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7 Bedeutsame und landesbedeutsame Kulturlandschaftsbereiche in Nordrhein-Westfalen In Anlehnung an internationales Recht (vgl. Kap. 3; UVP- Recht) stellt der kulturlandschaftliche Fachbeitrag Aus- schnitte der Kulturlandschaft besonders dar, wenn sich in ihnen die historisch-kulturlandschaftliche Substanz in be- sonderer Weise verdichtet oder das Inventar in der Summe bestimmte Wertschwellen übersteigt (überregional, landes- weit, national oder international bedeutsam). Diese bedeutenden Landschaften werden im Fachbei- trag entsprechend der Aufgabenstellung innerhalb der Raumordnung als bedeutsame und landesbedeutsame Kulturlandschaftsbereiche bezeichnet. Die wertende Fest- legung beruht auf der wissenschaftlich begründeten Aus- sage wenigstens einer der beteiligten Disziplinen. Die Bearbeitung bezieht sich auf die Maßstabsebene der Landesplanung. Nachgeordnete Planungen in größeren Maßstabsbereichen werden sowohl die markierten Berei- che stärker zu differenzieren als auch kleinräumigere histo- rische Kulturlandschaften außerhalb dieser Bereiche zu berücksichtigen haben. 7.1 Markierungskriterien und Betrachtungsebenen der Kulturlandschaften Bedeutsame Kulturlandschaftsbereiche sind von überre- gionaler historischer Bedeutung oder repräsentieren für ei- ne Region besonders typische Entwicklungen. Sie können die gesetzlichen Anforderungen des DSchG (Denkmal, Denkmalbereich) oder des BNatSchG / LG NW (Natur- schutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet) erfüllen. Darüber hin- aus entsprechen sie den „historisch, kulturell oder archäo- logisch bedeutenden Landschaften“ der UVP-Richtlinie der EU bzw. den „archäologisch bedeutenden Landschaften“ des UVPG (vgl. Kap. 2). Landesplanerische Ziele sind die Erhaltung der wertgebenden Merkmale und Bestandteile (Elemente, Strukturen und des Erscheinungsbildes) sowie die behutsame Weiterentwicklung. Daraus ergibt sich eine ausschließlich auf die Erforder- nisse der Raumordnung hin orientierte Bewertung mit dem Ziel, konkrete kulturlandschaftliche Vorbehalts- und Vor- ranggebiete zu ermitteln. Hierzu werden die fachlichen Be- trachtungsansätze der Kulturlandschaftspflege, der Bau- und Bodendenkmalpflege, der Landschafts- und Baukultur sowie der historischen Geographie einbezogen. Die einzelnen Kulturlandschaftselemente (z.B. Baudenk- mäler) sind mit konstituierend für die Kulturlandschaftsbe- reiche. Die Bewertung eines Kulturlandschaftsbereiches als besonders bedeutsam ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer entsprechenden Kategorisierung der einzelnen Denkmäler. Die bedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche haben eine herausragende Stellung innerhalb des gesam- ten Kulturellen Erbes in Nordrhein-Westfalen z.B. wegen ih- res Erhaltungszustandes, der historischen Dichte oder der räumlichen Persistenz, jedoch nicht aufgrund einer heraus- ragenden Stellung der Einzelelemente. Die bedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche sind das Ergebnis einer fachlichen Diskussion und interdisziplinä- ren Konsensfindung mit inhaltlicher Prioritätensetzung. Ein bedeutsamer Kulturlandschaftsbereich kann verschiedene Sachverhalte abbilden: z.B. ein herausragendes singuläres Phänomen oder die Befundverdichtung einer Kulturperi- ode oder die räumliche Überlagerung verschiedener Peri- oden mit ihren heute noch raumwirksamen Hinterlassen- schaften. Bei der Markierung der bedeutsamen Kulturland- schaftsbereiche im Sinne von raumordnerischen Vorbe- haltsgebieten wurde besonderer Wert darauf gelegt, zeit- lich-funktionale Aspekte zu betonen. So wurden häufig Be- reiche abgegrenzt, die spezifische Inhalte aufweisen, z.B. vorgeschichtliche oder römerzeitliche Siedlungsareale, Bergbaugebiete, Industriereviere, militärische Anlagen. Neben den bedeutsamen Kulturlandschaftsbereichen mit einer Flächengröße von mehr als 75 ha sind in der Kar- te auch Inhalte dargestellt, die ihre Raumwirksamkeit und historisch-kulturlandschaftliche Bedeutung nicht primär über ihre flächenhafte Ausdehnung erzielen. Dies können linienhafte Strukturen wie Bahnlinien oder Straßen sein. Auch Sichtbezüge von überregionaler Bedeutung, teilwei- se mit einer ausgeprägten Silhouettenwirkung (Sichtachsen und Sichtfelder) werden gezeigt. Des weiteren zählen zu den bedeutsamen Kulturland- schaftsbereichen historische Stadtkerne, die auf Grund ihres baukulturellen Wertes oder wegen ihrer Bedeutung als archäologische Fundregion von besonderem Wert sind. Deshalb sind auch viele Orte aufgeführt, die um 1803 Stadtrechte und somit eine Befestigung hatten, die im Laufe der letzten 200 Jahre ihre Stadtrechte jedoch wieder verloren haben. Die fachliche begründete Aus- wahl der Stadtkerne hat zur Folge, dass auch viele Städte und Orte dargestellt sind, die nicht der Arbeitsgemein- schaft „Historischer Stadt- und Ortskerne in Nordrhein- Westfalen“ angehören. Auf Grund der Planungsebene beschränkt sich die Darstellung auf Stadtkerne; kultur- landschaftlich bedeutsame Orte sind in den nachfolgen- den Planungsebenen zu identifizieren. Diese Elemente sowie die bedeutsamen Kulturland- schaftsbereiche sind im folgenden Kap. 7.2 beschrieben und in einer tabellarischen Übersicht kurz skizziert. In Anlehnung an den Kulturgüterschutz in der Umwelt- verträglichkeitsprüfung wurden folgende Kriterien zur Mar- kierung angewandt: historischer Wert, künstlerischer Wert, Erhaltungswert, Seltenheitswert, regionaltypischer Wert, Wert der räumlichen Zusammenhänge und Beziehungen, Wert der sensoriellen Wahrnehmungsebene, die Flächen- und Raumrelevanz. Besonders hervorzuheben sind der historische Zeugnis- wert, der Erhaltungszustand und die Erhaltungsdichte: Kapitel 7.1 Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe 339 Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007 Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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7 Bedeutsame und landesbedeutsame Kulturlandschaftsbereichein Nordrhein-Westfalen

In Anlehnung an internationales Recht (vgl. Kap. 3; UVP-Recht) stellt der kulturlandschaftliche Fachbeitrag Aus-schnitte der Kulturlandschaft besonders dar, wenn sich inihnen die historisch-kulturlandschaftliche Substanz in be-sonderer Weise verdichtet oder das Inventar in der Summebestimmte Wertschwellen übersteigt (überregional, landes-weit, national oder international bedeutsam).

Diese bedeutenden Landschaften werden im Fachbei-trag entsprechend der Aufgabenstellung innerhalb derRaumordnung als bedeutsame und landesbedeutsameKulturlandschaftsbereiche bezeichnet. Die wertende Fest-legung beruht auf der wissenschaftlich begründeten Aus-sage wenigstens einer der beteiligten Disziplinen.

Die Bearbeitung bezieht sich auf die Maßstabsebene derLandesplanung. Nachgeordnete Planungen in größerenMaßstabsbereichen werden sowohl die markierten Berei-che stärker zu differenzieren als auch kleinräumigere histo-rische Kulturlandschaften außerhalb dieser Bereiche zuberücksichtigen haben.

7.1 Markierungskriterien und Betrachtungsebenen der Kulturlandschaften

Bedeutsame Kulturlandschaftsbereiche sind von überre-gionaler historischer Bedeutung oder repräsentieren für ei-ne Region besonders typische Entwicklungen. Sie könnendie gesetzlichen Anforderungen des DSchG (Denkmal,Denkmalbereich) oder des BNatSchG / LG NW (Natur-schutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet) erfüllen. Darüber hin-aus entsprechen sie den „historisch, kulturell oder archäo-logisch bedeutenden Landschaften“ der UVP-Richtlinie derEU bzw. den „archäologisch bedeutenden Landschaften“des UVPG (vgl. Kap. 2). Landesplanerische Ziele sind dieErhaltung der wertgebenden Merkmale und Bestandteile(Elemente, Strukturen und des Erscheinungsbildes) sowie diebehutsame Weiterentwicklung.

Daraus ergibt sich eine ausschließlich auf die Erforder-nisse der Raumordnung hin orientierte Bewertung mit demZiel, konkrete kulturlandschaftliche Vorbehalts- und Vor-ranggebiete zu ermitteln. Hierzu werden die fachlichen Be-trachtungsansätze der Kulturlandschaftspflege, der Bau-und Bodendenkmalpflege, der Landschafts- und Baukultursowie der historischen Geographie einbezogen.

Die einzelnen Kulturlandschaftselemente (z.B. Baudenk-mäler) sind mit konstituierend für die Kulturlandschaftsbe-reiche. Die Bewertung eines Kulturlandschaftsbereichesals besonders bedeutsam ist jedoch nicht gleichzusetzenmit einer entsprechenden Kategorisierung der einzelnenDenkmäler. Die bedeutsamen Kulturlandschaftsbereichehaben eine herausragende Stellung innerhalb des gesam-ten Kulturellen Erbes in Nordrhein-Westfalen z.B. wegen ih-

res Erhaltungszustandes, der historischen Dichte oder derräumlichen Persistenz, jedoch nicht aufgrund einer heraus-ragenden Stellung der Einzelelemente.

Die bedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche sind dasErgebnis einer fachlichen Diskussion und interdisziplinä-ren Konsensfindung mit inhaltlicher Prioritätensetzung. Einbedeutsamer Kulturlandschaftsbereich kann verschiedeneSachverhalte abbilden: z.B. ein herausragendes singuläresPhänomen oder die Befundverdichtung einer Kulturperi-ode oder die räumliche Überlagerung verschiedener Peri-oden mit ihren heute noch raumwirksamen Hinterlassen-schaften. Bei der Markierung der bedeutsamen Kulturland-schaftsbereiche im Sinne von raumordnerischen Vorbe-haltsgebieten wurde besonderer Wert darauf gelegt, zeit-lich-funktionale Aspekte zu betonen. So wurden häufig Be-reiche abgegrenzt, die spezifische Inhalte aufweisen, z.B.vorgeschichtliche oder römerzeitliche Siedlungsareale,Bergbaugebiete, Industriereviere, militärische Anlagen.

Neben den bedeutsamen Kulturlandschaftsbereichenmit einer Flächengröße von mehr als 75 ha sind in der Kar-te auch Inhalte dargestellt, die ihre Raumwirksamkeit undhistorisch-kulturlandschaftliche Bedeutung nicht primärüber ihre flächenhafte Ausdehnung erzielen. Dies könnenlinienhafte Strukturen wie Bahnlinien oder Straßen sein.Auch Sichtbezüge von überregionaler Bedeutung, teilwei-se mit einer ausgeprägten Silhouettenwirkung (Sichtachsenund Sichtfelder) werden gezeigt.

Des weiteren zählen zu den bedeutsamen Kulturland-schaftsbereichen historische Stadtkerne, die auf Grundihres baukulturellen Wertes oder wegen ihrer Bedeutungals archäologische Fundregion von besonderem Wertsind. Deshalb sind auch viele Orte aufgeführt, die um1803 Stadtrechte und somit eine Befestigung hatten, dieim Laufe der letzten 200 Jahre ihre Stadtrechte jedochwieder verloren haben. Die fachliche begründete Aus-wahl der Stadtkerne hat zur Folge, dass auch viele Städteund Orte dargestellt sind, die nicht der Arbeitsgemein-schaft „Historischer Stadt- und Ortskerne in Nordrhein-Westfalen“ angehören. Auf Grund der Planungsebenebeschränkt sich die Darstellung auf Stadtkerne; kultur-landschaftlich bedeutsame Orte sind in den nachfolgen-den Planungsebenen zu identifizieren.

Diese Elemente sowie die bedeutsamen Kulturland-schaftsbereiche sind im folgenden Kap. 7.2 beschriebenund in einer tabellarischen Übersicht kurz skizziert.

In Anlehnung an den Kulturgüterschutz in der Umwelt-verträglichkeitsprüfung wurden folgende Kriterien zur Mar-kierung angewandt: historischer Wert, künstlerischer Wert,Erhaltungswert, Seltenheitswert, regionaltypischer Wert,Wert der räumlichen Zusammenhänge und Beziehungen,Wert der sensoriellen Wahrnehmungsebene, die Flächen-und Raumrelevanz.

Besonders hervorzuheben sind der historische Zeugnis-wert, der Erhaltungszustand und die Erhaltungsdichte:

Kapitel

7.1

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kap_07_1_Kulturlandschaftsbereiche.qxp 18.10.2007 19:14 Seite 339

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Der historische Zeugniswert ist eine über die Diszipli-nen hinweg anerkannte Bestimmungskategorie. Wenn ineinem bedeutsamen Kulturlandschaftsbereich z.B. eineKultivierungsphase besonders gut erhalten und in Strukturund Substanz ablesbar überliefert ist, haben diese Merk-male einen hohen Zeugniswert innerhalb des KulturellenErbes in Nordrhein-Westfalen. In einigen Bereichen lässtsich die besonders hervorgehobene Kulturleistung nochvollständig erkennen und markieren, in anderen sind esRelikte aus ehemals größeren Zusammenhängen.

Demzufolge ist der Erhaltungszustand eine weitere Be-wertungskategorie. Archäologisch-historische Substanz z.B.tritt in wertvollen Räumen entweder singulär auf oder ist dortbesonders gut räumlich überliefert. Die Markierungslinieschließt ausdrücklich nicht aus, dass diese Substanz auchaußerhalb überliefert ist, aber es werden räumliche Ver-dichtungen – mitunter exemplarisch – hervorgehoben.Die Erhaltungsdichte ist somit die dritte Argumentations-ebene.

Neben diesen Markierungskriterien kommt der Bewer-tung der Kulturlandschaftsbereiche als landesbedeutsam,national bedeutsam oder international bedeutsam eine he-rausragende Rolle für ihre Ausgliederung zu. Kulturleistun-gen von europaweiter Bedeutung auf dem Gebiet des Bun-deslandes Nordrhein-Westfalen treten beispielsweise in prä-historischen Kulturphasen, Residenzlandschaften, Park-landschaften, Heckenlandschaften oder auch bei der He-rausbildung industriegeschichtlich geprägter Bereiche auf.Die Bedeutung der Kulturlandschaftsbereiche wurde imfachlichen Dialog ermittelt. Sie fließt argumentativ in die be-schreibenden Texte ein. Eine numerische Bewertungsmatrixwurde übereinstimmenden abgelehnt, da nur die deskripti-ve Ebene den Betrachtungshintergrund erschließen kann.

Als landesbedeutsam sind Kulturlandschaftsbereicheausgewählt worden, die von besonders hoher Bedeutungund Repräsentanz sind sowie planerische Relevanz aufLandesebene haben. Sie werden als Vorschlag für raum-ordnerische Vorranggebiete zum Erhalt des landschaftli-chen kulturellen Erbes verstanden.

Wenn nur Teile eines bedeutsamen Kulturlandschaftsbe-reiches und seiner Ausstattung als herausragend und lan-desbedeutsam bewertet wurden, erfolgte vielfach einevom Flächenumfang her verringerte Darstellung. Aus prag-matischen Gründen wurden benachbarte Kulturland-schaftsbereiche zusammengefasst, wenn ihnen jeweils ei-ne Landesbedeutung attestiert wurde.

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kapitel

7.1Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kap_07_1_Kulturlandschaftsbereiche.qxp 18.10.2007 19:14 Seite 340

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Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Baudenk-mälern: Schachtanlage der Zeche Oeynhausen mit Baulich-keiten der Zeit um 1920 (Schornstein mit Kugelwasserbehälter,Dampffördermaschinenhaus mit Fördergerüst, Maschinenhäuser).

Wichtige Bodendenkmäler sind die endneolithischen,bronzezeitlichen und frühmittelalterlichen Grabhügelfelderauf dem Querenberg, Kälberberg und Dickenberg sowieder Heidenturm in Ibbenbüren (12./13. Jh.) und die Wallan-lage Tiergarten in Recke.

KLB 2.01 Oppenwehe – Oppenweher Moor

Moor- und bruchreiche Niederungslandschaft mit heraus-ragender Geestinsel, deren Siedlungsgunst aufgrund dertrockenen Lage zur Anlage von Oppenwehe genutzt wur-de. Die heutige Kulturlandschaft entwickelte sich ab 1800durch die Kultivierung der Nieder- und Hochmoore. Diesiedlungsnahen Niedermoore wurden trockengelegt undals Feuchtgrünland genutzt. Der Abbau des dorffernerenHochmoores zur Brennstoffgewinnung erfolgte zunächstim bäuerlichem Handstichbetrieb. Die planvolle Gestaltungder heutigen Kulturlandschaft lässt sich an dem Netz derAbzugsgräben und Kanäle, die der systematischen Vorflut-regelung dienen sowie an der regelmäßigen Straßen- undWegeführung in Dammlage ablesen. In der zweiten Hälftedes 20. Jahrhunderts erfolgte eine systematische Verbes-serung der Vorflut und eine tiefreichende Entwässerungder Niederungslandschaft, in deren Folge eine ackerbauli-che Nutzung der nassen Moorstandorte möglich wurde.Der verbliebene Hochmoorrest mit Spuren des bäuerlichenHandstichbetriebes ist als Naturschutzgebiet geschützt. DieNiederungslandschaft ist, von wenigen Einzelhöfen abge-sehen, weitgehend siedlungsfrei.

7.2 Beschreibung der bedeutsamen und landes-bedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche (KLB)

KLB 1.01 Schafbergplatte bei Ibbenbüren

Die industrielle Nutzung des bergigen Teils des Tecklen-burger Landes wird im Bereich der Ibbenbürener Karbon-scholle (Schafbergplatte mit Dickenberg) besonders an-schaulich. Mit den ausgedehnten Karbonsandsteinbrü-

chen am Kälberberg und Dickenberg, dem aufgelassenenErzabbau am Rochusknapp sowie den Zeugnissen deshistorischen Steinkohlenabbaus (u.a. Bergbaupingen undMundlöcher) und des neuzeitlichen Steinkohlenabbaus(u.a. Schachtanlagen, Bergehalden, Entwässerungsstollen,Schmalspureisenbahntrasse) sind zahlreiche landschafts-prägende Bergbauspuren vorhanden. Hinzu kommen mitder Bergmannskolonie Dickenberg-Pommeresch und derBergarbeitersiedlung Hollenbergs Hügel bergbautypischeSiedlungsstrukturen.

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

SchafbergplatteFoto: LWL/U. Woltering

Schafbergplatte bei IbbenbürenFoto: LWL/W. Gessner-Krone

Findling in der TonnenheideFoto: LWL/H. Gerbaulet

Kap_7_2_klbs_Seiten001_008.qxp 18.10.2007 18:53 Seite 341

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

KLB 2.02 Wiehengebirgsvorland

Im Raum Lübbecke/Preußisch Oldendorf sind Entste-hung und fernere Entwicklung der Siedlung mit den unter-schiedlichen Land- und Landnutzungsformen von den Hö-hen des Mittelgebirges bis in die feuchten, dann heidigenNiederungsgebieten mit zahlreichen typischen Einzelphä-nomenen besonders anschaulich.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Boden-denkmälern sind neben der Wallburg Babilonie, die sog.Schwedenschanze und die ravensbergische LandesburgLimberg (Preußisch Oldendorf) sowie die Burgenlandschaft

Reineberg mit Reineburg und umliegenden, kleinen Wall-grabenbefestigungen (Lübbecke).

In diesem Kulturlandschaftsbereich liegt die 12 ha großeWallburg Babilonie im Eigentum zahlreicher Waldbauern.Zielsetzung ist eine Überführung in das öffentliche Eigen-tum und eine Extensivierung der Waldnutzung (Archäologi-sches Reservat).

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Stadtkern Lübbecke (Stiftsbezirk, öffentlicheBauten und Bürgerhäuser), Stadtkern Preußisch Oldendorfsowie Dorfkerne Blasheim, Gehlenbeck, Holzhausen undOffelten (Pfarrkirchen und überwiegend ländliche Architektur),Streusiedlung mit Bauernhöfen und Adelssitzen (Crollage,Ellerburg, Hollwinkel, Holzhausen, Hüffe, Obernfelde, Stock-hausen), Bauernbad Fiestel, Brauerei, Mittellandkanal, Ta-bakfabriken, Wind- und Wassermühlen.

KLB 2.03 Wesertal zwischen Porta Westfalica und Schlüsselburg

Als sehr reiche Fundlandschaft für alle Perioden derMenschheitsgeschichte stellt die Mittelweser von PortaWestfalica bis Schlüsselburg einen besonders wertvollenKulturlandschaftsbereich dar, der in seinen Bestandteilenallerdings durch den großflächigen Abbau von Sand undKies chronisch gefährdet ist.

Der Durchbruch der Weser durch die Mittelgebirgs-schwelle in die Norddeutsche Tiefebene, die Porta Westfa-lica mit den flankierenden Bergen (Jakobsberg und Witte-kindsberg), ist eine der markantesten Landmarken Nord-rhein-Westfalens.

In exponierter Lage nördlich der Porta Westfalica ent-stand bei einer Weserfurt der Bischofssitz Minden, Aus-gangspunkt der späteren Stadtentwicklung. In enger Ver-bindung mit diesem geistlichen und weltlichen Zentrumwurden im Umfeld geistliche Einrichtungen errichtet, sodas 1042 gegründete Kloster St. Mauritius auf einer Weser-insel und ein Frauenkonvent auf dem Wittekindsberg, Vor-läufer des späteren Marienstiftes in der Stadt Minden. DemWittekindsberg gegenüber auf der Ostseite der Porta lagdie Burg des billungischen Bistumsvogtes, die später imBesitz der Vögte vom Berge befindliche Schalksburg.

Die Stadt Minden ist (nach den umfangreichen Kriegszer-störungen und oft weitreichenden Flächensanierungen in denanderen größeren Städten Westfalens) in besonderem Maßegeeignet, das Phänomen einer größeren gewachsenenStadt als einen höchst komplexen, über 12 Jahrhundertegewachsenen Organismus zu dokumentieren.

Zwischen Petershagen und Petershagen-Schlüsselburgwird die Auseinandersetzung des Menschen mit den na-

landesbedeutsam

CrollageFoto: LWL/H. Gerbaulet

HollwinkelFoto: LWL/H. Gerbaulet

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turräumlichen Voraussetzungen in der von Geestrückenflankierten Stromtallandschaft der Weser – einmalig fürWestfalen-Lippe – besonders deutlich.

Die Stromtallandschaft des Wesertales besitzt durch dieAnlage der Dörfer (z.B. Jössen, Windheim, Döhren, Ilviese,Heimsen) in hochwassersicherer Lage entlang der Nieder-terrassenkante eine charakteristische Siedlungsstruktur.Die hochwasserfern liegende Aue wird überwiegend acker-baulich genutzt. Dies wird durch die mehrere Meter mächti-ge Auenlehmdecke ermöglicht, die sich als Folge der an-thropogenen Bodenerosion seit dem Neolithikum abgela-

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gert hat. Die Weser ist als Schifffahrtsstraße mit entspre-chender Uferbefestigung (u.a. Buhnen, Steinschüttung) undLinienführung (Schleusenkanal) ausgebaut. In Minden be-stehen an der Kreuzung mit dem Mittellandkanal, einemwichtigen Wasserstraßenkreuz, zwei Binnenhäfen.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Boden-denkmälern: alt- und mittelsteinzeitlicher Rastplatz Lusen-brink (Petershagen), jungsteinzeitlicher Siedlungsplatz Ha-senkamp (Minden), Überreste der bronzezeitlichen Gräber-felder von Seelenfeld (Petershagen) und Wittenhusen (PortaWestfalica) sowie des einzigartigen, eisenzeitlichen Körper-gräberfeldes Ilse (Petershagen), eisenzeitliche und frühmit-telalterliche Wallburg „Wittekindsburg“ mit den Grundmau-ern eines vorromanischen Kirchenbaus in einem gläsernenSchutzgebäude (Minden/Porta Westfalica), frühgeschichtli-che bis mittelalterliche Siedlungen Didinghausen (Minden)und Herlethe (Petershagen), mittelalterlicher Burgplatz Üt-zenburg (Petershagen) und Domimmunität Minden sowieaus der NS-Zeit Spuren der untertägigen Rüstungsindus-trie beiderseits des Porta-Durchbruches, KZ Hausberge(Porta Westfalica) und sog. Arbeitserziehungslager Lahde(Petershagen).

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern:Oberhalb Minden:Weserdurchbruch zwischen Weser- und Wiehengebirgemit u.a. der sächsischen Wallburg „Wittekindsburg“ mit

Landmarke Porta WestfalicaFoto: LWL/U. Woltering

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WeserFoto: LWL/H. Gerbaulet

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gen der Region zur Königsherrschaft zeigten sich erneut inder Gründung des Kanonikerstifts Enger durch Mathilde,die Witwe König Heinrichs I., an einer adeligen Eigenkir-che der Missionszeit. Ebenfalls in ottonischer Zeit entstandnach dem Vorbild Herfords das Frauenstift Schildesche aufeiner adeligen Grundherrschaft mit Eigenkirche.

In Herford ist die für mehrere Städte Westfalen-Lippes ty-pische Zusammensetzung eines Stadtgebildes aus mehre-ren Siedlungseinheiten besonders anschaulich.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau- undBodendenkmälern: Stadt Herford mit dem Stiftsbezirk (Stifts-kirche, Rathaus und Markthalle, den Stadtbezirken Radewig, Alt-stadt, Neustadt, den Stadterweiterungen des 19. Jahrhunderts)und dem Stift Berg (mit Stiftskirche St. Marien, ehemaligenStiftskurien, Luttenberg, ehemaliger Stiftsiedlung, Hof Meier thoBerge, Bürgerschützenhof) in Herford und Burgplatz in Enger.

KLB 4.01 Amtsvenn – Ammerter Mark

Das Amtsvenn mit dem Epe-Graeser Venn ist mit 1476 haeiner der größten und bedeutendsten Hochmoor- undFeuchtwiesenkomplexe in NRW. Inselartige Teilbeständedes Moores weisen meist ein stark strukturiertes Abtor-fungsmosaik (Relief aus Torfstichen und Torfrippen) auf. DieHochmoore, Feuchtheiden, Heideweiher und Feuchtwiesenbilden ein Landschaftsbild ab, welches am Ende des 19.Jahrhunderts – von Menschen geprägt und genutzt – imWestmünsterland weit verbreitet war.

Entlang der Dinkelniederung ist noch heute das typischeSiedlungsmuster im Kulturlandschaftsraum zu erkennenmit der engen Verknüpfung zwischen den Bächen undFlüssen mit den ehemaligen Heide- und Ödlandflächen.

Gasthaus, Wittekindskapelle, Denkmal für Kaiser Wilhelm I.1894-96 und Moltketurm 1829 auf den Höhen, Sommer-häusern und Hotels im Tal, Stadtkern Hausberge, DorfkernNeesen (mit ländlicher Architektur und Produktionsbautenüberwiegend des 19. Jahrhunderts), Bahnhofempfangsge-bäude der Köln-Mindener Eisenbahn in Hausberge.

Stadtkern Minden mit Fischerstadt:wesentliche Teile der seit der Zeit um 800 gewachsenenStrukturen in Grundstückszuschnitten, Straßensystem undaufgehender Bausubstanz, bei den Kirchenbauten bis ins10. Jh., bei den Profanbauten bis ins 12. Jh. zurückrei-chend, Stadterweiterungsgebiet Minden (mit Militäranlagenseit 1814, Wohnbebauung und Verwaltungsbauten seit 1871sowie städtischen Repräsentationsbauten seit 1900), Bahnhofder Köln-Mindener Eisenbahn mit Befestigungsanlagenund Vorstadtbebauung seit 1847.

Unterhalb Minden:Stadtkern Petershagen und Ortskern Schlüsselburg (jeweilsmit Schloss, öffentlichen Bauten und Bürgerhäusern), Dorfker-ne Jössen, Windheim, Heimsen, Buchholz und Ovenstädt(mit romanischen Pfarrkirchen und ländlicher Architektur über-wiegend des 19. Jahrhunderts aber auch bemerkenswerten äl-teren Beispielen), Güter Neuhof und Schlüsselburg, Weser-Fährstellen und -Staustufen, Kraftwerk Lahde, Scheunen-viertel Schlüsselburg, jüdischer Friedhof Wasserstraße,Glashütte Gernheim; Wind- und Wassermühlen.

KLB 3.01 Stadt Herford und Stifte Herford – Enger –Schildesche

Zusammen mit Corvey war das Frauenstift Herford, des-sen erste Anfänge bei der (ergrabenen) Kirche von Müde-horst/Niederdornberg vermutet werden, die durch Bindungan das Reich, Alter und Größe wichtigste geistliche Ge-meinschaft der Karolingerzeit in dem nach der fränkischenEroberung christianisierten Sachsen. Die engen Beziehun-

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Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

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Schloss PetershagenFoto: LWL/H. Gerbaulet

landesbedeutsam

AmtsvennFoto: LWL/M. Höhn

Kap_7_2_klbs_Seiten001_008.qxp 18.10.2007 18:54 Seite 344

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Archäologisch bedeutsam ist die Ammerter Mark. BeimAutobahnbau wurden in der Umgebung von Heek eineneolithische Siedlungskammer mit Siedlungen und Flach-gräberfeld der Trichterbecherkultur sowie spätneolithi-schen Grabhügeln angeschnitten. Außerdem findet sich indem Heidegebiet ein großer bronze- und eisenzeitlicherBestattungsplatz mit zeitgleichen Siedlungsspuren.Schließlich bieten durch Dünen überdeckte und z.T. ver-nässte alte Geländeoberflächen ein detailreiches archäo-botanisches Archiv zur Landschaftsgeschichte der Region.

Wichtigstes Bodendenkmal ist die Fundlandschaft Am-merter Mark bei Heek.

KLB 4.02 Ochtrup und Langenhorst

In Ochtrup und seinen Ortsteilen sind charakteristischeElemente der siedlungs- und wirtschaftsgeschichtlichenEntwicklung im westlichen Teil der Kulturlandschaft „West-münsterland“ besonders anschaulich geblieben: von denmittelalterlichen Siedlungskernen über bäuerliche undadelige Baukultur des 18. Jahrhunderts bis hin zur Textilin-dustrie seit dem 19. Jahrhundert.

Wichtige Bodendenkmäler stellen Haus Welbergen, eingut erhaltenes Hügelgräberfeld im direkten Umfeld sowieder aufgelassene Steinbruch Ochtrup Weiner Esch (Fossil-fundstelle der Oberkreide) dar.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: mittelalterlicher Stadtgrundriss von Ochtrup,Stift Langenhorst und Umgebung, Schloss Welbergen,Bauerschaft Seilen, Haus Rothenberge und Industriesied-lung der Firma Laurenz.

KLB 4.03 Vreden – Stadtlohn, Eschlohner Esch

Um die Zentren Vreden und Stadtlohn entstand längsdes Laufs der Berkel im Frühmittelalter ein von früher Herr-schaft und Mission geprägter Siedlungsraum: Frauenstiftund Grafensitz in Vreden bildeten einen frühen kulturellenMittelpunkt im Westmünsterland und die Grundlage für diespätere Stadtentwicklung. In Stadtlohn schafft die engeVerbindung von Haupthof, Urpfarrkirche, Wallburg inStadtlohn-Bockwinkel und hochmittelalterlichem Ministe-rialensitz bei der späteren Stadt hervorragende Bedingun-gen, ein weiteres Modell für die archäologische Erfor-schung früher Zentrenbildung.

Die Kleinregion ‘Weseker Geest und Vredener Niede-rung’ umfasst die karolingischen Ur-Kirchspiele Lohn undVreden mit der im Schnittpunkt der Fernwege Zutphen/NL-Münster sowie Niederrhein-Rheine/Ems gelegenen Burg-anlage „Hünenburg“ bei Stadtlohn-Bockwinkel. Aus sied-lungsarchäologischer Sicht handelt es sich um einen weit-gehend unerforschten ländlichen Raum mit zwei verschie-denartigen Eschsiedlungstypen und zwar dem großenLangstreifen-Eschflurkomplex Weseke-Eschlohn-Stadtlohnund den Ufer-Eschen von u.a. Nichtern/Estern/Almsick anBerkel und Schlinge. Grundlage der Untersuchung diesesRaumes ist eine Inventarisation der ländlichen Hofwüstun-gen. Diese sind in Beziehung zur Entwicklung der grund-herrschaftlichen Zentralorte Vreden (Stiftbezirk) und Stadt-lohn (bischöfliche Villikation) zu setzen. Durch ein längerfris-tig angelegtes Forschungsprojekt ‘Eschsiedlungen an derniederländischen Berkel’ dürften sich aus der archäologi-schen Bearbeitung der westmünsterländischen „An-schlussregion“ erhebliche Synergieeffekte ergeben. Ansät-ze zu einer Erforschung ergeben sich auch durch die Gra-bungen in Vreden an der Stadtlohner Straße.

Die Eschflächen sind auch heute noch weitgehendbaum- und strauchlos. Typisch ist die randliche Besied-lung und die Straße in der Mitte des Eschs. Über den Hö-henrücken wurden schon früh überregionale Wegeverbin-dungen angelegt, weil der unbefestigte Weg auch infeuchten Jahreszeiten befahrbar war.

Westlich von Vreden wurden auf dem nördlichen bzw.östlichen Berkelufer durch Grabungen ein Brandgräber-friedhof der Bronze- und Eisenzeit sowie eine zeitlich ent-sprechende Siedlung nachgewiesen. Das Gräberfeld prä-sentiert sich mit seltenen Grabeinhegungsformen (doppel-te Schlüssellochgräben), teilweise ungewöhnlichen Grab-beigaben (Steinartefakte) und Keramikgefäßen, die zum TeilBezüge zur Niederrheinischen Grabhügelkultur erkennenlassen. Für die Siedlung sind Baubefunde im Über-schwemmungsbereich der Berkel hervorzuheben, diewahrscheinlich mit einer Nutzung des Gewässers in Ver-bindung stehen. Die weitgehend noch unbebaute Kleinre-gion bietet die seltene Möglichkeit, nähere Informationenzu dem Beziehungsgeflecht zwischen zeitgleichem Sied-lungs- und Bestattungsplatz zu erhalten. Darüber hinausstellt sich im überregionalen Kontext die Frage, ob die Ber-

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

334455

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Ochtrup, Haus Welbergen Foto: LWL/H. Kalle

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Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

kel als mögliches Transportgewässer Einfluss auf die (Han-dels-)Beziehungen in der Bronze-/Eisenzeit hatte.

Von hohem bodendenkmalpflegerischen Wert sind ne-ben Stadtkern und Stiftsimmunität Vreden, die Landweh-ren sowie die frühmittelalterliche Hünenburg bei Wessen-dorf und Burg Stadtlohn.

KLB 4.04 Schloss Anholt, Isselburg und Werth

In diesem Kulturlandschaftsbereich werden wesentli-che Siedlungsformen der Kulturlandschaft „Westmüns-terland“ besonders anschaulich. In dem Kulturland-schaftsbereich stießen zur Zeit der Stadtgründungen im14. Jh. die Interessen von drei Landesherren aufeinan-

der. Die Burg Anholt gehörte zum Bistum Utrecht, wäh-rend die Burg in Isselburg ein Lehn der Herzöge vonKleve war, und die Burg im nahen Werth dem Bischofvon Münster gehörte. Alle drei Orte liegen dicht beiei-nander in der Isselniederung und sind von alters herdurch eine aufwändige Wasserhaltung mit einander ver-bunden. Einmalig ist auch das Siedlungsgefüge desWerther Bruchs.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Historische Ortskerne Isselburg und Anholt;Schloss Anholt mit Park; barocke Gartenpartien, engli-scher Garten, „Anholter Schweiz“ (Nachbildung der Land-schaft des Vierwaldstätter Sees).

Wichtige Bodendenkmäler: Schloss Anholt sowie dieStadtbefestigungen Isselburg und Werth.

Isselburg, Schlosspark AnholtFoto: LWL/H. Kalle

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KLB 4.05 Die Berge bei Ramsdorf

Die Berge bei Borken-Ramsdorf stellen eine weitgehendintakt erhaltene archäologische Fundlandschaft dar. AmRande der Anhöhe befinden sich zahlreiche mittel- undjungsteinzeitliche Rast- und Jagdplätze. Auf den höherenTeilen des Geländes sind aufgrund der Waldbedeckung,die bis mindestens ins Mittelalter zurückreicht, viele Grab-hügel aus der Bronze- und Eisenzeit optimal erhalten ge-blieben. Außerdem bieten die Hügelaufschüttungen dieMöglichkeit zu archäologischen Fenstern auf ältere Boden-oberflächen mit weiteren archäologischen Funden und Be-funden. Wertgebendes Merkmal ist das Bodendenkmal„Die Berge“.

KLB 4.06 Merfelder Niederung

Die Merfelder Bucht als größtes Feuchtgebiet im Müns-terland ist das aussagekräftigste archäobotanische Archivzur Vegetations- und Landschaftsgeschichte dieses Rau-mes, da hier seit dem Präboreal Nieder- und Hochmoorab-lagerungen nachgewiesen sind. Am Rande der Niederung,aber auch auf Düneninseln entlang des Heu- und Kanne-brockbachs, befinden sich zahlreiche spätpaläo-, meso-und neolithische Rastplätze. Die intakte Fundlandschaft er-möglicht Untersuchungen zu Siedlungs-Subsistenz-Sys-tem von Jäger/Sammler- und frühen Bauerngemeinschaf-ten. Weitgehend unerforscht ist die Jansburg, eine Wall-burg mit umgebenden Sperren.

Wichtige Bodendenkmäler sind: die Jansburg und einefrühbronzezeitliche Siedlung in Merfeld östlich der Sand-grube Breiderhoff.

KLB 4.07 Untere Lippe – Dorsten-Holsterhausen

Als natürliche West-Ost-Verbindung wird der Lauf der Lip-pe seit Jahrtausenden als Handels- und Verkehrsweg ge-nutzt. Gleichzeitig boten die Niederterrassen beiderseits desFlusses ideale Siedlungsbedingungen. In Folge davon wa-ren, nach Ausweis der archäologischen Spuren, die hoch-wasserfreien Randbereiche der Lippe seit der späten Jung-steinzeit bis ins frühe Mittelalter dicht besiedelt. Eine beson-dere Rolle spielte der Lauf der Lippe in frührömischer Zeit;der Verkehrsweg wurde zur Erschließung der germanischenGebiete östlich des Rheins genutzt. Bedeutende römischeFundstellen dieser Zeit sind etwa Haltern, Beckinghausenoder Oberaden. Dass der Verkehrsweg jedoch auch schonin vorrömischer Zeit eine wichtige Rolle spielte zeigen etwadie Fundstellen keltischer Münzen, die sich entlang desFlusslaufs – wie Perlen auf einer Schnur – vom Rhein beiXanten bis in den Raum Paderborn verfolgen lassen.

Während der römischen Expansionsbestrebungen indas Innere Germaniens um Christi Geburt war Holsterhau-

sen ein immer wieder aufgesuchter Standort. An wech-selnden Stellen wurden mindestens 10 Marschlager ange-legt, die z.T. archäologisch untersucht wurden. Weitere La-ger sind auf Luftbildern erkennbar. Ähnlich wie in Halternsind sie Zeugnis des versuchten Landesausbaus. Nachfol-gend ist in Holsterhausen eine intensive germanische Be-siedlung nachgewiesen. Eine Siedlungskontinuität seit ka-rolingischer Zeit bis heute ist sicher zu postulieren.

Wertgebendes Merkmal ist das Bodendenkmal „Dors-ten-Holsterhausen Römisches Marschlager“.

KLB 5.01 Laer – Borghorst – Steinfurt

Um die von den Ausläufern der Baumberge und den Al-tenberger Höhen eingefasste Senke der Steinfurter Aa

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Dorsten-HolsterhausenFoto: B. Song

Hünxe-Drevenack, Wasserburg Haus SchwarzensteinFoto: LVR/W. Wegener

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liegt eine Region, in der die Geschichte des früheren Mit-telalters von bedeutenden Burgen bestimmt wird: Die äl-teste ist die Oldenburg bei Laer (bis 12. Jh.). ZeitgleicheFunde aus dem Umfeld und aus Laer ermöglichen die Er-forschung des Beziehungsgeflechts zwischen Burgen undunbefestigten Wirtschaftssiedlungen. Auf der Ostseite derSenke liegt ihr die Burg gegenüber, in der 968 das Frauen-stift Borghorst gegründet wurde. Im 12. Jh. bestandenzwei rivalisierende Burgen auf dem Gebiet der heutigenStadt Steinfurt, von denen der Stammsitz der Herren vonSteinfurt erhalten blieb und zum Ausgangspunkt der Stadt-entwicklung Burgsteinfurts wurde. Das Schloss Steinfurt isteine eindrucksvolle Burganlage, die in ihren Anfängen ins12. Jh. zurückreicht. Der anschließende Schlosspark mitdem Bagno gibt einen interessanten Überblick über diegartengeschichtliche Entwicklung im Münsterland seit dem18. Jahrhundert.

Von hohem bodendenkmalpflegerischen Wert sind dieOldenburg bei Laer, die Burg Ascheberg, Schloss Steinfurtsowie der Stiftsbereich Borghorst.

KLB 5.02 Baumberge mit Coesfeld, Billerbeck und Nottuln

Am Südwestabhang der Baumberge, im Dreieck zwi-schen Coesfeld, Rosendahl und Nottuln liegt eine der weni-gen Lössinseln des Münsterlandes. In diesem Bereich mitungewöhnlicher Bodenfruchtbarkeit konnten in den letztenJahrzehnten eine Reihe von Fundplätzen des beginnendenNeolithikums (vor allem der Michelsberger, aber auch der Rös-sener und Bischheimer Kultur) nachgewiesen werden. DiesesAreal stellt eine wichtige Forschungslandschaft für das Ver-ständnis über die Neolithisierung des Münsterlandes unddes gesamten norddeutschen Flachlandes dar. Die frucht-baren Böden bilden auch den Hintergrund für die Entwick-lung der Orte Coesfeld, Billerbeck und Nottuln, die seit karo-lingischer Zeit nachgewiesen werden können und im Mittel-alter eine unterschiedliche Entwicklung genommen haben.

Der Baumberg nordöstlich Nottuln war zudem seit demMittelalter bedeutsam für die Gewinnung von u.a. Baustei-nen. Die teils linear aufgereihten mittelalterlich-neuzeitli-chen Steinbrüche, darunter die ‘Domkuhlen’, liegen amRand eines ausgedehnten Wölbackersystems, das vonder Havixbecker Kirchspielslandwehr tangiert wird. Hierwird der charakteristische Sandstein in geringerem Maßeauch noch heute gewonnen, der für die regionale Architek-tur von großer Bedeutung war. Seit dem Mittelalter wurdeer für Kirchen, Schlösser, bürgerliche Bauten, Speicher-bauten auf großen Höfen, im 19. Jh. dank des Miteigen-tums von Bauern an Steinbrüchen auch für andere bäuerli-che Gebäude verwendet.

Im Raum der Baumberge sind die Entstehung und ferne-re Entwicklung der Siedlung mit den unterschiedlichenLand- und Landnutzungsformen besonders anschaulich.Die Baumberge sind eine in naturräumlicher Hinsicht sin-guläre Landschaft im Münsterland, deren Nutzung sichteilweise aufgrund der Hanglagen deutlich von der andererGebiete des Münsterlandes unterscheidet.

In der gesamten Umgebung der Baumberge sind her-vorragende Zeugnisse aller Baugattungen vom 13. biszum frühen 20. Jh. erhalten. Darüber hinaus sind die ver-schiedenartigen historischen und modernen Siedlungsfor-men (Adelssitz, bäuerliche Siedlungsformen, Stift, Dorf undStadt) vertreten. Zahlreiche Bildstöcke, Wegekreuze undKapellen aus dem 14. bis zum 20. Jh. zeugen von der un-unterbrochenen katholischen Geschichte der Gegend.

Wichtige Bodendenkmäler sind: die StadtbefestigungBillerbeck, die Landwehrlandschaft Nottuln-Billerbeck-Ha-vixbeck, Haus Havixbeck und Schloss Darfeld, die Kolven-burg in Billerbeck, die Coesfelder Zitadelle und der jung-steinzeitliche Fundplatz Nottuln.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Ortskerne Billerbeck, Havixbeck, Nottuln,

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Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Steinfurt, Schloss SteinfurtFoto: LWL/H. Kalle

Rosendahl, Schloss DarfeldFoto: LWL/H. Kalle

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Schöppingen, Dorfkerne Darup, Schapdetten, AdelssitzeHaus Hamern (Billerbeck), Schloss Darfeld (Rosendahl),Haus Havixbeck und Haus Stapel in Havixbeck und Klos-ter Billerbeck-Gerleve. Besondere Höfegruppen finden sichin Billerbeck-Aulendorf, DarfeId-Höpingen, Nottuln-Horst,Nottuln-Stevern, Nottuln-Darup-Hastehausen, Nottuln-Uphoven. Als Bauten der Produktion und der Verkehrssind zu nennen: das ehemaliges Bahnhofsempfangsge-bäude Billerbeck-Lutum, die Wassermühle zu Haus Stapelin Havixbeck, die Gennericher Windmühle und die Wasser-mühle zu Schloss Darfeld in Rosendahl.

KLB 5.03 Bischofsstadt Münster mit dem Wigbold Wolbeck

Die Stadt Münster sowie das angrenzende Stadtgebietbildeten im Mittelalter das Zentrum des Münsterlandes unddes Herrschaftsgebietes der Bischöfe von Münster. Ausge-hend von der karolingischen Domburg bildete sich vom12. Jh. an die bürgerliche Stadt, die sich in ständigem Aus-tausch mit ihrem Umland entwickelt hat. Um Münster zen-trieren sich die bischöfliche Grundherrschaft, kirchlicheEinrichtungen sowie Erbmänner- und Adelssitze. Die ar-chäologische Erforschung von Bischofssitz und Bürger-stadt hat bereits zu bedeutenden Ergebnissen geführt.

Auf dieser Basis ist die Stadt Münster ein ideales Objektzur Untersuchung der Beziehung von Zentrale und Umfeldin Mittelalter und Neuzeit.

Entstehung und fernere Entwicklung der Stadt von dersächsischen Siedlung bis in die 1960er Jahre werden in-nerhalb der bezeichneten Grenze sowohl an den Grundzü-

gen der aus dem Mittelalter überkommenen, in der Neu-zeit überformten Struktur der Kernstadt, der städtebauli-chen Anlage von Stadterweiterungsgebieten sowie an ei-nem dichten Denkmälerbestand anschaulich. Dieser um-fasst vom Dom und den mittelalterlichen Kirchen, dem mit-telalterlichen Rathaus, der Wohnbebauung des 16. bis 20.Jahrhunderts, den Bildungseinrichtungen bis zu den öf-fentlichen und privaten Dienstleistungs- und Gewerbebau-ten das gesamte Spektrum städtischer Bebauung.

In Wolbeck sind Entstehung und Entwicklung von der bi-schöflichen Landesburg über eine stadtähnliche Siedlungminderen Rechts (Wigbold) mit Adelssitz bis zur VorstadtMünsters mit den unterschiedlichen Nutzungsformen be-sonders anschaulich.

Von hohem bodendenkmalpflegerischen Wert sind: derStadtkern Münster als archäologisches Archiv, die Land-wehren, die mittelalterliche Motte Haskenau, die bischöfli-che Burg Wolbeck sowie eine Reihe von Herrensitzen (z.B.Haus Diek, Haus Kump, Haus Lütkenbeck).

Konstituierende Merkmale in Wolbeck aus dem Bestandan Baudenkmälern: die Landesburg (Bodendenkmal), Orts-kern mit Grundriss, Kirche, Drostenhof, zahlreichen Ge-bäuden am Steintor, an der Herren-, Hof-, Münster-, Neu-straße, das Gut Fronhof und der historische Tiergarten ausdem 18. Jahrhundert.

KLB 5.04 Dülmener Flachrücken

Charakteristisch für die Kleinregion, die dem Verlauf einerflachen Schichtstufe bzw. -rippe folgt, sind verschiedeneTypen der Eschsiedlungen: Im den Siedlungsräumen von(Coesfeld-) Lette und (Dülmen-) Welte treten frühmittelalterli-che Ur-Esche, hochmittelalterliche Ausbau-Plaggenescheund unterbäuerliche Kamp-Esche mit jeweils verschiede-nen Ausbaustadien auf, sog. ‘Eschdrubbel’ des späten

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

landesbedeutsamWolbeck, Drostenhof

Foto: LWL/H. Kalle

Münster, PromenadeFoto: LWL/M. Philipps

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Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: der Stadtkern Lüdinghausen mit PfarrkircheSt. Felizitas und Bürgerhäusern und die Adelssitze BurgVischering, Haus Lüdinghausen, Haus Wolfsberg.

KLB 5.06 Schloss Nordkirchen und Umfeld

Im Raum Nordkirchen/Herbem sind die Entstehung undEntwicklung der Siedlung unter dem Aspekt feudaler Herr-schaft mit den unterschiedlichen Land- und Landnutzungs-formen durch Adel, Bauern und Bürger besonders an-schaulich.

Schloss Nordkirchen ist sicherlich die prächtigste Schloss-anlage im Münsterland. Nordkirchen ist ein herausgehobe-nes Beispiel für die Baukunst und Parkgestaltung des west-fälischen Barocks. Die Gartenanlagen sind zwar Anfang des20. Jahrhunderts neobarock überformt worden, dennochsind noch viele überkommene Elemente aus der Entste-hungszeit erhalten. Für die sehenswerte Schlossanlage sinddie vielfältigen Sichtachsen aus allen Richtungen von he-rausragender Bedeutung, weil die Schlossanlage insgesamtvon Wald umgeben ist und deshalb nur über diese Sichtach-sen von außen einsehbar ist. Andererseits vermittelt der um-gebende Waldgürtel eine in sich geschlossene Anlage. Ge-stört wird der Gesamtkomplex durch die baulichen Hinzufü-gungen aus den 1970er Jahren, die für die Nutzung desSchlosses als Finanzakademie notwendig wurden.

Wichtige Bodendenkmäler sind: Schloss Nordkirchen, dieMotte Nordkirchen, Schloss Westerwinkel, die Landwehr Her-bern mit der Halde der ehemaligen Strontianitgrube Janow.

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

6./7. Jahrhunderts bis um 1500. Im sächsischen Aufstands-gebiet des südlichen pagus Stiuarnafildi bestehen darüberhinaus auffällig rechteckig begrenzte Eschdörfer (z.B.: Re-ckelsum = Ricolfashem, Vinnum = Vinhem) bzw. Siedlungendes -heim Typs (z.B. Tetekum = Tottinghem, Emkum = Em-minghem, Prun = Prunhem u.a.), die auf karolingischen Ein-

fluss entstanden sein dürften. Von herausragender Bedeu-tung innerhalb der Kleinregion ist der im Zentrum des Dül-mener Flachrückens gelegene englische Landschaftsparkbzw. „Wildpark Dülmen“, bei dessen Anlage nahezu alleStrukturen der damals vollständig wüstgelegten Gräftenhof-siedlung Koterhuzen fossilisiert sind. Die Reliktvermessungdieses Areals konnte 2005 weiter fortgeführt werden und istabschließend noch für eine dritte Teilfläche durchzuführen.

Wichtige Bodendenkmäler sind: Wildpark Dülmen,hochmittelalterliche Siedlungslandschaft Dülmen-Derne-kamp, Haus Visbeck sowie der Pulverschoppen/Schießan-lage der Firma Krupp.

KLB 5.05 Lüdinghausen

Die Stadt Lüdinghausen, deren mittelalterlicher Grundrissweitgehend erhalten ist, und die ihrem mittelalterlichen Kernvorgelagerten Burgen, Vischering im Norden, Lüdinghau-sen im Westen und Wolfsberg im Süden, bilden eine Denk-mallandschaft aus baulichen Anlagen, Wasser- und Erdbau-ten, die in ihrer Dichte geschichtliche Zusammenhänge vonlandesgeschichtlicher Bedeutung erkennen lässt.

Von hohem bodendenkmalpflegerischen Wert sind:Stadtbefestigung Lüdinghausen, Burg Vischering, BurgLüdinghausen, Burg Wolfsberg.

335500

Burg Vischering, Kreis CoesfeldFoto: LWL/H. Kalle landesbedeutsam

Schloss NordkirchenFoto: LWL/H. Kalle

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335511Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-

denkmälern: Dorfkerne Capelle, Herbem, Nordkirchen,Südkirchen, Adelssitze Nordkirchen, Westerwinkel, Ittlin-gen samt Park-, Wald- und Grünflächen und die dazugehö-rigen Forsthäuser in Nordkirchen und Westerwinkel.

KLB 5.07 Oelde-Stromberg

Bis in das 19. Jh. entspricht dieser regionale, aus einer be-deutenden landesherrlichen Burg hervorgegangene Verwal-tungsmittelpunkt der herausragenden Lage auf einer Anhöheim Zuge der Beckumer Berge inmitten des Münsterlandes.

Von hohem boden-denkmalpflegerischenWert ist die Landes-burg Stromberg.

Die konstituierendeMerkmale aus demBestand an Baudenk-mälern: die Burganla-ge mit Torturm, Vor-burg, Befestigungs-mauern, Brunnen undBurgresten, die Burg-und Wallfahrtskircheim Burggelände, Un-terstromberg mit Pfarr-

kirche, Plärrhof und Gasthof, die Kapelle mit Vikarie an derMünsterstraße sowie die Ortslage (Bebauung an der Müns-terstraße und der Daudenstraße).

KLB 6.01 Rheine, Saline und Kloster

In Rheine und Umgebung werden durch erhaltene Bau-denkmale charakteristische Elemente der siedlungs- undwirtschaftsgeschichtlichen Entwicklungen vom späten Mittel-alter bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg anschaulich.

Von hohem bodendenkmalpflegerischen Wert sind die bei-den neuzeitlichen Wallanlagen Schweden- und Hessenschan-ze, der Stadtkern Rheine als Archiv für die mittelalterlicheStadtgeschichte sowie das Megalithgrab Rheine-Schotthock.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Stadtkern von Rheine links und rechts desEmslaufes, Kloster Bentlage und Saline „Gottesgabe“.

Schlosspark NordkirchenFoto: LWL/H. Kalle

Burganlage Pelde-StrombergFoto: LWL/H. Kalle

Rheine-Bentlage, Saline Gottesgabe Foto: LWL/H. Kalle

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KLB 6.02 Saerbeck – Glane

Die Glaneregion stellt in ihrem unteren Abschnitt bis zuihrer Einmündung in die Ems einen in historischer undprähistorischer Zeit außerordentlich dicht besiedelten Ge-wässerraum dar. Fast alle Zeitabschnitte zwischen Mesoli-thikum und Hochmittelalter sind durch Siedlungen, Gräberoder Einzelfunde belegt. Archäologisch untersucht wurdenbisher Teile eines großen Gräberfeldes der Bronze- und Ei-senzeit sowie ein eisenzeitlicher und frühmittelalterlicherSiedlungsbereich mit vielen Baubefunden, u.a. ein großesWohnstallhaus, Grubenhäuser und Speicher.

Ein wichtiges Bodendenkmal ist die eisenzeitliche Sied-lung Saerbeck-Am Mühlenbach – Sandgrube Wolters.

KLB 6.03 Teutoburger Wald und Lienener Heckenlandschaft

Der Übergang von dem Höhenkamm des TeutoburgerWaldes mit seinen Niederwäldern, kleinbäuerlichen Stein-brüchen, teilweise sehr schmalen Parzellen zu den offenenAckerflächen am südlichen Hangfuß in der Gemeinde Lie-nen repräsentiert im besonderen Maße die Kulturland-schaft „Ostmünsterland“ auf der gesamten Süd- bzw. Süd-westseite des Teutoburger Waldes. Das Gleiche gilt für diesüdlich anschließende Heckenlandschaft mit ihren Feucht-wiesenkomplexen, die in ihrer Struktur und Größe einmalig

im Münsterland ist. Die Bachläufe weisen vielfach noch diefrüheren Mühlteiche und Mühlkanäle auf, die das schwa-che Gefälle der Bäche für die Mühlen nutzbar machten.Das Dorf Lienen liegt auf der Grenze zwischen den Esch-flächen und der Heckenlandschaft, während Kattenvennevon Hecken und Feuchtwiesen umgeben ist. Insbesonde-re in der Ortslage Lienen haben baukulturelle Aspekte beider Siedlungsentwicklung eine wichtige Rolle gespielt.

KLB 6.04 Emstal westlich von Warendorf

Der Raum westlich von Warendorf an Ems, Hessel undMussenbach gehört zu den in vor- und frühgeschichtli-cher Zeit am dichtesten besiedelten und besterforschtenRegionen Westfalens. Erste Spuren der Anwesenheit desMenschen sind der Schädel eines Neandertalers sowiezugehörige Steingeräte. Spätestens seit der Jungsteinzeitist kontinuierliche Besiedlung an wechselnden Standortenbelegt. Von besonderer Bedeutung sind große Urnenfried-höfe der Bronze- und Eisenzeit (kulturell zur Ems-Gruppegehörig). Im Raum liegen mehrere der seltenen Siedlungs-und Bestattungsplätze der Völkerwanderungszeit (4. bis5. Jh.) sowie Spuren einer dichten Besiedlung des frühenbis späten Mittelalters. Hier ist in besonderem Maße dieAufsiedlung der Land-schaft in ihrer zeitli-chen Tiefe ablesbar.Ems, Mussenbachund Hessel mit ihrenAltarmen bilden einarchäologisches Ar-chiv durch alle Peri-oden, ablesbar bei-spielsweise am Fundeines Auerochsenoder steinzeitlicherGeräte. Die anliegen-den Orte repräsentie-

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

GlaneFoto: LWL/U. Woltering

ehemaliger NiederwaldFoto: LWL/H. Gerbaulet

Kottruper SeeFoto: LWL/C. Grünewald

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Kapitel

7.2

ren unterschiedliche charakteristische Typen von der mit-telalterlichen Stadt Warendorf über das Kirchdorf Einenbis zur Neubürgersiedlung Müssingen.

Von hohem bodendenkmalpflegerischen Wert sind derKottruper See mit seinem Umfeld sowie eine Siedlungs-landschaft beiderseits der Einmündung des Mussenbachsmit Spuren vom Spätpaläolithikum bis zum Frühmittelalter.

KLB 7.01 Senne mit angrenzendem Teutoburger Wald

Die aufgrund ihrer geringen Fruchtbarkeit nur karg be-siedelte Senne, die größte nährstoffarme Sandlandschaftin Nordrhein-Westfalen, ist in einem großen Teilgebietdurch die extensive Nutzung als Truppenübungsplatz seit1851/1891 in Westfalen-Lippe nicht nur ein für Flora undFauna, sondern auch in kulturgeschichtlicher Hinsicht ein-maliges Terrain. Die z.T. ehemals als Wildpferdebahn (Sen-ner Gestüt) genutzte Heidelandschaft wird durch extensiveUnterhaltungspflege (Wanderschäferei) seitens des Natur-schutzes gepflegt und erhalten. Der Truppenübungsplatzmit den Folgeeinrichtungen in der näheren Umgebung istbedeutend sowohl wegen seiner Zeugniskraft für über 100Jahre deutscher Militär- und Zeitgeschichte als auch we-gen des Erhalts vorindustrieller Strukturen als Bau- undBodendenkmäler.

Im angrenzenden Teutoburger Wald befinden sich vielfäl-tige Spuren der Waldnutzung in der vorindustriellen Zeit wieMeiler- und Glashüttenstandorte sowie Hudewaldrelikte.

Die 1956 begonnene Sennestadt ist eine der wenigenstädtischen Neugründungen in Westfalen-Lippe mit kom-

pletter Infrastruktur nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit denverschiedenen Typen des Wohnungsbaus und der Gestaltder zentralen Baulichkeiten (Rathaus, Kirchen) gibt die Sen-nestadt ein gutes und seinerzeit nicht nur in Deutschlanddiskutiertes Beispiel zeittypischer Vorstellungen über Ar-chitektur und Städtebau.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Boden-denkmälern sind die bronzezeitlichen Grabhügel im Be-reich des Truppenübungsplatzes und die archäologischenÜberreste des Schlosses Lopshorn.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Truppenübungsplatz Senne, Reste ältererKulturtätigkeit (Dörfer Haustenbeck, Lippereihe und Tauben-teich, historische Straßentrassen), Sennelager (Kasernen,Ställe, Reithallen und Kasinos ab 1891, Soldatenerholungs-heim 1908, Lager Staumühle, Kriegsgefangenenlager ab1915), Schloss Holte-Stukenbrock, Stalag 326 (1941-1945:Arrestgebäude, Entlausungsgebäude und Lagerkirche, die ander ehemaligen Lagerstraße liegen).

KLB 7.02 Lippe – Anreppen – Boker Heide

Der Kulturlandschaftsbereich, der sich entlang der Lippebis in die Kulturlandschaften „Hellwegbörden“ und „Kern-münsterland“ erstreckt, lässt in großer zeitlicher Tiefe cha-rakteristische Elemente menschlicher Siedlungs- und Bau-tätigkeit sowie die sich wandelnde Bedeutung des Flusseserkennen.

Das Römerlager von Anreppen, das im Winter 4/5 n. Chr.vom künftigen Kaiser Tiberius angelegt wurde und nur biszum Jahre 9 bestand, ist von internationaler Bedeutung.Da es später nie überbaut wurde, gibt das Lager Anreppendie einzigartige Möglichkeit, militärische Einrichtungen undlogistische Zeugnisse der Eroberungs- und Eingliede-rungspolitik der Römer in einem genau datierten Zeitfens-ter von fünf Jahren zu untersuchen und als Maßstab beider Erforschung anderer Stützpunkte zu verwenden. Das23 ha große Lager steht als Bodendenkmal unter Denkmal-schutz, soll als Archäologisches Reservat aus der intensi-ven Landwirtschaft herausgenommen und als archäologi-scher Park dem sanften Kulturtourismus eröffnet werden.

Das Römerla-ger von Anrep-pen sollte mitzwei benachbar-ten Bodendenk-mälern vernetztwerden, der früh-mittelalterlichenHünenburg beiBoke und demBurg- und

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

landesbedeutsam

Truppenübungsplatz SenneFoto: LWL/H. Gerbaulet

landesbedeutsam

Hünenburg bei Dellbrück-BokeFoto: LWL/J.S. Kühlborn

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Schlossplatz Ringboke mit obertägig noch sichtbarenResten seiner frühneuzeitlichen Befestigung. Wie in An-reppen einzelne Elemente des Lagers etwa durch Be-pflanzung o.ä. sichtbar gemacht werden sollen, könnenin Ringboke Strukturen wie Wassergräben und Grund-mauer freigelegt und im Gelände präsentiert werden. Dieenge räumliche Nachbarschaft dieser drei Objekte (Ab-stand von insgesamt 2 km) und ihre Visualisierungsmög-lichkeiten verleihen diesem Kulturlandschaftsbereich einhohes kulturtouristisches Potential und einen hohenIdentifikationswert.

