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229 Bildungsbericht 2012 Kapitel 6 Mehrsprachigkeit C Einleitung 1 In diesem Kapitel wird die Situation der mehrsprachigen Schüler/innen im österreichischen Schulwesen dargestellt. Unter dem Begriff der mehrsprachigen Schüler/innen werden hier jene verstanden, die neben der deutschen Sprache in ihrem (familiären) Alltag eine oder mehrere nichtdeutsche Sprache(n) verwenden. Sie unterscheiden sich damit von der Gruppe der Schüler/innen mit Migrationshintergrund, die sowohl einsprachig deutschsprachig sein können als auch mehrsprachig. Andererseits können die im Alltag mehrsprachigen Schüler/ innen Migrationserfahrung in der Familie aufweisen oder auch nicht. Sie können etwa den sogenannten „alten“ oder „autochthonen Minderheiten“ angehören. 2 Die komplementäre Gruppe sind jene Schüler/innen, die zuhause nur Deutsch zu sprechen. Im Gegensatz zum Kapitel „Migration – Interkulturalität – Mehrsprachigkeit“ im Nationa- len Bildungsbericht Österreich (NBB) 2009 (Herzog-Punzenberger & Unterwurzacher, 2009) steht im vorliegenden Kapitel nicht Migration oder Mobilität im Mittelpunkt, son- dern die Mehrsprachigkeit. Mit dieser Schwerpunktsetzung soll dreierlei Umständen Rech- nung getragen werden: Erstens haben sich viele der im NBB 2009 dargestellten Fakten und Analysen bezüglich der Schüler/innen mit Migrationshintergrund in den vergangenen drei Jahren nicht wesentlich verändert und sollen daher nicht wiederholt werden. 3 Zweitens wird oft darauf verwiesen, dass nicht die Tatsache des Migrationshintergrunds, d. h. das nicht- österreichische Geburtsland der Eltern Ursache für Differenzen im Schulerfolg sei, sondern die mangelhafte Beherrschung der Unterrichtssprache Deutsch, die in der vorschulischen Sozialisation häufig als Zweit- oder Drittsprache fungiert. Drittens wird Mehrsprachigkeit zunehmend als wichtiges politisches Ziel sowohl innerhalb als auch außerhalb des Schul- geschehens gesehen, wie infolge anhand der Dokumente des Europarats und der Europäi- schen Union gezeigt wird. Das vorliegende Kapitel gliedert sich in vier Teile. Der erste Teil ist der Problemanalyse gewidmet, in der die bildungspolitische Relevanz des emenbereichs der Mehrsprachigkeit diskutiert und die unterschiedlichen Zugänge zur Erforschung der Zusammenhänge in diesem Bereich dargestellt werden. Teil 2 umfasst die Situationsanalyse der mehrsprachigen Schüler/innen im österreichischen Schulsystem. In Teil 3 des Kapitels werden Forschungs- desiderata und in Teil 4 Entwicklungsoptionen skizziert. In allen Teilen wird zuerst die Situation in Österreich analysiert und soweit möglich der internationale Vergleich berück- sichtigt. Insgesamt wird ein Schwerpunkt auf neue Daten und Erkenntnisse sowie offene Fragen gelegt, die auf den Inhalten des Kapitels „Migration – Interkulturalität – Mehrsprachigkeit“ des Nationalen Bildungsberichts 2009 (Herzog-Punzenberger & Unterwurzacher, 2009) aufbauen. Darin wurde ein demografischer Überblick gegeben sowie Begrifflichkeiten, 1 Wir möchten uns für konstruktive Kritik und Anregungen bei Katharina Brizic, Elisabeth Stanzel-Tischler, Michael Bruneforth sowie bei den Gutachterinnen und Gutachtern Rolf Becker, Ingrid Gogolin und insbeson- dere für die akribische Begleitung von Hans Bacher bedanken. 2 In Österreich haben die folgenden sechs autochthonen Volksgruppen besondere Minderheitenrechte: die bur- genlandkroatische, die slowenische, die ungarische, die tschechische und die slowakische Volksgruppe sowie die Volksgruppe der Roma. Siehe http://www.bka.gv.at/site/3514/default.aspx [zuletzt geprüft am 24. 10. 2012]. 3 Es empfiehlt sich daher das Kapitel „Migration-Interkulturalität-Mehrsprachigkeit“ des Nationalen Bildungs- berichts 2009 (Herzog-Punzenberger & Unterwurzacher, 2009) zur Erweiterung des vorliegenden Kapitels zu lesen. 6 Die Situation mehrsprachiger Schüler/innen im österreichischen Schulsystem – Problemlagen, Rahmenbedingungen und internationaler Vergleich Barbara Herzog-Punzenberger & Philipp Schnell Verhältnis Mehrsprachigkeit und Migration Aufbau des Kapitels Migrationskapitel im NBB 2009 als Grundlage

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229Bildungsbericht 2012

Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

Einleitung1

In diesem Kapitel wird die Situation der mehrsprachigen Schüler/innen im österreichischen Schulwesen dargestellt. Unter dem Begriff der mehrsprachigen Schüler/innen werden hier jene verstanden, die neben der deutschen Sprache in ihrem (familiären) Alltag eine oder mehrere nichtdeutsche Sprache(n) verwenden. Sie unterscheiden sich damit von der Gruppe der Schüler/innen mit Migrationshintergrund, die sowohl einsprachig deutschsprachig sein können als auch mehrsprachig. Andererseits können die im Alltag mehrsprachigen Schüler/innen Migrationserfahrung in der Familie aufweisen oder auch nicht. Sie können etwa den sogenannten „alten“ oder „autochthonen Minderheiten“ angehören.2 Die komplementäre Gruppe sind jene Schüler/innen, die zuhause nur Deutsch zu sprechen.

Im Gegensatz zum Kapitel „Migration – Interkulturalität – Mehrsprachigkeit“ im Nationa-len Bildungsbericht Österreich (NBB) 2009 (Herzog-Punzenberger & Unterwurzacher, 2009) steht im vorliegenden Kapitel nicht Migration oder Mobilität im Mittelpunkt, son-dern die Mehrsprachigkeit. Mit dieser Schwerpunktsetzung soll dreierlei Umständen Rech-nung getragen werden: Erstens haben sich viele der im NBB 2009 dargestellten Fakten und Analysen bezüglich der Schüler/innen mit Migrationshintergrund in den vergangenen drei Jahren nicht wesentlich verändert und sollen daher nicht wiederholt werden.3 Zweitens wird oft darauf verwiesen, dass nicht die Tatsache des Migrationshintergrunds, d. h. das nicht-österreichische Geburtsland der Eltern Ursache für Differenzen im Schulerfolg sei, sondern die mangelhafte Beherrschung der Unterrichtssprache Deutsch, die in der vorschulischen Sozialisation häufig als Zweit- oder Drittsprache fungiert. Drittens wird Mehrsprachigkeit zunehmend als wichtiges politisches Ziel sowohl innerhalb als auch außerhalb des Schul-geschehens gesehen, wie infolge anhand der Dokumente des Europarats und der Europäi-schen Union gezeigt wird.

Das vorliegende Kapitel gliedert sich in vier Teile. Der erste Teil ist der Problemanalyse gewidmet, in der die bildungspolitische Relevanz des Themenbereichs der Mehrsprachigkeit diskutiert und die unterschiedlichen Zugänge zur Erforschung der Zusammenhänge in diesem Bereich dargestellt werden. Teil 2 umfasst die Situationsanalyse der mehrsprachigen Schüler/innen im österreichischen Schulsystem. In Teil 3 des Kapitels werden Forschungs-desiderata und in Teil 4 Entwicklungsoptionen skizziert. In allen Teilen wird zuerst die Situation in Österreich analysiert und soweit möglich der internationale Vergleich berück-sichtigt.

Insgesamt wird ein Schwerpunkt auf neue Daten und Erkenntnisse sowie offene Fragen gelegt, die auf den Inhalten des Kapitels „Migration – Interkulturalität – Mehrsprachigkeit“ des Nationalen Bildungsberichts 2009 (Herzog-Punzenberger & Unterwurzacher, 2009) aufbauen. Darin wurde ein demografischer Überblick gegeben sowie Begrifflichkeiten,

1 Wir möchten uns für konstruktive Kritik und Anregungen bei Katharina Brizic, Elisabeth Stanzel-Tischler, Michael Bruneforth sowie bei den Gutachterinnen und Gutachtern Rolf Becker, Ingrid Gogolin und insbeson-dere für die akribische Begleitung von Hans Bacher bedanken.

2 In Österreich haben die folgenden sechs autochthonen Volksgruppen besondere Minderheitenrechte: die bur-genlandkroatische, die slowenische, die ungarische, die tschechische und die slowakische Volksgruppe sowie die Volksgruppe der Roma. Siehe http://www.bka.gv.at/site/3514/default.aspx [zuletzt geprüft am 24. 10. 2012].

3 Es empfiehlt sich daher das Kapitel „Migration-Interkulturalität-Mehrsprachigkeit“ des Nationalen Bildungs-berichts 2009 (Herzog-Punzenberger & Unterwurzacher, 2009) zur Erweiterung des vorliegenden Kapitels zu lesen.

6 Die Situation mehrsprachiger Schüler/innen im österreichischen Schulsystem – Problemlagen, Rahmenbedingungen und internationaler Vergleich BarbaraHerzog-Punzenberger&PhilippSchnell

Verhältnis Mehrsprachigkeit

und Migration

Aufbau des Kapitels

Migrationskapitel im NBB

2009 als Grundlage

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Bildungsbericht 2012

Daten- und Forschungslage zum Themenbereich der Schüler/innen mit Migrationshinter-grund dargestellt. Insbesondere wurde das relative Risiko, eine bestimmte Schulform zu besuchen, nach Migrationshintergrund, Staatsbürgerschaft und Sprachgebrauch analysiert. Ebenso wurden die großen regionalen Unterschiede in der Zuerkennung des außerordent-lichen Status sowie des sonderpädagogischen Förderbedarfs in Österreich zum Thema ge-macht. Erklärungsansätze für die dokumentierten Unterschiede zwischen Schülerinnen und Schülern mit und ohne Migrationshintergrund wurden nach unterschiedlichen Ebenen differenziert diskutiert (Individuum, Familie und Nachbarschaft, gesellschaftliche Rahmenbe dingungen). Nach der Beschreibung einiger prioritärer Forschungsdesiderata wurden Entwicklungsoptionen wie der Einsatz von Sprachenportfolios für Erst-, Zweit- und Fremdsprachen sowie die Rekrutierung ambitionierter Maturantinnen und Maturanten für den Pädagogenberuf und vor allem die nachhaltige Verankerung des Themenfelds in der Lehreraus- und -weiterbildung vorgestellt.

Zur vertiefenden Beschäftigung mit Analysen repräsentativer Daten im Bereich der Schul-bildung von österreichischen Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund seit 2009 seien die Tiefenanalyse der Daten der internationalen Studien PIRLS 2006 (Unter-wurzacher, 2009), PISA 2006 (Breit, 2009), TIMSS 20074 (Breit & Wanka, 2010), PISA 2009 (Wroblewski, 2012), sowie eine Zusammenschau der Datenanalysen von PIRLS 2006 und PISA 2006 (Bacher, 2010) und die Länderprüfung Österreich zu Migration und Bildung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organi-sation for Economic Co-operation and Development [OECD]; vgl. Nusche, Shewbridge & Rasmussen, 2009) empfohlen.

Wichtige Aspekte der Situation mehrsprachiger Schüler/innen werden auch im Kapitel „Chancengleichheit“ in diesem Band (vgl. Bruneforth, Weber & Bacher, 2012) diskutiert, insbesondere Erklärungsmodelle, die den sozioökonomischen Hintergrund, die Schul-komposition und Segregation, Region und Gemeindegrößen berücksichtigen. Es werden primäre und sekundäre Effekte in der Schullaufbahn analysiert. Relevante Indikatoren und Kennzahlen befinden sich in Band 1 des Nationalen Bildungsberichts (Bruneforth & Lass-nigg, 2012), etwa Bundesländervergleiche nach Anteilen mehrsprachiger Schüler/innen in unterschiedlichen Schulformen (Indikator A2 und B2), mit Blick auf Gemeindegrößen-klassen (Kennzahl B2.1) sowie aufgesplittet nach Sonderschule und sonderpädagogischem Förderbedarf (Indikator C3).

1 Problemanalyse – bildungspolitische Bedeutung des Themas

Neben volkswirtschaftlichen Überlegungen zur Erhöhung der Arbeitsmarktchancen aller heranwachsenden Schüler/innen ist das Thema der Mehrsprachigkeit vor allem deshalb von großer bildungspolitischer Bedeutung, weil die Gruppe der Schüler/innen, die im Alltag (auch) andere Sprachen als die Unterrichtssprache sprechen – in der Folge „mehrsprachige Schüler/innen“ genannt – in der österreichischen Schule von heute weniger erfolgreich sind als die Gruppe derer, die nur Deutsch sprechen – in der Folge „einsprachige Schüler/innen“ genannt. Für ein angemessen differenziertes Verständnis der Situation ist es wichtig zu wissen, dass dies weder für alle mehrsprachigen Schüler/innen in gleicher Weise gilt noch in allen Ländern der Fall ist. Kennzeichnend für die Fachdiskussion sind unterschiedliche normative Annahmen, die auch in der Wissenschaft die Vorgangsweise und Schlussfolge-rungen prägen, aber oft unausgesprochen bleiben. Ein unreflektierter Umgang mit Grund-annahmen sollte aber nicht als wissenschaftliche Objektivität missverstanden werden.

4 PIRLS: Progress in International Reading Literacy Study; PISA: Programme for International Student Assess-ment; TIMSS: Trends in International Mathematics and Science Study.

Leseleistungen im

internationalen Vergleich

Neuere

Forschungsergebnisse zu

Bildung und Migration in

Österreich

Kapitel zur

Chancengerechtigkeit und

einschlägige Indikatoren als

Ergänzung

Differenzierung,

interne Vielfalt und

widersprüchliche Befunde

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Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

1.1 Der gesellschaftspolitische Kontext – national und supranational

Die Auseinandersetzung mit der Situation der mehrsprachigen Schüler/innen muss schritt-weise vor sich gehen. In einem ersten Schritt gilt es, ein differenziertes Verständnis der realen Situation dieser Gruppe zu erlangen. Erst nach Abbildung der realen Situation, die auch interne Vielfalt und widersprüchliche Befunde offenlegt, kann eine Ursachenanalyse erfolgen. Dies ist der zweite Schritt, der allerdings geeigneter Daten und Forschungsarbeiten sowie einer Zielorientierung bedarf. Das Ziel muss auch in der Wissenschaft vor dem Hintergrund normativer Bestimmungen gesetzt werden (vgl. Ahrens, Beer, Bittlingmayer & Gerdes, 2008).

Die Zielorientierung ist im österreichischen Kontext von zwei Wertentscheidungen getra-gen. Erstens gilt der Gleichheitsgrundsatz beim Zugang zu und bei der Teilnahme an unter-schiedlichen Institutionen der Bildung, d. h. jedes Kind hat unabhängig von seiner Her-kunft und anderen kategorialen Merkmalen prinzipiell Zutritt zu allen Bildungsinstitutionen und kann altersgemäß an den Bildungsprozessen teilnehmen.5 Da Bildung ein sozialer Pro-zess ist und Bildungsergebnisse in diesem hergestellt werden, schließt sich an die „Gleichheit zur Bildung“ die Forderung der „Gleichheit durch Bildung“ an (vgl. Diskussion zur Chan-cengleichheit in diesem Band, Kapitel 5, Bruneforth et al., 2012). Auftretende Unterschiede bei den Ergebnissen werden am Ideal der Prozess- oder Entwicklungsgerechtigkeit gemessen (Stojanov, 2007, S. 35–36). Die Prozesse im Bildungssystem müssen unter diesem Blick-winkel so gestaltet sein, dass jedes Kind seine Potenziale unabhängig von seiner Herkunft voll entwickeln kann (vgl. Republik Österreich, 2008; S. 203), was sich in den vermittelten Fähigkeiten bzw. Kompetenzen und den erreichten Abschlüssen ausdrücken sollte.

