zum Körper gezogen- eine Körperseite vom Boden entfernt, indem

die Schulter durch Auflegen einer Hand auf den Bauch angehoben wurde

- ein Arm gestreckt und Muskeln angespannt- im 45°-Winkel zum Rumpf mit der Handinnen-

fläche und angespanntem Arm abgeschlagen.

Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 5

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Page 92: 58786076 Kampfen Im Sportunterricht

Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 5

Vorübung

- zur rechten Seite drehen- mit dem rechten Arm abschlagen- rechtes Bein leicht gebeugt

am Boden, linkes Bein auf-gestellt

- zur linken Seite drehen- mit dem linken Arm abschlagen- linkes Bein leicht gebeugt am Boden,

rechtes Bein aufgestellt

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- Ausgangsposition zum Fall seitwärts rechts oderlinks

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Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 5

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Vorbemerkungen

Schon in den allgemeinen Vorbemerkungen wurdedarauf hingewiesen, dass der Weg zum ange-strebten kultivierten Kämpfen keine Einbahn-straße sein kann und jede Lehrkraft die Reihen-folge der Bausteine und deren Inhalte mit Blickauf die eigene Klasse unter pädagogischen unddidaktischen Gesichtspunkten selbst festlegenmuss. Nach u.E. unumgänglichen und für Schülerund Lehrer hilfreichen Vorbereitungsphasen, inderen Verlauf es beispielsweise um Vertrauens-bildung, Körpersensibilisierung oder Entwicklungeiner partnerbezogenen Kraftkontrolle geht,steht die Entscheidung an, ob vertiefende underweiternde kämpferische Erfahrungen entwederim Stand (Baustein 7) oder am Boden (Baustein6) eröffnet werden sollen. Grundsätzlich bietensich beide Handlungsfelder gleichermaßen an,doch sprechen einige Gründe für das zuletztgenannte.

So können Schüler am Boden miteinander käm-pfen, ohne die für den Standkampf notwendigenFalltechniken beherrschen zu müssen. Übungs-kämpfe lassen sich früher durchführen als imStand, sind einfacher zu bewältigen, und dieVerletzungsgefahr tendiert aufgrund der relativgeringen Bewegungsamplitude gegen Null. Ängstliche Schüler fühlen sich in Bodennähesicherer und aufgrund der alltagsnahen Form derAuseinandersetzung kann bei induktivemVorgehen mit vielfältigen Lösungsvorschlägengerechnet werden.

Mit abwechslungsreichen Spiel- und Übungsfor-men lassen sich beim Kämpfen am Boden aufrelativ unkomplizierte Weise fundamentale Prin-zipien des Zweikämpfens erarbeiten und ent-wickeln, die später – bei etwaigen sportartspezi-fischen Spezialisierungen – eine entscheidendeRolle spielen (z.B. physikalische Gesetzmäßig-keiten beim Krafteinsatz).

Aus unserer Sicht empfiehlt es sich, im Unter-richt das Kämpfen am Boden nach folgenderSystematik zu inszenieren: zuerst Kämpfen umGegenstände, danach Kämpfen um den Raumund Körperpositionen und schließlich Kämpfenum bzw. gegen die Rückenlage.

Bei dieser Reihenfolge erfahren die Schüler inder körpernahen, handgreiflichen Auseinander-setzung unter anderem zunehmende Wider-standskräfte (Partner wird zum „Partner-Gegner“!)sowie eine geringere Berechenbarkeit der Aktio-nen, indem beide am Kampf Beteiligten ständigdie Angreifer- und Verteidigerrolle wechseln.

Wie schon gesagt, eignet sich für den Einstiegbesonders der Einsatz von Gegenständen, die eszu umkämpfen gilt. Hierbei ergibt sich gleichzei-tig die Chance zu unbefangener, intensiver kör-perlicher Nähe, da sich die Aufmerksamkeit derKämpfenden vornehmlich auf den umkämpftenGegenstand richtet und der zeitlich variierendeKörperkontakt vorerst kaum bewusst wahrge-nommen wird.

Bei Spielformen dagegen, die darauf abzieleneine Spielfläche, d.h. einen Raum, zu verteidigenbzw. zu erobern oder bestimmte Körperpositio-nen bei Gegenspielern zu erzwingen, richtet sichdas Bewegungshandeln direkt auf den Partner,der damit zum Partner-Gegner wird. Dabei istauch das Orientierungsvermögen stärker gefor-dert. In den normierten Kampfsportarten (z.B.im Judo, Ringen und Karate) kann das Orientie-rungsvermögen auf der Kampffläche entscheiden-de Bedeutung für Sieg und Niederlage haben.

Einen weiteren Schwerpunkt dieses Bausteinsstellt der Kampf um die Körperlage dar, der wohldie intensivsten Körperkontakte und die an-spruchsvollsten Aktionen beinhaltet. Man unter-scheidet die Bank- und Kniestandpositionensowie die Bauch- und die Rückenlage, um die es

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Kämpfen am Boden

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letztlich geht. Ziel in den klassischen Zwei-kampfdisziplinen mit Bodenkampf (z.B. Ringen,Judo) ist es nämlich, den Gegner entweder deut-lich zu werfen oder ihn in die Rückenlage zuzwingen und dort so festzuhalten, dass er keineChance hat sich zu befreien.

Die Angriffsaktion im Hinblick auf diese genann-ten Körperpositionen und -lagen kann von derSeite, vom Kopf oder von den Füßen her erfol-gen. Beim Kämpfen am Boden ist darauf zu ach-ten, dass beide Partner-Gegner jeweils minde-stens ein Knie am Boden haben. Verstößt einKämpfer gegen diese Regel, wird der Kampf un-terbrochen bzw. der körperliche Kontakt gelöst.

Die im Folgenden vorgestellten Aufgaben undProblemsituationen ermöglichen es den Schülern,zumeist auf induktivem Wege Lösungen zu fin-den. Diese werden ergänzt durch die Vorgabeeinfacher Drei- und Vierpunkte-Haltegriffe ausdem Judo. Sie dienen als (erprobte) Beispieledafür, wie ein Kampf am Boden beendet werdenkann, aber gleichzeitig auch als Impulse für das Finden und Entwickeln weiterer Befreiungs-techniken.

Durch die Einschränkungen eines Kampfpartners(Handicaps) werden technische, körperliche undmotorische Vorteile gegenüber einem schwäche-ren Partner teilweise ausgeglichen. Auf dieseWeise kommt das Prinzip Chancengleichheit zumTragen.

Pädagogische Perspektiven

● Wahrnehmungsfähigkeit verbessern - Bewegungserfahrungen erweitern

● Kooperieren, wettkämpfen und sich verständigen

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Baustein 6

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Ziele

● Körperkontakte zulassen● Eroberungs- und Verteidigungsstrategien

entwickeln, erproben und ggf. verändern● Klare Regeln zum kampfbetonten Handeln

finden, akzeptieren, einhalten und ggf. variieren

● Sich über Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle beim Kämpfen austauschen

● Den Partner-Gegner in bestimmte Körperpositionen bringen

Themenvorschläge

● Strategien des Verteidigens und Eroberns von Gegenständen entdecken

● Die Auswahl der Gegenstände und die „Ausstattung der anderen Seite“ bestimmen das eigene Kampfverhalten

● Wie verteidigen wir unseren Besitz gegen fremden Zugriff ?

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Kämpfen am Boden um GegenständeStoffsammlung/Aufgaben

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BallklauAuf einer Matte versucht ein Schüler mit seinemKörper, einen Medizinball gegen den Zugriff sei-nes Gegenspielers zu schützen. Durch verschiedene Ballarten können Variationengeschaffen werden. Besonders spannend ist einKampf um einen Luftballon, der nicht zerplatzendarf. Die Kampfzeit sollte vorgegeben werden.

Gehüteter SchatzMehrere Spieler bewachen auf einer Matte einen„Schatz“ (Medizinball), indem sie einen Kreis bil-den und sich mit den Armen unterhaken. EinSchüler oder eine etwa gleichstarke Gegenmann-schaft versucht diesen Schatz zu erobern (s. Bild).Auch mit Musik als Signal für die Kampfzeit!

Verbotsregeln aufstellen, z.B. Verboten ist:Fingergelenke umdrehen, Kämpfen außerhalb der Mattenfläche, gewaltsames Entreißen desBalles, Kämpfen im Stand.

Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 6

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Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 6

Ball im GewühlDas Spielfeld besteht aus einer größeren Matten-fläche (acht bis zehn Turnmatten). Zwei Gruppenspielen gegeneinander. Jedes Team besitzt eineneigenen Ball (Volley-, Plastikball), der zu Spiel-beginn in einem Reifen am eigenen Spielfeldrandliegt. Der Ball muss nun in den gegnerischenReifen befördert und dort abgelegt werden (Rug-byidee). Jeder Spieler darf sich nur auf denKnien bzw.auf allen Vieren fortbewegen. Erlaubtsind z.B., den gegnerischen Ball zu blockieren,gegnerische Spieler aus dem Spielfeld zu drän-gen, oder Spieler z.B. durch Festhalten am Mit-spiel zu hindern (s. Bild).