Westlich von Lippstadt liegt bis Herzfeld eine bedeuten-de archäologische Fundlandschaft beiderseits der Lippe,östlich davon die mittelalterliche Burg Lipperode.

Zwischen dem Grundmoränenzug des Delbrücker Rü-ckens und den Binnendünen entlang des Nordufers derLippe erstreckt sich südwestlich von Delbrück die BokerHeide. Durch den Bau des Boker Kanals wurde die aufden nährstoffarmen Sand- und Podsolböden der BokerHeide viele Jahrhunderte lang praktizierte extensive Hu-denutzung durch eine intensivere Grünlandnutzung (Be-wässerungswiesen) abgelöst. Auf engstem Raum findensich hier vier Streusiedlungsformen: Drubbelsiedlungmit Langstreifenflur in Untereichen, Einzelhöfe mitBlockfluren im Bereich Hagen, Hagenhufensiedlung amSüdrand des Delbrücker Rückens im Bereich Riege undKöttersiedlungen im Bereich der ehemaligen Gemein-heit. In diesem von bäuerlichen Streusiedlungen ge-prägten Raum kommen mit dem Kirchdorf Kirchbokeund der Kleinstadt Delbrück auch geschlossene Sied-lungsformen vor.

Das 1850-1853 geschaffene Kanalsystem mit seinemSystem der Rückhalteschütze, der Ableite- und Rückleite-kanäle über die für die Rieseltechnik gewölbt angelegten,grabenumsäumten Wiesen ist ein für Westfalen-Lippe

zentrales Beispiel der Veränderung einer Kulturlandschaftdurch Meliorationsmaßnahmen des preußischen Staatesbzw. einer halbstaatlichen „Sozietät“. Der Boker-Heide-Kanal wird bei Paderborn unmittelbar nach der Mündungvon Alme und Pader aus der Lippe abgeleitet und beiCappel unterhalb Lippstadt nach einem Lauf von 32 kmdurch die karge Senne und Boker Heide wieder der Lip-pe zugeführt. Dadurch wurde – nach weitaus älteren Plä-nen – die Einrichtung einer geregelten Wiesenwirtschaftmöglich, die u.a. zur Futterbeschaffung für die Militärpfer-de im Truppenübungsgebiet Senne und die angeschlos-senen Remontengestüte besonders nützlich wurde. Da-mit verbunden war die Schaffung bescheidener Siedler-stellen in Streulage als Ersatz für die erdhöhlenähnlichenBehausungen der beinahe verelendeten Heidebewohner.Bis Mitte der 1970er Jahre war die Anlage als Bewässe-rungs- und Meliorationskanal mit 16 Hauptschleusen, Ne-benkanälen, Be- und Entwässerungsgräben auf einemGebiet von bis zu 3 km Breite in Betrieb. Die halbjährigenWässerungsphasen sind jetzt zugunsten einer ständigenWasserführung aufgegeben. Die Geschichte der Lippesoll ablesbar bleiben.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Boden-denkmälern: Römerlager Anreppen, Hünenburg bei Boke,Burg- und Schloßplatz Ringboke.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Historischer Stadtkern Lippstadt (mit Plan-grundriss aus dem späten 12. Jh., Sakralbauten seit dem 13. Jh.und bürgerlicher Bebauung überwiegend seit dem 17. Jh. so-wie bedeutenden Wasserbauwerken), bäuerliche Streu- undDorfsiedlung (Heringhausen, Herzfeld) über hochwasser-freien Terrassen, Wasserschlösser der Lipperenaissance(Hovestadt, Overhagen), Kloster Benninghausen, Wasser-baue an der Lippe (von den Schleusen und Schleusenwär-terhäusern der 1820er Jahre bis zum ökologischen Rückbauseit 1990).

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Boker Kanal, Neukirchs-SchleuseFoto: LWL/B. Milde

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

KLB 7.03 Paderborn, Zusammenfluss von Altenau und Alme sowie Almetal

Nach der fränkischen Eroberung Sachsens wurde dieRegion um die Pader- und Lippequellen zum Kernraumder neu entstandenen Frankenherrschaft. Der BedeutungPaderborns entspricht es, dass dieser Ort zum Pfalz- undBistumssitz ausgebaut und mit Gebäuden ausgestattetwurde. Deren archäologische Untersuchung hat hervorra-

gende Ergebnisse zur Frühzeit Paderborns erbracht. Wirt-schaftlicher Mittelpunkt der karolingischen und hochmittel-alterlichen Epoche war dagegen die Ortschaft Balhorn amÜbergang des Hellwegs über die Alme, deren Standortebenfalls in Teilen mit guten Ergebnissen ergraben wurde.Den Konkurrenzkampf zwischen beiden Zentren, die nurzwei km auseinander liegen, gewann Paderborn, währendBalhorn im frühen 14. Jh. wüst fiel. Im Zweiten Weltkriegwurde die Stadt Paderborn stark zerstört. Da seitdem ihrPotential fast nur noch im Boden erhalten ist, gilt Pader-born landesweit als „die Stadt der Archäologie“.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bo-dendenkmälern sind der gesamte Stadtkern von Pader-born (insbesondere mit Kaiserpfalzen, Dom, Steinbruch „Gru-be“ u.a.) sowie die erhaltenen Reste der mittelalterlichenWüstung Balhorn.

Rings um die Mündung der Altenau in die Alme gibt eseine seltene Konzentration jungneolithischer Denkmäler.Im Altenautal sind das die Großsteingräber von Atteln (einsvon zwei überdacht und mit Besucherparkplatz versehen),

Henglarn (eins von zwei obertägig sichtbar), Etteln (eins,sichtbar) und Kirchborchen (zwei, beide sichtbar), an der Al-me die Großsteingräber von Wewelsburg (zwei) und weiterflussabwärts die Grabkammer von Schloss Neuhaus beiPaderborn, die unsichtbar im Boden erhalten sind. Hinzukommen die sog. Erdwerke (große Grabeneinhegungen, de-ren kultische und/oder gesellschaftliche Deutung noch nichtklar ist) von Brenken, Oberntudorf und Kirchborchen, de-ren Gräben ohne Ausgrabung nur als Luftbildspuren in Er-scheinung treten. Zusammen mit der dazwischen gelege-nen eisenzeitlichen bis mittelalterlichen Wallburg Gelling-hausen und der archäologischen Abteilung des Kreismu-seums Wewelsburg lassen sich diese Bodendenkmälersinnvoll vernetzen und kulturtouristisch besser erschlie-ßen, als es gegenwärtig der Fall ist. Vorstellbar wäre zu-mindest ein interkommunaler Kulturwanderweg mit Wan-derführer und einheitlichen Erläuterungstafeln vor Ort.

Das Almetal, überwiegend in der Kulturlandschaft „Pader-borner Hochfläche – Diemeltal“ gelegen, ist ein typischesBeispiel für das Kulturlandschaftsmosaik der PaderbornerHochfläche, bestehend aus dem tief in die überwiegendackerbaulich genutzte Hochfläche eingeschnittenen Almetal,das im weiteren Verlauf als Trockental ausgebildet ist und andessen steilen Talhängen Halbtrockenrasen und Kalktriftenals Zeugnisse historischer Landnutzungen vorkommen.

Im Tal der Alme dokumentieren Baudenkmäler die we-sentlichen Elemente der Kulturlandschaft und ihrer Ent-wicklung vom 16. bis ins 20. Jahrhundert.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Boden-denkmälern sind die Großsteingräber von Borchen, Bürenund Lichtenau, die jungsteinzeitlichen Erdwerke von Bor-

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Paderborn, DomFoto: LWL/H. Gerbaulet

Paderborn, RathausFoto: LWL/H. Gerbaulet

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

chen, Büren und Salzkotten-Oberntudorf und die mehrpe-riodige Wallburg von Gellinghausen (Borchen).

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Graffeln (Mühle, Herrenhaus), Wewelsburg(Burg, Almebrücke), Kloster Böddeken (mit Meinolphuskapel-le und Ortswüstung Kerkberg), Brenken (Kirche, Erpernburgund Niederburg), Büren (Jesuitenkolleg mit Nebenbauten, Je-suitenkirche, Altstadt, Pfarrkirche, Niedern- und Mittelmühle),Kloster Holthausen, Eisenbahnlinie.

KLB 8.01 Lemgo, Detmold, Teutoburger Wald

Dieser Kulturlandschaftsbereich dokumentiert mit zentra-len Monumenten Lippes die über 2000-jährige Geschichteder Kulturlandschaft „Lipper Land“.

Entlang des Teutoburger Waldes zwischen Externsteinenund Donoper Teich sind die historischen Landnutzungsfor-men der Hochheide, der Hudewaldnutzung (Mast- undSchneitelbäume), der Moornutzung, der Fisch- und Krebs-zucht im Bereich der NSG Externsteine-Bärenstein, Vogel-taufe, Donoper Teich – Hiddeser Bent gut dokumentiert. DieExternsteine sind zudem eine herausragende Landmarkemit vielschichtiger Bedeutung seit frühgeschichtlicher Zeit.

Seit dem ausgehenden 12. Jh. verlagerte sich der Herr-schaftsschwerpunkt der Edelherren zur Lippe in ein Waldge-biet am Osning im Bistum Paderborn. Die Herrschaftsbil-dung begann mit der Errichtung der Falkenburg bei Det-mold und der Gründung der Stadt Lemgo. Während im 13.und 14. Jh. Lemgo und die benachbarte Burg Brake Haupt-sitze der Lipper waren, entwickelte sich seit dem 15./16. Jh.Stadt und Burg Detmold zur Residenz des bis 1947 beste-henden Territoriums. Falkenburg, Stadtkern und Stadtland-wehr Lemgos sowie der Stadtkern von Detmold und seinUmfeld waren bereits Ziel teilweise umfangreicher archäolo-gischer Untersuchungen. Außerhalb der Städte finden sichals besondere Schicht ländlicher Siedlungen der Binnenko-lonisation die sog. Hagenhufenorte, die teilweise bereits um1150 bestanden, als die Edelherren zur Lippe in der Regionnoch nicht Fuß gefasst hatten. Anzustreben ist eine Untersu-chung des mittelalterlichen Besiedlungsganges in Lippe un-ter dem interdisziplinären Gesichtspunkt von Herrschaftsbil-dung, Rodung und Binnenkolonisation.

Die im Mittelalter angelegte Hagenhufenflur im Bereichvon Oberschönhagen – Niederschönhagen, bestehend ausden linear entlang der Dorla aufgereihten Einzelhöfen mitdazugehöriger Besitzparzelle (Hagenhufe), ist heute nochexistent und in der Landschaft gut ablesbar. Dieser Bereichgilt als eines der am Besten erhaltenen Beispiele für dieseSiedlungs- und Flurform in Westfalen.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Boden-denkmälern: Bronzezeitliche Grabhügel und Steinsetzungenim Leistruper Wald, eisenzeitliche Wallburg Grotenburg,frühmittelalterliche Wallburg Hünnenring, Burgruine Falken-

burg und Stadtkern von Detmold sowie Stadtkern undStadtlandwehr von Lemgo.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Stadtkern Detmold mit Schloss, Neustadt/Al-lee, Palaisgarten, Villengebiet Schanze in Hiddesen, Her-mannsdenkmal, ehemalige Luftwaffenkaserne; StadtkernHorn, Externsteine.

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

HermannsdenkmalFoto: LWL/H. Gerbaulet

Detmold, SchlossFoto: LWL/H. Gerbaulet

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KLB 8.02 Lügde und Emmertal

Bemerkenswert ist der kulturlandschaftlich bedeutsameStadtkern von Lügde mit komplett erhaltener Stadtmauer.Das angrenzende Emmertal zeichnet sich durch eine Viel-zahl historischer Landnutzungsformen (u.a. Streuobstwie-sen, Feuchtgrünlandnutzung, Kopfweiden) aus. Die umge-benden Berge, die einen eindrucksvollen landschaftlichenRahmen bilden, sind durch Schaftriften und Halbtrockenra-sen geprägt. Die Tradition des Osterräderlaufs wird nochheute aktiv durch den Dechenverein gepflegt und ist einwichtiges identitätsstifendes Merkmal für die Einwohnervon Lügde.

KLB 9.01 Nieheimer Flechtheckenlandschaft

Die offene Agrarlandschaft im Umfeld von Nieheim wirddurch die charakteristisch gebundenen „Nieheimer Flecht-hecken“ gegliedert und geprägt. Diese sehr arbeitsintensiveHeckenpflege ist eine regionalspezifische Besonderheit, die

seit mehreren Jahrhunder-ten praktiziert wird und derEinfriedung von Viehweidendient. Die Verbreitung die-ses Heckentyps beschränktsich im Wesentlichen aufdiesen Raum. In den letztenJahrzehnten ist eine ver-stärkte Aufgabe dieser He-ckenpflegeform festzustel-len, verbunden mit demDurchwachsenlassen oderder Rodung der Hecken.

LügdeFoto: Schwabenflugbild © LWL-Medienzentrum für Westfalen

KLB 9.02 Kuranlagen Bad Driburg und Bad Hermannsborn

Die beiden in eine bewaldete Hügellandschaft eingebet-teten Anlagen dokumentieren mit ihrem umfangreichenhistorischen Gebäudebestand das kulturhistorisch bedeut-same Phänomen des Kurbades seit dem 18. Jahrhundert.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Boden-denkmälern sind die früh- bis hochmittelalterliche Iburgund der Stadtkern von Driburg.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Baudenk-mälern: Kuranlage Bad Driburg (mit Bade- und Brunnenhäu-sern, Allee), Kuranlage Bad Hermannsborn (mit Park).

KLB 9.03 Klöster und Stadt Brakel

Das Siedlungsgefüge mit Stadtkern, Adelssitzen undKlosteranlagen ist besonders anschaulich erhalten.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Boden-denkmälern: jungsteinzeitliches Erdwerk Helle-Berg undStadtkern von Brakel.

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Nieheimer FlechtheckeFoto: LWL/B. Milde

Bad DriburgFoto: LWL/H. Kalle

Bad HermannsbornFotos: LWL/H. Gerbaulet

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Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Baudenk-mälern: Historischer Stadtkern Brakel, Ortskern Dringenbergmit Burg, Grevenburg und Oldenburg mit Kloster Marien-münster, Kloster Gehrden mit Wirtschaftshof, Hinnenburg mitHainhausen, Vorwerk Albrook, Schäferhof Abbenburg.

KLB 9.04 Weser – Höxter – Corvey

Im Wesertal zwischen Höxter-Stahle und Beverungen-Her-stelle ist die historische Siedlungsstruktur entlang eines Flus-ses im Mittelgebirge mit Städten, Klöstern, Burgen und länd-lichen Siedlungen besonders deutlich ablesbar geblieben.

Der Übergang des Hellweges über die Weser war Aus-gangspunkt für die Verlagerung des zunächst im Solling ge-gründeten Benediktinerkonvents Corvey, der ältesten undbis in das Hochmittelalter einzigen Reichsabtei Sachsens.Noch älter war die am Flussübergang gelegene Kirchsied-lung Höxter, die dem Kloster bei der Verlegung 822 übertra-gen wurde. Ein Konflikt erwuchs aus dem Nebeneinandereiner um das Kloster entstandenen stadtähnlichen Siedlungund dem Furtort Höxter, der im 13. Jh. durch die Zerstörungder Civitas Corvey zugunsten Höxters entschieden wurde.In der Folgezeit wurden die in der Nachbarschaft von Cor-vey gegründeten geistlichen Einrichtungen entweder aufge-geben oder in die prosperierende Handelsstadt Höxter ver-lagert. Eine umlaufende Landwehr, von der Teile erhaltensind, umschloss bis in die Neuzeit Höxter und Corvey.

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Dringenberg, BurggartenFoto: LWL/H. Gerbaulet

landesbedeutsam

Burg DringenburgFoto: LWL/H. Gerbaulet

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KLB 9.05 Warburger Börde

Bäuerlicher Kulturlandschaftsbereich mit bedeutendenFunden aus der Altsteinzeit, der gesamten Jungsteinzeit,der Bronzezeit, der frü-hen römischen Kaiser-zeit und des Frühmittel-alters sowie mit mittel-alterlichen Stadtkernen,bedeutenden Wüstun-gen, mittelalterlichenBurgen und Klöstern.Die intramontane Be-ckenlandschaft derWarburger Börde wur-de im Mittelalter vonmehreren in Teilstre-cken erhaltenen Altwe-gen der Karolingerzeit,u.a. dem Herßewech (=Hessenweg) und Eiser-weg gequert. NebenAltsiedlungen aus derMerowingerzeit und ka-rolingischen Ausbaus-iedlungen des -heimTyps (Papenheim u.a.) in der Umgebung der DoppelstadtWarburg lassen sich in der Kleinregion vollständig wüstgefal-lene Hagenhufensiedlungen fassen, die offensichtlich in ei-nem genetischen Zusammenhang mit Plansiedlungen derdeutschen Ostkolonisation stehen. Zudem haben sich amNordrand der Warburger Börde, auf Flächen von jeweilsmehreren km², fossile langstreifige Wölbackersysteme imWald erhalten, die wichtige Erkenntnisse über den mittelalter-lichen Landbau beinhalten.

In der Warburger Börde kommen die fruchtbarsten Löss-böden in ganz Westfalen vor; in der Feldflur von Lütgene-der befinden sich sogar die besten Böden der alten Bun-desländer. Die offene Agrarlandschaft der Börde ist weitge-

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Aufgrund seiner Bedeutung verfügt die Stadt Höxterüber eine eigene Stadtarchäologie, der es zum Beispielgelang, die karolingische Grabenbefestigung des Ortes imheutigen Stadtkern zu entdecken. Zwischen Höxter undCorvey liegt die rekonstruierte Ruine der mittelalterlichenProbstei Roden, an der leider nun ein Gewerbegebiet an-grenzt. Angestrebt wird südlich davon im Weserbogen dieAufhebung der dort bestehenden gewerblichen Nutzung,um auf dem befreiten Standort der mittelalterlichen CivitasCorvey einen archäologischen Park einrichten zu können.

Hoch über der Weser lagen im Mittelalter die Bruns-burg, die Wildburg, die Hasselburg und die Burg Herstel-le dort, wo Karl der Große im Winter 797/798 Weihnach-ten und Ostern feierte. Die späteren Burgen wurden naham Fluss gebaut.

In der Flusstallandschaft mit ihren markanten steilen Tal-hängen (z.T. Klippen) finden sich zahlreiche historischeLandnutzungsformen (Halbtrockenrasen, Niederwald undHudewaldrelikte) sowie wichtige Zeugnisse der Wasserbau-geschichte (Flussregulierung und -ausbau / Edertalsperre wg.Sommerwasserführung) und der Transportgeschichte (Trei-delpfad, Holzflößerei, alte Hafenstandorte z.B. in Beverungen).

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Boden-denkmälern: Stadtkern und Stadtlandwehr Höxter, Klosterund Civitas Cor-vey, Brunsburg,Wildburg, Hassel-burg, Burg Her-stelle und BurgBeverungen.

KonstituierendeMerkmale ausdem Bestand anBaudenkmälern:Städte Höxter undBeverungen, Klös-ter Corvey undHerstelle, Tonen-burg.

Kloster CorveyFoto: LWL/H. Gerbaulet

Tom Roden bei HöxterFoto: LWL/J.S. Kühlborn

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mittelalterliche Wüstung PapenbergFoto: LWL/H. Berke

Desenberg bei Warburg-DaseburgFoto: LWL/J.S. Kühlborn

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hend frei von gliedernden Landschaftselementen. Dieackerbaulichen Nutzung dominiert, Grünland kommt nur anSonderstandorten, wie z.B. auf Niedermoor im KörbeckerBruch, vor. Die ländliche Siedlungsstruktur aus geschlosse-nen Haufendörfern und einzelnen großen Gütern hat sichbis heute weitgehend ungestört erhalten. Der 343 m hoheVulkankegel des Desenberges mit der Burgruine und denHalbtrockenrasen auf den Bergflanken ist ein weithin sicht-bares Wahrzeichen (Landmarke), der das muldenförmigeBecken der Warburger Börde um über 140 m überragt.

Der Raum um die weithin sichtbare Burg(ruine) auf demVulkankegel wird seit Jahrhunderten entscheidend von derBewirtschaftung durch adelige Güter geprägt.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Burgruine Desenberg, Herrensitze Klingen-burg, Rotenburg, Übelngönne, Güter Bühne, Klingenbur-ger Hof, Rothehaus, Winterhof.

KLB 10.01 Unterer Niederrhein bei Emmerich

Die naturräumlichen Voraussetzungen ermöglichten be-reits sehr früh die Besiedlung und Nutzung der fruchtbarenNiederungen sowie der Kanten entlang der Niederterrasse.Vor- und frühgeschichtliche Siedlungen wurden bevorzugthochwasserfrei auf Erhöhungen angelegt, z.B. in Emme-rich-Praest (Blousward). Durch lang andauernde Besiedlungin mehreren Epochen entstanden hier künstliche Aufhöhun-gen, sog. Wurten oder Warfen. Als Nutzungsareale sind be-vorzugt die Auen anzusehen, auf denen intensive Viehwirt-schaft betrieben werden konnte. Darüber hinaus anzuneh-mende landwirtschaftliche Anbauflächen für Getreide, Hül-senfrüchte u.a. waren in mehr oder weniger hochwasser-freien Lagen gelegen, auf denen sich teilweise fruchtbare

Böden finden. Die Gräberfelder legte man abseits der Sied-lungen auf den weniger fruchtbaren Höhen an, wie z.B. imUmfeld von Emmerich. Die moderne Siedlungstätigkeit hatdieses Gebiet nur partiell verändert, so dass die metallzeitli-che Siedlungsstruktur Gewässer-Siedlungskammer-Gräber-feld großräumig noch erkennbar und erlebbar ist.

Größere Teile dieses Raumes sind seit dem 7. Jh. durchAuenwaldrodungen kultiviert worden, wie Griethausen,Kellen, Schmithausen und Warbeyen. Die Kultivierungenund Einzelhöfe befanden sich auf den höheren Uferwällen,auf denen Ackerbau gut möglich war. In den Mulden undAuen wurde der Auenwald durch die Beweidung allmäh-lich in Grünland umgewandelt. Die Einzelhöfe entstandenauf Wurten. Die Sommerdeiche wurden im 11. Jh. um dieRheininsel errichtet.

Das hochmittelalterliche Wissel war Sitz eines Stiftes mitStiftskirche. Im 9. Jh. wurde der heute noch erhalteneRingdeich angelegt, innerhalb dessen kleine Höfe mit klei-nen Acker- und Gartenparzellen errichtet worden sind. DieWisseler Dünen auf einer sog. Donk waren das alte All-mendegebiet, das nie kultiviert wurde. In Wissel gab es im18. und 19. Jh. einen überregional wichtigen Tabakanbau.Im südlichen Bereich ist das Dorf vor allem nach 1950durch die Kiesabgrabungen, eine Feriensiedlung und flä-chige Neubaugebiete verändert worden. Die historischeSiedlungsstruktur ist im Ortsbild innerhalb des Ringdei-ches noch gut erkennbar und erlebbar.

Das ehemalige Bruchgebiet Hetter wurde im Spätmittelal-ter nach holländisch-utrechtischem Muster entwässert undkultiviert. Für die Entwässerung wurde ein geradliniges Gra-bensystem auch als Parzellengrenze angelegt. Der Grundfür die heute noch sehr dünne Besiedlung mit Einzelhöfenwar, dass größere Teile des kultivierten Landes den benach-barten Altsiedlungen auf dem Uferwall zugeschlagen wur-den. Prägend sind die vielen Entwässerungsgräben zwi-

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Warburger Börde, Blick vom DesenbergFoto: LWL/M. Weber

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Kirche Hochelten auf der Endmoräne bei EmmerichFoto: LVR/W. Wegener

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schen den streifenförmigen Parzellen und entlang beiderStraßenseiten, die die Hettersche Landwehr und den Netter-denschen Kanal entwässern. Die Landwehr markierte seitdem Anfang des 15. Jahrhunderts die Grenze zwischen denHerzogtümern Geldern und Kleve. Entlang der Entwässe-rungsgräben befinden sich charakteristische Kopfbaum-und Heckenreihen. Seit 1730 dominierte kontinuierlich dieGrünlandnutzung. Dünne Besiedlung, die dominante Grün-landnutzung mit vereinzelten Baum- und Heckenreihen ver-leihen diesem Raum einen sehr offenen Charakter.

Der Kulturlandschaftsbereich wird im Westen von derweit sichtbaren Endmoräne Eltener Berg dominiert. GrafWichmann wandelte 967 die Höhenburg in ein freiadligesDamenstift um. Die weitsichtbare Stiftskirche auf der Kup-pe wurde um 970 errichtet. Dieser Bereich ist fast identischmit dem ehemaligen reichsunmittelbaren Territorium desReichsstifts. In unmittelbarer Umgebung des Stiftes ent-stand die Siedlung Hochelten, von der aus eine Allee nachNiederelten geführt hat. Niederelten war um 1150 eine be-deutende Handelssiedlung an der wichtigen Handelsstra-ße Köln-Amsterdam (B 8). Die mittelalterliche Struktur weistden dominierenden bewaldeten Eltener Berg und denmassiven Kirchturm auf und ist noch sehr gut nachvoll-ziehbar. Sie lässt die niederrheintypische Strukturen Al-leen, Baum- und Heckenreihen als Landschaftsensembleerleben. Das Siedlungsbild wird von Hoch- und Niederel-

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

ten sowie Einzelbebauung geprägt und ist für Nordrhein-Westfalen eine Singularität von großer territorialgeschichtli-cher Bedeutung. Die Endmoräne war mit Laubwald be-deckt. Die nordwestliche Sanderfläche hatte durch dasVorkommen und Verhüttung von Eisen eine gewerblicheBedeutung. Nördlich von Niederelten gibt es noch feinpar-zellierte anthropogene Plaggenesche. Die Heideflächenwurden im Laufe des 19. Jh. mit Kiefern aufgeforstet.

Die ehemalige Stadt Grieth wurde im 13. Jh. gegründetund der Ort Griethausen erhielt im 14. Jh. Stadtrechte.

Die seit 1560 entstandene Rheininsel Salmorth wuchs imLaufe des 17. Jahrhunderts mit der Landzunge und der1586 errichteten Feste Schenkenschanz allmählich zusam-men. Seine heutige Form erhielt diese Insel erst nach1850. Die heutige Bebauung datiert aus dem 19. Jh. undist mit einem Wall gegen das Rheinhochwasser geschützt.Die Höfe des seit dem späten 17. Jh. besiedelten Sal-morth, auf hochwassersicheren Wurten, befinden sich imÜberschwemmungsbereich des Rheins.

Das mittelalterlich/neuzeitliche Landschaftsbild wirdgeprägt von locker gestreuten Einzelhöfen auf Wurten,Kirchdörfern, Wasserburgen, Windmühlen bzw. Mühlens-tümpfe mit der zugehörigen Vegetation inmitten derdurch den Ackerbau geprägten Uferwälle sowie die vor-wiegend als Grünland genutzte und nicht besiedeltenMulden und ehemalige Stromrinnen und Auen derAltrheinläufe mit Hecken, Kopfbäumen- und Baum- undStrauchreihen bzw. -gruppen. Die dynamischen Rhein-laufveränderungen bis ca. 1820 und Deichabschnittesind sehr deutlich erkennbar und erlebbar. Es handeltsich um eine typische niederrheinische Auenlandschaftmit Panoramen und Fernsichten, wie z.B. in Richtung derAltstadt von Kleve und Hochelten und ist für Nordrhein-Westfalen von charakteristischer Eigenart.

Durch die Rheinstromverlagerungen bis 1820 wurde ei-nerseits besiedeltes Land zerstört und andererseits neuesLand gebildet, das wiederum besiedelt wurde. Durch die-se Stromverlagerungen entstand ein ausgeprägtes Mikro-relief mit Uferwällen, Prall- und Gleithängen und Mulden.

Im Ersten und Zweiten Weltkrieg wurden in diesem Be-reich Befestigungsanlagen mit Wällen und Schützengrä-ben errichtet. Die nachfolgende niederländische Verwal-tungsperiode von 1949-1962 ist heute noch in der Bausub-stanz und am Straßenbelag sehr deutlich erkennbar.

KLB 10.02 Die Düffel – Kranenburg

Die Düffel durchfließt eine der bedeutenden Flussland-schaften Nordrhein-Westfalens, die sich vom KleverAltrhein im Osten über die Waal im Norden und Westen(NL) bis zum Kranenburger Bruch im Süden erstreckt undihre wesentliche Landschaftsmerkmale in den letzten 600Jahren weitgehend bewahren konnte.

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Frühmittelalterlicher Wohnhügel (Wurt)im Hochwasserbereich bei Kleve-GriethausennFoto: LVR/W. Wegener

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Funde römischer und frühmittelalterlicher Keramik bele-gen, dass es sich um ein Altsiedelland handelt. Die Sied-lungen konzentrieren sich bis heute im Gebiet westlich deshochwasserfreien Landrückens, der sich von Rindern bisBimmen entlang des Abschlussdeiches zieht, auf alten,mehrfach erhöhten Wurten.

Der Kulturlandschaftsbereich ist geprägt durch die ge-zielte Landgewinnung in den Bruch- und Altrheingebieten,die Wasserregulierung über die Weteringen und die zahl-reichen Altdeiche. Von den Kultivierungen der bewaldetenDüffelniederungen und des Kranenburger Bruchs seit 1200zeugt ein dichtes Grabensystem, das mit einem blockflur-ähnlichen Gefüge verbunden ist. Auch die Flur- und Na-mensbezeichnungen (z.B. „Hohe Wurd“ oder „Wurtschen-hof“) weisen auf den frühen Landesausbau hin.

Trotz der dynamischen Landschaftsentwicklung nach1945 hat sich das Siedlungsgefüge mit Kirchdörfern, Bau-erschaften und künstlich erhöhten Einzelgehöften ver-gleichsweise gut erhalten. In den Dörfern wurden die histo-rischen Grundrisse weitgehend bewahrt. Die verschiede-nen Überformungsphasen der Landschaft sind mit ihremunterschiedlichen Siedlungs-, Wege und Flurgefüge nochsehr gut nachvollziehbar. Die Leitgräben und Gräben zwi-schen den Parzellen, die begleitenden Hecken- undBaumreihen und die mittelalterliche Ackerlandnutzung inden höheren Teilen sowie die frühneuzeitlich tradierteGrünlandnutzung in den Niederungen sind gut erlebbar.

Insbesondere das Kranenburger Bruch bildet physio-gnomisch mit der historischen Stadt und mittelalterlichenWallfahrtsort Kranenburg ein kulturlandschaftliches En-semble mit gutem Erhaltungszustand.

KLB 10.03 Kleve-Rindern

Rindern ist wahrscheinlich mit dem antiken Harenatium, Are-natium bzw. Arenacum gleichzusetzen. Der Ort wird erstmalsvom römischen Historiker Tacitus für das Jahr 70 n. Chr. alsMilitärort bezeugt. Bislang konnten noch keine Reste des rö-mischen Hilfstruppenlagers an einem damals aktiven Rhein-arm nachgewiesen werden, der Hafen ist jedoch bekannt. ImBereich der Kirche finden sich Relikte sowohl einer römi-schen als auch einheimischen Besiedlung des 1. bis 3. Jahr-hunderts sowie eines fränkischen Gräberfeldes des 7./8.Jahrhunderts. 720 übertrug Graf Ebroin seine dortige Eigen-kirche an Willibrord, Bischof von Utrecht, der den Ort alsAusgangspunkt seiner friesischen Missionstätigkeit nutzte.

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

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Kleve-RindernFoto: MBV/A. Thünker

Kranenburger BruchFoto: LVR/K.H. Flinspach

Drususdeich bei Kleve-RindernFoto: MBV/A. Thünker

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

KLB 10.04 Bedburg-Hau – Qualburg

Das heutige Dorf Qualburg ist wahrscheinlich mit dem an-tiken Quadriburgium gleichzusetzen. Laut der Berichterstat-tung des römischen Historikers Ammianus Marcellinus lagQuadriburgium am Niederrhein zwischen Castra Herculis (Arn-hem-Meinerswijk) und Tricensima (Xanten) und war eine vonsieben Ortschaften eher zivilen Charakters am Rhein, dieder damalige Cäsar Julian 359 von den Franken zurücker-oberte und instand setzen ließ. Allgemein wird Quadriburgi-um mit dem Kirchhügel von Qualburg unweit dem linkenRheinufer und der Rheinuferstraße zwischen Nijmegen undXanten identifiziert. Meist kleinflächige Notuntersuchungenauf dem 4 m hohen Kirchhügel erbrachten viele Funde so-wie die Lokalisierung von mindestens zwei Gräben; Innen-strukturen bleiben jedoch noch unbekannt. Hiernach fandsich hier eine römische Siedlung von zumindest ca. 75 biszum 2. Jahrhundert. Es folgte eine militärische Präsenz, im3. Jh. erfolgte ein Umbau. Reste der Anlage aus dem 4. Jh.waren noch um 1600 erkennbar, wie der Klever HofchronistGerd van de Scheuren berichtet. Die jüngste römische Kera-mik datiert bis in den Beginn des 5. Jahrhunderts.

Fränkische Funde datieren erst ab dem späten 6. Jh. undstammen eher von einem kleinen Ortsfriedhof eines nahegelegenen Weilers. Ein verstärktes Fundaufkommen findeterst ab dem 11. Jh. statt, wie einige Grabsteine verdeutli-chen. Der Name Qualburch wird in einer Schenkungsurkun-de erstmals 1143 erwähnt. Allerdings trug die Kirche das frü-he Patrozinium des St. Martin von Tours, was auf eine ältereGründung hindeutet. Später gehörte sie der Klosterkirche inBedburg an. Seit 1343 besaß Qualburg eigene Schöffen,sein Oberhof lag in Kleve. Das spätmittelalterliche Dorf be-stand aus mehreren Höfen mit verstreuten Parzellen.

KLB 10.05 Issel – Dingdener Heide

Der Kulturlandschaftsbereich liegt rechtsrheinisch zwi-schen Wesel und Isselburg und ist gekennzeichnet durchdie alt- und mittelholozäne Auenlandschaft des Rheins imWesten und eine für den Niederrhein typischen Donken-landschaft mit Senken und leichten Erhöhungen (Donken)im Osten. Bei den alt- und mittelholozänen Ablagerungendes Rheins handelt es sich um die letzten erhaltenen Res-te einer steinzeitlichen Kulturlandschaft. Die Senken sindeher siedlungsfeindliche Feuchtgebiete (z.B. WertherBruch), in denen Niedermoore gute Erhaltungsbedingun-gen für Artefakte aus organischen Materialien aller Art so-wie für Pflanzenreste bieten, die eine Rekonstruktion derUmwelt in der Vergangenheit ermöglichen. Die hochwas-serfreien Donken wurden dagegen von den Menschen seitder Vorgeschichte bevorzugt besiedelt.

Die naturräumlichen Voraussetzungen ermöglichten die in-tensive metallzeitliche Besiedlung und Nutzung der fruchtba-

ren Niederungen, in den Rheinaltarmen sowie der Kantenentlang der Niederterrasse. Siedlungen werden bevorzugthochwasserfrei auf Erhöhungen angelegt, wie den Donken.Weitere metallzeitliche Siedlungsplätze finden sich entlangden Kanten der Niederungen, wie bei Wesel, Rees-Haldern,Rees-Haffen-Mehr usw. Durch lang andauernde Besiedlungin mehreren Epochen entstand hier eine künstliche Aufhö-hung, so dass dieser Platz als Wurt oder Warf anzusprechenist. Dies kann man auch für andere, bislang noch nicht er-kannte Plätze voraussetzen. Die Gräberfelder legte man ab-seits der Siedlungen auf den weniger fruchtbaren Höhen an,wie z.B. bei Wesel-Diersfordt, im Umfeld von Rees u.a.

Es zeigt sich eine nahezu vollständig besiedelte und ge-nutzte Landschaft, in der insbesondere die Abhängigkeitder Menschen von der Landschaft und den naturräumli-chen Bedingungen noch gut abzulesen ist. Die moderneSiedlungstätigkeit hat dieses Gebiet nur partiell verändert,so dass die metallzeitliche Siedlungs- und Landschafts-struktur (Gewässer – Siedlungskammer – Gräberfeld) groß-räumig noch erkennbar und erlebbar ist.

Die Sander und Dünen weisen z.T. ein erhebliches Plag-geneschvorkommen auf, das im Mittelalter bzw. in der frü-hen Neuzeit entstand. Die archäologischen Fundstellensind dadurch großflächig gut konserviert im Boden erhal-ten. Dazu waren die Waldgebiete entlang der deutsch-nie-derländischen Grenze militärisch (Sperrgebiete) genutztund unterlagen in den Jahrzehnten nach dem Zweiten

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

landesbedeutsam

Schloss Diersfordt bei WeselFoto: LVR

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Weltkrieg keinen größeren Veränderungen durch Auswei-sung von Baugebieten. Sie sind heute partiell durch diegeplante Verlagerung von Kies- und Sandgruben in dasHinterland bedroht. Dieses exemplarisch ausgewählte Ge-biet ist daher für den Niederrhein von überregionaler Be-deutung, weil sich hier verschiedene Kulturlandschaftenmit guten Erhaltungsbedingungen und einem reichenFundaufkommen finden.

Mit der Ausbildung der Grafschaft und dem späterenHerzogtum Kleve entwickelte sich auch das Deichschau-system in der Mitte des 14. Jahrhunderts. Erste Deicheentstanden um die Siedlungen auf den hochwasserfreienUferwällen bereits vor 1300. Hinzu kamen Quer- und Som-merdeiche. Die Errichtung der Deiche erfolgte zumeist ent-lang der Rheinstromrinne und der Altrheinarme. Bis in das20. Jh. wurde trotz mehrfacher Erhöhung und Erneuerungdie alte Linie weitgehend beibehalten. Die beiden Rheinin-seln Grietherbusch und Grietherort sind aufgrund derRheinlaufveränderungen entstanden.

Der Kulturlandschaftsbereich ist somit in seiner Strukturdatierbar und repräsentativ für die Wechselwirkung vonRheinstromverlagerungen und menschlichen Anpassungen.

Mit dem Landesausbau der Klever Grafen erfolgte die An-lage von Landwehren. Im Bereich Millingen waren es vor al-lem die vorgeschichtlichen Altrheinarme und Senken, diezur Anlage der Landwehrgräben genutzt wurden (MillingerLandwehr, Hurler Landwehr). Nach Osten zu, im Gebiet derGemeinde Hamminkeln, verläuft die Klevische Landwehr inmehreren, teilweise kilometerlangen Abschnitten. Sie sindZeugnis eines Siedlungsanspruches gegen den Hintergrundherrschaftlicher Territorialansprüche des späten Mittelalters.

Nordwestlich von Hamminkeln erstreckt sich entlang derIssel das Werther Bruch, eines der größeren im 14.Jh. er-schlossenen Feuchtgebiete. Bis heute hat sich das Sied-lungsbild mit der Reihensiedlung, den Streifenfluren undEntwässerungsgräben erhalten. Ebenfalls in den Kontextdes Landesausbaues und der Bruchkolonisation gehörenBurg und Siedlung Ringenberg mit dem umgebendenBruchgebiet. Rees ist die erste mittelalterliche Stadtgrün-dung am unteren Niederrhein.

Die Dingdener Heide ist eine alte Kulturlandschaft, diedurch Jahrhunderte lange, traditionelle bäuerliche Land-nutzung entstanden ist. In dem Projekt ‚Dingdener Heide -Geschichte einer Kulturlandschaft’ wird gezeigt, wie dieLandschaft sich unter dem Einfluss des Menschen entwi-ckelt und verändert hat. Materielle Zeugnisse der Land-schaftsgeschichte sind Eschäcker, Heidereste, Landweh-ren und Hofwüstungen. Die wichtigsten Zeitabschnitte derletzten 650 Jahre Landschaftsgeschichte sollen rekonstru-iert werden, so als wäre die Zeit vor 50, 200 oder 600 Jah-ren stehen geblieben. Bei einem Rundgang kann man er-leben, wie die Landschaft zu den verschiedenen Zeitpunk-ten ausgesehen hat. Die Dingdener Heide ist als Beispiel-raum für die Kulturlandschaftsnutzung über verschiedeneZeitschichten zu erhalten und weiterzuentwickeln.

KLB 10.06 Xanten

Die Siedlungskammer Xanten stellt einen landesweitbedeutsamen Kulturlandschaftsbereich dar, der einenüber mehrere Jahrtausende währenden Besiedlungspro-zess am unteren Niederrhein repräsentiert. Xanten ist dieeinzige unbebaute römische Kolonie nördlich der Alpen,das größte heute unbebaute römische Legionslager welt-weit und damit die größte Konzentration von unberührterrömischer Substanz in Nordrhein-Westfalen. Es ist einBeispiel für Synkretismus und Assimilation zwischen Ein-heimischen und Römischen an der römischen Reichs-grenze. Einzigartig in Deutschland ist die römischeStadtwüstung und die an der gleichen Stelle entstande-ne mittelalterlich Stadt.

Bereits aus der Jungsteinzeit sind Siedlungsspuren,Töpfereiprodukte und Steinwerkzeuge aus Xanten undden umliegenden Orten (z.B. Alpen) bekannt.

Während bronzezeitliche Siedlungen komplett fehlen,sind eisenzeitliche Siedlungsspuren aus der Colonia UlpiaTraiana, aus Alpen-Veen und Kalkar nachgewiesen. Häufi-ger kommen Gräber mit Geräten, Werkzeugen, Waffenund Schmuck als Beigaben vor. Hierbei handelt es sichfast ausnahmslos um Feuerbestattungen. Viele Gräber la-gen ursprünglich unter Erdhügeln, die später jedoch wahr-scheinlich im Vorfeld der römischen Siedlungsaktivitäteneinplaniert wurden. Weitere eisenzeitliche Bestattungensind aus dem Bereich unterhalb des Xantener Doms undaus Xanten-Marienbaum bekannt.

Im Jahre 12 v. Chr. waren römische Truppen unter Dru-sus bis in den Xantener Raum vorgerückt. Auf einer heuteFürstenberg genannten, rund 50 m über der Ebene gelege-nen Endmoräne aus der vorletzten Eiszeit errichteten sie

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

landesbedeutsam

Ruine der Burg Mörmter aus dem 11. Jahrhundert bei XantenFoto: LVR/M. Thuns

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

ein Militärlager, das Legionslager Vetera Castra (12 v. Chr. bis69/79 n. Chr.). Das Lager wurde im Jahre 70 n. Chr. im Zugedes Bataveraufstandes zerstört. Eine neue Militäranlage ent-stand anschließend nicht auf dem Fürstenberg, sondern aufeinem in östlicher Richtung gelegenen Gebiet in der Nähedes Rheins (Legionslager Vetera Castra II). Um 100 n. Chr.wurde einige Kilometer nordwestlich von Vetera II die ColoniaUlpia Traiana (CUT) gegründet. Das Siedlungsareal lag auf ei-nem erhöhten Landrücken. Es wurde im Nordosten durcheinen Rheinarm des zu jener Zeit verzweigten Flusssystemsbegrenzt. Im Westen befand sich eine sumpfige Bruchland-schaft, ein Überbleibsel des späteiszeitlichen Rheins. DieStadt hatte sich in ihrer Blütezeit in der ersten Hälfte des 2.Jahrhunderts als überregionaler Handelsplatz etabliert. Um45 n. Chr. wurde der Rheinhafen mit hölzernen Kaianlagenausgebaut. In seiner Umgebung konnten zahlreiche Hand-werksbetriebe sowie eine Legionsziegelei nachgewiesenwerden. Für die Errichtung der Gebäude der CUT transpor-tierte man Kalk- und Sandstein, Grauwacke und Schiefersowie Tuff, Basalt und Trachyt per Schiff über Mosel undRhein vom Liedberg südöstlich von Neuss, aus dem Sie-bengebirge und der Eifel heran. Für die öffentlichen Verwal-tungsgebäude und Heiligtümer wurde sogar Marmor ausNorditalien, Griechenland und Nordafrika importiert. Es ent-stand eine 73 ha große, befestigte Planstadt mit einemrechtwinkligen Straßensystem und insgesamt 40 Wohn-und Gewerbevierteln. Diese sog. Insulae waren im Südwest-teil der Stadt mit 120 x 120 m gleich groß, passten sich je-doch im Nordosten dem Flussbett mit dem Hafen an. Ne-ben der Wohnbebauung gab es Handwerksbetriebe, zahl-reiche Tempel, ein großes Bad, eine Herberge sowie einAmphitheater mit rund 10.000 Sitzplätzen. Kurz nach derGründung der CUT begann man mit der Erbauung derStadtmauer. Die ersten Abschnitte der 3,4 km langen Befes-tigung entstanden im Nordosten. An den Landseiten gab esgroße Torbauten; an der Rheinseite sind einige kleinere To-re archäologisch nachgewiesen. Der Hafenkai wurde in den30er Jahren des 2. Jahrhunderts ausgebessert sowie er-höht. Einige Jahre später erbaute man eine 30 m lange Lan-dungsbrücke, die im rechten Winkel vom Kai her in das Ha-fenbecken hineinragte. Nachdem der Rheinarm immermehr verlandete und schließlich nicht mehr schiffbar war,wurde der Hafen um das Jahr 175 schließlich aufgegeben.Nach der Zerstörung der CUT durch die Franken im Jahre276 wurde wenig später auf ihrem ehemaligen Kerngebieteine verkleinerte Stadtanlage errichtet. Ihre Fläche umfasstenur noch 16 ha und sie war durch eine mächtige Mauer mit48 Türmen sowie zwei vorgelagerten Gräben befestigt. Eshandelt sich hier um die sog. Tricensimae, deren Name sichvon der schon seit ca. 120 in Vetera II stationierten 30. Legi-on ableitet. Sie bewohnte die kleine Befestigung, der sie ih-ren Namen gab, fortan zusammen mit der zivilen Restbevöl-kerung. Im Jahre 352 im Zuge eines Aufstandes zerstört,wurde die Stadt um 359/60 wieder aufgebaut. Im 5. Jh. en-dete die römische Herrschaft am Niederrhein und sie wurdeendgültig aufgegeben.

Es gab ein gut ausgebautes Fernstraßennetz. So führtedie sog. Limesstraße von Süden nach Norden mitten durchdas heutige Xanten. Die römischen Friedhöfe wurden einem

alten Gesetz zufolge außerhalb der Ansiedlungen und Städ-te entlang der Ausfallstraßen angelegt. Durch den Fundmehrerer großer Lastschiffe vor den Toren der Stadt ist dieBedeutung des Rheins als Wasserstraße für die Binnen-schifffahrt am Unteren Niederrhein nachgewiesen. Die Was-serversorgung der römischen Militärlager und Ortschaftenwar durch massiv gebaute, über lange Entfernungen ver-legte Leitungen gewährleistet.

Im Frühmittelalter existierte im Bereich des späteren Xan-tener Domes ein fränkisches Gräberfeld, was nur durch einein der Nähe existierende fränkische Siedlung erklärbar ist.

Die heutige Stadt Xanten (ab 1228) ist in ihrer Entwicklungengstens mit dem bis in die Karolingerzeit zurückreichendenKanonikerstift verbunden. Trotz schwerster Zerstörungen imZweiten Weltkrieg präsentiert sich die Stadt (älteste mittelalter-liche Stadtgründung am linken Niederrhein als Fortführung einerSiedlung am werdenden Stift seit mindestens dem 6. Jh.) mitmarkanter Silhouette, insbesondere von Osten und Nordos-ten über das freie Gelände der ehemaligen Wall- und Gra-benzone hinweg. Der sich im Stadtbild deutlich abzeichnen-de ehemalige Immunitätsbereich vermittelt mit Kirche, Stifts-bauten und dem Kranz der Kanonikerhäuser in seltener An-schaulichkeit den Baubestand eines mittelalterlichen Kanoni-kerstiftes. Wegen der architektonischen Ausprägung und derkostbaren Ausstattung muss die gotische Stiftskirche (Dom)zu den kulturhistorisch hervorragenden Sakralbauten desRheinlandes gerechnet werden. Während der bürgerlicheWohnbau bis auf einzelne, aber aussagekräftige spätgoti-sche und barocke Häuser vernichtet wurde, ist das mittelal-terliche Straßennetz und der an der Längenausdehnung desStiftbereiches orientierte und daher großzügig bemesseneMarktplatz erhalten geblieben. Dies gilt auch für den von Res-ten der Stadtmauer umsäumten Stadtgrundriss. Seine längs-rechteckige Form ist das Ergebnis einer Siedlungskonzentra-tion infolge einer 1389 durchgeführten fortifikatorischen Maß-name, von deren weiterer Entwicklung insbesondere die ein-drucksvolle Doppeltoranlage des Klever Tores zeugt.

Altrheinarm am römischem Lager Vetera I bei Xanten Foto: LVR/J. Obladen-Kauder

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KLB 10.07 Festung Wesel

Die mittelalterliche Hansestadt Wesel, gelegen an derMündung der Lippe in den Rhein, beherrschte den Handelam mittleren und unteren Niederrhein. Die wirtschaftlicheBedeutung der Stadt verdeutlicht der große Marktplatz vorder Kirche St. Willibrordi, dem markantesten Bauwerk We-sels aus spätmittelalterlicher Zeit.

In der frühen Neuzeit zur stärksten Festung am Nieder-rhein ausgebaut, wurde in napoleonischer Zeit auch daslinksrheinische Ufer mit Fort Napoleon, später Fort Blü-cher, in die Verteidigungsanlagen einbezogen. Die erhalte-nen bzw. teilrestaurierten Anlagen der Festung – Zitadelle,Berliner Tor, Park am Heubergbad, Eisenbahnfort 1, FortBlücher, Fort Fusternberg – spiegeln noch heute die Mäch-tigkeit und Struktur der Festungswerke sowie die Einflüsseauf die städtische Entwicklung von Wesel wider und sindin dieser geschlossenen Form einmalig für das Rheinland.

Eine weitere Besonderheit und zugleich ein herausra-gendes Bodendenkmal ist die für das Rheinland einmaligeStadtwüstung Büderich, die dem Fort Napoleon weichenmusste. Die zwischen 1822 und 1825 an anderer Stelleneu errichtete Stadt Büderich ist die früheste klassizistischgeprägte Planstadt am Niederrhein.

Zwei Brückenbauten sind besonders landschaftsprä-gend. Zum einen dominieren die Reste der Vorlandbrücke,der ehemals längsten Rheinbrücke aus den 1870er Jah-ren, mit ihren Bögen das Bild. Zum anderen stellt heutedie 1952 in Dreieck-Fachwerkstahlkonstruktion errichteteStraßenbrücke über den Rhein ein bedeutendes Zeugnisder Technik- und Verkehrsgeschichte dar.

KLB 11.01 Residenz Kleve – Der Reichswald

In Kleve liegen dicht beieinander die ehemalige Resi-denz der Grafen/Herzöge von Kleve, die Schwanenburgals nördlichste Höhenburg am Rhein, die ehemalige Stifts-kirche, der Tiergarten und Parkanlagen, durchzogen voneinem Schneisen- und Alleensystem, der Prinz-Moritz-Ka-nal, Kurgebäude, Badeanlagen und Wandelhallen; Villen-viertel leiten in die offene Landschaft über.

Auf Initiative des aus den Niederlanden stammendenStatthalters Johann Moritz von Nassau wurde von ca. 1650bis ca. 1700 von niederländischen Baumeistern eine zu-sammenhängende Residenz- und Kunstlandschaft um Kle-ve unter Miteinbeziehung der naturräumlichen Beschaffen-heit mit Aue und Endmoräne gestaltet. Mit der Anlage vonParks, Gärten, Brunnen, Tempeln, Sternbergen und aufKirchen- und Burgtürmen hin orientierten Sichtachsen wur-

de eine herausragende landschaftliche und künstlerischeGesamtkomposition geschaffen. Hiermit wurde Kleve diedritte Residenzstadt von Preußen und fungierte als Vorbildfür Berlin. Die Residenz wurde bis ca. 1790 ständig erwei-tert und erneuert. Im späten 19. und frühen 20. Jh. wurdendiese Anlagen nach ihrer Instandsetzung als Kurpark der

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Archäologische Untersuchung der Festung Wesel Foto: U. Ocklenburg

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

landesbedeutsam

Kleve, Amphitheater und Großer Kanal in den Parkanlagenvon Joh. Moritz von Nassau-Siegen

Foto: LVR/W. Wegener

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kurstadt Kleve genutzt. Seit 1988 steht der nordwestlicheTeil der Residenzanlagen als Denkmalbereich unter Schutzund ist wieder restauriert worden.

Sichtachsen führen vom Amphitheater und vom Stern-berg in die Umgebung zu Blickpunkten am Horizont: nachElten, Emmerich, Rees, Schloss Moyland, Kalkar und nachVenroy und Nijmegen in den Niederlanden. Die Bezügebilden sowohl den optischen Wirkungsraum von Kleve alsauch inhaltliche Verbindungen ab. Im historischen Ort vonElten steht auf dem Eltenberg die romanische Stiftskirche,

in Niedereltensind Ortsgrundrissund Pfarrkirchedie wichtigenZeugnisse derOrtsgeschichte,die Allee verbindetden Ort mit demEltenberg, dieWindmühle er-gänzt das Ensem-ble. Rees liegt mitrheinseitiger Sil-houette rechts-rheinisch unmittel-

bar am Rheinufer; nach Zerstörung im Zweiten Weltkriegplanmäßiger Wiederaufbau über mittelalterlichem Grund-

riss, klassizistische Pfarrkirche. Im Ausstrahlungsbereichvon Kleve liegt im Südosten der Kulturlandschaftsbereichum Kalkar, Altkalkar und Hanselaer; charakteristischeraumwirksame Merkmale sind der mittelalterliche befestig-te Stadtkern von Kalkar, die historische Dorfstruktur vonHanselaer, die Kirchen mit den hoch aufragenden Türmenals Landmarken. Die heutige B 57 wurde im frühen 19.Jh. als Chaussee gebaut und ist heute noch nachvoll-ziehbar auf die Kirche von Kalkar und die Schwanenburgin Kleve hin orientiert.

Im Raum Altkalkar kommt eine nahezu 1.650 Jahre altehistorische Besiedlung an der Kalkarer Endmoräne hin-zu. Kurz nach der Zeitenwende gründeten die Römer einca. 15 ha großes Militärlager auf dem Monreberg. Vonca. 50 n. Chr. bis ins 5. Jh. fand sich ein Lager für 500 Ka-valleristen auf der Niederterrasse neben einem Hafen aneinem Altrheinarm namens Burginatium. Neben einer breit-flächigen Zivilsiedlung, Gräberfeldern und Fernstraßen istauch ein bis ins 5. Jh. genutzter Tempelbezirk auf dem Kal-karer Berg bekannt, in dem die germanische Gottheit Vag-davercustis verehrt wurde. Die Siedlungskammer Monre-berg/ Kalkarer Berg/Alt-Kalkar wurde auch später intensivgenutzt, als die Stammburg der Klever Grafen zwischen1011-1648 bewohnt blieb.

Kleve wurde seit dem späten 19. Jh. zum Eisenbahnkno-tenpunkt am Unteren Niederrhein ausgebaut. Hier kreuz-ten sich die Eisenbahnen von Rheinhausen/Duisburg, vonKrefeld, von Nijmegen und von Arnhem/Elten. BesondereBedeutung hatte die Strecke nach Arnhem: Diese führteals Damm zunächst nach Spyck, wobei ein Rhein-Altarmauf einer Gitterbrücke gequert wird, eines der herausra-genden eisenbahnhistorischen Denkmäler am Nieder-rhein. Es folgte ein Schiffs-Trajekt sowie die Fortsetzungauf einem Damm nach Elten. Von Elten führte die Streckeparallel zur Strecke der Köln-Mindener-Eisenbahn nachArnhem. Linksrheinisch ist die Trasse und die Gitterbückeüber den Altrhein noch gut erhalten, auf der rechten Rhein-seite ist der Bahndamm immer noch markant.

Vom Reichswald im Norden über die Anhöhen im Hinter-land von Bedburg-Hau und Kalkar bis hin zum StaatsforstXanten ist auf den Flächen der saaleeiszeitlichen Endmorä-nen vor allem eine urgeschichtliche Besiedlung nachgewie-sen, darunter eine starke Präsenz der Metallzeiten durchGräber bzw. Gräberfelder. Als Ausschnitt aus diesem Sied-lungsraum kommt dem Reichswald als ausgedehntemWaldgebiet für den Schutz der hier erhaltenen Bodendenk-mäler eine herausgehobene Stellung zu, da dort Bauaktivi-täten so gut wie nicht vorkommen. Allerdings ist hier dieSensibilisierung der forstwirtschaftlichen Behörden gebo-ten. Auf den Ackerflächen ist zum Schutze der Bodendenk-mäler darauf hin zu wirken, dass sich die Bearbeitung inZukunft vom Tiefpflug hin zum sog. Schlitzen entwickelt.

Im Mittelalter waren die als Ketelwald bezeichneten Flä-chen Bestandteil des bäuerlichen Agrarsystems. In derNeuzeit wurde Holzköhlerei und Lohgerberei betrieben,sowie Wacholder genutzt. Relikte sind u.a. ehemalige Mei-

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Kleve, Sichtachse vom alten Tiergarten auf den Eltenberg,preußisches EhrenmalFoto: LVR/W. Wegener

Der Reichswald bei Kleve,eisenzeitlicher Grabhügel Foto: LVR/M. Thuns

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lerplätze. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Wald stark zer-stört und nach 1945 nur teilweise wieder aufgeforstet undFlächen für das „Rheinische Heim“ erschlossen und diezwei Siedlungen Reichswalde und Nierswalde errichtet

Insgesamt ist der Kulturlandschaftsbereich, der alsraumwirksames Gefüge optisch durch Blickachsen, Blick-bezüge und in der Silhouettenwirkung erlebt wird, für denNiederrhein und für das gesamte Rheinland von hoher his-torischer Dichte und landesweit bedeutender Aussage.

KLB 11.02 Pfälzersiedlungen Pfalzdorf, Louisendorf und Neulouisendorf

Die Pfälzerkolonien Pfalzdorf und Louisendorf wurdenim späten 18. und frühen 19. Jh. von Auswanderern ausder Pfalz angelegt. Es entstanden nach einem detaillier-ten Siedlungsplan flächenhafte dörflich-landwirtschaftli-che Siedlungsstrukturen mit rasterförmigem Wegesys-tem, großen Hofstellen und mit verteilten öffentlichenBauten (Gaststätten, Versammlungshäusern sowie land-schaftsmarkierenden evangelischen und katholischen Kir-chen). Die Kolonie Neulouisendorf wurde einige Jahrespäter ebenfalls nach einem systematischen Plan ange-legt. Als flächenwirksame, planmäßige Anlagen am Nie-derrhein sind die Siedlungen von besonderer histori-scher Bedeutung, von städtebaulichem Wert, überzeu-gender Anschaulichkeit mit Fernwirkung und von einzig-artigem Zeugniswert.

KLB 11.03 Uedem – Uedemerbruch – Uedemerfeld

Das Uedemer Feld nimmt den südöstlichen Teil der pleis-tozänen Sander der hochwasserfreien Mittelterrasse ein, diesich 23 km lang vom Reichswald im Westen über die Go-cher Heide bis Uedem im Osten erstreckt. Die Böden umUedem bieten gute Ertragsmöglichkeiten für den Ackerbau.

Bei Buchholt zieht sich durch den Kalbecker Wald auf ei-ne Länge von 2 km beiderseits des alten Reutersweges einausgedehntes Grabhügelfeld, das aus mehr als 1.000 Hü-geln besteht. Wenige Hügel entstammen dem Neolithkum,die große Mehrzahl reicht von der späteren Bronzezeit bis indie frühere Jungeisenzeit (Niederrheinische Grabhügelkultur),also in etwa zwischen 2.000 bis 400 v. Chr. Diese fandensich einst an der gut sichtbaren Geländestufe der damalswaldlosen Flugsanddünen. Weitere Fundstellen dieses Zeit-raumes finden sich am Paulsberg, im Bereich des Goch-fortzberges sowie im Norden angrenzenden Totenhügeln.

Für die Römerzeit ist das Gräberfeld von Keppeln mit 92germano-römischen Gräbern wichtig, denn es stellt den ein-zigen bislang entdeckten Friedhof mit wesergermanischenFunden am linken Niederrhein dar. Es waren meist einheimi-sche Brandgräber mit ärmlichem Inhalt an vorwiegend römi-schem Inventar und datieren von ca. 70 bis in den Anfangdes 3. Jahrhunderts. Hinzu kommen lediglich zwei römi-schen Fundstellen am Paulsberg und am Klutenberg.

Bis zur Ersterwähnung des Ortes Odeheimero für dasJahr 866 gibt es nur zwei fränkische Fundstellen, in Kep-peln und am Südrand von Uedem.

Der Kulturlandschaftsbereich ist strukturiert mit abwech-selnden, durch Entwässerungsgräben begrenzten Land-nutzungsformen aus Grünland, Ackerland und Waldstrei-fen sowie gereihten tradierten Einzelhöfen aus Backsteinam Rande der Sanderfläche und im ehemaligen Bruch mitgekammertem Charakter. Bemerkenswert ist die datierbaregeschlossene Raumstruktur aus dem 13. Jh. mit einer ent-sprechenden Raumwirksamkeit bis heute.

Östlich von Uedem entstand die Waldhufensiedlung Uede-merfeld, die 1236 erstmals erwähnt wurde. Es handelt sichum eine Siedlung mit locker gereihten Einzelhöfen ohne ei-nen deutlich ausgeprägten Ortskern am Rande der Sander-fläche und des ehemaligen Bruchs. Die Bruchkultivierung Ue-demerbruch entstand als systematisch angelegte Kolonisati-onssiedlung 1295 mit Streifenparzellierung (Hufen) nach hol-ländischem Beispiel, die ständiger Entwässerung bedurfte.

In dem östlich anschließenden Hochwald finden sichzahlreiche vorgeschichtliche Grabhügel. Einige der Gräberdatieren in die Ältere Eisenzeit. Der Wald selbst gehört zuden aus frühmittelalterlichem Königsgut hervorgegangenenbzw. erhaltenen Staatsforsten. Er wird auch heute noch ander Westseite in großen Bereichen von einem mächtigenWall und Graben umsäumt.