Zweitens gilt das Bekenntnis der Republik Österreich zur Mehrsprachigkeit, wie sie in Ver-fassungstexten sowie den Dokumenten der Europäischen Union und des Europarats nieder-gelegt ist. In Tabelle 6.1 sind die relevanten Dokumente der unterschiedlichen Organe des Europarats und der Europäischen Union – Rat, Parlament, Kommission, Ministerkomi-tee – sowie Konventionen, Rahmenübereinkommen und externe Berichte angeführt. Auch der in Verfassungsrang befindliche Artikel 68 des Staatsvertrags von Saint-Germain besagt, dass „die österreichische Regierung in den Städten und Bezirken, wo eine verhältnis-mäßig beträchtliche hohe Zahl anderssprachiger als deutscher (deutschsprachiger) österrei-chischer Staatsangehöriger wohnt, angemessene Erleichterungen gewährt, um sicherzustel-len, dass in den Volksschulen den Kindern dieser österreichischen Staatsangehörigen der Unterricht in ihrer eigenen Sprache erteilt wird“ (Wieser, 2010, S. 50). Wenn einige der in Verfassungsrang befindlichen Rechte bisher nur für die autochthonen Minderheiten ange-wandt wurden, so scheint die Forderung nach einer grundsätzlichen Ausrichtung des Unter-richts auf mehrsprachige Klassen keine neue, jedoch seit langer Zeit uneingelöste zu sein. Aus den beiden normativen Grundannahmen der Chancengleichheit und der Mehrspra-chigkeit folgt daher das verschränkte Ziel der erfolgreichen Teilnahme mehrsprachiger Schüler/innen an den Institutionen der Bildung, die ihrerseits die Mehrsprachigkeit der Schüler/innen hervorbringen und stärken sollten. Sowohl der öffentliche als auch der Fach-diskurs (vgl. Furch, 20116) kreist daher um die Frage, wie Entwicklungsgerechtigkeit in den Institutionen der Bildung unter dem Bekenntnis zur Mehrsprachigkeit insbesondere für bereits bei der Einschulung mehrsprachige Schüler/innen verwirklicht werden kann.

Bevor in der Situationsanalyse auf die Unterschiede zwischen mehrsprachigen und einspra-chigen Schülerinnen und Schülern eingegangen wird, soll diese Fragestellung in einen

5 Forderungen, dass Kinder abhängig von ihren Deutschkenntnissen Zutritt zu den altersgemäßen Schulformen haben sollen, d. h. bei mangelnden Deutschkenntnissen der Zutritt verwehrt würde, stellen eine Verletzung des Art. 68 StV St. Germain dar, der gemäß Art. 149 Abs. 1 BV-G Verfassungsrang hat.

6 Die Nr. 1–2/2011 der Österreichisch Pädagogischen Zeitschrift „Erziehung und Unterricht“ widmete sich dem Thema „Abschied von Monolingualismus und Monokulturalismus“.

Gleichheitsgrundsatz in

der Verfassung

Bekenntnis Österreichs zur

Mehrsprachigkeit

Eliten- und

Unterschichtsphänomen

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Bildungsbericht 2012

weiteren Kontext der Mehrsprachigkeit als allgemein gesellschaftliches Phänomen gestellt werden.

Weltweit gesehen sind mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung zwei- oder mehrsprachig.7 Trotzdem wird Mehrsprachigkeit in vielen europäischen Ländern als Minderheitenphäno-men diskutiert. Mehrsprachigkeit wird oftmals in zwei voneinander getrennten Sichtweisen behandelt: Einerseits werden Fremdsprachenkenntnisse als wichtige Fähigkeiten geschätzt und kompetente Zweisprachigkeit tendenziell als Elitenphänomen angesehen. Andererseits werden Erstsprachen, die von der Landes- bzw. Unterrichtssprache abweichen, besonders im deutschsprachigen Raum, als Behinderung für den Schulerfolg und tendenziell als Unter-schichtsphänomen verstanden. Durch die Globalisierung in den vergangenen Jahrzehnten hat sich in beiden Bereichen eine starke Dynamik ergeben. Fremdsprachenkenntnisse sind

7 Siehe http://edl.ecml.at/LanguageFun/LanguageFacts/tabid/1859/language/en-GB/Default.aspx [zuletzt geprüft am 25. 10. 2012].

Dokumente der Europäischen Union Dokumente des Europarats

Entschließungen/Schlussfolgerungen des Rates�� BeschlussdesEuropäischenParlamentsunddesRates

überdasEuropäischeJahrderSprachen2001(2000)�� SchlussfolgerungendesVorsitzdesEuropäischenParla-

mentsvonBarcelona(2002)�� SchlussfolgerungenzurMehrsprachigkeit(Mai2008)�� EntschließungzueinereuropäischenStrategiefür

Mehrsprachigkeit(November2008)�� SchlussfolgerungenzueinemstrategischenRahmenfürdie

europäischeZusammenarbeitaufdemGebietderallgemeinenundberuflichenBildungET2020(2009)�� SchlussfolgerungenzuSprachkompetenzenzur

VerbesserungderMobilität(2011)

KonventionenundRahmenübereinkommen�� EuropäischeKulturkonvention(1954)�� EuropäischeChartafürdieRegional-oderMinderheiten-

sprachen(1992)�� RahmenkonventionfürdenSchutzdernationalenMinder-

heiten(1995)�� GemeinsamerEuropäischerReferenzrahmenfürSprachen

(GER)(2001)

Entschließungen des Europäischen Parlaments �� EntschließungzurFörderungderSprachenvielfaltunddes

ErwerbsvonSprachenkenntnissen(2001)�� EntschließungzueuropäischenRegionalsprachenund

wenigerverwendetenSprachen(2003)�� EntschließungzuMehrsprachigkeit:TrumpfkarteEuropas,

aberauchgemeinsameVerpflichtung(2009)

Empfehlungen des Ministerkomitees �� EmpfehlungNr.R(82)18zumodernenFremdsprachen

(1982)�� EmpfehlungNr.R(98)6zumodernenFremdsprachen

(1998)�� EmpfehlungCM/Rec(2008)7zurNutzungdesGERundzur

FörderungvonVielsprachigkeit

Mitteilungen der Europäischen Kommission �� Mitteilung2005:EineneueRahmenstrategiefürMehrspra-

chigkeit�� Mitteilung2008:TrumpfkarteEuropas,aberauch

gemeinsameVerpflichtung�� Grünpapier2008:Migration&Mobilität:Chanceund

HerausforderungfürdieEU-Bildungssysteme

Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung�� Empfehlung1383(1998)zursprachlichenDiversifizierung�� Empfehlung1539(2001)zumEuropäischenJahrder

Sprachen2001�� Empfehlung1598(2003)zumSchutzderGebärdensprache

indenMitgliedsstaatendesEuroparats

Externe Berichte�� AbschlussberichtderhochrangigenGruppezu

Mehrsprachigkeit(2007)�� Languagesmeanbusiness:Beschäftigungs-undWettbe-

werbsfähigkeitdurchSprachen,KonferenzüberUnter-nehmenstätigkeitfürMehrsprachigkeit(2008)

Externe Berichte�� Fromlinguisticdiversitytoplurilingualeducation:Guidefor

thedevelopmentoflanguageeducationpoliciesinEurope.BeaccoandByram(2007)�� Guideforthedevelopmentandimplementationofcurricular

forplurilingualandinterculturaleducation.Beaccoetal.(2010)

Instrumente für Unterricht und Lernen �� GemeinsamerEuropäischerReferenzrahmenfürSprachen

(GERS)(2001)�� EuropäischesSprachenportfolio(ESP)(2001)

Tab. 6.1: Internationale Dokumente zur Mehrsprachigkeit

Quelle:Extra&Yagmur,2012,S.7.

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Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

zunehmend Voraussetzung für beruflichen Erfolg, nicht zuletzt durch die mit der Freizügig-keit auf dem Arbeitsmarkt einhergehende geforderte und geförderte Mobilität innerhalb der EU-Mitgliedsländer (vgl. Republik Österreich, 2008, S. 205–206). Ebenso wurden andere Alltagssprachen als die Landessprache in Schule und Nachbarschaft zur weitverbreiteten Normalität – eine Mehrsprachigkeit, die erst langsam als gesellschaftliche Ressource und individuelles Potenzial erkannt wird.

Mehrsprachigkeit wird im Kontext der europäischen Konventionen häufig im Konzept der Trilingualität gefasst. Dreisprachigkeit umfasst in diesem Konzept den Erwerb von Kompe-tenzen (1) in der Landessprache, (2) in einer überregionalen Verkehrssprache und (3) in einer Nachbarschaftssprache oder Familiensprache, die von den ersten beiden abweicht (Europä-ische Kommission 2008, Europäisches Parlament 2009). Dabei ist zu beachten, dass sich die Nachbarschaftssprache zwar in erster Linie auf die Sprache eines benachbarten Landes be-zieht, zunehmend aber auch diskutiert wird, dass die in der unmittelbaren Nachbarschaft gesprochenen Sprachen der Schüler/innen berücksichtigt werden sollten (vgl. Extra & Yagmur, 2012, S. 8).

Die Übersicht „Dokumente der Europäischen Union und des Europarats bezüglich Mehr-sprachigkeit in den Mitgliedsländern“ in Tabelle 6.1 (vgl. Extra & Yagmur, 2012, S. 7) zeigt, dass besonders in den vergangenen 10 Jahren auf den zunehmenden Handlungsbedarf mit einer Vielzahl an Stellungnahmen, Vorgaben und Empfehlungen auf europäischer Ebene reagiert wurde. In Österreich selbst wurde das Unterrichtsministerium wiederholt aktiv, um mit Unterstützung internationaler Expertisen und auf Basis von Bestandsaufnahmen Impulse zu setzen. So wurde im Rahmen der Language Education Policy Initiative des Europarats ein Language Education Policy Profile für Österreich erstellt (Bundesministeri-um für Unterricht, Kunst und Kultur [BMUKK] & Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung [BMWF], 2007), das den Status quo dokumentierte sowie den Handlungs-bedarf identifizierte und Empfehlungen aussprach. Ebenso wurde im Rahmen des OECD-Projekts „Migrant Education“ eine Länderprüfung zu Migration und Bildung durchgeführt, auf deren Empfehlungen in Teil 4 (dieses Textes) eingegangen wird (Nusche et al., 2009).

Im aktuellen Regierungsprogramm (2008–2013; vgl. Republik Österreich, 2008) wurde festgehalten: „Alle Kinder in Österreich haben ein Recht auf gleiche Startbedingungen beim Schuleintritt. Der Erwerb der Sprachkompetenzen in Deutsch und der Muttersprache ist dabei besonders wichtig und soll durch gezielte Fördermaßnahmen insbesondere für einen erfolgreichen Einstieg in das Schulsystem unterstützt werden.“ Das BMWF und das BMUKK demonstrieren Einigkeit in Sachen Mehrsprachigkeit. So bezeichnete Wissen-schaftsminister Karlheinz Töchterle in einer Presseaussendung zur Auftaktveranstaltung des Österreichischen Sprachenkomitees (ÖSKO) am 14. Juni 2011 Mehrsprachigkeit als „individuelle und gesellschaftliche Chance zugleich“, und Unterrichtsministerin Claudia Schmied betonte zur selben Gelegenheit, dass „an der gezielten Förderung von Mehrspra-chigkeit in unserer Gesellschaft … alle relevanten Institutionen und Entscheidungsträger-Innen mitwirken“ müssen (ÖSKO, 2011). Ebenso wurde im geltenden Regierungsprogramm vom offensiven Ausbau bilingualer Schulformen gesprochen (Republik Österreich, 2008, S. 205–206). Dabei sollten insbesondere die Sprachen der unmittelbaren Nachbarländer und der neuen globalen Wirtschaftspartner berücksichtigt werden (Republik Österreich, 2008, S. 205–206). Gleichzeitig wurden aber Initiativen, die den Bildungserfolg der mehr-sprachigen Schüler/innen aus den beiden größten Sprachgruppen in Österreich, nämlich Bosnisch/Kroatisch/Serbisch (BKS) und Türkisch durch zweisprachige Bildungsangebote verbessern wollten, immer wieder verhindert. Selbst die Verwendung türkischer Wörter zum Erlernen des Buchstabens „ü“ in der Volksschule rief starken Protest hervor, auch bei den Parlamentsparteien (Winkler-Hermaden, 2012). Unentschiedenheit auf Seiten der Entscheidungsträger/innen, die sich in widersprechenden Signalen und mangelnder Kohä-renz ausdrückt, steht der zunehmenden Mehrsprachigkeit im öffentlichen Raum und im familiären und nachbarschaftlichen Alltag sowie im Medienkonsum gegenüber. Sowohl die

Europäische

Konventionen

Klare Vorgaben im

Regierungsprogramm

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Bildungsbericht 2012

Integrationsindikatoren im Bereich Bildung (Statistik Austria & Kommission für Migra-tions- und Integrationsforschung, 2012) als auch die jährliche Berichterstattung (Experten-rat für Integration, 2011, 2012) sind in diesem Spannungsfeld zu verstehen.

1.2 Mehrsprachigkeit in der schulbezogenen Forschung8

Im Gegensatz zu Ansichten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (z. B. Weisgerber, 1966) ist heute wissenschaftlich geklärt, dass Kinder weder in ihrer generellen Entwicklung noch beim schulischen Lernen von Mehrsprachigkeit behindert werden (vgl. Olechowski, 2009; Müller, Kupisch, Schmitz & Cantone, 2011, S. 10). Während in der linguistischen Forschung vor allem der Erwerb zweier Sprachen in der frühen Kindheit oder auch erwach-sene Lernende beforscht wurden (de Bot & Schrauf, 2009), tritt die aus bildungswissen-schaftlicher Perspektive besonders relevante Erwerbs- und Lernphase im Schulkind- und Jugendalter erst in den letzten Jahren deutlicher in den Vordergrund.9 Eine Theorie mittle-rer Reichweite zur Erklärung der Differenzen zwischen ein- und mehrsprachigen Schülerin-nen und Schülern unterschiedlicher Sprachgruppen, die an großflächigen Datensätzen wie Large Scale Assessments (LSA) getestet worden wäre, steht noch aus. Dies ist im Unter-schied zu zahlreichen Analysen und Modellbildungen entlang des Unterscheidungsmerk-mals des Migrationshintergrunds zu bemerken (s. Becker, 2011). In diesen Erklärungsansätzen firmieren neben dem sozioökonomischen Hintergrund und dem kulturellen Kapital die Kenntnisse der Unterrichtssprache selbst als Erklärung für die Benachteiligung an promi-nenter Stelle. Dies allerdings ohne aufzuklären, wie Kenntnisse der Unterrichtssprache im Kontext von mehrsprachigen Familien und Nachbarschaften in den Institutionen geeignet gefördert werden könnten.

In der Spracherwerbsforschung wird zwischen simultaner und sukzessiver, also gleichzeitiger und aufeinanderfolgender, sowie natürlicher und gesteuerter Mehrsprachigkeit unterschie-den. Die Forschung über Zweisprachigkeit in der frühen Kindheit ergibt eher Hinweise auf Vorteile als auf Nachteile, weswegen gerade auch für Kinder aus Sprachminderheiten frühestmöglicher Kontakt zur umgebenden Mehrheitssprache als sinnvoll erachtet wird (Nitsch, 2007). Dabei stehen die Vorteile bei den metakognitiven Strategien mehrsprachiger Schüler/innen phasenspezifischen Nachteilen im Umfang des Vokabulars in den jeweiligen Sprachen gegenüber. Insgesamt steht einem zweisprachigen Kind trotz dem in Phasen des Spracherwerbs reduzierteren Wortschatzes in den jeweiligen Sprachen insgesamt ein größeres Repertoire an lexikalischen Mitteln zur Verfügung als einem einsprachigen. Aller-dings sind die einzelnen Sprachen oft an unterschiedliche Domänen des Wortschatzes ge-bunden und daher in den verschiedenen Bereichen unterschiedlich differenziert vorhanden (Gogolin, 2010, S. 538).

Während früher das Bild der Mehrsprachigkeit als „mehrfacher Einsprachigkeit“ vorherrsch-te, werden heute kompetente mehrsprachige Sprecher/innen durchaus als solche verstanden, die durch situativen Sprachwechsel auf bestimmte Faktoren wie Redesituation, Gesprächs-thema und Gesprächspartner/innen reagieren. Dieses Phänomen wird auch als Code-Swit-ching bezeichnet und als Mittel mehrsprachiger Personen verstanden, ihrer spezifischen Identität Ausdruck zu verleihen. Mehrsprachigkeit und Sprachwechsel sind sowohl bei Kin-dern als auch Erwachsenen in allen Bildungs- und Sozialschichten anzutreffen (vgl. Auer, 2009; zitiert nach Duarte & Döll 2010, S. 711). Fraglich ist, ob der lange Zeit als prototy-pisch betrachtete Fall der Mehrsprachigkeit, nämlich die Zweisprachigkeit, nach wie vor die Hauptform der Mehrsprachigkeit ist. Im schulischen und nachbarschaftlichen Kontext zeigt sich eine wachsende Vielfalt an Sprachen, die als ein Aspekt der neuen „Super-Diversi-tät“ (Vertovec, 2007) betrachtet wird. In der schulbezogenen Forschung steht allerdings

8 Einen sehr konzentrierten, guten Überblick zur Spracherwerbsforschung im Migrationskontext gibt DeCillia (n. d.).9 Zu nennen wäre hier für den deutschsprachigen Raum das Forschungsprojekt „Literacy acquisition in Schools

in the context of multilingualism and migration“; vgl. http://www.uni-potsdam.de/daf/projekte/las/abschlusskon-ferenz [zuletzt geprüft am 24. 10. 2012].

