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Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V. Heft 09/14 · 45. (63.) Jahr · A 4834 E www.kinder-undjugendarzt.de HANSISCHES VERLAGSKONTOR GmbH · LÜBECK Forum: Pro und Contra KiTa Fortbildung: Der hypotone Säugling Berufsfragen: Jugendmedizin – lohnt sich das? Magazin: Leseferne Eltern erreichen

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Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.

Heft 09/14 · 45. (63.) Jahr · A 4834 E

www.kinder-undjugendarzt.de

HANSISCHES VERLAGSKONTOR GmbH · LÜBECK

Forum: Pro und Contra KiTa

Fortbildung: Der hypotone Säugling

Berufsfragen: Jugendmedizin – lohnt sich das?

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KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.Herausgeber: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.in Zusammenarbeit mit weiteren pädiatrischen Verbänden

461 BVKJ mit neuer HomepageRegine Hauch

462 Wieviel Mama braucht das Kind?Wieviel Krippe verträgt das Kind?Ulrich Fegeler,Stephan Heinrich Nolte

468 Bits + BytesBernd Byte

469 Hygiene in der pädiatrischen PraxisGottfried Huss

472 Vermischtes473 Computerspiele- und

Internetsucht

Forum Fortbildung Berufsfragen Magazin474 Der hypotone Säugling

(„floppy infant“-Syndrom)– was hilft zur richtigen Diagnose?Adela Della Marina,Hans-Jürgen Christen,Ulrike Schara

484 BabyschwimmenKarsten Theiß,Thomas Lob-Corzilius,Ulrich Jost

489 Welche Diagnose wird gestellt?Antonia Kienast

493 Review aus englisch -sprachigen Zeitschriften

496 Consilium: Lebend -impfung bei Patienten mit MitochondriopathieHans-Jürgen Laws

506 Wir kommen lesefernen Eltern näher

508 Fortbildungstermine desBVKJ

509 Die Welt der Kinder imBlick der MalerPeter Scharfe

510 Buchtipp511 Personalia513 Nachrichten der Industrie521 Wichtige Adressen des BVKJ

Inhalt 9/14Redakteure: Prof. Dr. Hans-Iko Huppertz, Bremen (federführend), Prof. Dr. Florian Heinen, München,Prof. Dr. Peter H. Höger, Hamburg, Prof. Dr. Klaus-Michael Keller, Wiesbaden, Prof. Dr. Stefan Zielen,Frankfurt a.M., Dr. Christoph Kupferschmid, Ulm, Regine Hauch, Düsseldorf

Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegen in voller Ausgabe Beilagen der Firmen WELEDA AG und Pari GmbH bei, sowie Supplements der Firmen Milupa GmbH, AstraZenecaGmbH und Shire Deutschland GmbH.

Als Teibeilagen finden Sie die Programmhefte für die 6. Pädiatrie zum Anfassen in Berlin und die 12. Pädiatriezum Anfassen in Bamberg.

Wir bitten um freundliche Beachtung und rege Nutzung.

S. 506

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498 Jugendmedizin – lohnt sich das?Uwe Büsching

500 17 000 akute Kindeswohl-gefährdungen 2013Christoph Kupferschmid

500 Wahlaufruf501 Wahlaufrufe502 Alte Forderungen neu

aufgelegtChristoph Kupferschmid

503 Kinderrechte gehören insGrundgesetzChristoph Kupferschmid

504 PädInform – der „kurze“Dienstweg für Kinder- und JugendärzteStephan Heinrich Nolte

Foto: © anekoho - Fotolia.com Foto: ©altanaka – Fotolia.com

Wir kommen lesefernen Eltern näher

Interview mitKlemens Sengervom MVZ

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KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

BVKJ mit neuer Homepage

Jedes Jahr werden in Deutschland offi-ziellen Zahlen zufolge fast 4.700 Kinderund Jugendliche misshandelt und rund15.000 Kinder sexuell missbraucht. JedenTag werden allein fast 40 Kinder Opfer se-xuellen Missbrauchs. In der Realität sindweit mehr Kinder betroffen, als die Polizei-liche Kriminalstatistik 2013 belegt. DieLangzeitfolgen dieser Traumaerfahrungenreichen von körperlichen Beschwerdenüber psychische Erkrankungen bis hin zusozialem Rückzug. Um diesen vorzubeu-gen, sind frühzeitige und kontinuierlicheHilfen notwendig.

Als erste gesetzliche Krankenkasse hatdie BARMER GEK daher einen Vertrag mitder Vestischen Kinder- und JugendklinikDatteln geschlossen, der langfristig die op-timale Versorgung der Betroffenen ermög-licht. "Mit dieser Vereinbarung wollen wirein Zeichen setzen, um den jungen Miss-brauchsopfern eine umfangreiche und in-dividuelle Zuwendung zu gewährleisten.Und der Gesetzgeber muss handeln, umdie beim Kinderschutz bestehende Versor-gungs- und Finanzierungslücke zu schlie-ßen", sagt Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, stell-vertretender Vorstandsvorsitzender derBarmer GEK.

Vertrag finanziert bislang unver-gütete Versorgungselemente

Zum Schutz von Kindern und Jugend-lichen müssen Anzeichen von Missbrauchrechtzeitig erkannt und für das Einleitenrechtlicher Schritte dokumentiert werden.Kinder- und Jugendärzte stehen vor derHerausforderung, verdächtige Verletzun-gen als solche zu identifizieren. Außer spe-ziellem Fachwissen bedarf es dabei vor al-lem einer gesicherten Finanzierung, dieden deutlich erhöhten Zeit- und Leis-tungsaufwand abdeckt. Viele Maßnahmengehören bislang nicht zu den regulärenLeistungen der gesetzlichen Krankenkas-sen. Für eine optimale Behandlung derKinder und den Umgang mit dem Erlebtensind diese unvergüteten Leistungen jedochelementar. "Der Faktor Zeit spielt in derArbeit der Kinderschutzambulanz einewesentliche Rolle", sagt Andreas Wachtel,Geschäftsführer der Vestischen Kinder-und Jugendklinik. "Diese Zeit hat bislangaber niemand bezahlt – wir nehmen sieuns, weil wir sehen, wie wichtig es ist, dasssich jemand für diese Kinder stark macht.Bislang finanzierte sich die zusätzliche Ar-beit der Kinderschutzambulanz aus Spen-

dengeldern." Versicherte der Barmer GEKprofitieren durch den bundesweit erstenVertrag von einer finanziell gesichertenVersorgung.