KLB 12.01 Niers und Kendel

Eine West-Ost Verkehrsverbindung zwischen den Flüs-sen Maas und Rhein kann am unteren Niederrhein durchdie Lage von Gräbern erschlossen werden. Unweit derMündung der Niers in die Maas dürfte ein Naturpfad aufdem nördlichen Niersufer – die heutigen Gemeindegebiete

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

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Haus Kolk bei UedemFoto: MBV/A. Thünker

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Kranenburg, Goch und Weeze passierend – Richtung Süd-westen verlaufen sein, der dann in nördlicher Richtung ab-bog und im heutigen Gemeindegebiet Kalkar die Niederter-rassenfläche des Rheins erreichte. Hier ist ein etwa 1 kmbreiter Korridor beiderseits des Naturweges erkennbar, indem die vorgeschichtliche Besiedlungs- und Verkehrsinfra-struktur mit Handels- und Stapelplätzen, wie ein bereits er-grabener Platz bei Weeze-Baal zeigt, sowie Siedlungen,Bachquerungen und weitere Gräber anzunehmen sind.

Bereits für die Altsteinzeit sind Einzelfunde aus demRaum Kessel bekannt. An der Nordgrenze erstrecken sichentlang dem Dünenrücken mehrere Grabhügelfelder, dievom Neolithikum bis in die Eisenzeit hinein datieren. In ei-nem ausgegrabenen Hügel bei Asperden konnten 26 Grä-ber (2.500 bis 1.700 v. Chr.) festgestellt werden. Sie bildeteinen Teil einer langen Aufreihung von Grabhügeln undSiedlungen, die sich am Nordufer der Niers entlang ziehtund auf eine alte Fernstraße zwischen Rhein und Maashindeutet. Auch von der Ebene sind vereinzelte eisenzeitli-che Gräber bekannt, z.B. östlich von Kessel. Für das 2.und 3. Jh. sind einige römischen Siedlungsstellen in derEbene nachgewiesen worden, z.B. in Hamm, Viller, Nerge-na und Kessel. Das signifikanteste Bodendenkmal an derNiers stellt das spätrömische Kleinkastell (Burgus) von As-perden dar, das zwischen ca. 365 und 405 n. Chr. oberhalbder Ebene die Verkehrsverbindungen zur Straße und zumWasser kontrollierte. Angeschlossen war auch eine Glas-herstellung, eine von nur zwei spätantiken Glasbetrieben,die bislang in Deutschland bekannt geworden sind. Fränki-sche Funde sind aus Asperden, Hülm und vorwiegend ausKessel bekannt. Kessel soll im Jahre 980 der Schauplatzfür die Geburt des späteren Kaisers Otto III. gewesen sein,als die Kaiserin Theophanu zu ihrer Lieblingspfalz inNijmegen unterwegs war.

Im Hochmittelalter (9. bis 12. Jh.) entstanden am Randeder Niederterrasse der mäandrierenden Kendel die nochheute die Siedlungsstruktur prägenden Weiler Hülm, Bo-eckelt und Oberhelsum mit den dazwischen liegenden Ein-zelgehöften. Der Hülmer Deich stellt eine hochmittelalterli-che Siedlungsachse mit Persistenz bis heute dar. Ackerbauprägte traditionell die deutlich erkennbare Niederterrasseund Grünland die Kendelaue mit Resten von Auenwäldernund -gehölzen. Gaesdonk wurde als Augustiner Chorher-renkloster 1406 gegründet, 1802 säkularisiert und ist seit1849 die Internatschule Collegium Augustinianum.

Das gesamte Siedlungsgefüge mit den traditionellenLandnutzungsformen der Aue und Niederterrasse ist mit li-nearen Baum- und Heckenreihen sowie kleinen Auenwäl-dern von charakteristischer Eigenart. Die deutliche Hofrei-hung am Rand der Niederterrasse zur Kendel hin ist in die-ser Prägnanz ein charakteristisches Merkmal einer ge-wachsenen Kulturlandschaft. Reste der mittelalterlichenBurganlagen Driesberg und Nergena, die historische Ort-schaft und Reste des ehemaligen Zisterzienserinnenklos-ters Graefenthal, die Aspermühle und der Industriekom-plex Viller sind weitere bedeutende Elemente des Niers-Kendel-Gebietes. Als typischer niederrheinischer Land-

schaftsausschnitt mit hohem historischem, kunsthistori-schem und siedlungsgeschichtlichem Wert ist er von über-regionaler Bedeutung.

KLB 12.02 Mittlere Niers

Der das Nierstal begleitende Naturpfad vorgeschichtli-cher Nutzung stellt sich als ein etwa 1 km breiter Korridordar, in dem die vor- und frühgeschichtliche Besiedlungund Verkehrsinfrastruktur, inkl. Handels- und Stapelplätzesowie Werkplätze und Gräber erhalten sind.

Entlang der Mittleren Niers ist eine Konzentration vonEinzelfundstellen römischer Besiedlung und von Gräbernbelegt. Im nördlichen Dreieck zwischen Geldern, Straelenund Nieukerk finden sich mindestens 16 römische Sied-lungen, die v.a. über Gräberfelder bekannt sind. Die wich-tigste dieser Siedlungen ist Pont, die vermutlich mit demrömischen Mediolanum einer Straßenstation bzw. Dorf aufder Fernstraße von Xanten über Venlo nach Maastrichtgleichzusetzen ist.

Die schwer zugänglichen Auen waren geeignete Stand-orte für spätmittelalterliche Wasserburgen und befestigteHäuser, deren Gräben mit Nierswasser gespeist wurden.Der Bereich war damals Grenzraum zwischen dem Her-

zogtum Geldern und dem Kurfürstentum Köln. Charakte-ristisch für die Auenbereiche der Niers und der Nebenflüs-se ist die Vielzahl von mittelalterlichen Motten und Herren-sitzen des 15. bis 19. Jahrhunderts mit Wassergräben undlandschaftsprägender Gestaltung wie z.B. herrschaftlicheZufahrten, hofnahen Wäldchen und Kleingärten: Haus Ca-en mit einem Park von Maximilian Friedrich von Weyhe von1810, Haus Eyll, Haus Diesdonck, Haus Ingenray, HausVlaßrath, Haus Holtheyde, Haus Ingenraed, Haus Langen-feld, Burg Uda, Schloss Neersen.

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Haus Eyll in der Niersaue bei StraelenFoto: LVR/E. Knieps

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Ein bemerkenswertes Objekt ist die im DreißigjährigenKrieg errichtete Nopper Schanze. Sie diente als Flucht-und Schutzeinrichtungen für benachbarte Dorfbewohner inKriegszeiten. Wenige Schanzen sind überliefert und des-wegen hat die Nopper Schanze Seltenheitswert für Nord-rhein-Westfalen.

Die leicht erhöhten Donken oberhalb der niederrheini-schen Flüsse boten den Menschen beste Bedingungen fürWeide-, Acker- und Waldwirtschaft neben den verbinden-den Wasserwegen. Die in den Nassböden erhaltenen or-ganischen Materialien liefern zusätzliche Daten über dieUmwelt der jeweiligen Zeit.

Die Niers war für das spätmittelalterliche Mühlengewer-be wichtig. Die Mühlen sind im 20. Jh. aufgrund der Me-chanisierung umgebaut worden und haben damit ihreFunktion verloren. Sie werden als Bauernhöfe, Wohnhäu-ser oder als Gastronomiebetriebe genutzt.

Daneben wurden die verschiedenen Bruchgebiete wieNiersbruch, Vlaßrather Bruch, Großes Bruch, Housten-bruch und Harzbecker Bruch kolonisiert. Die Bruchkoloni-sation und Meliorationen sind bis in das 20. Jh. kontinuier-lich bis zu der Niersbegradigung der Jahre 1935-1941 wei-tergeführt worden. Reste der ursprünglichen Auenwalda-reale wurden teilweise um 1900 durch Entwässerungs-und Kultivierungsmaßnahmen entfernt. Im Zuge dieser bisheute prägenden Entwässerung und der Niersregulierungwurden die charakteristischen Pappelreihen angepflanzt.Die Niersniederung besteht seit der Begradigung vor allem

aus feuchtem Grünland und kleineren Laubwaldflächen.Weiterhin sind viele Grünelemente wie Wäldchen, Kopf-bäume und -reihen anthropogener Herkunft vorhanden.

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

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Die Ortskerne von Straelen, Geldern und Wachtendonksind mittelalterlichen Ursprungs mit erhaltenen Ortsstruk-turen; Straelen und Wachtendonk weisen zusätzlich einedichte historischer Bausubstanz auf. Die strategische Lageder ehemaligen Stadt Wachtendonk zwischen Niers undNette ist noch sehr deutlich erlebbar.

KLB 12.03 Schaephuysener Höhen

Am Westrand der Aldekerker Lehmplatte hat eine eiszeit-liche Gletscherzunge die Schotter zusammen geschobenund auf 60 bis 80 m ü. NN zu den Schaephuysener Höhenaufgestaucht. Siedlungsgeschichtlich wurden solche Hö-henrücken in Flachlandbereichen als Standorte für Wehr-befestigungen und Windmühlen genutzt. Auffällig ist eineSiedlungsreihung entlang des Höhenrückens und der dortverlaufenden Straße.

Die seit dem Mittelalter verschiedenartig genutzten We-ge vertieften sich in den Hangbereichen zu Hohlwegen,die überwiegend West-Ost orientiert sind. Auf der haupt-sächlich als Ackerland genutzten Höhe befindet sich alsRestwald noch ein schmaler Laubwaldstreifen.

Der östliche Teil des Kulturlandschaftsbereiches ist kom-plexer gegliedert. Der Adelssitz Haus Littard, Gut Leyen-burg und das Wasserschloss Bloemerheim von 1406 sindgezielt in der Aue errichtet. Entlang der Gewässer befin-den sich zahlreiche Torfkuhlen als Relikte der ehemaligenTorfgewinnung des 18. Jahrhunderts. Die Höfe liegen aufder Niederterrassenkante. In der Aue befindet sich Wald,der besonders im nördlichen Teil noch einen relativ hohenLaubbaumanteil hat.

Kulturlandschaftlich ist der Bereich sehr gut erlebbar mitder Wechselbeziehung zwischen der naturräumlichen Aus-stattung, dem darauf bezogenen Siedlungsmuster und ei-ner Vielzahl kulturlandschaftsgeschichtlicher Einzelele-mente wie Hohlwegabschnitte und Torfkuhlen von beson-derer landschaftlicher Eigenart in ihrer für den Niederrheintypischen Ausprägung. Die Landschaftsstruktur ist sehrvielfältig und bietet Sichtbezüge in einer abwechslungs-reich gekammerten Landschaft mit Höhenzug, Niederter-rasse und Aue. In der Landschaftssilhouette hat der Hö-henzug eine große landschaftsästhetische Bedeutung, ins-besondere durch die verschiedenen Einzelerhöhungen,die früher auch Windmühlenstandorte waren.

KLB 13.01 Fossa Eugeniana

Zu den historisch bedeutenden künstlichen Wasserstra-ßen im Rheinland gehört die Fossa Eugeniana im südlichenKreisgebiet von Kleve und westlichen Kreisgebiet von We-sel. Auch wenn sie nie vollendet wurde, bilden die erhalte-nen Teilstücke und Schanzen dieses ca. 40 km langen Ka-nals eines der größte Denkmäler am unteren Niederrhein.

Haus Vlaßrath bei StraelenFoto: LVR/E. Knieps

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Mit der nach ihr benannten Fossa Eugeniana unternahmdie Generalstatthalterin der spanischen Niederlande, Erz-herzogin Isabella Clara Eugenia seit 1626 den Versuch, ei-ne schiffbare Verbindung vom Rhein bei Rheinberg zurMaas bei Venlo und weiter über die Demer zur Scheldeherzustellen. Der Bau des Kanals bildete einer der politi-schen Maßnahmen um die Generalstaaten der Niederlan-

de durch wirtschaftliche Sanktionen zu besiegen, was mili-tärisch gescheitert war. Durch den Kanalbau sollte derwichtige niederländische Rheinhandel abgeschnitten undzum Vorteil durch spanisch-niederlänisches Gebiet umge-leitet werden. Weiterhin sollte die Fossa Eugeniana als ei-ne zusätzliche Verteidigungslinie dienen. Nach Festlegungder endgültigen Trasse bildeten die befestigten StädteRheinberg und Venlo die Kanalendpunkte. In der Mitte desKanalverlaufes bot vor allen Dingen die starke FestungGeldern sicheren Schutz. Auf halbem Wege zwischen die-sen drei Städten lag jeweils eine große Erdschanze mitvier Bastionen. Außerdem befanden sich zwischen denfesten Punkten noch in regelmäßigen Abständen insge-samt 22 weitere kleinere Erdschanzen mit Halbbastionen.Bis auf die eine Hälfte der Doppelschanze an der nieder-ländischen Grenze bei Lingsfort lagen alle Forts auf derFeind abwärts gelegenen, südlichen Seite des Kanals. Austechnischen und politischen Gründen wurden die Arbeitenbald nach 1633 eingestellt. Nur die Strecke von Rheinbergbis Kamp blieb kurze Zeit für kleine Boote befahrbar.

KLB 14.01 Haltern – Lippe – Haard

Haltern mit dem Lippetal und dem südlich anschließen-den Waldgebiet der Haard leitet von der Kulturlandschaft„Westmünsterland“ in das „Ruhrgebiet“ über. Die Eigenartdes Halterner Bereiches ergibt sich aus folgenden Aspek-

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Fossa Eugeniana, restaurierte Schleuse bei RheinbergFoto: MBV/A. Thünker

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Fossa Eugeniana, Kanaltrasse in der Sevelener Heide bei IssumFoto: LVR/W. Wegener

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ten: In der römischen Zeit um Christi Geburt war die Lippeein strategisch wichtiger Wasserweg vom Rhein nach Ger-manien. Die Römer legten in Haltern zeitlich versetzt meh-rere Militäranlagen unterschiedlicher Funktion an. Für denFall eines römischen Sieges wäre Haltern Hauptstadt derProvinz Germanien geworden. Heute besteht in Halternam See das LWL-Römermuseum Haltern.

Im frühen bis späten Mittelalter war Haltern bereits einverstärkter Siedlungspunkt und die Struktur des heutigeninnerstädtischen Siedlungsbildes und der Besiedlung desRaumes wurde darin vorweggenommen.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Historischer Stadtkern Haltern, Wallfahrtsstät-te Annaberg mit Kirche, Kirche in Marl-Hamm und karolin-gische Befestigung mit Kirche in Bossendorf, ehemaligesStift Flaesheim.

Der Halterner Stausee als Wasser- und Rohstoffreservoirist gleichzeitig eine bedeutende Erholungslandschaft.

Die anthropogenen Biotope der Westruper Heide sindZeugnisse historischer Wirtschaftsformen. Die Heide istnicht nur von großem naturschutzfachlichen Wert, sondernsie stellt auch eine in hohem Maße erlebbare kulturhistori-sche Besonderheit dar.

Die Eigenart des Bereiches der Haard und des Lippetalsergibt sich aus folgenden Aspekten:Die Grenze zwischen dem landwirtschaftlich geprägtenMünsterland und dem Ruhrgebiet ist auf Höhe des Lippe-tals besonders deutlich erlebbar. Die Anlagen des Berg-baus und der chemischen Industrie auf dem Gebiet derStadt Marl sind ab hier weithin sichtbar und stellen eine ArtTor zum Ruhrgebiet dar. Der Fluss und der Wesel-Datteln-Kanal bilden eine markante Trennlinie.

Zu den charakterisierenden Denkmälern des Bereichsgehört der Schacht „An der Haard“ (Schacht 6 der ZecheAuguste Victoria / Blumenthal).

Die angrenzende Haard bildet die größte zusammen-hängende Waldfläche im Norden des BallungsraumesRuhrgebiet. Sie hat eine lange Tradition als Holzreservoirund auch als Bergbaugebiet. Charakteristisch im Land-schaftsbild sind Eichen-Birken- oder Kiefernwälder aufsehr trockenen Standorten, die sich nicht für die landwirt-schaftliche Nutzung eignen. Dies gilt besonders in denTrockentälern sowie auf fossilen Dünenfeldern, denen zu-dem ein großer naturgeschichtlicher Wert zukommt. Diedrei Feuerwachtürme an exponierten Stellen der Haard bil-den neuzeitliche Landmarken.

Eine Vielzahl von kulturhistorisch und archäologischwertvollen Strukturen sind als Zeugnisse vergangener Nut-zungen im gesamten Waldbereich in zum Teil beachtlicherGröße erhalten. Beispielsweise sind durch die Holzabfuhreine Reihe von Hohlwegen im Gelände entstanden. AlteAbgrabungen bzw. Pingen, ehemalige Gemarkungsgren-zen und weitere Spuren früher Besiedlung sind charakte-ristische Landschaftsspuren.

Insgesamt bildet die Haard ein einzigartiges archäologi-sches Reservat mit besonders gut erhaltenen neolithi-schen und bronzezeitlichen Grabhügeln, die in großer Zahlals obertägige Bodendenkmäler bekannt sind. Entspre-chend gute Erhaltungsbedingungen sind auch für die un-tertägigen, vor allem steinzeitliche Fundstellen vorauszu-setzen, von denen heute wohl erst ein geringer Prozent-satz bekannt ist.

Die archäologischen Kulturgüter und Quellen sollen alsGrundlage für ihre Erforschung bewahrt werden. Die Wald-landschaft soll gepflegt und weiterentwickelt werden. EineKulturlandschaftserlebniskonzeption soll entwickelt wer-den, die auf die historischen Landschaftselemente undden Übergang zwischen zwei Kulturlandschaften abhebt.

Von hohem bodendenkmalpflegerischen Wert ist das Bo-dendenkmälerensemble aus Lagerbereichen, Gräberfeld undStraße zwischen Annaberg und Ostlager, dazu die Grabhü-gellandschaft Haard und die karolingische curtis Bossendorf.

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Westruper HeideFoto: LWL/M. Höhn

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KLB 14.02 Hebewerk Henrichenburg, Wesel-Datteln-Kanal

Mit dem Bau von drei Kanalleitungen als Massengut-verkehrswege und der Ansiedlung zugehöriger Anlagender Schwerindustrie wurde die Landschaft industriell um-geprägt. Das Alte Schiffshebe-werk Henrichenburg in Wal-trop ist Standort desLWL-Industriemuseums.

Ein wichtiges Bodendenk-mal ist die Landesburg Re-chede (12. Jh.).

Konstituierende Merkmaleaus dem Bestand an Baudenk-mälern: Dortmund-Ems-Kanal(ab 1892-1899); Schiffshebe-werk Henrichenburg mit unte-rem Vorhafen (1894-1899),Oberbauwartgebäude, Be-dienstetenwohnhäusern, Bin-nen-/Kanalschiffermenage, Evangelische Notkirche nebstPfarrhaus (1894-1905), Schachtschleuse Oberwiese (1909-1914), Neues Schiffshebewerk Henrichenburg (1962) sowieNeue Sparschleuse Henrichenburg (1989); Rhein-Herne-Ka-nal (1905-1913); Wesel-Datteln-Kanal (1913 fertig gestellt) mitHafen „Dattelner Meer“ (darin Minensuchboot 1940, Sandbag-ger 1930er Jahre), Alte Fahrt Datteln (1892-1899), Kanalunter-führung Klauke (1892-1899), Schleusenwärterdienstwohnge-bäude, Steverübergang Olfen (1913), Neue Fahrt Datteln,Sperrtor im südlichen Eingangsbereich des Dortmund-Ems-Kanal; Datteln-Hamm-Kanal (1910-1914); Industrieanlagenund -gebäude der Firma Ruhrzink; Zeche Emscher-Lippe mitBergarbeitersiedlungen Meistersiedlung (1908) und Beisen-kampsiedlung (1907-1912).

KLB 14.03 Agrarlandschaft alte Rieselfelder

Die vergangene Nutzung des Gebietes als RieselfelderDortmunds hat zu einer offenen, überwiegend baum- undstraucharmen Agrarlandschaft geführt. Die Erhaltung desgroßen, weitgehend unbesiedelten Bereiches zwischenden Wasserläufen der Lippe und dem Datteln-Hamm- bzw.Dortmund-Emskanal erklärt sich überwiegend durch diefrühere Kloakennutzung. Das Landschaftsbild wirkt ge-kammert. Die ehemaligen wallartigen Einfassungen derFelder sind heute vielfach von Gehölzen bewachsen undgleichen damit Wallhecken. Überkommene Nebengebäu-de zum Beispiel an den Schleusen sind heute Zeitzeugen

der vergangenen Nutzung. Vereinzelt markieren schöneSolitärbäume als Überhälter besondere Stellen der altenRieselfelder wie etwa Überläufe oder Wegekreuzungen.

Die ehemaligen Rieselfelder befinden sich auf der grund-wasserbeeinflussten Lippe-Niederterrasse. Neben dem offe-nen Landschaftscharakter sind auch Eichen-Feldgehölzemit teilweise sehr alten Bäumen prägend. Stellenweise sindwertvolle Feuchtbiotope entstanden, die durch Bergsenkun-gen begünstigt wurden. Die angrenzende Lippeaue selbstist ein bedeutendes Naturschutzgebiet und FFH-Gebiet.

KLB 14.04 Römerlandschaft Bergkamen

Im Bereich des Mündungsgebiets der Seseke in die Lippeliegt zwischen Lünen und Bergkamen (Keis Unna) ein umChristi Geburt intensiv genutztes Siedlungsareal von erhebli-cher Bedeutung für die westfälische Geschichte. Zum einenfindet sich hier das ca. 56 ha große Legionslager von Berg-kamen-Oberaden, das im Rahmen der augusteischen Okku-

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Waltrop Foto: LWL/M. Höhn

Schiffshebewerk HenrichenburgFoto: LWL/M. Philipps

Alte Rieselfelder Foto: LWL/M. Höhn

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pationsversuche Germaniens eine wichtige Rolle spielte.Weiterhin liegt am Steilufer der Lippe das römische Kastellvon Beckinghausen (200 m x 100 m groß), das den Schutzder Lippe gewährleistete, die für die Okkupationsbestrebun-gen eine strategische Rolle spielte. Und zuletzt sind in die-sem Bereich bei den Grabungen auch Siedlungsreste dereinheimischen Bevölkerung gefunden worden, die hier vor-her lebten. Durch die Grabungen sind bisher nur Ausschnittedieser archäologischen Fundstätten untersucht worden, sodass große Teile noch im Boden verborgen sind.

KLB 14.05 Bergbaufolgelandschaft Beversee – HaldeGroßes Holz

Das Naturschutzgebiet Beversee hat sich seit seiner Ent-stehung als Bergsenkungsgewässer zu einem sehr wert-vollen Feuchtbiotop entwickelt.

Die nahe gelegene Halde Großes Holz entstand als Ber-gehalde der Zechen Monopol und Haus Aden. Sie gilt alsfrühes Beispiel für den Bewusstseinswandel im Umgangmit den Halden des Bergbaus. Mit Hilfe von ingenieurbio-logischen Maßnahmen und landschaftspflegerischen Kon-zepten wurden die Materialdeponien zu Landschaftsbau-werken. Das heißt, die Veränderungen im Landschaftsbildsollten positiv beeinflusst werden. Die Halde hat mittlerwei-le eine erlebbare Funktion für die Naherholung und ist ei-ner der besten Aussichtspunkte der Region.

KLB 14.06 Zeche Ahlen

Die 1913 in Betrieb genommene Zeche zählt mit ihremheutigen Baubestand – u.a. Fördergerüste, Lohnhalle undWaschkaue, Fördermaschinenhäuser und Mannschaftsgang– zu den am umfangreichsten erhaltenen abgeworfenen Ze-chenanlagen Westfalens. Die östlich liegende Abraumhaldeverdeutlicht den Übergang vom Versatz- zum Bruchbau.

Von hohem bodendenkmalpflegerischen Wert ist dieStadtlandwehr Ahlen.

Die weitgehend im historischen Charakter erhalteneWerkssiedlung der Zeche Westfalen (gegründet 1909) wur-de in drei Bauabschnitten in den Jahren 1910 bis 1924 er-baut. In ihrer gartenstadttypischen Siedlungsform ist siemusterhaft. Hinsichtlich der Anwendung und Mischungverschiedener Haustypen weist die Ahlener Siedlung einegrößere Vielfalt auf als die meisten anderen Siedlungender gleichen Epoche.

KLB 14.07 Lippetal und Hammer Parke

Das Lippetal ist im Stadtgebiet von Hamm wie in den an-grenzenden Abschnitten ein hochgradig wertvolles Gebiet

für den Naturschutz. Der Flusslauf mit der gesamten Aue,die weitgehend von Grünland eingenommen wird, ist nachden Bestimmungen der EU-FFH-Richtlinie ein Schutzge-biet von europäischer Bedeutung. Das Gebiet ist als Mittle-re Lippeaue ein landesplanerisch gesichertes Gebiet fürden Schutz der Natur.

In Zuordnung zur Lippe liegen bedeutende denkmalwür-dige Objekte der Stadt Hamm, allen voran das SchlossHeessen mit dem typisch münsterländischen Treppengie-bel sowie das barocke Wasserschloss Oberwerries. AuchHaus Uentrop und Haus Haaren sind strategisch günstigan der Lippe gegründet worden.

Parkanlagen unterschiedlicher Zeitstellung prägen denKulturlandschaftsbereich der Stadt Hamm. Neben demKurpark von Bad Hamm entfaltet das im Rahmen der Lan-desgartenschau 1984 umgestaltete Gelände der ZecheMaximilian eine besondere Raumwirkung. Der vom Künst-ler und Architekt Horst Rellecke geschaffene 35 m hoheGlaselefant ist als neuer Kopf der alten Kohlenwäsche einSymbol für den Strukturwandel. Heute ist der Maximilian-Park mit seinen Spieldünen, Kletternetzen und Wasserplät-zen ein Paradies für Kinder und ein Schwerpunktbereichfür die Freizeitnutzung.

KLB 14.08 Lohberg

Lohberg ist eine Steinkohlenbergbau-Großschachtanla-ge von 1909-1913, die später im Verbund mit (OB-)Oster-feld stand. Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg vondem Architekten Schupp ausgebaut. Das Fördergerüst der1950er Jahre ist das höchste des Ruhrgebiets; die Zechewurde Ende 2005 geschlossen. Zugehörige großflächigeSiedlungen aus den 1907-1920er Jahren sind erhalten.

KLB 14.09 Kloster Kamp – Zeche Friedrich-Heinrich

Dieser Kulturlandschaftsbereich vereint zwei äußerstkonträre Ensembles von großer kulturgeschichtlicher Be-deutung aus den Bereichen der barocken Kloster- undGartenarchitektur auf der einen sowie der Zechenarchitek-tur des 19. Jahrhunderts auf der anderen Seite.

Kloster Kamp ist das älteste Zisterzienserkloster inDeutschland (gegründet 1123) und bildet mit seiner baro-cken Abteikirche und den großen Barockgärten („Sanssou-ci des Niederrheins“) eine international bedeutende Anlagefür Religionsgeschichte und Gartenkunst. Als das Klosterim 18. Jh. seine größte Machtentfaltung besaß, beauftragteAbt Franziskus Daniels einen dem Konvent angehörendenMathematiker und Baumeister mit der Planung der Außen-anlagen. Nach italienischem Muster wurden nach 1740 vierTerrassen in den Südhang des Kamper Berges gebaut, dieüber eine prachtvolle, von Skulpturen geschmückte Treppein der Symmetrieachse zu begehen waren. An den Mauern

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

dieser Terrassenanlage zogen die Mönche Spaliergehölzewie Aprikosen- und Pfirsichbäume. Unterhalb wurde einParterregarten mit Beeten für Gemüse angelegt. WeitereGartenbereiche und ein Fischteich schlossen sich an.Nachdem das Kloster im Jahre 1802 aufgelöst worden war,verfiel der Terrassengarten. Erst in den 1980er Jahren wur-de mit der Wiederherstellung begonnen.

Entstanden seit 1906, durch französische Investitionen,hebt sich die Zeche Friedrich Heinrich aus dem Bestanderhaltener Bergwerke vor dem Ersten Weltkrieg durch einemonumentale Backsteinarchitektur mit prägnanter Außen-wirkung hervor. Es ist ein umfangreicher baulicher Bestandvon der Gründungszeit der Anlage bis 1930 erhalten, de-ren Zentrum die noch betriebene Zeche bildet. In Architek-tur und städtebaulicher Konfiguration ist mit den Zechen-bauten, den Villen der Betriebsdirektoren und Zechenbe-amten an der Hauptallee, der Angestelltensiedlung, denBergarbeiterhäusern sowie Kasino, Kirchen und Konsum-anstalten das ganze Spektrum des Ruhrbergbaus ables-bar, verbunden mit französisch geprägtem Repräsentati-onswillen dargestellt.

KLB 14.10 Moers-Asberg

Um 12 v. Chr. gründete das römische Heer unter seinemOberbefehlsinhaber, dem Prinzen Drusus, ein Militärlageram linken Rheinufer gegenüber der Einmündung der Ruhr.Dieser Ort Asciburgium ist eindeutig mit dem heutigen Mo-ers-Asberg gleichzusetzen, wobei sich spätere Teile der rö-mischen Siedlung im Ortsteil Schwafheim sowie im Duis-burg-Rheinhausen befinden. Bis etwa 84 n. Chr. dientenmindestens fünf Einheiten hier, bevor der Standort wegeneiner Flussverlagerung aufgegeben wurde. Das Lager er-streckte sich oberhalb des Prallhanges des Rheins, andem ein Hafen angelegt wurde, unmittelbar östlich derRheinuferstraße von Neuss nach Xanten. An dieser Straßesowie südlich des Lagers entwickelte sich eine Zivilsied-lung (vicus), die im 2./3. Jh. einem Marktstädtchen geäh-nelt haben muss. Der Ort dürfte zu jener Zeit das wichtigs-te Unterzentrum zwischen Krefeld-Gellep (Gelduba) undXanten gewesen sein. Südlich und nördlich der Siedlungerstreckten sich mindestens 2 km entlang der Straße breit-flächige Gräberfelder mit einst wohl mehreren tausend Be-stattungen. Zum Ende des 4. Jahrhunderts kehrte einekleine militärische Präsenz zurück, als ein stark befestigterWachturm (Burgus) innerhalb des alten Lagers gebaut wur-de. Dieser dürfte bis etwa 420 bemannt worden sein.

Der gesamte militärische Standort Asciburgium mit Kas-tell und Lagerdorf schaffte nicht nur einen plötzlich ent-standenen, neuen Siedlungsschwerpunkt, sondern drück-te ein völlig neues Konzept des Besiedlungsbildes am Nie-derrhein aus. Gegenüber der vorangegangenen jüngerenEisenzeit mit ihren Einzelhöfen und kleinen Weilern ent-stand ein Zentralort mit einer geschätzten Bevölkerung vonüber 1.000 Personen, deren Versorgung auf die Erträgeder lokalen Landwirtschaft angewiesen waren. In Schwaf-

heim sind mehrere Siedlungs- und Grabfunde bekannt, dievermutlich zu drei Weilern gehören. Mindestens ein Weilerwurde bereits ab dem späten 1. Jh. bewohnt.

Für die fränkische Zeit sind nur drei Einzelfunde aus demOrtsteil Schwafheim bekannt. Daraus ist es sicherlich nichtgestattet, eine permanente merowingerzeitliche Besiedlungim Bereich des ehemaligen römischen vicus zu konstruieren.Dass eine gewisse Siedlungskontinuität zu konstatieren wä-re, belegt das Weiterleben des Ortnamens. Beim sog. Kos-mographen von Ravenna aus dem späten 7. Jh. findet mannoch den Eintrag Ascibugio. Die erste Wiedererwähnung inden nachrömischen Quellen datiert um 890 n. Chr. im Hebe-register der Abtei Werden. Seit dem 10. Jh. ist der Ort dannals Astburg, Asburg und Asbur belegt. Eine Tradierung desOrtsnamens setzt normalerweise eine Besiedlung ohne län-gere Unterbrechung voraus. Im 9. Jh. begegnet man die Ers-terwähnung der Ortschaft Schwafheim als Suafhem.

KLB 14.11 Duisburg-Hamborn

Aus dem Kirchspiel Hamborn und dem gleichnamigenOberhof der Herren von Hochstaden-Wickrath entstanddurch Schenkung 1136 eine Prämonstratenser Probstei,die später zum Stift erhoben wurde. 1806 säkularisiert, er-folgte 1959 eine Neugründung.

Heute präsentiert sich Duisburg-Hamborn als industrie-städtischer Kulturlandschaftsbereich mit Hüttenwerk (ab1889/90, Thyssen AG, ältester erhaltener Hochofen mit Gieß-halle von 1928), Wohnviertel, Arbeitersiedlung Dieselstraße(1905-1910), Abteikirche (kath. Pfarrkirche St. Johann Baptist,spätgotische Tuffsteinhalle, romanischer Westturm, Wiederauf-bau 1948-1953), St. Johannes Hospital (1884, mit mehrerenErweiterungen), Stadtwald (1910 eröffnet), Botanischer Gar-ten (1905 eröffnet), Geschäftsviertel mit Marktplatz, Rathaus(Neurenaissancebau 1902-1904, 1922 erweitert), Amtsgericht(1927-1932, bedeutender Bau des Backsteinexpressionismus),Hallenbad (1929, Eröffnung 1938), Schulen, FördergerüstSchacht Thyssen 1/6 (1907), Bahnhof, Straßenbahndepot,Dichtersiedlung (1903-1907 und 1908-1914) mit ev. Kircheund kath. Kirche St. Norbertus, Siedlungen Bergmanns-platz und Felix-Dahn-Straße (1907/09). Es handelt sich umeinen beispielhaften Stadtbereich mit Zuordnung seinerFunktionsbereiche. Die Hochöfen, Kirchtürme und der Rat-hausturm sind Landmarken, die Freiräume erhaltenswert.

KLB 14.12 Meidericher Hütte

Für die Eisenerzeugung der „Stadt Montan“ Duisburgcharakteristisches Hochofenwerk. 1902 von August Thys-sen gegründet, bildet das Werk mit drei erhaltenen Hoch-öfen, zugehörigen Winderhitzern, Erzbunkern, zwei histori-schen Kraftzentralen und zahlreichen weiteren Funktions-bauten den überlebenden Kern eines einst dichten Berg-bau- und Hüttenstandortes.

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Als ein Standort der Internationalen Bauausstellung Em-scher Park wurden hier neue Nutzungen entwickelt.

KLB 14.13 Gute Hoffnungshütte

Ausgangspunkt für die Gute Hoffnungshütte war die1758 gegründete Antonyhütte in Osterfeld. Auf derGrundlage großer Raseneisenerzvorkommen im BereichOsterfeld beantragte Franz Ferdinand von Wenge 1741bei der Kurkölnischen Hofkammer in Bonn einen Mut-schein, der ihm auch bewilligt wurde. Neben dem Rasen-eisenerz von 34 bis 53% Eisengehalt, war es die Holzkoh-le aus den benachbarten Wäldern, die ausreichendenWasserkapazitäten des Elpebaches, die günstigen Ver-bindungen zum Rhein und der Anschluss an zwei großeFernstraßen, die für die Standortwahl ausschlaggebendwaren. Allerdings dauerte es noch bis 1758, bis die ersteaus Ziegelsteinen errichtete Hütte ihren Betrieb aufneh-men konnte. Verschiedene Streitigkeiten u.a. mit demKloster Sterkrade, haben den Baubeginn immer wiederverzögert. Bereits 1752 hatte die Errichtung des Teich-dammes zur Sperrung des Elpebaches begonnen, fürdessen Gründung große Mengen Eichenholz verwendetwurden. Nach Zerstörungen durch starke Regenfälle wur-de 1757 ein neuer Damm von 15-16 Fuß Höhe (ca. 4,30bis 4,60m) errichtet. Die Wasserführung an der Hütte sah

ein weiteres Poch-werk mit unter-schlächtigem Was-serrad und ein Ham-merwerk vor. Am18.10.1758 wurdeder Hochofen zumersten Mal angebla-sen. Nach anfängli-chen Schwierigkei-ten musste 1781 einneuer Hochofen undein neues ober-schlächtiges Was-serrad gebaut wer-den. Erst unter Eber-hard Pfandhöfer kames ab 1799 zu bes-seren wirtschaftli-chen Ergebnissen,so dass 1800 nochein neues Schlackenpochwerk gebaut werden konnte.Mit dem Zusammenschluss von Sankt Antony Hütte, GuteHoffnungshütte (1782) und Hütte Neu-Essen (1791/92) zur„Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Haniel &Huysen“ mit Sitz in Sterkrade begann 1808 ein weitererAufstieg und die Errichtung einer ersten Dampfmaschine.Aufgrund von Absatz- und Rohstoffmangel wurde 1821

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Oberhausen, GasometerFoto: LWL/M. Philipps

OberhausenFoto: LWL/M. Philipps

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

der Betrieb eingestellt und für wenige Jahre eine Papier-fabrik installiert. Aber 1827 konnte der Hochofen wiederangeblasen werden, bevor 1843 der Hüttenbetrieb end-gültig eingestellt wurde. Erhalten blieb der Gießereibe-trieb und man begann, zusätzliche Fabrikationshallen mitSchmieden und Röhrendreherei zu errichten. Um 1870erreichte die Antony-Hütte ihre größte Ausdehnung. Be-reits wenige Jahre später (1877) wurde der Standort amElpebach aufgegeben, da eine Wirtschaftlichkeit wegeneines fehlenden Bahnanschlusses nicht gegeben war.Große Bereiche der Produktionsanlagen wurden abgeris-sen oder in Wohnungen umgewandelt. Bis auf das alteWohnhaus der Hüttenmeister verschwanden auch dieletzten Gebäude nach 1970. Die im Boden erhaltenen Re-likte sind als Zeugnisse der Industriegeschichte des Ruhr-gebietes von besonderer Bedeutung.

KLB 14.14 Duisburg-Ruhrort

Der Kulturlandschaftsbereich umfasst die unweit derRuhrmündung gelegene mittelalterliche Stadt und die Ha-fenanlagen.

Der seit 1905 zu den Duisburg-Ruhrorter Häfen gehören-de Hafenteil ist die Keimzelle des einst größten Binnenha-fens Europas. Der krummstabförmige Werfthafen mit zuge-hörigen Bauten der Hanielschen Werft verweist auf die Be-deutung des Hafens als Umschlagplatz für die seit Anfangdes 19. Jahrhunderts aufstrebende Schwerindustrie desRuhrgebiets. Kohlen- und Stahlinsel sowie Eisenbahnha-fen und die mehrfach verlegte Ruhrmündung zeugen vondieser Entwicklung.

Eine der ältesten Eisenbahnen im Rheinland war aufRuhrort bezogen. Zur Herstellung einer Verbindung vomRuhrgebiet nach Belgien errichtete man 1849 die Streckevon Homberg nach Viersen. Ab 1852 war die Verbindungüber den Rhein mittels eines Schiffstrajektes nach Ruhrortsichergestellt. Der Hebeturm und der Eisenbahnhafen aufder Homberger Seite sowie der Hafen auf der RuhrorterSeite sind noch intakt und touristisch erschlossen. Der Tra-jekt wurde 1874 durch die Rheinhausener Brücke ersetzt.Noch heute ist die Eisenbahnstrecke im Stadtgefüge vonHomberg erkennbar.

KLB 14.15 Oberhausen

Industriestadt im westlichen Ruhrgebiet mit einer Alt-stadt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Östlich der Köln-Mindener Eisenbahn aus den 1920er Jahren auf ehem. In-dustriegelände ein bemerkenswertes städtebauliches En-semble aus Bahnhof, öffentlichen Verwaltungs- undSchulbauten in expressionistischem Stil, Plätzen undParkanlagen („Parkstadt“); jenseits der Bahn die ehem.Zinkhütte Altenberg (Rheinisches Industriemuseum) mit derSiedlung Gustavstraße.

KLB 14.16 Duisburg-Wedau

Bedeutende Sportanlage der Nachkriegszeit mit Fußball-stadion, Sportschule (nach 1955, Tagungsgebäude undWohnheim, Verwaltungsgebäude, Kantine und Küche, mehrereSportplätze an der Rückseite), Regattabahn (um 1955, lang-gestreckter Gebäudetrakt, bestehend aus Tribünen, Sanitärräu-men, Gaststätte, Zielturm, Regattabahn), Sportplätzen, räum-lich zugeordnet Reparaturwerkstätten der Bahn (Rangier-bahnhof Wedau 1890, Werkstätten für Reparatur von Güterwa-gen 1912-1914, Kugelwasserhochbehälter 1910) mit SiedlungWerkstättenstraße (1913/14 Kettenhäuser, symmetrisch ange-ordnet), Siedlung Gartenstadt Wedau (1913/15, 1920/23,1924/27, 1930, Architekten Caspar Maria Grod, Dalhaus, Mo-sebach, Bauherr Beamtenwohnungsverein Duisburg) undSiedlung „Im Schlenk“.

KLB 14.17 Margarethenhöhe in Essen

Die Margarethenhöhe ist ein komplexes Denkmalensem-ble; es besteht aus dem Südwestfriedhof (1925/26, Friedhofmit Ehrenhof und baulichen Anlagen aus Backstein), demHalbachhammer (Fachwerkhaus von 1798 mit altem Hammer-werk aus Weidenau an der Sieg 1417 stammend), dem Hüls-mannhof (ehemaliger Bauer Barkhoff, Fachwerkhaus 1825),der Siedlungen Margarethenhöhe/Lehnsgrund (Gartenstadt1909-1929 nach Plänen von G. Metzendorf im Auftrag der Mar-garethe-Krupp-Stiftung für Wohnungsfürsorge abschnittsweiseerrichtet), der Grugahalle (Mehrzweckhalle in Stahlbetonske-lettkonstruktion, 1955-1958) und dem Gruga-Park (1929, Gro-ße Ruhrländische Gartenbauausstellung, 1938 erheblich erwei-tert, ab 1952 als hügelige Parklandschaft angelegt, mit ver-schiedenen Plastiken; Aussichtsturm 1928/29 von P. Portten, alsRadioturm in den Formen des Neuen Bauens). Aufgrund dererhaltenen naturräumlichen Einbindung und der differen-zierten Nutzungsstrukturen ist der Bereiche von besondererBedeutung. Der Grugaturm ist als Landmarke bedeutsam.

KLB 14.18 Zollverein – Nordstern

Auf dem Stadtgebiet von Essen sticht die komplexe Kul-turlandschaft hervor, bestehend aus Schachtanlagen derGroßzeche Zollverein, Bergehalden, Bahnen, Gräben undKanälen, Arbeitersiedlungen und Infrastruktureinrichtun-gen wie Kirchen, Schulen. Sie hat sich seit 1851 infolgeder Anlage der Köln-Mindener Eisenbahn entwickelt. DieSchachtanlagen 12, 1/2/8 und die Kokerei sind als heraus-ragende Industriebauten in den Formen der Neuen Sach-lichkeit (1930-1950er Jahre) UNESCO-Welterbestätte. Derumgebende Stadtbezirk mit den Orten Stoppenberg,Schonnebeck und Katernberg ist aufgrund der Vielfalt vonhistorischen Elementen und Strukturen ein Bereich von eu-ropäischer Bedeutung und Pufferzone der Welterbestätte.

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

landesbedeutsam

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Die mehrfach überformte Bergbaulandschaft Nordsternam Rhein-Herne Kanal ist ein eindrucksvolles Beispiel füreine revitalisierte Industrielandschaft. Anlass für die jüngs-te Umformung des Gebiets war die Bundesgartenschau1997 in Gelsenkirchen. Mit den Mitteln der Landschaftsar-chitektur wie beispielsweise dem so genannten Halden-durchstich, mit den Brückenschlägen über Emscher undRhein-Herne-Kanal ist es gelungen, ein postindustriellesLandschaftsbild des Ruhrgebiets unter Bewahrung derZeugnisse der Industriegeschichte zu entwickeln.

KLB 14.19 Emscherbruch Gelsenkirchen – Herten

Die überformte Landschaft an der Emscher zeichnet sichdurch eine große Vielfalt und Dichte von Zeugnissen derindustriellen Geschichte, eng verwoben mit dem noch er-kennbaren Niederungscharakter des Emschertals, aus.Die alte Sumpflandschaft wurde durch den Bergbau nach1860 in einen neuen, durch Bergsenkungen abgesacktenSumpf verwandelt. Wie Wildnis wirkende Sekundärbiotope

wechseln sich ab mit überformter Halden- und Deponien-landschaft bzw. historischer Zechenlandschaft. Das Gebietzeigt einen kleinräumigen Wechsel zwischen Elementenunterschiedlicher Funktion und Naturnähe. Waldfriedhofund Ewaldsee sind Beispiele für diesen Wechsel.

Die teilweise bereits begrünte Halde Hoppenbruch ist zu-sammen mit der noch in Schüttung befindlichen Halde Ho-heward Gegenstand einer neuen Landschaftsparkplanung.

Von hohem bodendenkmalpflegerischen Wert ist dieBurganlage Schloss Horst.

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

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KLB 14.20 Emscherbruch Recklinghausen –Zeche Victor

Der Bereich reicht vom Stadtrand Hernes bis an denRand von Dortmund und liegt überwiegend auf dem Stadt-gebiet von Castrop-Rauxel. Der von Wasserburgen beglei-tete Abschnitt der Emscher ist eine im gründerzeitlichenBoom umgestaltete Stadtlandschaft nördlich der Köln-Min-dener-Eisenbahn und wird beherrscht durch die ehemalshier umgehenden Zechen Ickern, Victor, Hansemann, Teu-toburgia, Friedrich der Große und umfasst auch Anlagenaus den Anfängen der Petrochemie.

Im Bereich des Emscherbruchs Recklinghausen befindetsich eine vorgeschichtliche Siedlungskammer mit Schwer-punkten während der Steinzeiten und der römischen Kai-serzeit.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Baudenk-mälern sind das städtebauliche Umfeld von Horsthausensowie die ab 1870 bedeutende Zeche Friedrich der Große.In Recklinghausen sind die Ortsteile König Ludwig und Su-derwich hervorzuheben, aber auch Elemente wie die ehe-malige Zeche König Ludwig 1/2 aus den 1920er Jahren, dieLohnhalle und Verwaltung (1920), die Bergwerksdirektoren-villa, das Berginspektorenhaus, die Bergarbeitersiedlung,die Bergarbeitermietshäuser (1900-1918), die Bergarbeiter-siedlung am Maybachhof (1915-1920), die Bergarbeitersied-lung Cheruskerstraße und die Bergbeamtensiedlung Suder-wich (1920er Jahre), die Bergarbeitersiedlung Alte Kolonie(1901-1905), das Gemeindegasthaus Alte Kolonie (1895-1900), die Bergarbeitersiedlung Im Heidekämpchen (1920erJahre) sowie die Zeche Teutoburgia.

Auf dem Gebiet der Stadt Castrop-Rauxel liegt das be-deutende Schloss Bladenhorst (16. Jh.); das Haus Voerde(1761); die Zeche Ickern (ab 1908), die Bergarbeitersiedlung(1910-1918), ein ehemaliges Zwangsarbeiterlager (1940erJahre); der Ortskern des Stadtteils Ickern, die katholischePfarrkirche (1922/23), die Schule aus den Jahren 1920-1925sowie das Haus Henrichenburg aus dem Jahr 1787.

Ein wichtiges Bodendenkmal ist die ehemalige BurgHenrichenburg. Sie ist heute ein sehenswerter archäologi-scher Park, in dem die Spuren der Vergangenheit wiederablesbar gestaltet wurden.

Der Ortskern des Stadtteils Henrichenburg ist geprägtdurch die katholische Pfarrkirche Alt-St. Lambertus (ab13. Jh.) und St. Lambertus (1889-1891). Bedeutend sindauch die Zeche Victor-Schacht 1/ 2 (1872-1887), die Kohle-hydrierungsanlage aus dem Jahr 1934, die Arbeitersied-lungshäuser der Rütgerskolonie und -siedlung (1898/1922),die Bergarbeitersiedlung Victorstraße (bis 1913); die ZecheVictor-Schacht 3/4 (vor 1898), die Lagerhalle (Kalkammon-salpeterlager) (1950er/1960er Jahre) und die Bergarbeiter-siedlung (ab 1911-1914).

Der ehemalige Zechenstandort Victor III/IV liegt an derLangen Straße im Stadtgebiet von Castrop-Rauxel, Kreis

HertenFoto: LWL/M. Höhn

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Kapitel

7.2

Recklinghausen. In diesem Bereich begann die Abteufungder Schachtanlagen 1893. Der Betrieb währte bis zur Stil-legung im Jahr 1973. Die Bergbaubrache als Sukzessions-bereich ist baumarm und wird vielfach mit einer Steppen-landschaft assoziiert. Sie wurde zu einem Lebensraum sel-tener Pflanzen und Tiere und ist gleichzeitig ein bedeuten-des Zeugnis der Bergbaugeschichte.

KLB 14.21 Haldenlandschaft Schwerin Castrop-Rauxel

Zeugnisse der Bergbaugeschichte prägen den Kultur-landschaftsbereich in Castrop-Rauxel. Der Hammerkopf-turm der ehemaligen Zeche Erin (um 1920) mit dem kelti-schen Baumkreis als landschaftsarchitektonischer Remi-niszenz an den irischen Zechengründer ist weithin be-kannt. Seit über dreißig Jahren sind Kokerei und Bergwer-

ke dieses Bereiches stillgelegt. Die Bergehalde der ehe-maligen Zeche Graf Schwerin ist ein sichtbares Zeichendieser Ära und der höchste Punkt von Castrop-Rauxel.Ein Quellpunkt des Deininghauser Baches liegt hier. DieHaldenlandschaft steht derzeitig für die künstlerische In-szenierung der Bergbauhinterlassenschaften und bildeteine Landmarke. Gleichzeitig hat sich hier durch Sukzes-sion ein Stück Industrienatur entwickelt, dem ein eigenerWert zukommt.

Ein wichtiges Bodendenkmal ist der germanische Kult-und Handelsplatz im Bereich der ehemaligen Zeche Erin.

KLB 14.22 Dortmund-Mengede, Bodelschwingh

Die beiden ehemaligen Freiheiten mit ihren historischenKirchen und Resten vorindustrieller Bebauung, dazuSchloss Bodelschwingh und Park mit ehemals abhängigerBebauung wie den Häusern des Schlossvogts und desSchlossboten sowie Kotten veranschaulichen exempla-risch die Überformung durch die Betriebe der Tiefbauze-chen und Folgebebauung.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Ortskerne Bodelschwingh und Freiheit Men-gede mit Kirchen, Schloss und Park Bodelschwingh undehemals abhängigen Gebäuden; Zeche Westhausen; Ze-che und Siedlung Adolf von Hansemann.

KLB 14.23 Innenstadt Herne und Gysenberg

Die im Zweiten Weltkrieg unzerstörte Innenstadt vonHerne lässt – mit den umgebenden älteren Siedlungsele-menten – besonders deutlich die Großstadtwerdung in derEmscherzone im Gefolge der Industrialisierung erkennen.

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

SchwerinFoto: LWL/M. Höhn 337799

GysenbergFoto: LWL/M. Höhn

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Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Bahnhofstraße mit Wohn- und Geschäftshäu-sern; Umgebende Wohnstraßen; Hauptstrasse in Wanne;Schloss Strünkede in Herne-Mitte; Umfeld um Haus Cran-ge sowie die Hofanlagen des 18. und 19. Jahrhunderts imsüdwestlichen Stadtbereich.

Der Gysenbergpark ist das bedeu-tendste Freizeitgebiet von Herne. DieFreiflächen in der hoch verdichtetenSiedlungslage nahe den Stadtgrenzenzu Bochum und Castrop-Rauxel habeneine wichtige Funktion als Naherho-lungsraum mit einem gepflegten park-artigen Charakter. Dies schließt die ver-bliebenen landwirtschaftlichen Flächen,den alten Gysenberger Buchenwaldund den Volkspark Sodingen ein. Relik-te der vorindustriellen Kulturlandschaftsind z.B. die Ackerstandorte der altenHellwegbörde und die traditionell alsBuchenwälder genutzten Waldflächen.Zeichen der industriellen Phase sindder Kaiser-Wilhelm-Turm im heutigenVolkspark, der als Wasserturm in funk-tionaler Beziehung zur Zeche Mont Ce-nis stand. Auch der Revierpark Gysen-berg steht beispielhaft für die Bemü-hungen um kompensatorische Freizeit-angebote im Industriezeitalter.

KLB 14.24 Bergbaufolgelandschaft Rheinelbe Halde und Park sowie Mechtenberg (Gelsenkirchen-Ückendorf)

Das Haldengelände der ehemaligen Zeche Rheinelbe inGelsenkirchen steht beispielhaft als Zeugnis für das indus-triell geprägte Ruhrgebiet. Hier wurde in der jüngsten Ver-gangenheit Kunst im öffentlichen Raum eingesetzt, um als

Motor der Umweltgestaltung bei der Nachnutzung von Berg-baulandschaften zu wirken. Der Mechtenberg hat als einzigenatürliche Erhebung der Emscherregion für die Menschenschon immer eine besondere Bedeutung. Zahlreiche mysti-sche Geschichten ranken sich um den Berg. Die Erhebungwurde im Jahr 1900 für die Errichtung eines Bismarck-Turmsausgewählt. Bergsenkungen haben die Höhenverhältnisseverändert. Mit wertgebenden Mitteln der Landschaftskunstwird die Landschaftsgeschichte aufgegriffen und erläutert.

KLB 14.25 Zeche Hannover, Industriebrachen und Park Königsgrube (Bochum, Herne)

Unter den Zechenanlagen des Ruhrgebietes ist die Ze-che Hannover auf dem Gebiet der Stadt Bochum aufgrundder Vielzahl der erhaltenen Bauten beginnend mit demErstausbau einer Kruppschen Großzeche seit 1857 einesder herausragenden Zeugnisse der Arbeitswelt des Ruhr-gebiets des Industriezeitalters. Die Zeche Hannover istStandort des LWL-Industriemuseums.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Zeche Hannover (1857/58) auf dem Gebietder Stadt Bochum; Siedlung „Kolonie Hannover I./II.“(1909, Koloniestraße u.a.) auf dem Gebiet der Stadt Herne;Gartenstadt „Dahlhauser Heide“ (1906 ff, Berthastraße u.a.)auf dem Gebiet der Stadt Bochum.

In unmittelbarer Nachbarschaft zur Zeche Hannover inBochum-Hordel lag die Zeche Königsgrube, die ab 1856aufgebaut und 1972 abgerissen wurde. Königsgrube ge-hört zum Stadtteil Röhlinghausen und liegt im Stadtgebietvon Herne. Zur Zechenanlage gehörten drei Schächte undeine Kokerei. Heute ist das alte Zechengelände eine Park-anlage und steht in Beziehung zu der Zechensiedlung Kö-nigsgrube, die als durchgrünte Werkssiedlung auch Wohl-fahrtswirkungen für die Bergleute der Magdeburger Berk-werks AG entfalten sollte. Von kulturlandschaftlicher Be-deutung ist das räumliche Mosaik aus Siedlungsteilen,den Bergbaurelikten und den sich entwickelnden Freiflä-chen wie etwa den Haldenwiesen Königsgrube.

KLB 14.26 Bochumer Verein, Stahlwerk und Westpark (Bochum)

Zu den umfangreicheren Gebieten mit Industriegebäu-den und dazu gehöriger Wohnbebauung zählt dasStammgelände des Stahlwerkes „Bochumer Verein“ (1842-1956, Alleestraße), das heute zu einem Teil als „Westpark“ausgestaltet wird, zu einem anderen Teil als Werk für Ei-senbahnräder in Betrieb ist und mit Wohnbereichen, derSiedlung „Stahlhausen“ (1858 ff) und dem Arbeiterwohn-viertel „Griesenbruch“ (1949/1960, Springerplatz u.a.), in ur-sächlichem Zusammenhang steht. Hier findet sich eine ho-he Dichte denkmalwerter Objekte, darunter das heutigeNRW-Festspielhaus „Jahrhunderthalle“ (1902).

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

RheinelbeFoto: LWL/M. Höhn

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Volkspark Herne-Sodingen,ehemaliger WassertumFoto: LWL/M. Höhn

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Von dem am Hellweg gelegenen Reichsgut kam demsich schon frühzeitig entwickelnden Ort Dortmund diegrößte Bedeutung zu. Die Stadt, deren ummauerter Stadt-kern eine königliche, später erzbischöflich-kölnische Pfalzeinschloss und die Ziel zahlreicher Königsbesuche war,entwickelte sich aufgrund ihrer Wirtschaftskraft zur bedeu-tenden Reichs- und Hansestadt. Sie erwarb im 14. Jh. diemeisten ursprünglichen Reichsrechte sowie die Hälfte desUmlandes von den Grafen von Dortmund. In Westfalenhatte Dortmund insofern eine Sonderstellung, als die Stadtein eigenes, ihr seit 1504 rechtlich zugehöriges Gebiet, dieGrafschaft Dortmund, verwaltete. Nach der für die Stadtsiegreichen großen Fehde von 1388 blieb sie von märki-schen und kölnischen Herrschaftsansprüchen frei. Im äu-ßersten Nordwesten des reichsstädtischen Territoriumsfand im 13.-17. Jh. eine archäologisch nachgewiesene, aufeiner Ausbeutung qualitativ minderwertiger Tone beruhen-de Herstellung einfacher Gebrauchskeramik statt; die Pro-dukte Groppenbrucher Töpfer wurden in Dortmund freivon Zöllen verhandelt. Bereits außerhalb des DortmunderTerritoriums gelegen war der karolingisch-ottonische Kö-nigshof Brackel und die auf dessen Gelände später ent-standene Komturei des Deutschen Ordens; am Hellwegweiter östlich wurden mehrere frühmittelalterliche Gräber-felder (Asseln, Wickede) untersucht. Zwischen Hörde undder Hohensyburg liegt eine geschlossene Gruppierungvon möglicherweise karolingischen -inghofen-Kleindörfern.

Die Bedeutung von Dortmund als charakteristischer Aus-schnitt der Kulturlandschaft wird in verschiedenen Stadttei-len durch kulturlandschaftliche und denkmalpflegerischeGesichtspunkte unterstrichen.

Das nördlich gelegene Dorf Brechten dokumentiert er-staunlich dicht die Situation eines vorindustriellen Dorfesmit mittelalterlicher Kirche, Kirchringbebauung und Bau-ernhöfen in der noch offenen Feldmark.

Der Bereich südlich und westlich der Dortmunder Innen-stadt einschließlich Hörde veranschaulicht in besondersdichter Form das für die Großstädte des Ruhrgebietes cha-rakteristische Neben- und Miteinander von Schwerindus-trie, Wohnen der verschiedensten sozialen Schichten ausden unterschiedlichsten Zeiten bis hin zu Anlagen der Frei-zeitgestaltung und des Totengedenkens.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Baudenk-mälern sind hier: im Kreuzviertel die historistische Mietshaus-bebauung gehobenen Zuschnitts mit Kreuzkirche; am Rhein-land- und Westfalendamm die Allee als städtebauliche Achseder 1920er Jahre mit repräsentativen großbürgerlichenWohnhäusern und Verwaltungsgebäuden der Wirtschaft; dasehemalige Hochofenwerk Phönix-West; Volkspark mit West-falenhallen, Stadion „Rote Erde“, Freibad (alle 1920er Jahre),Kleingartenanlage und Altenheim; der Südfriedhof.

Der Westfalenpark ist einer der schönsten Parks im Ruhr-gebiet und wird mit einer Flächengröße von 75 ha zu dengroßen innerstädtischen Parkanlagen in Europa gerechnet.Er geht auf den im Jahre 1894 von Dortmunder Bürgern er-

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Der Westpark in Bochum gilt mit sparsamen Ergänzun-gen und dem Belassen natürlicher Vegetationsaufkommenauf dem ehemaligen Stahlwerksgelände als Volksparkneuen Typs. Die Produktionsschichten des Stahlwerkssind mit den Mitteln der Landschaftsarchitektur dargestelltund werden durch drei Parketagen versinnbildlicht. Derfreiraumplanerische Bezug auf die Jahrhunderthalle als he-rausragendes Denkmal, und die Blickbeziehungen auf dieUmgebung zeugen von der Verknüpfung und Weiterfüh-rung der industriegeschichtlichen Bedeutung des Ortes.Das Gelände zeigt in besonders charakteristischer Ausprä-gung die Entwicklung der Tier- und Pflanzenwelt auf starkveränderten Standorten.

KLB 14.27 Dortmund Zeche Zollern und Halde

Die in Dortmund-Bövinghausen gelegene 1903 in Förde-rung gekommene Zeche ist aufgrund der guten Erhaltungs-bedingungen der auf Repräsentativität angelegten Tages-anlagen einschließlich vorgelagerter Beamtensiedlung mitder Maschinenhalle von 1902-1904 als einer der Inkunabelnder Ruhrgebietsarchitektur von hoher Bedeutung; die nachder Stilllegung 1955 abhanden gekommenen Bauten wer-den im Zuge der Nutzung durch das LWL-Industriemuseumwieder ergänzt. Die Zeche Zollern 2/4 ist heute Zentrale desLWL-Industriemuseums, Westfälisches Landesmuseum fürIndustriekultur, das insgesamt acht Standorte besitzt.

Die Halden der ehemaligen Zeche sind nicht nur Zeug-nis der Bergbaugeschichte des Ruhrgebiets, sondernauch Lehrbeispiel für die landschaftsökologischen The-men Sukzession und Standortkunde.

KLB 14.28 Bergsenkungslandschaft Hallerey Dortmund

Die Bergsenkungslandschaft Hallerey bei Dortmund istein anthropogenes, infolge bergbaulicher Tätigkeiten ent-standenes wertvolles Feuchtgebiet.

Der See in der Hallerey gilt als einer der größten Berg-senkungsseen im Ruhrgebiet. Das 1978 unter Naturschutzgestellte Gebiet dient vielen und teilweise auch seltenenTier- und Pflanzenarten als Lebensraum. Die allseits an-grenzenden Verkehrsachsen bedingen eine Insellage desRefugiums. Die Gemengelage mit den Straßen und Bahnt-rassen, aber auch dem direkt benachbarten RevierparkWischlingen sind für Sekundärbiotope des Ruhrgebietsbesonders charakteristisch.

KLB 14.29 Dortmund mit verschiedenen Stadtteilen

Weite Teile des Stadtgebiets von Dortmund sind in be-sonderer Weise archäologisches Interessengebiet.

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öffneten Kaiser-Wilhelm-Hain zurück. Die damalige Parkanla-ge zeichnete sich durch ihre seltenen exotischen Bäume undSträucher sowie durch mehrere errichtete Denkmäler aus. ImLaufe der Zeit wurde die Parkanlage immer wieder erweitertund bot den Besuchern neben dem bedeutsamen Baum-und Strauchbestand, Wiesen- und Blumenflächen auchdurch Cafes und Restaurants eine Abwechslung. Die imZweiten Weltkrieg stark beschädigte Parkanlage wurde imZuge der ersten Bundesgartenschau im Jahr 1959 (1969 und1991 schlossen sich zwei weitere an) unter dem Namen West-falenpark neu eröffnet und entwickelte sich zu einem renom-mierten Freizeitpark. Kulturlandschaftlich bedeutend sind ne-ben vielen weiteren Elementen der 220 m hohe Fernsehturm„Florian“ und das Deutsche Rosarium mit über 3000 ver-schiedenen Rosensorten.