Interdisziplinäre

Spracherwerbsforschung

Code-Switching als

Bestandteil kompetenter

Mehrsprachigkeit

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235Bildungsbericht 2012

Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

oftmals alleine die Kompetenz von mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern in der Unterrichtssprache im Vordergrund. Dabei wird übersehen, dass es einen grundsätzlichen Unterschied in der sprachlichen Bewältigung von Unterricht, Lehren und Lernen macht, wie die sprachliche Zusammensetzung der Klasse ist. So gibt es zahlreiche erprobte Beispiele zweisprachiger Unterrichts- und Schulmodelle, die über Jahrzehnte erfolgreich funktionieren (vgl. Niedrig, 2011; Neumann, 2011). Erfolgreiche Unterrichtsmodelle für mehrsprachige Klassen, die von einer Vielzahl an Familiensprachen der Schüler/innen gekennzeichnet sind, werden erst entwickelt und erprobt (siehe unten).

Der Forschungsstand zur Frage, wie Unterricht und Schule zu gestalten sind, sodass mehr-sprachige Schüler/innen bestmöglich in ihrer Bildungskarriere unterstützt werden, ist nach wie vor am Anfang. Wird die Kompetenz in der Unterrichtssprache beforscht, so existieren kaum Modelle, die Einflussfaktoren auf den unterschiedlichen Analyseebenen des Individu-ums und der Familie, des Unterrichts und der Schule sowie der institutionellen und gesell-schaftlichen Rahmenbedingungen des Herkunfts- und Einwanderungslandes integrieren. Das Sprachkapitalmodell (Brizic, 2007, S. 54, 2009) leistet in dieser Hinsicht für die Theo-rieentwicklung einen wesentlichen Beitrag. Es hat die differenzierte Sicht auf den Einfluss der politisch-gesellschaftlichen Rahmenbedingungen des Herkunfts- und des Einwande-rungslandes auf den kindlichen Sprach(en)erwerb eröffnet. Als Schlüssel zum Verständnis dient die Rekonstruktion der familiären Sprach(en)biographie, über die die Auswirkungen der jeweiligen national(istisch)en Sprachenpolitik sichtbar werden. Damit wird erklärt, warum es bei Kindern aus Familien, die einen Sprachwechsel (meist im Herkunftsland) vollzogen haben, häufiger zu auffälliger Entwicklung in der Zweitsprache Deutsch kommt. In diesen Fällen war die ursprüngliche familiäre Erstsprache eine abgewertete Minderhei-tensprache, die teilweise von staatlicher Seite sogar mit gewaltsamen Mitteln ausgelöscht werden sollte. Die aktuelle Familiensprache ist dann die „aufgezwungene“ Sprache des staatlichen Machtapparats, die in der Phase des Sprachwechsels nur in eingeschränkter Form vorhanden ist. Bei der sprachlichen Entwicklung des Kindes in seiner aktuellen Fami-lien- und damit Erstsprache sind somit auch Verzögerungen und Irregularitäten zu bemer-ken. Diese be -einflussen wiederum die gesamtsprachliche Entwicklung und somit auch die Aneignung der deutschen Sprache. Mit dem Sprachkapitalmodell wird schließlich die Einflussnahme der familiären, schulischen und gesellschaftlichen Faktoren auf das (schul)sprachliche Selbstkonzept der Schüler/innen beleuchtet, das die erreichten Kompetenzen wesentlich zu erklären hilft. Das Prestige der Erstsprache in der gesellschaftlichen Hierar-chie ist zusammen mit der dadurch bedingten Distanz des familiären Herkunftshabitus zur Schule eine Einflussgröße, die gesellschaftliche Machtverhältnisse auch in der sprachlichen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen abbildet (vgl. Dirim & Mecheril, 2010).

Zu prüfen wäre der Beitrag der institutionellen Settings zur Hervorbringung und Verfesti-gung der beobachteten Unterschiede zwischen den Sprachgruppen. Im Paradigma der institutionellen Diskriminierung werden darunter die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen, die Arbeitskultur in Organisationen wie der Schule und das profes-sionelle Handlungswissen der Akteurinnen und Akteure – Lehrer/innen, Schulleiter/innen, Schulverwaltungsbehörde – gefasst (vgl. Gomolla, 2010, S. 61). Mit diesem Konzept wird z. B. erklärt, wie institutionelle Settings zur Benachteiligung von mehrsprachigen Kindern führen und zwar ohne notwendigerweise auf einer bewussten Absicht der involvierten Akteure zu beruhen. In Österreich trifft dies ganz besonders auf die Zuweisungsverfahren in die Vorschulstufe oder auch Sonderschule zu, ist aber generell bei den Entscheidungen zwischen Bildungslaufbahnen mit unterschiedlichem Prestige der Fall.

Eine wesentliche Erkenntnis im Spracherwerb mehrsprachiger Kinder ist die Unterschei-dung zwischen Bildungssprache und Alltagssprache (vgl. Gogolin & Lange, 2011). Die Bildungssprache, so wurde in den letzten Jahren zunehmend erforscht, unterliegt anderen Prinzipien als die Alltagssprache. Der Unterschied zwischen den Sprachfertigkeiten, die im Alltag benötigt werden, den Basic Interpersonal Communication Skills (BICS), und der

Sprachkapitalmodell als

wichtiger Ansatz um innere

Heterogenität zu erklären

Alltagssprache versus

Bildungssprache

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236

C

Bildungsbericht 2012

(Schul-)Bildungssprache, der Cognitive Academic Language Proficiency (CALP), drückt sich unter anderem in den großen Differenzen gemessener Kompetenzlevels zwischen ein- und mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern aus (Cummins, 2001). Die im Bildungsregister der Unterrichtssprache gemessenen Kompetenzen müssen mit der Wahrnehmung der Sprachkompetenz im Alltag der mehrsprachigen Kinder nicht übereinstimmen. Als Prinzi-pien der Bildungssprache gelten Explizitheit, Situationsentbundenheit, gedankliche Ord-nung und sachliche Genauigkeit, die sich in strukturellen und stilistischen Mustern bestimmter Textsorten sowie in syntaktischen Strukturen und Normen der Wortwahl niederschlagen. Diese Prinzipien werden unter dem Begriff der konzeptionellen Schriftlich-keit gefasst (Koch & Österreicher, 1997). Die formalen Merkmale der Bildungssprache sind auch nicht in allen Sprachen gleich, sondern unterscheiden sich etwa zwischen der deut-schen und der türkischen Bildungssprache10 (Gogolin et al., 2011, S. 178 ff.). Der bildungs-sprachförderliche Unterricht in mehrsprachigen Lernkonstellationen befindet sich noch im Entwicklungsstadium (Gibbons, 2006; Lengyel, Reich, Roth & Döll, 2009) und ist daher noch nicht ausreichend empirisch geprüft (Lengyel, 2010). Die Forschung zum bildungs-sprachlichen (im Unterschied zum alltagssprachlichen) Register der Unterrichtssprache ist auch für weitere Einsichten zur bildungssprachlichen Benachteiligung von Kindern aus sogenannten „bildungsfernen“ Familien, unabhängig davon, ob sie mehrsprachig oder einsprachig aufwachsen, relevant. Die linguistische Forschung zum mehrsprachigen Schrift-spracherwerb entwickelt sich derzeit rasant, wie zahlreiche Projekte zeigen.11

Gleichzeitig existieren aufgrund minderheitenrechtlicher Gesetzgebungen in den meisten europäischen Ländern über viele Jahrzehnte Schulmodelle, die der faktischen Mehrspra-chigkeit von Nationalstaaten Rechnung tragen. Das Beispiel von Schulen höherer Bildung, deren Unterricht in der Minderheitensprache geführt wird, zeigt, dass diese Option auch jenseits der Grundbildung gut angenommen wird. So gelten die Bildungserfolge der auto-chthonen Minderheiten in Österreich, wie etwa der Kärntner Sloweninnen und Slowenen oder Burgenland-Kroatinnen und -Kroaten als vorbildlich. Sie weisen nicht nur höhere in-tergenerationale Bildungsmobilität auf als die einsprachig deutschsprachigen Gleichaltrigen, sondern auch höhere Anteile im Bereich der Maturantinnen/Maturanten und Akademiker/innen (Reiterer, 1986; Statistik Austria, 2007, S. 59). Aktuellere bzw. tiefergehende Unter-suchungen zu dieser Form erfolgreicher Mehrsprachigkeit in Zusammenhang mit Schulbil-dung gibt es allerdings in Österreich nicht.

Grundlegend ist zwischen zwei Lernkonstellationen von Schülerinnen und Schülern, deren Familiensprache mit der Unterrichtssprache nicht identisch ist, zu unterscheiden: In dem einen Fall wird der Erhalt der Familiensprache nicht angezweifelt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie eine prestigehöhere Sprache oder eine gesetzlich geschützte Minder-heitensprache ist. Als Beispiel sei hier das kanadische Unterrichtsmodell der French Immer-sion genannt (Niedrig, 2011, S. 92–93). Im anderen Fall wird die Familiensprache als hinderlich für den Erwerb der Unterrichtssprache angesehen und die Abkehr davon als Ziel der Unterrichts- und Schulpolitik konzeptualisiert. Dies ist zumeist im Kontext von Migra-tion der Fall, insbesondere dann, wenn die Familiensprache eine (im Einwanderungsland) prestigeniedrige Sprache ist (vgl. Fürstenau & Niedrig, 2011). Wie im Sprachkapitalmodell (Web-Dokument 6.1) ausführlicher dargestellt, haben die beschriebenen Rahmenbedin-gungen auf der Makroebene Auswirkungen auf die Entwicklung der schulsprachlichen Kompetenz der Schüler/innen (Brizic, 2007). Da aber die Forschung zu sprachförderlichen

10 Während die typischen syntaktischen Strukturen von Bildungssprache im Deutschen die häufige Verwendung von Satzverbindungen (Konjunktionalsätze, uneingeleitete Nebensätze und Infinitivkonstruktionen) sowie be-schreibende und bewertende Attribute und verallgemeinernde Ausdrucksweisen sind, sind es im Türkischen vor allem syntaktische Einbettungen durch Konverbien, Partizipialkonstruktionen mit Ergänzungen und flektierte Infinitive mit Ergänzungen (Gogolin et al., 2011, S. 179).

11 Vgl. z. B. das im Publikationsstadium befindliche Projekt „Literacy Acquisition in Schools“ (LAS) von Schroe-der et al. (laufend), unter http://www.uni-potsdam.de/daf/projekte/las.html [zuletzt geprüft am 30. 11. 2012] oder die laufenden Projekte der EDUCAP Research School der Universität Dortmund, siehe http://www.edu-cap.de/home [zuletzt geprüft am 30. 11. 2012].

Mehrsprachige Schüler/

innen im Kontext

autochthoner

Minderheiten

Schule als

sprachlicher Markt

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237Bildungsbericht 2012

Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

Interventionsmaßnahmen in multilingualen Einrichtungen noch keine konsensuellen Er-gebnisse bezüglich der Förderung von kompetenter Mehrsprachigkeit ergibt, ist hier vor allem ein großes Forschungsdesiderat festzustellen, das auch gerade durch den gesamtgesell-schaftlichen Handlungsdruck derzeit rasant wächst und sich entfaltet.

2 Situationsanalyse mehrsprachiger Schüler/innen im österreichischen Schulsystem

Der folgende Teil des Kapitels ist in sechs Abschnitte gegliedert. Im ersten Abschnitt wird auf die sprachliche Textur12 der österreichischen Schule eingegangen, im zweiten werden die Rahmenbedingungen der österreichischen Schule für mehrsprachige Schüler/innen darge-stellt, im dritten die Anteile mehrsprachiger Schüler/innen in unterschiedlichen Bildungs-einrichtungen und Schulformen diskutiert. Im vierten Abschnitt werden gemessene Kom-petenzen dargestellt und im fünften die höchsten erreichten Abschlüsse. Im letzten Abschnitt der Situationsanalyse werden Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Fak-toren hinsichtlich des Bildungserfolgs angesprochen.

2.1 Die sprachliche Textur der österreichischen Schule

Mehrsprachigkeit ist nicht nur in den traditionellen Einwanderungsländern, sondern mittlerweile auch in nahezu allen europäischen Ländern eine häufige Erscheinung. Mehr-sprachige Schüler/innen bilden im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts die Mehrheit in den Schulen europäischer Metropolen (Crul et al., 2012, S. 400). Besonders in den Städ-ten wird von „Super-Diversität“ (Vertovec, 2007) gesprochen, da sich die Heterogenität in den vergangenen 10 Jahren wesentlich erhöht hat. So wurde in Österreich im Schuljahr 2010/11 muttersprachlicher Unterricht in 23 Sprachen erteilt (BMUKK, 2012a, S. 15), von Schülerinnen und Schülern an Wiener Volksschulen wurden im Schuljahr 2008/09 aber mindestens fünfmal so viele, nämlich rund 110 unterschiedliche Sprachen in der Familie gesprochen (Brizic & Hufnagl, 2012, S. 27 ff.). Parallel zu dieser Super-Diversität ist Mehr-sprachigkeit zunehmend unter jenen Familien beliebt, deren Kinder zuhause nur einspra-chig deutschsprachig sozialisiert werden. So nehmen Kinder in den Gebieten der alten Minderheiten vermehrt an zwei- und bisweilen dreisprachigem Unterricht teil (Gombos & Pasquariello, 2010). Im Geltungsbereich des Minderheitenschulgesetzes in Kärnten besuch-ten im Schuljahr 2010/11 41 % der Schüler/innen der 1. Schulstufe den zweisprachigen Unterricht. Mitnichten handelte es sich ausschließlich um Kinder aus Familien, in denen Slowenisch die Alltagssprache war, denn 73 % besaßen keine Slowenischkenntnisse (Landes -schulrat für Kärnten, 2011, S. 23–24). Österreich weit stammt allerdings der überwiegende Teil der mehrsprachigen Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund, die – so wie die Kinder aus Familien der alten Minderheiten – bereits mit Sprachkompetenzen in einer an-deren als der Unterrichtssprache (wenn auch auf sehr unterschiedlichen Kompetenzniveaus) in den Kindergarten oder das Schulsystem eintreten.13

In den vergangenen 15 Jahren ist die Zahl der mehrsprachigen Schüler/innen in Österreich von 111.000 im Schuljahr 1995/96 (BMBWK, 2002, S. 16) auf 207.000 im Schuljahr 2010/11 (BMUKK, 2012b, S. 14) angestiegen und der Anteil der einsprachig deutschspra-chigen Schüler/innen in den Pflichtschulen von 91 % (BMBWK, 2002, S. 20) auf 77 % zurückgegangen (BMUKK, 2012b, S. 24). Der prozentuale Anstieg liegt unter anderem an den stark sinkenden Geburtenraten der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Im Schul-jahr 2009/10 gingen nur mehr 25 % aller Volksschüler/innen in „einsprachige Klassen“; das sind Klassen, in denen alle Schüler/innen angeben, nur die Unterrichtssprache zu sprechen

12 Blommaert (2010) spricht von der Soziolinguistik der Globalisierung und gebraucht in diesem Zusammenhang den Begriff der sprachlichen Textur.

13 Da der Sprachstand in der Alltagssprache der Kinder nicht erhoben wird, wenn diese eine andere als Deutsch ist, kann keine Aussage über die vorhandene Kompetenz in dieser Sprache gemacht werden.

Mehrsprachigkeit ist eine

häufige Erscheinung

Anteil an mehrsprachigen

Schülerinnen und Schülern

in Österreich stark

gestiegen

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238

C

Bildungsbericht 2012

(Nationaler Bildungsbericht, Band 1, Kennzahl B2.3). So kann heute insgesamt gesehen von der österreichischen Schule als einer „mehrsprachigen Schule“ gesprochen werden.

Wichtig ist, dass die Verwendung einer anderen Familiensprache als der Unterrichtssprache noch nichts über die Kompetenz in den jeweiligen Sprachen aussagt. Über alle Schultypen hinweg nahmen im Schuljahr 2006/0714 mehr als drei Viertel aller Schüler/innen mit einer anderen Erstsprache als Deutsch als ordentliche Schüler/innen am Unterricht teil, d. h. dass ihre Deutschkenntnisse weit genug entwickelt waren, um dem Unterricht folgen zu können. Umgekehrt bekamen über alle Schultypen gerechnet 22 % der mehrsprachigen Schüler/innen den Status „außerordentlich“ – eine Prozentzahl, die nicht nur zwischen den Schul-typen stark variiert, sondern auch zwischen den Bundesländern (Herzog-Punzenberger & Unterwurzacher, 2009, S. 170).

Veränderungen über die Zeit finden sich aber nicht nur in der Zahl und den Anteilen mehrsprachiger Schüler/innen und Klassen, sondern auch in der Zusammensetzung der Schüler/innen nach Sprachen, Herkunftsländern und (Migrations-)Generation.15 Wiewohl die Vielfalt der von den Schülerinnen und Schülern im familiären Alltag gesprochenen Sprachen ständig steigt, machen im Schuljahr 2010/11 österreichweit die beiden größten Sprachgruppen mit 10,4 % noch immer die Mehrheit der insgesamt 18,4 % mehrspra -chigen Schüler/innen aus (Bildungsdokumentation 2010/11, eigene Berechnungen). Von den 1.160.000 österreichischen Schülerinnen und Schülern sprachen 233.000 Schüler/in-nen in der Familie eine andere als die Unterrichtssprache, davon rund 65.000 Bosnisch/Kroatisch/Serbisch und 55.000 Türkisch. Von einigen osteuropäischen Sprachen, aber auch Arabisch, gibt es etliche tausend Sprecher/innen in den Schulen, gefolgt von Englisch, Chi-nesisch, Persisch, Spanisch und Kurdisch, die jeweils von mehr als 1.000 Schülerinnen und Schülern gesprochen wurden. Die übrigen 10.000 Schüler/innen sprechen rund 100 ver-schiedene Sprachen (Bildungsdokumentation 2009/10, eigene Berechnungen).