Einsatz zweier unterschiedlich farbiger Bälle. Bei größerer Spielerzahl Kennzeichnung derMannschaftszugehörigkeit durch Parteibänder!Spielzeitbegrenzung, z.B. 2x5 Minuten.

Kampf um Schuhe/SockenJeweils zwei Schüler versuchen auf einerMattenfläche, sich gegenseitig Sportschuheund/oder Socken auszuziehen.Zur Verteidigung ist Treten nicht erlaubt!

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Ziele

● Körperkontakte zulassen und intensivieren● Die eigenen Aktionen in Abhängigkeit

von den Partner- bzw. Gegnerreaktionen wählen

● Eindeutige Regeln zum kampfbetonten Handeln finden, akzeptieren, einhalten und gegebenenfalls variieren

● Taktische Fähigkeiten entwickeln und situa-tionsbezogen anwenden

● Sich über Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle beim Kämpfen austauschen

● ...

Themenvorschläge

● Wir schützen unseren Raum● Beim Kämpfen und Spielen können

Zentimeter entscheiden!● Eine Matte wird zur Kampffläche!● Den Körper des Partner-Gegners in

bestimmte Positionen bringen● Wie setzt man Kraft, Körpergewicht und

Körperhaltung vorteilhaft für die Kampfführung ein?

Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 6

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Kämpfen am Boden um denRaum und KörperpositionenStoffsammlung/Aufgaben

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Matte freihalten/Mattensumo

Zwei Schüler befinden sich auf einer kleinenMattenfläche, z.B. auf zwei aneinandergelegtenTurnmatten oder auf einer Niedersprungmatteund versuchen, sich gegenseitig von der Flächezu drängen, z.B. im Sitzen Rücken an Rücken, ...

... in Bankstellung Schulter gegen Schulter, ...

Beim Schieben Schulter gegen Schulter kann dasSchultergelenk durch den Druck des Partnersschmerzen. Weniger schmerzvoll ist die StellungOberarm gegen Oberarm.

... durch Schieben, Ziehen im Kniestand.

Ausreichender Sicherheitsabstand bei allen Übungen einplanen!

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Baustein 6

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Mattenkönig, bzw. -eroberungEine Weichbodenmatte ist von Turnmatten um-schlossen. Alle Schüler befinden sich zu Kampf-beginn auf der Weichbodenmatte im Kniestandoder in Bankstellung. Jeder versucht, die ande-ren Teilnehmer auf die Turnmatten zu drängenund so die „Burg“ für sich in Besitz zu nehmen.Die Ausführung kann als Einzel- oder Mann-schaftswettbewerb erfolgen.

Für ausreichenden Sicherheitsabstand um dieKampffläche herum sorgen.

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Baustein 6

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Baustein 6

MattenfluchtMattenaufbau wie beim Spiel „Mattenkönig“. Die Spieler einer „Flucht-Mannschaft“ versuchen,die Weichbodenfläche bäuchlings robbend zu ver-lassen, während die „Wächter-Mannschaft“ ver-sucht, dies zu verhindern.

Es ist als Regel festzulegen, wann die Matten-flucht als gelungen zu bewerten ist , z.B. mitdem vollständigen Verlassen der Weichboden-matte.

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Auf die Matte ziehenEin Schüler bzw. eine Mannschaft besetzt dieNiedersprungmatte. Eine zweite Mannschaft setzt sich um die Matte, wobei sie mit denFußsohlen diese berührt. Nun versuchen dieSchüler auf der Mattenfläche, die anderen indiese Fläche zu ziehen.

Teilnehmer, die auf die Matte gezogen werden,integrieren sich beispielsweise in das „Ziehteam“.Die Art und Weise wo und wie gezogen wird,kann vorgegeben werden.

Beim Einsatz von Weichbodenmatten darf nichtgestanden werden.

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Baustein 6

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Baustein 6

Die folgenden Aufgabenstellungen, die beliebigvariiert werden können, rufen sowohl beim sichVerteidigenden als auch beim Angreifer das Aus-halten und Einsetzen intensiver Widerstands-kräfte hervor. Damit wird vorbereitet und ange-bahnt, was beim späteren Bodenkampf nicht zuumgehen ist.

Umso wichtiger ist es jetzt, wo die erhöhtenWiderstandskräfte zum Einsatz gelangen und dieemotionale Seite beider Partner stark angespro-chen wird, regelmäßig die Beziehungsebene zuthematisieren und einen kommunikativen Aus-tausch zu organisieren.

● Eingerollter Igel wird geplättetEin Schüler befindet sich als Igel in tiefer Bankstellung auf einer angemessen großen Turnmattenfläche. Ein oder zwei Mitschüler versuchen, den eingerollten „Igel“ in eine gestreckte Bauchlage zu zwingen.

● Gestreckter Körper wird zusammen-gefaltetIn Umkehrung der vorangegangenen Übung soll jetzt ein Schüler, der sich in gestreckter Bauchlage befindet, beliebig gegen seinen Widerstand „zusammen-gefaltet“ werden.

● Körperteile in unterschiedliche Ebenen bringenAls weitergehende Differenzierung der bis-herigen Übungsformen sollen jetzt bei einemsich wehrenden Partner vorher bestimmte Körperteile in unterschiedliche Ebenen zueinander gebracht werden (z.B. Ellbogen zu Knie; Hand über Kopf).

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Vorbemerkungen

Bisherige Aktionen hatten zum Ziel, in der Boden-lage vielfältige Erfahrungen im Rahmen spieleri-schen, spontanen Kräftemessens zu sammeln(z.B. Orientierung im Raum, Aktion – Reaktion,Angreifen - Verteidigen).

Jetzt sollen die Schüler ganz bewusst Boden-kampf als Möglichkeit erleben und erfahren,einen Gegner zu besiegen, d.h. gegen Verteidi-gungsaktionen (zunehmend starker Widerstand)erfolgreich zu sein. Als Erfolg zählt, den Gegnerüber bewegungseinschränkende Maßnahmen„kampfunfähig zu machen“. Das bedeutet, ihn aus einer bestimmten Ausgangssituation in dieRückenlage zu bringen und dort eine Zeit langfestzuhalten („Haltegriff“)1.

In den folgenden Bildreihen werden drei eheranfängergerechte Kampfsituationen dargestellt:Angriff gegen die Kniestandposition, Angriffgegen die Bankposition und Angriff gegen diePosition Bauchlage. Diese vorgeschlagene Drei-schrittfolge kann durchaus situativ verändertwerden.

Alle Umdrehstrategien haben – wie oben erwähnt– zum Ziel, den Partner bzw. Gegner auf denRücken zu zwingen und ihn dort zu fixieren. Auf den Seiten 110 und 111 werden zwei solcherHaltevariationen vorgestellt.

Der in Rückenlage festgehaltene Kämpfer hatseinerseits die Möglichkeit sich gegen dieNiederlage zu wehren, indem er sich mit Hilfeeiner spezifischen Technik befreit („Befreiungs-technik“, vgl. S.112-117).

Als didaktisch-methodische Leitlinie gilt wie bis-her auch, dass die Schüler zunächst eher induk-tiv und experimentierend günstige Lösungen

suchen und finden sollen. Erst danach werden Formen vorgestellt, die im Rahmen normierterZweikampfsportarten als effektivste Lösungs-strategien (sportliche Techniken)2 im Hinblickauf spezifische Verteidigungsaktionen entwickeltund erprobt wurden. Es liegt nahe, diesen Zu-sammenhang den Schülern mit Hilfe von Wenn-dann-Beziehungen zu vermitteln und über einenregelmäßigen Wechsel der Angreifer- und Vertei-digerrolle zu verdeutlichen.

Ziele

● Wege finden und entdecken, einen Partner oder Gegner aus der Knie-, Bank- und Bauchposition gegen dessen Widerstand in die Rückenlage zu bringen

● Möglichkeiten entwickeln, einen Partneroder Gegner, der sich in Rückenlage befin-det, in dieser Position kontrolliert festzu-halten

● Möglichkeiten entdecken, sich aus der Rückenlage zu befreien

● ...

Themenvorschläge

● Wie schaffe ich es, meinen Partner oder Gegner kraftsparend in die Rückenlage zu bekommen?

● Mit welchen Strategien halte ich meinen Partner oder Gegner in der Rückenlage fest?

● Strategien zum Entkommen aus der Rückenlage oder wie befreie ich mich?