Versorgung durch ein speziell geschultes Team

In der Medizinischen Kinderschutzam-bulanz der Klinik kümmert sich ein Teamaus speziell geschulten Ärzten, Sozialarbei-tern und Pflegenden um die Patienten.Über den Vertrag mit der Barmer GEK er-hält die Klinik finanzielle Mittel, damitÄrzte in einem auf die besonderen Bedürf-nisse der Patienten zugeschnittenen Um-feld Verletzungen rechtssicher diagnosti-zieren können. Dazu gehört die ausführli-che und sensible Untersuchung von Kin-dern mit beispielsweise Blutergüssen, Ver-brennungen, Verbrühungen, frischen oderalten Knochenbrüchen. Dies ist besonderswichtig, um zum einen Anhaltspunkte vonKindeswohlgefährdung oder -missbrauchüberhaupt identifizieren zu können. Zumanderen ist im Verdachtsfall eine detail-lierte Dokumentation aller Befunde zwin-gend, um schnell Schutzmaßnahmen zuveranlassen.

Red: ReH

Mehr Unterstützung für junge MissbrauchsopferBundesweit erster Vertrag zwischen Krankenkasse und Kinderklinik für eine lückenlose Versorgung bei Kindeswohlgefährdung

Der BVKJ hat ab sofort eine neue Homepage:www.bvkj.de

Bisher war der Berufsverband nur über die kinderaerzte-im-netz-Seite zu finden, nun hat der BVKJ seinen eigenen Auftritt. Übersicht-lich und klar aufgebaut finden sich Nutzerinnen und Nutzer auf denersten Blick zurecht. BVKJ-Mitglieder finden sämtliche Infos zu Ver-anstaltungen und Kongressen, Eltern werden auf die kinderaerzte-im-netz-Seite gelenkt, MFA haben ebenfalls ihren eigenen Bereich mitsämtlichen nützlichen Infos, die der BVKJ ihnen anbietet. Es gibt einPressearchiv mit den Meldungen des BVKJ und natürlich stellt sichauch die Geschäftsstelle mit ihren vielfältigen Dienstleistungen vor.

BVKJ zum MitnehmenAb Oktober kann die BVKJ-Homepage auch unterwegs auf dem

Smartphone aufgerufen werden - ohne lästiges Warten, bevor sich dieSeite zusammengepuzzelt hat. Einfach Adresse eintippen, kurzerDruck auf die Tasten und schon erscheint die BVKJ-Seite. ReH

Forum461

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KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

Seit dem 1. August 2013 besteht inDeutschland ein gesetzlich verbrief-tes Recht auf einen Krippenplatzbzw. eine Kindertagesbetreuung fürKinder ab dem vollendeten ersten Le-bensjahr. Gleichzeitig wurde durchdie schwarz-rote Koalition das so ge-nannte Betreuungsgeld beschlossen,wonach Mütter oder Väter, die ihreKinder in den ersten drei Lebensjah-ren zu Hause betreuen, eine Art mo-natliche Prämie (etwas abwertend„Herdprämie“ genannt) erhalten.Das Deutsche Jugend Institut (DJI)hat nun eine Studie veröffentlicht,wonach das Betreuungsgeld wesent-lich von den Familien bzw. Mütternbeansprucht wird, die eher bildungs-fern und wohl auch anregungsarmgegenüber ihren Kindern sind. DieStudie bestätigt also die Befürchtun-gen vieler Experten, dass das Mütter-betreuungsgeld sozusagen in die fal-schen Hände gerät und für die (Ziga-retten-, Alkohol- oder Sonstwie-)Be-dürfnisse der Eltern in schwierigensozialen Lebenssituationen ausgege-ben wird. An der Studie entzündetesich eine heftige Diskussion inner-halb unserer Berufsgruppe zu zweiFragen: Zum Einen, ob eine frühe au-ßerfamiliäre Betreuung von Kinder,die sog. U3 Betreuung, zu Bindungs-störungen und damit Störungen derspäteren Kindesentwicklung führe,zum anderen, ob das Müttergeld

prinzipiell gerechtfertigt oder nur einWahlkampfgeschenk der CSU sei.

Bevor ich mich in das Diskurs-Ge-tümmel stürze, möchte ich unterstel-len, dass wir Pädiater alle – insbeson-dere die, die so vehement mitdisku-tiert haben - für das bestmögliche ge-sunde Aufwachsen der uns anver-trauten Kinder und Jugendlichen un-ter den bestmöglichen Förderbedin-gungen und - damit verbunden – mitden bestmöglichen Chancen auf einegute gesundheitliche und sozialePrognose eintreten, ob sie nun füreine frühe außerfamiliäre Betreuungeintreten oder sie vehement ableh-nen.