Abbildung 6.1 zeigt die Anteile der ein- und mehrsprachigen Schüler/innen im Länderver-gleich. Unterschieden wird auch danach, ob beide Elternteile im Ausland geboren wurden oder nicht. Österreich befindet sich, gemessen an den 15-jährigen Schülerinnen und Schü-lern im Jahr 2009, mit einem Anteil von 10,5 % an mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern geringfügig über Deutschland und Australien, jedoch unter den USA, Kanada, Neuseeland und der Schweiz mit 13 % bis 15 %.

2.2 Rahmenbedingungen und zielgerichtete Fördermaßnahmen

Seit Beginn der 1990er Jahre wurde mit vier grundlegenden Maßnahmen der wachsenden Anzahl der mehrsprachigen Schüler/innen, die eine andere Erstsprache als Deutsch haben, begegnet: Deutschförderung (Deutsch als Zweitsprache), Förderung der Erstsprache (mut-tersprachlicher Unterricht), Status der „außerordentlichen Schüler/innen“ sowie das Unter-richtsprinzip „Interkulturelles Lernen“.16 Eine wesentliche Schwachstelle dieser Strategie war die fehlende Verpflichtung der Schulen sowie die mangelnde Dokumentation und Qualitätssicherung. Mit der Einrichtung der Abteilung „Diversitäts- und Sprachpolitik“ im österreichischen Unterrichtsministerium begannen 2008 verstärkte Aktivitäten, um ein umfassenderes Konzept für die sprachliche und kulturelle Vielfalt in Österreichs Schulen zu entwickeln.

14 Aktuellere Zahlen sind aufgrund von Diskrepanzen zwischen den Meldungen der Schulen bzw. Bezirks- und Landesschulräte an Statistik Austria und das Unterrichtsministerium nicht verfügbar.

15 Unter Migrationsgeneration ist der Unterschied zwischen Personen, die selbst im Ausland und solchen, deren Eltern im Ausland, sie selbst aber im Inland geboren wurden, gemeint. Eine weitere Unterscheidung in der Gruppe derer, die selbst im Ausland geboren wurden, wird zwischen jenen getroffen, die über einen österrei-chischen und jenen, die über einen ausländischen Schulabschluss verfügen.

16 Die Übersicht über die derzeit geltenden Gesetze und Verordnungen, Rahmenbedingungen und Fördermaß-nahmen finden sich in den Informationsblättern des BMUKK, Referat für Migration und Schule, die jährlich aktualisiert werden.

Steigende

Sprachenvielfalt

Drei Maßnahmen zur

Förderung mehrsprachiger

Schüler/innen in den

1990er Jahren

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239Bildungsbericht 2012

Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

Abb. 6.1: Prozentanteile von Schülerinnen und Schülern nach Migrationsstatus und Mehrsprachigkeit

Anmerkung: Länderreihung nach Anteil mehrsprachiger Schüler/innen, abnehmend, d. h. je weniger,

destoweiterunten.Quelle:OECD,2011,eigeneDarstellung.

Im „Nationalen Aktionsplan für Integration. Maßnahmen“ (Staatssekretariat für Integrati-on, 2012b) werden die Maßnahmen in fünf Bereiche gegliedert dargestellt. Der erste Teil umfasst die Stärkung der mehrsprachigen Kinder und reicht von der Sprachförderung im Kindergarten über die Förderung des Deutschen als Zweitsprache bis zum optionalen Muttersprachenunterricht17 in der Schule. Weiters werden entsprechende Informations- und Unterrichtsmaterialien entwickelt, außer- und innerschulische Mentoring-Projekte organi-siert und unterstützt sowie Schulstandorte im Bereich der kulturellen und sprachlichen Vielfalt fachlich beraten. Der zweite Bereich widmet sich der Professionalisierung von

17 Aufgrund unterschiedlicher Theorien zum Sprach(en)erwerb gibt es derzeit in der Wissenschaft keinen Konsens zur Wichtigkeit des muttersprachlichen Unterrichts (siehe Abschnitt 1.2). Um über die Auswirkung des mut-tersprachlichen Unterrichts Aussagen machen zu können, bräuchte es breit angelegte Längsschnittstudien mit kontrollierten Vergleichsgruppen.

Schweiz

Neuseeland

Kanada

Ver. Staaten

Österreich

Deutschland

Australien

Belgien

Schweden

Ver. Königreich

Frankreich

Niederlande

Spanien

100 % %90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 10 20 30

EinsprachigeSchüler/innen

MehrsprachigeSchüler/innen

Einsprachige/r Schüler/in, beide oder ein Elternteil im Inland geborenEinsprachige/r Schüler/in, beide Elternteile im Ausland geborenMehrsprachige/r Schüler/in, beide oder ein Elternteil im Inland geborenMehrsprachige/r Schüler/in, beide Elternteile im Ausland geboren

AXx. TITEL

Fünf Maßnahmenbereiche

zur Qualitätssicherung der

mehrsprachigen Schule

heute

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240

C

Bildungsbericht 2012

Kinder gartenpädagoginnen und -pädagogen, Lehrerinnen und Lehrern (z. B. Kompetenz-stelle Mehrsprachigkeit und Migration an der Pädagogischen Hochschule Wien;18 Zentrum für Mehrsprachigkeit und interkulturelle Bildung an der Pädagogischen Hochschule Klagenfurt19), Schulleiterinnen und Schulleitern sowie Schulaufsicht und der vermehrten Rekrutierung von Maturantinnen und Maturanten mit Migrationshintergrund für das Lehramt. Parallel werden Strukturen weiterentwickelt, wie etwa das Österreichische Sprachen-Kompetenz-Zentrum (siehe www.oesz.at), um bundesweit die Vernetzung von methodisch-didaktischen Innovationen voranzutreiben und die Handelnden zu unterstüt-zen.20 Der dritte sowie vierte Bereich umfasst die Unterstützung sowie Weiterbildung der Eltern mit Migrationshintergrund und die Intensivierung des Dialogs mit den Migranten-Communities. Der fünfte Bereich widmet sich der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Themen der Mehrsprachigkeit, Interkulturalität und Integration.

Aus der Beschreibung der Maßnahmen wird offensichtlich, dass die Empfehlungen der 2009 erstellten OECD-Länderprüfung zu Migration und Bildung in Österreich (Nusche et al., 2009) in das Konzept aufgenommen wurden. Es bleibt allerdings zu fragen, inwieweit es sich um Absichtserklärungen oder lokale Interventionen handelt, deren breitenwirksame Umsetzung eine ebenso breite Koalition aller beteiligten Gruppen des Bildungswesens erfordern würde.

Wie im gesamten Schulwesen gibt es auch hier kaum Evaluationsforschung, sodass weder zur Qualität der Maßnahmen noch über Wirkungszusammenhänge und Kausalitäten Aus-sagen gemacht werden können. Zur thematisch zielgerichteten Aus- und Weiterbildung des Personals in Unterricht und Verwaltung existiert keine Dokumentation. Eine der wenigen Untersuchungen zum Thema des Wissens und der Einstellungen von Grundschullehrerin-nen und -lehrern in Österreich im Bereich des interkulturellen Lernens und der Mehrspra-chigkeit (Furch, 2009) ergab deutliche Unsicherheiten und Informationsmängel bei Lehr-personen in Wiener Grund- bzw. Volksschulen. Die Erhebung fand allerdings im Zeitraum 2001–2003 statt und liegt damit schon zehn Jahre zurück. Bei der international verglei-chenden Erhebung „Teaching and Learning International Survey“, TALIS 2008, wurde der Themenbereich „Unterrichten in einem multikulturellen Umfeld“ von den österreichischen Lehrerinnen und Lehrern selbst als wenig relevant für ihre eigene Weiterbildung (Grafen-dorfer, Neureiter & Längauer-Hohengaßner, 2009, S. 37), aber auch für die Beurteilung ihrer Unterrichtsqualität sowie der Schule insgesamt gesehen (Rieß, Meließnig & Laimer, 2009, S. 58–61). Vergleicht man die einschlägigen Werte international, so fällt auf, dass österreichische Lehrer/innen weit unter dem Durchschnittswert aller teilnehmenden Län-der liegen. Während durchschnittlich 47 % der Lehrer/innen mittleren oder hohen Weiter-bildungsbedarf beim Unterrichten in einem multikulturellen Umfeld angaben (Jensen, 2010, S. 63), traf das nur auf 34 % der österreichischen Lehrer/innen zu (Kast, 2010, S. 29).

Beispielhaft für spezifische Maßnahmen hinsichtlich der Förderung der schulsprachlichen Kompetenz von mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern sollen zwei Bereiche angespro-chen werden, nämlich die Sprachförderung im vorschulischen sowie jene im schulischen Bereich.

SprachförderungimvorschulischenBereich

Nach der Einführung des Sprachtickets im Schuljahr 2005/06, das mit einem Ausmaß von 120 Stunden pro Kind nicht den erhofften Erfolg einer wesentlichen Steigerung der Deutschkenntnisse der Schulanfänger/innen brachte, wurde das umfassendere Maßnah-menpaket „Frühe sprachliche Förderung im Kindergarten“ in einer Bund-Länder-Koopera-tion 2008 eingeführt. Zusammen mit dem bundesweiten vorschulischen Bildungsplan

18 Vgl. http://www.phwien.ac.at/index.php?id=1587 [zuletzt geprüft am 30. 11. 2012].19 Vgl. http://www.ph-kaernten.ac.at/organisation/institute-und-zentren/mehrsprachigkeit/ [zuletzt geprüft am 30. 11. 2012].20 Vgl. dazu die Spracheninnovationsnetzwerke unterwww.oesz.at/spin [zuletzt geprüft am 30. 11. 2012].

Entwicklung des Lesens

Keine Forschung zur

Professionalisierung

des Unterrichts in

mehrsprachigen Klassen

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241Bildungsbericht 2012

Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

sollte unter anderem sichergestellt werden, dass durch die Sprachförderung im Kindergarten die Deutschkenntnisse der Schulanfänger/innen soweit ausgebildet werden, dass sie dem Unterricht bei Schulbeginn würden folgen können.

Die Evaluationsstudie (Stanzel-Tischler, 2011a), in der sowohl Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen als auch Volksschullehrer/innen befragt wurden, zeigte aber, dass die Er-wartungen, die insbesondere bei den Volksschullehrerinnen und -lehrern hervorgerufen wurden, zu hoch waren. Es wurde zwar von 40 % der befragten Volksschullehrer/innen berichtet, dass der Schuleintritt von mehrsprachigen Kindern durch das Maßnahmenpaket erleichtert worden wäre, aber nur ein Fünftel bemerkte eine Entlastung der Lehrer/innen (Stanzel-Tischler, 2011a, S. 23–24). Die Befunde der qualitativen Pilotstudie zeigten, dass unter den gegebenen Rahmenbedingungen auch im Falle eines zwei- bis dreijährigen Kin-dergartenbesuchs nicht damit gerechnet werden kann, dass alle Kinder ausreichend gute Deutschkenntnisse erwerben, um dem Unterricht folgen zu können, solange in diesem – so soll hier angemerkt werden – von der Einsprachigkeit der Kinder ausgegangen wird. Die Zusammensetzung der Kindergartengruppen ist teilweise so, dass die Kontaktwahrschein-lichkeit mit deutschsprachigen Kindern per se sehr gering ist. Darüber hinaus zeigen sich Probleme bei schüchternen Kindern und jenen mit Defiziten in der Merkfähigkeit bzw. in der Erstsprachentwicklung. Obwohl sich die Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen vielfach Beiträge der Eltern zum Deutschlernen wünschen (Stanzel-Tischler 2011b, S. 24), sind die wissenschaftlichen Aussagen dazu widersprüchlich. Wird auf der einen Seite emp-fohlen, die Deutschkenntnisse der Eltern schulpflichtiger Kinder zu fördern, damit die Kinder zuhause möglichst früh Deutsch lernen (können) (Becker & Beck, 2011, S. 130), so wird auf der anderen Seite darauf hingewiesen, dass Eltern nicht angehalten werden sollten, mit ihren Kindern Deutsch anstelle ihrer Erstsprache zu sprechen, vor allem wenn sie Deutsch nur mangelhaft beherrschen (DeCillia, 2011). Parallel zu dieser Diskussion wird vor der Überschätzung „vorholender“ Sprachförderung im Elementarbereich gewarnt, die dann in enttäuschten Erwartungen der Lehrer/innen an Grundschulen resultieren (Gogo-lin, 2008).

Ein Hinweis auf mögliche Defizite in den Qualitätsstandards der Elementarbildung könnte auch der Befund sein, dass in der Erinnerung der 15-jährigen Schüler/innen (PISA 2009, Datensatz nationale Zusatzerhebung Österreich, eigene Berechnungen) das Ausmaß der leseförderlichen Aktivitäten im Kindergarten zwischen Herkunftsgruppen signifikant differiert. Zwar gingen die im Rahmen von PISA 2009 befragten 15-jährigen Schüler/innen zwischen 1996 und 1999 in den Kindergarten, d. h. die Erfahrungen liegen mehr als 10 Jahre zurück, dennoch bieten sie einen Anhaltspunkt, der weiter untersucht werden sollte. Wie aus Abbildung 6.2 ersichtlich, gaben 29 % weniger türkisch- als deutschspra-chige Jugendliche an, dass es in ihrem Kindergarten Bücher gegeben hätte, in denen sie blättern und lesen durften. Während der ohnehin geringere Unterschied unter den BKS-sprachigen Kindern nicht signifikant ist, bleibt er bei den türkischsprachigen Kindern auch nach Kontrolle des sozioökonomischen Hintergrunds signifikant.

Während die Analyse der Qualität im Bereich Mehrsprachigkeit-Interkulturalität-Mobilität (kurz: MIM) mit den vorliegenden Daten nicht möglich ist, scheint es geboten, der MIM-Qualitätssicherung zusammen mit diversen Ansätzen der Sprach(en)förderung in den Kin-dergärten und Kinderkrippen größere Aufmerksamkeit zu schenken.

TeilnahmeamDeutsch-Förderunterricht

Eine der wichtigsten Förderinstanzen für Schüler/innen in Österreich ist der fachspezifische Förderunterricht. Schüler/innen, die von einem Leistungsabfall betroffen oder bedroht sind, sollen durch zusätzliche Lernangebote vor Schulversagen bewahrt werden. Abbildung 6.3 zeigt die prozentualen Anteile von Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Herkunfts-gruppen am Förderunterricht im Fach Deutsch in österreichischen Volksschulen.

Evaluationsstudie zur

frühen sprachlichen

Förderung im Kindergarten

Qualitätssicherung in der

Elementarbildung

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242

C

Bildungsbericht 2012

Abb. 6.3: Anteile am Förderunterricht von Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Erstsprachen nach Häufigkeit

Quelle:BIST-BL421,2010.EigeneBerechnungen.

Aus der Gruppe der Schüler/innen, die zuhause nur Deutsch sprechen, gab jede/r Vierte an, manchmal eine Deutsch-Förderstunde zu besuchen, weitere 12 % tun dies fast jede Woche. Es wird also insgesamt ein Drittel dieser Schüler/innen zusätzlich zum regulären Unterricht in Deutsch im schulischen Rahmen gefördert. In der Gruppe der Schüler/innen, die zuhau-se Bosnisch/Kroatisch/Serbisch sprechen, beträgt der Anteil ca. die Hälfte, in der türkisch-sprachigen Kategorie sind es knapp zwei Drittel, die manchmal oder wöchentlich an einer Deutsch-Förderstunde22 teilnehmen. Über Zugang zum Förderunterricht und dessen Wirk-samkeit bezogen auf unterschiedliche Schülergruppen kann allerdings auf Basis der vor-

21 Datenbasis ist die Ausgangsmessung (Baseline) für die Überprüfung der Bildungsstandards für die 4. Schulstufe (BIST-BL4, 2010).

22 Zwischen den allgemeinen Deutsch-Förderstunden und den spezifischen Förderstunden „Deutsch als Zweit-sprache“ kann im Rahmen dieser Datenanalyse nicht unterschieden werden.

AXx. TITEL

Deutsch Türkisch BKS Andere

Im Kindergarten gab es viele Bücher, in denen wir blättern

und lesen durften

Die Kindergärtnerinhat uns oft aus

Büchern vorgelesen

Es wurden uns oftGeschichten erzählt

100

90

70

50

80

60

40

30

20

10

0%

breit oder schmal - bitte entscheiden!

