6. Januar 2019 Semperoper 4.KAMMERABEND · genannt Nonino, erfuhr, begann er nach seiner Rückkehr...

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6. Januar 2019 Semperoper 4.KAMMERABEND

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6. Januar 2019Semperoper

4 . K A M M E R A B E N D

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Aram Chatschaturjan (1903 -1978)

»Säbeltanz« für zehn Bratschen

Friedmann Dreßler (*1961)

»Insekten«Zoologische Studien für acht Bratschen1. Hummeln, Bienen,

Wespen, Mücken2. Käfer3. Spinne!4. Schmetterling

Max von Weinzierl (18 41-1898)

Nachtstück op. 34 für vier BratschenSehr leicht und lebhaft

Astor Piazzolla (1921-1992)

»Adiós Nonio«arrangiert für vier Bratschen

Jürgen Knauer (*1947)

Oktett für Bratschen (2018)der Bratschengruppe der Sächsischen Staatskapelle gewidmetUraufführung

Johann Strauß (182 5 -1899)

»Unter Donner und Blitz«Polka op. 324 für zwölf Bratschen(Bearbeitung: Paul Walter Fürst)Sebastian Herberg, Florian Richter, Andreas Schreiber, Stephan Pätzold, Anya Dambeck, Michael Horwath, Ulrich Milatz, Ralf Dietze, Zsuzsanna Schmidt-Antal, Marie-Annick Caron, Juliane Preiß, Luke Turrell

Ausführende

Anselm Telle ViolineRobert Kusnyer ViolineMichael Horwath ViolaMarie-Annick Caron ViolaSimon Kalbhenn Violoncello

Mitglieder der Bratschen-gruppe der Sächsischen Staatskapelle Dresden:

Sebastian Herberg, Florian Richter, Andreas Schreiber, Stephan Pätzold, Anya Dambeck, Michael Horwath, Ulrich Milatz, Ralf Dietze, Zsuzsanna Schmidt-Antal, Marie-Annick Caron, Juliane Preiß, Luke Turrell

PROGRAMM

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-18 47)

Quintett Nr. 2 B-Dur für zwei Violinen, zwei Bratschen und Violoncello op. 871. Allegro vivace2. Andante scherzando3. Adagio e lento4. Allegro molto vivaceAnselm Telle, Robert Kusnyer, Michael Horwath, Marie-Annick Caron, Simon Kalbhenn

PA U S E

SONNTAG 6.1.19 20 UHR | SEMPEROPER DRESDEN

4. KAMMERABEND

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Am 8. Juli 1845 vollendete Felix Mendelssohn Bartholdy sein Streich-quintett Nr. 2 B-Dur op. 87 in Bad Soden am Fuße des Taunus, wo er den Sommer 1845 verweilt hatte. Es ist wohl der Freundschaft mit dem Leip-ziger Konzertmeister Ferdinand David zu verdanken, dass der Komponist