Wenn ich die Beiträge zur U3-Be-treuung durchlese, fällt mir auf, dassder Diskurs stark von der "ideologi-schen" Grundeinstellung des Disku-tanten geführt wird. Die Gegner stel-len die Betreuung und Erziehung derKinder in den ersten drei Lebensjah-ren zu Hause als quasi unumstößli-che Wahrheit dar, unterstützt durchangeblich ebenso unumstößliche Er-kenntnisse der Bindungsforschung.Alles andere sei Stress, Versorgungs-tourismus, bindungsgefährdende fa-miliäre Unruhe, Teufelswerk. Darü-ber hinaus lese ich in ihren Beiträgengelegentlich eine unterschwelligeAngst heraus, dass mit dem Rechts-anspruch auf eine Tagesbetreuungdie Kinder ihren Familien quasi weg-

genommen werden sollten. So kannman soziale Angebote in Drohkulis-sen uminterpretieren. Andere Disku-tanten sagen, dass eine frühe (U3)Betreuung der Kinder durch Kinder-tageseinrichtungen gelebte Realitätsei und international praktiziertwerde. Irgendwo in der Mitte ist danndie von vielen geteilte, Familie undsoziales Umfeld als gemeinsame Ak-teure betrachtende Auffassung ange-siedelt, dass es nicht allein der Fami-lie, sondern eines ganzen Dorfes be-darf, um ein Kind zu erziehen. Aber:Wer ist das Dorf? Auffällig am Dis-kurs ist, dass kaum von der Qualitätder Betreuung gesprochen wird oderallenfalls im Nebensatz mit fast abfäl-liger Handbewegung. BODE1 hatjüngst anhand von Daten der DDR-Krippenbetreuung im Vergleich mitder bundesdeutschen NUBBEK-Stu-die darstellen können, dass sehr guteEntwicklungsergebnisse der betreu-ten Kinder abhängig waren von derBeziehung zur Erzieherin, der Dauerdes Krippenaufenthaltes und der re-gelmäßigen Anwesenheit. Einen star-ken Einfluss sieht BODE durch dieFamilie gegeben und zwar im positi-ven Sinne, wenn die Eltern einen hö-heren Ausbildungsgrad hatten wieauch im negativen Sinne, wenn dieFamilie mit „ungünstigen Variablen“ausgestattet war. Auch in der NUB-BEK-Studie2 konnte herausgearbei-

Wieviel Mama braucht das Kind? Wieviel Krippe verträgt das Kind?

Das Betreuungsgeld spaltet nicht nur die Koalition. Auch im BVKJ verteidigen Befürworter undGegner leidenschaftlich ihre Positionen. Schaffen mehr öffentliche Bildungs-, Erziehungs- undBetreuungsangebote mehr Bildungsgerechtigkeit? Oder impliziert der Begriff "FrühkindlicheBildung" allzu frühe Zumutungen für das Kind - und seine Eltern? Sollen alle Kinder so früh wiemöglich in die KiTa, weil einige von ihnen in Familien aufwachsen, in denen sie schlecht aufge-hoben sind? Oder tut die KiTa allen Kindern gut? Geht es überhaupt um das Kindeswohl oderdarum, die Frauen als Arbeitsmarktreserve zu aktivieren? Darf man sich für oder gegen KiTasaussprechen, wenn viele Patienteneltern eh keine Wahl haben? Wir eröffnen die Debatte... ReH

Dr. Ulrich Fegeler

Auf die KiTa-Qualität kommt es an

Forum462

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Forum

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

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tet werden, dass der familiäre Einflussauf die kindliche Entwicklung einMehrfaches des Einflusses der Ein-richtung beträgt. Ein wichtiges Er-gebnis der NUBBEK-Studie warauch, dass kein Unterschied des Ent-wicklungsstandes zwischen familiärbzw. außerfamiliär betreuten Kin-dern bestand.

Wenn dem so ist, spricht in mei-nen Augen nichts gegen eine Krip-penbetreuung für diejenigen, die siein Anspruch nehmen wollen. DieUntersuchungen zeigen, dass einKind eher profitiert, vorausgesetzt,die Qualität der Krippe ist gut. Unddie Gegner brauchen auch keineAngst zu haben, dass ihre Kinder derFamilie entwunden werden könnten:der familiäre Einfluss ist viel größerals der Krippeneinfluss. Auch diejüngeren internationalen wissen-schaftlichen Veröffentlichungen wei-sen überwiegend in die Richtung,dass Kinder von einer qualifiziertenfrühen Betreuung enorm profitierenkönnen, Bindungsstörungen wurdennicht beobachtet. Betont wird aberauch hier die Qualität der Einrich-tung.

Meine drei Töchter sind alle vordem zweiten Geburtstag in Tagesein-richtungen betreut worden, die wirEltern allerdings mitgestaltet hattenund die, wenn ich es retrograd be-werte, sicher eine gute Betreuungs-und Förderqualität hatten. MeineKinder haben in meinen Augen ex-trem profitiert, noch heute bestehenKontakte zu einigen ihrer früherenKinderladen-Kinder.

Die zweite Frage der Debattedreht sich um die Gerechtigkeit ge-genüber zu Hause betreuenden Müt-tern (oder Vätern): wenn einerseitsder Staat dafür Geld ausgibt, Fami-lien in ihrer Berufstätigkeit von so-wohl Vater und Mutter oder auch nureines Elternteiles durch eine Tagesbe-treuung von Kindern unter drei Jah-ren zu unterstützen, ist es nur ge-recht, wenn Eltern, die sich entschei-den, ihre Kinder in den ersten Le-bensjahren selber („in Eigenleis-tung“) zu Hause zu betreuen, ein ge-sellschaftlicher Ausgleich gezahltwird. In dieser Abstraktion erscheintdiese Forderung zunächst nachvoll-ziehbar.