Deutsch Türkisch/Kurdisch

BKS Andere

70

50

60

40

30

20

10

0%

AXx. TITEL

AXx. TITEL

Deu

tsch

Türk

isch

/K

urdi

sch

B-K

-S

And

ere

70

50

60

40

30

20

10

0%

fast jede Woche manchmal

fast jede Woche

manchmal

24.0

11.9

37.4

26.9

29.2

18.6

30.9

20.8

24.0

11.9

37.4

26.9

29.2

18.6

30.9

20.8

Abb. 6.2: Leseförderliche Aktivitäten im Kindergarten (in der Erinnerung 15-jähriger Schüler/innen)

Quelle:PISA2009,DatensatznationaleZusatzerhebungÖsterreich.EigeneBerechnungen.

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243Bildungsbericht 2012

Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

liegenden Daten keine Aussage gemacht werden. Auf Basis der Berliner Längsschnittstudie ELEMENT wurde für die Situation vor Ort festgestellt, dass sich die aufwendigen wie teuren „kompensatorischen“ Maßnahmen des Nachhilfeunterrichts, der Stütz- und Förder-kurse in Deutsch sowie Deutsch als Fremdsprache als ineffektiv erwiesen hätten (Becker & Beck, 2011). Inwieweit dieses Ergebnis auf die österreichische Situation übertragbar ist, muss an dieser Stelle unbeantwortet bleiben.

Auf Basis der aktuellen Datenlage kann nicht beurteilt werden, ob Schüler/innen, deren Sprachkenntnisse in der Unterrichtssprache Deutsch noch nicht so weit entwickelt sind, dass sie dem Unterricht folgen können (außerordentliche Schüler/innen), in dem für ihre Sprach(en)entwicklung notwendigen Ausmaß gefördert werden. Während der Lehrplan der Volksschule für diese Schüler/innen ohnehin einen „besonderen Förderunterricht“ im Aus-maß von bis zu 12 Wochenstunden vorsieht, sollte ab 2006/07 zusätzlich ein bis zu 11 Wochenstunden umfassender Sprachförderunterricht eingerichtet werden. Dieser sollte auch schulstufen- und schulübergreifend organisiert werden, sodass jede/r außerordentliche Schüler/in daran teilnehmen kann. Es besteht aber einiger Zweifel, dass der besondere Förderunterricht jemals alle außerordentlichen Schüler/innen erreicht und in dem für die jeweiligen Schüler/innen notwendigen Umfang stattgefunden hat. Allerdings gibt es dazu weder Dokumentation noch Evaluation. Eine erste Befundung liegt für die Situation in Ober-österreich direkt nach der Einführung im Jahr 2007 vor: Nach Gegenüberstellung der Anzahl der außerordentlichen Schüler/innen und des Dienststellenplans wurde festgestellt, dass die zusätzlich eingeführten Kurse entweder zu einer drastischen Erhöhung der teilnehmenden Schüler/innen pro Sprachförderkurs geführt hatten oder aber zur Reduktion der Stunden von bis zu zwei Drittel – beides unter der Annahme, dass tatsächlich alle außerordentlichen Schü-ler/innen an diesen Kursen teilgenommen hätten (Bauer & Kainz, 2007, S. 38–40).

Eine im Jahr 2009 in Auftrag gegebene Evaluation zur Durchführung (nicht zur Wirksam-keit!) auf der Schul- und Verwaltungsebene ergab ein äußerst heterogenes Bild über die Bundesländer hinweg (Amtmann & Stanzel-Tischler, 2010, S. 200–212).23 Wien teilte als einziges Bundesland mit, dass es für alle Maßnahmen sowohl Controlling als auch Evaluie-rung durchführen würde. Einig waren sich alle befragten Lehrer/innen, dass die maximale Schüleranzahl je Sprachförderkurs zwischen fünf und sieben Kindern liegen solle – ein Wert, der unter der Minimalanzahl für die Eröffnung eines solchen Kurses liegt (Amtmann & Stanzel-Tischler, 2010, S. 204). Als Gründe, weshalb außerordentliche Schüler/innen nicht an den Sprachförderkursen teilnahmen, wurde die erforderliche Mindestanzahl an Schülerinnen und Schülern sowie der Ausschluss wegen bereits erfolgter, einjähriger Teil-nahme (selbst bei aufrechtem Förderbedarf) genannt (Amtmann & Stanzel-Tischler, 2010, S. 210). Eine Qualitätssicherung nicht nur der inhaltlichen Komponente, sondern vor allem der tatsächlichen Implementierung scheint dringend geboten.

2.3 Zugang zu und Teilnahme an unterschiedlichen Bildungseinrichtungen

Im Folgenden soll der Anteil der mehrsprachigen Kinder und Jugendlichen in unterschied-lichen Bildungseinrichtungen der Primar-, Sekundarstufe I und Sekundarstufe II dargestellt werden. Für die Zeit der Schulpflicht wird die Entwicklung der Anteile der mehrsprachigen Schüler/innen in den Bildungsstufen und Schultypen während der vergangenen 10 Jahre veranschaulicht.

Primarstufe

Im Schuljahr 2010/11 befanden sich 78.505 Schüler/innen mit einer anderen Erstsprache als Deutsch in Österreichs Volksschulen (BMUKK, 2012b). Von ca. 20.000 Schulanfängerinnen

23 Es überrascht, dass Landesschulinspektorinnen und -inspektoren der Bundesländer Niederösterreich und Tirol ohne Begründung, und jene aus dem Bundesland Salzburg mit Begründung an der vom BMUKK beauftragten Befragung nicht teilnahmen (Amtmann & Stanzel-Tischler, 2010).

Mangelnde

Standardisierung,

Dokumentation

und Evaluation der

Sprachförderkurse

Evaluation der

Durchführung der

Sprachförderkurse

dringend notwendig

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244

C

Bildungsbericht 2012

und -anfängern mit einer anderen Erstsprache als Deutsch befanden sich 3.816, d. h. bei-nahe jede/r Fünfte in der Vorschulstufe. Betrachtet man alle Schüler/innen der Vorschulstufe, so waren genau die Hälfte mehrsprachig. Der Anteil jener mit außerordentlichem Status, d. h. dass die Deutschkenntnisse nicht so weit entwickelt sind, dass die Schüler/innen dem Unterricht folgen konnten, betrug knapp 35 %. Betrachtet man die Entwicklung über die letzten Jahre, so fällt auf, dass der Anteil der mehrsprachigen Vorschüler/innen innerhalb von vier Jahren um 9 % gestiegen ist, wohingegen der Anteil der mehrsprachigen Kinder in der Volksschule im selben Zeitraum lediglich um 4 % zugenommen hat (BMUKK, 2012b, S. 24). Diese ungleichmäßige Steigerung könnte auf eine veränderte Zuweisungspraxis hinweisen. Dabei ist zu beachten, dass einerseits die gesetzliche Regelung besagt, dass man-gelnde Kenntnisse der Unterrichtssprache kein Grund für den Besuch der Vorschulstufe und damit für einen Schullaufbahnverlust sein sollte (BMUKK, 2011, S. 10), und anderer-seits die Veränderung der Funktion der Vorschulstufe in Richtung gezielter Sprach(en)för-derung entsprechender organisatorischer und inhaltlicher Maßnahmen bedürfte.

Um die Entwicklung während der vergangenen 10 Jahre im Bereich der ersten 9 Schuljahre (Pflichtschulphase) zu veranschaulichen, wird in Abbildung 6.4 eine Übersicht über die Anteile der mehrsprachigen Schüler/innen in den unterschiedlichen Schultypen in Öster-reich zwischen dem Schuljahr 2001/02 und 2010/11 dargestellt. Auffallend sind die nach Schultypen unterschiedliche Verteilung, aber auch die unterschiedlichen Zuwachsraten. Noch immer bildet sich eine klare Hierarchie der Schultypen ab, die der Logik folgt, dass, je höher das Prestige des Schultyps, desto niedriger der Anteil der mehrsprachigen Schüler/innen ist. So hat die Sonderschule österreichweit mit 28 % den höchsten Anteil von mehr-sprachigen Kindern,24 wohingegen die Unterstufe der allgemeinbildenden höheren Schule (AHS) mit 16 % einen beinahe nur halb so hohen Anteil aufweist. Bedeutend größer sind die Diskrepanzen aber in der daran anschließenden Sekundarstufe II.

Abbildung 6.4 zeigt die Anteile von mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern an ausge-wählten Schultypen im Bundesdurchschnitt und umfasst daher sowohl städtische als auch ländliche Gebiete. Tatsächlich sind mehrsprachige Schüler/innen aber sehr unterschiedlich über das Bundesgebiet verteilt. Abbildung 6.5 zeigt dieselbe Systematik wie Abbildung 6.4, lediglich für das Bundesland Wien. Es gilt zu beachten, dass unterschiedliche Skalen vorlie-gen. Während die Werte auf der y-Achse bei der Darstellung für Gesamtösterreich in Abbil-dung 6.4 von 0 bis 30 % reichen, bewegen sich die Anteile in Abbildung 6.5 bei der Darstel-lung für Wien von 0 bis 70 %. Die Werte befinden sich in Wien in allen Schultypen auf rund doppelt so hohem Niveau wie im österreichischen Durchschnitt. Nicht nur die Ver-teilung und Konzentration der mehrsprachigen Kinder zwischen den Bundesländern ist sehr unterschiedlich, sondern auch die regionalen Disparitäten, die nach wie vor zwischen ländlichen und städtischen Gebieten bestehen (vgl. Nationaler Bildungsbericht, Band 1, Kennzahl B2.1, nach Gemeindegrößenklassen). So kann es sein, dass Berechnungen, die auf regionale oder kleinräumige Verschiedenheiten nicht Rücksicht nehmen, wesentliche Mechanismen, wie etwa Benachteiligung, statistisch nicht zu erfassen imstande sind (vgl. Bruneforth et al., 2012; in diesem Band).

SekundarstufeI

Wie in Abbildung 6.5 ersichtlich, war der Anteil der mehrsprachigen Schüler/innen an Hauptschulen in Wien im Schuljahr 2000/01 fast doppelt so hoch wie der Anteil in der AHS-Unterstufe. Zehn Jahre später haben sich die Verhältnisse leicht zugunsten der AHS verändert. Da die Zahlenverhältnisse in unterschiedlichen Sprachgruppen bedeutsame

24 Es soll hier unmittelbar darauf hingewiesen werden, dass die Prozentangaben oft zu Fehlannahmen führen. So beträgt der Anteil der Schüler/innen in Sonderschulen an einem Jahrgang insgesamt gesehen rund 2 %. In manchen Sprachgruppen gibt es eine starke Überrepräsentation mit bis zu 5 %, d. h. also, dass mindestens 95 % der Schüler/innen der jeweiligen Sprachgruppe einer Schulstufe NICHT die Sonderschule besuchen (vgl. Tabelle 6.2, Abschnitt 2.3).

Anteil mehrsprachiger

Schüler/innen in

der Vorschule stark

angestiegen

Anteile mehrsprachiger

Schüler/innen in

Hauptschulen nach wie

vor bedeutend höher als

in AHS

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245Bildungsbericht 2012

Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

30

25

20

10

15

5

0 2001/02 2002/03 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11

Meh

rspr

achi

ge S

chül

er/in

nen

(in %

)

Polytechnische SchulenVolksschulen (inkl. Vorschule)

Österreich-Durchschnitt

Hauptschulen

AHS-UnterstufeSonderschulenModellversuch „Neue Mittelschule“

Abb. 6.4: Mehrsprachige Schüler/innen in Österreich

Quelle:BMUKK2010;BMUKK,2012b.

Abb. 6.5: Mehrsprachige Schüler/innen in Wien

Quelle:BMUKK2010;BMUKK,2012b.

70

60

50

30

40

20

10

0 2001/02 2002/03 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11

Meh

rspr

achi

ge S

chül

er/in

nen

(in %

)

Polytechnische SchulenVolksschulen (inkl. Vorschule)

Österreich-Durchschnitt

Hauptschulen

AHS-UnterstufeSonderschulenModellversuch „Neue Mittelschule“

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246

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Bildungsbericht 2012

Unterschiede aufweisen, ist es sinnvoll, die Entwicklungen auch innerhalb der Gruppen selbst zu betrachten. In Tabelle 6.2 wird die Entwicklung zwischen dem Schuljahr 2006/07 und 2010/11 für drei Sprachgruppen dargestellt: die einsprachig deutschsprachigen, die mehrsprachig türkisch- und bosnisch-/kroatisch-/serbisch-sprachigen Schüler/innen.

Tab. 6.2: Veränderung der Verhältnisse der Schüler/innen in unterschiedlichen Schulformen der Sekundarstufe I, nach Sprachgruppen

SchuljahrHauptschule

inkl. NMSSonderschule AHS-Unterstufe Summe

Einsprachig deutschsprachige Schüler/innen

2006/07209.585 6.582 102.283 318.450

66% 2% 32% 100%

2010/11176.826 6.437 94.673 277.936

64% 2% 34% 100%

Mehrsprachig bosnisch-/kroatisch-/serbisch-sprachige Schüler/innen

2006/0716.832 808 5.079 22.749

74% 4% 22% 100%

2010/1116.366 804 6.157 23.227

70% 3% 26% 100%

Mehrsprachig türkischsprachige Schüler/innen

2006/0715.789 973 2.093 18.855

84% 5% 11% 100%

2010/1115.123 939 2.638 18.700

81% 5% 14% 100%

Anmerkung:NMS:NeueMittelschule.

Quelle:StatistikAustria,Bildungsdokumentation.EigeneBerechnungen.

In allen drei Gruppen veränderte sich das Verhältnis zugunsten der AHS, allerdings zu geringfügig unterschiedlichen Prozentsätzen. Die größte Veränderung fand unter den bosnisch-/kroatisch-/serbisch-sprachigen Schülerinnen und Schülern statt, gefolgt von den türkischsprachigen und schließlich den deutschsprachigen. Neben der Veränderung über die Zeit sind aber nach wie vor die stark unterschiedlichen Niveaus zu beachten. Während unter den türkischsprachigen Schülerinnen und Schülern 2010/11 nur 14 % in der AHS-Unterstufe waren, befanden sich unter der einsprachig deutschsprachigen Mehrheit 34 % in der AHS-Unterstufe, dazwischen die BKS-sprachigen Schüler/innen mit 26 %. Insgesamt ist bei der Verteilung zwischen Hauptschulen und AHS-Unterstufen der große Stadt-Land-Unterschied zu beachten. Je nach Siedlungsmuster unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen beeinflusst die unterschiedliche Verfügbarkeit von AHS-Standorten die Bildungsteilnahme der Gruppen. Weitere Einflussvariablen beim Übergang zwischen Primar- und Sekundar-stufe, aber auch zwischen Sekundarstufe I und II werden im Kapitel „Chancengerechtigkeit“ in diesem Band (Bruneforth et al., 2012, Abschnitt 3.1.3) unter Berücksichtigung des Mig-rationshintergrunds (im Ausland geborene Eltern) ausführlich diskutiert.

SekundarstufeII

Während des neunten Jahrs des Schulbesuchs müssen Schüler/innen in Österreich entschei-den, ob sie einen weiterführenden (Aus-)Bildungsweg einschlagen wollen oder nicht. In Abbildung 6.6 werden Prozentanteile von mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern in den Schultypen der Sekundarstufe II für das Schuljahr 2010/11 im österreichweiten Durch-schnitt dargestellt.

In allen Sprachgruppen

wachsen die Anteile der

AHS-Schüler/innen

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247Bildungsbericht 2012

Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

In diesem Schuljahr lag der Anteil der mehrsprachigen Schüler/innen in den maturaführen-den Schulen bei rund 13 %. Allerdings sind besonders große Unterschiede in den berufs-bildenden höheren Schulen festzustellen. Während sich die kaufmännischen höheren Schulen mit 23 % mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern unter diesen großer Beliebt-heit erfreuen, die technisch-gewerblichen höheren Schulen mit 14 % bereits einen sehr viel geringeren Anteil aufweisen, finden sich mit 4 % verschwindend kleine Anteile in den humanberuflichen höheren Schulen, darunter die touristisch, künstlerisch-handwerklich oder erzieherischorientierten höheren Schulen. Ein Grund für die überraschend hohen Un-terschiede könnten die stark differenzierenden Aufnahmeprozedere und unterschiedlichen Schulerhalter (Bund, Land, Gemeinde, Kirche, Elterninitiative etc.) sein.

Abb. 6.6: Schüler/innen mit anderer Erstsprache als Deutsch nach ausgewählten Schulsparten in der Sekundarstufe II (Polytechnische Schulen nicht enthalten)

Anmerkungen:BHS:BerufsbildendehöhereSchulen;HTL:HöheretechnischeLehranstalten;HAK:Han-

delsakademien;BMS:BerufsbildendemittlereSchulen.

Quelle:Bildungsdokumentation,eigeneBerechnungen.

Ein hoher Anteil mehrsprachiger Schüler/innen im Vergleich der Schulsparten in der Se-kundarstufe II findet sich in den mittleren berufsorientierten Schulen (berufsbildende mittlere Schulen [BMS] 19 %), wobei hier insbesondere der Anteil von beinahe 50 % in der kaufmännischen Schulform auffällt.