● Erproben der gefundenen Lösungsstrategien in einer Übungskampfsituation (= Randori)

● Die Rückenlage als provokative Aufgabe für Angreifer und Verteidiger

● Wie schafft man Chancengleichheit beim Kämpfen?

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Baustein 6

1051 Auch Gelenkhebel und Würgegriffe können dazu dienen, einen Gegner zu besiegen. Auf diese beiden Strategien verzichten wir bewusst,

um nicht zuletzt die damit verbundenen Risiken auszuschließen.2 Aus diesem Grund werden dort auch die entsprechenden Fachtermini (japanische Begriffe) als zusätzliche Information genannt.

Kämpfen um/gegen dieRückenlage - BodenkampfStoffsammlung/Aufgaben

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Vom Kniestand in die Rückenlage drehen

Die Schüler beginnen im Kniestand. Sie versu-chen sich gegenseitig aus dem Gleichgewicht zubringen und über die unterschiedlichsten Formenin die Rückenlage drehen.

Die deutlich erkennbare stabilisierendeFußstellung der rechten Schülerin birgt gewisseVerletzungsrisiken in sich. Es wäre besser dieZehen aufzustellen (linke Schülerin).

Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist zu erwarten,dass die Schüler bei der ersten Aufgabe experi-mentierend eine Lösung finden, die der Aufga-benstellung weitestgehend gerecht wird. Werdennur wenige erfolgversprechende Lösungen vorge-schlagen, können weitere Lösungen durch dieLehrkraft eingebracht werden, z.B. Umschlingendes Armes unter der Achselhöhle, an der glei-chen Seite Blockieren des gegnerischen Knies mitgestrecktem Bein und den Partner bzw. Gegnerdarüber hinwegkippen (Ziehen und Drücken).

Weiterführung bei allen Umdrehaufgaben:Nach dem Drehen gilt es, den Partner in Rücken-lage zu fixieren. Bei dieser weiterführendenAufgabe ist mit mehreren Lösungen zu rechnen.

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Bei allen Umdrehstrategien werden die Schülererfahren, dass es günstig, kraftsparend underfolgversprechend ist,

● beim Schieben und Ziehen an Schultern, Armen und Beinen des Partners oder Gegners dessen abstützende Körperteile zu „klauen“, d.h. sie in ihrer stützenden Funk-tion aufzuheben (z.B. durch Wegziehen, Blockieren)

● körpernah am Partner/Gegner zu agieren● die Vorteile der Hebelgesetze zu nutzen

Beim Finden von „Umdrehern“ und Haltegriffenmüssen im Vorfeld mit den Schülern die poten-tiellen Gefahrenquellen besprochen werden:

- Was und wie darf angefasst werden?- Fingerfassen, Würgen und Hebeln sind

verboten.- Bei Haltelösungen darf der Kopf nicht im

Schwitzkasten gehalten werden, d.h. dass der Hals/Kopf nicht ohne Einbeziehung eines Armes umschlungen werden darf.

- Beim Angriff aus dem Kniestand nicht auf den Körper des Partners fallen lassen.

- Es empfiehlt sich, ab jetzt ohne Schuhe zu kämpfen

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Baustein 6

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Baustein 6

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Von der Bankposition in die Rückenlage drehen

Schildkröte umdrehen

Ein Schüler verteidigt sich in der niedrigen odermittleren Bankposition („Schildkröte“).Unterarme und Ellbogen sind aufgestützt.

Der Partner soll Möglichkeiten finden, die„Schildkröte“ auf den Rücken zu drehen unddort festzuhalten.

Hierbei sollten verschiedene Angriffspositionen(vom Kopf her, von der Seite, von hinten) aus-probiert werden.

Bei größeren Mattenflächen kann diese Übungs-form auch als Gruppenspiel nach den Regeln desSpiels „Schwarzer Mann“ gespielt werden, wobeies darum geht, möglichst viele „Schildkröten“ zuwenden. Jede umgedrehte Schildkröte wird dannzum Drehhelfer.

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Baustein 6

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Von der Bauchlage in die Rückenlage drehen

Baumstammrollen

Ein Schüler nimmt unterschiedliche Positionen in der Bauchlage ein, z.B. als„Baumstamm ohne Äste“.

„Baumstamm mit Ästen“, die er nicht mehr verändern darf.

Der angreifende Schüler versucht jeweils, diesen „Baum“ in die Rückenlage zu drehen.Dabei sollten auch schon erprobte und erfolg-reiche Umdrehstrategien angewendet werden(vgl. S.106 und S.107).

Weiterführung bei allen Umdrehaufgaben:Nach dem Drehen gilt es, den Partner in Rücken-lage zu fixieren. Bei dieser weiterführendenAufgabe ist mit mehreren Lösungen zu rechnen.

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Schlüsselstellen der Technik (Rechtsausführung)

- Einklemmen des rechten gegnerischen Armes unter der linken Achselhöhle

- Hindurchführen des eigenen rechten Unter-armes unter die linke Achselhöhle des Partners

- diagonale Belastung mit dem Oberkörper, rechtwinklige Ausrichtung der Beinachse zur Körperlängsachse des Festgehaltenen

- Beine stützen in mittlerer Stützstellung (Stützdreieck), wobei das vordere Bein fast gestreckt, das hintere im Kniegelenk ange-winkelt ist

Zwei anfängergerechteFesthaltetechniken 3)

3 S.102: Dreistützpunkte-Haltegriff (Unterarm, Beine); japanisch: Kuzure-kesa-gatameS.103: Vierstützpunkte-Haltegriff (Unterarme, beide Knie); japanisch: Mune-gatame

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Baustein 6

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Schlüsselstellen der Technik(Rechtsausführung)

- möglichst großflächige Oberkörperbelastung im Schulter-Brustbereich des Partners

- Hüfte absenken, flach auf den Boden drücken- stützende Beine strecken (s.o.) oder bei

gegendrückendem Partner anwinkeln- Kontrolle der gegnerischen Schulter durch

Einklemmen

Bei allen Festhaltestrategien und -techniken wer-den die Schüler erfahren, dass es günstig, kraft-sparend und erfolgversprechend ist:

● körpernah am Partner oder Gegner zu agieren● den eigenen Körperschwerpunkt tief zu halten● die eigene Körperfläche breit zu verteilen

(Drei- bzw. Vierstützpunkte)

● die Belastung auf Oberkörper, Brust und Schultern des Festzuhaltenden variabel und reaktiv zu gestalten (dynamische Muskel- spannung statt Dauerverkrampfung)

Um diesen technischen Empfehlungen optimalentsprechen zu können, ist ein langer Lern- undÜbungsprozess notwendig. Von daher ergebensich logischerweise Abweichungen von denSchlüsselstellen - im Folgenden als „Schwerpunkt-fehler“ bezeichnet - die es dem Festgehaltenenermöglichen bzw. erleichtern sich zu befreien(siehe Seiten 112-117). Diese Chance erhöht sichdurch entsprechende Bewegungsaktivitäten desFestgehaltenen.

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Baustein 6

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Schwerpunktfehler 1mangelnde Haltekontrolle durch die Arme

Befreiungsstrategie- mit der linken Schulter vor den

Haltenden drehen- gleichzeitig den rechten Ellbogen

und die rechte Schulter ruckhaft zurückziehen

- weiter drehen auf den Bauch

Beispielhafte Befreiungs-strategien zum Dreistütz-punkte-Haltegriff(Kuzure-kesa-gatame)

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Baustein 1

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Baustein 6

Schwerpunktfehler 2mangelnde Belastung mit dem Oberkörper, d.h.Oberkörper ist zu aufrecht. Außerdem sind diestützenden Beine zu weit vorne (180°-Winkel der Körperlängsachsen).

Befreiungsstrategie- mit dem linken Arm den Haltenden nach hin-

ten drücken, wobei der Unterarm entweder quer vor den Hals oder diagonal vor die Schulter gelegt wird

- auf die rechte Gesäßhälfte drehen (Po zurückziehen)

- Armdruck verstärken und sich schwungvoll über die rechte Körperseite aufrichten

- den Haltenden in die Rückenlage stoßen

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Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 6

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Schwerpunktfehler 3das obere, hintere Bein ist zu nahe an den geg-nerischen Beinen.

Befreiungsstrategie- den Oberkörper des Haltenden an den eigenen

Oberkörper heranziehen.- sich mit dem Bauch zum Haltenden drehen- mit beiden Beinen das gegnerische hintere

Bein umklammern

- laut Wettkampfregel im Judo gilt ein Haltegriff auch als gelöst, wenn beide klammernden Beinezu einem Kreis geschlossen sind.

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Schwerpunktfehler 1Hüfte und damit der Körperschwerpunkt zu hoch.Dadurch ergibt sich eine mangelnde Kontrolle desgegnerischen Brust-Schulter-Bereichs.