Nun ist unser gesellschaftlichesLeben aber nicht abstrakt, sondernhöchst real. Und zur Wahrnehmungder bundesrepublikanischen Sozial-realität gehört die Erkenntnis, dassdie überwiegende Mehrzahl derMütter, die ihre Kinder in eine U3-Betreuung geben, gar nicht die Wahlhat, sich für die häusliche Betreuungzu entscheiden. Bei einem Durch-schnitt von etwa 40 Prozent Alleiner-ziehenden in Bundesdeutschland –überwiegend Frauen – bleibt diestundenweise Betreuung der Kinderin einer Kindertageseinrichtung un-abdingbar. Darüber hinaus habenwir heute andere Formen des familiä-ren Zusammenlebens als noch vor 20Jahren. Patchwork-Familien, gleich-geschlechtliche Lebensgemeinschaf-ten oder Formen wohngemeinschaft-lichen Zusammenlebens: Lebensfor-men einer postmodernen Gesell-schaft, die in der Regel auf der Berufs-tätigkeit der Erziehenden gründen.Die klassische Vorstellung der Fami-lie mit ihren traditionellen Formender Arbeitsteilung, bei der der Mannschafft und die Frau die Kinder be-treut und versorgt, ist eher die Aus-nahme als die Regel, zumal in Bal-lungszentren. Nur: dieses über jetztzwei Generationen gefügte familien-soziologische Rad der Geschichtedrehen wir Kinder- und Jugendärztenicht zurück. Da können wir dieHände über dem Kopf zusammen-schlagen und uns über Stress, Unruheund vorgezogene Infektionen empö-ren, wir müssen uns mit den Gege-benheiten bescheiden. Es ist völligabwegig zu glauben, dass Appelle derKinder- und Jugendärzte nach weni-ger Stress und mehr Ruhe und Zeitfür die Familien ausreichten, die Pro-duktionsbedingungen eines entwi-ckelten hoch differenzierten kapita-listischen Wirtschaftssystems mitden entsprechenden Auswirkungenauf Arbeitsplatzanforderungen undArbeitszeiten zu verändern. Die ge-sellschaftlichen Veränderungen ha-ben stattgefunden und mit ihnen u.a.die Wünsche bzw. die Bedürfnislagender jungen Mütter nach einer Tages-betreuung ihrer Kinder in einem Al-ter unter drei Jahren und dies habenwir nicht zu bezweifeln und denMüttern noch ein schlechtes Gewis-

sen zu bereiten. Fazit: für viele Müt-ter ist die U3-Betreuung ihrer Kindereine existentielle Notwendigkeit.

Hinzu kommt ein weiterer As-pekt, der mir in dieser Debatte wich-tig erscheint. Wir erleben zuneh-mend Familien, die ihren erziehe-risch-fördernden Aufgaben, ja teil-weise noch nicht einmal ihren Be-treuungsverpflichtungen nachkom-men. Wir klagen (zu recht) über dieZunahme der frühkindlichensprachlichen und kognitiven Ent-wicklungsdefizite und Verhaltensauf-fälligkeiten, weil wir mit der Erwar-tungshaltung konfrontiert werden,solche Kinder mithilfe unseres Ver-ordnungsblocks zu redegewandten,geistig angeregten und sozial han-delnden Kindern umbiegen zu kön-nen. Jeder/e weiß, dass wir mit dieserAufgabe überfordert sind, weil sienicht im Gesundheitssystem lösbarist: Trotz unserer mittlerweile Re-kordhöhe erreichten Heilmittelver-ordnungen verlassen jährlich 50-60.000 Kinder und Jugendliche die

Personalschlüssel: seit jeher ein Problem in KiTas. © akg-images

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Schule ohne Abschluss. Einem Groß-teil dieser Kinder und Jugendlichen,die ohne Chance auf einen Ausbil-dungsplatz auf der Straße stehen und– wie es in der Wissenschaft heißt –eine ungünstige Sozialprognose ha-ben, hätte man durch eine sinnvollefrühe Förderung helfen können: einefrühe, sozialkompensatorische För-derung in qualifizierten, außerfami-liären Bildungs- und Betreuungsein-richtungen, die es aber als standardi-siertes, strukturiertes und bundes-einheitliches Angebot nicht gibt, voneinzelnen hoch engagierten Initiati-ven abgesehen. Stattdessen müssenwir uns herumschlagen mit Kinder-tageseinrichtungen (Krippen wie Ki-Tas), die – wie die NUBBEK-Studiegezeigt hat – im Mittel eine beschä-mende, im unteren Drittel der Quali-tätsskala angesiedelte Förderqualitäthaben. Wenn wir aber die Talente ei-nes großen Teils unserer Kinder nichtweiter verschleudern wollen, müssenwir auf ihre überforderten Familienzugehen und ihnen mit strukturier-ten Hilfen aller gesellschaftlichenHilfesysteme bei der frühen Förde-rung ihrer oder besser: unser allerKinder helfen. Solche Konzepte gibt

es, sie kosten aber Geld, sehr viel Geldsogar.

Um welche Gerechtigkeit geht esalso: Die Gerechtigkeit für die Mütteroder die Gerechtigkeit für die Kin-der? Hier sage ich klar: es geht um dieChancengerechtigkeit der Kinder. Sieist wichtiger als eine Anerkennungs-prämie für Mütter, die ihre Kinder inden ersten Lebensjahren zu Hausebetreuen wollen - und wohl auchdazu finanziell in der Lage sind. Denndas Müttergeld ersetzt kein Einkom-men. Wenn aber das Müttergeldnicht mehr ist als eine teure (Wahl-kampf)Geste, sollten es besser dortausgegeben werden, wo es wirklichgebraucht wird: bei der Neustruktu-rierung und Qualifizierung unsererKindertageseinrichtungen.

Fazit: Eine U3-Betreuung ist keine Ge-

fahr für Familie und Kind, sondern indieser Gesellschaft ein notwendigessoziales Angebot. Entscheidend fürgute und sehr gute Ergebnisse ist ihreQualität. Wir Kinder- und Jugend-ärzte sollten deshalb unsere Aufgabedarin sehen, auf das schnelle Errei-chen der besten Versorgungsqualitätzu dringen.