Ein deutlich niedrigerer Anteil zeigt sich hingegen in den Berufsschulen, in denen weniger als jede/r zehnte Schüler/in im Schuljahr 2010/11 mehrsprachig war. Zwischen den unter-schiedlichen Berufsschulen gibt es allerdings enorme Unterschiede. Berufsschulen zur Ausbildung von Kraftfahrzeugtechnikerinnen und -technikern weisen beispielsweise mehr als ein Drittel mehrsprachige Schüler/innen auf, ein Viertel der Lehrberufe hingegen über-haupt keine, bei 78 der insgesamt 273 unterschiedlichen Berufsschultypen sind es weniger als 1 %. Auch wenn der vorliegende Beitrag keine Erklärungsansätze liefern kann, deuten diese Zahlen darauf hin, dass es bestimmte Lehr- und Ausbildungsberufe gibt, zu denen mehrsprachige Schüler/innen keinen oder nur schwer Zugang finden (beispielsweise zu den Lehrberufen für Straßenerhaltung oder Luftfahrttechnik). Schließlich sind mehrsprachige

Anteile mehrsprachiger

Schüler/innen in

berufsbildenden

Schulformen sehr

unterschiedlich

Auffallend niedriger Anteil

mehrsprachiger Schüler/

innen in Berufsschulen

AHS-Oberstufe

Realgym.Oberstufe

BHS* HTL HAK BMS Berufs-schule

Sonstige

50

60

70

80

90

100

40

30

20

10

0%

13,410,2

13,7

23,319,2

8,7

22,3

Anteil der mehrsprachigen Schüler/innen Anteil der einsprachigen Schüler/innen

3,8

*Hier sind nur humanberufliche berufsbildende höhere Schulen gemeint, wie z. B. Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik (BAKIP), Sozialpädagogik (BASOP), Tourismus, Mode oder Kunst.

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248

C

Bildungsbericht 2012

Schüler/innen häufig in der Kategorie „Sonstige Schulformen“ zu finden, wo sie immerhin fast ein Fünftel der gesamten Schülerschaft ausmachen. Dies betrifft ein- bis zweijährige Lehrgänge zur Vorbereitung für Sozialbetreuungsberufe oder für das Gastgewerbe, aber auch Privatschulen, die sich an eine eingeschränkte Klientel wenden.

Um die Bedeutung der Schulformen für die gesamte Schülerschaft beurteilen zu können, ist es notwendig, die schulformenzentrierte Betrachtung mit einer gruppenzentrierten Darstel-lungsweise zu vergleichen. Dabei wird die Bedeutung der Berufsschule und damit der dua-len Ausbildung offensichtlich – sowohl bei den einsprachig deutschsprachigen als auch bei den mehrsprachigen Jugendlichen dieser Alterskohorte. Die Anteile der mehrsprachigen Schüler/innen in den allgemein- und berufsbildenden höheren Schulen sind gleich groß, aber liegen deutlich hinter den Ausbildungswegen auf mittleren Niveau. Bei dieser Betrach-tungsweise muss allerdings beachtet werden, dass in der Alterskohorte der über 15-Jährigen die Anteile der Jugendlichen, die sich nicht mehr im Bildungswesen befinden, bei den mehr-sprachigen deutlich größer ausfallen als bei den einsprachigen (vgl. zum Schulabbruch Nationaler Bildungsbericht, Band 1, Kennzahl C5.1; sowie zu frühen Schulabgängerinnen/-abgängern und Drop-outs nach Erstsprache Statistik Austria, 2012, S. 49).

Tab. 6.3: Verteilung der Schüler/innen nach Sprache auf Schulformen

Quelle:Bildungsdokumentation2011/12,eigeneBerechnungen.

Die größten Diskrepanzen zuungunsten der mehrsprachigen Schüler/innen bestehen auch hier bei den Berufsschulen und humanberuflichen BHS, während es einen leichten Über-hang in der AHS-Oberstufe sowie unter den sonstigen Schulformen gibt. Diese Verteilung spiegelt das polarisierte Bildungsprofil der Elterngeneration der mehrsprachigen Schüler/in-nen wider, die deutlich größere Anteile in der Kategorie der hohen und niedrigen Abschlüsse aufweisen sowie einen deutlich kleineren Anteil bei den mittleren Ausbildungsabschlüssen.

Betrachtet man die Veränderung über die Zeit, zeigt sich auch beim Anstieg des Anteils der mehrsprachigen Schüler/innen in den unterschiedlichen Schultypen in der Sekundarstufe II ein markantes Muster. Im vergangenen Jahrzehnt hat der Anstieg im Durchschnitt aller Schultypen 5,1 % betragen, in den Polytechnischen Schulen 10 % und in den traditionell die niedrigsten Werte aufweisenden, lehrerbildenden höheren Schulen nur 2,3 %. Der An-teil der mehrsprachigen Schüler/innen erhöhte sich dort von 1,4 % im Jahr 2001/02 (BMUKK, 2010, S. 24) auf 3,7 % im Jahr 2010/11 (BMUKK, 2012b, S. 24).

Weitere Analysen zu den Verteilungen auf die unterschiedlichen Schulformen der 15-/16-jährigen Schüler/innen in der PISA-Studie zeigen, dass sich 94 % der einsprachigen Schüler/innen bereits in Schul- oder Ausbildungsformen der Sekundarstufe II befinden (z. B. AHS-Oberstufe, BHS oder Lehre), aber nur 70 % der mehrsprachigen Schüler/innen. Dies zeigt deutliche Schullaufbahnverzögerungen, die etwa durch den Besuch der Vor-schulstufe sowie das Wiederholen von Klassen zustande kommen können. Besonders deut-lich tritt dies bei Schülerinnen und Schülern mit der Erstsprache Türkisch zutage, von denen sich rund 30 % im Alter von 15 Jahren noch in der Hauptschule befinden.

Anstieg der

mehrsprachigen Schüler/

innen über Schulformen

sehr unterschiedlich

Schullaufbahn-

verzögerungen unter

Mehrsprachigen deutlich

häufiger

AHS-Oberstufe

Realgym. Oberstufe

BHS* HTL HAK BMSBerufs-schule

Sonstige Summe

AlleSchüler/innen

17,3 6,9 12,7 8,7 5,4 6,5 38,4 4,1 100%

einsprachige 17,0 7,0 13,8 8,5 4,7 5,9 39,6 3,6 100%

mehrsprachige 20,3 6,2 4,2 10,4 11,0 10,9 29,1 7,9 100%

*HiersindnurhumanberuflicheberufsbildendehöhereSchulengemeint,wiez.B.BildungsanstaltenfürKindergartenpädagogik(BAKIP),Sozialpädagogik(BASOP),Tourismus,ModeoderKunst.

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249Bildungsbericht 2012

Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

Als wesentlicher Einflussfaktor auf Schulerfolg und erreichte Kompetenzen wird sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Wissenschaft die Zusammensetzung der Schülerschaft diskutiert. Mehrsprachige Schüler/innen sind vier- bis fünfmal so häufig in Klassen mit hohen Anteilen an Schülerinnen/Schülern mit nichtdeutscher Alltagsprache. Genauere Darstellungen zum Thema der Schulkomposition und Segregation werden in Band 1 des Nationalen Bildungsberichts mit der Kennzahl B2.3 aufgegriffen und im Kapitel „Chan-cengerechtigkeit“ (Bruneforth et al., 2012; in diesem Band) insbesondere in Zusammen-hang mit dem Begriff der Kompetenzarmut näher diskutiert.

2.4 Kompetenzen

Bis zum Beginn des PISA-Projekts im Jahr 2000 war die Betrachtung des sogenannten „Outputs“ kaum im Fokus bildungspolitischer Debatten in Österreich. Der Output des Schulsystems, was es also leistet, wurde vor allem an der Verteilung der höchsten Bildungs-abschlüsse in Geburtenkohorten betrachtet und an der Abstimmung zum Bedarf auf dem Arbeitsmarkt gemessen. Seit dem Jahr 2000 ist nun eine neue Komponente hinzugekom-men, die mit den erreichten Kompetenzen und ihrer Messbarkeit zusammenhängt. Die Frage ist, inwiefern ein Schulsystem die geeigneten Rahmenbedingungen herstellt, damit Schüler/innen ihre Talente entfalten und bestimmte Kompetenzen entwickeln können. Bislang wurde das in Österreich nur im Rahmen internationaler Leistungstests wie PISA, PIRLS und TIMSS sowie der International Civic and Citizenship Education Study (ICCS) erfasst. Zu den Kompetenzfeldern Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften liegen relativ ausführliche Berichte vor, in denen auch nach Herkunfts- und Sprachgruppen diffe-renziert wird. Diese Ergebnisse sollen hier nicht wiederholt werden, weswegen an die ein-schlägige Literatur verwiesen wird, insbesondere jene ab 2009.25 Dennoch sollen zwei Aspekte herausgegriffen werden: Die Kompetenzen in Lesen und Mathematik nach zuhause verwendeter Sprache in PISA 2009 (Österreich) und die Lesekompetenzen der ein- und mehrsprachigen Schüler/innen in PISA 2009 im internationalen Vergleich.

TestleistungeninLesenundMathematik

Tabelle 6.4 zeigt die mittleren Lese- und Mathematikleistungen der 15-jährigen Schüler/innen nach Sprachgruppen in Österreich. Die deskriptiven Ergebnisse belegen, dass die Kategorie der mehrsprachigen Schüler/innen mit einer anderen Erstsprache als Deutsch si-gnifikant niedrigere Testleistungen in beiden Testfächern im Vergleich zu einsprachigen Schülerinnen und Schülern mit der Erstsprache Deutsch aufweisen. Die Abweichungen in den mittleren Testleistungen sind bei der türkischen Sprachgruppe besonders groß (112 Punkte in Lesen und 99 Punkte in Mathematik), gefolgt von BKS-sprechenden Schülerin-nen und Schülern (69 und 62 Punkte). Die sonstigen mehrsprachigen Schüler/innen weisen die geringsten, aber immer noch signifikanten Abweichungen auf (40 Leistungspunkte in Lesen und Mathematik).

Tab. 6.4: Mittlere Lese- und Mathematikleistungen, nach Sprachgruppen

Einsprachig Deutsch Türkisch BKS Andere

Lesen 481,2 369,0 411,8 441,5

Mathematik 505,8 406,0 443,3 468,9

Anmerkung:Werteinfett:SignifikanteUnterschiedeimVergleichzudeneinsprachigdeutschsprachigen

SchülerinnenundSchülern.

Quelle:PISA2009,eigeneBerechnungen.

25 PISA 2006 (Breit, 2009; Schmid, Breit & Schreiner, 2009), PISA 2009 (Wroblewski, 2012), PIRLS 2006 (Unterwurzacher, 2009), TIMSS 2007 (Breit & Wanka, 2010), PIRLS 2011 (Bergmüller & Herzog-Punzen-berger, 2012a), TIMSS 2011 (Bergmüller & Herzog-Punzenberger, 2012b).

Gleiche Chancen, um

gleiche Kompetenzen zu

erreichen?

Lese- und

Mathematikkompetenzen

zwischen Sprachgruppen

sehr unterschiedlich

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250

C

Bildungsbericht 2012

InternationalerVergleich

Mehrsprachigkeit stellt für die auf Einsprachigkeit aufgebauten Schulsysteme eine Heraus-forderung dar. In vielen Ländern zeigt sich das an den Leistungsunterschieden zwischen mehrsprachigen und einsprachigen Schülerinnen und Schülern. In Abbildung 6.7 werden die Differenzen zwischen den Lesemittelwerten der mehrsprachigen Schüler/innen mit Migrationshintergrund und der Schüler/innen ohne Migrationshintergrund als Punktdiffe-renz in den Leistungstests dargestellt. Es stellt sich heraus, dass es erstens nicht in allen Ländern Unterschiede gibt und zweitens, dass sie, wo vorhanden, sehr unterschiedlich groß sind. In Australien zeigte sich bei der Testung im Jahr 2009 kein Leistungsunterschied in Lesen zwischen den Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund, die zuhause eine andere als die Testsprache sprechen, und jenen ohne Migrationshintergrund.26 Auch in Kanada war der Unterschied mit 12 Punkten klein. Etwas größer war er in den USA mit 32 Punkten und Neuseeland mit 40 Punkten. In den europäischen Einwanderungsländern betrug der Unterschied zwischen 62 Punkten in der Schweiz und 82 Punkten in Belgien. Nur Großbritannien hatte unter den westeuropäischen Ländern ein bedeutend geringeres Problem mit mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern und wies eine Differenz von 37 Punkten aus. Österreich lag mit 69 Punkten im europäischen Mittelfeld. Bei dieser Darstel-lung ist zu beachten, dass keine Einflüsse berücksichtigt wurden, wie etwa das Bildungs-niveau oder die berufliche Stellung der Eltern.

Abb. 6.7: Leistungsunterschied im Bereich Lesekompetenz (Punktdifferenz) zwischen Schü- lerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund, die zuhause eine andere Sprache als die Testsprache sprechen, und Schülerinnen und Schülern ohne Migrationshintergrund

Quelle:OECDPISA2009,eigeneDarstellung.

Bevor wir auf die Erklärungsansätze, die möglichen Einflussfaktoren und Veränderungen in den Leistungsdifferenzen nach Berücksichtigung der sozioökonomischen Zusammenset-zung der mehrsprachigen Schüler/innen in den ausgewählten Ländern eingehen (Abschnitt 2.6, insbesondere Abbildung 6.8), soll hier noch das Thema der höchsten erreichten Bil-dungsabschlüsse behandelt werden.

26 Die Gruppen der Schüler/innen, die mehrsprachig sind und keinen Migrationshintergrund aufweisen, bzw. jene, die einsprachig sind und Migrationshintergrund aufweisen, können hier nicht ausgewiesen werden, weil es zu wenige Fälle in den Stichproben der meisten Länder sind.

Lesekompetenz-

unterschiede zwischen

Ein- und Mehrsprachigen

international sehr

unterschiedlich

AXx. TITEL

Ver

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50

40

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37

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69

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251Bildungsbericht 2012

Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

2.5 Höchste Abschlüsse

Während die in standardisierten Tests gemessenen Kompetenzen bislang auf dem Arbeits-markt keine Rolle spielten und auch in naher Zukunft in Österreich nicht von großer Be-deutung für die Arbeitssuche sein werden, bestimmen die Bildungsabschlüsse sowohl den Zugang zu weiteren Bildungsvorhaben als auch zu den Berufen und Arbeitsplätzen. Auf individueller Ebene betrachtet, kann das Fehlen eines Schulabschlusses, der Matura oder eines akademischen Grads den Weg zum Wunschberuf verstellen. Auf gesellschaftlicher Ebene wird der Anteil der Bevölkerung mit höheren Bildungsabschlüssen als wesentlicher Indikator für die Innovationsfähigkeit, Wirtschaftskraft und Zukunftsfähigkeit einer Ge-sellschaft gesehen. So wird die Senkung der Quote von Jugendlichen, die vor einem Ab-schluss auf der Ebene der Sekundarstufe II das Bildungssystem verlassen, als wichtiges Ziel im Rahmen der EU-2020-Strategie für Beschäftigung und Wachstum formuliert. Öster-reich hat mit 1,6 % an Jugendlichen, die das Schulsystem ohne Abschluss verlassen und weiteren 5,6 %, die mit einem Hauptschulabschluss das Bildungswesen verlassen, insgesamt eine relativ niedrige Quote von 7,2 %, die nach der Pflichtschule keinen weiteren Abschluss erwirbt. Allerdings sind die Prozentzahlen zwischen den Sprachgruppen unterschiedlich. So beträgt der Anteil derjenigen, die keinen weiteren Schulabschluss machen, in der türkisch-sprachigen Gruppe unter beiden Geschlechtern 18 %. Wie in allen anderen Gruppen bre-chen auch in der türkischsprachigen Gruppe die Mädchen deutlich weniger häufig die Schule ohne Schulabschluss ab als die Burschen (Band 1, Kennzahl D2.1, Abbildung D2.a).

Durch die seit dem Erhebungsjahr 2008 aufgenommenen Fragen zum Geburtsland des Vaters und der Mutter in der vierteljährlichen Arbeitskräfteerhebung (Mikrozensus) ist es möglich, zwischen Herkunftsgruppen zu differenzieren. Dabei können die höchsten Bildungsabschlüsse auch nach Generationen innerhalb der Herkunftsgruppen betrachtet werden. In den identifizierbaren Herkunftsgruppen ist eine mehr oder weniger große inter-generationale Aufwärtsmobilität zu beobachten (vgl. Gächter, 2010, S. 155). Inwieweit aber das jeweilige Ausmaß der sozialen Mobilität als ambitioniert, ausreichend oder gering bewertet werden kann, oder ob es unter anderen Rahmenbedingungen deutlich größer hätte ausfallen können, ist nur im Ländervergleich zu bestimmen und hier wiederum nur, wenn möglichst ähnliche Vergleichsgruppen gewählt werden.