Befreiungsstrategie- Drehung um die Körperlängsachse nach links,

d.h. über die (schlecht) gehaltene Schulter

- vom Haltenden weg auf den Bauch drehen. Als zweite Lösung kann auch zum Haltenden hin gedreht werden.

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Baustein 6

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Beispielhafte Befreiungs-strategien zum Vierstütz-punkte-Haltegriff(Mune-gatame)

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Schwerpunktfehler 2Belastung zu stark auf Bauch/Oberschenkel und zu wenig auf Brust-Schulter-Bereich. Dadurchfehlt die nötige Oberkörper/Schulterfixierung.

Befreiungsstrategie- Flankenseite des Haltenden in Richtung

eigene Füße wegschieben

- Oberkörper schwungvoll über die rechte Körperseite aufrichten

- Beine im Halbkreis unter dem Oberkörper des vorher Haltenden zurückziehen und versuchen, selbst einen Haltegriff anzusetzen

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Baustein 6

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Schwerpunktfehler 3Hüfte zu weit weg und Schwerpunkt zu hoch.Von daher ist keine Kontrolle durch Belastunggegeben.

Befreiungsstrategie- gegnerische Hüfte auf Distanz halten bzw.

diese durch Wegschieben vergrößern

- zum Haltenden drehen und mit beiden Beinen dessen nächstgelegenes Bein um-klammern

- vgl. hierzu Hinweis auf Wettkampfregel (S.114 unten)

Bei allen Festhaltestrategien und -techniken wer-den die Schüler erfahren, dass es günstig, kraft-sparend und erfolgversprechend ist:

● körpernah am Partner/Gegner zu agieren● durch ständige Aktivitäten die eigene Körper-

längsachse parallel zu der des Partner/Gegners zu bringen

● möglichst frühzeitig mit Befreiungsaktivitäten zu beginnen, d.h. bevor die technischen Knotenpunkte des Haltegriffes voll zur Geltung kommen

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Die im Folgenden vorgestellten Varianten desKämpfens am Boden zielen auf ein höheresKönnensniveau der Kämpfer. Dies zeigt sich u.a.in folgenden Bereichen:

- Erweitertes Fertigkeitsrepertoire- Verbesserte Bewegungsqualität- Verbesserte taktische Handlungskompetenz- Kultivierter Kampfstil

Dies alles kann ebenfalls im Rahmen des „normalen“ Sportunterrichts realisiert werden.

● Fehler erkennen und stimmig reagierenDer Festhaltende baut in seine Haltetech-niken bewusst Schwerpunktfehler ein, die erjeweils für kurze Zeit (ca. 5 Sekunden) auf-recht erhält. Der Gehaltene muss innerhalb dieser Zeit den/die Fehler erkennen und einedazu passende Befreiungsstrategie anwenden.

● Verkehrte AufgabenweltViele Übungen können aufgabenverkehrt durchgeführt werden. Beispielsweise mussdie Schildkröte in der kleinen Bankposition gehalten werden, denn sie will sich auf den Rücken drehen.

● RandoriformenUnter Randori versteht man ein spielerisch übendes Kämpfen mit Absprachen unter den Kämpfenden. Kampfwege und Ideen sollen dabei erprobt und weiterentwickelt (kulti-viert) werden. Im Gegensatz zum institutio-nalisierten Wettkampf bleiben Niederlagen folgenlos.

● „Haltegriffkönig“Es wird so lange gekämpft, bis entweder ein Haltegriff 25 Sekunden gehalten wird oder eine erfolgreiche Befreiung gelingt. Danach erfolgt ein Rollentausch und/oder ein Partnerwechsel. Als differenzierende Maß-

nahme kann der Haltegrifftyp vorher abge-sprochen werden.

● Kämpfen nach AnsageBodenkämpfe mit vorausgehender Festlegungder Körperposition (z.B. Bank, Bauchlage, Kniestand) und der Angriffsrichtung (z.B. vom Kopf her, von der Seite, von den Füßen).

● HandicapkämpfeEin oder beide Partner/Gegner werden in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt (han-dicapped). Beispielsweise muss ein Gegen-stand (kleiner Ball, Tuch) mit der „starken“ Hand festgehalten werden. Denkbar ist auch,die Beine mit dem Judogürtel zusammen zu binden oder die Augen zu verbinden, damit der Sehsinn ausgeschaltet wird.

Die genannten Varianten des Kämpfens am Bodenkönnen selbstverständlich auch miteinanderkombiniert werden.

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Variantenreiches Kämpfenam Boden

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Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 6

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Vorbemerkungen

Die meisten Schüler verbinden mit dem BegriffKämpfen eine Aktion, die mit einer typischenAusgangsposition beginnt, dann über eineKampfhandlung einen Wurf oder Gegenwurfbeinhaltet und falls erforderlich, am Boden wei-tergeführt wird. Sowohl didaktisch-methodischeGründe als auch Aspekte der Sicherheit legen esaus unserer Sicht nahe, Standkämpfe erst nachder Einführung des Kämpfens am Boden zu bear-beiten (vgl. Baustein 6). So ist bei kämpferi-schen Auseinandersetzungen im Stand im Ge-gensatz zu Bodenkämpfen der Aktionsradius derBeteiligten beträchtlich erweitert. Der Kraftein-satz ist groß und Bewegung findet mit hoherGeschwindigkeit statt. Die Kontrolle eines Part-ners über den Partner oder Gegner und den eige-nen Körper kann zu einem Problem werden.Auch die Orientierung im Raum und auf einerfestgelegten Kampffläche ist erfahrungsgemäßmit gewissen Schwierigkeiten verbunden. Käm-pfe im Stand sind komplexer und erfordern, spätestens in der sportartspezifischen Ausprä-gung, viel technisches und taktisches Verständ-nis der Schüler.

Die bisher aufgeführten Inhalte dieser Handrei-chung wirken auf die Entwicklung des Zwei-kampfverhaltens im Stand durchgehend förder-lich. Bei Standkämpfen kommen nämlich demGleichgewichtserhalt, der angemessenen Körper-spannung, der Lage des Körperschwerpunktes,der Bewegungsökonomie und der Antizipations-fähigkeit besondere Bedeutung zu.

Die Struktur dieses Bausteins 7 ist die gleichewie bei „Kämpfen am Boden“. Zuerst werden inder Stoff- und Aufgabensammlung „Kämpfe umGegenstände“, dann „Kämpfe um den Raum“ vor-gestellt. Die bei Baustein 6 getroffenen Aussagenüber Bedeutung und Ziele des Kämpfens um

Gegenstände bzw. um den Raum am Boden gel-ten ebenfalls für den Standkampf.

Obwohl bei den meisten der folgenden Kampf-spiele und Übungen im Stand nicht der Fall desPartners das entscheidende Kriterium für Siegbzw. Niederlage ist, kann es im Eifer des Spiel-verlaufes zum Gleichgewichtsverlust und somitzum Sturz eines Schülers kommen. Von daherempfiehlt es sich, die Inhalte des Bausteines„Vom unkontrollierten Stürzen zum sicherenFallen“ vielen der hier empfohlenen Inhalte vorzuschalten und sie immer wieder zu üben, zu verfeinern und zu Routine werden zu lassen.

Spätestens beim „Partnerschaftlichen Werfen und Fallen“ sollten die Falltechniken in Grob-form beherrscht werden. Inhalt dieses Kapitelsist die Vermittlung zweier Techniken aus derSportart Judo: Beinstellen (O-soto-otoshi) undHüftwurf (O-goshi). Im Mittelpunkt steht daskooperative Miteinander im Gegeneinander zwei-er Schüler, die als Partner den „Wurf“ und das„Geworfen-Werden“ erleben und wahrnehmensollen. Die gegenseitige Verständigung und diepsychische Einstellung beider Beteiligten habenbeim Erwerb dieser Judotechniken zentralenStellenwert (siehe auch die zusätzlichen Vorbe-merkungen zu diesem Punkt). Die Erarbeitungweiterer kämpferisch relevanter Wurftechnikenund deren Anwendung unter Widerstandsbedin-gungen ist selbstverständlich eine weitere Stufe- auch in der Ausbildung und Erfahrung derLehrkraft - übersteigt aber den Rahmen dieserHandreichung.

Pädagogische Perspektiven

● Wahrnehmungsfähigkeit verbessern - Bewegungserfahrungen erweitern

● Kooperieren, wettkämpfen und sich verständigen

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Kämpfen im Stand

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Ziele

● Körperkontakte zulassen● Eroberungs- und Verteidigungsstrategien

entwickeln, erproben und ggf. verändern● Eindeutige Regeln zum sportlichen Handeln

finden, akzeptieren, einhalten und variieren● Sich über Wahrnehmungen, Gedanken und

Gefühle beim Kämpfen austauschen● Sich auf Dynamik und Sicherung des

Gleichgewichts beim Kämpfen im Stand einstellen

● Auf mögliche Fallsituationen angemessen reagieren

● ...