Die Gerechtigkeitsdebatte beimMüttergeld sollte die Kinder in denFokus stellen, vor allem Kinder aussozial schwierigen Verhältnissen. DieGerechtigkeit sollte als Chancenge-rechtigkeit für diese Kinder verstan-den werden. Das Müttergeld solltedeshalb besser in den quantitativenund vor allem qualitativen Ausbauvon Familienzentren mit Kinderta-geseinrichtungen gegeben werden.Hier haben Kinder aus schwierigenVerhältnissen die besten Chancen,sozialkompensatorisch gefördert zuwerden.

Literatur: 1 Bode, H. (2013) Kinderkrippen in der DDR

- Was können wir heute davon lernen?Monatsschr Kinderheilkd 2013 161:886–890; DOI 10.1007/s00112-013-3007-3

² Tietze, W., Becker-Stoll, F., Bensel, J., Eck-hardt, A. G., Haug-Schnabel, G., Kalicki,B., Keller, H., Leyendecker, B. (Hrsg.).(2012): NUBBEK – Nationale Untersu-chung zur Bildung, Betreuung und Erzie-hung in der frühen Kindheit. For-schungsbericht. Weimar/Berlin: verlagdas netz.

Dr. Ulrich Fegeler

13595 BerlinE-Mail: [email protected]

Red: ReH

Forum

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

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KiTa: An den Bedürfnissen der Kinder und Familien vorbei

„Vielleicht bin ich so geworden,wie ich bin, weil meine Eltern michnicht in eine Krippe geschickt ha-ben.“

Das habe ihr Vater, der Pastor,nicht geduldet, sagte Angela Merkel,unsere Bundeskanzlerin, auf dieFrage, warum sie immer so gut ge-launt sei. Ihr Frohsinn sei offenbarangeboren, und ihr nicht einmal inder Kindheit ausgetrieben worden.

Die heutige Politik will es anders:Frauen sollen dem Arbeitsmarkt zurVerfügung gestellt, die Kinder wäh-renddessen wegverwaltet werden,manchmal verbrämt mit einem Bil-dungsanspruch. Die Politik lügtschlichtweg, wenn sie behauptet, mit800.000 Krippenplätzen sei das Pro-

blem erledigt. Hat sie auch die min-destens acht Millionen zusätzlichenKinderarztbesuche eingerechnet, dieuns die Praxen mit Lappalien füllen,die krankheits- und erschöpfungs-bedingten Arbeitsausfälle durchdoch nicht wirklich dem Arbeits-markt zugeführten Müttern undmanchmal auch Vätern? Die Auswir-kungen auf die Kindergesundheitallgemein sind verheerend: zwar sindes nur „vorweggenommene“ Infekte,die früher erst im ersten Kindergar-tenwinter auftraten, aber sie treffenauf eine sensible Zeit und erhöhenden Druck, unter den die jungen Fa-milien heute stehen. Eine junge Fa-milie, das ist heute Krisenmanage-ment als Dauerzustand. Von einer

ruhigen, gelassenen Kindheit mitdem wertvollsten, was wir unserenKindern mitgeben können, unsererZeit, kann nicht mehr die Rede sein.Ich bin immer wieder erschüttert,wie mitgenommen Eltern in diesemSpannungsfeld zwischen Arbeit undFamilie sowie den Ansprüchen derFreizeitgesellschaft heute sind.

Ende der 70er Jahre studierte ichklinische Semester in Paris und hatteund habe aus dieser Zeit viele franzö-sische Freunde. Sie hatten Kinder, ge-nau wie wir, aber es war damals dortschon selbstverständlich, sie in dieCrèche zu geben. Wie habe ich späterdiese Familien bedauert, die im Lauf-schritt morgens zur Crèche, dann zurArbeit hasteten, dann im Spätnach-

Dr. Stephan Heinrich Nolte

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Forum

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

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Qualität (wie auch die Entfernung)oft zweirangig sind.

Es ist wesentlich besser, Kleinkin-dergruppen von drei bis vier Kinderndaheim betreuen zu lassen, als grö-ßere Einrichtungen aus dem Bodenzu stampfen, die mit noch so viel Per-sonal nicht das leisten können, waseine individuelle, konstante Bezugs-person für Kleinkinder bedeutet. Dasheißt nicht, dass es eine institutiona-lisierte Erziehung gar nicht gebendarf; sie darf nur nicht zum allge-mein gültigen Prinzip erhoben wer-den. Sicherlich ist es notwendig, guteEinrichtungen zu schaffen, nebenBetreuung und Elternarbeit Bil-dungsangebote bereitzustellen undEltern, vor allem alleinerziehenden,ein soziales Leben zu ermöglichen.Daraus darf aber kein allgemeinerAnspruch resultieren und eine Mar-ginalisierung derer, die es vorziehen,ihre Kinder in den ersten drei Jahrenselbst zu betreuen. Daher ist es folge-richtig, die immensen Kosten derfrühen Fremdbetreuung durch einBetreuungsgeld auch denjenigen zu-kommen zu lassen, die auf diese Seg-nungen verzichten wollen.

Die Ergebnisse der Bindungsfor-schung haben gezeigt, dass erstensdas zweite Lebenshalbjahr für Tren-nungssituationen von der Hauptbin-dungsperson ganz besonders kritischist, zweitens aber Kleinkinder unterdrei Jahren überhaupt nicht gut „ho-rizontal“, d.h. gemeinsam mit vielenKindern einer Altersgruppe betreutwerden sollten: wie in einer Ge-schwisterreihe lernen die Kleinen vonden Großen, die Großen aber auchvon den Kleinen. Individuelle Be-treuungsmöglichkeiten wie Tages-mütter mit drei bis vier Kindern ver-schiedenen Alters oder, noch besser,der Zusammenschluss mehrerer El-tern, die ihre Kinder abwechseln be-treuen, sind nicht nur bindungstheo-retisch, sondern auch ökonomischund ökologisch sinnvoller; es tut jawirklich nicht not, dass nun auch Ba-bys und Kleinkinder, meist mit demAuto, in Einrichtungen transportiertwerden müssen.