Die Ergebnisse der ländervergleichenden Studie TIES (The Integration of the European Second Generation, vgl. Crul, Schneider & Lelie, 2012) zeigen, dass die Strukturen der Einwanderungsländer selbst einen bedeutenden Einfluss auf den Bildungserfolg der Nach-kommen von Einwanderinnen und Einwanderern haben (für nähere Details siehe Web-Dokument 6.2: „Die erwachsene türkische zweite Generation im Ländervergleich“) .

Am Beispiel der erwachsenen Nachkommen von Einwanderinnen und Einwanderern aus der Türkei, die zu allergrößten Teilen mehrsprachig aufwuchsen, wurde gezeigt, dass in Stockholm und Paris, aber auch in Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen und Brüssel sehr viel größere Anteile an postsekundären und tertiären Bildungseinrichtungen (wie z. B. Kollegs, Fachhochschulen und Universitäten) teilnahmen als in Wien, Berlin oder Frank-furt. In der Typologie der Bildungsergebnisse der türkischen zweiten Generation gehört Österreich zusammen mit Deutschland und Belgien zum Typus „low mobility“, d. h. „geringe Aufwärtsmobilität“ im Vergleich zu den Typen „langsame Aufwärtsmobilität“, „Polarisie-rung“ und „schnelle Aufwärtsmobilität“ (vgl. Crul et al., 2012, S. 151).

2.6 Erklärungsmuster für den Bildungserfolg mehrsprachiger Schüler/ innen – Faktoren auf der Mikro-, Meso- und Makroebene

Zunehmend setzt sich die Einsicht durch, dass es nicht einen entscheidenden Faktor gibt, der die Benachteiligung bestimmter Kategorien von Schülerinnen und Schülern – seien es mehrsprachige, solche mit Migrationshintergrund, aus bestimmten Herkunftsländern oder

Mädchen seltener ohne

Schulabschluss als

Burschen

Intergenerationale

Bildungsmobilität

zufriedenstellend?

Österreich gehört

zum Typus „geringe

Aufwärtsmobilität“

Multifaktorielle Erklärungen

für gruppenspezifische

Schulleistungsunterschiede

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252

C

Bildungsbericht 2012

mit einer bestimmten Erstsprache – erklären kann, sondern dass die systematischen Unter-schiede Ergebnis des Zusammenspiels einer Vielzahl an Faktoren sind. Im Bereich der mehrsprachigen Schüler/innen existiert zurzeit keine Theorie mittlerer Reichweite, welche die für Sprachgruppen und Länder divergierenden Ergebnisse erklären könnte. Dabei müss-te berücksichtigt werden, dass bei internationalen Leistungstests mehrsprachige Schüler/innen autochthoner Minderheiten in manchen Ländern besser als die einsprachigen Schü-ler/innen der Region oder zumindest gleich gut abschneiden. Dies trifft etwa auf die deutschsprachigen Schüler/innen in Südtirol oder die ungarischsprachigen Schüler/innen in der Slowakei (Pasztor, 2010) zu. An den Beispielen von Sprachminderheiten, die nicht durch Migration zustande kamen, wird offensichtlich, dass niedrigere Leistungswerte von mehr-sprachigen Schülerinnen und Schülern nicht am Umstand der Mehrsprachigkeit an sich liegen können. Auch wenn man nur mehrsprachige Kinder mit Migrationshintergrund betrachtet, sind nicht notwendigerweise immer Leistungsdifferenzen zu beobachten (vgl. Abbildung 6.7).

In der theoretisch-hermeneutisch und empirisch unterlegten Diskussion wird als wichtigs-ter Faktor zur Erklärung von Bildungsunterschieden zwischen Schülerinnen und Schülern der sozioökonomische Hintergrund der Familie, d. h. Bildungsabschlüsse und berufliche Positionen der Eltern herangezogen (vgl. auch Bruneforth et al., 2012; in diesem Band). Während sich allerdings in manchen Ländern die gesamte Leistungsdifferenz durch die unterschiedliche Zusammensetzung des sozioökonomischen Hintergrunds der Familien erklären lässt, wie etwa in den USA, ist das in anderen Ländern nicht der Fall. In den meisten europäischen Ländern verbleiben zwischen einem und zwei Drittel des Leistungs-unterschieds nach Berücksichtigung des unterschiedlichen Bildungs- und Berufshinter-grunds der Eltern zwischen den Kategorien der einsprachigen und mehrsprachigen Schüler/innen. In Österreich verbleibt etwas mehr als die Hälfte der Differenz.

Abb. 6.8: Leistungsunterschiede zwischen Schülerinnen und Schülern mit Migrationshinter- grund, die zuhause eine andere Sprache als die Testsprache sprechen, und solchen ohne Migrationshintergrund.

Anmerkung:.StatistischsignifikantePunktzahldifferenzensindindunklerenFarbtönengekennzeichnet.

Quelle:OECD,2011,eigeneDarstellung.

Sozioökonomischer

Unterschied erklärt einen

Teil der gruppenbezogenen

Differenzen

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–60

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Schüler/innen MIT Migrationshintergrund, die zu Hause eine andere Sprache als die Testsprache sprechen, schneiden besser ab

... ohne Berücksichtigung des sozioökonomischen Hintergrunds:

... unter Berücksichtigung des sozioökonomischen Hintergrunds:

Leistungsunterschied im Bereich Lesekompetenz zwischen Schülerinnen und Schülern ohne Migrations-hintergrund und Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund, die zu Hause eine andereSprache als die Testsprache sprechen, ...

sign. (p < .05)sign. (p < .05)

n. s.n. s.

Schüler/innen OHNE Migrationshintergrund schneiden besser ab

69

55

82

48

75

46

62

3440 34

64

33

69

31

75

2937

2032

−10 −8

50

1212 7

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253Bildungsbericht 2012

Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

Dies wirft zum einen die Frage auf, wodurch das unterschiedliche Ausmaß der Reduktion des sozioökonomischen Hintergrunds in den Ländern erklärt werden kann, und zum anderen, welche anderen Faktoren noch eine Rolle spielen könnten. Während länderver-gleichende Forschung mit Fokus auf mehrsprachige Schüler/innen insbesondere derselben Sprachgruppen und darauf aufbauender Theoriebildung fehlt, gibt es zahlreiche Theorien, die sich mit Minderheiten im Kontext von Migration oder Rassismus auseinandersetzen. Banks und Park (2010, S. 402–405) zählen die sieben gängigsten Theorien auf, die verwen-det werden, um die differierenden Schulergebnisse von Schülerinnen und Schülern ethni-scher Minderheiten zu erklären.27 Die Paradigmen lassen sich wie folgt benennen: (1) Gene-tik, (2) kultureller Mangel, (3) kulturelle Differenz, (4) kulturelle Ökologie, (5) schützende Disidentifikation, (6) gesellschaftliche Struktur, (7) effektive Schule. Nach drei Jahrzehnten Forschung zu dieser Fragestellung sprechen sie von der Notwendigkeit, ein multifaktorielles Paradigma zu entwickeln, in dem die wichtigsten Einsichten dieser Erklärungsansätze zusammengeführt werden (außer jenem der Genetik, da dieser biologisch-deterministisch argumentiert und daher inkompatibel mit den anderen ist).

Das Modell der „Segmentierten Assimilation“ (Portes & Rumbaut, 2001),28 das Unterschiede in der gesellschaftlichen Positionierung der Kinder von Einwanderinnen und Einwanderern in den USA erklärt, berücksichtigt bereits die Ansätze (2) bis (6) und geht mit der Berück-sichtigung der unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Akkulturation zwischen Eltern und Kindern noch darüber hinaus. In diesem Modell wird betont, dass die Entwicklung der Jugendlichen und ihr Schulerfolg neben den familiären Prozessen sehr wesentlich von den Rahmenbedingungen, die sie gesellschaftlich, aber auch in ihrer jeweiligen ethnischen Community vorfinden, bestimmt wird. Als besonders erfolgreich stellte sich der Weg einer selbstbestimmten Kombination von Elementen der Aufnahmekultur und Herkunftskultur (der Eltern) heraus (selective acculturation). Das bedeutet in vielen Fällen die Pflege der Herkunftssprache der Eltern und damit auch familiäre Mehrsprachigkeit (Portes & Rum-baut, 2001, 113–146). Als bedeutende Theorie mittlerer Reichweite wurde das Modell der Segmentierten Assimilation für die Erklärung der europäischen Situation der zweiten Gene-ration und insbesondere der Bildungsergebnisse diskutiert, aber schließlich als nicht spezi-fisch genug eingestuft (Thomson & Crul, 2007).

Darauf aufbauend und spezifisch auf den europäischen Kontext abgestimmt, wurde die Integrationskontexttheorie (Crul & Schneider, 2010) entwickelt, die auch eine Schulerfolgs-typologie für die zweite Generation beinhaltet (Crul et al., 2012, S. 151). Sie berücksichtigt hauptsächlich die Strukturen der institutionellen Arrangements, wie etwa das durchschnitt-liche Alter des Eintritts in die erste Bildungsinstitution, das durchschnittliche Alter der ersten Selektion in Schultypen, die Ausgestaltung des Übergangs in höherbildende Schul-typen und des Übergangs in den Arbeitsmarkt. Wie bereits beim Modell der Segmentierten Assimilation fehlt auch hier der Blick auf Unterricht und Schule. Das Potenzial des Unter-richts und der Schule für den Erfolg von mehrsprachigen Kindern des Ansatzes der effekti-ven Schule (Symonds, 2004; Oberman & Symonds, 2005; Office for Standards in Education [OFSTED], 2009; Qualität in Multikulturellen Schulen [QUIMS], 2012) wird in den gän-gigen sozialwissenschaftlichen Theorien zu Bildung und Mehrsprachigkeit (zumeist ist der Fokus aber Migration) vernachlässigt. An diesem Beispiel wird deutlich, dass sich die inter-disziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Sozialwissenschaften, die an der Erklärung von bildungsbezogenen Phänomenen unterschiedlicher Gesellschaftsgruppen (insbesondere unter intergenerationaler Betrachtung) arbeiten, und jenen Disziplinen der Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaften, die den Teilbereich Unterricht und Schule zum Gegenstand haben, im Themengebiet der Mehrsprachigkeit noch nicht ausreichend entwickelt hat.

27 Eine weitere Darstellung gängiger Erklärungsansätze findet sich im Nationalen Bildungsbericht 2009 bei Her-zog-Punzenberger und Unterwurzacher (2009, S. 173–178).

28 Eine Diskussion der Theorie der Segmentierten Assimilation für Österreich findet sich in Herzog-Punzenberger (2005).

Unterschiedliche

Paradigmen in der

Erklärung der Differenzen

Das Modell der

Segmentierten

Assimilation

Die Integrations-

kontexttheorie

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Bildungsbericht 2012

In der Folge sollen die bisher als wesentlich identifizierten Faktoren, die helfen können, Differenzen zwischen ein- und mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern zu erklären, dargestellt werden. Es wird dazu die in der Soziologie verwendete analytische Dreiteilung auf der Mikro-, Meso- und Makroebene vorgenommen. Auf der Mikroebene werden die Faktoren lokalisiert, die mit den biologischen Voraussetzungen und der familiären Soziali-sation des Kindes zu tun haben, mit der Einwanderungsgeschichte und Sprachlernbio-graphie sowie mit signifikanten anderen, wie sie Mitglieder der Peergroup darstellen, aber auch Medienkonsum und Teilnahme an Bildungsinstitutionen vor der Schule. Der sozioöko nomische Status der Familie, gemessen an Bildungsabschluss und Beruf der Eltern, gilt, wie bereits vorne gezeigt wurde, als wesentlicher Einflussfaktor auf der Mikroebene, ebenso die Kompetenz in der Schulsprache (Becker, 2011, S. 13–18). Herausgestrichen werden soll, dass das schulsprachliche Selbstvertrauen29 als der entscheidende sozialpsycho-logische Faktor in der Vorhersage von zweitsprachlichem Erfolg hervorgetreten ist und den Faktor Motivation deutlich übertrifft (vgl. Brizic, 2007, S. 54).

Auf der Makroebene sind es die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, worunter sowohl institutionelle Faktoren fallen, die alle Schüler/innen betreffen, als auch solche, die haupt-sächlich die mehrsprachigen Schüler/innen bzw. solche mit Migrationshintergrund betref-fen (Bacher & Stelzer-Orthofer, 2008; Herzog-Punzenberger, 2009; Teltemann & Windzio, 2011). Spezifisch für die Situation der mehrsprachigen Kinder sind die sprachenpolitischen Rahmenbedingungen im Herkunftsland der Eltern und im Einwanderungsland, die das Sprachverhalten in der Familie grundlegend prägen, insbesondere im Fall verfolgter Sprach-minderheiten (Brizic, 2009). Zu den allgemeinen institutionellen Faktoren zählen Charak-teristika von Schulsystemen wie die frühe Selektion, Halbtagsformen, mangelnde Verfüg-barkeit und Qualität der Elementarbildung (Crul & Vermeulen, 2003), aber auch Formen des Übergangs in die höheren Schultypen sowie in den Arbeitsmarkt (Crul et al., 2012) spielen eine Rolle. Benachteiligungen, die ausschließlich mehrsprachige Schüler/innen oder solche mit Migrationshintergrund erleben, reichen von rechtlichen Formen der Schlechter-stellung (z. B. wenn die Schüler/innen bzw. ihre Familien, insbesondere Drittstaatsange -hörige, noch nicht eingebürgert sind) bis hin zu Ausschlussmechanismen auf der Ebene des nationalen Selbstverständnisses. Dies reicht von expliziten Formen des Ausschlusses im öffentlichen Diskurs (Wahlkampfrhetorik) über implizite Formen des Ausschlusses, wie der spezifischen Ausgestaltung des öffentlichen Raums (bspw. nur religiöse Symbole einer bestimmten Religion in Schulräumlichkeiten) und der Ordnung der Zeit (z. B. nur katho-lische Feiertage) hin zu ethnozentrischen Darstellungen in Schulbüchern (Markom & Weinhäupl, 2007).

Folgt man der effective school-Hypothese, sollte bei der Erklärung von gruppenspezifischen Unterschieden im Bildungserfolg gerade auf die Ebene zwischen den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und den individuellen Merkmalen geachtet werden, nämlich auf das Geschehen in der Schule (Mesoebene). Dabei gibt es Aspekte, die wiederum alle Schüler/innen betreffen und solche, die sich insbesondere auf jene auswirken, welche die Unter-richtssprache nicht auf einem erwarteten Durchschnittsniveau beherrschen oder aus einem kulturellen Zusammenhang kommen, der vom bildungsbürgerlichen Ideal der Regional- bzw. Nationalkultur abweicht (vgl. Krüger-Potratz, 2011; Schiffauer, Baumann, Kastoryano & Vertovec, 2002; Bourdieu & Passeron, 1979). Nach Chudaske (2011, S. 32–34) geht es bei den Erklärungsfaktoren schulfachlicher Leistungen von mehrsprachigen Kindern auf der Mesoebene um die Kompetenzen und Persönlichkeitsmerkmale der Lehrpersonen, die Lehrer-Schüler-Interaktionen, die allgemeine Didaktik und die Fachdidaktik, die Zusam-mensetzung der Klasse und die Ausstattung der Schule sowie deren Elternarbeit. Auf der Schul- und Unterrichtsebene erlangte das Konzept der durchgängigen Sprachförderung

29 Schulsprachliches Selbstvertrauen wird dabei nach Kettemann et al. (1996; zitiert nach Brizic, 2007, S. 245) als „eine Selbstwahrnehmung, die durch eigene Erfahrungen aus der eigenen Umwelt und deren Interpretationen geformt wird“, verstanden und wurde über die Einschätzung des Selbstvertrauens der untersuchten Kinder durch die Lehrer/innen operationalisiert.

Erklärungsfaktoren auf

der Mikroebene des

Individuums und der

Familie

Erklärungsfaktoren auf der

Ebene gesellschaftlicher

Rahmenbedingungen

Erklärungsfaktoren auf der

Ebene der Schule und des

Unterrichts

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255Bildungsbericht 2012

Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

(Gogolin et al., 2011) in den letzten Jahren besondere Aufmerksamkeit wie auch Förder-konzepte, die den gesamten Schulstandort betreffen (s. QUIMS, 2012; Maag-Merki, 2012).

Abschließend soll hier festgestellt werden, dass erstens die Erklärungsmodelle sehr stark von den (oft unreflektierten) Vorannahmen beeinflusst sind, wie beispielsweise, ob Schulen und Lehrer/innen überhaupt einen großen Unterschied machen können oder nicht, und zwei-tens, dass die statistischen Analysen sehr stark von den Datenquellen abhängig sind, die ja zumeist für andere Zwecke erstellt wurden und deshalb weder in der Stichprobenziehung noch im Testdesign oder in den Kontextfragen auf Spezifika der Situation mehrsprachiger Schüler/innen mit und ohne Migrationshintergrund abgestellt sind. Dies führt uns zum nächsten Abschnitt, den Forschungsdesiderata.