Themenvorschläge

● Wie verteidigen wir einen Gegenstand gegenfremden Zugriff?

● Strategien des Verteidigens und Eroberns entdecken

● Die Auswahl der Gegenstände und die Ausstattung der anderen Seite beeinflussen das Kampfverhalten

● Wie bestimmt die Distanz zum Partner das Kampfverhalten?

● In welchem Wirkungszusammenhang stehen die Lage des Körperschwerpunktes und Gleichgewicht?

● Wie unterscheidet sich das taktische Verhalten beim Kämpfen am Boden und im Stand?

Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 7

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Kämpfen im Stand umGegenständeStoffsammlung/Aufgaben

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Ball-Eroberung

Ein Spielfeld in dessen Mitte 10 Bälle liegen,wird z.B. mittels Mattenbahnen abgegrenzt. ZweiMannschaften sitzen oder stehen sich an denSchmalseiten des Spielfeldes gegenüber.

Auf ein Startsignal hin laufen alle Schüler zurMitte und versuchen, so viele Bälle wie möglichhinter die eigene Mattenlinie zu bringen. Dabeiist gegenseitiges Abnehmen der Bälle nur aufdem Spielfeld erlaubt. Kopf aufrecht halten, um Zusammenstöße zuvermeiden.

VariationNachdem die beiden Mannschaften ihre Plätzeauf den Mattenbahnen eingenommen haben,bestimmen sie eine Reihenfolge ihrer Mitspieler(„Erster“, „Zweiter“ …). Dann ruft der Spielleiterjeweils die ersten, zweiten … Spieler jederMannschaft auf und rollt jeden Ball einzeln vonaußen ins Spielfeld. Die jeweils aufgerufenenSpieler („Erster“, „Zweiter“…) laufen nun insFeld, erobern den Ball und bringen ihn hinterdie eigene Mattenlinie. Der Gegenspieler versuchtdies zu verhindern.

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Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 7

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Schatz bewachenAlle Teilnehmer bilden einen Kreis und haltensich gegenseitig an den Händen oder mit denArmen eingehakt fest. In der Kreismitte liegt einSchatz (Ball, Seil o.ä.), der zu bewachen ist. EinRäuber versucht nun, in den Kreis zu gelangenund den Schatz zu erobern. Die Verteidiger ver-suchen dies zu verhindern, indem sie mit ihrenKörpern den Schatz gegen den Angreifer abschir-men und diesen abdrängen, ohne ihn jedochfestzuhalten.

Ballklau(Spielbeschreibung, siehe Baustein 6, Seite 97).

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Baustein 7

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Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

Baustein 7

Drache „Smaug“Der Drache „Smaug“ bewacht innerhalb einesKreises einen Schatz, der vor ihm auf dem Bodenliegt (Tuch, Ring, Ball). Um ihn herum stehenauf einer Kreislinie (Hallenmarkierung) in 2-3 mAbstand mehrere (5-10) Räuber, die versuchen in den Kreis einzudringen und den Schatz zurauben.

Klammern erobern oder Schwänzchen fangenJeder Schüler befestigt an seiner Kleidung einebestimmte Anzahl Wäscheklammern oder stecktein Parteiband, Tuch o.ä. in seinen Hosenbund.Die Gegenstände müssen sichtbar sein und dür-fen nicht festgehalten werden. Sie sind von denMitspielern zu erobern und an der eigenenKleidung zu befestigen.

Der Drache darf sich frei im Spielkreis bewegen.Wird ein Räuber vom Drachen beim Raubversuchdurch Abschlagen erwischt, erstarrt dieser aufder Stelle. Abgeschlagen werden darf nur, wersich im Kreis befindet. Wer den Schatz erobert,wird zum neuen Drachen.

Matte freihalten(Spielbeschreibung, siehe Baustein 6, S.100).

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Ziele

● Körperkontakte zulassen● Taktische Fähigkeiten entwickeln und

situativ anwenden● Klare Regeln zum kampfbetonten Handeln

finden, akzeptieren, einhalten und ggf. variieren

● Sich über Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle beim Kämpfen austauschen

● Sich auf Dynamik, Gleichgewichtssituation und räumliche Situation beim Kämpfen im Stand einlassen

● Auf mögliche Fallsituationen angemessen reagieren

● ...

Themenvorschläge

● Wie bestimmt die Distanz zum Partner das Kampfverhalten?

● Unterschiedliche Flächen, Räume und Mattenarten beeinflussen die Art des Kämpfens

● Wie beeinflußt der Raum das unterschied-liche taktische Verhalten beim Kämpfen am Boden und im Stand?

● Wie setzt man Kraft, Körpergewicht und Körperhaltung vorteilhaft für die Kampf-führung ein?

● In welchem Wirkungszusammenhang stehen die Lage des Körperschwerpunkts und das Gleichgewicht?

● Wie werden Fallsituationen vermieden?

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Baustein 7

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Kämpfen im Stand um denRaumStoffsammlung/Aufgaben

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Baustein 7

Kanaldeckel-SpielAus mehreren Reifen oder Matten werden „Kanal-deckel“ gebildet, die nicht betreten werden dür-fen. Je zwei Schüler versuchen, sich gegenseitigauf den „Kanaldeckel“ zu ziehen. Jeder Fußkon-takt innerhalb des „Kanaldeckels“ zählt.

VariationDieses Spiel kann auch mit einer Gruppe statt-finden. Hierbei ist die Größe des „Kanaldeckels“der Gruppengröße anzupassen. Linienmarkie-rungen in der Turnhalle können auch benutztwerden.Der Kampf wird intensiver, wenn die am even-tuellen Lösen der Handfassungen beteiligtenGruppenmitglieder kurzfristig ausscheiden bzw.zu einer anderen Fläche wechseln müssen!

Es empfiehlt sich im Unterarmgriff zu fassen.

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Kanaldeckel umgekehrtJeder der beiden Spieler setzt einen Fuß auf den„Kanaldeckel“ und muss versuchen, diesenwährend eines Verdrängungskampfes dort zubehalten.

Es empfiehlt sich im Unterarmgriff zu fassen.

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Baustein 7

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Baustein 7

KampfballZwei Mannschaften von je fünf bis siebenSchülern müssen einen Medizinball über dasSpielfeld von der eigenen Grundlinie hinter dieder Gegenmannschaft transportieren. Dies darfnur durch Tragen oder Rollen geschehen.

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Beute ins NestZwei Schüler bestimmen jeweils eine entferntausgelegte Matte als ihr „Nest“, in das die„Beute“, d.h. der Partner gezogen, geschobenoder getragen werden muss.

Bei allen Paaren wird die Orientierung im Raumverstärkt geschult.

Die kämpfenden Paare dürfen sich untereinandernicht anrempeln oder berühren.

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Vier-Felder KampfEin Kreuz wird auf dem Boden markiert. So en-stehen vier Felder. Nun stellen sich vier Schülerin eines der vier Felder. Auf ein Startzeichen hindrängen sich die Schüler gegenseitig in das imUhrzeigersinn liegende nächste Feld. Der imAnfangsfeld verbliebene Spieler ist Sieger. Vomzweiten Feld aus drängen sich die restlichenKämpfer weiter ins dritte und schließlich insvierte Feld.

Der Reiz an diesem Spiel ist das Auskämpfen derPlätze.

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Die zwei LagerZwei Mannschaften stehen sich in fünf bis sechsMetern Entfernung gegenüber. Jede Mannschaftbesitzt eine Matte als „Lagerplatz“. Auf einSignal hin laufen alle Spieler zu einer in derMitte gezogenen Linie und versuchen, einenGegenspieler ins eigene Lager zu ziehen.

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Baustein 7

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Baustein 7

Kämpfender KreisAlle Mitspieler (acht und mehr) stehen alsInnenstirnkreis mit den Armen eingehakt aufeiner Mattenfläche oder auf einem ebenso gro-ßen Kreis aus Matten (vgl. Bild). Alle versuchen,ihren Nachbarn durch „Bein-Stellen“ oder „Bein-Hakeln“ in Verbindung mit Armzug und Schulter-druck aus dem Gleichgewicht zu bringen. Be-rührt ein Spieler mit dem Gesäß die Matte, schei-det er aus und bildet mit weiteren Ausgeschie-denen einen neuen kämpfenden Kreis.

Das Fallen ist unproblematisch, da der Schülerdurch die Arme seiner Mitschüler gehalten wird.