Denkmalpflegerisch bedeutend sind von den Elementendes Westfalenparks der Eingangsbereich Kaiser-Wilhelm-Hain, der Fernsehturm mit Aussichtskanzel sowie dasPark-Café (Ende 19. Jh. bis 1950er Jahre).

Die Ursprünge des Botanischen Gartens Rombergparkgehen auf den klassizistischen ehemaligen Adelssitz HausBrünninghausen (19. und 20. Jh.) zurück. Die umfangreicheGehölzsammlung und die Verbindung zu dem weiten Wie-sental des Schondellenbaches machen vor dem ge-schichtlichen Hintergrund die besondere Bedeutung die-ses beliebten Naherholungsgebietes aus.

Im Osten der Dortmunder Innenstadt bilden die vor undnach dem Ersten Weltkrieg ausgebaute Trabrennbahn, derteils geometrisch, teils landschaftlich gestaltete Hauptfried-hof mit seinen repräsentativen Eingangsbauten und die ab1918 im malerischen Stil errichtete Gartenstadt im Bereichdes Westfalendamms ausgedehnte durchgrünte Flächenaus jener Zeit, die für die städtebauliche Ordnung derStadt von besonderer Bedeutung war.

Das derzeit noch weitgehend unbebaute Flugfeld desehemaligen Flughafens Dortmund-Brackel (1926-1945),seit Mitte 1930 Fliegerhorst, ist das am klarsten erhalteneund flächenmäßig bedeutendste Zeugnis früher Flugplatz-anlagen in Westfalen-Lippe.

KLB 14.30 Salzland Königsborn – Kurpark Unna

Als herausragendes Zeugnis für technologische Ent-wicklungen und wirtschaftliche Impulse gilt die Saline inUnna-Königsborn. In der historischen Salzgewinnungging man hier bereits kurz nach 1600 zur Steinkohlebe-feuerung der Siedepfannen über. Unter staatlich-preußi-scher Regie profitierte die Region Mitte des 18. Jahrhun-derts durch Salzgewinnung und Absatz in großem Stil. Esfolgten Chausseebauten und die Schiffbarmachung derRuhr. In der Saline wurde 1787 die erste Dampfmaschinein Westfalen-Lippe eingesetzt. Die in Königsborn zusam-mengezogenen Fachleute konzentrierten bergmänni-sches und hüttentechnisches Wissen auf diesen Ort. Ihre

Tiefbohrungen brachten Aufschluss zur Geologie und La-gerstättenkunde des gesamten Ruhrreviers.

Mit dem Luisenbad wurde im Jahr 1818 der Betrieb einesersten Solebades aufgenommen. Rasch entwickelte sichUnna-Königsborn zu einem gesellschaftlichen und kulturel-len Mittelpunkt. Ende des 19. Jahrhunderts erfolgten erheb-liche Erweiterungen durch die Gewerkschaft Königsborn.Auch die kulturlandschaftlich bedeutenden Grundzüge derFreiraumplanung gehen auf diesen Zeitraum zurück.

KLB 14.31 Ruhrtal

Der ausgewiesene Teil des Flusstals zwischen Westho-fen und Ruhrort ist von außerordentlicher Bedeutung fürdie erste Phase der Industrialisierung des Ruhrgebiets, ge-prägt von Einrichtungen und Anlagen für die Schifffahrtund die Industrie, aber auch von mittelalterlichen undnachmittelalterlichen Orten, Industriellenvillen, Park- undGrünanlagen sowie Arbeitersiedlungen.

Eine Besiedlung des Ruhrtals ist seit dem Frühmittelalternachgewiesen (Ringwallanlage „Alteburg“ bei Werden). Bisins 19. Jh. dominierten zahlreiche mittelalterliche Burgan-lagen, Einzelhöfe, kleine Weiler und Kirchdörfer das offeneRuhrtal und bilden auch heute wichtige Elemente der Kul-turlandschaft (z.B. Ruine Kattenturm bei Kettwig). Zu erwäh-nen sind ebenso die Klosteranlagen Werden (sehr hoheBedeutung im Mittelalter), Steele und Saam.

Bereits im Spätmittelalter begann der Abbau der an derRuhr ausbeißenden Steinkohlenflöze. Aus der Zeit vom16. Jh. bis in das frühe 19. Jh. sind zahlreiche Stollenzechenmit umfangreichen Pingenfeldern und Tagebrüchen wie anden Hängen zwischen Rellinghausen und Heisingen, bei

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Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

landesbedeutsam

Ruhrtal Foto: LWL/M. Höhn

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Byfang/Kupferdreh und Heidhausen überliefert. Histori-sche Kleinzechen befinden sich in Essen. Das Förderge-rüst der Zeche Carl Funke bei Heisingen markiert das En-de des Stollenbergbaus und den Übergang zur Tiefzeche.

Im 18. Jh. wurde die Ruhr insbesondere für die Kohlen-transporte aus der Grafschaft Mark schiffbar gemacht, wo-von der Leinpfad sowie zahlreiche Wehre, Schleusen undkleine Häfen erhalten sind. Mit der Verlagerung des Trans-portes auf die Eisenbahn (1866) wurden sie weitgehendfunktionslos. Erhalten ist die Hespertalbahn, entstandenaus einer pferdegetriebenen Schmalspurbahn zur Anbin-dung von Erzgruben, später der Zeche Pörtingsiepen. Eineneue Überformung des Flussbettes und der Aue begannmit den Aufstaumaßnahmen zum Baldeneysee in den1930er Jahren und dem Bau mehrerer Wassergewin-nungsanlagen. Architektonisch bedeutende, historischeBahnhöfe stehen in Kettwig und Essen/Hügel.

Im 19. Jh. siedelte sich an vielen Mühlenstandorten derRuhr Textilindustrie an und prägte die Siedlungen (Werden,Kettwig, Mülheim, Kupferdreh). Außerdem entstanden imRuhrtal und seinen Seitentälern Eisen- und Kupferhütten(Henrichehütte Hattingen, Friedrich-Wilhelm-Hütte, Phönix-Hüt-te in Kupferdreh, Deilbachtal). Ein herausragendes Beispielfür die prächtigen Industriellensitze des 19. Jahrhundertsist die „Villa Hügel“ mit großem Landschaftspark, von Al-fred Krupp bei Bredeney erbaut (weitere Beispiele in Kettwigund Werden). Sehr bedeutende Beispiele für den Arbeiter-siedlungsbau sind die Siedlung Brandenbusch in Brede-

ney sowie die Textilfabriken Scheidt und Klein-Schlatter mitArbeiterwohnungen in Kettwig.

Eine wesentliche Keimzelle der industriellen Entwicklungdes Ruhrgebiets war das Teilgebiet zwischen Witten undHerbede mit dem Muttental. Die Zeche Nachtigall in Witten,heute Standort des LWL-Industriemuseums, steht in diesemAbschnitt exemplarisch für die Wiege des Ruhrbergbaus.

Der Ausbau der Ruhr als Schifffahrtsweg bildet einenweiteren Meilenstein in der räumlich-strukturellen Entwick-

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Isenburg bei Hattingen Foto: MBV/A. Thünker

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

HattingenFoto: LWL/M. Philipps

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lung. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts konnte die Ruhrvon den Kohlenschiffen befahren werden. Die wirtschaftli-chen Beziehungen nach Westen stehen im Zusammen-hang mit dem Aufschwung des Ruhrortes Hafenbetriebs.Die Ruhr entwickelte sich zur Achse des Bergbaureviers.Aus dieser Periode stammt der Name „Ruhrrevier“, derdann mit dem Bergbau später nordwärts wanderte. DieSchifffahrt wurde noch bis ungefähr 1890 betrieben.

Das Landschaftsbild im Ruhrtal wird heute vielerorts alsmalerisch bezeichnet. In seiner Struktur wird es maßgeb-lich durch Zeugnisse der Flussregulierung geprägt. Nebenden Schleusen sind zum Beispiel die typischen Buhnenderartige Relikte, die in der Vergangenheit eine geringereFließgeschwindigkeit und eine ausreichend tiefe Fahrrinnegewährleisten sollten. Jeweils gegenüberliegend verläuftder historische Leinpfad, der im Verlauf von der Blütezeitder Treidelschifffahrt zeugt.

Das Ruhrtal ist eine Seenlandschaft. Die fünf Flussstau-seen haben zentrale Bedeutung in der Funktion des Talsals Freizeit-, Erholungs- und Erlebnisraum für die Men-schen im Ruhrgebiet. Trinkwasser- und Energiegewinnungsind sichtbare Aspekte der wasserwirtschaftlichen Kultur-landschaft. Die Phase der massiven Wasserverschmut-zung bis weit in das 20. Jh. hinein ist von der sichtbarenPhase der Zurückeroberung durch eine wertvolle Pflanzen-und Tierwelt gewichen.

Besondere Sichtachsen geben der hügeligen Land-schaft einen zusätzlichen Freizeitwert. Es handelt sichnicht nur um Blickbeziehungen im Tal entlang des Fluss-laufes. Besonderen Wert haben auch die verbindendenAusblicke von den begleitenden Höhen, die oftmalsStandorte historischer Baulichkeiten (z.B. Bismarcktürme)sind bzw. waren.

Im östlichen Teilabschnitt des Ruhrtals zwischen Bom-mern (Witten-) und Hattingen werden die vielfachen histo-rischen Brüche der Kulturlandschaft besonders anschau-lich. Das Spektrum reicht von der Frühgeschichte in Ge-stalt der Syburg über dem Zusammenfluss von Ruhr undLenne (sächsische Volksburg, Kirche des 13. Jahrhunderts,Ruine einer Adelsburg) und der Territorialisierung des Mit-telalters über den Merkantilismus des absolutistischenZeitalters und die Anfänge der Industrialisierung bis zumEinsetzen der Großindustrie, dem Denkmalkultus des 19.und frühen 20. Jahrhunderts und dem Ausflugsverkehr.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Baudenk-mälern: in Hohensyburg die Burg (ehemalige Wallburg, Burg-ruine, Vincketurm, Kaiserdenkmal) und das Dorf (mit Kirche,Kirchhof, Schule, ländlicher Bebauung), die Hinterlassenschaf-ten frühen Bergbaus, die Trasse der ehemaligen Zahnrad-bahn (Bodendenkmal), außerdem die Serpentinenstraße zumHengsteysee mit Brücke (1920er Jahre); adelige Häuser Hu-sen und Steinhausen; kulturlandschaftlich bedeutsameStadtkerne Blankenstein (mit Gethmannschem Garten), Hat-tingen, Volmarstein, Wetter; Burgen und Herrensitze Blan-kenstein, Herbede, Steinhausen, Kemnade, Witten; Dorfker-

ne Wengern und Stiepel mit Pfarrkirchen und Kirchhofrand-bebauung; Ruhrschleusen mit Schleusenwärterhäusern;Muttental mit historischen Bergbauanlagen, der ZecheNachtigall und Henrichshütte als Standorte des LWL-Indus-triemuseums, das Wannebachtal mit ländlicher Architekturüberwiegend des 18. Jahrhunderts; Fabrikanlage Lohmann.

KLB 14.32 Hellweg

Der Hellweg ist seit vorgeschichtlicher Zeit einer der be-deutendsten Handelswege von Osten nach Westen. Erverbindet den Rhein mit der Elbe und führte weiter in Rich-tung Osten bis nach Novgorod (Russland) und im Westenbis nach Brügge (Belgien). Ausgehend von Duisburg ver-lief er über Mülheim weiter nach Essen und Dortmund ent-lang des Ardeys und Haarstrang bis nach Paderborn.

Seit dem Neolithikum bildet der rheinische und westfäli-sche Teil des Hellwegraums einen Siedlungsschwerpunktnördlich der Mittelgebirgsschwelle bzw. südlich der Lippeta-lung. Aufgrund der Lössbedeckung war dieser Raum begin-nend mit der Linienbandkeramik (5.500 - 4.900 v. Chr.) stän-dig intensiv besiedelt. Hiervon zeugen zahlreiche, oftmalsgroßflächige Siedlungsstellen, die aber häufig nur in Formvon Oberflächenfunden bekannt sind. Einige Fundstellenkonnten in der Vergangenheit aber auch durch teils umfang-reiche archäologische Grabungen erschlossen werden.

In diesem Areal treten zudem wenig nördlich des Süßwas-ser-Barriere-Quellhorizonts Solequellen aus, die die Men-schen spätestens seit der vorrömischen Eisenzeit, im frühenMittelalter und bis in die Neuzeit (19. Jh.) hinein nutzten. Be-lege für die Salzgewinnung fanden sich besonders in Werlund Soest. Dies förderte den Handel und den Warenaus-tausch sehr stark. Hierdurch gelangten „exotische“ bzw.qualitätsvolle Gegenstände in den Hellwegraum, z. B. kelti-sche Metallobjekte aus Süddeutschland während der Eisen-zeit. Zahlreiche römische Funde aus germanischen Siedlun-gen des Hellwegraums weisen auf intensive Handelsbezie-hungen nach Westen während der römischen Kaiserzeit hin.Im frühen Mittelalter zeugen Reihengräberfelder mit beson-ders reich ausgestatteten Gräber wie z.B. Dortmund-Asseln,Soest-Lübecker Ring und Ense-Bremen von dem Wohlstandder damaligen Bewohner der Hellwegbörden.

Schon früh entwickelte sich das 850 von Altfrid von Hil-desheim in Essen gegründete Kloster zu einem reichs-unmittelbaren Kanonissenstift. Rund um die Immunitätentstand eine Händlersiedlung, die im 13. Jh. Stadtrech-te erhielt. Zu den bedeutenden Oberhöfen des Stiftesgehörte der Viehhof bei Altenessen und Hof zu Steele,aus dem sich später eine mauerumwehrte Siedlung ent-wickelte. Zur Sicherung des Ruhrüberganges errichteteman bereits im 9. Jh. im Bereich einer germanischenSiedlung Burg Broich. In einem Abstand von ca. 15 km,einer damaligen Tagesreise entsprechend, lagen kleine-re Ortschaften wie Wattenscheid oder Bochum. Im west-fälischen Teil des Hellwegraum bestanden zahlreiche,

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Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

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Kapitel

7.2

heute z.T. wüst gefallene, mittelalterliche Siedlungen. Sofinden sich z.B. um Erwitte zahlreiche, durch Oberflä-chenfundstellen nachgewiesene Dorfwüstungen. Ausden alten Ortschaften entwickelten sich durch Ballungs-prozesse während des Spätmittelalters schließlich dieheute noch bestehenden, bis ins frühe Mittelalter zurück-reichenden wichtigen Städte und Marktorte wie Dort-mund, Werl, Soest, Erwitte und Geseke. Diese Städte lie-gen wie auf einer Schnur aufgereiht an dem alten Kö-nigs- und Handelsweg. Über weite Strecken bestand dieTrasse aus einer oder mehreren unbefestigten Fahrspu-ren. Nur an viel befahrenen Bereichen, in Siedlungenoder an Kreuzungen kam es vor, dass er schon im Mittel-alter befestigt war. Westlich von Paderborn, im Bereichder Wüstung Balhorn, konnten drei Straßenabschnitte ar-chäologisch untersucht werden, die eine dünne Schot-terlage als künstliche Decke für die Fahrbahndecke auf-wiesen. Als Reichs- und Bundesstraße 1 erfolgte ein wei-terer umfassender Ausbau im 19. und 20. Jahrhundert.Heute ist der ehemalige Hellweg ein Teilstück der Auto-bahn A 40, des Ruhrschnellweges.

Die historische Verkehrsachse mit der begleitenden In-frastruktur ist als Leitlinie der kulturlandschaftlichen Ent-wicklung über viele Jahrhunderte bedeutsam gewesenund mit den noch erhaltenen Relikten auch für die heuti-ge kulturlandschaftliche Wahrnehmung von Bedeutung.

KLB 14.33 Köln-Mindener Eisenbahn

Die mit dem Namen Friedrich Harkort (1793-1880) alsInitiator verbundene Köln-Mindener Eisenbahn war daserste große Eisenbahnprojekt der Region und sollte dieVerbindung zwischen dem Rhein, dem aufstrebenden In-dustriegebiet nördlich der Ruhr und der Weser herstellen,auch um die niederländischen Zölle auf dem Rhein zuumgehen. Bereits Harkort schlug die baulich einfachereStrecke von Köln über Duisburg, Gelsenkirchen, Dort-mund, Hamm nach Minden vor. Die Konzession für dieVerbindung wurde 1837 erteilt, bald jedoch zeigten sicherste finanzielle Schwierigkeiten der privaten Aktienge-sellschaft. Der preußische Staat unterstützte den Baunach Gründung der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesell-schaft mit 18 Millionen Mark und König Friedrich Wilhelmsetzte wegen geringerer Kosten die Führung von Kölnüber Duisburg (und nicht über Elberfeld) fest. Die Streckewurde in Abschnitten eröffnet: 1845 Deutz – Düsseldorf,1846 bis Duisburg, 1847 bis Hamm, am 15. Oktober 1847das Reststück bis Minden. Dadurch bestand erstmalig ei-ne durchgehende Eisenbahnverbindung zwischen Ant-werpen und Berlin.

Die Bahnstrecke weist noch heute lange gerade Ab-schnitte und großzügige Kurvenführungen auf, typischeElemente früher Eisenbahnen, die keine Rücksicht auf ei-ne günstige Anbindung von Ortschaften und dicht besie-delte Räume nehmen mussten. Diese Bahnlinie diente inerster Linie dem Güterverkehr, während der Personenver-

kehr zunächst nur eine untergeordnete Rolle spielte. Da-mit unterscheidet sie sich deutlich von jüngeren Bahnlini-en, die engere Kurven aufweisen, damit alle wichtigen Or-te an der Bahn erreicht wurden, wie die heutige Haupt-strecke im Ruhrgebiet zwischen Duisburg-Essen-Dort-mund (ehemalige Bergisch-Märkische Eisenbahn). Dement-sprechend sind auffällige Bauwerke selten, wie der Via-dukt bei Bielefeld-Schildesche. Größere Brückenbauwer-ke befanden sich bei Leverkusen-Reuschenberg (Wup-per), Oberhausen-Altstaden (Ruhr), Hamm (Lippe) undBoessen über die Weser.

Die Köln-Mindener Eisenbahn ist eine der wichtigstenVerkehrsverbindungen in Nordrhein-Westfalen und einerder bedeutendsten Faktoren zur Entwicklung des Ruhrge-bietes in seiner heutigen Form. Damit war die Ost-WestAusrichtung der Verkehrslinien vorgegeben, dies spiegeltsich noch in den aktuellen Hauptstrecken der DeutschenBahn wieder (die Nord-Süd Verbindungen stellen dagegenüberwiegend Neben-, Straßen- und Industriebahnen her). Vondieser Linie, zusammen mit denen der Bergischen-Märki-schen und der Rheinischen Eisenbahn, gingen wichtigeImpulse für die eisenverarbeitende Industrie (Lokomotiv-und Wagenbau, Schienen) und den Kohlebergbau aus. DieEisenbahn ermöglichte erst den kostengünstigen Massen-transport und letztendlich die Entwicklung des Industrie-standortes Ruhrgebiet in seiner heutigen Form.

KLB 15.01 Soester Börde – Hellweg

Die Soester Börde ist ein typischer Ausschnitt der frucht-baren offenen Hellwegbörden. Die an der Grenzlinie vonwasserdurchlässigen und stauenden Gesteinen austreten-den Quellen waren Ausgangslinie für die bedeutende his-torische Ost-West-Ver-kehrsache (Hellweg –B 1 – A 44). Er wurdespätestens seit demFrühmittelalter ge-nutzt. An ihm wurdendie ehemals wirt-schaftlich bedeuten-den Städten Werl,Soest, Erwitte, Gese-ke und Salzkotten ge-gründet. Salzlaugensind verantwortlich fürdie Entstehung derBadeorte (z.B. BadWaldliesborn) und desblühenden metallver-arbeitendem Gewer-be (Herstellung vonSiedepfannen). Belegefür frühe Salzgewin-nung fanden sich be-

Soest, OsthofentorFoto: LWL/T. Spohn

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

landesbedeutsam

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sonders in Werl und Soest sowie Salzkotten. Die Salzge-winnung hat den Handel auf dem Hellweg und die Ent-wicklung einer Stadt wie Soest stark gefördert.

Im Raum zwischen Werl im Westen und Bad Sassendorfim Osten sind, trotz der auch hier in den letzten Jahren zubeobachtenden Siedlungserweiterungen durch Wohn- undGewerbegebiete, die charakteristischen Merkmale der Kul-turlandschaft als einer über Jahrhunderte entwickeltenAgrarlandschaft mit bedeutenden städtischen Zentren,wichtigen Nahrungsmittelindustrien und überregionalenVerkehrsbändern besonders klar erkennbar überliefert.

Im Raum Erwitte lässt sich eine Schicht von Orten fas-sen, die seit der Merowingerzeit besiedelt waren und de-nen eine besondere Funktion bei der Sicherung des karo-lingischen Königsgutsbezirks in Erwitte zukam. Es ist anzu-nehmen, dass die merowingisch-engrische Bevölkerungdes Kulturlandschaftsbereiches im letzten Viertel des 8.Jahrhunderts (weitgehend?) in andere Teile des Karolinger-reiches deportiert wurde. Die Ortschaft Glashemwar warnach einer Verlagerung in der Karolingerzeit erkennbar aufden Hellweg als überregionalen Fern- und Heerweg orien-tiert. An die im Kreuzungspunkt des West-Ost verlaufendenHellweges mit dem Nord-Süd verlaufenden Soltwech („Salz-weg“) angelegte karolingisch-ottonische Burganlage mitdem Flurnamen Edelhof unweit von Assapa nahe der Sali-nen von Westernkotten schließt sich ein ausgedehntesüberpflügtes Vorburggelände mit zahlreichen Funden des9. Jahrhunderts an. Funde von Gussformen belegen fürdas Großdorf Assapa (mit völkerwanderungszeitlichem Urnen-gräberfeld) eine intensive mittelalterliche Messing- und Blei-verarbeitung; die hier produzierten, qualitativ teils sehr auf-wändig gearbeiteten Fibeln fanden weitreichende Verbrei-tung im östlichen Hellweggebiet. Unklar ist die Lage der zudiesen Siedlungen gehörigen Gräberfelder des späten 6.bis frühen 9. Jahrhunderts, die unter Berücksichtigung to-

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

pographischer Gegebenheiten südlich des Hellweges zulokalisieren sind. Da unter Ausnahme von Erwitte und Wes-ternkotten alle Siedlungen wüstgefallen sind, liegt im Bo-den ein reiches archäologisches Potential.

Geseke geriet aufgrund seiner Grenzlage zwischen demErzbistum Köln und dem Bistum Paderborn im Spätmittel-alter in zahlreiche kriegerische Konflikte. Rund 90% dermittelalterlichen Orte sind infolge der Auswirkungen mehr-facher Adels- wie auch Territorialfehden zerstört und nichtwieder aufgebaut worden. Sie haben ausgezeichnete Vo-raussetzungen für die Mittelalterarchäologie geschaffen.Überreste ganzer Ortschaften sind im Boden erhalten.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Kulturlandschaftlich bedeutsame StadtkerneWerl und Soest (mit historischen Stadtstrukturen und Bau-denkmälern aus acht Jahrhunderten), Dörfer der Börde undKirchdörfer am Hellweg (mit mittelalterlichen Kirchen, ländli-cher Bebauung vom 18. bis 20. Jh. und Bauten der Nahrungs-mittelgewerbe), Kloster Paradiese und Patrizische Landsitzeder Sälzer um Werl, Monumente des Verkehrs (von den al-ten Hellweg-Trassen über die Kunststraße (ehemalige Chaus-see = B 1) bis zur Eisenbahn seit 1854), Salzgewinnung (vonder Saline bis zu den Kurbädern Werl und Bad Sassendorf),Zeugnisse der Windenergienutzung.

Die gehölzarme Agrarlandschaft ist eine „Kultursteppe“im positiven Sinn. Sie bietet gefährdeten Tierarten (Wiesen-weihe, Bekassine, Kiebitz u.a.) einen Lebensraum. In dasKalkgestein der Haar sind die für Nordrhein-Westfalen ein-maligen „Schledden“ (Trockentäler) eingeschnitten. DasNSG „Pöppelsche“ ist Träger von Kalkmagerrasen, eineFolge der historischen Landnutzung als Schafweide. Dergrüne Baustein (eine Besonderheit in Deutschland) als Do-kument des geologischen Untergrundes weist die Gebäu-de unverwechselbar ihrem Raum zu.

Soest, Alt-St. ThomaeFoto: LWL/M. Philipps

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Lohne, St. Pantaleon Foto: LWL/M. Philipps

Bad Sassendorf, SalineFoto: LWL/M. Philipps

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Kapitel

7.2

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KLB 16.01 Sintfeld

Im Verlauf des Spätmittelalters wurde das seit der römi-schen Kaiserzeit besiedelte Sintfeld von einer exzessivenWüstungsbildung erfasst, die dazu führte, dass dieses um1450 von einer Wildnis eingenommen wurde. Die erneuteRodung der aufgegebenen Kleinregion wurde maßgeblichvom Kloster Dalheim betrieben: Das 1429 an der Stelle ei-nes um 1369 aufgegebenen Augustinerinnenklosters zu-nächst als Grangie des Klosters Böddeken begründeteund ab 1452 eigenständige Augustinerchorherrenstift Dal-heim eignete sich zahlreiche Wüstungsgemarkungen inder Umgebung des Klosters an und schreckte in diesemZusammenhang nicht vor dem Mittel der Urkundenfäl-schung zurück. Die auf Veranlassung des Klosters vorge-nommenen Besitzfeststellungen und Grenzbegehungender ehemaligen Ortsgemarkungen stellen eine bedeutsa-me Quelle zur Landschaftsgeschichte Westfalens dar.

Das Sintfeld ist ein herausragendes Beispiel einer nachden starken Wüstungsvorgängen im 15. Jh. neugestalte-ten Agrarlandschaft mit Großgemarkungen, Dörfern undVorwerken, deren Siedlungs- und Gemarkungsstruktursich in den wesentlichen Grundzügen erhalten hat underst im 20. Jh. durch die Anlage von Aussiedlerhöfen par-tiell verändert wurde.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Boden-denkmälern sind die zahlreichen Wüstungen und dasfrühmittelalterliche Gräberfeld von Fürstenberg (BadWünnenberg).

KLB 17.01 Venloer Heide

Die Venloer Heide ist eine alte Kulturlandschaft, so sindz.B. vorgeschichtliche Gräber in der Plankenheide der sog.Niederrheinischen Grabhügelkultur zuzurechnen. Die große

Menge der Urnenbestattungen in diesen Grabhügeln lässtsich nach den Gefäßformen in die ältere Eisenzeit datieren.

Im Mittelalter sind die Flächen extensiv als Heideflä-chen genutzt worden. Im Zuge des Landesausbaues lie-ßen die Gelderner Landesherren an den Grenzen ihresTerritoriums Landwehren errichten. Als Entstehungszeitdieser Landwehren wird allgemein das 14. und 15. Jh. an-genommen. Schriftliche Erwähnungen und Beschreibun-gen finden sich in den Niederschriften der Grenzumgän-ge, hauptsächlich aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

Ein militärisches Übungsgelände bestand auf der „GrotteHeide“ seit 1883. Ab 1913 nutzen Flugzeuge der königlich-niederländischen Luftmacht den Platz als Ausweich- undNotlandeplatz. Im Zweiten Weltkrieg wurde innerhalb die-ses Militärstandortes der größte Nachtjäger-FlugplatzEuropas angelegt. Mit Kriegsende gesprengt, sind heuteauf beiden Seiten der Grenze in Heide und Wald immernoch zahllose Reste und Ruinen dieser ausgedehnten An-lage erhalten. Auf deutschem Gebiet sind dies u.a. intakteehemalige Mannschaftsunterkünfte und verfallene Offiziers-gebäude, ehemalige Kraftwerke, Fundamente bzw. Kon-struktionsgerüste ehemaliger Flugzeughallen. Aus Tarn-gründen sind die Baulichkeiten teilweise in Anlehnung anGehöftformen ausgeführt. Erhalten sind ferner Wege- undRollbahnstrukturen, auf niederländischer Seite u.a. Lande-bahn und Tower. Geschichtlicher Bestandteil des Geländesist ferner ein eremitagenartiges Künstleratelier der Nach-kriegszeit, welches als eine mögliche Form des Umgangsmit solchen Denkmälern eigene Wertigkeit besitzt.

KLB 17.02 Brachter Wald, Elmpter Wald und Meinweg

Den deutsch-nieder-ländischen Grenzraumdominierten zu Beginndes 19. Jahrhunderts flä-chige Heidegebiete, diedurch Übernutzung auseinem im 14. Jh. nochvorhandenen geschlos-senen Waldgebiet, demMeinweg, entstanden.Seit 1850 wurden dieFlächen durch die preu-ßische Forstverwaltungsystematisch mit Kiefer-monokulturen in recht-eckigen Jagensystemenaufgeforstet. Ein histori-scher Waldstandort istdas ehemalige Jagdre-vier im südlichen ElmpterWald, in dem noch für die Parforcejagd angelegte sog.Jagdbahnen existieren; Heidevegetation hat sich nurnoch auf kleinen Restflächen halten können.

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

SintfeldFoto: LWL/B. Milde

Heide in Meinweg,Gemeinde Niederkrüchten

Foto: LVR/E. Knieps

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Mesolithische Fundstellen im Bereich des Brachter Wal-des nehmen durch ihre Häufung und ihre für diese Zeit au-ßergewöhnliche naturräumliche Lage eine Sonderstellungein. Für das Rurmündungsgebiet – einem bereits vorge-schichtlich wichtigen Verkehrsraum – sind bedeutende me-tallzeitliche Siedlungsfunde zu erwarten, wie die zahlreichenGrabhügel auf den angrenzenden Dünenflächen zeigen.

Die Niederungslandschaft der Schwalm ist charakteris-tisch für den Niederrhein. Die Aue wird geprägt vonBruchwäldern, Gehölzen, Baumreihen, Einzelbäumen(Kopfweiden) und Feuchtwiesen. Zwischen Wegberg undder Maas waren im 19. Jh. an der Schwalm 21 Wasser-mühlen (meist Ölmühlen) in Betrieb, von denen die meis-ten bereits im Mittelalter erwähnt wurden, z.B. Dilborner,Borner, Brempter Mühle, Frankenmühle, Mühlrather Müh-le, Radermühle, Pannenmühle, Lüttelforster Mühle. Siestanden in Zusammenhang mit dem Flachsanbau, der bisca. 1900 großflächig betrieben wurde. Hieran erinnernebenfalls die überlieferten Flachsrösten. Die Bedeutungdes Flachsanbaus und Leinengewerbes in der Regionwird sowohl durch die Flachsrösten im Bereich des Elmp-ter Bruchs als auch die z.T. seit dem Mittelalter nachweis-baren Wassermühlen im Schwalmtal, die größtenteils derÖlgewinnung dienten, dokumentiert.

Wie in der Netteaue wurde auch in der Schwalmaue seitdem 16. Jh. Torf gewonnen, aber dort sind weniger Seenentstanden.

Mittelalterlichen Ursprungs sind die zahlreichen Burgan-lagen. Allein im Kreis Heinsberg finden sich heute noch 20hochmittelalterliche Motten ohne spätere Überbauung.Siedlungsgeschichtlich als herausragend zu bewerten sinddas im 10 Jh. gegründete Waldhufendorf Lüttelforst, dassin Struktur und Substanz eines der besterhaltenen Beispie-le für diese regionaltypische Siedlungsform darstellt, sowieder Burghügel, die Stadt und die Stadtbefestigung vonWassenberg. Weiterhin ist der historische Ortskern von

Brüggen mit mittelalterlicher Burganlage als anschaulichesZeugnis niederrheinischer Ortsentwicklung mittelalterli-chen Ursprungs bedeutend. Die Burg Brüggen in der Aueist erstmals 1289 erwähnt. Der gleichnamige Ort wurde1412 als Stadt bezeichnet und war befestigt.

Auch finden sich Reste einer der seltenen mittelalterli-chen Jülicher Binnenlandwehren.

Brüggen erlangte durch die Reuvertonvorkommen im19. Jh. mit der Produktion von Dachziegeln an Bedeutung.

Mit der Schwalmmeliorationsgenossenschaft von 1913wurde die Aue durch die Begradigung der Schwalm seit1924 trockengelegt. Das sumpfige Gelände wurde kulti-viert. Auch die Moorseen trockneten aus. Im südlichen Ab-schnitt hat die Schwalm ihren mäandrierenden Charakterbeibehalten. Heute dominieren Auenwaldflächen und ver-einzelt Ackerland die Aue.

Vom Westwall zeugen ein gut erhaltener Unterstand derLimesstellung in Dahlem-Rödgen sowie Relikte der erst imHerbst 1944 errichteten Schützen- und Panzergräben,Ringstände und Einmannbunker der Maas-Rur-Stellung imBereich Elmpter und Brachter Wald.

KLB 17.03 Joint Headquarters JHQ Rheindahlen

Der Westen des Rheinlandes ist in hohem Maße von mi-litärischen Einrichtungen und Strukturen durchsetzt. Insbe-sondere Anlagen der Besatzungsstreitkräfte – z.B. Kaser-nen und Flugplätze wie Teveren, Rothenbach, Wildenrath,Elmpt oder Bracht – zeugen nach wie vor von der Epocheder Nachkriegszeit und des Kalten Krieges. Von zentraler

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

338888

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Brachter Wald bei Kaldenkirchen, FlachsgrubenFoto: MBV/A. Thünker

Schloss Elsum, Gemeinde WassenbergFoto: LVR/E. Knieps

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Die heutige Landnutzung wird von Wald, Acker- undGrünland geprägt. In dem herausragenden wertvollen Kul-turlandschaftsbereich sind alle Entwicklungsstadien seitca. 1350 in ausgeschilderten Rundrouten nachvollziehbarund sehr gut erlebbar. Diese Entwicklung seit dem Spät-mittelalter hat außerdem zu einem reizvollen und vielfälti-gen sowie einmaligen Landschaftsbild geführt, das struk-turell als spätmittelalterlich datierbar ist.

KLB 17.06 Obere Niers

Die Auenlandschaft der Niers erhält ihre überregionaleBedeutung v.a. durch die große Anzahl paläo- und mesoli-thischer Fundstellen, die ein regelhaftes Siedlungsmusterder Steinzeitmenschen auf Sanddünen und am Rande vonFlussauen aufzeigen. Dazu kommen die guten Erhaltungs-bedingungen für steinzeitliche Artefakte aus organischenMaterialien und prähistorische pflanzliche Überreste in dennoch vorhandenen Niedermooren.

Das Gebiet wurde in provinzialrömischer Zeit von zweibedeutenden Straßen durchzogen, an deren Niersüber-gang sich der römische Marktort Mülfort entwickelte, um-geben von großen römischen Landgütern (villae rusticae).Die Niers war sowohl in vorgeschichtlicher als auch in rö-mischer Zeit ein wichtiger Verkehrsweg.

Zwei herrschaftliche Bauten sind Zentrum wertvoller kul-turlandschaftlicher Ensembles. Schloss Rheydt, zurückge-hend auf eine Burganlage des 11. Jahrhunderts, hat seinheutiges, architekturgeschichtlich bedeutendes Geprägedurch den renaissancezeitlichen Um- und Ausbau und um-gebenden Festungsanlagen erhalten. Schloss Wickrath istein auf eine mittelalterliche Burganlage zurückgehendesbarockes Wasserschloss, welches mit seiner außerge-

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Funktion und überragender Größe ist das 1952 bis 1954im Hardter Wald errichtete Hauptquartier der britischenStreitkräfte in Deutschland, später westeuropäischesHauptquartier mehrerer NATO-Einrichtungen: eine Plan-stadt der 1950er Jahre aus Kasernen, Wohnvierteln, Kir-chen, Krankenhaus und zugehöriger Infrastruktur.

KLB 17.04 Süchtelner Höhen

Die Süchtelner Höhen sind Teil eines Höhenrückens, dersich zwischen Viersen und Süchteln ca. 60-80 m ü. NN ausder niederrheinischen Ebene heraushebt und mit einerVielzahl baulicher Zeugnisse die jahrhundertealte, intensi-ve Durchdringung und Überlagerung einer Kulturland-schaft durch menschliche Nutzung dokumentiert.

Herausragendes, flächenhaftes Kulturlandschaftselementist der Süchtelner Erbenwald, ehemals ein geschlossenerAllmendewald der Grundherrschaft der Kölner Abtei St.Pantaleon, der noch heute weitgehend mit Wald bedecktund somit raumwirksam ist. Hier haben sich eine Vielzahlvon Relikten historischer Waldnutzung erhalten wie histori-sche Stock- und Kopfbuchenparzellen mit Buchenkampenoder „gelemmte“ und dadurch verzweigte Baumgruppen inverschiedenen Formen wie Reihen oder Kränze. Weiterecharakteristische kulturlandschaftliche Überformungspha-sen zeigen sich mit den mittelalterlich-frühneuzeitlichenLandwehren sowie den Gedenkkreuzen, Fußfallstationenund der Wallfahrtskirche St. Irmingardis als Zeugnissen ei-ner sakralen Landschaftsumwidmung im 17./18. Jahrhun-dert. Gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhun-derts wurden die Süchtelner Höhen als Ausflugslandschafterschlossen, wie u.a. an dem Bismarckturm als Aussichts-turm, Sportanlagen, den Resten einer Pferderennbahn, aneinem Wildgehege abzulesen ist.

KLB 17.05 Bockerter Heide

Die Bockerter Heide ist ein einzigartiger Kulturland-schaftsbereich, der von bäuerlicher Bewirtschaftung undTerritorialgeschichte geprägt ist. Es war ursprünglich einWaldgebiet, das aufgrund der spätmittelalterlichen Ent-wicklung sein heutiges Wald-Offenland-Gefüge erhaltenhat. Hervorzuheben sind die Niederwaldareale mit zahlrei-chen Relikten der bäuerlichen Waldwirtschaft wie gelemm-te (s. KLB 17.04) Baumgruppen und -reihen, Überhälternund Viehtriften. Die heutigen Gehöftweiler sind spätmittelal-terlich Ursprungs. Die Wälle der alten Waldparzellen nachder Allemendeteilung von 1350 und 1580 sind zum größtenTeil in den Waldarealen noch hervorragend erhalten. ImWald finden sich noch Altwege sowie zahlreiche Flachsrös-ten, mit denen die charakteristische Bedeutung desFlachsanbaus und des Leinengewerbes dokumentiert wird.Die alte Territoriallandwehr zwischen den HerzogtümernGeldern und Jülich ist noch zum größten Teil erhalten.

Mönchengladbach, Schloss RheydtFoto: LVR/W. Sengstock

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wöhnlichen Parkanlage, den in die Landschaft ausgreifen-den Alleen und Jagdschneisen sowie dem zugehörigenhistorischen Ortskern Wickrath, dem Dorf Wickrathberg, ei-ner Lederfabrik und den Resten eines Kreuzherrenklosterseine kulturlandschaftliche Einheit bildet.

KLB 18.01 Kempener Lehmplatte

Die Kempener Lehmplatte ist eine alte Besiedlungsland-schaft auf der Mittelterrasse des Niederrheinischen Tieflandsmit größtenteils fruchtbaren Braun- und Parabraunerden.

Bedeutende mittelalterliche Siedlungen sind Kempen,St. Tönis, Hüls, Vorst und Willich. Kempen besitzt einender besten in seiner Geschlossenheit und Anschaulichkeiterhaltenen kulturlandschaftlich bedeutsamen Stadtkerneim Rheinland. Herausragende Kennzeichen sind die hoch-mittelalterliche Landesburg, die kunsthistorisch bedeu-tende Propsteikirche, die Befestigungsanlagen aus dem14. Jh., die historische Straßenstruktur sowie die hohe An-zahl erhaltener Gebäude aus dem 16.-19. Jahrhundert.

Weitere charakteristische Kulturlandschaftselementesind die spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen, wasserum-wehrten Einzelhöfe auf dem südlichen Teil der KempenerLössplatte und den Randgebieten entlang der Fließgräben

sowie Reste von Landwehren im Norden, Osten und Wes-ten der Kempener Platte. Eine in Teilen als zweizügigerWall mit drei begleitenden Gräben erhaltene Landwehr fin-det sich im Bereich von Krefeld-Forstwald.

KLB 18.02 Hülser Berg und Hülser Bruch

Der Kulturlandschaftsbereich hat seine prägende Über-formung im 19. Jh. erhalten und besitzt heute eine wichti-ge Erholungsfunktion.

Auf dem Hülser Berg ist eine vorgeschichtliche Ab-schnittsbefestigung dokumentiert, die belegt, dass be-reits in vorrömischer Zeit Menschen auf dem Berg siedel-ten. Darüber hinaus besitzt er durch seine lange Nutzungals weithin sichtbare Galgenstätte eine hohe assoziativeBedeutung rechtsgeschichtlichen Ursprungs (letzte Hin-richtung 1797). Vom Mittelalter an unbesiedelt wurde ererst im späten 19. und frühen 20. Jh. für den Ausflugsver-kehr, die Naherholung und gehobene Siedlung bzw.Blockhausbebauung erschlossen (Aussichtturm, Bergho-tel, Bahnstrecke, Fabrikantenvilla Emil Molenaar). Ebensowurde der durch Allmendenutzung devastierte Wald wie-der aufgeforstet. An der Bahnstrecke entstand zudem ei-ne Zementfabrik. Diese 30 m über die Umgebung aufra-gende Erhebung ist eine sehr auffällige Landschaftsmar-ke und ein beliebter Aussichtspunkt.

Auch das Hülser Bruch wurde erst im 19. Jh. durchKultivierung, vorwiegend zu Grünland, erschlossen. Sei-ne Bedeutung liegt entsprechend in seiner Repräsentati-vität für die Bruchkolonisation des 19. Jahrhunderts imGegensatz zu dem mittelalterlichen Kolonisationspha-sen. Reliktartig sind die als Niederwald genutzten Bruch-wälder und Feuchtbereiche erhalten. Eine Besonderheitstellen die heute gefährdeten Kopfbaumreihen entlangder alten Wege (sog. Dyks) dar. Das Hülser Bruch hat mitabwechselnden Wald- und Offenlandflächen einen sehrhomogenen Charakter und eine wichtige Erholungsfunk-tion bekommen.

KLB 18.03 Untere Erft und Gillbach

Der gesamte Auenbereich und die angrenzenden Hoch-ufer sind bedeutende Fundplätze für die vorgeschichtlicheBesiedlung. Hierin kommt die Bedeutung der Erft als Ver-kehrsweg bereits in vorgeschichtlicher Zeit zum Ausdruck.

Die mittelalterliche Besiedlung dieses Raumes ist ge-prägt durch zahlreiche Motten und Wasserburgen. Hinzukommen zahlreiche Wassermühlen und für die frühe Neu-zeit der Abzweig des Erftobergrabens zur StadtumwehrungNeuss. Für den Landesausbau stehen die Burg Hülchrathmit der befestigten Siedlung und das Kloster Langwadenmit umfangreichen Grabenanlagen in der Erftaue.

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Landesburg KempenFoto: LVR/W. Wegener

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Erft Fotos: LVR/M. Köhmstedt

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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KLB 18.04 Nordkanal

Der Nordkanal sollte unter Napoleon den Rhein bei Grim-linghausen mit der Maas auf der Höhe von Venlo verbindenund letztendlich Teilstück einer von den Niederlanden un-abhängigen Verbindung des Rheins mit dem SeehafenAntwerpen werden. Nach gut zwei Jahren Bauzeit (1808-1811) und der weitgehenden Fertigstellung des Bauwerkesvon über 30 der 53 geplanten Kilometern wurden die Arbei-ten mit der Einverleibung der Niederlande in das französi-sche Königreich gegenstandslos und somit eingestellt.

Das Bauwerk wurde daraufhin in Teilen schiffbar ge-macht, umgenutzt als Entwässerungskanal, z.T. auch zu-geschüttet. Zwischen Neuss und Neersen wurden Kanal-dämme zur Anlage einer Eisenbahnlinie verwendet. Ent-sprechend unterschiedliche Relikte, die neben dem ei-gentlichen Kanalbau auch Wärtergebäude (Neuss, Viersen,Herongen), einen Hafen (Neuss) und Schleusenanlagen(Louisenburg) umfassen, machen heute die Geschichtedieses linearen Kulturlandschaftsbereiches von hohem re-gionalen Identifikationswert ablesbar.

KLB 19.01 Krefeld-Gellep – Linn

In Krefeld-Gellep wurde das mittelkaiserzeitliche Auxiliar-kastell Gelduba zu großen Teilen archäologisch untersucht.Die rückwärtige Fläche des Lagers ist erhalten, ein großerTeil des vorderen Lagers und der davor gelegene römischeHafen wurden in den 1970er Jahren beim Bau eines neuenHafenbeckens abgetragen. Außerhalb des Lagers befandsich ein vicus. In einem weiten Bogen legen sich die Grä-

berfelder von Gellep auf der dem Rhein abgewandten Sei-te um das Kastellgelände. Mehrere tausend Gräber römi-scher und fränkischer Zeit wurden bereits freigelegt. DieBelegung beginnt im frühen 1. Jh. und setzt sich ohne Un-terbrechung zum Ende des 7. Jahrhunderts fort.

Aufgrund ihrer Silhouettenwirkung in hohem Maße land-schaftsprägend ist die Burganlage Linn, wohl die statt-lichste unter den niederrheinischen Wasserburgen. Zwarbrannte sie im spanischen Erbfolgekrieg 1702 fast voll-ständig aus, doch blieb das Mauerwerk erhalten und inder Folge ist die Anlage kaum mehr verändert worden, sodass das heutige Erscheinungsbild weitestgehend demdes späten Mittelalters entspricht. Die Burg geht auf einenWohnturm der Edelherren von Lynn zurück, der im 12. Jh.an dieser Stelle errichtet wurde. Anfang des 14. Jahrhun-derts begann der Ausbau bis zur landesherrlichen Verteidi-gungsanlage, die kontinuierlich weiter ausgebaut wurde.Etwa um 1600 fasste man Burg, Vorburg und Stadt durcheine Erdwallanlage mit fünf Bastionen und breiten Gräbenzu einer einheitlichen Festungsanlage zusammen.2004/2005 wurde der Park von Burg Linn als herausragen-des Beispiel in die Straße der Gartenkunst an Rhein undMaas aufgenommen.

KLB 19.02 Düsseldorf

Der eisenzeitliche Abbau und die Verhüttung des auf derNiederterrasse anstehenden Raseneisenerzes im Bereichvon Düsseldorf und Ratingen sind durch zahlreiche Schla-ckenfunde von den dortigen Siedlungsplätzen sowiedurch den Fund eines eisenzeitlichen Rennfeuerofens inDüsseldorf-Rath belegt. Das Vorkommen von Raseneisen-erz in diesem Raum ist besonders ergiebig. Es ist aber an-zunehmen, dass kleinere Vorkommen überall auf der Nie-derterrasse und in den Tälern des Bergischen Landes ab-gebaut und verhüttet wurden.

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Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Nordkanal, Trasse bei Straelen Foto: LVR

Düsseldorf-Benrath, SchlossFoto: LVR/J. Gregori

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Kapitel

7.2

Zwischen den Agglomerationen Duisburg und Düssel-dorf ist der Kulturlandschaftsbereich durch den Rhein undbegleitende Haufendörfer, Hofgruppen und architektonischherausragende Einzelhöfe und Schlossanlagen inmittenvon Offenlandflächen gekennzeichnet. Raumwirksam istu.a. die barocke, klassizistische Schlossanlage Kalkum mitLandschaftsgarten.

In Kaiserswerth sind das Benediktinerkloster (8. Jh.), diePfalzruine (11. Jh.) und der mittelalterliche Stadtkern erhal-ten geblieben, in der Umgebung befinden sich noch Resteder bastionären Befestigung des 16. Jahrhunderts. Damitvergesellschaften sich herrschaftliche Strukturen unter-schiedlicher Zeitstellung.

Im Stadtzentrum von Düsseldorf sind die Altstadt, dieKarlstadt, der Hofgarten mit Königsallee und der Rhein-park mit Ehrenhof von 1925 hervorzuheben. Weitere wert-gebende Kennzeichen sind die Stiftskirche, die Stadtbefes-tigungen (Stadt seit 1288), die Stadterweiterungen des 18.Jahrhunderts, die umgestaltete Fläche des Befestigungs-rings ab 1801, landschaftsgärtnerisch gestaltete Freiflä-chen außerhalb des Festungsgürtels sowie die Entwick-lung der Stadt bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts.

KLB 19.03 Knechtsteden – Stommelner Busch

Die mesolithischen Fundstellen entlang des Fußes derMittelterrassenkante des Rheines sind auch durch ihregroße Anzahl von überregionaler Bedeutung und benöti-gen einen besonderen Schutz. Die noch vorhandenenFeuchtgebiete sind wichtige Archive für Pollen und organi-sche Materialien sowie Abfälle, wie z.B. Jagdreste. Durchdie kolluviale Bedeckung bestehen gute Erhaltungsbedin-gungen für metallzeitliche Plätze in den Flussauen derrheinischen Börde.

In dem Kloster Knechtsteden, einer ehemaligen Prae-monstratenserabtei, 1130 gegründet, die an den Knechts-tedener und Stommelner Busch angrenzt, ist die Abge-schiedenheit hochmittelalterlicher Reformklöster noch er-fahrbar. Die bedeutende romanische Basilika und nördlichsich anschließende Klostergebäude sind erhalten. DerStommelner Busch war eine Allmende mit Eigentumsrech-ten der mittelalterlichen Hofstellen. 1828 setzte die ersteAufteilungsplanung ein, bis 1846 die Parzellen versteigertworden sind. Die Grabenentwässerung sowie Waldrodungmit Ansiedlungen schloss sich an.

KLB 19.04 Dormagen – Zons – Benrath

Dieses Gebiet ist seit dem Neolithikum bis heute konti-nuierlich besiedelt. Das Mäandrieren des Rheinverlaufsund damit verbundene Rheinstromverlagerungen prägtendie Entwicklung im Verlauf der Jahrtausende; Altrheinar-me sind noch deutlich im Gelände zu erkennen (z.B. Ur-denbacher Altrhein).

In Dormagen liegt eine römische Befestigungsanlageaus der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts. Hier lagen Sol-daten der 1. Legion, die im Bereich der heutigen Verwal-tung des Bayer-Konzerns Ziegel brannten. In den 80erJahren des 1. Jahrhunderts wurde die ala Noricorum nachDormagen, dem antiken Durnomagus, verlegt. Sie errichte-te hier zuerst ein Holz-Erdelager, das um 150 durch einSteinlager ersetzt wurde. Im Zuge des Asienkrieges ab 160wurde die ala abgezogen. In dieser Zeit brannte das Lagerdurch ein Schadfeuer ab. Das Lagerdorf blieb jedoch er-halten und hier befand sich sogar eine Benefiziarierstation(römische Straßenpolizei). Im Lagerdorf wurde noch im 1.Jh. das älteste am Niederrhein bekannte Mithräum errich-

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Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Düsseldorf, Ständehaus, SchwanenspiegelFoto: LVR/J. Gregori

Umfeld des römischen Kastells „Haus Bürgel“in der Rheinaue bei Monheim

Foto: MBV/A. Thünker

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tet, das mit dem Abzug der Truppe zerfiel. Unter dem galli-schen Sonderreich (4. Jh.) scheint sich die Zivilbevölke-rung in die noch stehende Befestigung zurückgezogen zuhaben. Unter Konstantin wurde die Befestigung des altenLagers erneuert und in die Nordost-Ecke ein Kleinkastellähnlicher Größe wie Haus Bürgel errichtet. Die römischeBesatzung ist bis zum Ende des 5. Jahrhunderts nachzu-weisen. Aus dem Lagerareal liegen merowingische Fundeund Befunde vor. Außerhalb finden sich romanische undfränkische Gräber des 6. Jahrhunderts, die auf getrenntenFriedhöfen bestattet wurden. Das ländliche Umland vonDormagen wurde ab der zweiten Hälfte des 1. Jahrhun-derts besiedelt. In dieser Zeit wurde in Nievenheim vomMilitär ein großer Weidebetrieb (Gestüt oder Rinderzucht) er-richtet. Die Blüte der landwirtschaftlichen Betriebe befandsich im 2. Jahrhundert. Infolge der Klimaverschlechterungwurden viele Höfe um 200 aufgelassen und ab der Mittedes 3. Jahrhunderts ist kein Hof mehr im Dormagener Um-land nachweisbar.

Haus Bürgel ist eine repräsentative Hofanlage, in seinerheutigen Erscheinung überwiegend des 19. Jahrhunderts.Der Hof steht in seinen Außenmauern (Ausnahme Westseite)auf den erhaltenen Grundmauern eines spätantiken cas-trum, das in konstantinischer Zeit errichtet wurde. Es mussein kleines Zwischenkastell seit dem letzten Viertel des 1.Jahrhunderts n. Chr. als Vorgängerbau gegeben haben, da-rauf weist ein Gräberfeld vor Ort hin. Die letzten römischenBewohner verließen gegen Ende des 5. Jahrhunderts dasKastell und zogen sich wahrscheinlich in das spätantikeDormagen zurück. In karolingischer Zeit war das Kastelldurch Schleifen der Tore entfestigt und im Innenhof nebeneiner kleinen Kirche wurde bestattet. Die Kirche in Bürgelwar die Mutterkirche der in Zons. Erst seit dem Rheindurch-bruch von 1374 änderte sich die Besiedlung von Bürgel. DieRestmauern wurden wieder erneuert, das geschleifte West-tor wurde zugemauert, das Osttor wahrscheinlich zu einemWehrtor erneuert. An der Nordostecke wurde jetzt ein vier-eckiger Eckturm errichtet, daneben wahrscheinlich der mit-telalterliche Palast, der durch den Barockneubau zerstörtwurde. Das spätantike Kastell wurde ab jetzt als Burg ge-nutzt. Die bisherige Pfarrkirche wurde Eigenkirche.

Die 1222 erstmals genannte Burg der Herren von Bero-de gelangte im 13. Jh. In den Besitz der Grafen, späterHerzöge von Berg. Sie wurde vor 1651 durch ein barockesWasserschloss ersetzt, das ab 1755 dem heutigen Roko-ko-Schloss weichen musste. Bestandteil des 1773 fertiggestellten Schlosses Benrath ist ein Park, dessen auffäl-ligster Teil das durch dia- und orthogonale Achsen er-schlossene Boskett zwischen Corps de Logis und Rheinist. Damit ist Schoss Benrath das einzige Beispiel einermaison de plaisance, das in der Gesamtheit von Bau-,Garten- und Wasserwerken erhalten ist.

Die Bedeutung der mittelalterlichen Stadt und ZollstätteZons ist heute noch gut erkennbar. Die Entwicklung derStadt ist eng verbunden mit seiner Lage am Rhein und dendarauf folgenden Stromverlagerungen. Seit 1372 wurde hierdurch den Kölner Erzbischof Rheinzoll erhoben; der Ort

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

wurde durch Burg „Friedestrom“ gesichert und zugleichwurden dem Ort 1373 Stadtrechte verliehen. Das wiederher-gestellte Hochschloss und Reste der Vorburg mit Judde-turm sind erhalten. Auch die Stadtbefestigung des 15. Jahr-hunderts mit Türmen und Toren ist erhalten. Zons ist das ambesten erhaltene Beispiel einer befestigten rheinischenStadt des Spätmittelalters. Ursprünglich unmittelbar amRhein gelegen, verlagerte sich der Fluss zwischen 1550 und1650, bis er schließlich nicht mehr die Stadtmauer berührte.

Auf den höheren Flächen der Aue wurde seit dem Spät-mittelalter kontinuierlich Ackerbau betrieben. Das Grün-land und der Wald befanden sich in den feuchteren Auen-flächen und wurden bis ca. 1820 als Allmende genutzt.Weitere Relikte mittelalterlicher Nutzung waren die charak-teristischen Kopfbaumplantagen für die Korbflechterei, diebis ins 20. Jh. betrieben wurde. Heute dominieren dieGrünland- und Ackernutzung. Seit 1850 hat der Waldanteilerheblich abgenommen. Weiterhin gibt es Kopfbäume,vereinzelte Hecken und Obstwiesen.

Der Bereich entspricht der ursprünglichen spätmittelal-terlichen/frühneuzeitlichen Siedlungs- und Landnutzungs-struktur mit Haus Bürgel, dem Schlosskomplex Benrath,der ehemaligen Feste Zons und einem persistenten Wege-gefüge. Es stellt hiermit ein herausragendes kulturland-schaftliches Raumensemble dar, welches von unterschied-lichen Standorten aus ursprüngliche und unveränderte his-torische Sichtbezügen zulässt. Daraus ergibt sich ein wert-voller Raumzusammenhang, der mittlerweile immer selte-ner wird. Hinzu kommt die Ablesbarkeit historischer Land-nutzungen mit Wald und Grünland sowie Ackerland, dienoch deutlich wahrnehmbar und erlebbar sind.

KLB 19.05 Römische Limesstraße

Mit der so genannten Limesstraße ist der rheinparallellaufende Verkehrsweg aus römischer Zeit gemeint, der alsNord-Süd verlaufende Fernverkehrsverbindung die beidenProvinzhauptstädte Mogontiacum (Mainz; Provinz GermaniaSuperior) und Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln; Pro-vinz Germania Inferior) miteinander verband und die weitereFernverbindung nach Norden zu den römischen Städtenund Legionsstandorten von Neuss, Xanten bzw. Nijmegenund zur Rheinmündung in die Nordsee darstellte. Es han-delt sich um eine der drei römischen Reichsstraßen (viaepublicae) im Rheinland (siehe KLB 24.03 und KLB 28.01).Meilensteinfunde entlang des Verlaufs belegen diesen Sta-tus ebenso wie die Aufführung in antiken Straßenverzeich-nissen (Itinerarium Antoninii) und Kartenwerken (Tabula Peu-tingeriana). Es handelt sich damit um eine von der römi-schen Staatsverwaltung gebaute und unterhaltene Ver-kehrsverbindung. Entlang der Straße findet sich römischeInfrastruktur wie Siedlungen und Straßenstationen, dochunterscheidet sich diese Straße von anderen durch dieVerbindung von militärischen Plätzen.

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

landesbedeutsam

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Kapitel

7.2

Der Ursprung der Straße ist sicherlich militärischer Na-tur. Sie verbindet auf direktem Weg die wichtigen Militär-plätze von Nijmegen/NL, Xanten (KLB 10.06), Neuss (KLB19.03) und Bonn (KLB 19.12) miteinander. Erbaut wurdesie um das Jahr 20 n. Chr., wobei das Alter der genanntenMilitärplätze, und die deutlich frühere militärische Präsenzam Rhein einen unbefestigten, archäologisch nicht beleg-baren Vorgänger vermuten lassen. Möglicherweise exis-tierte an einigen Abschnitten sogar ein vorrömischer Vor-gänger, der allerdings ebenso mit archäologischen Me-thoden bisher nicht belegt werden kann. Zu diesem Zeit-punkt endete die Straße zunächst in Bonn, da die ver-kehrstechnische Überwindung des engen Mittelrheintalswohl erst unter der Regierung des Kaisers Claudius, wahr-scheinlich in den 40er Jahren des 1. Jahrhunderts, ge-lang. Die Straße hat während der gesamten Zeit der römi-schen Herrschaft den gleichen Verlauf beibehalten, wurdeaber zum Teil deutlich von 4 auf 10 m Breite ausgebaut.Auch in nachrömischer Zeit war sie eine der wichtigstenFernverkehrsverbindungen entlang des Rheins, was sicherst mit dem Straßenbauprogramm preußischer Zeit än-derte, wo es an Teilen des Straßenverlaufs zu einer Verle-gung der Verkehrsführung kam.

Die Straße kommt bei Rolandseck, unter der modernenB 9 verlaufend, auf das Territorium Nordrhein-Westfalens.Die Streckenführung verlässt hier allerdings die Bundes-straße und liegt unter den alten Ortsdurchfahrten von Meh-lem, Rüngsdorf und Plittersdorf, um im Bonner Süden wie-der in den Verlauf der Bundesstraße zu schwenken. Ihrfolgt sie weitestgehend bis Köln, um gradlinig durch die rö-mische Stadt laufend im Kölner Norden über Niehl, Merke-

nich und Worringen erst wieder vor Dormagen den Verlaufder B 9 aufzunehmen. Weiter führt die Strecke über Zons,Üdesheim und Grimmlinghausen nach Neuss. Hier führtsie westlich der Militärlager durch die mittelalterliche Stadt,um danach nach Norden Richtung Büderich abzuknickenund dort den Verlauf der heutigen Bundesstraße B 222 auf-zunehmen. Ihre Führung geht bis Krefeld-Uerdingen aufden römischer Vorläufer zurück, wo dieser dann durch dieRheinstromverlagerung abgeschnitten wurde. Im Nordendes Krefelder Stadtgebiets nimmt die römische Straße denVerlauf des Landstraße L 137/237 auf, worunter sie bis Mo-ers-Asberg (KLB 14.10) und darüber hinaus bis Rheinbergläuft. Wahrscheinlich durch die mittelalterliche Stadtgrün-dung abseits des römischen Straßenverlaufs findet sich imUmfeld von Rheinberg keine Straßenkontinuität, die jedochnördlich von Rheinberg mit der heutigen „Römerstraße“über Millingen und Alpen-Drüpt bis Xanten-Birten vorhan-den ist. Der Verlauf bis zum römischen Stadtgebiet nörd-lich von Xanten verbleibt dann unklar, da der Verlauf hierwohl ebenfalls durch die Rheinstromverlagerung abgebautwurde. Nördlich der Stadt nimmt die Limesstraße den Ver-lauf der B 57 bis Burginatium/Altkalkar (KLB 11.01), wo siedann hoch auf die Kante der Endmoräne wechselt unddieser unter der K 27 und K 15 durch Kleve bis zur nieder-ländischen Grenze folgt.

Die Bedeutung des Straßenkorridors ist durch verschie-dene Aspekte charakterisiert. Etliche Aufschlüsse unterden modernen Straßenverläufen zeigen einen zum Teil biszu 1m hohen Straßenkörper. Diese Untersuchungen zei-gen, dass die Straße bis ins 18. Jh. als Verkehrsweg ge-nutzt wurde und erst dann grundlegend erneuert wurde.