Ich sehe die institutionalisiertefrühkindliche Erziehung auch alsEntsolidarisierungssymptom der Ge-sellschaft, indem die persönliche Ini-

mittag wieder zurück, das Kind nochschnell durch den Supermarktschleiften, um dann die heulendenund übermüdeten Kinder irgendwieins Bett zu kriegen – und am nächs-ten Tag das gleiche Spiel. Und bei je-der Rotznase: „Allez voir votre pé-diatre“ – das hat mir die Lust, inFrankreich als Kinderarzt zu prakti-zieren, seinerzeit ausgetrieben. Jetztholt mich die Vergangenheit wiederein. Was mir, nebenbei, gefallen hat,war die Ansicht, schon Säuglingemöglichst früh mit allen möglichenNahrungsmitteln bekannt zu ma-chen, „um den Geschmack zu schu-len“, – zu einer Zeit, als man inDeutschland meinte, mit Karottenund Kartoffeln sei man über Monategut bedient.

Was die Auswirkungen einer frü-hen Fremdbetreuung angeht, wissenwir seit vielen Jahren durch erdrü-ckendes Material, dass sie an den Be-dürfnissen von Kleinkindern vorbei-geht. Bereits 1951 veröffentlichte der„Vater der Bindungstheorie“, JohnBowlby im Auftrag der Weltgesund-heitsorganisation seine Untersu-chungen über kindliche Deprivationund deren Folgen, populär wurdesein Buch „Child Care and theGrowth of Love“ (1953), deutsch

„Frühe Bindung und kindliche Ent-wicklung“. Hier sind eine Unzahlvon Untersuchungen und Faktenüber die Folgen von Fremdbetreu-ung zusammengetragen, das Wissenist seither weiter akkumuliert, ohnedass die wesentlichen Erkenntnissealltagspraktisch umgesetzt wurden.So fanden schon Dorothy Burling-ham und Anna Freud durch ihre Er-fahrungen bei der Leitung eines Hei-mes für Kleinkinder im 2. Weltkrieg,dass für eine angemessene Betreu-ung so viele Personen notwendigseien, dass es besser sei, das Heim zuschließen und den Helferinnen einpaar wenige Kinder zur Pflege mitnach Hause zu geben.

Mit formalen Kriterien wie Be-treuungsschlüsseln lässt sich dieGüte einer Einrichtung wie Kon-stanz der Bezugspersonen und dieBindungsqualität nicht messen.Selbst in sehr gut ausgestatteten Ein-richtungen mit einem Schlüssel von1 zu 3 bei Einjährigen ist durchKrankheit, Schwangerschaft, Prakti-kantinnen und Dauerwechsel dieKonstanz einer Bindungsperson Il-lusion, wie vielfältige Elternberichteverdeutlichen. Außerdem sind dieEltern so unter Druck, überhaupt ei-nen Krippenplatz zu finden, dass die

Jedem Kind seinen eigenen Platz, auch in der KiTa. © FedeCandoniPhoto – Fotolia.com

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tiative und der eigene Einsatz eineranonymen, vom Staat bereitgestelltenInstitution geopfert wird: Die Suchenach Freunden und Bekannten inähnlicher Lebenssituation und damitdie Entwicklung eines tragfähigen so-zialen Netzes geht in der allgemeinenBeliebigkeit unter.

Ein Aspekt wird gar nicht im Zu-sammenhang mit früher Fremdbe-treuung diskutiert: Ich halte es füreine ökologische und ökonomischeKatastrophe und eine Erziehung zurautomobilen Gesellschaft, wennüberall große neue Einrichtungenaus dem Boden gestampft, Kinder-

gärten verschiedener Gemeinden zu-sammengelegt werden und keinMensch die verlängerten Wege undden Unterhalt dieser Gebäude be-denkt. Besonders in ländlichen Ge-bieten kommt man um das Auto alsKinderwagen (und später als Roll-stuhl) nicht mehr herum. Die Grund-haltung, sich aus eigener Kraft fortzu-bewegen, seine Wege zu Kindergartenund später Schule zu Fuß zurückzule-gen, scheint wie ein Phantom aus al-ter Zeit. Der nicht nur bauliche, son-dern auch unterhaltstechnische Auf-wand kann nicht darüber hinwegtäu-schen, dass die Gruppen zu groß, der

Lärmpegel zu hoch, die Luft zu ver-braucht und die Zeit an der frischenLuft knapp ist und die Bewegung zukurz kommt. Die Kinder sind nachübereinstimmenden Daten unterDauerstress und – wie wir in unserenPraxen sehen – krank, chronischkrank mit allerlei Neuen Morbiditä-ten. Ich kann nicht anders, als einsolch düsteres Bild der Krippeneu-phorie entgegensetzen.

Dr. Stephan Heinrich Nolte

35039 Marburg

E-Mail: [email protected]

Red: ReH

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KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

Forum468

In Punkto Betriebswirtschaft tun sichviele Ärzte schwer, gerade wenn es um dieeigene Arbeitszeit und Betriebskostengeht – ein großer Fehler. Am wichtigsten istes, bei Entscheidungen kaufmännisch zuhandeln, und das bedeutet nicht kosten-orientiert sondern nutzenorientiert zudenken – alles andere ist Luxus. Wenn dasSonogerät mitsamt Wartung pro Jahrmehr kostet als es einbringt, rechnet es sichnicht. Wenn eine Investition auf Dauermehr Geld spart, als sie kostet, lohnt siesich dagegen, egal wie hoch die Investitionist. Was natürlich nicht bedeutet, dass dieInvestition in eine Alternative auch mehrfürs gleiche Geld bieten kann...