3 Forschungsdesiderata

Es können hier nur die dringlichsten der zahlreichen offenen Forschungsfragen dargestellt werden. Dabei geht es einerseits um die kognitive Benachteiligung bestimmter Sprachgrup-pen, angefangen von den Sprach(en)kompetenzen bis zu bestimmten schulfachlichen Kom-petenzen und, daran anschließend, um die unterschiedlichen Wahlverhalten und Schullauf-bahnen, die sich nicht in erster Linie durch Leistungsunterschiede erklären lassen.

In Österreich gibt es bisher keinen Longitudinaldatensatz, um Bildungsprozesse zu erfor-schen. Dies wäre allerdings notwendig, um über die Effektivität von unterschiedlichen Unterrichtsmodellen in mehrsprachigen Klassen, des Förderunterrichts oder der Sprach-förderung in Kombination mit muttersprachlichem Unterricht urteilen zu können. Dafür ist es notwendig, Lernzuwächse zu erheben, insbesondere, wenn man erfolgreichen Unter-richt und erfolgreiche Schulen in benachteiligten Nachbarschaften identifizieren will. Die Komplexität mehr -sprachiger Lernprozesse ebenso wie geeignete Kontrollgruppen müssen konzeptuell in den Untersuchungsdesigns berücksichtigt werden.

Wie bereits besprochen, ist die Forschungslage über die Entwicklung schulrelevanter Fähig-keiten und Fertigkeiten im vorschulischen Alter im mehrsprachigen Kontext und unter Berücksichtigung des sozioökonomischen Hintergrunds mangelhaft. Hierbei sind neben der Ressourcenseite die tatsächlichen Mikroprozesse zu beachten.

Wiewohl der sozioökonomische Hintergrund von Schülerinnen und Schülern häufig einen großen Teil der Schulleistungsdifferenzen erklärt, sind die dahinterliegenden Wirkmecha-nismen nicht klar. Die Analyse milieuspezifischer Alltagspraktiken und ihrer Relevanz für die Produktion ungleicher Bildungsergebnisse stellt ein vordringliches Forschungsdesiderat in der Einwanderungsgesellschaft dar.

Die Beschulung der mehrsprachigen Schüler/innen, die Angehörige autochthoner Minder-heiten sind, scheint seit der Gründung der höheren Schulen, die in den Minderheitenspra-chen geführt werden, eine durchgängige, mittlerweile über 50-jährige Erfolgsgeschichte zu sein. Ergebnisse aus der Volkszählung 2001 (Statistik Austria, 2007, S. 59) zeigten eine überproportional hohe Bildungsmobilität zwischen den Generationen. Während beispiels-weise in Kärnten der Großteil der Eltern und nunmehr Großeltern Bergbauern waren, die hauptsächlich Slowenisch sprachen, maturierten die Schüler/innen in ihrer Erstsprache Slowenisch (im Burgenland auch Kroatisch oder Ungarisch) und besuchten österreichische Universitäten mit deutscher Unterrichtssprache. Nachdem alle Schüler/innen an diesen Schulen mehrsprachig sind, sollten die Erfolgsfaktoren untersucht werden.

Wie gezeigt wurde, differieren die Anteile mehrsprachiger Schülerinnen und Schüler in unterschiedlichen Schulformen und Schultypen in der Sekundarstufe II in sehr hohem Ausmaß. Diese Differenz ist sowohl in den berufsbildenden höheren Schulen – zwischen

Longitudinaldatensatz zur

Erforschung von Prozessen

notwendig

Sprach(en)förderung in

der Elementarbildung

erforschen

Mechanismen sozialer

Reproduktion in der Schule

erforschen

Erfolg autochthoner

Minderheitenschulwesen

beforschen

Ursachen für ungleiche

Verteilung auf Schulformen

in Sekundarstufe II

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C

Bildungsbericht 2012

3 % in Schulen für Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen und 24 % in den Handels -akademien – als auch in den berufsbildenden Pflichtschulen zu finden. Die einschlägige Forschung dazu fehlt. Es ist zu vermuten, dass es insbesondere in den maturaführenden berufsbildenden Schulen Selektionsmechanismen gibt, die mehrsprachige Schüler/innen oder solche mit Migrationshintergrund benachteiligen. Ursachen könnten auch schon in der Attrahierung neuer Schüler/innen liegen, d. h. in den Signalen, die in Informationsquellen von den Schulformen oder über die Schulformen ausgesendet werden. Auch die Berufs-schulen sind als Forschungsfeld in Österreich stark vernachlässigt, während sie doch 40 % eines Altersjahrgangs aufnehmen. Im Durchschnitt weisen sie einen vergleichsweise niedri-gen Anteil mehrsprachiger Schüler/innen auf, wobei es berufsspezifisch große Unterschiede gibt. Auch hier wären die Selektionsmechanismen zu untersuchen, die allerdings bei der Lehrstellensuche und bei Rekrutierungspraxen der Firmen beginnen.

4 Politische Analysen und Entwicklungsoptionen

In den vergangenen Jahren wurden in vielen europäischen Ländern systematische Versuche unternommen, die Unterschiede in den Bildungserfolgen von Schülerinnen und Schülern, deren Eltern im Ausland und jenen, die im Inland geboren wurden, zu erklären. Bei Weitem weniger häufig wurde die Frage gestellt, welche Bedingungen gegeben sein müssen, damit mehrsprachige Schüler/innen ihre Kompetenzen in gleicher Weise entwickeln können wie einsprachige Schüler/innen. Einerseits herrscht Uneinigkeit darüber, inwieweit nach wie vor Benachteiligungen in der Benotung oder im Zugang zu höheren Schulformen bei gleicher Leistung bestehen (Becker, 2011). Andererseits existiert relative Einigkeit, dass sich die Bildungsaspirationen der Eltern der identifizierbaren Herkunftsgruppen bei gleichem sozio-ökonomischem Hintergrund und gleicher Leistung angeglichen haben oder die der Eltern ohne Migrationshintergrund sogar übertreffen (Weiss, 2007). Außer Frage steht aber nach wie vor die leistungsmäßige Benachteiligung von Kindern bestimmter Herkunftsgruppen (Teltemann & Windzio, 2011), die durch die Beschulung nicht ausgeglichen wird.

Deshalb gibt es zahlreiche Untersuchungen, die Daten, Fakten und Analysen für nach-haltige Politikentwicklung in diesem Bereich aufbereiten. Die darauf aufbauenden Emp-fehlungen umfassen vielfältige Maßnahmen und verfolgen Strategien auf mehreren Ebenen. Eine von europäischen Regierungen und Bildungsministerien beauftragte Zusammenfas-sung effektiver Maßnahmen und Empfehlungen wurde von der OECD 2010 publiziert (OECD, 20110, ein etwas weiter gefasstes Handbuch zur Entwicklung politischer Maßnahmen wurde vom Europarat 2010 veröffentlicht (Council of Europe, 2010) und ein Bericht zum Thema der Bildung marginalisierter Gruppen in Europa wurde vom Open Society Institute der Soros Foundation (vgl. Huttova, McDonald & Harper, 2009) in Auftrag gegeben. In diesen Dokumenten besteht weitgehende Einigkeit über die förderlichen Rahmenbedingungen und wichtigsten Maßnahmen. Spezifisch für Österreich wurde die bereits erwähnte von der Regierung beauftragte Länderprüfung der OECD zu Migration und Bildung erstellt, die in mehreren Phasen auf einen datengestützten Bericht aufbauend mit den wichtigsten Akteuren in diesem Feld einen Zwischenbericht und nach dem Ein-holen der Rückmeldungen einen Endbericht erstellte. Nachfolgend werden aufbauend auf dem Länderbericht für Österreich und unter Bezugnahme auf die in letzter Zeit stattgefun-denen Veränderungen sowie Erfahrungen aus anderen Ländern mögliche nächste Schritte, um eine Verbesserung der Situation mehrsprachiger Schüler/innen in österreichischen Schulen zu erreichen, diskutiert.

Im Allgemeinen bezieht sich eine nachhaltige Strategie in diesem Bereich auf zwei Ebenen: Erstens auf die Ebene der Bildungsinstitutionen wie Kindergärten und Schulen und zweitens auf die Systemebene der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, wie weiter vorn bereits diskutiert. Als Priorität auf der ersten Ebene ist der Elementarbereich, also die frühkindliche Bildung und Betreuung, zu nennen. Hier ist ein vergleichbar mit Deutschland verankertes

Empfehlungen und

Handbücher von

internationalen

Organisationen

MIM-Qualitätssicherung

im Kindergarten

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257Bildungsbericht 2012

Kapitel 6Mehrsprachigkeit

C

Recht jedes Kindes auf einen Betreuungsplatz ab dem 1. Lebensjahr zu überlegen.30 Ebenso sollte eine Standardisierung im Bereich des professionellen Umgangs mit Mehrsprachigkeit (vgl. Hopp, Thoma & Tracy, 2010), Interkulturalität und Mobilität angedacht werden. Eine Möglichkeit wäre, einen Zertifizierungsprozess anzuleiten. Dadurch könnte gesichert werden, dass die Sprachförderung und der integrative Ansatz des Kindergartens in entsprechender Qualität vorhanden sind und so den gewünschten positiven Effekt haben können.

Ein weiterer Schritt ist in der institutionenübergreifenden Zusammenarbeit zu sehen, sodass Nahtstellen nicht zu Bruchstellen werden. Aufbauend auf der Erkenntnis, dass jeder insti-tutionelle Übergang eine Herausforderung für die Heranwachsenden, insbesondere für jene aus benachteiligten Familien, darstellt, wird die Zusammenarbeit zwischen Kindergärten und Schulen zwar in den letzten Jahren forciert, diese Bemühungen aber gleichzeitig durch rechtliche und faktische Barrieren konterkariert (Stanzel-Tischler, 2011a). Zu überlegen ist ein Portfoliosystem, in dem das Wissen über Entwicklungsstand und Förderung des Kindes gesammelt und auch in einer Weise dargestellt wird, dass diese Information von den Eltern verstanden werden kann. Dies dient einerseits der Sichtbarmachung und dadurch der geziel-ten Wertschätzung individueller Mehrsprachigkeit,31 soll aber auch an die Volksschullehrer/innnen weitergegeben werden, sodass zielführende Fördermaßnahmen unmittelbar bei Schulbeginn einsetzen können (vgl. Nusche et al., 2009, S. 46).

Bei den mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern zeigt sich tendenziell Aufholbedarf in den Kompetenzen der Unterrichtssprache. Deshalb wurde auch in der OECD-Länderprü-fung als zweite Priorität die Sprachförderung genannt (vgl. Nusche et al., 2009). Es wurde auf die Problematik des fehlenden Rechtsanspruchs von Kindern, die einen Sprachförderbedarf haben, hingewiesen. Es bleibt den Schulen überlassen, in welchem Ausmaß sie ihre Schüler/innen fördern. Auch die Finanzierungsstruktur scheint anachronistisch. Die Finanzierung der Sprachförderkurse ist durch das Finanzministerium auf jeweils zwei Jahre begrenzt und muss danach wieder neu verhandelt werden (Expertenrat für Integration, 2012, S. 21). Die gegenwärtige Fragmentierung der Finanzierung ist der Entwicklung eines gemeinsamen Ansatzes im österreichischen Bildungssystem nicht förderlich. Stattdessen sollte ein standort-bezogenes Förder- und Finanzierungskonzept ausgearbeitet werden (vgl. Kapitel „Chancen-gerechtigkeit“ in diesem Band; Bruneforth et al., 2012). Das Züricher Modell QUIMS könnte als Anregung dienen (QUIMS, 2012). Komplementär zu gruppenspezifischen Sprach(en)förderkonzepten sollte das Konzept der durchgängigen Sprachförderung (wie sie im Projekt „Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund“ [FörMig] entwickelt wurde), das auf biographischer, institutionenübergreifender Kontinuität und einer ausgebauten Kompetenz des Schulpersonals beruht, in allen Schulen Standard sein.

Während Österreich zu den Ländern mit den höchsten Anteilen mehrsprachiger Schüler/innen zählt, schätzen die österreichischen Lehrer/innen ihren Weiterbildungsbedarf in die-sem Bereich bei Weitem geringer ein als im Durchschnitt der 24 Länder der TALIS-Erhe-bung (vgl. Jensen, 2010, S. 63; Kast, 2010, S. 29). Auch in der OECD-Empfehlung wurde die Verbesserung der Lehr- und Lernsettings als dritter Prioritätsbereich genannt. Dazu zählt die verpflichtende Aus- und Weiterbildung der Lehrer/innen im Bereich der sprach-lich-kulturellen Diversität, die Erhöhung der Diversität unter den Lehrpersonen selbst, die Stärkung der Schulleitung sowie die Förderung der einschlägigen Forschung und Verbrei-tung erprobter Praxis. Es wird empfohlen, auch Qualitätsinitiativen wie „Schulqualität Allgemeinbildung“ (SQA) und Qualität in der Berufsorientierung (QIBB) zu nutzen, mit-tels derer die Landesschulräte bzw. der Stadtschulrat für Wien eine klare Leadership-Rolle auch in diesem Themenbereich übernehmen können (zur Notwendigkeit von Leadership

30 Die deutschen Gemeinden wurden verpflichtet bis August 2013 die Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen, sodass das Recht auch wirklich in Anspruch genommen werden kann. Vgl. http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Kinder-und-Jugend/kinderbetreuung.html [zuletzt geprüft am 09. 11. 2012].

31 vgl. für den produktiven schulischen Umgang mit Mehrsprachigkeit die Weiterentwicklung der Europäischen Sprachportfolios durch das Österreichische Sprachen-Kompetenz-Zentrum (www.oezs.at).

Institutionenübergreifende

Zusammenarbeit

Rechtsanspruch auf

Sprachförderung

Professionalisierung des

Personals

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258

C

Bildungsbericht 2012

vgl. Nusche et al., 2009, S. 57 und Symonds 2004). Ebenso sind Evaluierung und Begleit-forschung systematisch zu verankern. Es sollte sichergestellt werden, dass sich alle Lehr-amtsstudierenden nach Beendigung ihrer Ausbildung ausreichend kompetent fühlen, um sprachlich, kulturell und sozial heterogene Klassen so zu unterrichten, dass mehrsprachige Schüler/innen vom Unterricht profitieren.

Es gibt kaum Forschung zu mehrsprachiger Elternarbeit an österreichischen Schulen. Auf Basis der Erfahrungen anderer Länder werden aber die Elternarbeit und der Kontakt zu eth-nischen Communities als vierter Prioritätsbereich in der OECD-Länderprüfung empfohlen. Das Unterrichtsministerium könnte die Einbindung von nichtdeutschsprachigen Eltern fördern, indem es Richtlinien für die Kommunikation mit dieser Elterngruppe festlegt, er-folgreiche Programme fördert und verbreitet sowie die Schulleitung in ihrer Vorbildfunktion in diesem Bereich bestärkt. Informationsmaterialien sollten an allen Schulen vorhanden oder über das Internet zugänglich sein und Dolmetschdienste gerade an Elternsprechtagen und -abenden angeboten werden. Zunehmend werden Schulen als Institutionen mit erweitertem Angebot konzipiert, von denen berichtet wird, dass sie den Lernerfolg gerade der am meisten benachteiligten Kinder positiv beeinflussen (Nusche et al., 2009, S. 70–71).

Abschließend soll auf das Beispiel des Züricher Programms Qualität in multikulturellen Schulen (QUIMS) hingewiesen werden. Die Evaluation des Programms zeigt zweierlei: Erstens entspricht der ganzheitliche Ansatz, der alle Akteure des Schulgeschehens ein-schließt und ihr Potenzial für Veränderung und Entwicklung anspricht, der multifaktoriel-len Erklärung von Benachteiligung in einer Einwanderungsgesellschaft und zweitens braucht es sehr spezifische Fördermaßnahmen und einen längeren Zeithorizont, um Verbes-serungen auf der Leistungsebene zu erreichen. Das Resümee der externen Evaluation ist aber auch, dass die Höhe der zur Verfügung gestellten Mittel im Verhältnis zu den an-spruchsvollen Zielen unzureichend war und daher in enger Verknüpfung mit den Umset-zungsplänen und realisierten Maßnahmen in den Schulen erhöht werden sollte (Maag Merki, 2012, S. 163).

Als Maßnahme auf der Ebene der strukturellen Eigenschaften des Bildungssystems bleibt zuletzt der Hinweis aus der ländervergleichenden Forschung, dass die möglichst späte Trennung in Bildungswege (akademisch orientiert oder nicht) und eine ganztägige Schul-form (vgl. Crul et al., 2012) den Schulerfolg von benachteiligten Schülerinnen und Schülern mit einer anderen Familiensprache als der Unterrichtssprache positiv beeinflussen kann. Der Erfolg hängt allerdings, wie bei so vielen Vorgaben, sehr wesentlich von der Art der Umsetzung ab.

Verzeichnis der Web-Dokumente:

�� Web-Dok. 6.1: Das Sprachkapitalmodell. Verfügbar unter https://www.bifie.at/buch/1915/6/1/1 �� Web-Dok. 6.2: Die erwachsene türkische zweite Generation im Ländervergleich. Verfüg-

bar unter https://www.bifie.at/buch/1915/6/2/1

Elternarbeit an

den Schulen

Standortbezogenes

multifaktorielles

Förderungs- und

Finanzierungsprogramm

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