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Rekonstruierter römischer Wachturm bei Xanten-Lüttingen, Kreis WeselFoto: LVR/T. Becker

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Diese über 1.700 Jahre andauernde Kontinuität spiegeltsich noch heute in der auf 80% des Verlaufs nachweisba-ren Lagetreue moderner Straßen über dem römischen Vor-gänger. Der römische Straßenverlauf wirkt folglich nochheute prägend für das Verkehrsnetz und die Siedlungs-struktur entlang des Rheins. In römischer Zeit diente sieals eine der Hauptverkehrsadern – hierüber lief der Fern-verkehr zwischen dem Rhein-Main-Dreieck und demRheinmündungsgebiet. In der Frühzeit der römischen Be-setzung des Rheinlandes hatte sie vor allem militärischeFunktion (Truppenverschiebungen, Nachrichtenwesen), wozuim Laufe der Intensivierung der zivilen Besieldung wirt-schaftliche Bedeutung hinzukam. Als Teil des Grenzsiche-rungssystems ist sie einziger linearer Bestandteil der Gren-ze und somit verbindendes Element mit den anschließen-den Grenzregionen in den Niederlanden und Rheinland-Pfalz. Sie schließt damit auch nach Norden an die lineareGrenzsicherung des sog. Obergermanisch-Raetischen Li-mes an, der seit 2005 in die Liste der Welterbestätten derUNESCO aufgenommen wurde.

KLB 19.06 Worringer Bruch

Auf einem hochwasserfreien Kiesrücken der Niederter-rasse des Rheins erstreckt sich im Süden des WorringerBruchs eine Altsiedellandschaft, die nach Ausweis der ar-chäologischen Funde mit nur wenigen kurzen Unterbre-chungen seit der Jungsteinzeit bis ins Mittelalter dicht be-siedelt wurde. Der Worringer Bruch selbst ist ein heute ver-landeter Altarm des Rheins, der hier eine hufeisenförmigeSchlinge bildete und wohl vor allem während des Jung-neolithikums Strombett des Rheins war. Der Mäander wur-de sicherlich schon in vorgeschichtlicher Zeit vom heuti-gen Rheinverlauf abgeschnitten; in einer Reimchronik, diedie Schlacht bei Worringen im Jahr 1288 beschreibt, wirdder Altarm bereits als Bruch bezeichnet. Von besondererBedeutung sind auf der Ackeroberfläche aufgeleseneÜberreste von Siedlungen und möglicherweise auch vonBestattungen aus dem bisher im Rheinland erst spärlichbelegten Zeitraum der späten Jungsteinzeit und demÜbergang zur frühen Bronzezeit. Eine zweite, bisher nurselten beobachtete Nahtstelle zeichnet sich in Worringenam Übergang zwischen der Eisenzeit und der Römerzeitab, da einerseits späteisenzeitliche Siedlungsfunde desletzten Jahrhunderts v. Chr., andererseits frührömischeFunde des ersten Jahrhunderts n. Chr. vorliegen.

KLB 19.07 Leverkusen

Bayerwerk mit den Siedlungen Kolonie II, Kolonie III,Siedlung Eigenheim und der Beamtensiedlung. Ab 1861wurden am Rhein bei Wiesdorf chemische Fabriken durchC. Leverkus und Fr. Bayer gegründet. Das heutige Bayer-werk ist eine komplexe Anlage zur Produktion und For-schung auf gerastertem Grundriss mit zahlreichen erhal-tens- und denkmalwerten Fabrik- und Verwaltungsgebäu-

den, dem Carl-Duisberg-Park mit Schwimmbad, Casinound Japanischem Garten. Es wurden seit 1900 weitläufigequalitätvolle Siedlungen als Gartenstädte mit Plätzen,Parkanlagen und öffentlichen Bauten angelegt.

KLB 19.08 Köln

Die Siedlungsgeschichte von Köln hat zahlreiche vielsei-tige obertägige und untertägige Spuren hinterlassen, dieheute noch strukturprägend und von landesweiter Bedeu-tung sind. Entscheidend für die spätere Entwicklung wardie Erhebung des „Oppidum Ubiorum“ zur römischen „Colo-nia“. Damit waren bauliche Maßnahmen und wichtige ad-ministrative Funktionen als Sitz des Statthalters der Pro-vinz Niedergermanien verbunden. Zugleich hatte das rö-merzeitliche Köln bereits eine wichtige religiöse Funktionals Altarsitz und es bildete sich ein wirtschaftlicher Schwer-punkt sowie Umschlagplatz heraus, bedingt durch diegünstige topographische Lage zwischen Vorgebirge undBergischen Land am Schnittpunkt zweier wichtiger Ver-kehrswege. Der römische Mauerring mit Toren und Tür-men umschloss ein dicht bebautes städtisch geprägtesSiedlungsareal mit einer herausragenden Infrastruktur

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

landesbedeutsam

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

LeverkusenFotos: LVR/M. Köhmstedt

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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drucksformen, die vom Mittelalter bis heute von ungebro-chener assoziativer und spiritueller Bedeutung sind. Zahl-reiche romanische Kirchen und Klosteranlagen dominier-ten das mittelalterliche Stadtbild, während die Zünfte undGaffeln das wirtschaftliche Leben prägten und die freieReichsstadt Köln durch das Stapelrecht den Warenverkehrauf dem Rhein kontrollierte. Auch diese mittelalterliche Ge-schichte bildet sich bis heute im Stadtgrundriss ab.

Köln, das in römischer und mittelalterlicher Zeit überregio-nale Bedeutung besaß, verlor diese am Ende der Frühneu-zeit. Erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts erhielt es neue Im-pulse und entwickelte sich zu einem der vielfältigsten undgrößten Wirtschaftsstandorte im Westen Deutschlands.

Die Entwicklung der ersten Kölner Manufakturen zu Beginndes 19. Jahrhunderts bis zu den Dampfmaschinengetriebe-nen Fabriken hatte zunächst wenige raumwirksame Auswir-kungen. Von der Aufstellung der ersten Dampfmaschine undder stürmischen Industrialisierung seit 1850 bis zur Gründer-zeit mit den zahlreichen Firmengründungen, dem kurz darauffolgenden Gründerkrach und der industriellen Blütezeit um1900 bis zum Ersten Weltkrieg bildete sich eine facettenrei-che Industriekultur heraus. Ab 1850 verlagerten sie ihre Nie-derlassungen vor die Mauern der Stadt an verkehrsgünstiggelegene Standorte, die zugleich billiges Bauland waren.

Köln wurde zum Ausgangspunkt zwei der ältesten Ei-senbahnen in Nordrhein-Westfalen (vgl. KLB 14.33, 27.04).Köln bildet heute das Eisenbahnzentrum im RheinischenNetz. Hier wurde bereits im späten 19. Jh. der Verkehr soausgebaut, dass er in einem großen Ring kreuzungsfreium Köln herum geführt wird (nach dem Vorbild Berlins). Die-ser Ring besitzt getrennte Gleise und Verbindungen fürden Güter- und den Personenverkehr. Vom Ring aus füh-ren Verbindungen nach Bergisch Gladbach, Gummers-bach, Siegburg/Troisdorf, Bonn, Euskirchen, Aachen, Gre-venbroich und Neuss. Als Besonderheit - und immer alsverkehrlicher Engpass angesehen - gilt die Anbindung des

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

(Wasserleitung aus der Eifel). Große Teile dieser Befestigungsind heute noch erhalten, wie der nordwestliche Eckturmoder das Ubiermonument und gehören damit zu den be-deutenden Sehenswürdigkeiten der Stadt. Das römischeKöln ist ein Beispiel für Standortkontinuität und noch heutebasieren einige wichtige Straßenverläufe auf römerzeitli-chen Festlegungen und zahlreiche Überreste markierendas römische Areal. Extra muros befanden sich Hand-werksbetriebe, Gutshöfe und Nekropolen, die für die spä-tere mittelalterliche Siedlungsentwicklung Anknüpfungs-punkte boten. Wenn auch das Ende der Römerherrschaftdie sehr hohe zentralörtliche Funktion zunächst zum Erlie-gen brachte, erlangte Köln im Mittelalter als „Rom des Nor-dens“ wieder eine herausragende Stellung.

Die mittelalterlichen Wachstumsphasen sind im Stadtbildheute nachvollziehbar mit mehreren Erweiterungen des rö-mischen Stadtareals. Nach der Errichtung der Stadtmauer1180 und dem Bau der Stadttore in der ersten Hälfte des13. Jahrhunderts erfolgte ein weiterer Ausbau mit vorgela-gerten Bastionen vor den Stadtoren und einem zweitenGraben im 14. Jh. Im 16./17. Jh. wurden weitere Bastionenund Ravelins rund um die Stadt errichtet. Der preußischeKönig ließ ab 1815 die Befestigungen erneuern und ab1826 durch détachierte Forts erweitern. Zwischen 1873und 1877 entstand der äußere Festungsgürtel ca. 6-7 kmvor der alten Stadtmauer, die nunmehr keine Funktionmehr hatte. 1884 wurde schließlich der mittelalterlicheStadtring aufgehoben und damit 700 Jahre Befestigungs-geschichte. Bis auf zwei Stadtmauerbereiche, drei Stadttor,zwei Mühlentürme, dem Kunibertsturm und dem Bayenturmwurden alle Anlagen eingeebnet. Der äußere Festungsgürtelwurde zum Teil nach dem Versailler Vertrag geschleift, eini-ge Forts blieben – unbrauchbar gemacht – erhalten.

Köln wurde als erzbischöflicher Sitz zusätzlich ein wichti-ger Wallfahrtsort durch die Reliquien der Heiligen drei Kö-nige, und schuf sich mit dem gotischen, im 19. Jh. vollen-deten Kölner Dom entsprechende architektonische Aus-

Köln, FloraFoto: LVR/J. Gregori

Köln, Flora, Terrassenbrunnen Foto: LVR/J. Gregori

Köln, HauptbahnhofFoto: LWL/M. Philipps

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Kölner Hauptbahnhofes mit der Rheinquerung über dieHohenzollernbrücke nach Deutz. Die Brücke musste aufkaiserliche Anordnung in der Ost-West Achse des KölnerDoms angelegt werden, womit sich die enge Kurve als Zu-fahrt zum Hauptbahnhof ergibt. Bis zum Zweiten Weltkriegdiente die Brücke auch dem Fußgänger-, Straßen- undStraßenbahnverkehr; diese Verbindung wurde beim Wie-deraufbau der Brücke nicht wieder hergestellt. Reste derStraßenbahngleise sind auf der Deutzer Seite noch erhal-ten und verdeutlichen die ehemalige Verkehrsführung. DieBahntrasse zwischen Deutz und Hansaring, im Zuge derEinrichtung des S-Bahn-Verkehrs um zwei Gleise erweitert,durchschneidet die Stadt auf einem hohen Damm mit zahl-reichen Brücken und bildet dadurch eine bedeutende Ach-se in der Stadtentwicklung.

Die Kölner Straßenbahnen errichteten ab 1877 ein dich-tes Stadtnetz sowie Verbindungen weit ins Umland, wienach Frechen/Benzelrath, nach Bergisch Gladbach, Lever-kusen, Opladen (eigene Straßenbahn 1911-1955) und Porz-Wahn. Darüber hinaus gab und gibt es Überlandverbin-dungen, wie die Verbindung von Porz-Wahn nach Sieg-burg (Wahner Straßenbahn 1917-1961 und Kleinbahn Sieg-burg-Zündorf 1914-1966) und die berühmte Köln-Bonner Ei-senbahn. Letztere verbindet auf zwei Strecken (Vorgebirgs-und Rheinuferbahn) die beiden Städte Köln und Bonn mitden Gemeinden im Vorgebirge. Diese waren außerhalbder Städte als Eisenbahn konzessioniert und hier fuhrenauch die ersten Schnellzüge auf Privatbahnen. Heute sinddie beiden Strecken in die U-Bahnnetze der beiden Groß-städte integriert.

Die Kölner Industrielandschaft differenzierte sich in „älte-re Industrieballungen“ zwischen Ehrenfeld und Bickendorf,in Nippes, Mülheim einschließlich dem nördlichen Deutz,Kalk und Porz, in „neue Industrieballungen“ im linksrheini-schen Norden und Süden, in „ältere Einzelstandorte“, so

Zollstock, Rath-Heumar oder Sürth sowie in Bereiche mit„älteren Industriedurchsetzungen“, die für mehrere KölnerVororte wie Sülz oder Raderthal typisch sind.

Alle diese Industriestandorte erstrecken sich über grö-ßere Flächen. Das optische Erscheinungsbild der einzel-nen Industriefirmen prägt nicht nur das differierende Alterder Bauten und die Größe der Industrieniederlassungen,sondern auch die spezielle Nutzung durch einen be-stimmten Industriezweig. Köln war und ist gekennzeichnetdurch vielseitige Wirtschaftsbranchen: eisenverarbeitendeIndustrien mit Schwerfahrzeugbau, Kabelwerke, Hebe-zeug- und Fördermittelfabriken, Konsum- und Luxusin-dustrie, Farben-, Lack- und Düngemittel, Autoindustrie,Kunstfaserproduzenten, Apparatebau, Elektro- und Textil-industrie, Petrochemie.

Trotz der Kriegszerstörungen und Beeinträchtigungender Nachkriegszeit lässt die Stadtsilhouette immer noch et-was von dem großartigen Stadtbaukunstwerk erahnen,das seit dem Mittelalter Gegenstand zahlreicher künstleri-scher Darstellungen gewesen ist. Hauptansicht dieserBildwerke ist stets die Rheinansicht, die seit 1859 mit demBau der ersten Eisenbahnbrücke um eine Reihe von Brü-ckenbauwerken – als „Kölner Brückenfamilie“ Objekte derForschung – bereichert worden ist. Bei den Rheinbrückenhandelt es sich schon wegen ihrer Größe, aber auch auf-grund ihres hohen ästhetischen Anspruchs um architektur-geschichtlich äußerst bedeutende Bauwerke.

Mit dem Dom als herausragende Dominante bilden diehistorischen Großbauten trotz der ihnen in der Nachkriegs-zeit erwachsenen Konkurrenz weiterhin die markanten Be-zugspunkte im Stadtbild. Die Erhaltung der städtebauli-chen und stadtbildlichen Wirkung des Kölner Doms ist da-bei im Hinblick auf seinen Welterbestatus von entschei-dender Bedeutung.

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Köln, Dom und Hohenzollern-BrückeFoto: LWL/M. Philipps

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KLB 19.09 Strundetal

Am Lauf der wasserreichen Strunde siedelte sich seit spät-mittelalterlicher Zeit eine Reihe von Mühlenanlagen an, diesich vornehmlich der Papierherstellung widmeten. Nebenden Relikten dieser frühen Mühlen haben sich eine Reiheder nachfolgenden Produktionsstätten anschaulich erhalten.

KLB 19.10 Brühler Schlösser – Vorgebirge

Auf Brühler Stadtgebiet, im Rhein-Erft-Kreis, liegen dieBrühler Schlösser Augustusburg und Falkenlust mit ihrenausgedehnten Gartenanlagen und zugehörigen Freiraum-zonen. Sie sind Baudenkmäler nach den Vorschriften desDenkmalschutzgesetzes und zugleich sind sie als kulturelleWelterbestätte der UNESCO hervorgehoben. Ihr Erhalt undder Schutz ihrer Umgebung stehen in der völkerrechtlichenVerpflichtung der Bundesrepublik Deutschland. Nach Wes-ten grenzt die Schlossanlage an die Altstadt Brühl. DieSchloss- und Parkanlagen greifen sowohl inhaltlich alsauch optisch weit in die Rheinebene. Die unmittelbare Um-gebung war kurfürstliches Jagdrevier, zu den umliegendenBurgen, Herrensitzen und Hofanlagen bestanden inhaltli-che Abhängigkeiten. Augustusburg hat die Stadt durchspezifische Funktionen und im Hinblick auf die städtebauli-che und architektonische Ausbildung geprägt. Achsen undSichtbezüge zu Kloster Walberberg, zur Godesburg, zumSiebengebirge, zur Abtei Siegburg, zu Schloss Bensbergund nach Köln bilden den optischen Wirkungsraum desSchlosses in der Landschaft ab und symbolisieren denHerrschaftsanspruch des 18. Jahrhunderts. Durch Planun-gen preußischer Zeit im 19. Jh. wird der Landschaftsraummit einer weiteren Bedeutungsebene überdeckt. Auchsteht das Schloss in der religiösen Prägung der Landschaftim Mittelpunkt eines weitreichenden Systems.

Die mittelalterlichen Töpfereibezirke in Brühl-Badorf, -Eckdorf und -Pingsdorf sind durch zahlreiche Bodenauf-schlüsse bekannt. Ihre Produkte wurden im hohen undspäten Mittelalter im europäischen Raum verhandelt. Dieim Boden erhaltenen Relikte des Töpfereigewerbes sindüberregional bedeutend für die Wirtschafts- und Handels-geschichte Mittel- und Nordeuropas.

KLB 19.11 Niederkassel

Die Niederterrassenfläche des Rheins zwischen Nieder-kassel-Mondorf und Köln-Porz rückte erst relativ spät indas Blickfeld archäologischer Forschungen. Erst großflä-chige Bodeneingriffe der letzten Jahre wie Kiesgrubener-weiterungen und Straßenbaumaßnahmen zeigten, dassdas ursprüngliche Relief stark überprägt wurde und ar-chäologische Fundstellen heute z.T. unter meterhohen Kol-luvien gut geschützt verborgen liegen.

So konnte kürzlich in Niederkassel-Uckendorf zum ers-ten Mal am Niederrhein eine Siedlung der ältesten Bandke-ramik nachgewiesen werden. In Niederkassel-Mondorffand sich ein Erdwerk der jüngeren Bandkeramik mit Gra-benwerk und Palisade. Daneben kamen bei gleicher Gele-genheit Siedlungen aus der älteren und jüngeren Eisenzeitzum Vorschein. Auch aus der römischen Kaiserzeit sindSiedlungsreste belegt; die hier siedelnden Germanen leb-ten hier gewissermaßen auf Tuchfühlung mit dem römi-schen Imperium auf der anderen Rheinseite.

Mit der merowingischen Besiedlung im 6. Jh. werden diebis heute bestehenden Dörfer gegründet. Als Beispiel kön-nen hier Lülsdorf und Rheidt mit ihren merowingerzeitli-chen Gräberfeldern genannt werden.

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

StrundetalFoto: LVR/M. Köhmstedt

landesbedeutsam

Brühl, Schloss AugustusburgFoto: LVR/W. Wegener

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KLB 19.12 Bonn

Die Anfänge Bonns gehen auf eine ubische Ansiedlungzurück, die unter dem späteren mittelalterlichen Stadtkernauf einer Halbinsel im Rhein lag. Entlang des Rheins befes-tigten die Römer die Grenze des Römischen Reiches mitKastellen, so auch in Bonn. Das erste römische Lager be-fand sich an der Stelle der ubischen Ansiedlung, bis dannum 30 n. Chr. das Legionslager „castra bonnensis“ nördlichvon dieser Ansiedlung gegründet wurde. Jüngste Ausgra-bungen im ehem. Regierungsviertel haben Reste des vicus,der dem Lager zugehörigen Zivilsiedlung, zu Tage ge-bracht. In der Spätantike verlagerte sich die Siedlung gänz-lich in den Festungsbereich des Legionslagers. Dies bliebbis ca. 1000 n. Chr. so. Dann verlagerte sich der Siedlungs-schwerpunkt mit dem Namen Bonna nach Süden.

Kristallisationspunkt der mittelalterlichen Stadt bildete dieauf einem römisch-frühchristlichen Gräberfeld errichtete Mär-tyrerkirche, dem späteren Münster. Die bürgerliche Markt-siedlung vor der Stiftsstadt wurde 1244 mit dieser zusam-mengelegt und befestigt. Im 18. Jh. wurde Bonn zur Resi-denzstadt der Kölner Kurfürsten ausgebaut. Residenzschloss(seit 1818 Universität), Poppelsdorfer Schloss Clemensruhe,Poppelsdorfer Allee als Verbindungsachse und Hofgartenprägten von nun an die kurfürstliche Stadt, die seit 1818 Uni-versitätsstadt ist. Universitätsbauten, vor allem in Poppels-dorf, und die gründerzeitlichen Stadterweiterungen im Süden

(Südstadt) und Norden (Nordstadt) seit der zweiten Hälfte des19. Jahrhunderts verliehen Bonn den Charakter einer wohl-habenden Universitäts- und Beamtenstadt.

1949 wurde Bonn Hauptstadt der BundesrepublikDeutschland, was eine allgemein rege Bautätigkeit hervor-rief. Die frühen Regierungsbauten im Regierungsviertel wa-ren der Not der Zeit und dem Provisoriumscharakter derHauptstadt geschuldet. Erst in der zweiten Hälfte der 1980erJahre begann der selbstbewusste Ausbau des Regierungs-viertels mit markanter moderner Architektursprache.

Seit dem Umzug der Bundesregierung ab 1999 hatBonn durch den damit verbundenen Strukturwandel auchsein Bild geändert und neue Akzente gesetzt, durch Abrisseinerseits und am augenfälligsten mit der Errichtung desJahnschen Posttowers im ehem. Regierungsviertel.

Landschaftlich verlässt ab Bonn der Rhein das von Bur-gen geprägte engere Mittelrheintal, so dass Bonn das En-de der „romantischen“ Rheinlandschaft darstellt und zurrheinischen Tiefebene überleitet. Das Siebengebirge bildetrechtsrheinisch mit seiner markanten Silhouette die südli-che Kulisse. Das Drachenfelser Ländchen im Süden, Kot-tenforst und Ville begleiten weit ins Land zurückgenom-men linksrheinisch die Flusslandschaft. Das Rheinufer wirdvon Mehlem im Süden bis zum Stadtzentrum linksrhei-nisch durch Villenbebauung geprägt, während rechtsrhei-nischen Flussauen überwiegen.

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

440000

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Bonn, Blick vom ehemaligen Abgeordnetenhochhaus „Langer Eugen“Foto: LVR/M. Thuns

Bonn-Poppelsdorf, Schloss ClemensruheFoto: LVR/E. Knieps

Bonn, gründerzeitliche Bebauung Foto: LVR/E. Knieps

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KLB 19.13 Neuss

Im modernen Stadtgebiet von Neuss findet sich ein Kul-turlandschaftsbereich, der auf eine 2.000 Jahre andauern-de kontinuierliche Besiedlung und Prägung zurückblickenkann. Zwar ist die Besiedlungsgeschichte des Bereichs -wie für die fruchtbaren Böden der Niederterrasse typisch -deutlich älter und kann bis in die Altsteinzeit zurückverfolgtwerden, doch gewinnt der Raum durch die römische Ok-kupation des Rheinlandes an Bedeutung. Hier wurde umdas Jahr 16 v. Chr. als ursprünglicher Endpunkt der Ver-bindungsstraße von Trier über die Eifel (KLB 28.01) ein Mili-tärlager errichtet. Hieraus entwickelte sich die Haupttrup-pen- und -versorgungsbasis der römischen Eroberung desRheinlandes und vor allem der Feldzüge ins rechtsrheini-sche Germanien. Reste von zwölf Lagern mit einer Größevon bis zu 80 ha haben hier bis zur Mitte des 1. Jahrhun-derts n. Chr. bestanden, wonach dann für knapp zwei Ge-nerationen ein festes Lager für eine Legion, also eine ca.6.000 Mann starke Infanterie-Einheit, errichtet wurde. Hier-mit war Neuss der Standort einer von vier solcher Einhei-ten am Rhein nördlich der Mittelgebirge. Um die militäri-schen, aber auch wirtschaftlich potenten Standort entwi-ckelte sich eine umfangreiche zivile Besiedlung, die in di-rekter Abhängigkeit zum Militär stand. Der römische Namedes Militärplatzes ist an mehreren Stellen mit „Novaesium“überliefert, woraus sich in der mittelalterlichen Tradierungdann der Name Neuss entwickelt hat. Im 2. Jh. verlor derPlatz durch die Verkleinerung der Truppe auf eine 500Mann starke Kavallerie-Einheit militärisch wie wirtschaftlichan Bedeutung. Der Siedlungskern verlagerte sich im 4. Jh.in den Bereich der späteren mittelalterlichen Stadt, wo-durch auch die Position des Militärlagers aus dieser Zeitdurch die mittelalterlichen Strukturen stark gestört und da-mit bisher unbekannt ist.

Im Bereich der späteren Kirche St. Quirinius entwickeltesich aus dem spätantiken Gräberfeld ein christlicher Sied-lungskern, aus dem die mittelalterliche Stadt aus einer frän-kischen Siedlung und um das um 950 n. Chr. gegründeteBenediktinerkloster entstand. Die erste urkundliche Erwäh-nung des mittelalterlichen Neuss datiert in das Jahr 1021,wo es als Handelsplatz belegt ist. Im Mittelalter befand sichhier ein wichtiger Hafen- und Fährpunkt und die Kreuzungder wichtigen Nord-Süd- und West-Ost-Verbindungen. Im12. Jh. erhielt der Ort Stadtrechte und damit beispielsweiseauch eine Stadtmauer. Mit der Überführung der sterblichenÜberreste des heiligen Quirinius aus Rom im Jahr 1050 be-kam Neuss auch eine starke religiöse Bedeutung als Pilger-zentrum, was in dem Bau des Münsters 1209 gipfelte. DieMitgliedschaft in der Hanse war ein beredtes Zeugnis fürdie wirtschaftliche Bedeutung der Stadt im Mittelalter. Dieseverlor sich im Spätmittelalter ein wenig aufgrund der Rhein-stromverlagerung und dem damit verbundenen verminder-ten Hafenbetrieb. Ein Übriges taten dann die Eroberungund der damit verbundene Stadtbrand 1586.

Die Bedeutung des Bereiches von Neuss liegt in der Ein-zigartigkeit der römischen Militärpräsenz an diesem Platz.

Die hier auf relativ engem Raum nachgewiesene dauerhaftemilitärische Präsenz von 16 v. Chr. bis in die zweite Hälftedes 3. Jahrhunderts, und mit einer geringräumigen Verlage-rung sogar bis an den Anfang des 5. Jahrhunderts suchtSeinesgleichen bei den römischen Militärstandorten amRhein. Die über die Zeitperioden andauernde verkehrsgeo-graphische Bedeutung lässt sich beispielsweise an der Rol-le des römischen Novaesium als Endpunkt der erstenKunststraße im Rheinland ablesen. Die Erhaltung der römi-schen Reste ist – soweit sie nicht durch die Überbauungdes römischen Militärareals in den 1950er bis 1970er Jahrenzerstört sind – ungewöhnlich gut, wie umfangreiche Ausgra-bungen im Vorfeld der Überbauung gezeigt haben. Als Teilder römischen Grenzsicherung am Rhein ist Neuss vor al-lem für deren Frühzeit von übergeordneter Bedeutung.

KLB 19.14 Rhein

In der Rheinebene, bestehend aus dem Fluss, den Au-enbereichen und den angrenzenden Niederterrassen, bil-deten sich bereits in der Bronze- und Eisenzeit charakteris-tische Siedlungsstrukturen heraus. Während die durchHochwässer gedüngten Auenbereiche der land- und vieh-wirtschaftlichen sowie gewerblichen Nutzung dienten, be-fanden sich die Siedlungen und Gräber auf der hochwas-serfreien und weniger ertragreichen Niederterrasse.

Der Fluss, der sich von einem langsam fließenden, mäan-drierenden Strom in der beginnenden Bronzezeit zu einemverwilderten, furkativen Flusssystem in der Eisenzeit entwi-ckelte, war einer der wichtigsten Wasserwege bereits in vor-geschichtlicher Zeit. In Verbindung mit den rheinparallelenLandwegen und den bedeutenden Ost-West verlaufendenLandwegen bildeten sich prädestinierte Plätze für die Ent-wicklung von Handel und Besiedlung heraus. In dieser Zeitist das Gebiet beiderseits des Flusses als Siedlungseinheit

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

440011

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Blick von der Drachenburg auf Bonn Foto: LVR/J. Gregori

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zu sehen, da der Strom kein unüberwindbares Hindernisdarstellte, wie archäologisch nachweisbare Furten belegen.

Dagegen zeichnet sich die Grenzfunktion des Rheines inrömischer Zeit bis heute in den Unterschieden der links-rheinischen zur rechtsrheinischen Siedlungsstruktur ab.Zahlreiche römische Hafenanlagen belegen seine wirt-schaftliche Nutzung.

Eine Zäsur bildete die Rheinstromregulierung ab dem19. Jh., im Laufe derer der Rhein vollständig kanalisiert, dieUfer befestigt und Buhnen angelegt wurden. Die Inseln undFurten verschwanden. Auch die zahlreichen ehemaligen Ne-benarme, sind nur noch an wenigen Stellen ablesbar undbilden heute wichtige archäobotanische Archive. Ebenfallsim 19. Jh. setzte erstmals seit der Römerzeit wieder Brü-ckenbau ein, wodurch die Verkehrsströme über den Flussnicht nur beschleunigt, sondern auch neu zentriert wurden.

In und bei den großen Städten und vor allem im Ruhrge-biet kam es durch die Industrialisierung und den Kohle-bergbau zum Ausbau großer Hafenanlagen sowie Indus-trieanlagen in Wassernähe, gefolgt von dichter Besiedlung,die z.T. zur Bildung neuer Städte führte (z.B. Leverkusen).

KLB 19.15 Köln-Bonner Autobahn

In der Zeit der Weimarer Republik (1926) und damit zeit-lich vor der diesbezüglichen nationalsozialistischen Legen-denbildung beschloss der Provinziallandtag den Bau derKraftwagenstraße Köln-Bonn als ersten Teilabschnitt derStraße Ruhrgebiet-Bonn. Die heutige Autobahn Köln-Bonnwurde 1929-1932 gebaut und am 6. August 1932 dem Ver-kehr übergeben.

Die im Oktober 1929 beginnenden Baumaßnahmen wur-den als Notstandsarbeiten ausgeführt, der Einsatz von Bag-gern und Förderbändern war untersagt. Die Fahrbahndeckein dem 1,5 km langen Einschnittsbereich vor Bonn wurdeals Basaltkleinpflasterdecke im Bogenversatz auf Packlage-und Schotterunterbau ausgeführt. Die Mittellinie bestandaus dreizeiligem Reihenpflaster aus schlesischem Granit miteinem Fugenverschluss aus Trasskalkmörtel. Im Jahre 1934erhielt die Kraftwagenstraße auf den 18,5 km langen Damm-strecken ihre endgültige Fahrbahndecke. Sie bestand auseinem 2 cm starken Teersplittteppich unter Verwendung vonBasalt bei den äußeren Fahrspuren und Kalkstein bei denÜberholspuren. Aufgrund der verkehrshistorischen Bedeu-tung hat der Autobahnabschnitt einen Denkmalwert.

KLB 20.01 Langenberg im Deilbachtal

Langenberg ist ein sehr gut erhaltener niederbergischerFachwerkort mit evangelischer Barockkirche. Zu Reichtumgelangte Langenberg durch die Industrialisierung im späten19. Jh.; in der Folge entstanden die neue evangelische Kir-

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

440022

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

che von J. Raschdorff 1877 sowie ein großes Bürgerhausvon 1913 im Ortskern als private Stiftung. Bemerkenswert istein weitläufiger Friedhof aus dieser Zeit mit einer neuromani-schen Kapelle. Gründerzeitliche Villen mit parkähnlichenGärten gruppieren sich um den Ortskern. Fabrikanlagenflankieren den Deilbach, östlich auf der Anhöhe „Hardt“steht der Bismarkturm.

KLB 20.02 Angerbachtal

Der Kulturlandschaftsbereich markiert den Flussabschnittvon Wülfrath-Rhodenhaus (nahe der Quelle) bis Ratingen(Mündung südlich von Duisburg in den Rhein). Es handeltsich um eine typisch niederbergische Flusslandschaft miteinzeln liegenden Hofanlagen und Mühlen (Angermühle, Au-ermühle und Hofermühle) und Herrensitzen (Haus Anger,Burg Gräfgenstein, Haus zum Haus). In Ratingen ist HausCromford als Industriedenkmal bemerkenswert.

KLB 20.03 Neandertal

Der Kulturlandschaftsbereich umfasst das Tal der Düsselvon Wülfrath-Düssel bis etwa zur Stadtgrenze von Erkrath(Neandertal). Es handelt sich um eine Flusslandschaft mitMühlen und Hofanlagen.

Das Neandertal mit der bedeutendsten paläolithischenFundstelle Deutschlands mit dem namengebenden Homini-denfund des Neanderthalers markiert das westliche Endedes Flussabschnitts. Dem Fundplatz des Neanderthalers istvor Ort ein Museum gewidmet. Zusätzlich sind hier Überres-te der industriellen Kalkproduktion des 19. Jahrhunderts inForm von Kalköfen, Zufahrtsrampen und -brücken zu sehen.

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Markierte Fundstelle des Neandertalersbei Mettmann

Foto: LVR/E. Knieps

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

KLB 20.04 Tal der Wupper

Charakteristisch für das tief eingeschnittene Tal der Wup-per mit den beidseitig ansteigenden Anhöhen ist das Zu-sammentreffen von ländlicher Prägung mit städtischer Ver-dichtung. Die mittelalterlichen Ortskerne der Städte Beyen-

burg, Lüttringhausen, Lennep und der Ortschaften Hucken-bach, Büchel, Platz, Morsbach, Spelsberg, Halbach undCronenberg sind wichtige Bestandteile dieses Kulturland-schaftsbereichs. Herausragend sind Schloss Burg und Burgan der Wupper, ehemalige Sitze der Grafen von Berg, in do-minanter Lage mit besonderen Blickbezügen. Auch die typi-sche ländliche Siedlungsweise mit zahlreichen Hofschaftenist in Teilen noch erlebbar. Topographisch und siedlungsge-schichtlich charakteristisch für die historische, industriell ge-prägte Kulturlandschaft des Bergischen Landes sind nebendem Wuppertal das Gelpetal, das Morsbachtal, das Esch-bachtal und das Lohbachtal mit ihren Mühlenstandortenund Hämmern, die als Relikte der Wasserkraftnutzung denZusammenhang von naturräumlichen Gegebenheiten undwirtschaftlicher Entwicklung erlebbar machen.

Mit Einsetzen der gewerblichen Nutzung der Täler undvor allem durch die Industrialisierung erhielt dieser Kultur-landschaftsbereich seine heutige Prägung. Die große Be-deutung der Textilindustrie im Bereich Wuppertal-Barmen-Elberfeld ist in dem enormen Stadtwachstum des 19.Jahrhunderts mit großflächigen Stadterweiterungen, Vil-lenvierteln, Parkanlagen mit Aussichtstürmen und den In-dustriestandorten am Fluss dokumentiert. Die gewerbli-che Nutzung des Wuppertales und seiner Seitentäler so-wie ihre Überformung durch wasserbautechnische Anla-gen für Mühlen, Schleifkotten, Hammerwerke und Anla-

gen des Textilgewerbes setzten bereits in vorindustriellerZeit ein. Das Textilgewerbe etablierte sich in Wuppertalbereits 1527 mit dem Privileg des Garnbleichens. Diemeisten Standorte sind wüst gefallen und nur noch rudi-mentär erhalten.

Ein industriegeschichtliches Ensemble von europäischerBedeutung ist im Bereich Dahlhausen, Vogelsmühle undDahlerau erhalten. Durch die abseitige Lage bedingt wurden

hier neben den großen Textilfabriken ab Mitte des 19. Jahr-hunderts auch Menagerien, Arbeitersiedlungen und Fabri-kantenvillen errichtet. Funktional zugehörig ist die Bahnstre-cke nach Oberbarmen (Bergisch-Märkische Eisenbahn) mitzugehörigen regionaltypischen Bahnhöfen, Stützmauernaus Grauwackebruchstein und zahlreichen Brücken.

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

landesbedeutsam

Remscheid, Wehr und Obergrabendes Jagenbergshammers am Gelpebach Foto: MBV/A. Thünker Wuppertal, Friedrich-Engels-Haus

Foto: LWL/M. Philipps

Wuppertal, SchwebebahnFoto: LWL/M. Philipps 440033

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Weitere bedeutende Kulturlandschaftselemente desVerkehrs sind die Müngstener Brücke und die seit 1900bestehende Wuppertaler Schwebebahn, der eine Begleit-bebauung folgte.

Eine Zäsur stellte die Aufstauung der Wuppertalsperrein den 1980er Jahren dar, deren Wasser mit 225 haOberfläche eine große Anzahl historischer Kulturland-schaftselemente überdeckte und ein neues Landschafts-bild schuf.

KLB 20.05 Eisenbahn Düsseldorf-Elberfeld

Die Planungen der Bahnverbindung gehen auf das Jahr1832 zurück, als die Handelskammern von Düsseldorf undElberfeld die Verbindung befürworteten, um für die Produkti-on der Baumwollspinnereien im Bergischen Land kosten-günstig die Rohprodukte anliefern zu können, die aus Über-see im Düsseldorfer Hafen eintrafen. Nach Gründung derDüsseldorfer-Elberfelder-Gesellschaft 1835 erhielt diese 1837die Konzession zum Bau einer normalspurigen Eisenbahn.Zur Begutachtung der Trassenführung engagierte man denSohn von George Stephenson, der Erbauer der ersten Ei-senbahnlinie Stockton-Darlington. Auch die englische Bahnwies eine Steilstrecke auf, wie sie zwischen Erkrath undHochdahl vorgesehen war. Dieser Abschnitt wurde mit ei-nem Seilbetrieb versehen, während die übrigen Abschnittnach Düsseldorf und Elberfeld zwar enge Kurven, aber kaumGefälle aufwiesen. Der Abschnitt bis Erkrath wurde 1838 er-öffnet, die erste Eisenbahn in Nordrhein-Westfalen. Die Steil-strecke von Hochdahl nach Erkrath eröffnete man 1841.

In Erkrath standen zwei Dampfmaschinen, mit derenKraft die Züge über eine Umlenkrolle und an einem Hanf-seil befestigt die Steilstrecke hinauf und herunter geführtwurden. Diese Betriebsform wurde jedoch nur vier Monatepraktiziert, danach zog der bergab fahrende Zug über dasSeil den bergauf fahrenden Zug hinauf. Dieser Steilstre-ckenbetrieb bestand bis 1927, die Umlenkrolle ist noch alsDenkmal vor Ort erhalten. Die Fortsetzung der Bahnlinienach Elberfeld wurde 1841 dem Betrieb übergeben.

KLB 20.06 Ennepetal

In den Tälern der Ennepe und ihrer südlicher Zuflüssewird die frühe gewerbliche Orientierung als Charakteristi-kum der Kulturlandschaft besonders anschaulich.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern

� Stadtkern Schwelm� Adelssitze Ahausen, Martfeld und Rocholz� Schwelmer Brunnen� Unternehmersitze überwiegend aus dem 18. Jh. mit

eisen- und textilgewerblichen Produktionsstätten

KLB 21.01 Raum Iserlohn – Altena – Lüdenscheid, Lennetal und Kalkbereich zwischen Hagen und Balve/Hönnetal

Um Iserlohn und Lüdenscheid ist spätestens seit demHochmittelalter Eisenerz gewonnen und verarbeitet wor-den. Schwerpunkt der Verarbeitung war die Drahtziehereiund die in Iserlohn beheimatete Herstellung von Ketten-panzern. Die Bedeutung der Orte wird daraus ersichtlich,dass sie in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts vonden Grafen von der Mark zu Städten erhoben wurden. Et-was anders ist die Entwicklung in Altena verlaufen, dessenMittelpunkt eine im 12. Jh. entstandene, später märkischeBurg war. Um sie entwickelte sich die städtische Siedlungals Zentrum des in den umliegenden Tälern verbreitetenDrahtziehgewerbes.

Das engschluchtige und von bewaldeten Höhen ge-säumte Lennetal wird zwischen den städtischen und stadt-ähnlichen Ansiedlungen durch Industrieanlagen in dichterFolge bestimmt. Diese stehen in einer langen Tradition derNutzung der Wasserkraft für eisengewerbliche Zwecke.Die Höhenburgen zeugen von der Bedeutung des Talesschon im Mittelalter und von der nationalen Burgenroman-tik der Zeit um 1900. Da Wohnbebauung aller Sozial-schichten seit dem 18. Jh. überliefert ist, sind in großerzeitlicher Tiefe die entscheidenden Etappen der Entwick-lung der Kulturlandschaft augenfällig.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Burg Altena (als Stammburg der Grafen von Al-tena nach 1900 wieder aufgebaut), Burg bzw. Schloss Ho-henlimburg, Ruine der Burg Schwarzenberg, Unternehmer-villen, Drahtzüge und Handwerkerhäuser in Rahmedetalund Nettetal, Arbeitersiedlungen seit den 1870er Jahren,Drahtrollen (z.B. in Brachtenbeck oder im Springertal), Wer-

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

440044

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

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Bei BalveFoto: LWL/M. Philipps

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lien im Bergbau. Spuren sind noch in den umliegendenWäldern erkennbar. Heute ist die entstandene Höhenro-dung eines der „klassischen“ Skigebiete und Wanderrevie-re des Sauerlandes mit hervorragenden Blickbezügen(Nutzungswert). Im ansonsten waldreichen Sauerland istdie geschichtliche Entwicklung eines offenen Raumes indieser Höhenlage eine Besonderheit.

KLB 21.03 Arnsberger Wald mit dem Möhnesee, Arnsberg und der Kleinstadtlandschaft „Sauerland“

Der Bereich ist im Bewusstsein vieler Besucher der Inn-begriff von „Natur“. Der Arnsberger Wald gibt aber als ehe-mals kurfürstliches Jagdrevier Zeugnis über historische ge-sellschaftliche und politische Verhältnisse und die Forstge-schichte des Sauerlandes. Der besondere Wert des Arns-berger Waldes besteht in seiner Ausdehnung. Er gehört zuden größten zusammenhängenden Waldgebieten Deutsch-lands. Diese Tatsache lässt sich aus der Historie erklären.

Der heute noch erkennbare und begehbare „Rennweg“ist Spur des handelnden Menschen. Der weithin land-schaftlich prägende Möhnesee und seine 1913 erbauteTalsperrenmauer vereinen ökologischen Wert, landschaftli-che Schönheit mit technischem Wirken des Menschen.

Um Rüthen-Kneblinghausen (Kreis Soest) sind in den ver-gangenen Jahrzehnten zahlreiche mesolithische Oberflä-chenfundstellen entdeckt worden. Wie jüngste Neufundezeigen, ist das Potential damit jedoch noch nicht erschöpft,da immer noch bisher unbekannte Fundstellen zu Tage

Kapitel

7.2

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

dohl (Fabrikanlagen auf Wasserkraft, heute auf Laufwasser-kraftwerken), Lenne (an den Zuflüssen Talsperren zur Be-triebswasserbevorratung, 1890er Jahre, Laufwasserkraftwerkeund Walzenwehre vor 1914), Linie der Ruhr-Sieg-Eisenbahn(1861-67, mit Tunnel- und Brückenbauten).

Eine wichtige archäologische wie paläontologischeFundregion – auch aus forschungsgeschichtlicher Sicht –ist das langgestreckte devonische Kalkvorkommen zwi-schen Hagen im Westen und dem Hönnetal/Balve (Märki-scher Kreis) im Osten. Im Hönnetal ist in den zahlreichenHöhlen seit dem frühen 19. Jh. ein umfangreiches Fund-material geborgen worden, das im Wesentlichen in das Pa-läolithikum und die vorrömische Eisenzeit datiert werdenkann. Dieses Material ist z.T. heute noch Gegenstand aktu-eller Forschungsarbeiten.

Durch Kalkabbau werden in dieser Region immer wie-der Höhlensysteme angeschnitten, die paläontologischesMaterial unterschiedlicher Epochen liefern. Neben pleisto-zänem Material sind in alten Schlotten auch – wie jüngstin Balve-Beckum – Dinosaurierreste der Unterkreide ent-deckt worden.

Das Potential dieser Region an bisher unbekannten ar-chäologischen Fundstellen ist ebenfalls nicht erschöpft,wie der Neufund von Menschenresten des Meso- undNeolithikums in einer kleinen Höhle bei Hagen zeigen.

Aus landschaftlicher Sicht ist im NSG „Felsenmeer“ dieaußergewöhnliche Vermischung von natürlichen und an-thropogenen Geländeausbildungen (Höhlen, Mulden, Pin-gen, Halden) bemerkenswert. Insbesondere die Erhaltungvon Kleinreliefformen ist nötig (vgl. NSG-Verordnung).

In dem malerischen tiefen Taleinschnitt des Hönnetalesund auf den begleitenden Höhen werden für die Kulturland-schaft entscheidende Elemente der Territorial-, Siedlungs-,Wirtschafts- und Verkehrsentwicklung in großer zeitlicherTiefe seit dem späten Mittelalter anschaulich dokumentiert.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Burg Klusenstein (als mittelalterliche Grenzfes-tung mit Talmühle), Oberrödinghauser Hammer und Volk-ringhauser Schmiede (als eisengewerbliche Produktionsstät-ten), Luisenhütte in Balve-Wocklum (als 1748 eingerichteteHochofenanlage), Hönne-Brücken des frühen 19. Jahrhun-derts, Eisenbahnlinie Fröndenberg-Neuenrade (mit Brü-cken, Tunnels und Stützmauern der Zeit um 1900), KapelleMaria, Königin des Friedens (1948 über dem nördlichen Aus-gang des Hönnetales errichtet), Kalköfen (als Zeugnisse einesseit dem späten 19. Jh. bedeutenden Industriezweiges).

KLB 21.02 Kleinweiler Sundern-Wilde Wiese

Die Montansiedlung Sundern-Wildewiese liegt an einerQuellmulde auf dem Homertrücken zwischen 520 und 600m ü. NN. Im Jahre 1800 lag der Haupterwerb der 17 Fami-

Sundern-Wilde WieseFoto: LWL/M. Philipps

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kommen können. Zudem liefern die bekannten Fundstellenneues, reiches Fundmaterial. Warum gerade diese Regionfür die letzten Jäger und Sammler so attraktiv war, ist unklar.

Aus dem gleichen Areal ist seit der Jahrhundertwendedas etwa 10 ha Fläche einnehmende Römerlager Kneb-linghausen als obertägiges Bodendenkmal bekannt. Überdas Lager sind abseits einiger Grabungsschnitte vom Be-ginn des 20. Jahrhunderts kaum Details bekannt. Beson-ders die Torgestaltung des Lagers (clavicula-Tor) wurde lan-ge diskutiert, doch sind aufgrund von neuen Befundenderartige Toranlagen auch für die augusteische Zeit nunnachgewiesen. Wie dieses Lager allerdings in die Strate-

gie der römischen Okkupationsversuche Germaniens ein-zupassen ist, ist aufgrund seiner ungewöhnlichen Lageabseits der bekannten Lippe-Linie noch unklar.

Aus dem Bereich des Lagers sind zudem einige Über-reste einer germanischen Siedlung entdeckt worden, de-ren Bezug zu dem römischen Lager offen ist.

Jüngst sind aus dem Umfeld auch verschiedene Berg-bauspuren erkannt worden, die vielleicht ein neues Lichtauf die strategische Bedeutung des Lagers werfen.

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

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ArnsbergFoto: LWL/M. Philipps

MöhneseeFoto: LWL/M. Philipps

Lattenberg bei ArnsbergFoto: LWL/M. Philipps

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In der „Kleinstadtlandschaft Sauerland“ wird die für dieKölnischen Stadtgründungen im Sauerland charakteristi-sche Lage auf Bergkuppen in der Fernsicht besondersdeutlich durch die weitgehend ungestörten Blickbeziehun-gen im Städteviereck Belecke, Hirschberg, Kallenhardtund Rüthen. Alle vier Städte – und zusätzlich der alteStandort der 1802 von der Kuppe ins Tal verlegten StadtWarstein – weisen alte Kirchen und überwiegend klassizis-tisch geprägte Stadtanlagen und Bebauung auf.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Historische Stadtkerne Belecke, Hirschberg,Kallenhardt und Rüthen, Warstein; hirstorischer StadtkernArnsberg (Altstadt und Stadterweiterung nach 1815) mitSchlossruine und Kloster Wedinghausen; Hohlwege ältererÜberlandverbindungen; Chaussee Koblenz-Minden (mitdenkmalwerten Elementen, z.B. Meilensteine), AdelssitzeSchloss Körtlinghausen und Haus Welschenbeck; Kom-mende Mühlheim, Dorfkerne Altenrüthen und Suttrop mitPfarrkirchen und überwiegend ländlicher Architektur;Forsthäuser und Jagdschloss im Arnsberger Wald; Möh-nesee mit Staumauer und Tourismusarchitektur.

Die Belange „Naturhaushalt“, „Forstwirtschaft“, „Wasser-wirtschaft“ und „Erholung“ sind in der NSG-Verordnungberücksichtigt. Der Raum Arnsberger Wald ist aber nichtnur aus ökologischen Gründen schutzwürdig, sondernauch als Kulturlandschaft. Die weitgehend ungestörtenBlickbeziehungen im Städteviereck Belecke, Hirschberg,Kallenhardt und Rüthen sind zu erhalten.

KLB 21.04 „Altes Testament“ bei Altenhellefeld –„Caller Schweiz“

Der Landschaftsausschnitt ist beispielhaft für das offene,überwiegend agrarisch genutzte Sauerland, das im Ge-

bei AltenhellefeldFoto: LWL/M. Philipps

gensatz und in der Ergänzung zum waldreichen Sauerlän-der Bergland steht. Der geologische Untergrund wird über-wiegend aus Kalkgesteinen gebildet. Die Böden sind rela-tiv fruchtbar. Die Hänge sind nicht sehr steil. Weite Blickesind über die freien Täler und Mulden möglich. Nur Kup-pen und Hügel sind bewaldet. Land- und forstwirtschaftli-che historische Nutzungen haben kleinflächige Biotope fürvom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten hinter-lassen (z.B. Kalkmagerrasen, Wacholderheiden, Reptilien, En-zian, Orchideen).

KLB 21.05 Briloner Hochfläche

Die leicht kuppige und hügelige Briloner Hochfläche (ca.500 m ü. NN) mit der Stadt Brilon ist eine intensiv genutzteAgrarlandschaft. Den Kalkgesteinen des Untergrundes ver-dankt sie ihre fruchtbaren Böden. Dauergrünland und ausge-dehnte Ackerflächen beherrschen das Landschaftsbild. In ei-

Kapitel

7.2

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

landesbedeutsam

Wacholderheide im „Alten Testament“Foto: LWL/M. Philipps

„Caller Schweiz“Foto: LWL/M. Philipps

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nigen Gebieten wird in größerem Umfang Kalk abgebaut. Ihroffener Charakter steht im Gegensatz zum Rothaargebirge.

Nachdem eine Bleierzeugung bei Brilon bereits um1103/07 tradiert ist, sind die Grubenbezirke im Umfeld vonBrilon, Brilon-Alme und Wünnenberg-Bleiwäsche durch-gängig in frühneuzeitlichen Quellen bezeugt. Erhalten sindzahlreiche strukturelle Hinterlassenschaften des einstigenBergbaus und der Verhüttung. Es handelt sich um denVerlauf der Gangvererzungen folgenden Pingenzüge, wo-bei die Vererzungszonen später von den Hängen mittelsStollen bergmännisch angefahren bzw. durch saigere undtonnlägige Schächte erschlossen wurden. Die Verhüt-tungsanlagen sind teils bis in Höhe der Oberkante der Be-schickungsöffnung („Gichtbühne“) des Hochofens erhalten.Der Wüstungsquotient des Kulturlandschaftsbereichesliegt bei rund 75%; d. h. drei von vier Orten des Mittelalterssind im 14. Jh. aufgegeben worden. Die Ortswüstungenlassen sich zwei Typen zuweisen: erstens Siedlungen mitschwer deutbarem Ortsnamen (z.B. Kaphlikun), für die eineBesiedlung spätestens seit dem 8. Jh. wahrscheinlich istund von denen häufiger Funde der römischen Kaiserzeitvorliegen und zweitens ländlichen Kleinsiedlungen desTyps -inghausen, die im 9.-11. Jh. entstanden sind. In derRegion ist weiterhin der wüstgefallene ArchidiakonatssitzHaldinchusen lokalisiert. Unbekannt ist die Lage einer(?)Töpfereiindustrie, die von etwa 1100 n. Chr. bis um 1330den Hellwegraum von Soest bis Paderborn mit ihren Er-zeugnissen reichlich versorgte und deren Keramik nebenSchieferkies vereinzelt kleinste Bleifragmente enthält.

Die weite und nur schwach reliefierte Hochfläche mit derStadt Brilon als Zentrum lässt durch das Fehlen älterer Be-bauung bis heute den Wüstungsvorgang zur Zeit derStadtgründung und die planmäßige Wiederbesiedlung in

den 1950er erkennen. Es handelt sich um zwei für die Kul-turgeschichte der Kulturlandschaft gleichermaßen bedeut-same Entwicklungsschübe.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Bau-denkmälern: Stadtkern Brilon (mit Kirche und Rathausaus dem Mittelalter, Teilen der Stadtbefestigung, Klosterund Bürgerhäusern seit 1700), historische Mühlen ent-lang der Alme, Schloss und Dorf Alme, barocke Land-güter Tinne und Almerfeld, Aussiedlerhöfe in Weilernauf der flurbereinigten Hochfläche, kulturlandschaftlichbedeutsame Kerne von Altenbüren, Nehlen, Scharfen-berg und Thülen.

Die Porphyrfelsen „Bruchhauser Steine“ ragen aufdem 727 m hohen Istenberg weithin sichtbar aus denumgebenden Wäldern heraus. Ihre räumliche Wirksam-keit, ihre außergewöhnliche morphologische Ausbildungund ihre strategische Lage machen die Anziehungskraftfür den Menschen aus (frühe Siedlungsspuren, Wallburg).In besonderer Weise verbindet sich hier ökologischer(„Naturschutzgebiet“) und kulturgeschichtlicher Wert. DerBereich ist ein attraktiver Identitätsstifter im Sauerland.

KLB 21.06 Ebbegebirge

Der Gebirgsstock des Ebbegebirges ragt 600 m ü. NNund ist waldbestanden. Zusammen mit seinen Vorländerngibt er Zeugnis für die Wirtschafts- und Forstgeschichte desRaumes. Reste der ehemals betriebenen Niederwälder sindvorhanden. Kleingeländeformen weisen auf historischenErzabbau und Köhlerbetrieb und auf Hütten- und Mühlen-standorte in den Bachtälern hin. Das als Naturschutzgebietausgewiesene Moor „Wolfsbruch“ hat in seinen deutlichausgeprägten Schichten Zeichen über wechselnde Vegetati-onsverhältnisse vor und im Laufe der Menschheitsgeschich-te und damit indirekt über historische Nutzungen erhalten.

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Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Briloner HochflächeFoto: LWL/D. Schwarzhans

Nordhelle bei HerscheidFoto: LWL/M. Philipps

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Der Raum gibt musterhaft Auskunft über die Bedeutungvorhandener Naturressourcen für die wirtschaftliche Entwick-lung (Eisenerze als Rohstoff, Wald und Wasser als Energieträger)einer Region. Vegetationsausbildungen weisen auf denRaubbau der Natur hin, der zu Heideentwicklungen und Aus-hagerungen führte. Die entblößten Hänge sind nun Standor-te für Freizeitaktivitäten (Ski und Rodeln, Drachenfliegen), typi-sche Ausbildungen „unserer“ Zeit und Lebensweise.

KLB 21.07 Raum Schmallenberg

Die charakteristische Vielfalt der ländlichen Siedlung desHochsauerlandes und ihrer Entwicklung einschließlich typi-scher Wandlungen der Bauformen wird im Raum Schmal-lenberg aufgrund nur mäßig großflächiger, jüngerer Eingrif-fe besonders augenfällig.

Konstituierende Merkmale aus dem Bestand an Baudenk-mälern: Bodendenkmal Wilzenberg (mit Kapelle und Kreuz-wegen), Kloster Grafschaft, kulturlandschaftlich bedeutsa-mer Stadtkern Schmallenberg (als klassizistische Wiederauf-bauleistung nach 1822), Kirchdörfer Lenne, Oberkirchen undWormbach (mit Pfarrkirchen und Pfarrhäusern, dörflicher Be-bauung seit dem späten 17. Jh., aber auch aus der Zeit nach1945), Weiler Winkhausen, Nieder- und Obersorpe (mit Bau-ernhöfen seit dem 17. Jh.), ehemalige Standorte von Hamm-erwerken an der Lenne; Getreidemühle Oberkirchen.

KLB 21.08 Winterberger Hochfläche

Winterberg und seine Umgebung geben Zeugnis überdie Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte und spiegeln die

Entwicklung des Sauerlandes als Wintersportort und Erho-lungsgebiet als Pendant zum Ballungsraum „Ruhrgebiet“wieder. Die Einrichtungen der Sprungschanze und der Eis-bahn in Kombination mit den Höhenrücken und Bergensowie den als Grünland genutzten Unterhängen und Tä-lern sind charaktergebend. Hinzu kommen die Relikte tra-ditioneller Landbewirtschaftung in den Hochheiden aufdem Kahlen Asten und bei Niedersfeld. Die gefasstenQuellen der Ruhr und der Lenne sind typisch für den je-weiligen Zeitgeist im Umgang mit natürlichen Elementen.Das Verhältnis von Wald- und Freiflächen ist charakteris-tisch für das Landschaftsbild.

Im Verlauf einer exzessiven Wüstungs- und Entsied-lungsphase des 14. Jahrhunderts sind im Umfeld von Win-terberg rund 3/4 der mittelalterlichen Orte aufgegebenworden. Aus der Wiederbewaldung resultiert, dass sich so-wohl die strukturellen Hinterlassenschaften der einstigenOrte als auch der zugehörigen Ackerterrassensysteme er-halten haben. An südexponierten Hängen bis in eine Hö-henlage um 620 m ü. NN angelegt, zeugen diese von ei-nem marginalen mittelalterlichen Sommergetreide- insbe-sondere dem in urbarialen Quellen überlieferten Haferan-bau. Charakteristisch für diesen Kulturlandschaftsbereichsind zudem Bergbauwüstungen. In den Talsiedlungen sindzahlreiche in den Geschichtsquellen seit dem 15. Jh. über-lieferte Standorte der Kleineisenindustrie zu lokalisieren,die – anders als im märkischen Sauerland – nicht überwie-gend modern überbaut sind.

KLB 22.01 Mittelalterliche Straße Köln-Lennep-Schwelm

Der Verlauf der mittelalterlichen Fernstraße Köln-Mül-heim-Wermelskirchen-Lennep-Beyenburg-Schwelm-Hagenist bis Lennep identisch mit der heutigen B 51. Die Straße

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Schmallenberg Foto: Stuttgarter Luftbild Elsäßer © LWL-Medienzentrum für Westfalen

landesbedeutsam

Auf dem Kahlen Asten bei WinterbergFoto: LWL/M. Philipps

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muss schon im 10. Jh. eingerichtet worden sein, denn dieEifgenburg bei Burscheid-Kaltenberg (in KLB 22.03) scheinteine ottonische Sicherungsburg an der Straße aus dem10. Jh. zu sein. In einzelnen Bereichen sind aufgrund topo-graphischer Bedingungen parallele Alttrassen, meist alsHohlwege an einen Anstieg, erhalten, so im Bereich derEschbachtalsperre oder bei Beyenburg.

KLB 22.02 Radevormwald

Durch regionale Forschungen in der Mitte des 20. Jahr-hunderts konnten bei Radevormwald und Hückeswagenein mittelalterlicher Eisenverhüttungsbezirk mit zahlreichenSchlackenhalden und Rennfeueröfen kartiert werden. Zudiesen Plätzen liegen einzelne archäologische Untersu-chungen vor, deren Datierung allgemein im 10. Jh. ansetzt.Keramikfunde Pingsdorfer Art datieren einzelne Wald-schmieden in das 13. Jahrhundert. Hier wurde Braunei-senstein verarbeitet. Über die Rennfeuer- und Windöfen,die sich vorwiegend in den Quellmuldenbereichen der Bä-che und Siefen finden, drangen die Hüttenleute unter Aus-nutzung der Wasserkraft zur Betreibung von Blasebälgenimmer weiter in die Talbereiche vor. In den angrenzendenWaldgebieten liegen zahlreiche Meilerpodien. Die Eisen-verarbeitung in diesem Raum hat wesentlich die Entwick-lungen Radevormwald und Hückeswagen bestimmt. Han-delsbeziehungen bestanden zum benachbarten und fürKöln wichtigen märkischen Brekerfeld.

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

441100

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

KLB 22.03 Kloster Altenberg

Das Abteigelände des ehemaligen ZisterzienserklostersAltenberg liegt im Zentrum dieses Kulturlandschaftsberei-ches. Der Ort Odenthal als Kirchdorf, das Schloss Strauwei-ler, das Eifgenbachtal mit verschiedenen Mühlenstandorten,die Hochflächen zwischen Eifgenbach, Dhünn und Scherf-bach bis Bechen, Dabringhausen und Hilgen sind für denKulturlandschaftsbereich prägend. Diese Teilräume sindweitgehend ländlich strukturiert mit größeren Waldungen.Bevor das Kloster Altenberg im Dhünntal gegründet wurde,sind die Höhen beiderseits dieses Talabschnittes im Mittel-alter stärker besiedelt gewesen. Darauf deuten die Ab-schnittswälle Erberich auf dem Westufer und Bülsberg undEichenberg auf dem Ostufer hin. Möglicherweise haben wires hier mit Fliehburgen für die ländliche Bevölkerung zutun. In eine ganz andere Richtung weist die Anlage der Eif-genburg auf dem Westufer. Es handelt sich um eine ottoni-sche Anlage zum Schutz des Überlandweges von Kölnnach Schwelm. Erst mit dem Bau der Stammburg der Gra-fen von Berg um 1070 auf der Bergklippe – dem Berg –über der Dhünn kann diese Landschaft historisch nähereingeordnet werden. Diese Burg war Namen gebend fürdas Grafengeschlecht und das Bergische Land.

Das Kloster Altenberg ist 1133 gegründet worden. Dererste Standort des Klosters war die alte Burg der Grafen zuBerg oberhalb der Dhünn. Die Eigenbewirtschaftung der

Mönche und Autarkie der Zisterziensersetzte Werk- und Gewerbestätten, Müh-len und Fischteiche voraus. Eine Viel-zahl von Elementen und Strukturen isterhalten bis hin zu Wegebeziehungen,Gräben, Hohlwegen und Kleindenkmä-lern. Der Bau der Abteikirche dauerte

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Hohlweg Foto: LVR/M. Köhmstedt

Klosterkirche Altenberg, Gemeinde Odenthal

Foto: LVR/W. Wegener

Foto: LWL/M. Philipps

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

von 1259 bis nach 1379. Im 16. Jh. begann man mit demBau der Immunitätsmauer, die das Kloster umschloss.1803 wurde die Abtei säkularisiert. Nach Umnutzung derromanischen Klostergebäude zur chemischen Fabrikbrannten diese 1815 nieder und wurden bis zur Mitte des19. Jahrhunderts abgetragen. Die gotische Klosterkirchewurde nach Vandalisierung und Teilzerstörung zwischen1835 und 1847 wiederhergestellt. Altenberg ist gegenwär-tig ein sehr hochwertiges und gut besuchtes, überregionalbekanntes Ausflugsziel von hohem regionalem landeswei-tem Identitätswert. Die bedeutenden kulturlandschaftlichenBezüge und historischen Standortbedingungen sind sehrgut nachvollziehbar. Eine Vielzahl der heute z.T. denkmal-geschützter Altenberger Grangien wie Menrath, Bülsberg,Portsberg, Cleverhof, Großspezard, Oberbreitbach, Schöl-lerhof, Großgrimberg, Kochshof, Luchtenberg, Steinhau-serhof sind erhalten.