Eine einfache Rechenaufgabe am Bei-spiel Praxisverwaltungs-Software: Wievielkostet die Betriebsstunde meiner Arztpra-xis und wieviele Minuten pro Tag stehlenmir Werbung im Praxisprogramm, regel-mäßiges Warten wg. Langsamkeit, eine in-suffiziente Hotline oder umständliche Be-dienung? Diesen Zeitverlust als Euro Be-trag x 250 Tage x 5 Jahre hochgerechnetkann ich also in eine bessere Software in-vestieren, ggf. auch finanziert über eineBank, so dass sich die Investition rechnet.

Wer einmal getroffene Entscheidungennie wieder kritisch untersucht, wer Ar-beitsabläufe oder auch Arbeitsgeräte wiedie Praxissoftware nicht von Zeit zu Zeit

einer Neubewertung unterzieht, den mag

vielleicht die Fabel vom Fische fangenden

Bär nachdenklich machen. Dieser stand

am Fluss, schlug den ganzen Tag über mit

seiner Pranke ins Wasser und erwischte da-

bei auch immer wieder einen Fisch. Ein

anderer Bär, der ihn dabei beobachtete, riet

ihm, mach dir doch besser eine Angel“.

Worauf der Bär erwiderte, dazu habe ich

keine Zeit, ich muss doch Fische fangen“.

Dr. Bernd Byte Red: ReH

Bits + Bytes .

Betriebswirtschaft undPraxissoftware

Nirgendwo ist die Bundesrepublik sosehr Zuwanderungsland wie in Nord-rhein-Westfalen. Nach Köln und Duisburggibt es nun auch in Dortmund das krimi-nalpräventive Projekt „klarkommen!Chancen bieten durch Prävention vorOrt“. Mit dieser Initiative will das Land ge-zielt den Kindern und Jugendlichen hel-fen, die aus den ärmsten Regionen Südost-europas und Nordafrikas zu uns kommen.Mehr Integration und weniger Kriminali-tät, das sind die Ziele von „klarkommen!“.Kompetente Sozialarbeiter leisten in demProjekt konkrete Hilfe - passgenau undunbürokratisch.

Die Initiative „klarkommen!“ begegnetdem Problem, dass Kinder und Jugendli-che mit Zuwanderungshintergrund in vie-len Städten in Deutschland vermehrt

Straftaten begehen. Die Taten verunsi-chern die Bürgerinnen und Bürger undsorgen für Misstrauen gegenüber allen Zu-wanderern. "Klarkommen" soll dazu bei-tragen, dass die negativen Seiten der Zu-wanderung die positiven Seiten nichtüberschatten, und dafür, dass Integrationbesser als bisher funktioniert.

In Dortmund, der dritten Projekt-Stadtgestalten Polizei und Stadt das vom Innen-ministerium finanzierte Projekt gemein-sam. Partner des Projektes sind der Verein„Die Brücke Dortmund“ und das „SozialeZentrum“. Gemeinsam wollen alle Seitendie Sicherheit für die Bürger erhöhen. Au-ßerdem wollen sie die Kinder und Jugend-lichen selbst wieder „in die Spur“ bringen.Dabei unterstützen sie sie, zeigen ihnenaber auch Grenzen.

In der Dortmunder Nordstadt richten„Die Brücke“ und das „Soziale Zentrum“ein Stadtteilbüro als Anlaufstelle ein. Diedort eingesetzten Sozialarbeiter sind mitden kulturellen Sitten und Gebräuchender Kinder und Jugendlichen vertraut. Soüberwinden sie Barrieren und schaffenVertrauen. Die Jugendlichen erhalten ge-zielte Sprachförderung, werden in ihremSchulalltag unterstützt und ihr Tagesab-lauf erhält eine geregelte Struktur. Gleich-zeitig lernen die Jugendlichen Normenund Werte der deutschen Gesellschaft.

Auch die Eltern der Kinder und Jugend-lichen suchen häufig Orientierung undHilfe. Diese finden sie ebenfalls in demStadtteilbüro, wenn es beispielsweise da-rum geht, die Dinge des Alltags zu regeln.

Red.: ReH

Präventionsprojekt „klarkommen!“ schafft Sicherheit und fördert IntegrationGezielte Hilfe für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in NRW

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Forum

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

469

Praxisteams sind verwirrt durchzahlreiche unüberschaubare Hygiene-Vorschriften. Viele „Vorschriften“werden als unrealistisch belächelt.Wird in den Praxen zu viel oder zu we-nig Hygiene betrieben? Welche Rollespielt der Hygieneplan?

In den Kinderarztpraxen wirdeher zu viel als zu wenig Hygiene ge-macht, vor allem dann, wenn mandie Hygienepläne von der Industriemachen lässt. Davon rate ich drin-gend ab, weil die Firmen zu viel undzu häufig Desinfektionsmittel in diePläne hineinschreiben. Einen eige-nen selbst verfassten Hygieneplanbraucht man allerdings schon. Dasist Teil des Qualitätsmanagements.

Bring es etwas, wenn die Mitgliederdes Teams sich gegenseitig bei der Ein-haltung der Hygiene beobachten?

Das kann nicht schaden, wenndas in einer kollegialen und freund-schaftlichen Art abläuft, was ja in denKinder- und Jugendarztpraxen eherder Fall ist. Wenn ein Mitglied desTeams sich nicht die Hände wäschtoder desinfiziert, dann muss man esallerdings zur Rede stellen.

Händedesinfektion vor und nachPatientenkontakt, beim Umgang mitinfektiösen Materialien, muss an ers-ter Stelle stehen. Sollen wir ganz aufdas Händeschütteln verzichten?

Ich würde überhaupt auf dasHändeschütteln verzichten. InDeutschland ist das aber kaumdurchzuführen. Es wird als asozialangesehen. Es gibt Kliniken hierzu-lande, die verbieten das Hände-schütteln. Das würde ich einführen.

Kontrovers wird das Spielzeug inder Arztpraxis diskutiert. Kinderbrauchen aber Spielzeug. Wie häufigund wie soll es desinfiziert werden?Und welches Spielzeug sollte man ausHygienegründen eher erst gar nichtanschaffen?