Der stärkste KreisIn der Mitte des Spielfeldes befindet sich einKreis als Bodenmarkierung. Vier gleichstarkeMannschaften bilden durch Einhaken der Armevier Kreise. Auf ein Zeichen des Spielleiters hinversuchen alle eingehakten Schüler als erste inden am Boden markierten Kreis zu gelangen. DerPersonenkreis darf sich dabei nicht öffnen. Nunbeginnt ein gegenseitiges Behindern, Schieben,Drängen. Sieger ist die Mannschaft, die als ersteim Mittelkreis steht ohne ihren Kreis gelöst zuhaben.

Stolperstellen können durch bündigeMattenaufbauten vermieden werden.

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König entführenZwei Mannschaften besitzen je eine Burg. JedeMannschaft wählt/bestimmt einen ihrer Mitspie-ler als König. Der König ist der Gegenmannschaftnicht bekannt! Jede Mannschaft versucht, denKönig der Gegenmannschaft zu identifizierenund ihn dann in die eigene Burg zu ziehen.Dabei müssen die Teilnehmer die gegnerischeSpielfeldhälfte betreten. Eine Mannschaft hatgewonnen, wenn sie den König der Gegen-

mannschaft erkannt und in die eigene Burg ge-bracht hat. Die Mitspieler des Königs dürfen ihmbei drohender „Entführung“ helfen. Der Königsollte möglichst lange geheim gehalten werden.

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Baustein 7

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Baustein 7

Die GrenzeZwei etwa gleich starke Mannschaften stehensich in einer Entfernung von drei bis vier Meterngegenüber. Zwei Meter hinter jeder Mannschaftwird eine Linie mit Turnmatten als Grenze ausge-legt. Auf ein Signal hin versucht eine Mann-schaft die gegnerische Grenze zu erreichen; dieandere hindert sie daran. Der Grenzübergang istnur gültig, wenn ein Schüler die Linie mit bei-den Füßen überschritten hat.

Es empfiehlt sich, das Spiel auf 30 Sekunden zubegrenzen.

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Tauziehen im ViereckVier Schüler haben sich zu einem Quadrat aufge-stellt. Ein Tau, dessen Enden zusammengebundensind, dient zum Tauziehen. Hinter jedem Schülerliegt ein Gegenstand, der während des Tauzie-hens zu erreichen ist (z.B. Medizinball, Keule).

BeschützenVier bis fünf Schüler bilden einen Kreis mitHand- oder Schulterfassung. Ein Fänger soll nuneinen vorher bestimmten Schüler im Kreisberühren. Der Fänger kann um oder durch denKreis laufen.

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Baustein 7

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Baustein 7

KäfigspielSechs bis zehn Schüler bilden durch Handfassungeinen runden Käfig und schließen einen weite-ren Mitspieler darin ein. Dieser muss versuchen,aus dem Käfig zu entkommen, z.B. durch die„Gitterstäbe“ hindurch oder über die Haltendenhinweg.

Von den „Käfig-Spielern“ kann völlige Passivität oder „gemäßigter Widerstand“ verlangt werden!

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Sumo

Eine Mattenfläche wird ausgelegt und mitTurnmatten gesichert. Zwei Schüler kämpfengegeneinander, indem sie versuchen, sich aus derKampffläche zu drängen oder ...

... den Konkurrenten auf der Mattenfläche zuFall zu bringen.Auf der Sicherheitsfläche darf nicht gekämpftwerden und es dürfen sich keine weiterenSchüler darauf aufhalten. Bei Kämpfen im Stand ist eine Niedersprung-matte zu verwenden (siehe Kapitel „Sicherheits-förderung beim Kämpfen im Sportunterricht“).

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Baustein 7

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Vorbemerkungen

In diesem Baustein werden erste, einfach zu ver-mittelnde und zu erlernende Wurftechniken ausder Sportart Judo vorgestellt. Eine der Voraus-setzungen zum Erlernen dieser Techniken ist nachJigoro Kano, dem Begründer des Judos, das Prin-zip vom „gegenseitigen Helfen und Verstehen“,d.h dass das Erlernen aller Fertigkeiten (Würfe,Griffe) eine dauernde Kooperation der Schülervoraussetzt. Der Lernfortschritt des Werfers beimErwerb und Üben von Techniken wird beispiels-weise durch die aktive Mithilfe des zu Werfendenunterstützt.

Durch das Miteinander bei der Aneignung undDurchführung von Wurftechniken werden gleich-zeitig potentielle Gefahren und Situationen ver-mieden oder nachhaltig entschärft.

Ähnliche körperliche Voraussetzungen bei Jun-gen und Mädchen sind selbstverständlich günsti-ge Voraussetzungen für kooperatives Üben. Diffe-renzen in den körperlichen Merkmalen und Pro-portionen fördern jedoch auch die im Zweikampf-sport notwendige Einstellung und Anpassung aufneue Partner oder Gegner und tragen zusätzlichzur Abwechslung im Übungsablauf bei.

Es werden nun zwei Judowürfe aus zwei Anwen-dungssituationen heraus entwickelt. Standard-Ausgangspositionen beim Kämpfen im Stand sindeinerseits das gegenseitige Ziehen der Partnerbzw. Gegner aufeinander zu und andererseits dasgegenseitige Drücken/Schieben voneinander weg.Wie bereits gesagt, ist ein grundlegendes Prinzipim Judo das Siegen durch Nachgeben (sanfterWeg). Hierbei werden gegnerische Kräfte durchAusweich- und Begleitbewegungen optimal fürdie Ausführung einer Wurftechnik genutzt(Prinzip: Aktion - Reaktion). Ziehen sich alsozwei Schüler gegenseitig, gibt der eine plötzlichseinen Zug auf, geht auf den dadurch nach hin-

ten strauchelnden Partner zu und stellt ihm alsWerfer ein Bein (O-soto-otoshi). Versuchen zweiSchüler jedoch sich gegenseitig wegzuschieben,nutzt der Werfer die Kraft/Energie des Partners,indem er zur Seite ausweicht und einen „Hüft-wurf“ (O-goshi) ausführt, d.h den Vorwärtsimpulsdes schiebenden Partners ausnutzt, um ihn überdie Hüfte weiter zu ziehen.

Als Vermittlungshilfe werden bei beiden Würfen„Schlüsselstellen“ hervorgehoben, die sowohlKnotenpunkte der Technik als auch unterstüt-zende Maßnahmen des Partners illustrieren. Beider Vermittlung des Hüftwurfes wird zusätzlicheine „Geländehilfe“ vorgestellt, die das Aufladendes Partners auf die Hüfte erleichtert.

Im Anschluss an die Technikvermittlung werdenÜbungssituationen dargestellt, die Anwendungs-möglichkeiten der Würfe aus unterschiedlichenBewegungsrichtungen zeigen.

Die Auswahl der exemplarisch ausgewähltenWurftechniken erfolgte nach folgenden Kriterien:

● Kontrolle über den Partner und die WurfgeschwindigkeitBeide Techniken ermöglichen ein hohes Maßan Kontrolle des Werfenden über den Gewor-fenen. Durch die Sicherung mit dem eigenenGriff kann der Werfende während jeder Phasedes Wurfes den Geworfenen kontrollieren (vgl. Schlüsselstelle der Techniken). Die Würfe können, beginnend mit Zeitlupenge-schwindigkeit, mit zunehmender Bewe-gungssicherheit schneller werden.

● Verständnis des AblaufsSowohl das „Bein stellen“ als auch das Werfen über die Hüfte verstehen die Schülervom Bewegungsablauf schnell.

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Partnerschaftliches Werfen und FallenStoffsammlung/Aufgaben

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● Höhe des FallsBeim „Bein stellen“ ist die Fallhöhe bewusst niedrig gewählt. Der Geworfene fällt hierbei maximal aus Standhöhe. Durch die perma-nente Griffsicherung des Werfenden (vgl. Schlüsselstelle zu dieser Technik) wird der Geworfene kontrolliert abgelegt.

Beim „Hüftwurf“ ist die maximale Fallhöhe die Höhe der Hüfte des Werfenden. Auf den ersten Blick erscheint diese Technik durch die Fallhöhe schwieriger, ist sie jedoch nicht,da durch die Griffsicherung um die Hüfte des Partners dieser eher getragen und an-schließend abgelegt wird.

● WurffamilienDer fortgeschrittenen Sportlehrkraft wird durch die beiden exemplarisch dargestellten Wurftechniken der Zugang zu weiteren Wurftechniken eröffnet, die aufgrund ihrer Gemeinsamkeiten in der Judosystematik zu Wurffamilien zusammengefasst sind.

Bei der Vermittlung dieser Wurftechniken kannweiterhin auf spezielle Matten und Judo-Anzügeverzichtet werden. Wir empfehlen jedoch, festelangärmelige und langbeinige Sportbekleidungzum Schutz vor Hautabschürfungen auf der rau-en Mattenoberfläche zu tragen (vgl. auchKapitel: „Sicherheitsförderung beim Kämpfen imSportunterricht“).