KLB 22.04 Aggertal – Leppetal

Der Kulturlandschaftsbereich Aggertal - Leppetal ist ge-prägt durch Bergbau, Eisenerzverarbeitung und Industrie.Im Leppetal ist die Eisenerzgewinnung und -verhüttung bisin das späte 16. Jh. nachweisbar. Insgesamt sind inklusiveder Mühlen, der Hüttenwerke und dem Walzwerk 25 Anla-

gen bekannt, davon 16 Eisenhämmer. Die wirtschaftlicheBedeutung des Tales wird durch die bis 1958 betriebeneSchmalspurindustriebahn unterstrichen, die zu einer Blüteder Steinindustrie führte. Zahlreiche Relikte zeugen vonder ausgedehnten Grauwackengewinnung. In einem klei-nen Nebental bildet das Schloss Gimborn (17./18. Jh.) mitGutshof, Mühlengebäuden, Kirche, Pfarr- und Küsterhausein geschlossenes Ensemble.

Im Aggertal wurde am Standort eines alten Hammer-werks in Engelskirchen mit der Fabrik Ermen und Engelsdie größte Baumwollspinnerei des Bergischen Landes er-richtet (heute gemeinsam mit dem Oelcheshammer im Leppe-tal Teil des Rheinischen Industriemuseums). Unterhalb von

Engelskirchen liegt der repräsentativste Adelssitz desBergischen Landes, das Schloss Ehreshoven aus dem16./17. Jh. mit barocker Gartenanlage.

Zwei wichtige bergische Erzreviere, das Kaltenbacher Ei-senerzrevier mit Ründeroth als zentralem Ort und einer

nachweislich 800-jäh-rigen Bergbauge-schichte mit einerVielzahl gut erhaltenerRelikte sowie das vor-wiegend neuzeitlicheBleibergwerk Silber-kaule, in dessen Be-zirk erstmals im Bergi-schen Land ein mittel-alterlicher Bergbaube-zirk (13. Jh.) mit Pin-gen, Hausplattformenund einem Schutzwallgegen die Brüderstra-ße nachgewiesenwerden konnte, prä-gen die Kulturland-schaft nachhaltig.

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Engelskirchen,Schloss EhreshovenFoto: LVR/J. Gregori

mittelalterlicher Schmelzplatz bei GummersbachFoto: LVR/W. Wegener

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Engelskirchen, Schloss Foto: LVR/J. Gregori

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KLB 22.05 Bensberger Revier, Schloss Bensberg

Im Umfeld des früheisenzeitlichen Ringwalles „Lüderich“und der späteisenzeitlichen „Erdenburg“ stehen Rasenei-sen- und Metallerze an. Das Raseneisenerz im Sülzbachtalist nach Ausweis von Rennfeueröfen erst in der römischenKaiserzeit abgebaut und verhüttet worden. Im Bereich derneuzeitlichen Grube Anacker (Rösrath-Eigen) deuten eisen-zeitliche Scherben in einer Halde auf einen möglichen frü-heisenzeitlichen Abbau von Kupfererzen hin. Auf dem Lü-derich konnte römischer Blei- und Silbererzbergbau des 2.Jahrzehnts n. Chr. nachgewiesen werden. Ferner lassenFunde von Azurit und Malachit in den römerzeitlichen Hal-den des Tagebaus „Heidenkeller“ in Rösrath-Hoffnungsthalauf einen mächtigen Kupferausbiss schließen, der mögli-cherweise schon in der Eisenzeit erschlossen war. Erst inkarolingischer Zeit wurde das Metallerz im Bereich der spä-teren Grube Anacker wieder abgebaut. Auf dem Lüderichwurde erst wieder im 12./13. Jh. der Bergbau auf Bleiglanzaufgenommen, der erst in den 1960er Jahren endete.

Der Ort Bensberg wird bestimmt durch die markante Sil-houette der in den 1960er Jahren durch Gottfried Böhmzum Rathaus ausgebauten mittelalterlichen Burganlage.Die Ruine der auf einer Hügelkuppe im 12./13. Jh. inBruchstein errichteten Burg wurde in den Sichtbetonbaudes Rathauses integriert.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts nimmt Bensberg einenmerklichen Aufschwung mit dem Bau des „Neuen Schlos-ses“, ein Jagdschloss des Herzogs Johann Wilhelm II. vonJülich-Kleve-Berg. Die axiale Ausrichtung auf den KölnerDom und die Blickbeziehung zum Dom über die Rheinebe-ne hinweg sind bemerkenswert. Das Ortsbild von Bensbergwird durch die beiden herrschaftlichen Bauten dominiert.Daneben sind einige bergische Fachwerkhäuser erhalten.

KLB 22.06 Königsforst – Wahner Heide – Siegburg

Innerhalb des Kulturlandschaftsbereiches sind die Teilräume Wah-ner Heide und Siegburg landesweit bedeutsam.

Der Kulturlandschaftsbereich gliedert sich in ein geschlos-senes Waldgebiet mit einer herrschaftlichen Forstgeschichteund ein landesweit herausragendes Heidegebiet. Innerhalbdes Bereichs liegt die mittelalterliche Stadt Siegburg.

Der hier beschrieben Raum wurde bereits in der Alt-und Mittelsteinzeit sporadisch aufgesucht, worauf einigewenige Funde dieser Zeitstellung verweisen. Herausra-gend ist die mittelsteinzeitliche Fundplatz Ravensberg beiTroisdorf, der das einzige kleinräumig begrenzte Quarzit-vorkommen des Rheinlandes darstellt, das hauptsächlichin der Mittleren Altsteinzeit (Mittelpaläolithikum) als Roh-stoffquelle zur Steingeräteproduktion genutzt wurde. Mit

erhaltenen Spuren bergmännischer Gewinnung ist hier zurechnen. Der Fundplatz besitzt wegen seiner Einzigartig-keit überregionale Bedeutung.

Dauerhafte Ansiedlungen sind erst seit der JüngerenSteinzeit belegt (5.-2. Jahrtausend v. Chr.), wie Siedlungs-funde in Altenforst-Heide und am Nordrand der Heideter-rasse belegen. In der Älteren Eisenzeit (8.-5. Jh. v. Chr.)wurde der Raum intensiv besiedelt und genutzt. Daraufverweisen zahlreiche, auch heute noch sichtbare Grabhü-gel auf den wenig ertragreichen Randzonen der Heide (wieam Altenforst, Hohe Schanze-Boxhohn, Scheuerbusch, Hohl-stein bei Spich, Ravensberg, im Herfeld, entlang des Eisenwe-ges und bei Leidenhausen). Die zeitgleichen Siedlungensind bislang nicht weiter erforscht worden, lagen aberwahrscheinlich nahe den Bächen und wasserführendenNiederungen. Herausragend ist der eisenzeitliche Ringwallauf dem Güldenberg. Bei Grabungen wurden Reste vonBefestigungsanlagen aus Wall und Graben dokumentiert.Ob es sich hierbei um eine dauerhafte Siedlungen (Höhen-burg) oder eine nur temporär aufgesuchte Fliehburg han-delt, ist noch nicht abschließend untersucht worden. So-wohl durch die intensive Waldnutzung (Vieheintrieb) alsauch den erhöhten Holzeinschlag (infolge von Hausbauten,Metallgewinnung und -verarbeitung u.a.m.) entwickelte sichdie ursprünglich dicht bewaldete Landschaft durchmenschlichen Einfluss in eine Heide.

Diese Siedlungsstrukturen brechen im 1. Jh. v. Chr. ab.Eine Neubesiedlung beginnt in germanischer Zeit (1.-3. Jh.n. Chr.), wie Siedlungen in Altenrath, auf dem Fliegenberg,im Scheuerbusch und an der Hasbacher Höhe belegen,die durch die Nähe zu Gewässern (Sülz und Agger) ge-kennzeichnet sind. Römische Funde in diesen Siedlungenzeigen die engen wirtschaftlichen Verbindungen zum Rö-mischen Reich.

Im Frühen Mittelalter wurde das Gebiet weiter aufgesie-delt. Vom Fliegenberg sind Gräber aus merowingischerZeit dokumentiert. In der Nähe von Altenrath befindet sichdie Motte Dieffenbroich, die wahrscheinlich aus dem12./13. Jh. stammt. Des Weiteren wurden einige ländlicheSiedlungen angelegt, wie z.B. Altenrath. Sie waren mit ei-nem dichten Wegenetz miteinander verbunden, dessenStrukturen noch weitgehend erhalten sind. Einige dieserSiedlungen wurden jedoch wieder aufgelassen, sind alsowüst gefallen. Diese Wüstungen stellen wertvolle archäolo-gische Reservate dar, da sich hier die Strukturen der Nut-zung zu einem bestimmten Zeitpunkt erhalten haben, oh-ne dass sie durch jüngere Veränderungen gestört wurden.

Die Wahner Heide ist einerseits einer der ältesten erhal-tenen Kulturlandschaften mit zahlreichen erhaltenen vor-und frühgeschichtlichen Fundplätzen, andererseits ist siewegen ihres wenig ertragreichen Bodens seit dem FrühenMittelalter das am dünnsten besiedelte Gebiet der Regionzwischen Köln und Bonn. Infolge der starken Übernutzungder armen Böden und der intensiven Waldbewirtschaftungentstand seit der Eisenzeit die heutige Heidelandschaft. Ei-ne der in dieser Landschaft seltenen Ansiedlungen ist

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

441122

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Wahner Heide – Siegburglandesbedeutsam

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durch archäologische Untersuchungen nachgewiesenwerden, bei denen innerhalb der Kirche ältere Kirchenfun-damente, die Krypta, das Grab des heiligen Anno und wei-tere mittelalterliche und frühneuzeitliche Gräber freigelegtwurden. Im Bereich des Klosters zeugen mehrphasigeFundamente, Reste eines Treppenturms und ein Hof- oderWegepflaster von der bewegten Baugeschichte der Abtei.

Vermutlich entstanden mit der Gründung der Abtei einoder zwei Siedlungen am Fuß des Berges. Um 1073 hatbereits eine Vorgängerkirche der um 1169 errichteten undnoch heute in großen Teilen erhaltenen Servatiuskirche ge-standen. Eine erste Stadtbefestigung entstand zwischen1125 und 1182. Sie besaß drei Tore, das Holztor im Nord-westen, das Kölntor im Westen und die an der Mühlengas-se gelegene „alde Portz“ im Süden. Verbunden wurdendie Tore schon zu dieser Zeit über die heutige Holzgas-se/Bahnhofstrasse und die Mühlengasse. Das Zentrum derStadt bildeten der Markt und die Servatiuskirche. Nördlichdavon liegt das Viertel einer jüdischen Gemeinde, die inSiegburg seit dem 15. Jh. belegt ist.

Die wirtschaftliche Entwicklung Siegburgs wurde durchZerstörung im Dreißigjährigen Krieg gestoppt. Erst in preu-ßischer Zeit erfolgte ein wirtschaftlicher Aufschwung. Dieverbesserte verkehrstechnische Erschließung durch dieHaupteisenbahnlinie Köln-Troisdorf-Gießen sowie die aus-gebaute Köln-Frankfurter Straße (heutige B 8) gewann anBedeutung und ermöglichte ab 1840 die Ansiedlung vonIndustrie (Siegwerk) um den Altstadtbereich von Siegburgherum. Im Zweiten Weltkrieg erlitt die Stadt durch Bombar-dements erhebliche Zerstörungen.

Beim Aufbau der Stadt zum Verwaltungs- und Einkaufs-zentrum für den Rhein-Sieg-Kreis wurde Rücksicht auf die

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

noch heute als Altenrath erhalten. Damit in Verbindungsind auch bergbaulichen Anlagen zu sehen, die sich ins-besondere im Umfeld von Altenrath (u.a. Töpferort des17. Jahrhunderts) finden. Auch diese sind größtenteils wüstgefallen. Seit dem 19. Jh. entwickelte sich eine intensivemilitärische Nutzung, die zahlreiche wertvolle Relikte hin-terlassen hat. Heute sind sowohl wirtschaftliche (FlughafenKöln/Bonn) als auch touristische Aspekte bestimmend fürdie Kulturlandschaft.

Große geschlossene Waldgebiete wie der Königsforst imEinzugsbereich eines Agglomerationsraumes sind kein zu-fälliges Ergebnis, sondern es liegen rechtliche Vorausset-zungen vor, die die Flächen in einem Waldnutzungssystembelassen haben. Der kulturlandschaftliche Begriff „Forst“deutet auf das Nutzungsinteresse an der wichtigsten vorin-dustriellen Ressource Holz hin. Der auf der rechtsrheini-schen Mittelterrasse gelegene Königsforst ist ehemaligesfränkisches Königsgut. Das ca. 3.000 ha große Areal dienteim Mittelalter als Jagdrevier und war ein sog. Bannwald, dernicht gerodet werden durfte. Auch in der Neuzeit blieb derKönigsforst ein herrschaftliches Jagdrevier mit großem Rot-wildbestand. In Bensberg errichtete 1703 Jan Wellem vonBerg ein Jagdschloss. Bis zur französischen Besetzung derRheinlande 1795 dominierten Laubbäume, danach wurdenbevorzugt Nadelbäume gepflanzt. Seit dem 20. Jh. ist derKönigsforst ein wichtiges Naherholungsgebiet mit Ausflugs-lokalen, Tiergehegen und entsprechender Wegeführung.Der Königsforst ist ein Beispiel für das Beibehalten vonForstflächen durch die Jahrhunderte neben benachbartenintensiven Agrar- und Siedlungsflächen und ist nur vor demHintergrund der Jagdgeschichte verständlich.

Insbesondere im Umfeld von Altenrath finden sich neu-zeitliche bergbauliche und industrielle Anlagen, wie z.B.Töpfereien. Diese sind ebenfalls größtenteils wüst gefallen,wobei sich zahlreiche Relikte im Boden erhalten haben.

Ab dem 19. Jh. wird die Wahner Heide als militärischesGelände genutzt. Aus dieser Zeit haben sich zahlreicheRelikte wie Geschützstände, Schützengräben, Gefechts-stellungen, Schießplätze, aber auch Infrastruktureinrichtun-gen, wie Gebäude, Fernmeldeeinrichtungen, Straßen, undWege, Eisenbahntrassen u.a. als bedeutende Bodendenk-mäler erhalten. Auf den durch die militärische Nutzungnicht zugänglichen Flächen konnten sich wertvolle Biotopeentwickeln, die als Rückzugsgebiete für seltene Tiere undPflanzen hohe Bedeutung für die ganze Region besitzen.

Die verkehrsgünstige Lage an der Sieg, die einen schiff-baren Zugang zum Rhein bot, und die fortifikatorisch wich-tige Erhebung des Michaelsberges machten Siegburg be-reits in fränkischer Zeit zu einer der bedeutendsten Ansied-lung im Auelgau. Diese wurde um 1.000 n. Chr. vom loth-ringischen Pfalzgrafengeschlecht der Ezzonen beherrscht,deren Sitz eine auf dem Berg gelegene Burg war. 1059verlor Pfalzgraf Heinrich I. seine Herrschaftsansprücheüber weite Teile des Auelgaus an den Kölner ErzbischofAnno II., der 1064 die Benediktinerabtei auf dem Michaels-berg gründete. Reste dieser frühen Anlagen konnten

Siegburg, Kloster auf dem Michaelsberg Foto: LVR/W. Wegener

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mittelalterliche Stadtstruktur (Marktplatz, Beibehaltung dermittelalterlichen Straßenführung, Einbeziehung der mittelalterli-chen Stadtmauer) genommen.

Die mittelalterliche und neuzeitliche Stadt Siegburg istbedeutend für die Geschichte der Region, weil sich hierdie Siedlungsabläufe und -geschichte vom Frühmittelalterbis in die Neuzeit anhand archäologischer Zeugnisse underhaltenen Denkmälern erhalten haben.

KLB 22.07 Homburger Land

Das Homburger Land liegt rund um Schloss Homburg,Zentrum einer ehemals reichsunmittelbaren Herrschaft,welche sich über 500 Jahre im Bergischen Machtbereichbehauptete. Dieses Gebiet vereint Zeugnisse der Territori-algeschichte mit einer interessanten Mühlen- und Indus-triegeschichte in einer überwiegend ländlich strukturiertenkleinteiligen Kulturlandschaft.

Die drei Kirchdörfer Nümbrecht (Hauptort der HerrschaftHomburg), Drabenderhöhe, am Schnittpunkt zweier bedeu-tender historischer Höhenstraßen gelegen, und Marienberg-hausen entfalten durch ihre Lage und ihre herausragendenBauwerke eine große Landschaftswirkung. Daneben bestim-men kleine bäuerliche Weiler, deren historische Wegestruktu-ren und Charakteristika wie Bauerngärten, Obstwiesen undtypische Dorfgehölze teilweise noch erhalten sind, ebensodie Kulturlandschaft wie typische Kleinelemente, z.B. Hute-bäume, Hohlwege, Stufenraine und alte Wegetrassen. Einebesondere Hinterlassenschaft stellen die vielen Mühlen undHämmer, oft aus vorindustrieller Zeit und z.T. mit gut erhalte-nen wassertechnischen Anlagen, dar. Im Tal der HomburgerBröl ist ein mühlen- und industriegeschichtlich bemerkens-werter Teilabschnitt erhalten, der noch deutlich die ehemals

einsame Lage alter Mühlenstandorte erfahrbar macht. Dienoch heute ansässige Papierproduktion lässt sich bis zu ei-ner Papiermühle des 16. Jhahrhunderts zurückverfolgen.

KLB 22.08 Brüderstraße Köln-Siegen

Die Brüderstraße, der Name entstand durch Verballhor-nung aus Brückerstraße (1386 erstmals erwähnt), ist einmittelalterlicher Fernhandelsweg zwischen Köln und demBergbaugebiet um Siegen. Der Name geht auf die Brückeüber den Flehbach zurück, an der sich der Ort Brück (Ers-terwähnung 1166), entwickelte. Der Straßenzug ist wahr-scheinlich zuerst in karolingischer Zeit genutzt worden.Im Laufe der Zeit entstanden entlang des Weges verein-zelt Siedlungen, so z.B. Overath, zuerst 1066 erwähnt.Der Verlauf der Brüderstraße über Brück, Bensberg, Over-ath, Drabenderhöhe, Denklingen, Freudenberg und Sie-gen ist durch vielfache Hohlwege belegt. Sie war diewichtigste Verbindung des Oberbergischen Landes mitdem Siegerland und dem Rhein. Sie hat einige wenigeFlusseinschnitte wie durch die Agger bei Overath. Die Hö-hen hatten eine natürliche Entwässerung durch dasHanggefälle und ermöglichten trockenere Wege. Mit demBau der Köln-Olper Chaussee 1823 bis 1834 verlor dieBrüderstraße ihre Bedeutung.

Weitere Abzweigungen verbanden andere Handelswe-ge ins Märkische Land oder über den Nutscheid zur Sieg;eine Abzweigung bei Oberwiehl erreichte über Sinspertdie Silberkuhle.

KLB 22.09 Bergische Eisenstraße

Die spätmittelalterliche sog. „Eisenstraße“ von Siegennach Remscheid ist eine der überregional bedeutendenStraßen des Bergischen Landes. Im Remscheid-Solinger

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

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Rösrath-HofferhofFoto: LVR/J. Gregori

ObstwieseFoto: LVR/D. Schäfer

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Raum wurde in dieser Zeit schon die Wasserkraft zur Ei-senveredelung und Werkzeugherstellung genutzt. Dadas heimische Eisenerz nicht ausreichte bzw. zu schlechtwar, musste Roheisen aus dem Siegerland importiertwerden. Von Siegen aus verlief die Straße in RichtungKreuztal, Gummersbach, Wipperfürth und Lennep. Ein-zelne Relikte dieser Straße sind an der Stadtgrenze zwi-schen Remscheid und Hückeswagen bei Dörpermühleals Hohlwege erhalten.

KLB 24.01 Untere Wurm

An den Flüssen und Bächen im Kreis Heinsberg, seit je-her Grenzland, findet sich eine ungewöhnliche Vielzahlvon Burgen, Herrensitzen, Mühlen und Gutshöfen sowiezugehörigen kleinen und größeren Siedlungen. Eine be-sonders anschauliche Verdichtung dieser auch landschaft-lich sehr reizvollen Strukturen stellt das Wurmtal zwischenRimburg und Randerath dar, u. a. mit den Burgen bzw.Schlössern Rimburg, Zweibrüggen, Geilenkirchen, Trips,Leerodt und Randerath, die z. T. zu den baugeschichtlichbedeutendsten Zeugnissen ihrer Art im Rheinland zählen(z.B. das dreiteilige spätmittelalterliche Wasserschloss Trips)oder einzigartige historische Kontinuitäten aufweisen(Schloss Rimburg mit vermutetem Römerkastell).

Nördlich von Schloss Rimburg fanden in den Jahren1926 und 1927 am Ostufer der Wurm Ausgrabungen inTeilflächen einer römischen Siedlung statt. Die Grabungs-funde belegen eine Nutzungszeit ab der ersten Hälfte des1. Jahrhunderts bis in die Spätantike. Neben Teilbereichender Bebauung des vicus wurden Abschnitte der römischenStraße nach Tongeren freigelegt. Im Bereich des Wurm-

Teilrekonstruiertes Badegebäude einer römischen villa rusticaan der Wurm bei Übach-PalenbergFoto: LVR/P. Wagner

übergangs erbrachten Pfahlgründungen den Hinweis aufeinen befestigten Flussübergang durch eine hölzerne Brü-cke. Die im heutigen Grenzbereich zu den Niederlandengelegene römische Siedlung ist im Bereich der GemeindeUebach-Palenberg ca. sieben Hektar groß. Der weiterenVerlauf der Straße und der Siedlung auf niederländischemGebiet wurde in den Jahren 1947-49 und 1970 archäolo-gisch untersucht.

Auch zahlreiche Hinterlassenschaften des 20. Jahrhun-derts, wie gesprengte Bunker des Westwalles, erhaltenenPanzersperren und Wassergräben, bestimmen das Bildder Landschaft.

KLB 24.02 Mittlere Rur – Nideggen

Die Feuchtgebiete in der Ruraue besitzen eine große Be-deutung für die Konservierung von organischen Restenund Pollen, die es ermöglichen, das bereits vielfach beleg-te bronze- und eisenzeitliche Siedlungsbild zu rekonstruie-ren. Im Umfeld der damaligen Streuhofsiedlungen entstan-den offene Landschaften mit grünlandwirtschaftlicher Nut-zung. Rodungen, die Einführung des Jochsohlenpflugesund die Viehzucht mit einhergehenden Bissschäden führ-ten zu Bodendegradierung und Erosion und letztendlichzu einer Füllung der Täler mit Auenlehm. Durch die kollu-viale Bedeckung bestehen gute Erhaltungsbedingungenfür metallzeitliche Plätze in den Flussauen. Ein herausra-gendes vorgeschichtliches Denkmal ist die Abschnittsbe-festigung bei Kreuzau-Maubach.

Die intensive römerzeitliche Nutzung zeigt sich in denzahlreichen villae rusticae auf den lössbedeckten Randbe-reichen der Ruraue, dem vicus bei Düren-Mariaweiler, demRurübergang bei Jülich und den Relikten der Eisenerzge-winnung. In den triassischen Schichten des sog. Mecherni-cher Triasdreiecks stehen Blei- und Eisenerzgänge an, vondenen bekannt ist, dass sie ab der römischen Zeit abge-baut worden sind (Berg vor Nideggen, Leversbach). Allge-meine Erwägungen wie eine späteisenzeitliche Befesti-gung bei Kreuzau-Winden sowie günstige Siedlungslagenlassen vermuten, dass bereits in vorrömischer Zeit in die-ser Region Bergbau betrieben worden ist.

Das in Jülich ansässige Adelsgeschlecht erlangt im Mittelal-ter große Bedeutung, weit über die Region hinaus und wirdzeitweise zum politischen Gegenspieler der kirchlich-politi-schen Macht der ehemaligen Colonia. Durch diese Bedeu-tung als Herrschersitz folgt eine Entsprechende architektoni-sche Darstellung der politischen Verhältnisse in der Renais-sance durch die Errichtung der Jülicher Schloss-Zitadelle. Dieletzten Reste der spätrömischen Befestigung waren bis zudiesem Zeitpunkt noch Bestandteil des Jülicher Adelssitzes.

Seit dem Mittelalter wird dieser Kulturlandschaftsbereichdurch den Bau einer großen Anzahl von Herrschaftsgebäu-den, v. a. Burgen und Wasserburgen mit zum Teil weiträu-

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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migen Außenbereichen, überprägt. Die Grafschaft Jülich,deren Kernland sich hier befand, wird in der Burg und Sied-lung Nideggen sowie dem Schloss und der Zitadelle Jülicherfahrbar. 1177 bis 1191 ließ Wilhelm II. die Feste Nideggenmit Bergfried erbauen, die bis zum 15. Jh. die Residenz derJülicher Grafen blieb. Der Burgsiedlung wurde 1313 dasStadtrecht verliehen und eine Ummauerung durchgeführt.

Unter dieser Herrschaft wurde Jülich zu Idealstadt derfrühen Neuzeit ausgebaut. Der Stadtgrundriss und das ar-chäologische Bodenarchiv der 2.000 Jahre Siedlungskon-tinuität aufweisenden Stadt sind von europäischem Rang.

Düren, entstanden aus einem karolingischen Königshofam Rurübergang der Krönungsstraße, wurde im ZweitenWeltkrieg fast vollständig zerstört. Die Innenstadt zeigt heu-te ein geschlossenes Bild von 1950er-Jahre Architektur.

Im mittleren Rurtal entwickelte sich, ausgehend von Dü-ren, seit dem Mittelalter eine Gewerbe- und Industrieland-schaft mit wasserbautechnischen Anlagen vom 8. - 20. Jh.und ein Zentrum der Papierherstellung.

KLB 24.03 Römische Straße Köln-Heerlen

In römischer Zeit waren der Rhein und die Atlantikküsteam Ärmelkanal durch die Fernstraße von Köln nach Boulo-gne-sur-Mer verbunden. Ca. 60 km dieses überregionalbedeutenden europäischen Bodendenkmals liegen heuteauf rheinischem Boden, von dort aus verläuft die Straßedurch die niederländische Provinz Zuid Limburg, über dieWallonie in Belgien und das Departement Nord-Pas de Ca-lais zur Küste an den Ärmelkanal.

Gebaut wurde die Straße vermutlich bereits zur Zeit desKaisers Augustus und diente der West-Ost Erschließungder eroberten Gebiete in den Provinzen Niedergermanien

und Belgica. Kaiser Claudius nutzte diese Verkehrsader fürdie Eroberung Großbritanniens, auf ihr fanden die Trup-penbewegungen an die Küste statt.

Im Rheinland durchquert die Römerstraße ausgehendvon Köln (CCAA), der ehemaligen Hauptstadt der ProvinzNiedergermanien, Frechen, Bergheim, Elsdorf, Jülich, Al-denhoven, Baesweiler und Übach-Palenberg. Ihre Trasseverläuft in leichter Süd-West-Richtung durch die fruchtbareLösslandschaft bis sie Rimburg an der heutigen Grenzezwischen den Niederlanden und Deutschland erreicht.

Kennzeichnendes Merkmal dieser Fernstraße ist die ein-heitliche Bauweise in meist geradlinigen Abschnitten, dieheute noch in der Landschaft gut zu verfolgen sind. Sie be-steht aus einem im Laufe der Jahre verbreiterten Straßen-damm und meist zwei begleitenden Straßengräben. Ihr Auf-bau ist durch zahlreiche archäologische Untersuchungen –wie z.B. im Staatsforst Ville und im Tagebau Hambach –umfassend belegt. Im Staatsforst Ville westlich Frechen istdie Straße heute noch als Damm deutlich unter dem Baum-bewuchs auf einer Strecke von ca. 1,2 km zu erkennen.

Anfang des 20. Jahrhunderts hob sie sich noch alsdurchschnittlich 14-18 m breite und bis zu 1,30 m hoheBahn von ihrem Umfeld ab. 1964 führte Wilhelm Piepers ei-ne Untersuchung im Bereich des Straßenkörpers durchund legte eine Sondage an. Die beiderseits von Gräben be-gleitete Straße wies von Grabenmitte zu Grabenmitte eineBreite von 24,80 m auf. Der eigentliche bekieste Straßen-körper ist stets schmaler. Seine Breite schwankt von 4,90 mbei Anlage der Straße bis zu 7 m in der letzten Ausbaupha-se. Die vielen übereinander liegenden dünnen Kiesbänderentsprechen wiederholten Ausbesserungen und Verbreite-rungen des Straßenkörpers. Die zum Straßenkörper gehöri-gen jeweiligen seitlichen Sandaufschüttungen werden vomAusgräber als „Sommerwege“ interpretiert.

Die Straße ist in ihrem Verlauf fast vollständig lokalisiert.Zwischen Köln und Jülich ist sie bis in unsere Zeit überweite Strecken als Straße erhalten geblieben (K 33 und B55 alt) und wird heute noch als solche genutzt.

Der Abschnitt der Straße von Jülich nach Rimburg verlorin nachrömischer Zeit seine Funktion als überregionaleVerkehrsader und wurde von einer landwirtschaftlich ge-nutzten Landschaft überprägt. Stattdessen gewann dieVerbindung Jülich-Aachen an Bedeutung. Beschreibungenaus dem späten 19. und frühen 20. Jh. geben aber an,dass die Trasse der Römerstraße Köln-Rimburg in den Fel-dern noch deutlich zu sehen war. Heutzutage ist sie aufder Erdoberfläche nicht mehr zu erkennen, nur einzelne,meist kurze Abschnitte werden als Feldwege oder Haupt-straßen in einzelnen Orten genutzt.

Dennoch sind Lage und Verlauf der römischen Fernstra-ße auch im Bereich zwischen Rurtal bei Jülich und Rim-burg an der niederländischen Grenze bekannt. Die Lokali-sierung der Fernstraße auf der Lösshochfläche zwischenRurtal und Boscheln (Stadt Übach-Palenberg) gelang Gun-

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Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

landesbedeutsam

Bastion des Napoleonischen Brückenkopfes der Zitadelle JülichFoto: LVR/P. Wagner

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ter Amtmann durch systematische Erkundung aus der Luftin den Jahren 1981 bis 1984. Er konnte die Straße fast lü-ckenlos auf einer Länge von ca. 8 km dokumentieren. DieStraßentrasse ist im Luftbild deutlich an den begrenzendenGräben zu erkennen.

Die Römerstraße von Köln nach Boulogne-sur-Mer ist ei-ne bedeutende überregionale Fernstraße, die die Haupt-stadt der Provinz Niedergermanien Colonia Claudia AraAgrippinensium (Köln) mit dem Atlantik verband. Der Verlaufdieser römischen Hauptverkehrsachse ist durch die TabulaPeutingeriana, eine Karte, die das Straßennetz in spätrömi-scher Zeit wiedergibt, überliefert.

Entlang dieser Römerstraße lagen geschlosseneSiedlungen, sog. vici wie in Jülich, Baesweiler oderauch Rimburg sowie verschiedene Einrichtungen, dieeinerseits zur Organisation und Sicherung des Ver-kehrs, andererseits zur Unterbringung der Reisendendienten. In römischer Zeit erschloss die Straße den Zu-gang zu den römischen Gutshöfen (villae rusticae), die inunterschiedlicher Entfernung an beiden Seiten der Straßegelegen haben. Bereits ab der ersten Hälfte des 1. Jahr-hunderts n. Chr. wird entlang der Straße außerhalb derjeweiligen geschlossenen Siedlungen bestattet. Auchdie zu den villae rusticae gehörenden Grabanlagen la-gen oft an der Straße.

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römische Straße Köln – Heerlen: Blick auf die Straßentrasse bei JülichFoto: MBV/A. Thünker

römische Straße Köln – Heerlen: Straßentrasse bei Frechen-KönigsdorfFoto: LVR/W. Wegener

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KLB 25.01 Erkelenz – Wegberg

Der Kulturlandschaftbereich um Erkelenz und Wegbergrepräsentiert den Übergang zwischen der weiträumigenrheinischen Lössbörde und dem Oberen Schwalmtal, wel-ches zum Niederrhein überleitet.

Die Lössbörde ist gekennzeichnet durch ihre geschlos-senen Dörfern und wenigen Gutshöfen inmitten einer weit-läufigen historisch tradierten intensiven Ackerbaunutzung,deren Geschichte bis in vorrömische Zeit zurückreicht undvon landesweiter Bedeutung ist. Bereits zur Römerzeit warder Raum um Erkelenz dicht von Gutshöfen (villae rusticae)belegt. Durch die Raumwirksamkeit des Kreuzherren-Klos-ters Hohenbusch erhält dieser Raum eine besondere Be-deutungsebene. 1302 gründeten die Kreuzherren auf demGelände eines mittelalterlichen Guts ein Kloster, das erst500 Jahre später im Rahmen der Säkularisation von 1802aufgelöst wurde. In diesen fünf Jahrhunderten war „Hohen-busch“ eines der reichsten und bedeutendsten Kreuzher-renklöster im Rheinland, das zweitälteste in Deutschland.Nach der Säkularisierung ging „Hohenbusch“ in Privatbe-sitz über. Das gut erhaltene landschaftswirksame Gebäu-de, Hof- und Parkanlage sowie der Grundbesitz erwirbt dieStadt Erkelenz in den Jahren 1983-1986. Zentraler Bereichvon „Hohenbusch“ ist das restaurierte Herrenhaus, einüber 38 m langer, zweigeschossiger Bau, das im Kernnoch aus dem 16. Jh. datiert. Weiterhin bestehen noch ver-schiedene Wirtschaftsgebäude, die Zehntscheune ausdem Jahre 1720 sowie Park- und Gartenanlagen. Das Klos-ter spielte in den fünf Jahrhunderten bis zu seiner Auflö-sung eine immense kulturelle Rolle, die sich auch auf dieumgebende Kulturlandschaft der Börde um Erkelenz aus-gewirkt hat. Dieser Bedeutung folgend ist „Hohenbusch“heute ein prädestinierter Veranstaltungsort vieler kulturellerund gesellschaftlicher Ereignisse.

Das Wegberger Raum ist geprägt durch den Oberlauf derSchwalm. Diese Niederungslandschaft ist charakteristisch fürden Niederrhein. Die Aue trägt heute Bruchwälder, Gehölze,Baumreihen, Einzelbäume (Kopfweiden) und Feuchtwiesen.

Zahlreiche gut erhaltene mittelalterliche Burganlagenprägen das ländliche Siedlungsbild der Region im Span-nungsfeld zwischen den Herrschaften Jülich und Geldern.Rund 20 hochmittelalterliche Burganlagen vom Typ Mottesind im Kreis Heinsberg bis heute und ohne Überprägungdurch Anlagen späterer Zeit erhalten geblieben. Diesewerden nur teilweise denkmalverträglich genutzt. Sie stel-len einen markanten und obertägig sichtbaren Teil derrheinischen Bodendenkmäler dar (z.B. der Aldeberg beiWegberg-Arsbeck) und sollten besonders geschützt wer-den. Das Ziel muss die dauerhafte denkmalverträglicheNutzung sein, an die eine touristische Erschließung imRahmen eines Nutzungskonzeptes angeschlossen wer-den sollte. Zwischen Dahlheim-Rödgen und Merbeck ver-läuft quer über einen Geländerücken eine mittelalterlicheLandwehr. Sie gehört zu den seltenen Binnenlandwehrendes Herzogtums Jülich.

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Die schwer zugänglichen Auen waren auch geeigneteStandorte für spätmittelalterliche Wasserburgen und befes-tigte Häuser.

Zwischen Wegberg und der Maas waren im 19. Jh. ander Schwalm 21 Wassermühlen in Betrieb, von denen dieMeisten bereits im Mittelalter erwähnt wurden. Diese Müh-len standen auch in Zusammenhang mit dem Flachsan-bau, der bis ca. 1900 großflächig betrieben wurde. Hieranerinnern ebenfalls die überlieferten Flachsrösten.

KLB 25.02 Zeche Sophia-Jacoba in Hückelhoven

Zeche und Stadt Hückelhoven bilden einen nördlichenAusläufer des Aachener Steinkohlereviers. Eine ersteSchachtanlage entstand 1909, der Ausbau in den 1920erund 1930er Jahre formte und prägte die Stadt. Im Stadtbildist der zentrale Standort der Zeche auch nach der Schlie-ßung weiterhin präsent, und an den Hängen erstreckensich großflächig Bergmannssiedlungen, die auf engstemRaum geradezu ein Lehrbuch verschiedener Siedlungs-und Haustypen der 1910er bis 1950er Jahre darstellen, da-runter äußerst qualitätvolle und originelle Lösungen bedeu-tender Architekten wie E.E. Strasser oder Wilhelm Riphahn.

KLB 25.03 Liedberg

Auffällig erhebt sich um 25 m zwischen Mönchengladbachund Neuss der Liedberg; als langgestreckter bewaldeter Hö-henrücken bildet er einen landschaftlichen reizvollen Punkt inder weiten Ackerflur und stellt eines der am weitesten imNordwesten gelegenen Vorkommen eines festen Naturstei-nes (Quarzit und Sandstein) im niederrheinischen Tiefland dar.

Im Gebiet zwischen Oberer Niers und Untere Erft habenbereits im Paläolithikum Menschen gesiedelt, wie einzelneSiedlungs- und Bestattungsplätze belegen.

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mittelalterlicher Burghügel (Motte) bei Wegberg Foto: LVR/W. Wegener

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Kapitel

7.2

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Der Liedberg selbst wird heute an der Oberfläche durcheine Vielzahl verstürzter Steinbrüche, Sandgruben, Stollenund Halden geprägt. Sie sind Beweis einer intensiven Nut-zung, im Frühpaläolithikum zur Herstellung von Werkzeu-gen. In der Folgezeit hat das Vorkommen immer mehr anBedeutung zugenommen. Insbesondere wegen der dama-ligen schwierigen Verkehrsverhältnisse hatte der Liedberggegenüber den erst weit im Süden im Schiefergebirge an-stehenden Festgesteinen einen großen Wegevorteil. Sohaben schon die Römer den Liedberger Quarzit sowohl fürihre Profanbauten als auch für kultische Gebäude und Mo-numente verwendet. Nachweislich waren auf den Äckerndes Altkreises Grevenbroich 200 römische Landhäuseraus Liedberger Sandstein gebaut. Aber auch Sarkophageund Skulpturen wie der Jupiter von Bedburdyck und derJupiter-Pfeiler von Rommerskirchen entstanden aus Lied-berger Quarzit. Selbst für den Bau von Kirchen, wie dieKrypta der Münsterkirche von Mönchengladbach, die Be-festigungen der Burg Linn bei Krefeld oder das SchlossLiedberg wurden diese Sandsteine verwendet. Danebenwar er auch für Bauernhäuser als Türstufen, Fensterrah-men und zur Pflasterung von Höfen und Ställen eingesetztworden. Ab dem 17. Jh. wurden die Sande als Streusandfür die gescheuerten Dielen verkauft. So lebten im Jahre1840 noch 54 Familien vom Sandhandel, die LiedbergerSandbauern! Aufgrund einer bergamtlichen Anordnungvon 1880 durften Sand und Quarzit nur noch im Tagebaugewonnen werden.

Die Erhebung bot neben den vermuteten römischen Vor-gängern dem Herrensitz Liedberg eine topographischgünstige Lage für eine Burgbefestigung. Diese Burg des 12.Jahrhunderts wurde später mit einer Burgsiedlung erweitert.Zahlreiche Herrensitze vor allem entlang des Kommerba-ches (z.B. Haus Horst, Burg Steinhausen, Haus Rädt, Haus

Schlicken, Haus Fürth, Haus Neuenhoven) sind Zeugen dermittelalterlichen Siedlungsgeschichte in diesem Raum. Be-sonders hervorzuheben ist hier Schloss Dyck.

Gesichert sind die kontinuierliche Besiedlung und Nut-zung des Bereiches seit der Römerzeit bis heute. Die Bu-chenallee auf dem Liedberg datiert in das 19./20. Jh. Dererhöhte Standort mit der Burgsituation, die neben derSchwanenburg in Kleve am Niederrhein singulär ist, hat ei-ne große Landschaftsbildwirkung in der gering reliefiertenUmgebung. Der kulturhistorische Wert ist sehr hoch, da derBereich kontinuierlich 2.000 Jahre als Steinbruchgebiet ge-nutzt wurde und dies im Gelände noch wahrnehmbar ist.

KLB 25.04 Finkelbach – Ellebach bei Bedburg, Jülich,Düren

Mit den Auenbereichen des Finkelbachs zwischen Bed-burg und Jülich sowie des Ellebachs zwischen Düren undJülich wird exemplarisch für die rheinischen Lössbördenein Kulturlandschaftsbereich beschrieben, der für das Alt-neolithikum die Siedlungs- und Wirtschaftsweise der Men-schen in besonderem Maße dokumentiert. Den Kulturland-schaftsbereich machen zum einen der Süd-Nord orientier-te Ellebach aus, der über die Rur in die Maas entwässert,und zum anderen der West-Ost orientierte Finkelbach; die-ser entwässert über die Erft in den Rhein. Darüber hinauswurde die zwischen beiden Bachläufen liegende Hochflä-che mit abgegrenzt, stellvertretend für gewässerferneSiedlungsstandorte im Neolithikum. Dort liegt u.a. ein Mi-chelsberger Erdwerk, und weitere Fundstellen sind dort zuerwarten. Auf diesen aktuell eher spärlich besiedelten Flä-chen ist mit geringer Überprägung und damit wenig Zer-störung der Fundplätze zu rechnen. Die Kenntnisse zurSiedlungsstruktur und Wirtschaftsweise in der Jungstein-zeit haben überregionale Bedeutung, im Sinne des Er-kenntnisgewinns in Bezug zu den umfassenden kulturellenund wirtschaftlichen Veränderungen mit dem Beginn sess-hafter Lebensweise in Europa.

Gute Erhaltungsbedingungen metallzeitlicher Plätze sindin den Flussauen der fruchtbaren rheinischen Lössbördendurch kolluviale Bedeckung gegeben. Durch die Wirt-schafts- und Siedlungsweise am Ende der Bronzezeit undBeginn der frühen Eisenzeit mit Streuhofsiedlungen ent-standen im näheren Umfeld der Ansiedlungen offeneLandschaften mit Grünland, belegt in Pollenspektren die-ser Zeit durch hohe Anteile von Wiesenpflanzen.

Die Einführung der Grünlandwirtschaft bildete nur einElement in einem intensivierten Landwirtschaftssystemdieser Zeit. Die Auen, Rinnen und Randsenken boten zu-dem Holzprodukte (Bau- und Feuerholz, Bast und Lohe), ei-ne Vielzahl von pflanzlichen Rohstoffen für den Hausbau(Ried), den Verzehr und die Medizin sowie jagdbare Land-und Wassertiere und Vögel für Fleisch, Felle, Federn undEier. Rodungen und die Einführung von gespanngezoge-nen Jochsohlenpflügen förderten jedoch die Bodenerosi-

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Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

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Gräftenhof Haus Fürth bei KorschenbroichFoto: MBV/A. Thünker

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on und Bodendegradierung. Auch die Viehzucht verur-sachte durch den Verbiss der Jungtriebe von Bäumen unddie Zerstörung der Grasnarbe beträchtliche Schäden. Stel-lenweise führte die extensive Beweidung zu Heideflächenoder zur Versteppung durch Winderosion in Dürrezeiten.Extreme klimatische Umbrüche verstärkten diese Vorgän-ge, so dass der Boden an den Hängen abgeschwemmtwurde und als Auelehm die Täler füllte.

Die Feuchtgebiete besitzen eine große Bedeutungdurch ihre konservierende Rolle für organische Resten.Die archäobotanischen Pflanzenreste wie Früchte, Samen,Holz, Pollen und Sporen, die sich unzerstört nur unterfeuchten Bodenbedingungen in Sümpfen, Mooren oder ingrundwassergesättigten Böden wie z.B. Flusssedimentenerhalten haben, liefern einen bedeutenden Beitrag zur Re-konstruktion der Landschafts-, Klima-, Umwelt- und Wirt-schaftsgeschichte. Hierzu gehören der Wandel, die Ände-rungen und die Anpassungen des Menschen an verschie-dene Umweltbedingungen in unterschiedlichen Zeiten.Die nur in diesen Feuchtböden erhaltenen Pollen undSporen zeigen das Wald-Offenland-Verhältnis und könnenbis ins Detail die Nutzungssysteme (Wanderfeldbau, Vieh-wirtschaft, gedüngte Dauerfelder, Feldrandnutzung, Ruderal-vegetation u.a.) und das, was der Mensch anbaute undsammelte, dokumentieren.

In den wassergesättigten Ablagerungen können sichdes Weiteren unter Luftabschluss Holzgegenstände destäglichen Lebens erhalten. Somit bilden solche „off-site“Gebiete die einzigartigen Archive für organische Funde, indenen sich die meisten der täglich genutzten Gegenstän-de erhalten haben und die in den eigentlichen Siedlungendurch Austrocknung und Zerfall längst vergangen sind.

KLB 25.05 Erft mit Swist und Rotbach – EuskirchenerBörde und Voreifel

Die Feuchtgebiete in den Auen von Erft, Swist und Rot-bach besitzen eine große Bedeutung für die Konservie-rung organischer Reste. Archäobotanische Pflanzenrestewie Früchte, Samen, Holz, Pollen und Sporen, die sich un-zerstört nur unter feuchten Bodenbedingungen in Sümp-fen, Mooren oder in Grundwasser gesättigten Böden wiez.B. Flusssedimenten erhalten haben, liefern einen bedeu-tenden Beitrag zur Landschafts-, Klima-, Umwelt- und Wirt-schaftsgeschichte.

In den wassergesättigten Ablagerungen können sich desWeiteren unter Luftabschluss Holzgegenstände des tägli-chen Lebens erhalten. Von den eisenzeitlichen Fundstellenin Porz-Lind (Stadt Köln) und Mechernich-Antweiler (Kr. Eus-kirchen) stammen in Teichen entsorgter Abfall, der einenseltenen Einblick in die Ausstattung vom Haus und Hof die-ser Zeit bietet. Neben Gebäude- und Möbelteilen, Brettern,Pfosten und Keilen fanden sich Fässer und Gefäße, Wagen-

und Radteile, Schaufeln, Spaten, ein Bootspaddel sowieHolzkämme und Klopfer für die Flachs- und Hanffaserbear-beitung und sogar Spielzeug in Form eines Kinderschwer-tes aus Holz. Somit bilden solche „off-site“ Gebiete die ein-zigartigen Archive für organische Funde, in denen sich diemeisten der täglich genutzten Gegenstände erhalten habenund die in den eigentlichen Siedlungen durch Austrock-nung und Zerfall längst verschwunden sind.

Gute Erhaltungsbedingungen metallzeitlicher Plätze sindin den Flussauen der fruchtbaren rheinischen Lössbördendurch kolluviale Bedeckung gegeben. Durch die Wirt-schafts- und Siedlungsweise am Ende der Bronzezeit undBeginn der frühen Eisenzeit mit Streuhofsiedlungen ent-standen im näheren Umfeld der Ansiedlungen offene Land-schaften mit Grünland, belegt in Pollenspektren dieser Zeitdurch hohe Anteile von Wiesenpflanzen. Die Einführungder Grünlandwirtschaft bildete nur ein Element in einem in-tensivierten Landwirtschaftssystem dieser Zeit. Die Auen,Rinnen und Randsenken boten zudem Holzprodukte (Bau-und Feuerholz, Bast und Lohe), eine Vielzahl von pflanzli-chen Rohstoffen für den Hausbau (Ried), den Verzehr unddie Medizin, sowie jagdbare Tiere und Vögel für Fleisch,Felle, Federn und Eier. Rodungen und die Einführung vongespanngezogenen Jochsohlenpflügen förderten jedochdie Bodenerosion und Bodendegradierung. Auch die Vieh-zucht verursachte durch den Abbiss der Jungtriebe vonBäumen und die Zerstörung der Grasnarbe beträchtlicheSchäden. Stellenweise führte die extensive Beweidung zuHeideflächen oder zur Versteppung durch Winderosion inDürrezeiten. Extreme klimatische Umbrüche verstärktendiese Vorgänge, so dass der Boden an den Hängen abge-schwemmt wurde und als Auelehm die Täler füllte.

Seit karolingischer Zeit sind Mühlen an der Erft archäolo-gisch nachgewiesen. Stellvertretend für historisch nachge-wiesene mag die 2005 ergrabene Getreidemühle am Rot-bach sein, deren Bauhölzer 832 geschlagen wurden. Auf ei-ner Flussstrecke von 55 km waren an dem Flusslauf undseinen Mühlengräben bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts 26Mühlen teils zur Getreideverarbeitung aber auch zu indus-triellen Zwecken entstanden. Geprägt wurde die Mühlen-landschaft des Erft-Mittellaufs insbesondere durch den 1860bis 1866 entstandenen Erftflutkanal, mit dem die Hochwas-sergefahr gebannt und der sumpfartige Charakter der Erft-niederung überwunden werden konnte. Die Wasserbauwer-ke des 19. Jahrhunderts aus denen am Erft-Mittellauf auchdie Wassergräben der Herrensitze gespeist werden, und diegroße Vielzahl der noch mit ihrer Technik erhaltenen Was-sermühlen prägen die Erftlandschaft zwischen Euskirchenund Neuss. Dazu kommen am Unterlauf bei Neuss die ausnapoleonischer Zeit stammenden Anlagen des Nordkanals,der seinen Ausgangspunkt an der Erft hatte.

Die Erft mit ihren größeren Nebenflüssen ist eines derburgenreichsten Gebiete Europas. Nach historischen An-fängen von befestigten Bauten auf Erdhügeln, den sog.Motten im 9. Jh., errichteten seit dem 12. Jh. Niederadeli-ge und Ministeriale feste Häuser, Hofesfesten und kleinereBurganlagen. Im 14. Jh. handelt es sich dabei durchgän-

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7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

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landesbedeutsam

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Die Euskirchener Börde und die Voreifel sind für die Eifelvon großer Bedeutung. Er stellt mit den fruchtbaren Löss-börden und den gemäßigten Höhenlagen des Eifelvorlan-des eine Verbindung zwischen der Flusslandschaft amRhein und dem zentralen Mittelgebirge der Hocheifel her.Agrarische und montane Ressourcen liegen hier dicht bei-einander und sind vom Rhein her gut zu erreichen. Zu allenZeiten bildete die Voreifelregion nicht nur das Hinterlandder Rheinregion, die am Fluss entstehenden Metropolensind maßgeblich auf der Basis dieses siedlungsgünstigenUmlandes entstanden. Am Beispiel der Wasserversorgungder römischen Colonia, der ersten und bis heute bedeu-tendsten Großstadtregion des Rheinlandes wird dies un-schwer deutlich: Die Metropole bezog ihr Wasser aus derVoreifelregion. Eine vergleichbare Rolle haben seit römi-scher Zeit sicherlich auch die Bodenschätze wie Blei, Silberund Travertin- Brandtkalk sowie Baugesteine gespielt.

Wichtige Wegeverbindungen von Süden (Mittelgebirge) inRichtung Norden (Kölner Bucht) entlang der Erft und Swisttrafen nördlich Weilerswist auf den West-Ostverbindungs-weg, der die fruchtbaren Lössgebiete durchquerte. Sied-lungskammern erschlossen die Landschaft bereits in vor-metallzeitlichen Epochen, wie neolithische Siedlungen ent-lang der Fließgewässer in den Auen, aber auch auf derHochfläche belegen, und dehnten sich in der jüngeren Ei-senzeit fast vollständig über nun auch gewässerferne Ge-biete aus. Das metallzeitliche Siedlungsbild war geprägtvon offenen Flachlandsiedlungen, in der Voreifel befandensich zudem befestigte Anlagen (Ringwälle, wie die Alteburgbei Kreuzweingarten), die wichtige Wege und Handelsroutensicherten. Gräberfelder, insbesondere die ehemaligenGrabhügel, sind heute durch die intensive landwirtschaftli-che Bearbeitung eingeebnet und nur noch im Luftbild alsKreisgraben zu erkennen. Nur noch wenige Grabhügel ingünstigen Lagen unter Wald sind erhalten. Gute Erhal-tungsbedingungen der metallzeitlichen Plätze sind in den

Kapitel

7.2

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Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

gig um feste Steinburgen mit Gräben, Mauern, Toren undTürmen. Im 17. und 18. Jh. wurden die wehrhaften Burgenzu offenen schlossartigen Landsitzen umgebaut. Entlangder Erft reihen sich zahlreiche Schlösser wie Kleeburg,Kleinbüllesheim, Großbüllesheim, Kessenicher Burg, Bo-denheimer Burg, Weiße Burg, Burg Redinghausen, BurgKleinvernich, Großvernich und zahlreiche weitere. SchlossGymnich hat als Gästehaus der Bundesrepublik Deutsch-land einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht. Diese Was-serburgen mit herausragendem architektonischem Erbeverdichten sich zu einem Kulturlandschaftsbereich von lan-desweitem Rang.

Euskirchen-Stotzheim, Hardtburg Foto: LVR/M. Thuns

Schloss Gymnich bei Erftstadt Foto: LVR/M. Thuns

Burg KessenichFoto: LVR/Archiv

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Auen durch kolluviale Bedeckung und am Voreifel- und Vil-lerand durch Weide- und Waldwirtschaft gegeben. In die-sen Gebieten sollten die archäologischen Relikte weitge-hend ungestört erhalten bleiben und könnten im Sinne ei-ner touristischen Erschließung der Landschaft in Form vonWander- bzw. Fahrradwege mit Beschilderung/Präsentationder Bevölkerung zugänglich gemacht werden.

In römischer Zeit war die Voreifel mit der EuskirchenerBörde zum einen Hinterland und Basis der am Rhein sta-tionierten Armee in den Standorten Köln und Bonn sowieder dazugehörenden zivilen Siedlungen, zum anderen warsie Verkehrzone überregionaler Bedeutung mit der Magis-trale Köln-Trier und den weiteren Fernstraßenverbindungender römischen Militärstandorte und Siedlungskerne. Kreu-zungen dieser Straßenverbindungen entwickeln sich durchdie Ansiedlung von Dienstleistungsgewerbe für den Durch-gangsverkehr und die umliegenden Agrarbetriebe ebensowie andere günstige Siedlungsstellen am Straßenverlaufwie Positionen vor dem Eintritt ins Gebirge (Euskirchen-Bil-lig / Belgica vicus) oder an Flussüberquerungen. Die restli-che Landesfläche war mit Einzelhöfen auf eigenem Acker-oder Weideland aufgesiedelt (villae rusticae), eine Sied-lungsentwicklung, die vor allem in der Zeit zwischen derMitte des 1. Jh. n. Chr. und der ersten Hälfte des 2. Jh. n.Chr. entstanden ist. Im 3. und 4. Jh. n. Chr. kam es durchdie allgemeine politische und wirtschaftliche Lage zu einerKonzentration dieser Agrarbetriebe, der viele Standorte –vor allem in höheren Siedlungslagen – zum Opfer fielen.Die verbliebenen Höfe zeigten in ihrer Ausstattung großenmateriellen Reichtum, dem auch eine wachsende politi-sche Bedeutung entspricht. Die so entstandene Siedlungs-struktur der spätrömischen Zeit geht mit der Auflösung derrömischen Herrschaft und der Machtübernahme der Mero-winger weitgehend unter. Zumindest die Machtzentren ver-lagern sich durch Neugründungen und Bedeutungsverlustder römischen Zentren.

Die siedlungspolitische Struktur des frühen und hohenMittelalters und damit unsere heutige Gebietsaufteilung fußtmaßgeblich auf den fränkischen Neuansiedlungen. Insbe-sondere die Neugründung von Städten am Ende des Mit-telalters ist nicht auf die alten römischen Siedlungsstruktu-ren zurückzuführen. Gerade das Voreifelgebiet mit den an-schließenden Lössbörden ist ein herausragender Zeugedieser Entwicklung. Die römischen vici Zülpich (KLB 25.07),Jülich (KLB 24.02) und Euskirchen-Billig sowie Düren-Maria-weiler (KLB 24.02) stehen bis zum Ende der römischenHerrschaft weitgehend gleichberechtigt nebeneinander. Bil-lig und Mariaweiler fanden ihr Ende im Zuge des Macht-wechsels von Rom an die Franken. Zülpich und Jülich be-halten ihre topographische Bedeutung als Straßenkreu-zung bzw. Flussübergang. Spätrömische Wehrbauten (bur-gi) werden auch während der nächsten Jahrhunderte alsHerrschaftssitze oder Militärstandorte genutzt.

Die heutige Kreisstadt Euskirchen beginnt mit ihrer Ent-wicklung erst zu dem Zeitpunkt, an dem das nahe gelege-ne Zülpich gerade das Ende seiner römischen Tradition er-fährt. Ausgehend von sechs fränkischen Hofsiedlungen im

Veybachtal, die alle im 6./7. Jh. noch eigene Friedhöfe auf-wiesen, wird bei der Hofsiedlung am heutigen Annaturm-platz eine Kirche errichtet. Friedhof und Kirche dieser Sied-lungsstelle liegen auf der Trümmerstätte einer römischenvilla rustica. Die Koinzidenz der topographischen Lage magsich aus dem günstigen Standort und möglicherweisenoch vorhandener Zuwegung sowie dem Umstand, dassdie Trümmerstelle schlecht als Ackerland verwendbar war,ergeben haben. Vielleicht war auch Aberglaube oder ab-sichtliche christliche Überprägung heidnischer Relikte mitausschlaggebend. Offensichtlich wurde diese Kirche St.Martin zum Zentrum der umliegenden Höfe, so dass dasganze Areal in schriftlichen Quellen des 9. Jahrhundertsals „Augstkirche“ (870 n. Chr.), später „Aouweskerke“, „Kir-che in der Aue“, erwähnt wird. Die Verleihung des Stadt-rechtes an die damals schon mit Wall und Graben umfrie-dete Siedlung erfolgte unter Walram dem Roten von Mon-schau-Falkenburg, dem Erbe des Monschauer und Heins-berger Besitzes. 1322 erhielt Euskirchen Marktrecht, dannWappen und Siegel und noch im 14. Jh. eine Stadtmauer,die im 18. Jh. noch einmal mit Erdbastionen verstärkt wur-de. Die Stadtmauer ist heute noch in großen Teilen bis 7 mHöhe erhalten, nur die Stadttore wurden alle abgebro-chen. Im Jahre 1355 erwerben die Grafen von Jülich Eus-kirchen um ihre Machtposition gegenüber Köln zu stärken.Im 15. Jh. wird die Stadt von den Jülichern zur Mithaupt-stadt der Grafschaft erhoben – die Geschicke Zülpichswerden zu dieser Zeit weitgehend von Köln, das dort eineLandesburg besitzt, bestimmt, was zu einer gewissen Iso-lierung vom Umland führt. Die aus dem mittelalterlichenMachtgefüge heraus entstandenen Städte wie Euskirchensind hervorragend in die politischen und wirtschaftlichenStrukturen ihrer Zeit und ihres Umlandes eingebundenund gewinnen zunehmende Bedeutung. Neben Euskir-chen gehört Lechenich (Kölner Besitz) und Bad Münsterei-fel (Jülicher Herrschaft) zu dieser Gruppe.

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Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

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Euskirchen-Flamersheim,Marktplatz mit UrteilsteinFoto: LVR/J. Gregori

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Entlang der Erft und der anderen die Börde durchfließen-den Bäche haben sich ab dem Mittelalter eine Vielzahl vonMühlen angesiedelt, die teilweise in Industriestandorteübergingen, wie z.B. in Euskirchen-Kuchenheim am Erft-mühlenbach die Standorte der neuzeitlichen Textilindustrie.

Die Flussauen sind auch hier traditionelle Standorte vonWasserburgen und Herrenhäusern. Nach historischen An-fängen von befestigten Bauten auf Erdhügeln, den sog.Motten im 9. Jh., errichteten seit dem 12. Jh. Niederadeli-ge und Ministeriale feste Häuser, Hofesfesten und kleinereBurganlagen. Im 14. Jh. handelt es sich dabei durchgän-gig um feste Steinburgen mit Gräben, Mauern, Toren undTürmen. Im 17. und 18. Jh. wurden die wehrhaften Burgenzu offenen schlossartigen Landsitzen umgebaut.

Die Aachen-Frankfurter Heerstraße (KLB 25.09) quert denKulturlandschaftsbereich von Rheinbach her kommendnördlich von Euskirchen.

KLB 25.06 Kreuzau – Vettweiß

Der Kulturlandschaftsbereich Kreuzau – Vettweiß ist ins-besondere als römischer Siedlungsraum bedeutsam. DerRaum zwischen dem Rurtal und Zülpich wird hier exempla-risch als römische Siedlungsregion dargestellt. Die römi-sche Landbesiedlung setzte im Laufe des 1. Jahrhunderts,verstärkt ab der Jahrhundertmitte ein. Bei den landwirt-schaftlichen Betrieben handelt es sich um Einzelgehöftevom Typ der Villa rustica. Die vierseitigen, im Grundrissquadratisch bis rechteckigen Hofplätze sind 1 bis 5 hagroß. Anlage und Bebauung sind Ausdruck einer planmä-ßigen Raumordnung, der eine übergeordnete Landver-messung (Limitation) zu Grunde gelegen haben kann, diees genauer zu erforschen gilt. Das in der mittleren Kaiser-zeit landwirtschaftlich genutzte Acker- und Weideland wargleichfalls in vierseitige oder den Geländebedingungenangepasste Flurareale unterteilt. Die Wirtschaftsflächen er-reichten Größen von 50 ha pro Siedlungseinheit. Der römi-sche Siedlungsraum weist darüber hinaus einige Beson-derheiten auf. Hier ist zunächst der Wasserleitungstunnelunter der Drover Heide zu nennen. Das für Nordrhein-Westfalen einzigartige Tunnelbauwerk verbindet ein ergie-biges Quellgebiet am Rande des Rurtals von einem Gebietmit Wasserbedarf östlich eines länglichen Bergrückens.Der Tunnel unterquert die Drover Heide auf etwas mehr als1,5 km Länge. Obertägig erkennbar ist der Verlauf desTunnels auch heute noch an einer Kette von Trichtern, diedurch das Einsacken der nach dem Bau der Wasserleitungeingebrachten Verfüllung der Bauschächte entstandensind. Ebenfalls von überregionaler Bedeutung sind dieReste eines römerzeitlichen Töpfereibezirks bei Vettweiß-Soller. Der Töpfereibezirk ist Bestandteil eines ursprünglichwohl 20 km² großen Töpfereigürtels, der sich von Düren imNorden bis Ginnick im Süden erstreckte. Ton- und Lehm-vorkommen, Kiese und Sande sowie Wasserreichtum undBrennholz boten günstige Voraussetzungen für die Ansied-lung von Töpfereien. In Soller wurde vom Ende des 2. bis

zum Ende des 3. Jahrhunderts für den zivilen Bedarf pro-duziert. Das Absatzgebiet umfasste hauptsächlich die Nor-deifel, Teile der Produktion gingen aber auch in den Fern-handel bis nach Britannien.