nach fast zwanzig Jahren ein zweites Quintett schrieb. Mendelssohn verbrachte seit seiner Heirat 1844 die schöne Jahreszeit gerne in den Hügeln des Ortes, wo er auch sein Violinkonzert vollendete. Zwischen diesem berühmten Konzert und dem weit seltener gespielten Quintett besteht insofern eine enge Beziehung, da beide Werke für Ferdinand David komponiert wurden. Nicht nur die Themen der beiden ersten Sätze sind einander ähnlich, die erste Geigenstimme des Quintetts wird insgesamt sehr virtuos behandelt. Das Allegro vivace beginnt mit einem jubelnden Aufschwung in der ersten Violine. Drängende Triolenfolgen erinnern an das erst ein Jahr zuvor vollendete Violinkonzert. Das zarte, besinnliche Seitenthema wird mit unruhig flackernden Bewegungen unterlegt. Im weiteren Verlauf des Satzes treffen düstere Triolen und Tremoli einerseits und leuchtende Motive des Hauptthemas andererseits aufeinander. Der zweite Satz kehrt nach Moll zurück und damit auch zu Unsicherheit und Zweifel, wie man sie aus Mendelssohns Briefen aus den letzten Lebensjahren mehrfach herauslesen kann. Dass der Komponist nach Vollendung des Quintetts nur noch zwei Jahre zu leben hat, mag man dieser Musik anhören. Das charakteristische Scherzo ersetzt Mendelssohn durch ein wehmütiges Inter-mezzo in Moll. Es handelt sich um ein »rhythmisch pikantes Gebilde, das von Ak-zentrückungen und Pizzicati reichlich Gebrauch macht«, so Mendelssohns Biograph Eric Werner, und weiter: er sei »einer von jenen Sätzen Mendelssohns, die jeden Musiker schon durch die Eleganz ihrer Faktur bestechen«. Adagio e lento schrieb der Komponist über den dritten Satz – ein Trauergesang, der sich zu großer Drama-tik steigert und eine beinahe orchestrale Wirkung entfaltet. Das wehmütige d-Moll-Thema ist im Duktus eines Trauermarschs gehalten, dem eine tröstliche Melodie in Dur als zweites Thema gegenübertritt. Der Konflikt zwischen den Themen spitzt sich zu, bis der Ausdruck plötzlich umschlägt. Das Finale setzt in der ersten Violine mit einem Sechzehntellauf ein, der sich nach und nach auf die restlichen Instru-mente überträgt. In der Coda fügt der Komponist kontrapunktische Züge hinzu. »Es war dies eine Synthese, die Mendelssohn sehr liebte und in der er gelegentlich brillierte. Manche seiner Orgel-lmprovisationen scheinen diesen Stil gepflegt zu haben«, so Eric Werner. Als Antwort auf die Mollschatten der ersten drei Sätze wirkt dieses Finale eine Spur zu oberflächlich, was der Komponist gespürt haben muss. Sein Entschluss, den Satz zu überarbeiten, blieb jedoch unausgeführt, da es durch seinen plötzlichen Tod am 4. November 1847 dazu nicht mehr kommen sollte. Gleichwohl ist ihm die Verbindung von konzertanten und kontrapunktischen Ele-menten meisterlich gelungen.

ZUM PROGRAMM

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Obwohl er die meiste Zeit seines Lebens in Moskau verbrachte, gilt Aram Chatschaturjan als der erste und bedeutendste Komponist Armeniens. Geboren wurde er 1903 im georgischen Tiflis. 1922 ging er nach Moskau, um Biologie zu studieren, entschied sich dann aber rasch um und schrieb sich am Gnessin-Institut für Cello ein. Drei Jahre später wechselte er in die Kompositionsklasse. 1929 setzte er sein Studium am Moskauer Konservatorium fort und reichte 1934 seine erste Symphonie als Diplomarbeit ein. Zwei Jahre später erzielte er mit seinem Kla-vierkonzert erstmals internationale Beachtung. Aus dem Ballett »Gayaneh«, am 3. Dezember 1942 uraufgeführt, stammt auch der berühmte »Säbeltanz«, heute in einer Fassung für zehn Bratschen zu hören. Er ist mit seinem eingängigen Thema ein wahrer Ohrwurm, dessen Wucht und Schwung jedem ein Begriff sein dürfte. Chatschaturjans Musik ist stark vom armenischen und russischen Volksgut ge-prägt. Der »Säbeltanz« wurde als Tanz der Kurden komponiert. Im Ballett wird er beim Fest zur Wiedererrichtung des durch den feindlichen Anschlag zerstörten Baumwollspeichers getanzt.

»Insekten« – zoologische Studien für acht Bratschen von Friedmann Dreßler – wurde Anfang der 2000er Jahre für ein Konzert der Bratschengruppe der Duisburger Philharmoniker komponiert. Die vier Sätze beschreiben recht anschaulich das Krab-beln und Flattern der sechsbeinigen Tierchen: Der erste Satz beschäftigt sich mit Hummeln, Wespen, Bienen und Mücken, während sich der zweite Satz dem schein-bar planlosen Krabbeln eines Käfers widmet. Der dritte Satz, ein Kanon, steht für die Spinne, welche ihr immer dichteres Netz webt. Dass die Spinne kein Insekt ist, son-dern zur Gattung der Kerbtiere gehört (Anmerkung des Komponisten), sei hier außer Acht gelassen. Der letzte Satz ist dem gaukelnden Flug des Schmetterlings gewidmet, der allerdings ein böses Ende nimmt: Zusammen mit seinen Kollegen aus den ersten beiden Sätzen landet er im Netz der Spinne.