Ziele

● Im Miteinander Techniken erlernen und anwenden

● Die kooperative Rolle des Werfers und Geworfenen erkennen und annehmen

● Prinzipien von Wurftechniken erfahren, verstehen und selbst umsetzten

● Eindeutige Absprachen und Regeln beim Technikerwerb finden, akzeptieren und einhalten

● In Wurf- und Fallsituationen angemessen und unterstützend agieren und reagieren

● Den Zugang zur Zweikampfsportart Judo anbahnen

● Den Partner unter Zuhilfenahme der erlernten Techniken aus dem Gleichgewicht bringen

● ...

Themenvorschläge

● Der Geworfene unterstützt den Werfer● Wie begleitet der Werfer den Fallenden

idealtypisch bei einem Wurf?● Wir erhöhen die Sicherheit beim Erwerb

neuer Wurftechniken durch gezielte Maßnahmen

● Unterschiedliche körperliche Merkmale und Proportionen beeinflussen den Technikerwerb

● Wie werden Kraft, Gewicht und Haltungvorteilhaft beim Erwerb und Anwenden von Wurftechniken eingesetzt?

● Unter welchen Bedingungen gelingt ein Wurf, unter welchen scheitert er?

● Gibt es einen Wirkungszusammenhang zwischen der Lage des Körperschwerpunktesund dem Erhalt des Gleichgewichtes?

● Sportartspezifische Kleidung (Judoanzug) und Untergründe (Judomatte) beeinflussen den Technikerwerb

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Baustein 7

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Jeder der beiden Schüler zieht den anderen zu sich.

Die Angreiferin gibt plötzlich ihren Zug auf,macht einen Ausfallschritt seitlich neben denPartner, ...

... stellt das Nachziehbein hinter das rechteStandbein des Partners (siehe S.143) und ...

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Baustein 7 Bein stellen (O-soto-otoshi)

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Baustein 7

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... drückt diesen über das eigene Blockierbein um.

Der Partner wird in der Fallbewegung begleitetund abgelegt (siehe S.144).

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Baustein 7

SchlüsselstelleDurch die Fassart im Nacken und am Ellbogenkann der Partner beim Wurf „sanft“ bis auf dieMatte geführt werden.

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SchlüsselstelleBeim Wurfansatz Kniekehle an Kniekehle platzieren.

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Baustein 7

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Baustein 7

SchlüsselstelleBeim Wurf wird ein Arm festgehalten und derGeworfene so in eine günstige Fallposition ge-bracht. Der Werfende sichert mit aufrechtemOberkörper und leicht gebeugten Knien, um einStürzen auf den Partner zu vermeiden und denFall des Geworfenen abzumildern und die Lan-dung zu unterstützen (siehe Baustein 5: „Vomunkontrollierten Stürzen zum sicheren Fallen“ –Der Fall seitwärts).

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Baustein 7

Übungssituation: Schüler geht rückwärts

Der die Aktion auslösende Schüler geht einenSchritt zurück.

Die Angreiferin folgt ihm und macht einenAusfallschritt neben, besser noch „hinter“ daszurückgesetzte Bein.

Sie platziert ihre Kniekehle an die Kniekehle des Partners, zieht diesen zu sichheran und ...

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... drückt ihn über das blockierende Bein nach hinten um.

Der Arm wird bei der Landung gesichert.

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Baustein 7

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Baustein 7

Übungssituation: Schüler geht vorwärts

Der die Aktion auslösende Schüler geht einenSchritt vor.

Die Angreiferin weicht mit einem Schritt zurSeite aus und stellt ihr Spielbein mit derKniekehle hinter die Kniekehle des Schülers.

Sie zieht ihn zu sich heran und drückt ihn überihr blockierendes Bein (Hindernis).

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Der Fall des Geworfenen wird abgemildert und dieLandung unterstützt, indem ein Arm festgehaltenwird.

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Beide Schüler versuchen sich gegenseitig wegzu-drücken. Der Angreifer gibt plötzlich dem Drucknach und umfasst die Hüfte der Partnerin.

Er platziert seine Füße parallel vor den Füßen derPartnerin und beugt bei aufrechtem Oberkörperdie Knie.

Beim Werfen preßt er die Partnerin weiterhin mit seinem Arm an seinen Rücken, streckt dieBeine und zieht sie bei gleichzeitigem Abbeugendes Oberkörpers über seine Hüfte.

Der Fall des Geworfenen wird abgemildert und dieLandung unterstützt, indem beim Ablegen derPartnerin ein Arm festgehalten wird.

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Hüftwurf (O-goshi)

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Baustein 7

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Schlüsselstellen

Sie geht auf die Zehenspitzen, damit sich derWerfende besser unter ihrem Körperschwerpunktplatzieren kann. Möglich ist auch, dass sie dieAktion auslöst, indem sie dem Werfer ihr Gleich-gewicht schenkt.

Die Partnerin unterstützt den Eingang, indem sieden Partner mit der Hand in eine gute Wurfpo-sition dirigiert. Zusätzlich kann sie durch Druckmit der Hand ihren Fall aktiv mitbeeinflussen.

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Baustein 7

Schlüsselstelle

Beim Werfen Füße zwischen die Füße desPartners, den eigenen Körperschwerpunkt unterden Körperschwerpunkt des Partners platzierenund dann aus den Knien heben.

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SchlüsselstelleDurch Festhalten des Arms wird die Landungerleichtert und der Geworfene in die Landeposi-tion gebracht (siehe Baustein 5: „Vom unkontrol-lierten Stürzen zum sicheren Fallen“ – Der Fall seitwärts, Seite 90).

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Baustein 7

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Übungssituation „Geländehilfe“

Ein Schüler steht auf einer Erhöhung(Kastendeckel, Langbank).

Die Angreiferin umfasst die Hüfte des Partners,zieht ihn an sich heran ...

... und lädt ihn wie einen „Mehlsack“ auf ihrenRücken. Der Schüler kann als „Mehlsack“ einige Meterweit getragen und dann abgelegt werden.

Nun legt sie ihn vor sich ab und mildert seinenFall, indem sie seinen Arm festhält.

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Übungssituation: Schüler geht vorwärts

Der Partner umfasst die Hüfte der Partnerin.

Die Partnerin geht einen Schritt vor und schenktsomit dem Werfer ihr Gleichgewicht.

Der Angreifer dreht sich in den Hüftwurf ein.

Der Fall des Geworfenen wird abgemildert und dieLandung unterstützt, indem beim Ablegen derPartnerin ein Arm festgehalten wird.

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Baustein 7

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Baustein 7

Schlussbetrachtung: Kultiviertes Kämpfen alsZiel sportunterrichtlicher Inszenierungen

Jeder, der sich willentlich in ein Zweikampfge-schehen einschaltet, ist bereit, ein überdurch-schnittliches Maß Kraft aufzubringen und dieemotionale Grenzsituation einer solchen wider-ständigen Kommunikationsform auf sich zu nehmen.

Die Motive, kämpfen zu wollen, sind dabei eben-so vielfältig wie die individuelle Ausgestaltungdieser Sinnperspektive. Gerade bei Heranwachs-enden fällt auf, dass nicht selten die kämpferi-schen körpernahen Auseinandersetzungen unter-einander sehr brutal geführt werden und vorallem die Hemmschwelle gegenüber Unterlegenenerschreckend gesunken ist. Offensichtlich ist esin Phasen entwicklungsbedingter Verunsicherun-gen und Belastungen besonders schwierig, imGegeneinander nicht außer Kontrolle zu geratenund auf fragwürdige Mittel im Besiegen Andererzu verzichten, insbesondere auch unter den zu-sätzlich überfordernden Bedingungen einer er-folgsorientierten, den Sieger verherrlichendenund den Verlierer („looser“) verachtenden Gesell-schaft. Es ist kein Ausnahmefall mehr, dass schonjüngere Kinder bei geringen Anlässen „durchdre-hen“, „ausrasten“ und zu gewalttätigen Aktionengegenüber Sachen und Personen neigen.

Diese extreme Form überschießender und unkon-trollierter Kräfte unterscheidet sich augenfälligvon kämpferischen Handlungen jener Kinder undJugendlicher, die z.B. im Rahmen schulischeroder vereinssportlicher Erziehung in einem Zwei-kampfsport gelernt haben, in einer sehr souve-ränen Weise mit körpernahen, handgreiflichenAuseinandersetzungen umgehen zu können.Offensichtlich ist es ihnen gelungen, durch dieEinverleibung bestimmter Regeln und ethischerOrientierungen die Abgeklärtheit und innereKontrolle zu gewinnen, die Voraussetzungen da-

für sind, dass Kämpfen nicht asozial ausartet,sondern zu einem partnerschaftlichen Bewäh-rungsfeld wird. Solche Schüler dokumentierenmit ihrem Verhalten, dass Kämpfen ein wertvollerund unersetzlicher Erfahrungsbereich auf demWeg zur eigenen Persönlichkeitsentwicklung sein kann.