Spätrömische Burgi können als Zeugnisse der Militärge-schichte zum Ende der römischen Besiedlung im Rhein-land angesehen werden.

KLB 25.07 Zülpich und Neffelbachtal

Der Kulturlandschaftsbereich umfasst den kulturland-schaftlich bedeutsamen Stadtkern von Zülpich mit der nachNorden in die Kölner Bucht führenden Neffelbachaue.

Seit der Steinzeit ist die Neffelbachaue Altsiedelland mitprähistorischen und historischen Straßenverläufen, mitAdelssitzen und Wassermühlen im Auenbereich. Die Sied-lungsentwicklung mit Weilern und Kirchorten an denhochwassergeschützten Hängen ist noch heute erkenn-und nachvollziehbar. Insbesondere bedeutend in der Aueist Nörvenich mit seinem kulturlandschaftlich bedeutsa-men Ortskern und drei Burgen. Landschaftsbeherrschendmit großer Fernwirkung in der Bördenlandschaft ist die ro-manisch-gotische Pfarrkirche von Hochkirchen am Steil-hang des Neffelbaches.

Die Stadt Zülpich ist römischen Ursprungs und hat seineWurzeln in einem vicus an der römischen Straße von Kölnnach Trier. In römischer Zeit ist der Ort Mittelpunkt für dieumliegende Agrarlandschaft.

Zülpich zerfällt im hohen Mittelalter in drei Grundherr-schaften, die zeitweise sogar in kriegerische Auseinander-setzungen vor Ort verstrickt waren. Das mittelalterliche Zül-pich und sein Stadtrecht entstanden neu aus diesen dreiGrundherrschaften und nicht aus der römischen Traditionheraus. Die Stadt wurde im 13. Jh. befestigt. Die mittelal-terliche Stadtstruktur ist heute noch ablesbar. Markant istdie Stadtsilhouette mit ausgeprägter Fernwirkung.

Insgesamt ein historisch geprägter Kulturlandschafts-und Siedlungsraum mit hoher historischer Dichte, Aussa-gekraft und Anschaulichkeit.

KLB 25.08 Aachen-Frankfurter Heerstraße

Die Aachen-Frankfurter-Heerstraße wurde in karolingi-scher Zeit angelegt. Ihre Bedeutung lag auf politischemGebiet. Die Karolinger und ihre fränkischen Nachfolger be-nutzten sie auf ihren zahlreichen Zügen nach Aachen, vor-nehmlich um dort zu jagen, zu baden oder auch um dortdie Königskrone zu erhalten. Auch als Handelsstraße,Heerstraße oder Poststraße wurde sie genutzt. Sie kreuzteviele andere wichtige Straßenverbindungen, wie z.B. die

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kap_7_2_klbs_Seiten081_088.qxp 07.11.2007 18:35 Seite 423

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Fernstraße von Köln nach Reims. Im 15. Jh. hieß die Stra-ße dann Aicher Straße (Aachener Straße). Danach kamenandere Namen, wie z.B. Kaiserstraße, Heerstraße, Rhein-straße oder Hohe Straße auf. Im Mittelalter entstanden ander Straße allein zwischen Sinzig (Rheinland-Pfalz) und Aa-chen zahlreiche Ortschaften und 36 Burgen, die ihremSchutz dienten. Von Sinzig erreichte sie über Bodendorfdie Rheinbacher Lössplatte und verlief hier, an Dom-Eschvorbei, nördlich von Euskirchen und Zülpich auf Düren zu.Über Mariaweiler und St. Jöris erreichte man die freieReichsstadt Aachen. Im Zuge der aufkommenden Indus-trialisierung verlor die Straße immer mehr an Bedeutung.

Auch wenn die Heerstraße heute nicht mehr als Wegoder Straße in Funktion ist, lässt sich ihre Trasse über wei-te Strecken noch heute in der Landschaft nachvollziehen.Für die hochmittelalterliche Siedlungsentwicklung im Be-reich der rheinischen Börden gab sie nachhaltige Impulse.

KLB 26.01 Vollrather Höhe

Von einem der wichtigsten Industrie- und Kraftwerksar-chitekten Deutschlands, Werner Issel, entworfen, ist vondem 1925-1929 erbauten Kraftwerk Frimmersdorf I nurnoch wenig erhalten. Das in nächster Nachbarschaft inmehreren Bauabschnitten 1954-1964 entstandene Kraft-werk Frimmersdorf II ist architektonisch als Leistung desRWE-Architekten Fritz Börnke, technikgeschichtlich als daserste und zeitweilig weltweit größtes Blockkraftwerk wieauch topographisch-landschaftlich als Landmarke im nördli-chen Braunkohlerevier bedeutend. In dem Bauwerk kommtzudem der Wille zum Wiederaufbau der Industrie und dieBedeutung des rheinischen Braunkohlenbergbaus für dieErneuerung der westdeutschen Industrie zum Ausdruck.

KLB 26.02 Töpfereisiedlung Frechen

Das Gebiet zwischen Köln/Frechen im Norden und Me-ckenheim im Süden zeichnet sich durch umfangreicheTonlagerstätten aus, die für die Ansiedlung von Töpfereienbzw. von Keramik produzierenden Industrien seit der Rö-merzeit bis in die Gegenwart ausschlaggebend gewesensind. Von besonderer Bedeutung sind die hier relativ ober-flächennah auftretenden tertiären Tone (Steinzeugtone), diesich für die Herstellung von besonders widerstandfähigenKeramikwaren eignen. Im Mittelalter und in der Neuzeitwurden daraus Trinkgefäße hergestellt, während heutzuta-ge überwiegend Tonrohre im großen Umfang produziertwerden. Seit dem Mittelalter bis in die frühe Neuzeit warendie Töpfereien zwischen Frechen und Meckenheim von in-ternationaler Bedeutung; die Region ist als das bedeu-tendste Töpfereizentrum nördlich der Alpen anzusehen.Töpferwaren aus diesen Zentren wurden größtenteils überKöln weit über Europa hinaus verhandelt; Steinzeuggefäßeaus Frechen gelangten durch den Seehandel auch nachAmerika, Afrika und Australien.

Von überregionaler Bedeutung sind vor allem die zahl-reichen Töpfereien zwischen Bornheim-Waldorf, Bornheim-Walberberg, Brühl, Brühl-Eckdorf, Brühl-Badorf, Brühl-Pingsdorf und Frechen, deren Produkte bereits seit demFrühmittalter in weite Teile Europas verhandelt wurden.

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts gewann die Köln/Fre-chener Produktion immer mehr an Bedeutung. Kennzeich-nend für diese Produktion sind die sog. Bartmannkrüge,die weiten Absatz fanden. Das Frechener Keramikgewerbeblieb trotz wirtschaftlicher Einbrüche das ökonomischeStandbein der Stadt. Im 19. Jh. wechselten viele Töpfer indie neu aufkommende Tonröhrenindustrie, die zu dieserZeit einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte, da dieStädte größtenteils kanalisiert wurden und ein großer Be-darf an Tonröhren entstand.

KLB 26.03 Braunkohlenrevier und Rekultivierung Hürth / Liblar

Der kulturlandschaftlich für Nordrhein-Westfalen singulä-re Bereich liegt im Süd-Osten des insgesamt 2.500 km²großen Rheinischen Braunkohlenreviers, einer durch dieEnergiegewinnung intensiv transformierten Kulturland-schaft von hoher assoziativer Bedeutung für die Geschich-te der Energiegewinnung in Nordrhein-Westfalen. In die-sem Gebiet auf der südlichen Ville fanden die Anfänge derBraunkohlengewinnung in Form von Torfstich, Kuhlen- undTummelbau statt und entwickelte sich im 19. Jh. Bergbauvon landschaftsbildverändernder Qualität. Im beginnenden20. Jh. konzentrierte sich eine größere Anzahl von Grubenum Hürth und Liblar. Dieses Areal ist durch Rekultivie-rungsmaßnahmen in eine bewaldete Seenlandschaft vonhoher Erholungsfunktion und Akzeptanz umgewandeltworden, welche neben den heute wassergefüllten Hohlfor-men als Relikten der Braunkohlengewinnung eine großeAnzahl weiterer Zeugnisse des Braunkohlentransportes

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

442244

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Archäologische Untersuchung von Töpferöfen in FrechenFoto: LVR

Kap_7_2_klbs_Seiten081_088.qxp 07.11.2007 18:35 Seite 424

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und ihrer Weiterverarbeitung aufweist. Zu nennen sind hierdie Nord-Süd-Bahn mit dem Endbahnhof Knapsack, dieKöln-Frechen-Benzelrather Eisenbahn mit dem Bahnhofund Bahnbetriebswerk in Frechen, das Kraftwerk Golden-berg, die Brikettfabrik Berrenrath und die Brikettfabrik Carlin Frechen. Mit dem Karbidwerk in Knapsack von 1905 sie-delte sich die bis heute ansässige chemische Industrie an.

KLB 26.04 Kottenforst

Der Kottenforst ging im 16. Jh. in den Besitz der KölnerErzbischöfe über und ist bis heute durch seinen Ausbauzum Jagdrevier unter Clemens August geprägt. Für dieParforcejagd wurde ein gut ausgebautes Wegenetz, wel-ches weitgehend erhalten ist, sowie Entwässerungsmaß-nahmen in dem staunassen Gelände notwendig. Danebenfinden sich sichtbare Überreste mehrerer römischerÜbungslager der in Bonn stationierten Truppen und zahl-reiche Kleinelemente wie Wegekreuze und Gedenksteine,die z.T. ebenfalls als Orientierungspunkte bei der Jagddienten. Hinzu kommen Pferdewechselstationen. Beson-dere Erwähnung verdient die als „Eiserner Mann“ bekann-te Grenzmarkierung, die vermutlich auf den Altgrafen Wer-ner von Salm-Reifferscheidt (1545-1629) zurückgeht und,inmitten eines Wegesterns gelegen, ein beliebtes Aus-flugsziel ist. Überliefert sind Relikte der historischen Wald-nutzung wie Hudewaldreste mit Kopfbuchen, Wölbäcker,Obstwiesen aber auch Baulichkeiten der Forstverwaltungwie Schönwaldhaus in Villiprott. Kennzeichnend sind fürden Kottenforst zahlreiche Kleinelemente wie Wegekreuze,Erinnerungssteine, Gedenkbäume und Markierungen.Nach 1814 begann unter Preußen die Zeit der staatlich ge-führten Forstwirtschaft für den Kottenforst.

Im Marienforster Tal findet sich das einzige Chalzedon-vorkommen des Rheinlandes, welches im Jungpaläolithi-kum als Rohstoffquelle für die Produktion von Steingerätenmit überregionaler Fundverbreitung diente.

Im Marienforster Tal bei Bad Godesberg liegt das GutMarienforst, ein ehem. Prämonstratenser-Nonnenkloster(13. Jh.), seit 1450 Brigittenkloster.

KLB 27.01 Münsterländchen – Kornelimünster

Zur Römerzeit führten zwei Heerstraßen mitten durchdas Münsterländchen nach Köln und Jülich. Spuren derrömischen Anwesenheit sind heute noch sichtbar im gallo-römischen Tempelbezirk Varnenum – einer historischenKultstätte von besonderem Rang.

Von besonderer Bedeutung für die Montangeschichte desRheinlandes ist der römerzeitliche Galmeiabbau im Bereichdes Schlangenberges. Die zahlreichen römerzeitlichen Fundewie die Siedlung bei Breinigerberg oder Siedlung und Tempel-heiligtum Varnenum weisen auf eine intensive Besiedlung hin.

Von herausragender Bedeutung ist das 817 von Ludwigdem Frommen gegründete Benediktinerkloster Inda, spä-ter Reichsabtei Kornelimünster. Bereits im 13. Jh. entwi-ckelte sich die Abtei zum Wallfahrtsort und es entstanddie gleichnamige Siedlung. Abt Benedikt von Anianegründete ein Benediktiner-Kloster mit dem Namen „Mo-nasterium ad Indam“, das Kloster an der Inde. Die ersteKirche der Abtei brannte 1310 ab und wurde anschließendunter Kölner Einfluss neu erbaut. Sie erhielt spätgotischeErweiterungen bis zur Fünfschiffigkeit. Die Abtei erhielt alsreiche Ländereien das „Münsterländchen“. Weide-, Land-und Forstwirtschaft sowie die mit der Nutzung der Was-serkraft verbundene Eisen- und Kalksteinindustrie bilde-ten die wirtschaftliche Grundlage der Abtei. Geschichtlichumfasste das Münsterländchen die Ortschaften Büsbach,Brand, Breinig, Dorff, Hahn, Krauthausen, Münsterbusch,Venwegen und Walheim. Diese Kontinuität war von großerBedeutung für die gesamte kulturelle und wirtschaftlicheEntwicklung des Gebietes. Die großzügigen Abteigebäu-de aus dem 18. Jh. weisen auf die Bedeutung als zentra-ler Ort des Münsterländchens hin. Das Münsterländchenstand bis 1802 unter der Herrschaft der BenediktinerReichsabtei von Kornelimünster.

817 begründeten Reliquien die Bedeutung Kornelimüns-ters als Wallfahrtsstätte. Um die Mitte des 9. Jahrhunderts

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

442255

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Römisches Heiligtum VarnenumFoto: LVR/K.H. Flinspach

KornelimünsterFoto: LVR/A.Heusch-Altenstein

Kap_7_2_klbs_Seiten081_088.qxp 07.11.2007 18:35 Seite 425

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gelang die Schädelreliquie des heiligen Papstes Korneliusin den Besitz des Klosters. Dies führte zur Begründung derjährlichen Kornelioktav und im 12. Jh. mit der Verehrungdes heiligen Kornelius zur Patronats- und Namensände-rung in „Kornelimünster“.

Das historische Ortsbild Kornelimünsters ist sehr gut er-halten und in das bewaldete Tal eingefügt.

Zwei bedeutende Fernstraßen, eine von Köln über Jülichnach Bavai, die andere von Aachen nach Trier kreuztensich im Bereich des Kulturlandschaftsbereiches. Die abtei-liche Herrschaft im Münsterländchen bestand bis 1802. ImZuge der Säkularisation wird das Kloster zur Pfarrkirche,Fabrik, Lehrerseminar, Heimatmuseum und Staatsarchiv.

Westlich von Walheim erfolgte in den Jahren 1938-1940der Ausbau der Vorstellung Aachen mit Bunkern und Pan-zerhindernisseen (Höckerlinie) als Teil des Westwalles.

Der Boden des Münsterländchens war reich an minerali-schen Schätzen. Am Breiniger Berg wurde von der Römer-zeit bis in die siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts Gal-meibergbau im Tagebau betrieben. Galmei wurde schonim Mittelalter mit Kupfer vermengt und verschmolzen. Fürdie weitere Verarbeitung waren die notwendigen Rohstoffein reichem Maße vorhanden: Gewässer, Holz aus denReichswäldern und Steinkohle aus den nahen Revieren.Als Messing erlangte das Produkt Weltruf.

KLB 27.02 Aachen

Die wichtigsten Standortfaktoren für die Entstehung derStadt Aachen sind die Thermalquellen, Steine und Erze.Der römische Kur- und Badeort war im frühen Mittelalter

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

442266

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

die Lieblingspfalz Karls des Großen, von dessen Ausbaudie Marienkirche, der Kernbau des heutigen Doms (seit1978 UNESCO-Weltkulturerbe), sowie weitere Gebäuderestezeugen. Die Marienkirche war 600 Jahre lang die Krö-nungskirche der deutschen Könige und mit seinem Reli-quienschatz im Mittelalter Ziel der Aachener Heiligtums-fahrt. Bereits im Mittelalter gehörte zu der Stadt nicht nurder ummauerte Bereich, sondern auch das durch eineVielzahl von Landwehren abgegrenzte, „Aachener Reich“genannte, Umland. Textil- und Messinggewerbe wurden zuwichtigen mittelalterlichen Wirtschaftszweigen.

Aachen verlor in der frühen Neuzeit stark an Bedeutungkonnte sich aber seit dem 18. Jh. als Heilbad wieder etab-lieren und im 19. Jh. Textil- und Buntmetallfabriken ansie-deln. Der Alleenring, das Frankenbergviertel sowie die Kur-und Parkanlagen sind durch diesen erneuten Aufschwungund das damit einhergehende Siedlungswachstum im19. Jh. entstanden. Der Lousbergpark, als ältester europäi-scher Volkspark, wurde nach der Schleifung der Stadtbe-festigungen 1807 als Landschaftsgarten durch Weyhe ge-

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

SchlangenbergFoto: LVR/K.H. Flinspach

landesbedeutsam

bei AachenFoto: LVR/A.Heusch-Altenstein

Aachen Burtscheid, KurparkFoto: LVR

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

plant. Als Point de Vue ist der Tranchot-Obelisk erhalten, inErinnerung an die erste Kartenaufnahme der Rheinlande.Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Lousbergpark mitdemjenigen auf dem Salvatorberg (mit der neuromanischenSalvatorkirche) vereinigt.

Ein montanhistorisches Bodendenkmal von nationalemRang ist der bis in die Altsteinzeit zurückreichende und imNeolithikum im Tagebau betriebene Abbau des Lousberg-Feuersteins, der überregional gehandelt wurde.

Wichtige historische Kulturlandschaftselemente des Um-landes sind die Wassermühlen sowie die Relikte der Tuchfa-briken und der Steinkohlengewinnung (Eschweiler Revier).

Durch ihre naturräumliche Lage war die Stadt mit Aus-nahme der Aachen-Frankfurter Heerstraße nicht an dieüberregionalen und internationalen Fernwege angeschlos-sen. Die Situation veränderte sich erst im 19. Jahrhundert.Die Bahnstrecke Antwerpen-Köln weist mit dem Viaduktbei Aachen-Burtscheid und dem Buschtunnel bauliche Be-sonderheiten des 19. Jahrhunderts auf.

KLB 27.03 Indetal – Langerwehe

Die in Raum um Stolberg zutage tretenden und auch inSteinbrüchen aufgeschlossenen unterkarbonischen Kalkesind teilweise fossilführend.

Durch die Lagerstätten bedingt, wurden ab der römi-schen Zeit Buntmetalle im Eschweiler und StolbergerRaum abgebaut. Allgemeine Erwägungen, wie die Vielzahl

erhaltener Grabhügel im Stolberger Raum, sowie eine mit-teleisenzeitliche Befestigung bei Stolberg-Gressenich las-sen die vorrömische Aufnahme des Bergbaus in dieserRegion vermuten. Umfangreiche Pingenfelder und die rö-mische Siedlung zwischen Mausbach und Gressenichkennzeichnen den alten Galmeibergbau. Im 19. Jh. wirdder Bergbau auf Blei- und Eisenerze wieder aufgenom-men u.a. von der Grube Diepenlinchen. Das Eifelvorlandwurde anfangs des 19. Jahrhunderts aufgrund der günsti-gen Verkehrslage ein wichtiger Industriestandort. Die Ge-biete mit Eisen-, Blei- und Galmeivorkommen mit Zugangzu den Steinkohlen wie der Raum Stolberg-Eschweiler wa-ren ertragreich. Das Schwergewicht der Frühindustrialisie-rung lag im Vichttal bei Stolberg. Hier wurden zahlreicheKupferhämmer aus dem Aachener Stadtgebiet angesie-delt, die später häufig mit aufwendigen Bauten zu sog.Kupferhöfen verbunden wurden, von denen es heute nocheine größere Zahl gibt und die fast ganz von neuen Indus-trie- und Wohnbauten umgeben worden sind. Für die Kup-ferhöfe war die Verbindung von Produktionsstätte und Fa-brikantenhaus bei geschlossenem Hofraum charakteris-tisch. Die Galmeivorkommen waren um 1900 erschöpft.Viele Relikte wie Halden, Stollen und auch die bleiorien-tierte Vegetation des Stolberger Raumes und Münster-ländchen zeugen noch von diesem ehemaligen Bergbau.Das Gewerbe war schon früher aus den Tälern ins Vorlandgewandert. Stolberg wuchs immer mehr mit Eschweilerzusammen, womit der Anschluss an das dortige Steinkoh-

legebiet hergestellt wurde. In diesem Zusammenhang istdie im Stolberger Raum gut nachweisbare Umnutzungvon aufgelassenen Gebäuden zu erwähnen; so wurdenehemalige Kupferhöfe teils zu Tuchfabriken und teils zuWohnhöfen umfunktioniert.

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

442277Stolberg-BreinigFoto: LVR/J. Gregori

Aachen-LousbergFoto: LVR/J. Gregori

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Die Messingindustrie in Stolberg mit einer Vielzahl so ge-nannter Kupferhöfe mit Wasserantrieb der Blasebälge undHämmer durch die Vicht war von überregionaler Bedeutung.

Älterer Steinkohlenbergbau ist im Eschweiler Raumnachgewiesen. In der zeitlichen Abfolge rangiert hinterdem Lütticher das Eschweiler Revier, das schon im 18. Jh.um das Gebiet zwischen Würselen und Herzogenrath er-weitert wurde. Im Inderevier gibt es Reste alter Gruben,Ruinen von Obertagebauten, von Pingen, kleine Haldensowie frühindustrielle Kottensiedlungen.

Kirchen, historische Hammerwerke in den Tälern vonInde und Vichtbach, Bergbauhalden mit Pingen undStollenmundlöchern, historische Relikte der Eisen-, Mes-sing-, Kupfer-, Zink- und Glasindustrie, die Burg Stolbergmit ihrer Burgsiedlung, die Kupferhöfe, die Zinkhütte mitHalden, die Kupfermeisterhütte mit Parkanlagen, derKupfermeisterfriedhof und die Hochöfen und Teiche inAtsch sind in ihrer Dichte und Erhaltung im Raum umStolberg einzigartig.

An lokale Tonvorkommen im Raum Langerwehe gebun-den entwickelte sich in der frühen Neuzeit hier ein bedeu-tendes Töpfereizentrum. Der gesamte Innenstadtbereichvon Langerwehe sowie der westlich an diesen anschlie-ßende Raum ist durch zahlreiche Bodenaufschlüsse alsTöpfereibezirk bekannt. Er ist überregional bedeutend fürdie Wirtschafts- und Handelsgeschichte Mitteleuropas.

Ein Abschnitt der Aachen-Frankfurter Heerstraße (KLB25.09) und der Eisenbahn Aachen-Köln (KLB 27.04) führtdurch den Kulturlandschaftsbereich.

KLB 27.04 Eisenbahn Köln-Welkenraedt(Vervier, Lüttich, Brüssel, Antwerpen)

Gemeinsames Streben des Staates Belgien, erst 1831gegründet, und der Rheinischen Eisenbahngesellschaftwar es, eine Verbindung zwischen dem Seehafen Ant-werpen und dem Rhein herzustellen. Nach ersten Pla-nungen sollte diese Linie aus Kostengründen nicht überAachen geführt werden, was jedoch der Aachener Kauf-mann David Hansemann verhindern konnte. Das 1839 inBetrieb gegangene Teilstück von Köln bis Lövenich unddie 1841 bis Aachen eröffnete Bahnlinie verfügte über ei-nige bauliche Besonderheiten, wie den KönigsdorferTunnel bei Frechen (1954 aufgeschnitten), den Viadukt beiAachen-Burtscheid sowie den Buschtunnel als ältesternoch befahrener Eisenbahntunnel Deutschlands. Es wardie erste grenzüberschreitende Eisenbahnverbindung inDeutschland. Die Gesamtstrecke bis Antwerpen wurde1843 eröffnet.

Diese Bahnlinie stellt noch heute die bedeutendste inter-nationale Verbindung in Nordrhein-Westfalen dar, mit Ver-bindungen nach Brüssel/Paris und Amsterdam/London.Sie ist Teil des europäischen Schnellbahnverkehrs.

KLB 28.01 Nordeifel – Römische Straße Köln-Trier

Der Kulturlandschaftsbereich „Nordeifel“ wird begrenztvon den Ortschaften Mechernich im Norden, Nöthen imOsten, Blankenheim im Süden und Kall im Westen. Relikteaus allen Epochen der Menschheitsgeschichte finden sichhier, wobei ein Schwerpunkt in römischer Zeit liegt.

Die bereits im Mittelpaläolithikum aufgesuchten Höhlen imKartsteinmassiv sind im Rheinland das alleinige obertägigsichtbare Bodendenkmal einer Besiedlung dieser Zeit. Wei-tere Besiedlungsspuren aus unterschiedlichen Abschnittender Vorgeschichte zeigen an, dass der Raum der Söteni-cher Kalkmulde im Westen des Kulturlandschaftsbereicheserschlossen war. Eine Abschnittsbefestigung aus der Eisen-zeit auf dem Plateau des Kartsteinmassivs deutet eine mon-tanwirtschaftliche Nutzung des Raumes in dieser Zeit an.

Ein Eisenerzabbau in der vorrömischen Zeit ist in demMechernicher Bergbau- bzw. Erzrevier an vereinzeltenStellen nachgewiesen worden (z.B. Mechernich-Weyer). Erdürfte an weiteren Stellen, die nicht durch den späterenBergbaubetrieb überprägt wurden, nachweisbar sein.Auch allgemeine Erwägungen, wie erhaltene Grabhügel imNettersheimer und Mechernicher Raum, sowie eine eisen-zeitliche Befestigung bei Mechernich-Weyer lassen die vor-römische Aufnahme des Bergbaus in dieser Region glei-chermaßen vermuten.

Nördlich der Gemeinde Nettersheim befindet sich dersog. „Grüne Pütz“. Diese römische Quellfassung ist Aus-gangspunkt der etwa 100 km langen Wasserleitung, wel-che die Römer im 1. Jh. n. Chr. errichteten, um den Trink-wasserbedarf der Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln)zu decken. Das Quellwasser, das hier – sowie an weiterenWassergewinnungsstellen in der Nähe der Ortschaft Me-chernich-Weyer – aus dem Boden austritt, wurde mittels ei-nes ausgedehnten Kanali-sationssystems durchTunnel und über Aquä-dukte bis nach Köln gelei-tet. Große Teile dieser he-rausragenden techni-schen Leistung römischerIngenieure sind heutenoch im Boden erhaltenoder rekonstruiert, wie dieQuellfassung am „GrünenPütz“, die Brunnenstubevon Kallmuth oder derAquädukt von Vussem.

Neben der Eifelwasser-leitung belegen Trassenmehrerer römischer Stra-ßen im Gebiet zwischenMechernich und Netters-

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

442288

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

landesbedeutsam

Römische Straße Köln – Trier:Straßentrasse als Hohlweg bei Kall

Foto: LVR/W. Wegener

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Page 91: 7 Bedeutsame und landesbedeutsame ... · 7 Bedeutsame und landesbedeutsame Kulturlandschaftsbereiche in Nordrhein-Westfalen In Anlehnung an internationales Recht (vgl. Kap. 3; UVP-Recht)

und Blankenheimerdorf nachgewiesen. Für den römischenund mittelalterlichen Bergbau sind darüber hinaus auchBleierzgruben am Tanzberg (Kall-Keldenich) und in Mecher-nich-Kalenberg bedeutend, denn hier sind an der Oberflä-che noch alte Pingen, Stollen und Schürfgruben erhalten.Der mehr als 2.000 Jahre alte Bergbau nach Bleierz lässtsich am Mechernicher Bleiberg zurückführen auf Römer;ein Abbaubeginn in der Eisenzeit ist wahrscheinlich. Zurhohen Blüte entwickelte sich dieser Bergbauzweig nach1859 mit Gründung des Mechernicher Bergwerks-Aktien-vereins. Besonders durch den Tagebaubetrieb wurde dieLandschaft um Mechernich vom Bleibergbau geformt, des-sen eindrucksvollstes Baudenkmal ein Schachtturm aufAchteckgrundriss darstellt.

Münstereifel entstand im Gegensatz zu Euskirchen (KLB25.08) und Zülpich (KLB 25.07) nicht im fränkischem oderrömischen Altsiedelland, sondern als Cella des KlostersPrüm (gegründet 721 n. Chr.) in unberührtem Waldgebiet amRande und in Verbindung mit einem alt besiedelten Raum.Aus der Gründung ging später das Stift St. Chrysanthusund Daria hervor. Im Zusammenhang mit dem PrümerTochterkloster und dem zugehörigen Siedlungskern ent-steht eine erste Ringwallanlage, die Alte Burg im Quecken.Aus der Anlage stammt Keramik karolingischer Zeit, dieAufgabe der Befestigung war sicherlich die Sicherung desnahe gelegenen Klosters. So wird Bad Münstereifel auchfolgerichtig in den Quellen des 8. - 10. Jahrhunderts als „no-vum monasterium“, bis zum 12. Jh. „in novo monasterio, quodest in Eiflia“ und im 13. Jh. „Monasterio Eyflie“ genannt. Be-reits 898 erhält die Siedlung durch Zwentibold von Lothrin-gen Marktrecht und wird im 13. Jh. als „oppidum“ bezeich-net. Zuerst gehörte der Besitz zu Are-Hochstaden, ab 1335ist die Stadt Teil der Grafschaft Jülich, 1454 erhält BadMünstereifel eine Stadtverfassung nach Jülicher Vorbild. Dielandesherrliche Burg Bad Münstereifel wird noch kurz davorvon der Bergheimer Linie der Jülicher Grafen errichtet.

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7.2

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

heim das umfangreiche technische Wissen der Römer.Durch Luftbilder konnte ein Großteil der Straßenverläufenachgewiesen werden, wobei ein Abschnitt der Überland-straße von Neuss/Köln nach Trier zu den wichtigsten zählt.

Die Römische Kalkbrennerei in Bad Münstereifel-Iver-sheim, ausgegraben wurde eine Batterie mit sechs Brenn-öfen der 30. Legion aus Xanten, arbeitete zusammen mitmehreren anderen Arbeitslagern von militärischen Kalk-brennen vom 1. bis zum 4. Jh. n. Chr. Durch Inschriftensind in Iversheim auch Soldaten der Legion I Minervia ausBonn und der Legio III Cyrenaica bekannt. Daneben ist miteinzelnen Öfen privater Kalkbrenner zu rechnen. Die aus-gegrabene Brennerei der Xantener Legion konnte in fünfÖfen in einem Monat 200 t Brandkalk produzieren. Die ge-samte Kalkproduktion aus den römischen Brennbetriebendürfte ein Mehrfaches erreicht haben und gehörte sicher-lich zu den wichtigsten wirtschaftlichen Ressourcen desrömischen Rheinlandes.

Weitere elementare Zeugnisse römischen Lebens inner-halb des Kulturlandschaftsbereiches sind die Befundemehrerer heiliger Bezirke. Neben den ergrabenen und teil-rekonstruierten Heiligtümern von Nettersheim, Zingsheimund Nöthen/Pesch, die alle drei den einheimischen ubi-schen Matronen geweiht waren, fanden sich noch ein Tem-pel der Diana bei Mechernich-Katzvey sowie ein Kultplatzeines germanischen Gottes bei Mechernich-Hostel. Darü-ber hinaus ist ein gallo-römischer Umgangstempel bei Me-chernich-Weyer, in dem vermutlich ebenfalls eine Matro-nengruppe verehrt wurde, mittels Luftbild belegt. Welchgroße Bedeutung diese ubischen Göttinnen für die ProvinzNiedergermanien besaßen verdeutlicht am besten die Tat-sache, dass sich nahezu die Hälfte aller innerhalb der Pro-vinz gefundenen Weihinschriften an diese Göttertriaswandten. Anhand dieser Belege ihrer Verehrung, die sichhäufig in fränkischen Gräbern wiederverwendet finden, las-sen sich wichtige Erkenntnisse zu einheimischen Sied-lungsstrukturen, Stammesverbänden und Glaubensvor-stellungen gewinnen.

Die Massierung von Kultplätzen setzt eine dichte Besied-lung dieser Gegend voraus. Zum einen weisen die Organi-sationsformen der Trägerschaften, zum anderen die Befun-de innerhalb der Heiligtümer darauf hin, dass die Gläubi-gen aus der näheren Umgebung stammten. Aus diesemGrund ist in den angesprochenen Gebieten mit einer deut-lich größeren Anzahl von Siedlungsstellen zu rechnen, alsbislang nachgewiesen. Darüber hinaus muss im Gebiet vonNettersheim und Marmagen mit einer ausgedehnten römi-schen Siedlungskonzentration gerechnet werden, da hierein vicus Marcomagus durch eine Inschrift sowie durch einenEintrag auf der Tabula Peutingeriana, einem antiken Straßen-verzeichnis, nachgewiesen ist. Seine exakte Lokalisierungist bislang noch ein Desiderat der Forschung.

Seine Fortsetzung fand insbesondere der römerzeitlicheBergbau im Mittelalter, während die meisten Siedlungenaus römischer Zeit wüst fielen. Römerzeitlicher und mittel-alterlicher Bergbau sind im Bereich Bahrhaus-Weilerheck

Alte Burg bei Bad MünstereifelFoto: MBV/A. Thünker

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Die 1,6 km lange Mauer umschließt die von der Erftdurchflossene Stadt in einer dem Gelände angepasstenForm. Der Wallgraben ist nur an der Ost- und Westseite er-halten. Die Stadtumwehrung und die Stadttore sind voll-ständig restauriert worden. Die Pfeilerbasilika wurde im12./13. Jh. anstelle einer Klosterkapelle von ca. 830 errich-tet. Die Jesuiten-Kirche wurde 1659-1668 von den Laien-brüdern dieses Ordens erbaut. Daneben befindet sich dasehemalige Jesuitenkolleg (1659-1727) mit der alten Jesui-tenbibliothek mit ca. 2.000 Bänden. Das Karmeliterinnen-kloster neben dem Rathaus wurde etwa 1660 errichtet.1476 wurde das zugleich als Gewandhaus dienende Rat-haus erstmals erwähnt. Die restaurierten Bürgerhäuser derStadt, hauptsächlich Fachwerkbauten und insgesamt zehnErftbrücken prägen eine der am besten erhaltenen mittel-alterlichen Stadt Nordrhein-Westfalens. Sie steht innerhalbder Stadtmauer komplett unter Denkmalschutz.

Auf dem heutigen Michelsberg befand sich ursprünglicheine Kultstätte (Gerichts- oder Thingstätte, Mahal-, Madal-,Maleberg) des germanischen Gottes Trdodan. Um 1300 er-folgte der Bau der ersten Michaelskapelle; die heutigeWallfahrtskapelle entstand um 1500 und 1858, Kreuzweg-stationen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eshandelt sich um eine regionalgeschichtlich bedeutendeAnlage mit großer Fernwirkung.

In der Umgebung befindet sich das größte vollbewegli-che Radioteleskop der Welt mit einem Parabolreflektor von100 m Durchmesser in Bad Münstereifel-Effelsberg. Aufdem sich 434 m ü. NN erhebenden Stockert bei BadMünstereifel-Eschweiler steht seit 1956 eine vollbewegli-che 25 m im Durchmesser messende Parabolantenne.

Dieses ungewöhnliche und weithin sichtbare Baudenkmalwurde ursprünglich für militärische und wissenschaftlicheForschungszwecke genutzt und ist heute im Besitz derNordrhein-Westfalen-Stiftung.

Kommern ist eines der schönsten Fachwerkdörfer desRheinlandes. Blankenheim als Burg-Tal-Siedlung ist durchdie Burg und durch zahlreiche Fachwerkhäuser des16./17. Jahrhunderts und Bürgerhäuser des 17./ 18. Jahr-hunderts malerisch bestimmt. Erwähnenswert sind Klosterund Ort Steinfeld in Kall. Die ehemalige Prämonstratenser-Abtei aus dem 12. Jh. Ist heute ein Salvatorianer-Kloster.Die höchst qualitätvolle, großflächige Anlage hat überre-gionaler Bedeutung; durch ihre Höhenlage stellt sie eineLandmarke mit enormer Fernwirkung dar.

Bei der Fernstraße von Köln (Colonia Claudia Ara Agrippinen-sium) über Zülpich (Tolbiacum) und Jünkerath (Icorigium) nachTrier (Augusta Treverorum) handelt es sich um eine der wich-tigsten Verkehrsverbindungen des römischen Rheinlandes.

Vom Kölner Stadtgebiet verlief die Straße in südwestli-cher Richtung schnurgerade. Der Verlauf entspricht demder heutigen B 265 bis Hürth-Kendenich. Zwischen Hürthund Erftstadt-Liblar ist der Straßenabschnitt durch denBraunkohlentagebau zerstört und im heutigen rekultivier-ten Gelände ist der Straßenverlauf nicht mehr erkennbar.Zwischen Erftstadt und Zülpich ist die Römerstraße heutenoch größtenteils als Straße oder Feldweg vorhanden undin ihrer geraden Linienführung im Gelände nachvollzieh-bar. Von Zülpich aus verlief die Trasse bis zum Erreichender ersten Eifelhöhen bei Kall-Keldenich ebenfalls gerade.Hier verästelt sich die Straße und verläuft bis Marmagenauf zwei mehr oder weniger parallel geführten Trassen, diesich nun der von tief eingeschnittenen Tälern durchzoge-nen Eifellandschaft anpassen müssen. Dabei wurde dersteilere Trassenverlauf für die Bergfahrt, der weniger steilefür die Talfahrt genutzt. Südlich von Marmagen schlängeltsich der Straßenverlauf westlich an Blankenheim vorbei inRichtung Schmidtheim, um südöstlich von dort im Eich-holz im Bereich der Heidenköpfe das heutige Nordrhein-Westfalen zu verlassen. Im Streckenabschnitt zwischenZülpich und der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz hat sichdie römische Straßentrasse nur in einzelnen Teilbereichenals eine bis heute genutzte Straßen- oder Wegführung er-halten. So liegt z.B. ein knapp vier km langer Abschnitt derB 51 zwischen Blankenheimerdorf und Dahlem auf derTrasse der römischen Fernstraße. An mehreren Stellen istjedoch der ehemalige Straßenverlauf – sei es als Gelände-einschnitt eines ehemaligen Hohlweges oder als in derLandschaft sichtbare Erhebung des aufgeschütteten Stra-ßendamms – noch als Relikt im Gelände sichtbar.

Die römische Hauptstraße zwischen Köln und Trier warhinsichtlich des Ausbaus keineswegs mit der aus Groß-steinpflastern bestehenden Via Appia vergleichbar, sondernglich eher einem gut ausgebauten Feldweg unserer Tage.

Die römische Straße von Köln über Zülpich nach Trier istüber weite Stecken heute noch als Relikt erhalten. Teilab-

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Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

443300

Altenburg bei Blankenheim-BlankenheimerdorfFoto: MBV/A. Thünker

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schnitte liegen im Untergrund noch bestehender Verkehrs-wege, stellenweise ist sie im Gelände als Vertiefung oderAufschüttung sichtbar, andernorts ist der Straßenkörpervon Ackerböden bedeckt und wird gelegentlich als Luft-bildbefund sichtbar. Zahlreiche Teilabschnitte wurden indie Liste der ortsfesten Bodendenkmäler eingetragen. Ne-ben der Straßentrasse selbst ist davon auszugehen, dasssich auch Reste der die Straße begleitenden Infrastruktursowie der die Straße säumenden Bestattungen im Unter-grund erhalten haben.

KLB 28.02 Monschauer Land

Die Besonderheit des Gebietes liegt in dem Zweiklangaus dem tief eingeschnittenen Rurtal mit der historischenTuchmacherstadt Monschau und seiner industriellen Prä-gung sowie den landwirtschaftlich genutzten Höhen mit ih-

rer charakteristischen Sied-lungs- und Heckenland-schaft – beide von außeror-dentlich guter Erhaltung, at-mosphärischer Wirkung undunmittelbarer Erlebbarkeit.

Monschau, zurückgehendauf eine strategisch errichteteBurganlage aus dem 12. Jh.,ist im 17. bis 19. Jh. ein be-deutender Tuchmacherort ge-wesen, ablesbar an den Fa-brikationsetagen in den histo-rischen Patrizierhäusern, denResten industrieller Textilfabri-ken und den mit Bruchstein-

mauern terrassierten Hängen. Weiterhin befinden sich im Talder Rur mit seinen bewaldeten Hängen Schiefersteinbrüche,Mühlen und Relikte der Eisenproduktion. Auf den Höhen lie-gen die auf Einzelhöfe zurückgehenden Streusiedlungen mitregionalspezifischen Hof- und Hausformen (Eifelhäuser mitBruchstein und Fachwerkkonstruktion) und Dörfer mit histori-schen Ortsbildern und weithin sichtbaren Pfarrkirchen. Einzentrales Kulturlandschaftselement sind die Hecken, die alsHaushecken (geschätzte Anzahl 900 mit insgesamt ca. 25 kmLänge) die Gebäude vor Witterungseinflüssen schützen undals Flurhecken (insgesamt ca. 460 km) die offene Wiesen-und Weidenlandschaft gliedern.

Ein besonderes Ensemble bildet das Gut Reichenstein,welches, eingebettet in eine Klosterlandschaft mit Fischtei-chen, Mühlen, Kirch- und Pilgerpfaden sowie Kapellen, ineinzigartiger Weise die historische Nutzungsabfolge Burg-,Kloster-, Landgut ablesbar macht und ein bedeutendesBodendenkmal ist.

Zwischen Höfen und Imgenbroich verläuft ein Teilstückdes Westwalls.

KLB 28.03 Rurtalsperre – Urfttalsperre

Vornehmlich dem Hochwasserschutz, aber auch derElektrizitätserzeugung dienten zahlreiche nach 1900 er-

Kapitel

7.2

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

BlankenheimFoto: Naturpark Hohes Venn-Eifel

landesbedeutsam

Westwallbunker bei Simmerath Foto: LVR/W. Wegener

Haushecke in Monschau-HöfenFoto: LVR/E. Knieps

Rur in MonschauFoto: LVR/E. Knieps

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baute Talsperren in der Eifel. Otto Intze konstruierte 1900-1905 mit der Urfttalsperre das mit 45 Millionen m³ damalsgrößte Reservoir Europas und verband die Anlage mit derWasserkraftnutzung im Jugendstilkraftwerk Heimbach.Das von ihm entwickelte Prinzip der Gewichtsstaumauer(Intze-Prinzip) fand dabei Anwendung. 1934-1938 entstandim Lauf der Rur die über 200 Millionen m³ fassende Tal-sperre Schwammenauel. Urft-, Rur- und Oleftalsperre ar-beiten heute im Verbund.

Oberhalb des Urftsees liegt die ab 1934 errichtete natio-nalsozialistische Ordensburg Vogelsang. An den östlichenUfern der Talsperre verläuft die Limesstellung des West-walles. Auf dem Plateau westlich und südwestlich von Vo-gelsang erstreckt sich die Vorstellung Vogelsang (1939/40)und eine Batterie der Luftverteidigungszone West.

KLB 28.04 Oleftal und Oleftalsperre

Das Oleftal ist ein wertvoller Mittelgebirgskomplex vongrenzüberschreitender Bedeutung, denn im Bereich ihresOber- und Mittellaufs bis kurz vor der Einmündung in dieTalsperre fungiert die Olef als Grenzfluss.

Als „aufgelöste“ Staumauer in Pfeiler-Zellen-Bauweisenach neuzeitlichem Prinzip entstand 1955-1959 (Verstär-kung in Stahlbeton 1982-1986) die 20 Millionen m³ fassendeOleftalsperre im gleichnamigen Fluss. Es war die erste ih-rer Art in Deutschland, zunächst als Experimentalkonstruk-tion aus unbewehrtem Beton.

Unterhalb der Oleftalsperre finden sich zwischen Hellen-thal und Gemünd zahlreiche Relikte der spätmittelalterli-chen und frühneuzeitlichen Eisenverhüttung und -verarbei-tung. Im relativ engen unteren Oleftal gewannen die An-siedlungen (Schieiden, Blumenthal, Hellenthal) durch ihre

Verkehrslage entlang der Bezirksstraße Köln-Luxemburg(nach 1833) und der Eisenbahnlinie Kall-Hellenthal (1884)im 19. Jh. nochmals an Bedeutung. Städtebaulichen Novi-täten zeigten sich vor allem in der Anlage und Bebauungder Ausfallstraßen, die in ihrem Status als Provinzialstra-ßen besonders geeignet waren, zeitgenössische Architek-tur zu realisieren. Prägende Einzeldenkmäler dokumentie-ren geradezu didaktisch eine architekturgeschichtlicheEntwicklungsreihe in Abhängigkeit von wirtschafts-, indus-trie- und verkehrsgeschichtlichen Gegebenheiten.

Die Bärwurzwiesen auf frischen bis feuchten Standortensind hier hervorragend ausgebildet und besitzen durchdas reiche Vorkommen der Gelben Narzisse eine beson-dere Repräsentativität für die Region.

KLB 28.05 Westwallabschnitt bei Udenbreth

Von der Landesgrenze bei Hellenthal-Kehr bis nach Uden-breth verläuft ein Abschnitt des Westwalles. Auf einzelnenHöhenrücken liegen in einem Waldgebiet und auf Wiesen-gelände zahlreiche Bunker in unterschiedlichem Erhaltungs-zustand. Die Stellungen werden an der Westseite durch ei-ne vier- und fünfzügige Panzersperre abgegrenzt. Bei denBunkeranlagen der Limesstellung handelt es sich um Denk-mäler und Bodendenkmäler aus den Jahren 1938-1940.Durch ihre Sprengungen bereits unmittelbar nach demKrieg und ein weiteres Mal in den 1980er Jahren sind um-fangreiche Teile der Anlagen zerstört bzw. verschüttet.

Die Bunkeranlagen waren untereinander mit Laufgräbenund durch Telefon verbunden. Weiterhin gehörte zur Infra-struktur eine Trinkwasserversorgung. Ein Teil dieser Laufgrä-ben sind noch erhalten, weitere Gräben und Kabelverbindun-gen zeichnen sich im Erdreich als Bodenverfärbungen ab.

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Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

443322

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Kirchenruine des zerstörten Dorfes Wollseifenim ehemaligen Truppenübungsplatz Vogelsang, SchleidenFoto: LVR/W. Wegener

Gesprengter Westwallbunker bei Hellenthal-UdenbrethFoto: LVR/W. Wegener

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Zu den vom Westwall am stärksten befestigten Ortschaf-ten gehört Hellenthal-Udenbreth. Zahlreiche Bunker undein System von Panzersperren verlaufen direkt durch dasDorf. Zu einem geplanten unterirdischen Ausbau von Bun-kerstellung ist es nach 1940 nicht mehr gekommen.

Die Bunkeranlagen und Panzersperren zwischen Kehrund Udenbreth dokumentieren in besonders anschauli-cher Weise den Aufbau des Westwalles. Bei den Anla-gen finden sich Bunker aus dem Pionierprogramm unddem Limesprogramm. Nach Westen vorgelagert verlau-fen die Panzersperren der Baureihen 1938 und 1939.Hinzu kommt der vergleichsweise gute Zustand einzel-ner, für das Rheinland besonders seltener Bunkertypen.

KLB 28.06 Alendorf – Lampertstal

Bei Alendorf, zwischen Kalvarienberg, Hämerberg undEierberg, befindet sich das in Deutschland drittgrößte zu-sammenhängende, über 1.100 ha große Wacholdernatur-schutzgebiet „Lampertstal“; über 30 verschiedene Orchi-deenarten sind auf den großflächigen, seit 1953 unter Na-turschutz stehenden Kalkmagerrasen beheimatet. Bereitsim Mittelalter wurden diese traditionellen Kulturbiotopedurch Rodung geschaffen und durch extensive Schafbe-weidung bis heute erhalten.

Von der 1494 errichteten Bergkirche, der ehemaligenPfarrkirche, führt ein 1663 bis1680 von Graf Salentin Ernstvon Blankenheim errichteter, im 19. Jh. auf 14 Stationenerweiterter Kreuzweg zum Schlusskreuz auf den Gipfel desKalvarienberges. Es handelt sich hierbei um eine weitläufi-ge Kulturlandschaft von überregionaler Bedeutung.

Burg und Burgsiedlung Schloßthal liegen 2 km nördlichvon Blankenheim-Dollendorf an einer strategisch wichti-gen Stelle oberhalb des Ahrtales. Erhalten ist die Burgrui-ne und einige Bauerngehöfte der Siedlung. Einzelne Be-festigungsmauern sind in den Häusern und in Form vonHalbrundtürmen und als freiliegende Fundamente erhal-ten. Es handelt sich um eine der ältesten befestigtenBurgsiedlungen des Rheinlandes. Von der Burgruine be-stehen Sichtbezüge nach Aremberg und zur Nürburg inRheinland-Pfalz. Um 1077 werden die Edelherren von Do-lendorf genannt, 1742 wird die Burg aufgegeben. Siediente zur Sicherung eines wichtigen Handelsweges undder Eisenhütten im Ahrtal. Keine 400 m Luftlinie entferntbefindet sich nordwestlich im Tal der mittelalterliche Burg-hügel Neuweiler.

KLB 29.01 Drachenfelser Ländchen

Die Entwicklung des Drachenfelser Ländchens und derangrenzenden Gebiete ist durch den vulkanischen Charak-ter und das Töpfergewerbe geprägt. Bereits in römischerZeit findet eine intensive Besiedlung statt. Herausragend ist

neben einigen Einzelhöfen eine Siedlung an der Landes-grenze zu Rheinland-Pfalz und ein Matronenheiligtum beiBerkum. Es findet sich eine größere Anzahl von Steinbrü-chen. Dabei wurden diese Steinbrüche teilweise bereits inrömischer Zeit angelegt. Südöstlich von Berkum auf demHohen Berg liegen Brüche, die Baumaterial für den KölnerDom und auch für das Bonner Münster lieferten. WeitereSteinbrüche liegen bei Villip, Arzdorf, Berkum und Nieder-bachem. Westlich und südlich von Adendorf finden sichTongruben. Sie sind durch archäologische Funde datiertund damit als Relikte des frühneuzeitlichen Töpfergewer-bes in Adendorf anzusprechen. Die heute noch bestehen-de Töpfertradition von Adendorf lässt sich bis in das 17. Jh.zurückverfolgen, als Westerwälder Töpfer zuwanderten. DieSiedlungen des Drachenfelser Ländchens sind größtenteilsbereits im 13. Jh. erwähnt und haben bis heute ihre histori-schen Standorte bewahrt. So kommt dem ehemaligen ad-ministrativen Zentrum des Drachenfelser Ländchens, derim Quellgebiet des Godesberger Baches bei Villip gelege-nen mittelalterlichen Wasserburg Gudenau eine zentraleBedeutung zu. Weitere Herrensitze sind die Burg Odenhau-sen bei Berkum, Burg Adendorf, die Villa Holzem mit demGut Holzem, das Haus Graffemberg und die Burg Münch-hausen. Mehrere Wind- und Wassermühlen, u.a. die ältesteerhaltene Mühle des Rheinlandes (886 n. Chr. urkundlich er-wähnt), die Broicher Mühle bei Villip. Der Raum ist durch eindichtes historisches Straßennetz erschlossen.

Dieser Kulturlandschaftsbereich mit seinen vielen histori-schen Kulturlandschaftselementen ist von hoher histori-scher und ästhetischer Bedeutung.

KLB 29.02 Siebengebirge

Das Siebengebirge wird durch die steil über dem Rheintalaufragenden Vulkankegel geprägt. Der Kulturlandschaftsbe-reich erstreckt sich über diese engere Zone hinaus vomRhein bis in das Pleiser Ländchen und umfasst ein Gebietvon etwa 5.000 ha. Der heute in Teilen dicht besiedelteRaum wird nicht nur als Wohnort, sondern auf Grund deshohen ästhetischen Wertes als Naherholungsgebiet ge-schätzt. Hier wirken die im 19. Jh. durch Künstler der Ro-mantik vermittelten Vorstellungen und Assoziationen weiter.Die intensive Nutzung des Gebietes seit der Eisenzeit kannbis heute an einer hohen Zahl von Kulturlandschaftsrelikten,Einzelmonumenten und Ortschaften erfahren werden.

Bereits in der Eisenzeit war das Siebengebirge besie-delt, wie Ausgrabungen auf dem Petersbergsattel und na-he Stieldorferhohn gezeigt haben. Herrschaftlicher Mittel-punkt scheint der Ringwall auf dem Petersberg gewesenzu sein. Im frühen Mittelalter besiedelten Franken aus demRheintal das Gebiet erneut. Mit der Ausbildung der mittel-alterlichen Territorien wurde das Siebengebirge zur Grenz-region zwischen dem Erzstift Köln und der GrafschaftSayn. Durch den Bau der Burgen auf dem Drachenfels,

Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

landesbedeutsam

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der Wolken- und der Löwenburg sowie einer Reihe kleine-rer Anlagen versuchten die Landesherren ihren Herr-schaftsanspruch zu sichern. Auch die planmäßige Grün-dung der Stadt Königswinter am Rhein muss vor dieserEntwicklung gesehen werden.

Die 1189 gegründeteZisterzienserabtei Heis-terbach, die Wallfahrts-kirche auf dem Peters-berg und die Propsteides Benediktinerklos-ters Siegburg in Ober-pleis waren im Mittelal-ter neben den Pfarrkir-chen bedeutende kirch-liche Zentren. Sie warenAusgangspunkt undZiel des religiösen Le-bens, das sich mit Pro-zessionen, Bittgängenund Wallfahrten auch in

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die Region entfaltet hat. Kapellen, Bildstöcke und Wege-kreuze zeugen auch heute noch davon. Die mittelalterli-chen Bauten bildeten die geeignete Kulisse, um das Land-schaftsempfinden der Romantik zu beflügeln. Das Sieben-gebirge wurde zum Gegenstand von Reiseberichten, Litera-tur, Kunst und Musik. In der Folge wurde die Region belieb-tes Touristenziel. Hotelbauten und Weinlokale in den Ortenam Rhein wie auch im Bereich des Siebengebirges selbstsind heute noch Zeugnisse. Auch die Berge wurden durchdie Anlage neuer Wege sowie den Bau von Zahnradbah-nen auf den Drachenfels und den Petersberg für die Besu-cher erschlossen. Der Nachbau des historischen Hotels aufdem Petersberg (Sitz der alliierten Hochkommissare; Peters-berger Abkommen von 1949) ist auch Gästehaus der Bun-desrepublik Deutschland. Während Dollendorf und Königs-winter als Ausflugsziel geschätzt wurden, entwickelte sichdas südlich gelegene Bad Honnef zum Kurort und bevor-zugten Wohnsitz einer reichen Oberschicht. Parkanlagenund herrschaftliche Villen prägen das Ortsbild. Vor der tou-ristischen Erschließung der Region war das Gebiet weitest-gehend agrarisch geprägt.

Auf den Hochflächen des Pleiser Ländchens wurde, wieauch heute noch, Ackerbau betrieben. Geeignete Hängewurden für den Weinanbau genutzt. Vielfach zeugen Win-zerhäuser in den Ortschaften von dem heute deutlich zu-rückgegangenen Wirtschaftszweig. Die Steilhänge und

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

restaurierte Fundamente derLöwenburg bei KönigswinterFoto: MBV/A. Thünker

Ortskern von Oberdollendorf, KönigswinterFoto: LVR/E. Knieps

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Bergkuppen des Siebengebirges waren mit Wald bestan-den. Dieser wurde aber, anders als heute, zumeist als Nie-derwald für die Gewinnung von Brennholz und Pfählen fürden Weinbau genutzt.

Die Gewinnung von Bodenschätzen hat im Siebengebir-ge deutliche Spuren hinterlassen, die im Bereich vonOberkassel und am Drachenfels bis heute weithin das Er-scheinungsbild prägen. Bereits in römischer Zeit wurdeam Drachenfels Trachyt für Bauprojekte in der Provinz Nie-dergermanien gebrochen. Seit dem Mittelalter wurde dieSteingewinnung auch auf andere Berge, so etwa denStenzelberg und die Wolkenburg, ausgedehnt. Als ab1870 Basalt zum gefragten Baumaterial wurde, erlebte dasSiebengebirge eine letzte Blüte des Steinabbaus, der aufviele Bergkuppen ausgedehnt wurde. Neben Baumaterialwurden im Siebengebirge auch Tuffe für den Backofenbauund Alaun für die chemische Industrie gewonnen. BeideBetriebsformen prägen mit ihren Spuren das Wintermüh-lental bei Königswinter und den Nordhang des Ennert. Diebis in das 19. Jh. hinein stetig zunehmende Steingewin-nung führte zu so starken Eingriffen in die Landschaft,dass schließlich Initiativen zum Schutz des Siebengebirgesergriffen wurden. Mit den Gründungen des Verschöne-rungsvereins 1869 und des Vereins zur Rettung des Sie-bengebirges 1886 gewannen Naturschutzbelange dieOberhand. Die Ausweisung als erster Naturpark in Nord-rhein-Westfalen sowie die Eintragung als FFH-Gebiet kenn-zeichnen auch heute noch den hohen Stellenwert des Sie-bengebirges als Naturraum.

Das Siebengebirge ist ein Kulturlandschaftsbereich vonbesonders hoher historischer Dichte und landschaftsäs-thetischer Qualität.

KLB 30.01 Nutscheidstraße – Siegtal Bödingen Blankenberg

Der Naturweg Nutscheid ist ein typischer Höhenweg auf ei-nem West-Ost verlaufenden, bewaldeten Höhenzug nördlichdes Siegtales von v.a. vor- und frühgeschichtlicher Bedeu-tung. Die Wichtigkeit der Wegeverbindung wurde archäolo-gisch durch das Grab eines vornehmen jüngerbronzezeitli-chen Krieger (ein Alleinstellungsmerkmal im Rheinland) und ei-ne eisenzeitliche Sicherungsanlage (Abschnittswall), die durchdie ottonische Rennenburg abgelöst wurde, belegt.

Zwei besondere Ensembles stellen die sich beidseits derSieg auf den Höhen gegenüberliegenden Burg und StadtBlankenberg (12. und 13. Jh.) sowie der MarienwallfahrtsortBödingen (Wallfahrtskirche aus dem 15. Jh.) mit ehemaligemKloster der Augustinerchorherren dar. Ihre große Land-schaftswirkung resultiert aus der Höhenlage der Ortschaf-ten und die sternförmig auf den Wallfahrtsort zuführendenProzessions- und Kirchwege.

KLB 30.02 Siegtaleisenbahn

Die 1856 bis 1859 erbaute Bahnlinie von Köln-Deutznach Gießen brachte Ruhrkohle ins Siegerland und die Er-ze des Lahn-Dill Gebietes ins Ruhrgebiet. Die Konzessi-onserteilung an die private Eisenbahngesellschaft koppel-te der preußische Staat mit der Auflage zum Bau der Dom-brücke über den Rhein, die ebenfalls zusammen mit demZentralbahnhof in Köln 1859 fertig gestellt wurde. Der ho-he Gestaltungsanspruch an die auf den Dom in Köln aus-gerichtete erste feste Rheinbrücke nach der Römerzeit mitden Reiterstandbildern der Hohenzollernkönige übertrugsich auf die ganze Eisenbahnstrecke. Die Bahnhöfe und

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

Abtei Heisterbach,Chorruine der ehemaligen Klosterkirche, KönigswinterFoto: LVR/E. Knieps

Hohlwegtrasse der Nutscheidstraße bei WindeckFoto: LVR/W. Wegener

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Brücken der Linie im Siegtal gehören zu den besten Zeug-nissen des Zeitalters der Privatbahnen in Preußen. Sie sindzugleich eine Bereicherung der von Städten, Dörfern undHerrensitze geprägten Tallandschaft an der Sieg.

KLB 31.01 Siegen und Umgebung

Das zentrale Siegerland bietet vom archäologischenStandpunkt her zahlreiche wichtige Aspekte zur Sied-lungsgeschichte Südwestfalens.

Im Zentrum des Siegerlandes – das sich räumlich undarchäologisch im angrenzenden Rheinland-Pfalz und Hes-sen fortsetzt – liegt die wichtige mittelalterlich-neuzeitlicheResidenzstadt Siegen, Hauptsitz der gleichnamigen Graf-schaft, die besonders in den Religionskriegen des 16. und17. Jahrhunderts überregionale Bedeutung erlangte.

Die reichen Vorkommen von Eisenerzen wurden im zen-tralen Siegerland bis in das 20. Jh. hinein intensiv abge-baut, wovon die Überreste zahlloser Pingen, Stollensyste-me und Hütten- bzw. Hammerwerke zeugen. Der Beginnder Eisengewinnung liegt bereits in der frühen Eisenzeit(Hallstatt D), als keltisch-geprägte Prospektoren die Vor-kommen erkannten und zu nutzen begannen. MehrereGrabungen haben die eisenzeitliche Nutzung des Raumesnachweisen können (Schlackenhalden, Verhüttungsstellen,Begräbnisstätten). Große eisenzeitliche Wallburganlagenunterstreichen diese Nutzungsphase. Nach einer Unterbre-chung während der römischen Kaiserzeit setzt die mittelal-terliche Eisengewinnung ein, die oftmals alte Verhüttungs-stellen der Eisenzeit nutzt. Hohlwege zeugen vom Waren-und Rohstofftransport dieser Zeit und mehrere Burganla-gen von der mittelalterlichen Herrschaftsstruktur.

Ein besonderes Bodendenkmal des zentralen Siegerlan-des ist die sog. Siegener Hecke, ein spätmittelalterliches bisneuzeitliches die gesamte Stadt Siegen umgebendes Land-wehrsystem, das das protestantische Nassauische Amt Sie-

gen umschloss undgegen das katholi-sche Kurköln ab-grenzte. Der ge-naue Geländever-lauf von Teilen die-ses Fortifikations-werkes, das mehre-re Ausbaustufen er-lebte, ist z.T. nochunklar. Der Bereichum Hilchenbach istin spätmittelalterli-cher Zeit als wichti-ges Herrschafts-zentrum der Grafenvon Nassau anzu-

sehen, die zeitweilig Hilchenbach als Residenz nutzten undauch die Herrschaft über das im 13. Jh. gegründete nahePrämonstratenserinnenkloster Keppel ausübten.

Zu den städtebaulich prägnanten Orten gehören Siegenmit dem Burgberg, der durch die Nikolaikirche („Krön-chen“), das Obere Schloss und seine Altstadt geprägtwird, und der nach einem Stadtbrand 1666 nach einheitli-chem Plan neu angelegte „Alte Flecken“ Freudenberg.Diese beiden Städte gehören zur Arbeitsgemeinschaft His-torische Stadtkerne in NRW. Die ehemaligen StahlwerkeKrupp liegen südlich der das Hüttental prägenden Spitzke-gelhalde in Siegen-Geisweid. Sie sind durch zwei wesentli-che Sichtbezüge ausgezeichnet.