Den größten Teil seines Lebens befand sich der aus Böhmen stammende Max von Weinzierl in Wien, vor allem als Dirigent und Komponist von Vokalwer-ken. Das Nachtstück op. 34 von 1883 dürfte eine der ersten Arbeiten für ein Quartett in reiner Bratschenbesetzung sein. Allerdings erkannte Weinzierls Verleger, dass das Werk in diesem Format nur ein sehr begrenztes Publikum finden würde und bestand darauf, auch eine Version für Standard-Streichquartett zu erarbeiten. Diese Fassung wurde einige Monate nach der vierten Viola-Version veröffentlicht. Das Nachtstück ist seinem Freund Dr. Wenzel Sedlitzky gewidmet, der in den späten 1880er Jahren dem Mozarteum in Salzburg als Präsident vorstand und vielleicht maßgeblich dazu beigetragen hat, dass sich Weinzierl für ein solches Werk ent-schied. Einige Quellen deuten darauf hin, dass Sedlitzky um ein Opus für mehrere Bratschisten bat, um es im Mozarteum zu verwenden. Weinzierls Wirken als Chor-dirigent brachte ihm hohes Ansehen und führte ihn schließlich in die Position des künstlerischen Direktors der Wiener Singakademie. Parallel zu diesem Werdegang verlief ein reiches kompositorisches Schaffen, das sich fast ausschließlich den vo-kalen Musikgattungen zuwandte. Umso bemerkenswerter sind die hohe Sensibilität und die satztechnische Kompetenz, mit der er nun ein instrumentales Nocturne in bisher noch unerprobter Besetzung gestaltet.

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Astor Piazzolla war ein Wanderer zwischen den Welten der Klassik, des Jazz und seiner ursprünglichen Musik: des Tango. Durch Verschmelzung dieser Einflüs-se schuf er in den 1950er Jahren seinen Nuevo Tango. Als Piazzolla 1959 durch Mittelamerika tourte und in Puerto Rico vom Tod seines Vaters Vicente Piazzolla, genannt Nonino, erfuhr, begann er nach seiner Rückkehr »Adiós Nonino« (»Adieu, Väterchen«) zu dessen Ehren in New York zu komponieren. Das Stück basiert auf »Nonino«, einem Tango, der fünf Jahre zuvor in Paris entstanden war und ebenfalls dem Vater gewidmet ist. Dabei behielt Piazzolla den rhythmischen Teil bei und arrangierte den Rest mit einigen Ergänzungen neu. Daniel Piazzolla, sein Sohn, beschrieb die Entstehung des Stückes wie folgt: »Dad bat uns, ihn für ein paar Stunden allein zu lassen. Wir gingen in die Küche. Zuerst herrschte absolute Stille. Nach einer Weile hörten wir Papa Bandoneon spielen. Es war eine sehr traurige, schrecklich traurige Melodie. Er komponierte ›Adiós Nonino‹.« Aufgrund seiner melancholischen Melodie und der Tatsache, dass Piazzolla es fern von sei-ner Heimat geschrieben hat, weckt das Stück ein starkes Gefühl der Nostalgie. Es existiert in verschiedenen Arrangements und kommt heute in einer Fassung für vier Bratschen zur Aufführung.