In diesen beiden konträren Erscheinungsformenkämpfender Kinder und Jugendlicher zeigt sichdeutlich die sogenannte Ambivalenz von Kampfund Kämpfen, aus der heraus unsere pädagogi-sche Aufgabe im Schulsport und Sportunterrichterwächst. Kampf und Kämpfen sind nämlichnicht schon etwas Sinnvolles und Gutes an sich,sondern müssen dazu erst gemacht werden. Jenach Sinnbelegung und Ausübungsform könnenaus Kampf und Kämpfen Positives wie Sozialkom-petenz, Wahrnehmungssensibilität, ein positivesSelbstbild, Lebenshilfe, Persönlichkeitsentwick-lung und bedeutsame Bewegungs- und Körperer-fahrungen erwachsen oder auch Negatives wieBrutalität, Gewalt, Menschenverachtung, Verant-wortungslosigkeit, ethische Verwahrlosung, Zer-störungswut und Gefühle der Ohnmacht.

Wie allgegenwärtig und vielschichtig Kämpfen inseinen Erscheinungsformen ist, veranschaulichtdie folgende Grafik (sie wurde im Rahmen einerUnterrichtseinheit „Kämpfen“ entwickelt undkann auch in einem fächerübergreifenden Unter-richt als problemorientierter Lernimpuls wirken).

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Baustein 7

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Um

Gegen

Mit

Als

Für

alsspielerischesVerhalten

alssportlichesVerhalten

alsexistenzbedrohendesVerhalten

Rangeln, Balgen,Kräfte messen,Grenzen ausloten

TechnikzentriertesKämpfen in normiertenKampfsportarten

Prügelei, Krieg,Verbrechen,Gewaltanwendung,(Täter und Opfer)

Raum, Gegenstände,Rang, Anerkennung,Spielpartner

Taktische Vorteile,Rangplatz

(Vor-) Macht, Besitz,Territorien, „Über“-Leben

Herausforderungen,Widerstände, Angst,Gleichgewichtsverlust,Ungeschicklichkeit

Gegner, Niederlage,Trägheit des Körpers,Erschöpfung

Feindliche Ideologien,Waffen, Soldaten,Kriminelle

Gegenständen,Mitschülern,Geschwistern,Phantasien

Wettkampfgegnern,Kraft und Technik,Sportwaffen

MenschenvernichtendenWaffen, Feinden

Löwe,Indianer,Ritter

Kämpfer eines Vereinsoder einer Kampfsportart

Soldat, Ultimate-Fighter,Killer, Krimineller

emotionale Befriedigung,die Clique, die Freunde

Selbstwertgefühl,Fairness im Sport,Team, Trainer

Ideologien, Existrenz,Macht, Geld, Diktatoren,Machtbesessene

KÄMPFEN

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Baustein 7

Das Ziel aller Perspektiven ist das Bestreben zusiegen und zu gewinnen – wenn auch mit unter-schiedlichen Zielen und unter Einsatz unterschied-lichster Mittel – bei gleichzeitiger Einberechnungmöglicher Verluste und Niederlagen.

Auch im schulischen Rahmen sind viele dieserFormen erkennbar, wobei die große Bandbreiteindividueller Einstellungen und Vorerfahrungenauffällt. Im Extremen stehen überbehütete undin körperlichen Auseinandersetzungen gänzlichunerfahrene Kinder Mitschülern gegenüber, dienur das Faustrecht kennen und auch anwenden.

Es hilft nicht weiter, in der Schule den negativenPol der menschlichen Verhaltensform Kämpfen zuleugnen oder zu tabuisieren. Die Lebenswirklich-keit zeigt ständig die Einheit mit all den Unter-schieden und Gegensätzen. Nicht das Wegsehenoder die normative Belehrung, nicht die Verord-nung des „Guten“ oder das Verbot des „Schlechten“dämmen Negativerscheinungen ein, sondern eineerzieherisch geleitete Bearbeitung der ganzenErscheinungsbreite des Phänomens Kämpfen mitdem Ziel, so „kultiviertes Kämpfen“ zu erreichen.

Wenn wir von kultiviertem Kämpfen sprechen,geht es nicht mehr um einen simplen Kräftever-gleich und ein Ausleben von Aggressionen ohneRücksicht auf die Folgen. Die paradoxe Formeldes „Miteinander im Gegeneinander“ beschreibtbereits das Erstrebte und verweist kämpfendeGegner bzw. Partner auf eine verpflichtende so-zial-ethische, partnerschaftliche Rahmung, inner-halb derer jeder für sich selbst und gleichzeitigauch für den anderen Verantwortung überneh-men muss.

Wer mit anderen kämpft, muss lernen, das rechteMaß und die angemessene Form der Zumutungenfür den Partner zu finden, die es diesem nochermöglichen, mit Spaß und Freude kämpferischenWiderstand zu leisten. Lernen ist beim Kämpfen

nur dann möglich, wenn bei beiden Beteiligtendie Bereitschaft zu einem vertrauens- und verant-wortungsvollen Umgang miteinander vorhandenist und die Anpassung an die physischen undpsychischen Schwächen und Stärken des Partnersdessen Unversehrtheit garantiert.

Ein Sportunterricht, der dieses zum Ziel hat, mussChancen zu einem partnerschaftlichen Bewegungs-dialog, zu empathisch geleitetem Handeln, zuanspruchsvoller Reflexivität, aber auch zum Aus-leben von Kampfeslust eröffnen.

Mehrperspektivisch zu unterrichten hat zum Ziel,einen Inhalt wie Kämpfen aus unterschiedlichenBlickwinkeln wahrzunehmen, entsprechend zubearbeiten und dessen Potenziale auszuschöpfen.Hierzu bietet es sich an, Unterrichtsthemen krea-tiv, aussagestark und Reflexion anstoßend zu formulieren („Sinnstrang“), z.B. Was bedeutet:Kämpfen ist ein Bewegungsdialog? Was kann ichmeinem Kampfpartner alles zumuten, ohne dasser die Lust verliert, mit mir zu kämpfen? Rück-sicht heißt auf das Bewirkte zurückschauen.Hilfst Du mir, so helfe ich Dir auch u.v.a.m.

Schüler, die durch eine solche (Aus-)Bildunggehen oder gegangen sind, eignen sich hervorra-gend, sowohl als vorbildlicher Lernimpuls für ihreMitschüler zu wirken, als auch disziplinfremdunterrichtenden Lehrkräften helfend zur Seite zustehen. Diesen Schülermentoren kommt zugute,dass sie die Sensibilität und Empathiefähigkeitbesitzen, die zu ihren Klassenkameraden passen.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu las-sen. Den Autorinnen und Autoren dieser Hand-reichungen geht es darum, Kinder und Jugend-liche zum Kämpfen zu bringen. Sie sollen nachunseren Vorstellungen in der körpernahen, hand-greiflichen Auseinandersetzung mit anderen dieeigenen und fremden Widerstandskräfte verspü-ren, die mit dem beiderseitigen Willen verbun-

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den sind, einen anderen zu besiegen (z.B. durcheinen Wurf, einen Haltegriff oder einen Treffer).Sie sollen auch nicht nur das Erfreuliche, Schöne,Erleichternde kennen lernen und am eigenen Leiberfahren, sondern - in einem verträglichen undzumutbaren Rahmen - auch die Gegenpole.

Sie sollen die Rolle des Siegers und Verliererskennen lernen und damit zurecht kommen. Siesollen erkennen, wie schmal der Grat zwischeneinem achtsamen, verantwortungsvollen, partner-schaftlichen Kampfverhalten und einem aggressi-onsgeleiteten, außer Kontrolle geratenden undden Gegner missachtenden Handeln ist. Sie sollenbegreifen, wie bedeutsam und gewinnbringend essein kann, sich mit diesen Vorgängen auseinan-der zu setzen und daraus Grenzen und Orientie-rungen für das eigene Denken und Handeln imkämpferischen Bewegungsdialog zu entwickelnund einzuhalten.

Wir gehen davon aus, dass durch entsprechendeLerngelegenheiten und Erfahrungsfelder, wie siein diesen Handreichungen aufgeführt sind, einetragbare Grundlage für ein kultiviertes Kämpfenerreicht werden kann.

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Literatur

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RICHTLINIEN UND LEHRPLÄNE FÜR DIESEKUNDARSTUFE I; REALSCHULE IN NRW – SPORTHrsg. Ministerium für Schule und Weiterbildung,Wissenschaft und Forschung des Landes NRW,Schriftenreihe Nr. 3320, 2001.

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Kämpfen im SportunterrichtG r u n d l a g e n

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