Siegerländer Hauberge geben Zeugnis für die im Sieger-land typische und weltweit einzigartige Niederwaldbewirt-schaftung mit einem streng geregelten Bearbeitungszy-klus. Sie stellen eine genossenschaftlich organisierte Leis-tung dar. Auch nach Aufgabe des historischen „Hauens“kennzeichnen die Sukzessionsfolgen als eichen- und bir-kenreiche Laubwälder das Siegerländer Landschaftsbild.

In Teilbereichen ist das Imitieren der Wirtschaftsformwünschenswert (vgl. Hauberg Fellinghausen). Die Bevorzu-gung der Eiche als Baumart dient der Erhaltung des Sie-gerländer Landschaftscharakters.

KLB 32.01 Ilsetal mit umliegenden Wäldern

Wittgenstein ist geprägt von Wäldern (70% Waldanteil),Quellen, Bächen und schmalen Tälern. Der Kulturland-schaftsbereich ist ein typischer Ausschnitt dieser Land-schaft. Die Ilsequelle bei Heiligenborn galt früher als heil-kräftig und war jahrhundertelang Ziel von Wallfahrten. DerLandschaftscharakter wirkt ungestört.

Beschreibung der bedeutsamenund landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche

443366

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

landesbedeutsam

FreudenbergFoto: LWL/Bildarchiv

SiegenFoto: LWL/M. Philipps

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Bedeutsame und landesbedeutsame Kulturlandschaftsbereiche (KLB) in Nordrhein-Westfalen

443377

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

Nr. Name Wertgebende Merkmale

1.01 Schafbergplatte bei Ibbenbüren Karbonsandsteinbrüche, Bergbauspuren (aufgelassener Erzabbau, hi-storischer und neuzeitlicher Steinkohlenabbau), bergbautypische Sied-lungsstrukturen, Zeche Oeynhausen, endneolithische, bronzezeitlicheund frühmittelalterliche Grabhügelfelder, Heidenturm in Ibbenbüren undWallanlage, Tiergarten in Recke

2.01 Oppenwehe – Oppenweher Moor Moorkultivierungslandschaft (Abzugsgräben und Kanäle, regelmäßigeStraßen- und Wegeführung in Dammlage), Spuren des bäuerlichenHandstichbetriebes, Geestinsel als Siedlungs-Standort

2.02 Wiehengebirgsvorland Stadtkerne Lübbecke und Preußisch Oldendorf sowie Dorfkerne Blas-heim, Gehlenbeck, Holzhausen und Offelten, Streusiedlung mit Bauern-höfen und Adelssitzen (Crollage, Ellerburg, Hollwinkel, Holzhausen, Hüf-fe, Obernfelde, Stockhausen), Bauernbad Fiestel, Brauerei, Mittellandka-nal, Tabakfabriken, Wind- und Wassermühlen,Wallburg Babilonie, sog. Schwedenschanze und ravensbergische Lan-desburg Limberg (Preußisch Oldendorf), Burgenlandschaft Reineberg

2.03 Wesertal zwischenPorta Westfalicaund Schlüsselburg

(landesweit bedeutsam)

sehr reiche Fundlandschaft für alle Perioden der Menschheitsgeschichte,Weserfurt als Schnittpunkt wichtiger Straßen,Bischofssitz Minden und Klöster,Stromtallandschaft mit charakteristischer Siedlungsstruktur, wichtigesWasserstraßenkreuz, herausragende Landmarke (Porta Westfalica),Stadtkern Petershagen und Ortskern Schlüsselburg, jeweils mitSchloss, öffentlichen Bauten und Bürgerhäusern,Dorfkerne Jössen, Windheim, Heimsen, Buchholz und Ovenstädt mit romanischen Pfarrkirchen und ländlicher Architektur überwiegend des 19. Jahrhunderts aber auch bemerkenswerten älteren Beispielen,Güter Neuhof und Schlüsselburg,Weser-Fährstellen und -Staustufen, Kraftwerk Lahde,Scheunenviertel Schlüsselburg,Jüdischer Friedhof Wasserstraße,Glashütte Gernheim, Wind- und Wassermühlen

3.01 Stadt Herford und StifteHerford – Enger – Schildesche

Stadt Herford mit dem Stiftsbezirk, Stift Berg in Herford und Burgplatzin Enger

4.01 Amtsvenn – Ammerter Mark

(landesweit bedeutsam)

einer der größten und bedeutendsten Hochmoor- und Feuchtwiesen-komplexe in NRW mit meist stark strukturiertem Abtorfungsmosaik,entlang der Dinkelniederung typisches Siedlungsmuster mit enger Ver-knüpfung zwischen Fließgewässern und ehemaligen Heide- und Öd-landflächen,Ammerter Mark: neolithische Siedlungskammer mit Siedlungen undFlachgräberfeld der Trichterbecherkultur sowie spätneolithischen Grab-hügeln,großer bronze- und eisenzeitlicher Bestattungsplatz mit zeitgleichenSiedlungsspuren,unter Dünen detailreiches archäobotanisches Archiv zur Landschafts-geschichteFundlandschaft Ammerter Mark bei Heek

4.02 Ochtrup und Langenhorst mittelalterlicher Stadtgrundriss von Ochtrup, Stift Langenhorst und Um-gebung, Schloss Welbergen, Bauerschaft Seilen, Haus Rothenberge,Industriesiedlung der Firma Laurenz,Haus Welbergen und gut erhaltenes Hügelgräberfeld im direkten Umfeld,aufgelassener Steinbruch Ochtrup Weiner Esch

landesbedeutsam

landesbedeutsam

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

443388

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Nr. Name Wertgebende Merkmale

4.03 Vreden – Stadtlohn,Eschlohner Esch

ausgedehnte Ackerflächen auf einem Kalkhöhenrücken, baum- undstrauchlos,offener Landschaftscharakter,typisch sind die randliche Besiedlung und die Straße in der Mitte des Esches,Brandgräberfriedhof der Bronze- und Eisenzeit und entsprechenderSiedlung westlich von Vreden,Stadtkern und Stiftsimmunität Vreden, Stadtkern Stadtlohn, Wallburg inStadtlohn-Bockwinkel,Kleinregion Weseker Geest und Vredener NiederungLandwehren, frühmittelalterliche Hünenburg bei Wessendorf und BurgStadtlohn

4.04 Schloss Anholt,Isselburg und Werth

Siedlungsgefüge des Werther Bruchs,historische Ortskerne Isselburg und Anholt, Schloss Anholt mit Park,barocke Gartenpartien, englischer Garten, „Anholter Schweiz“,Stadtbefestigungen Isselburg und Werth

4.05 Die Berge bei Ramsdorf mittel- und jungsteinzeitliche Rast- und Jagdplätze,viele Grabhügel aus der Bronze- und Eisenzeit

4.06 Merfelder Niederung Nieder- und Hochmoorablagerungen als archäobotanisches Archiv,spätpaläo-, meso- und neolithische Rastplätze,Wallburg Jansburg,frühbronzezeitliche Siedlung in Merfeld östlich der Sandgrube Breiderhoff

4.07 Untere Lippe –Dorsten-Holsterhausen

vor- und frühgeschichtliche, kaiserzeitlich-germanische und römischeSiedlungsplätze, römisches Marschlager,Feuchtgebiete, Altarme, Moore, Plaggenesche,mittelalterliche Landwehr,Befestigungsanlagen, Hudelandschaft

5.01 Laer – Borghorst – Steinfurt Oldenburg bei Laer, Burg Ascheberg, Schloss Steinfurt und Stiftsbe-reich Borghorst,Schlosspark Steinfurt mit dem Bagno

5.02 Baumberge mit Coesfeld,Billerbeck und Nottuln

neolithische Fundplätze auf Lössinseln,mittelalterlich-neuzeitliche Steinbrüche, ausgedehntes Wölbackersystem,Ortskerne Billerbeck, Havixbeck, Nottuln, Schöppingen,Dorfkerne Darup, Schapdetten,Adelssitze Haus Hamern (Billerbeck), Schloss Darfeld (Rosendahl), Haus Ha-vixbeck und Haus Stapel in Havixbeck und das Kloster Billerbeck-Gerleve,Höfegruppen in Billerbeck-Aulendorf, DarfeId-Höpingen, Nottuln-Horst,Nottuln-Stevern, Nottuln-Darup-Hastehausen, Nottuln-Uphoven,ehemaliges Bahnhofsempfangsgebäude Billerbeck-Lutum, Wassermüh-le zu Haus Stapel in Havixbeck, Gennericher Windmühle, Wassermühlezu Schloss Darfeld in Rosendahl,Stadtbefestigung Billerbeck, Landwehrlandschaft Nottuln - Billerbeck -Havixbeck, Kolvenburg in Billerbeck, Coesfelder Zitadelle, jungsteinzeitli-cher Fundplatz Nottuln

5.03 Bischofsstadt Münstermit dem Wigbold Wolbeck

(landesweit bedeutsam)

Dom, mittelalterliche Kirchen, mittelalterliches Rathaus, Wohnbebau-ung des 16. bis 20. Jahrhunderts,gesamtes Spektrum städtischer Bebauung, umfangreiches archäologi-sches Archiv zur Entstehung mittelalterlicher Zentralorte,um Münster: bischöfliche Grundherrschaft, kirchliche Einrichtungen so-wie Erbmänner- und Adelssitze,in Wolbeck: Landesburg (Bodendenkmal), Ortskern mit Grundriss, Kirche,Drostenhof, zahlreiche Gebäuden am Steintor, an der Herren-, Hof-,Münster-, Neustraße, das Gut Fronhof, historischer Tiergarten aus dem18. Jahrhundert

landesbedeutsam

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

443399

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

Nr. Name Wertgebende Merkmale

5.04 Dülmener Flachrücken verschiedene Typen der Eschsiedlungen,hochmittelalterliche Siedlungslandschaft Dülmen-Dernekamp, Haus Visbeck,Pulverschoppen/Schießanlage der Firma Krupp,englischer Landschaftspark bzw. „Wildpark Dülmen“

5.05 Lüdinghausen Stadtkern und Stadtbefestigung Lüdinghausen,Adelssitze Burg Vischering, Burg Lüdinghausen, Burg Wolfsberg

5.06 Schloss Nordkirchenund Umfeld

(landesweit bedeutsam)

Schloss Nordkirchen und Parkanlage des westfälischen Barocks, viel-fältige Sichtachsen, Waldgürtel,Dorfkeme Capelle, Herbem, Nordkirchen, Südkirchen,Adelssitze Westerwinkel, Ittlingen samt Park-, Wald- und Grünflächen,Forsthäuser in Nordkirchen und Westerwinkel

5.07 Oelde-Stromberg Burganlage, Burg- und Wallfahrtskirche,Unterstromberg, Kapelle mit Vikarie an der Münsterstraße,Ortslage (Bebauung an der Münsterstraße und der Daudenstraße),Landesburg Stromberg

6.01 Rheine, Saline und Kloster neuzeitliche Wallanlagen Schweden- und Hessenschanze, MegalithgrabRheine-Schotthock, Stadtkern Rheine, Kloster Bentlage, Saline „Gottesgabe“

6.02 Saerbeck – Glane Siedlungen, Gräber oder Einzelfunde fast aller Zeitabschnitte zwischenMesolithikum und Hochmittelalter, Gräberfeld der Bronze- und Eisenzeit,eisenzeitliche Siedlung Saerbeck-Am Mühlenbach – Sandgrube Wolter

6.03 Teutoburger Waldund Lienener Heckenlandschaft

Niederwälder, kleinbäuerliche Steinbrüche, Heckenlandschaft mitFeuchtwiesenkomplexen (Größe und Struktur),Eschflächen, Mühlteiche und Mühlkanäle

6.04 Emstalwestlich von Warendorf

große Urnenfriedhöfe der Bronze- und Eisenzeit,mehrere der seltenen Siedlungs- und Bestattungsplätze der Völkerwan-derungszeit (4.-5. Jahrhundert),Spuren einer dichten Besiedlung des frühen bis späten Mittelalters,Ems, Mussenbach und Hessel mit ihren Altarmen als archäologischesArchiv,Stadt Warendorf, Kirchdorf Einen, Neubürgersiedlung Müssingen,Kottruper See mit Umfeld,Siedlungslandschaft beiderseits der Einmündung des Mussenbachsmit Spuren vom Spätpaläolithikum bis zum Frühmittelalter

7.01 Senne mit angrenzendemTeutoburger Wald

(landesweit bedeutsam)

Truppenübungsplatz Senne, Dörfer Haustenbeck, Lippereihe und Tau-benteich,historische Straßentrassen,Sennelager: Kasernen, Ställe, Reithallen und Kasinos, Soldatenerho-lungsheim, Lager Staumühle Kriegsgefangenenlager,Schloss Holte-Stukenbrock: Stalag 326 mit Arrestgebäude, Entlausungs-gebäude und Lagerkirche, die an der ehemaligen Lagerstraße liegen,Archäologische Überreste des Schlosses LopshornSennestadt mit verschiedenen Typen des Wohnungsbaus und zentralenBaulichkeiten (Rathaus, Kirchen) als Beispiel zeittypischer Vorstellungenüber Architektur und Städtebau

landesbedeutsam

landesbedeutsam

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Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

444400

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Nr. Name Wertgebende Merkmale

7.02 Lippe – Anreppen – Boker Heide

(landesweit bedeutsam)

Römerlager von Anreppen, 4/5 n. Chr. angelegt, frühmittelalterliche Hü-nenburg bei Boke,Burg- und Schlossplatz Ringboke mit frühneuzeitlicher Befestigung,westlich von Lippstadt bedeutende archäologische Fundlandschaft,mittelalterliche Burg Lipperode,Streusiedlungsformen: Drubbelsiedlung mit Langstreifenflur in Unterei-chen, Einzelhöfe mit Blockfluren im Bereich Hagen, Hagenhufensied-lung am Südrand des Delbrücker Rückens im Bereich Riege und Köt-tersiedlungen im Bereich der ehemaligen Gemeinheit,Kirchdorf Kirchboke und Kleinstadt Delbrück, 1850-53 geschaffenesKanalsystem

7.03 Paderborn,Zusammenfluss von Altenauund Alme sowie Almetal

Stadtkern von Paderborn mit zahlreichen Bodendenkmälern, Reste dermittelalterlichen Wüstung Balhorn,bei der Mündung der Altenau in die Alme Konzentration jungneolithi-scher Denkmäler,Großsteingräber von Atteln, Henglarn, Etteln, Kirchborchen,Grabkammer von Schloss Neuhaus,Erdwerke von Brenken, Oberntudorf und Kirchborchen,eisenzeitliche bis mittelalterliche Wallburg Gellinghausen,archäologische Abteilung des Kreismuseums Wewelsburg,anthropogene Halbtrockenrasen und Kalktriften,Graffeln, Wewelsburg, Kloster Böddeken, Kloster Holthausen, Eisen-bahnlinie,Denkmallandschaft mit Kirchen und Burgen

8.01 Lemgo,Detmold,Teutoburger Wald

mittelalterliche Hagenhufenflur im Bereich von Oberschönhagen-Nie-derschönhagen, historische Landnutzungsformen der Hochheide, derHudewaldnutzung (Mast- und Schneitelbäume), der Moornutzung, derFisch- und Krebszucht,herausragende Landmarke (Externsteine),bronzezeitliche Grabhügel und Steinsetzungen im Leistruper Wald,ei-senzeitliche Wallburg Grotenburg, frühmittelalterliche Wallburg Hün-nenring, Burgruine Falkenburg,Stadtkern und Stadtlandwehr von Lemgo, Stadtkern Detmold mitSchloss, Neustadt/Allee, Palaisgarten, Villengebiet Schanze in Hidde-sen, Hermannsdenkmal, ehemalige Luftwaffenkaserne,Stadtkern Horn

8.02 Lügde und Emmertal historischer Stadtkern von Lügde mit geschlossener Stadtmauer,im Emmertal historische Landnutzungsformen (u.a. Streuobstwiesen,Feuchtgrünlandnutzung, Kopfweiden),Schaftriften und Halbtrockenrasen auf umgebenden Bergen

9.01 NieheimerFlechtheckenlandschaft

Flechthecken

9.02 Kuranlagen Bad Driburg undBad Hermannsborn

Kuranlagen seit dem 18. Jahrhundert, früh- bis hochmittelalterlichenIburg und der Stadtkern von Driburg

9.03 Klöster und Stadt Brakel Siedlungsgefüge mit Stadtkern, Adelssitzen und Klosteranlagen,jungsteinzeitliches Erdwerk Helle-Berg,historischer Stadtkern Brakel, Ortskern Dringenberg, Grevenburg undOldenburg mit Kloster Marienmünster, Kloster Gehrden, Hinnenburgmit Hainhausen, Vorwerk Albrook, Schäferhof Abbenburg

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

landesbedeutsam

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

444411

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

Nr. Name Wertgebende Merkmale

9.04 Weser – Höxter – Corvey

(landesweit bedeutsam)

Benediktinerkonvent Corvey und Kloster Herstelle,Kirchsiedlung und Furtort Höxter, karolingische Grabenbefestigung,rekonstruierte Ruine der mittelalterlichen Probstei Roden,historische Siedlungsstruktur an der Weser mit Städten, Klöstern, Bur-gen und ländlichen Siedlungen,Tonenburg,historische Landnutzungsformen (Halbtrockenrasen, Niederwald und Hu-dewaldrelikte),Zeugnisse der Wasserbaugeschichte (Flussregulierung und -ausbau /Edertalsperre wegen Sommerwasserführung) und der Transportgeschichte(Treidelpfad, Holzflößerei, alte Hafenstandorte z.B. Beverungen)

9.05 Warburger Börde Altbesiedelte Lössbörde, Siedlungsstruktur (Haufendörfer, Güter und Vor-werke), herausragende Landmarke Desenberg,offene Agrarlandschaft,bedeutende Funde aus der Altsteinzeit, der gesamten Jungsteinzeit, derBronzezeit, der frühen römischen Kaiserzeit und des Frühmittelalters,wüstgefallene Hagenhufensiedlungen, mittelalterliche Burgen und Klö-ster, Altwege der Karolingerzeit, Wölbackersysteme,Burgruine Desenberg, Herrensitze Klingenburg, Rotenburg, Übelngönne,Güter Bühne, Klingenburger Hof, Rothehaus, Winterhof

10.01 Unterer Niederrheinbei Emmerich

vorgeschichtliche, kaiserzeitlich-germanische, fränkisch-karolingischeSiedlungs- und Bestattungsplätze, Wurten,Emmerich, mittelalterliche Stadt und Befestigung,hochmittelalterliche Bruchkolonisation,mittelalterliche Landwehren (z.B. Löwenberger Landwehr) und Deiche,Ringdeich Wissel,Rheinauenlandschaft mit typischen vielfältigen Vegetationsstrukturen,historischen Ortslagen und Befestigungen

10.02 Die Düffel – Kranenburg vorgeschichtliche und römische Siedlungsplätze,frühmittelalterliche Siedlungsplätze, Wurten (z.B. Niel, Mehr),hochmittelalterliche Bruchkolonisation,Motte und Stadt Kranenburg,ausgeprägtes erlebbares Kulturlandschaftsgefüge mit historischer Prägung,Wege-, Flur- und Vegetationsstrukturen, Deiche, Grabensysteme

10.03 Kleve-Rindern römischer und frühmittelalterlicher Siedlungsplatz

10.04 Bedburg-Hau – Qualburg römisches Lager und Abschnitt der Limesstraße

10.05 Issel – Dingdener Heide

(landesweit bedeutsam)

altholozäne Böden mit hohen Anteilen organischer Materialien,ur- und frühgeschichtliche, kaiserzeitlich-germanische Siedlungsplätze,Wurten und Bestattungsplätze,mittelalterliche Plaggenesche, Verkehrswege, Landwehren und Bruch-kolonisation (Ringenberg, Wertherbruch),Projekt „Dingdener Heide – Geschichte einer Kulturlandschaft”,durch jahrhundertelange traditionelle bäuerliche Landnutzung entstan-den, Eschäcker, Heidereste, Landwehren und Hofwüstungen

10.06 Xanten

(landesweit bedeutsam)

römische Stadt, Lager, Limesstraße, Bestattungen, Wasserleitung, Ha-fen, Altrhein, Übungslager, Birten mit römischem Lager, Amphitheater,Gräberfeldern,mittelalterliche Stadt,Dom mit Immunität,Sprengstofffabrik des 20. Jahrhunderts in der Hees

landesbedeutsam

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

444422

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Nr. Name Wertgebende Merkmale

10.07 Festung Wesel mittelalterliche Stadt, Dom,mittelalterliche Siedlungswüstung Alt-Büderich,neuzeitliche Festungsanlagen, Eisenbahnbrücke

11.01 Residenz Kleve –Der Reichswald

(landesweit bedeutsam)

mittelalterliche und neuzeitliche Stadt Kleve mit Schwanenburg,barocke Residenz mit Garten- und Parkanlagen, Sichtachsen, Kurviertel 19. Jahrhundert, Spoykanal,steinzeitliche Rast- und Werkplätze,im Reichswald: vorgeschichtliche Hügelgräber und Siedlungsplätze,römischer Burgus Asperden, Forstgeschichte,Eisenbahn Kleve – Elten,Kalkar mit römischem Heiligtum, Burginatium, mittelalterliche Stadt mitBefestigung,Burg und Stift Hochelten,hervorragende Blickachsen, -bezüge und Silhouetten

11.02 Pfälzersiedlungen Pfalzdorf,Louisendorf und Neulouisendorf

Heidekolonisation durch pfälzische Auswanderer des 17.-19. Jahrhunderts;Plansiedlung mit geometrischen Straßengrundrissen, normierten Haus-typen Höfen und Gärten,Louisenplatz mit Kirche

11.03 Uedem – Uedemerbruch –Uedemerfeld

vor- und frühgeschichtliche Grabhügel,hochmittelalterliche Bruchkolonisation mit erlebbarer Raumstruktur

12.01 Niers und Kendel vorgeschichtliche und römerzeitliche Siedlungsplätze,hochmittelalterliche Besiedlung und Bruchkolonisation,Kloster Graefenthal, Westwallbunker

12.02 Mittlere Niers

(landesweit bedeutsam)

alt- und mittelsteinzeitliche Siedlungs- und Rastplätze, Motten,römische Siedlung und Gräberfelder bei Pont und Straelen,mittelalterliche Mühlen, Wasserburgen, seltene Reihung von Adelssitzen,Geldern und Straelen: mittelalterliche Burg, Stadt und Befestigung,Herrenhäuser mit Parkanlagen, reiche Ausstattung mit vegetativen Kul-turlandschaftselementen,Abschnitt der Napoleonischen Straße Venlo-Geldern,Abschnitt der Eisenbahntrassen Venlo-Geldern und Geldern-Baerl

12.03 Schaephuysener Höhen frühneuzeitliche Töpfereien,Herrensitze,vielgestaltige, kleinteilige Kulturlandschaft, Hohlwege

13.01 Fossa Eugeniana frühneuzeitlicher Kanal mit militärischen Sicherungsanlagen

14.01 Haltern - Lippe – Haard

(landesweit bedeutsam)

archäologische Fundlandschaft in Haltern mit mehreren Militärlagern,Gräberfeld und Hafenanlagen aus der römischen Okkupationszeit, histo-rischer Stadtkern Haltern, Wallfahrtsstätte Annaberg mit Kirche,Kirche in Marl-Hamm und karolingische Befestigung mit Kirche in Bos-sendorf,ehemaliges Stift Flaesheim,Halterner Stausee, anthropogene Biotope der Westruper Heide,Anlagen des Bergbaus und der chemischen Industrie auf dem Gebietder Stadt Marl,Schacht „An der Haard“ (Schacht 6 der Zeche Auguste Victoria / Blumenthal)Wesel-Datteln-Kanal,Waldfläche „Haard“: Eichen-Birken- oder Kiefernwälder, drei Feuerwach-türme bilden neuzeitliche Landmarken, kulturhistorisch und archäolo-gisch wertvolle Strukturen (z.B. Hohlwege, alte Abgrabungen bzw. Pingen,ehemalige Gemarkungsgrenzen), besonders gut erhaltene neolithischeund bronzezeitliche Grabhügel,untertägige vor allem steinzeitliche Fundstellen

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

Nr. Name Wertgebende Merkmale

14.02 Hebewerk Henrichenburg,Wesel-Datteln-Kanal

Kanalanlagen und Schwerindustrie,Dortmund-Ems-Kanal, Schiffshebewerk Henrichenburg, EvangelischeNotkirche nebst Pfarrhaus, Schachtschleuse Oberwiese, NeuesSchiffshebewerk Henrichenburg, Neue Sparschleuse Henrichenburg,Rhein-Herne-Kanal, Wesel-Datteln-Kanal mit Hafen „Dattelner Meer“,Kanalunterführung Klauke, Schleusenwärterdienstwohngebäude, Ste-verübergang Olfen, Neue Fahrt Datteln, Sperrtor im südlichen Ein-gangsbereich des Dortmund-Ems-Kanal,Datteln-Hamm-Kanal,Industrieanlagen und -gebäude der Firma Ruhrzink, Zeche Emscher-Lippe mit Bergarbeitersiedlungen Meistersiedlung und Beisenkamp-siedlung,Landesburg Rechede (12. Jahrhundert)

14.03 Agrarlandschaftalte Rieselfelder

ehemalige Abwasserverrieselung, offene Agrarlandschaft, Eichen-Feld-gehölze, verbliebene Feuchtbiotope infolge von Bergsenkungen

14.04 Römerlandschaft Bergkamen Legionslager von Bergkamen-Oberaden, römisches Kastell von Bek-kinghausen, frühe Siedlungsreste

14.05 BergbaufolgelandschaftBeversee – Halde Großes Holz

Bergsenkungsgewässer, Bergbaulandschaft

14.06 Zeche Ahlen Zechenanlage, Halde und Werkssiedlung, Stadtlandwehr Ahlen

14.07 Lippetal und Hammer Parke Flusslauf mit Aue,Schloss Heessen, barockes Wasserschloss Oberwerries, Haus Uentrop,Haus Haaren,Kurpark von Bad Hamm, Maximilianpark

14.08 Lohberg ehemalige Zeche und Zechensiedlung

14.09 Kloster Kamp – Zeche Friedrich-Heinrich

ältestes deutsches Zisterzienserkloster: barocke Anlage mit Terrassen-garten,Zeche und Siedlungen Anfang 20. Jahrhundert

14.10 Moers-Asberg römische Lager, Siedlung und Gräberfelder,römisches Lager Werthhausen

14.11 Duisburg-Hamborn mittelalterliches Kloster,Industriestadt des 19./20. Jahrhunderts

14.12 Meidericher Hütte Hochofenwerk Anfang 20. Jahrhundert

14.13 Gute Hoffnungshütte neuzeitliche Hüttenstandorte (Antonyhütte, Sterkrader Hütte, Alten EssenerHütte), Schächte und Aufbereitung der Zeche Osterfeld, Gasometer(Landmarke des westlichen Ruhrgebiets), ArbeitersiedlungEisenheim (älteste des Ruhrgebiets), Beamtenkolonie Am Grafenbusch(Architekt Möhring), GHH-Anlagen Essener Straße mit u.a. Werksgast-haus und Hauptlagerhaus von P. Behrens,Schloss Oberhausen, Haus Vondern

14.14 Duisburg-Ruhrort größter Binnenhafen Europas, Umschlagplatz der Schwerindustrie desRuhrgebiets

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

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Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Nr. Name Wertgebende Merkmale

14.15 Oberhausen Parkstadt Oberhausen (1920er Jahre),Zinkhütte Altenberg (Rheinisches Industriemuseum)

14.16 Duisburg-Wedau Bahnbetriebswerk Anfang 20. Jahrhundert,Siedlungen erste Hälfte 20. Jahrhundert,Sport- und Erholungsstätten der Nachkriegszeit

14.17 Margarethenhöhe in Essen Kruppsche Gartenstadtsiedlung

14.18 Zollverein – Nordstern

(landesweit bedeutsam)

Montanindustrielle Kulturlandschaft des 19./20.Jahrhunderts und Welt-kulturerbe Essen-Zollverein mit Pufferzone,Bergbaulandschaft am Rhein-Herne-Kanal,Zechen, Schachtanlagen, Bergehalden, Bahnen, Gräben und Kanäle,Arbeitersiedlungen und Infrastruktureinrichtungen wie Kirchen, Schulen,postindustrielle Landschaftsarchitektur,Stoppenberg, Schonnebeck und Katernberg

14.19 Emscherbruch Gelsenkirchen –Herten

Bergbaulandschaft, Niederung der Emscher, Halde Hoppenbruch, Hal-de Hoheward, Schloss Horst

14.20 Emscherbruch Recklinghausen –Zeche Victor

Wasserburgen, Zechen- und Haldenlandschaft, Anfänge der Petroche-mie, Bergbaubrachen,städtebauliches Umfeld Horsthausen, Zeche Friedrich der Große, inRecklinghausen Ortsteile König Ludwig und Suderwich, Zeche KönigLudwig 1/2, Schacht 4,Zeche Teutoburgia, Schloss Bladenhorst, Haus Voerde, Zeche Ickern,Ickern-Ortskern,Haus Henrichenburg, Ortskern Henrichenburg, Zeche Victor Schacht1/2, Zeche Hansemann

14.21 Haldenlandschaft Schwerin Castrop-Rauxel

germanischer Kult- und Handelsplatz im Bereich der ehemaligenZeche Erin,Hammerkopfturm der ehemaligen Zeche Erin (um 1920) mit dem kelti-schen Baumkreis, Bergehalde der ehemaligen Zeche Graf Schwerin,Haldenlandschaft, Industrienatur

14.22 Dortmund-Mengede,Bodelschwingh

Ortskerne Bodelschwingh und Freiheit Mengede,Schloss und Park Bodelschwingh,Zeche Westhausen, Zeche und Siedlung Adolf von Hansemann

14.23 Innenstadt Herneund Gysenberg

im Zweiten Weltkrieg unzerstörte Innenstadt Herne,Umfeld um Haus Crange und Hofanlagen im südwestlichen Stadttbereich,Gysenbergpark, Kaiser-Wilhelm-Turm

14.24 Bergbaufolgelandschaft Rheinelbe Halde und Park sowie Mechtenberg(Gelsenkirchen-Ückendorf)

Haldenlandschaft mit Industriewald, großflächige Sukzession, einzigenatürliche Erhebung der Emscherniederung

14.25 Zeche Hannover,Industriebrachen und Park Königsgrube(Bochum, Herne)

Industrienatur, historische Bahntrassen, Zusammenhang mit ZecheHannover/Malakowturm u.a.,Zeche Hannover, Siedlung „Kolonie Hannover I./II.“, Gartenstadt „Dahl-hauser Heide“,Parkanlage des Zechengeländes „Königsgrube“,Mosaik aus Siedlungsteilen, den Bergbaurelikten und den sich entwik-kelnden Freiflächen

landesbedeutsam

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

444455

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

Nr. Name Wertgebende Merkmale

14.26 Bochumer Verein,Stahlwerk und Westpark(Bochum)

Stammgelände des Stahlwerkes „Bochumer Verein“, Westpark,Siedlung „Stahlhausen“, Arbeiterwohnviertel „Griesenbruch“,NRW-Festspielhaus „Jahrhunderthalle“, Blickbeziehungen,Stahlwerksgelände, Jahrhunderthalle, Arbeitersiedlungen,revitalisierte Industriebrache, strenge Stadtparkgestaltung, Industrienatur,charakteristische Tier- und Pflanzenwelt

14.27 Dortmund Zeche Zollernund Halde

Zechenlandschaft, repräsentative Ruhrgebietsarchitektur

14.28 BergsenkungslandschaftHallerey Dortmund

Bergsenkungsgewässer, Feuchtgebiet, Sekundärbiotope,Revierpark Wischlingen

14.29 Dortmund mitverschiedenen Stadtbereichen

frühmittelalterliche Gräberfelder (Asseln, Wickede),zwischen Hörde und der Hohensyburg geschlossene Gruppierung vonmöglicherweise karolingischen –inghofen-Kleindörfern,Hellweg-, Reichs- und Hansestadt,Stadtteile Brechten und Hörde, Kreuzviertel, ehemaliges HochofenwerkPhönix-West, Volkspark mit Westfalenhallen, Stadion „Rote Erde“, Süd-friedhof,Flugfeld Brackel, Westfalenpark, Rombergpark, Trabrennbahn, Haupt-friedhof

14.30 Salzland Königsborn –Kurpark Unna

Anlagen der Salzgewinnung und Kureinrichtungen

14.31 Ruhrtal

(landesweit bedeutsam)

vielfältige, zeitlich reich differenzierte Kulturlandschaft,steinzeitliche, metallzeitliche, kaiserzeitlich-germanische Besiedlungund Gräber,fränkische, frühmittelalterliche, mittelalterliche Besiedlung, Burgen, Klö-ster (Werden),frühindustrielle Steinkohlenbergwerke (Stollen- und Schachtbergbau),neuzeitlicher Schifffahrtsweg Ruhr mit Anlagen, Häfen,Industrievillen, Villa Hügel,Hespertalbahn,Muttental mit historischen Bergbauanlagen, Zeche Nachtigall und Hen-richshütte als Standorte des LWL-Industriemuseums,Zeugnisse der Flussregulierung (Schleusen, Buhnen), historischer Leinpfad,Flussstauseen, Aussichtstürme, Sichtachsen, Spuren der Bergbauge-schichte,Burg Hohensyburg, Vincketurm, Kaiserdenkmal,Dorf Hohensyburg, Trasse der ehemaligen Zahnradbahn, Serpentinen-straße zum Hengsteysee,adelige Häuser Husen und Steinhausen,historische Stadt- und Ortskerne Blankenstein (mit Gethmannschem Gar-ten), Hattingen, Volmarstein, Wetter,Burgen und Herrensitze Blankenstein, Herbede, Steinhausen, Kemna-de, Witten,Dorfkerne Wengern und Stiepel,Wannebachtal, Fabrikanlage Lohmann

14.32 Hellweg vorgeschichtlicher, kaiserzeitlich-germanischer, mittelalterlicher Ver-kehrsweg mit begleitender Infrastruktur und Besiedlung,Rheinübergang,Ruhrübergang,mittelalterliche Besiedlung (Duisburg, Essen)

14.33 Köln-Mindener Eisenbahn historisch wichtigste Eisenbahnverbindung in Nordrhein-Westfalen

landesbedeutsam

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

444466

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Nr. Name Wertgebende Merkmale

15.01 Soester Börde – Hellweg

(landesweit bedeutsam)

reiches archäologisches Potential im Boden, Gräberfelder des späten 6. bis frühen 9. Jahrhunderts,gehölzarme Agrarlandschaft, Trockentäler „Schledden“, anthropogeneKalkmagerrasen,grüner Baustein,historische Ost-West-Verkehrsache (Hellweg - B 1 - A 44), historischeStadtkerne Werl und Soest mit historischen Stadtstrukturen und Bau-denkmälern aus acht Jahrhunderten,Dörfer der Börde und Kirchdörfer am Hellweg,Kloster Paradiese, Patrizische Landsitze der Sälzer um Werl,Eisenbahn seit 1854,Salzgewinnung: Saline, Kurbäder (Werl, Bad Sassendorf)

16.01 Sintfeld Wüstungen und das frühmittelalterliche Gräberfeld von Fürstenberg(Bad Wünnenberg)nach mittelalterlicher Wüstung neugestaltete Agrarlandschaft,Haufendörfer, Güter, Vorwerke, Großgemarkungen

17.01 Venloer Heide Fliegerhorst ab 1913

17.02 Brachter Wald,Elmpter Wald und Meinweg

vorgeschichtliche Grabhügel,vorgeschichtliche Siedlungsplätze an der Rur,Abschnitt einer römischen Straße,mittelalterliche Motten, Landwehren, Töpfereien, Flachskuhlen,mittelalterliche Städte Brüggen und Wassenberg,Westwall,Wassermühlen, Waldhufendorf Lüttelforst, Feuchtgebiete an derSchwalm, Relikte der Wald- und Jagdgeschichte

17.03 Joint HeadquartersRheindahlen

Hauptquartier der Britischen Streitkräfte, später NATO-Hauptquartier,Kasernen, Flugplatz

17.04 Süchtelner Höhen mittelalterliche Landwehren und Waldgrenzen,historische Waldnutzungsformen,mittelalterliche Städte Dülken und Süchteln, Panzergräben ZweiterWeltkrieg

17.05 Bockerter Heide mittelalterliche Landwehren, Agrarstrukturen,Niederwaldrelikte,Flachskuhlen,historisches Wegesystem

17.06 Obere Niers steinzeitliche Siedlungs- und Rastplätze,römischer Marktort Mülfort mit Niersübergang,Abschnitte römischer Straßen,mittelalterliche Burgen Rheydt und Wickrath,neuzeitliche Meliorationen,Landschaftsbild prägende Gehölzstrukturen

18.01 Kempener Lehmplatte römische Siedlungsplätze und Gräberfelder (z.B. Vorst),mittelalterliche, wasserumwehrte Höfe,mittelalterliche Landwehr,Stadt und Stadtbefestigung Kempen

18.02 Hülser Berg und Hülser Bruch vorgeschichtliche Höhenbefestigung Hülser Berg,Bruchkolonisation

landesbedeutsam

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

444477

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

Nr. Name Wertgebende Merkmale

18.03 Untere Erft und Gillbach vorgeschichtliche, römische Siedlungsplätze,mittelalterliche Burgen (Hülchrath, Mühlen),Park Museumsinsel Hombroich, Kloster Langwaden,ackerbauliche Nutzung,Hofanlagen mit kulturlandschaftlichem Umfeld, Grünland, Obstwiesen,Pappeldriesche

18.04 Nordkanal strategisches Kanalprojekt aus napoleonischer Zeit

19.01 Krefeld Gellep – Linn vorgeschichtliche, römische, fränkische Gräberfelder,römisches Lager,Abschnitte der römischen Limesstraße,spätrömische Befestigung,mittelalterliche Burg,befestigte Burgsiedlung und Stadt Linn

19.02 Düsseldorf vorgeschichtliche Metallgewinnung,mittelalterliche Stadt,neuzeitliche Festung und barocke Residenzstadt Düsseldorf,mittelalterliche Stadt Kaiserswerth

19.03 Knechtsteden –Stommelner Busch

Klosterlandschaft um das abgeschieden gelegene mittelalterliche Prä-monstratenserkloster Knechtsteden,bäuerliche Nutzungsstrukturen

19.04 Dormagen – Zons – Benrath römisches Lager Dormagen,Abschnitt der römischen Limesstraße,römische, spätantike, fränkische Siedlungsplätze,römisches Lager Haus Bürgel,mittelalterliche Stadt Zons,Schloss Benrath mit barocker Parkanlage,Kopfbäume, Obstkulturen,hoher landschaftsästhetischer Wert

19.05 Römische Limesstraße

(landesweit bedeutsam)

römische Straßentrasse, begleitende militärische und zivile Infrastruktur,römische Besiedlung

19.06 Worringer Bruch Ereignisort,vorgeschichtliche, römische, spätantike, fränkische Siedlungsplätze,Abschnitt der römischen Limesstraße,auentypische Biotopkomplexe,extensive Grünlandnutzung

19.07 Leverkusen Bayerwerk und ausgedehnte Kolonien mit Parkanlagen

19.08 Köln

(landesweit bedeutsam)

vorgeschichtliche Siedlungs- und Bestattungsplätze,kaiserzeitlich-germanische Besiedlung Westhoven,römische Stadt CCAA (Stadtgrundriss), römische Siedlungsplätze, Straßen,Hafen, Brücken,rechtsrheinische Festung Divitia,fränkische städtische Besiedlung, Bestattungen,mittelalterliche Stadt, Dom (Weltkulturerbe),romanische Kirchen, Friedhöfe,mittelalterliche/frühneuzeitliche Töpfereien,frühneuzeitliche preußische Festung, erhaltene Forts,Verkehrstechnik, Rheinfront und Rheinbrücken (20. Jahrhundert),Messe, Braukultur, Grünsystem (Grüngürtel), Parkanlagen wie Flora,Rheinpark

landesbedeutsam

landesbedeutsam

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

444488

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Nr. Name Wertgebende Merkmale

19.09 Strundetal Fossilführende devonische Kalke,frühneuzeitliche Industrieanlagen, Papierindustrie (Rheinisches Industrie-museum Alte Dombach), Mühlen, Malteser Komturei in Herrenstrunden

19.10 Brühler Schlösser – Vorgebirge

(landesweit bedeutsam)

römische Siedlungsplätze,Abschnitt der römischen Wasserleitung Eifel – Köln,früh- bis spätmittelalterliche Töpfereien,mittelalterliche Burgen und Ortschaften, Klöster,mittelalterliche, neuzeitliche Burg und Stadt Brühl,barocke kurfürstliche Schlösser Augustusburg und Falkenlust (Weltkul-turerbe mit Pufferzone)

19.11 Niederkassel jungsteinzeitliche Siedlungsplätze,metallzeitliche und kaiserzeitlich-germanische Siedlungsplätze,fränkische Gräberfelder, frühmittelalterliche Siedlungsplätze

19.12 Bonn römisches Lager mit Vorstadt, Zivilstadt, Siedlungsplätze, Wasserlei-tung, Töpfereien,Abschnitt der römischen Limesstraße,spätantike Gräberfelder,frühmittelalterliches Münster,mittelalterliche Kirche Schwarzrheindorf,mittelalterliche Klöster (Vilich),mittelalterliche und neuzeitliche Stadt, Schloss Clemensruhe,Festung Bonn,ehemaliges Regierungsviertel

19.13 Neuss römisches Lager mit Vorstadt,römische Zivilsiedlung, Gräberfelder, Straßen,Abschnitt der römischen Limesstraße,mittelalterliche Stadt mit St. Quirinus,Hafen

19.14 Rhein Europäischer Strom

19.15 Köln-Bonner Autobahn älteste Autobahn Deutschlands

20.01 Langenberg im Deilbachtal frühindustrieller Steinkohlenbergbau, Hämmer und Mühlen, histori-sches Stadtensemble Langenberg, Prinz-Wilhelm-Bahn, gründerzeitli-che Villen mit Gärten

20.02 Angerbachtal Fossilführende devonische Kalke,mittelalterliche Besiedlung, alte Hofanlagen,Haus Cromford (Rheinisches Industriemuseum)

20.03 Neandertal Fossilführende devonische Kalke,bedeutendste paläolithischen Fundstelle Deutschlands,Bachlandschaft mit Mühlen und Hofanlagen und typischen Biotopkom-plexen,Kalkindustrie,touristische Bedeutung,assoziativer Ort

20.04 Tal der Wupper

(landesweit bedeutsam)

Fossilführende devonische Kalke,mittelalterliche und neuzeitliche Siedlungen (Ronsdorf, Cronenberg),hervorragende komplexe industriegeschichtliche Persistenz und Be-deutung, Dahlerau mit europaweiter Bedeutung,neuzeitliche Eisenverarbeitung mit vielen erhaltenen Betrieben,Mühlen, Hammerwerke mit umfangreichen Wasseranlagen,

landesbedeutsam

landesbedeutsam

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

444499

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

Nr. Name Wertgebende Merkmale

20.04 Tal der Wupper

(landesweit bedeutsam)

Textilindustrie bei Lennep,verkehrstechnische Besonderheiten (Trassen, Brücken, Schwebebahn,Müngstener Brücke)

20.05 EisenbahnDüsseldorf-Elberfeld

älteste Bahntrasse im Rheinland

20.06 Ennepetal frühe gewerbliche Orientierung

21.01 RaumIserlohn – Altena – Lüdenscheid,Lennetalund Kalkbereichzwischen Hagen undBalve/Hönnetal

Lennetal: Siedlungen und Industrieanlagen, Höhenburgen,Burg Altena, Burg bzw. Schloss Hohenlimburg, Ruine der Burg Schwar-zenberg, Unternehmervillen, Drahtzüge und Handwerkerhäuser in Rah-medetal und Nettetal, Arbeitersiedlungen seit den 1870er Jahren,Drahtrollen (z.B. in Brachtenbeck oder im Springertal), Fabrikanlagen beiWerdohl, Lenne (an den Zuflüssen Talsperren zur Betriebswasserbevorra-tung, Laufwasserkraftwerke und Walzenwehre),Linie der Ruhr-Sieg-Eisenbahn mit Tunnel- und Brückenbauten,Felsenmeer und Heinrichshütte: Kombination von natürlichen und an-thropogenen Geländeformen (Pingen, Halden),paläontologische Fundregion und Funde aus der vorrömischen Eisen-zeit im Kalkvorkommen,Burg Klusenstein, Oberrödinghauser und Volkringhauser Hammer, Lui-senhütte in Balve-Wocklum, Hönne-Brücken des frühen 19. Jahrhun-derts, Eisenbahnlinie Fröndenberg-Neuenrade, Kapelle Maria, Königindes Friedens, Kalköfen

21.02 Kleinweiler Sundern-Wilde Wiese Montansiedlung und Spuren historischen Bergbaus, offenes Land-schaftsbild im waldreichen Sauerländer Bergland

21.03 Arnsberger Waldmit dem Möhnesee,Arnsberg und derKleinstadtlandschaft „Sauerland“

mesolithische Fundstellen und Römerlager in Rüthen-Kneblinghausen,ehemals kurfürstliches Jagdrevier, Zeugnis der Forstgeschichte,Rennweg,historische Stadtkerne Arnsberg, Belecke, Hirschberg, Kallenhardt, Rü-then und WarsteinHohlwege älterer Überlandverbindungen, Chaussee Koblenz-Minden (mit denkmalwerten Elementen, z.B. Meilensteine),Adelssitze Schloss Körtlinghausen und Haus Welschenbeck,Kommende Mühlheim, Dorfkerne Altenrüthen und Suttrop,Möhnesee mit Staumauer und Tourismusarchitektur

21.04 „Altes Testament“ beiAltenhellefeld – „Caller Schweiz“

beispielhafter Landschaftsausschnitt des offenen agrarisch genutztenSauerlandes, historische Landnutzungsformen (Niederwälder, Wacholder-heiden, Kalkmagerrasen)

21.05 Briloner Hochfläche

(landesweit bedeutsam)

intensiv genutzte Agrarlandschaft,Funde der römischen Kaiserzeit,Blei-Grubenbezirke im Umfeld von Brilon, Brilon-Alme und Wünnenberg-Bleiwäsche,strukturelle Hinterlassenschaften des einstigen Blei-Bergbaus und derVerhüttung im Umfeld von Brilon, Brilon-Alme und Wünnenberg-Bleiwäsche,Ortswüstungen (spätestens seit dem 8. und im 9.-11. Jahrhundert),wüstgefallener Archidiakonatssitz Haldinchusen,Stadtkern Brilon mit Kirche und Rathaus aus dem Mittelalter, Teilen derStadtbefestigung, Kloster und Bürgerhäusern seit 1700,historische Mühlen entlang der Alme, Schloss und Dorf Alme, barockeLandgüter Tinne und Almerfeld,Aussiedlerhöfe in Weilern auf der flurbereinigten Hochfläche, histori-sche Kerne von Altenbüren, Nehlen, Scharfenberg und Thülen„Bruchhauser Steine“

landesbedeutsam

landesbedeutsam

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

445500

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Nr. Name Wertgebende Merkmale

21.06 Ebbegebirge Zeugnis für Verknüpfung von Natur-Ressourcen und Forst- und Indu-striegeschichte (historischer Erzabbau und Köhlerbetrieb, Hütten- und Müh-lenstandorte)

21.07 Raum Schmallenberg

(landesweit bedeutsam)

Bodendenkmal Wilzenberg mit Kapelle und Kreuzwegen, Kloster Graf-schaft,historischer Stadtkern Schmallenberg, Kirchdörfer Lenne, Oberkirchenund Wormbach mit Pfarrkirchen und Pfarrhäusern, dörflicher Bebauungseit dem späten 17. Jahrhundert und auch aus der Zeit nach 1945,Weiler Winkhausen, Nieder- und Obersorpe mit Bauernhöfen seit dem17. Jahrhundert,ehemalige Standorte von Hammerwerken an der Lenne, GetreidemühleOberkirchen

21.08 Winterberger Hochfläche traditionelle Erholungslandschaft, historische Landnutzungsformen(Bergheiden),Ruhr- und Lennequellen,mittelalterliche Wüstungen, historische Ackerterrassensysteme, Bergbau-wüstungen, seit dem 15. Jahrhundert überlieferte Standorte der Kleinei-senindustrie

22.01 Mittelalterliche StraßeKöln-Lennep-Schwelm

mittelalterlicher Handelsweg (Hohlwege),mittelalterliche Siedlungen (Lennep)

22.02 Radevormwald früh- und hochmittelalterliche Eisenverhüttung,mittelalterliche Siedlungen und Hammerwerke

22.03 Kloster Altenberg Zisterzienser Klosterlandschaft mit umfangreichem Gebäudebestand,Altenberger Dom, Wasseranlagen, Mühlen im Eifgenbachtal,zugehörige Hofanlagen, Burg Berge, Odenthal mit romanischer Kirche,Schloss Strauweiler,wertvolle Biotopkomplexe, hoher regionaler Identitätswert

22.04 Aggertal – Leppetal mittelalterliche und frühneuzeitlicher Erzbergbau, Metallverarbeitung,Hütten und Hammerwerke mit persistenter Nutzung, Ölchenshammer,Grauwackesteinbrüche und Anlagen, Kleinbahntrasse,Textilindustrie (Rheinisches Industriemuseum Ermen und Engels in Engelskir-chen),Wasserkraftnutzung,Schlösser Gimborn und Ehreshoven mit Umfeld, Gartenanlage

22.05 Bensberger Revier,Schloss Bensberg

vorgeschichtlicher Ringwall, metallzeitliche bis neuzeitliche Metallge-winnung und Metallverarbeitung,Abschnitt der mittelalterlichen Brüderstraße mit Infrastruktur,Burg Bensberg/Rathaus und Neues Schloss Bensberg,Silhouettenwirkung

22.06 Königsforst –Wahner Heide –Siegburg

Wahner Heide – Siegburg

(landesweit bedeutsam)

altsteinzeitlicher Quarzitabbau und -bearbeitung,vorgeschichtliche Siedlungsplätze und Bestattungen, Grabhügel,germanisch-kaiserzeitliche Siedlungs- und Bestattungsplätze,mittelalterliche und neuzeitliche Töpfereien,mittelalterlicher Bergbau und Fabrikanlagen,mittelalterliches Kloster und Stadt Siegburg, bedeutende Sichtachsenund Silhouettenwirkung,militärische Anlagen seit dem 18. Jahrhundert,Luftfahrtgeschichte,Waldgeschichte, Wahner Heide als europaweit bedeutsamer Biotop-komplex

landesbedeutsam

landesbedeutsam

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

445511

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

Nr. Name Wertgebende Merkmale

22.07 Homburger Landoberbergische Kirchdörfer, Drabenderhöhe Marienhagen, Nümbrecht,Mühlen und Hämmer in charakteristischer Einzellage, wertvolle Auen-biotope,Papierindustrie,kleinteilige bäuerliche Kulturlandschaft mit Streuobstwiesen kleinenWeilern und Einzelhöfen,Abschnitt der Brüderstraße, Schloss Homburg

22.08 Brüderstraße Köln-Siegen frühmittelalterlicher Fernhandelsweg

22.09 Bergische Eisenstraße spätmittelalterliche Wegeverbindung

24.01 Untere Wurm vorgeschichtliche, römische Siedlungsplätze,römischer Marktort Rimburg,Abschnitt der römischen Straße Köln-Heerlen / Wurmübergang,mittelalterliche Mühlen, Burganlagen,Westwall

24.02 Mittlere Rur – Nideggen vorgeschichtliche Siedlungsplätze,römische Siedlungsplätze / Rurübergang,frühmittelalterliche Orte, Burg Nideggen, Abtei Mariawald,mittelalterliche Mühlen und Mühlengräben (Teiche), Burganlagen,mittelalterliche Motten (Jülich-Altenberg),mittelalterliche und neuzeitliche Städte Linnich, Jülich, Düren,neuzeitliche Festung Jülich,landschaftliche Leitstruktur,Driesche, Auenwälder und Grünlandflächen

24.03 Römische Straße Köln-Heerlen

(landesweit bedeutsam)

römische Straßentrasse mit begleitender Infrastruktur,römische Siedlungsplätze

25.01 Erkelenz – Wegberg vorgeschichtliche, römische, mittelalterliche Siedlungsplätze,mittelalterliche Motten, Landwehren,mittelalterliche Städte,neuzeitliche Flachsgruben, Ölmühlen an der Schwalm,Kloster Hohenbusch

25.02 Zeche Sophia-Jacobain Hückelhoven

Stadt, Zeche und Zechensiedlung 20. Jahrhundert,Bergmannssiedlungen

25.03 Liedberg vorgeschichtliche Siedlungs- und Bestattungsplätze,römischer Steinbruch Liedberg,römische, spätantike, fränkische Siedlungsplätze,mittelalterliche Ortschaften,Silhouettenwirkung

25.04 Finkelbach / Ellebachbei Bedburg, Jülich, Düren

alt-, mittel- und jungsteinzeitliche Siedlungsplätze,römische Siedlungsplätze

25.05 Erft mit Swist und Rotbach –Euskirchener Börde und Voreifel

(landesweit bedeutsam)

vorgeschichtliche Siedlungsplätze,römische Siedlungsplätze,frühmittelalterliche Orte,mittelalterliche Mühlen, Burg- und Schlossanlagen, mit landschaftlichemKontext, Garten und Parks, Grünlandflächen, wertvolle Waldflächen,mittelalterliche Stadt Kaster,

landesbedeutsam

landesbedeutsam

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

445522

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Nr. Name Wertgebende Merkmale

25.05 Erft mit Swist und Rotbach –Euskirchener Börde und Voreifel

(landesweit bedeutsam)

Euskirchener Börde,Fossilführende devonische Kalke,altsteinzeitliche Siedlungsplätze, Lommersum,metallzeitliche Siedlungsplätze, Metallgewinnung und Metallverarbeitung,römische Siedlungsplätze,römischer Marktort Vicus Belgica, Billig,Abschnitt der römischen Wasserleitung Eifel – Köln,römischer Bergbau, Kalkbrennerei, Erzabbau und Metallverarbeitung,frühmittelalterliche Siedlungsplätze, Gräberfelder,mittelalterliche Burganlagen, Mühlen,mittelalterliche, neuzeitliche Städte Euskirchen, Rheinbach,Abschnitt der Aachen-Frankfurter Heerstraße

25.06 Kreuzau – Vettweiß vorgeschichtliche Siedlungsplätze,römische Siedlungsplätze,römischer Tunnel Drove,römischer Töpfereibezirk Soller,Drover Heide

25.07 Zülpich und Neffelbachtal vorgeschichtliche Siedlungsplätze,römische Stadt Tolbiacum – Zülpich mit Thermenanlage,Abschnitt der römischen Straße Köln – Trier,frühmittelalterliche, mittelalterliche und neuzeitliche Stadt Zülpich,mittelalterliche Motten, Burgen, Mühlen am Neffelbach,Silhouettenwirkung

25.08 Aachen-Frankfurter Heerstraße mittelalterliche Wegetrasse und Hohlwege

26.01 Vollrather Höhe Kraftwerk Frimmersdorf II und Abraumhalde,Landmarke, Zeugnis der bergbaulichen Rekultivierung

26.02 Töpfereisiedlung Frechen neuzeitliche Töpfereisiedlung Frechenhohe assoziative Bedeutung

26.03 Braunkohlenrevier und Rekulti-vierung Hürth / Liblar

Zeugnisse der frühen Braunkohlenindustrie (Kraftwerk, Brikettfabrik, Bahn)wasserführende Grubenfelder,Wald-Seengebiet als Zeugnis früher Rekultivierung

26.04 Kottenforst steinzeitlicher Siedlungsplatz Marienforst,Abschnitt der römischen Eifelwasserleitung,Kloster Marienforst,barockes kurfürstliches Jagdrevier,erlebbare Wald- und Jagdgeschichte

27.01 Münsterländchen – Kornelimünster

Fossilführende devonische Kalke,römisches Heiligtum Varnenum,römischer Galmeibergbau,mittelalterliches Kloster und Ortschaft Kornelimünster, Wallfahrtszentrum,neuzeitlicher Bleibergbau, Hütten und Mühlen im Vichtbachtal, klein-gliedrige historische Agrarlandschaft

27.02 Aachen

(landesweit bedeutsam)

Fossilführende karbonische Kalke,jungsteinsteinzeitlicher Bergbau Lousberg,ältester Volkspark Europas,römische Thermenanlagen Aachen und Burtscheid,

landesbedeutsam

landesbedeutsam

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Kapitel

7.2

Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

445533

Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

Nr. Name Wertgebende Merkmale

27.02 Aachen

(landesweit bedeutsam)

römische Siedlung,frühmittelalterliche Pfalz und Dom (Weltkulturerbe),frühmittelalterliche Siedlungsplätze,neuzeitliche Stadt,mittelalterliche Aachener Landwehr, Mühlen, Burganlagen,frühneuzeitlicher Bergbau,Abschnitt der Aachen-Frankfurter Heerstraße,Eisenbahn Aachen-Köln,Westwall, Bad Aachen

27.03 Indetal – Langerwehe Fossilführende devonische Kalke,vorgeschichtliche Siedlungs- und Bestattungsplätze,vorgeschichtlicher, römischer, mittelalterlicher Bergbau, Metallgewin-nung und Metallverarbeitung,römische Siedlungsplätze,mittelalterliche Burganlagen,mittelalterliche Stadt Stolberg,neuzeitlicher Bergbau und Töpferei,Abschnitt der Aachen-Frankfurter Heerstraße,Eisenbahn Aachen-Köln

27.04 Eisenbahn Köln-Welkenraedt(Vervier, Lüttich, Brüssel, Antwerpen)

erste internationale Eisenbahnstrecke der Welt,Burtscheider Viadukt,Buschtunnel (Aachener Stadtwald),Bahnhöfe (Belvedere, Großkönigsdorf, Düren, Eschweiler, Stolberg, Aachen)

28.01 Nordeifel – Römische Straße Köln-Trier

(landesweit bedeutsam)

römische Straßentrasse, begleitende Infrastruktur,römische Siedlungsplätze,Nordeifel,Fossilführende devonische Kalke,altsteinzeitliche Karststeinhöhle,vorgeschichtlicher bis neuzeitlicher Bergbau,Buntsandsteinabbau,Erzabbau und Metallverarbeitung,römischer Kalkabbau und Kalkverarbeitung,römisches Landgut Blankenheim,römische Siedlungsplätze, Eifelwasserleitung, Tempelbezirke,mittelalterliche Mühlen und Burganlagen,mittelalterliche Burg mit Wasserleitung und Stadt Blankenheim,mittelalterliche Stadt Bad Münstereifel,Radioteleskop Stockert

28.02 Monschauer Land

(landesweit bedeutsam)

mittelalterliche Burg und Stadt Monschau, zahlreiche kulturlandschaftli-che Relikte im Umfeld,Fachwerkbauten,Tuchindustrie,Heckenlandschaft mit typischen einmaligen Haushecken und Feldhek-kensystem,Kloster Reichenstein, Vennbahn,Abschnitt des Westwalls (Zweiter Weltkrieg),

28.03 Rurtalsperre – Urfttalsperre Wüstung Wollseifen,„NS-Ordensburg Vogelsang“,Abschnitt des Westwalls,Luftverteidigungszone West,Talsperren,Nationalpark Eifel

28.04 Oleftal und Oleftalsperre spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Eisenverhüttung und -verarbeitung,Talsperre

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Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Beschreibung der bedeutsamen und landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche // Tabelle

445544

Kapitel

7.2Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen // 2007

Nr. Name Wertgebende Merkmale

28.05 Westwallabschnittbei Udenbreth

Abschnitt des Westwalls

28.06 Alendorf – Lampertstal Fossilführende devonische Kalke,Wacholderheidelandschaft,Kalvarienberg bei Alendorf,mittelalterliche Burg und Siedlung Schloßthal

29.01 Drachenfelser Ländchen römischer bis neuzeitlicher Trachytabbaufrühmittelalterliche Siedlungsplätze, Burgen und Schlösser (Gudenau)Wassermühlenhistorisches und aktuelles Töpfergewerbe,kleinteilige historische Kulturlandschaft

29.02 Siebengebirge

(landesweit bedeutsam)

vorgeschichtlicher Ringwall Petersberg,vorgeschichtliche Siedlungs- und Bestattungsplätze,römischer Bergbau, Steinabbau, Hafen,mittelalterliche Burganlagen,mittelalterliche Stadt Königswinter,Klosterlandschaft Heisterbach,neuzeitlicher Braunkohlenbergbau, Alaunbergbau Ennert,mittelalterlicher bis neuzeitlicher Steinabbau (Stenzelberg, Ofenkaul),Weinbau seit dem Mittelalter,Rheinromantiktouristische Erschließung seit dem frühen 19. Jahrhundert (Wege, Aus-sichtspunkte, Gedenksteine, Einkehrhäuser u.a.)Naturschutzgeschichte,Sagenlandschaft

30.01 Nutscheidstraße –Siegtal Bödingen Blankenberg

vorgeschichtlicher, kaiserzeitlich-germanischer, mittelalterlicher Ver-kehrsweg mit begleitender Infrastruktur und Besiedlung,mittelalterliche Burganlagen,Burg und Stadt Blankenberg,Wallfahrtsort Bödingen,Siegtalbahn und Siegtal als kulturlandschaftlich hervorragendes Ensemble,Denkmalbereich Bödingen/Blankenberg,zusammenhängendes Waldgebiet

30.02 Siegtaleisenbahn Eisenbahntrasse mit Brücken, Tunnelmündern und Bahnhöfen

31.01 Siegen und Umgebung

(landesweit bedeutsam)

Spuren historischen Eisenerz-Abbaus (seit vor- und frühgeschichtlicherZeit belegt, seit mittelalterlicher Zeit von Silber), Siegerländer Hauberge, ei-senzeitliche Wallburganlagen, Hohlwege, mittelalterliche Burganlagen,Siegener Hecke, ein spätmittelalterliches bis neuzeitliches die gesamteStadt Siegen umgebendes Landwehrsystem,Siegen mit dem Burgberg, die Nikolaikirche, das Obere Schloss undseine Altstadt,„Alter Flecken“ Freudenberg,ehemalige Stahlwerke Krupp mit Spitzkegelhalde in Siegen-Geisweid

32.01 Ilsetal mit umgebenden Wäldern typischer Ausschnitt der waldreichen und ruhigen Kulturlandschaft,Ilsequelle bei Heiligenborn,Historische Stadtkerne Bad Berleburg und Bad Laasphe,Dorfkerne von Elsoff und von Raumland, ehemaliges Schieferbergwerk„Hörre“

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