Der gebürtige Dresdner Jürgen Knauer studierte Komposition und Viola an der Musikhochschule in Dresden. 1971 bis 2012 war er als Bratscher Mitglied der Staatskapelle Dresden. Seitdem komponiert Jürgen Knauer ohne Unterbre-chung und mit Vorliebe symphonische und kammermusikalische Werke, die na-hezu alle Genres umfassen. Seine Werke wurden von der Staatskapelle Dresden und der Philharmonie Dresden aufgeführt. Das 2018 entstandene einsätzige Oktett ist ein Auftragswerk der Bratschengruppe der Sächsischen Staatskapelle aus Anlass des 70. Geburtstages des Komponisten. Im Harmoniegeflecht stehen sich dabei Tonalität und Zwölftontechnik dicht gegenüber. Knauer, der seine Musik als »spirituell-abstrakt« beschreibt, hegt eine »enge Verbindung zur Tradition«, hier insbesondere zu Anton Bruckners vierter Symphonie, aus deren langsamem Satz (Andante quasi Allegretto) er die beiden großen Bratschensoli zitiert.

Als erstes Kind des Ehepaares Strauß erlebte Johann Strauß den Auf-stieg seines Vaters zum führenden Wiener Unterhaltungsmusiker seiner Zeit und zu einem international gefeierten Komponisten und Dirigenten aus eigener Anschauung mit. Nach dem Tod des Vaters im September 1849 wählte ihn die Kapelle zu ihrem Dirigenten, wenig später vereinigte er diese mit seiner eigenen. Strauß rückte so ins Zentrum des Wiener Musiklebens. Für seine Freunde in der Künstlervereinigung Hesperus hatte er sich im Karneval 1868 eine besondere Überraschung ausgedacht: Er kündigte eine eher besinnliche Polka mit dem Titel »Sternschnuppen« an und präsentierte ihnen dann im Ballsaal die unbekümmerte Schnellpolka »Unter Donner und Blitz«. Strauß’ fröhliche Komposition erinnert an die Sommerzeit, wenn sie am heißesten ist und manchmal schwere Gewitterwol-ken den Himmel verdüstern. Seine flotte, zupackende Polka treibt übermütig »mit Entsetzen Scherz« – und schlägt gerade als Scherz unfehlbar ein.

CHRISTIANE SCHUBERT

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VORSCHAU

Kammermusik der Sächsischen Staatskapelle Dresden Gegründet 1854 als Tonkünstler- Verein zu Dresden

Verantwortlich: Friedwart Christian Dittmann, Ulrike Scobel und Christoph Bechstein

IMPRESSUM

Sächsische Staatskapelle DresdenChefdirigent Christian Thielemann

Spielzeit 2018 | 2019

HER AUSGEBER

Die Sächsische Staatskapelle Dresden ist ein Ensemble imStaatsbetrieb Sächsische Staatstheater – Staatsoper DresdenTheaterplatz 2, 01067 Dresden

© Januar 2019

GESCHÄF TSFÜHRUNG

Peter Theiler Intendant der StaatsoperWolfgang Rothe Kaufmännischer Geschäftsführer

REDAK TION

André Podschun

TE X T

Der Einführungstext von Christiane Schubert ist ein Originalbeitrag für dieses Heft

GESTALTUNG UND SATZ

schech.net Strategie. Kommunikation. Design.

DRUCK

Union Druckerei Dresden GmbH

Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet.

W W W.STA ATSK APELLE-DRESDEN.DE

Porträtkonzert des Capell-Compositeurs Peter EötvösFREITAG 11.1.19 19 UHR

FESTSPIELHAUS HELLER AU

Musiker der Sächsischen Staatskapelle Dresden und Gäste

in vier Teilen mit PausenWerke von Peter Eötvös,Domenico Scarlatti, Claude Debussy,Igor Strawinsky und Ludwig van Beethoven

In Kooperation mit HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden

5. Symphoniekonzert SA MSTAG 12.1.19 19 UHR

SONNTAG 13.1.19 11 UHR

MONTAG 14.1.19 20 UHR

SEMPEROPER DRESDEN

Lionel Bringuier DirigentYuja Wang Klavier

Peter Eötvös»zeroPoints« für Orchester Zum 75. Geburtstag des Komponisten am 2. JanuarRobert SchumannKlavierkonzert a-Moll op. 54Béla BartókKonzert für Orchester Sz 116