Ich würde in der Praxis über-haupt keine Stofftiere anschaffen,weil sie viel zu schlecht zu reinigenund zu desinfizieren sind. Ich würdenur hitzeresistente Plastik-Spielsa-chen (oder mit Umwelt- freundli-chem Lack versehenes Holzspiel-zeug) anschaffen und dieses mindes-tens einmal in der Woche in der Ge-schirrspülmaschine bei 40 bis 60Grad reinigen - wenn es sehr inten-siv benutzt wird, eben häufiger.

Sollen infektiöse Patienten über-haupt in Wartezimmern herumhus-ten?

Sollen sie nicht! Wunderbar wäre,wenn man sich ein infektiöses undein nicht infektiöses Wartezimmerleisten kann. Gute Organisation derTerminsprechstunde zur Verkür-zung der Kontaktzeiten im Warte-zimmer oder sofortiges Hineinset-zen in ein Zimmer sind weitere Op-tionen.

Ist die Benutzung eines Mund-schutzes für Arzt und MFA bei husten-den Kindern von Bedeutung?

Mundschutz ist für das Personalzum eigenen Schutz sinnvoll, das an-

Hygiene in der pädiatrischen Praxis:„Die Praxis ist doch wie das normale Leben...“

Nur eigene Stofftiere sind in der Praxis erlaubt. © Ilike – Fotolia.com

Prof. Dr. Franz Dieter Daschner, ehemaliger Direktor des Instituts für Umweltmedizin

und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Freiburg, ist einer der profiliertesten

deutschen Wissenschaftler für Hygiene. Er hat sich in München im Fach Kinderheilkunde

habilitiert. Im Gespräch mit unserer Zeitschrift tritt er für ein vernünftiges und umwelt-

verträgliches Maß an Hygiene ein.

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schließende Hände- Desinfizierenist aber viel wichtiger, weil die meis-ten respiratorischen Infektionenüber die Hände übertragen werden.

Müssen Türklinken nach jedemPatientenkontakt desinfiziert werden?

Das ist unsinnig. Das ist einetheoretische Vorstellung, die nichtzu realisieren ist.

Wie häufig müssen Stethoskope,Tastatur und Kugelschreiber desinfi-ziert und gereinigt werden?

Nach der Untersuchung eineshustenden und infektiösen Kindeswird das Stethoskop vorne amSchallkopf mit einem Desinfektions-mittel abgerieben. Tastatur und Ku-gelschreiber müssen nicht desinfi-ziert werden.

In vielen Arztpraxen werden Lie-gen mit einer Papierrolle bedeckt. Dasverursacht erhebliche Ausgaben undgroße Mengen Papiermüll.

Das hat eher was mit Psyche zutun als mit Hygiene. Im Hotel oder inder Straßenbahn wird auch nichtimmer mit Papier bedeckt, wo mansich mit dem Popo hinsetzt. Etwasanderes ist es bei Kindern mitDurchfall oder mit blutenden, näs-senden Wunden. Man muss die Pra-

xis eben vergleichen mit dem nor-malen Leben.

Müssen zur Fadenentfernung ste-rile, desinfizierte oder gesäuberte In-strumente verwendet werden?

Zur Fadenentfernung brauchtman eigentlich eine sterile Pinzetteund eine sterile Schere.Es gibt eineAlternative, wenn kein Sterilisator inder Praxis ist: Die Instrumente kön-nen in der Geschirrspülmaschine ge-reinigt und in einem sauberen Be-hälter aufbewahrt werden. Vor derBenutzung wird die Spitze dann mitAlkohol desinfiziert. Einmalmate-rialien braucht man dazu nicht.

Wo können darüber hinaus Ein-sparungen in der Hygiene zur besserenUmweltverträglichkeit gemacht wer-den?

Möglichst wenig umweltschädli-che Desinfektionsmittel, wenn über-haupt möglichst alkoholische Mittelund weniger Aldehyd-haltige Mittel(verursachen Allergien) und mög-lichst wenig Einmalmaterial.

Eine letzte Frage, die viele Elternund daher auch Kinder- und Jugend-ärzten beschäftigt. Sie haben zur Ein-dämmung von Salmonellen- undCampylobacter-Infektionen Stellunggenommen und befürworten, dass

Hühnchen auch hierzulande mitChlor behandelt werden, wie es in denUSA üblich ist?

Das ist ein Missverständnis. Ichwende mich vorrangig gegen dieMassentierhaltung und den Antibio-tikamissbrauch hierzulande, die dieSalmonellen-Belastung begünstigt.Die Behandlung von Schlacht-Ge-flügel mit Chlor ist nur die allerletzteMöglichkeit. Bei vernünftiger Auf-zucht kommt es nicht zur Salmonel-lenbelastung. Bei Chlorhühnchenbesteht allerdings keine Gefahr fürden Menschen.

Herr Prof. Daschner, wir dankenIhnen für dieses Gespräch.

Die Fragen stellte

Gottfried Huss

79618 Rheinfelden

E-Mail: [email protected]

Vertiefende Literatur:

Franz Daschner, Markus Dettenkofer, UweFrank, Praktische Krankenhaushygieneund Umweltschutz Springer Verlag 2006Kapitel Neonatologie und Pädiatrie

American Academy of Pediatrics, Commit-tee on infectious diseases. Infection pre-vention and control in pediatricambula-tory settings. Pediatrics 2007;120:650-655

Canadian Paediatric Society: Infectioncon-trol in paediatricoffice settings. PaediatrChild HealthVol 13 No 5 May/June 2008:408-419

Red: ReH

Forum

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

470

Die Gesundheit von Kindernhängt auch von den Umweltbe-dingungen ab, unter denen sie le-ben. Kinder-und Jugendärztesollten wissen, was sie rauchen-den Eltern erklären, wie sie Fra-gen zu Feinstaub auf der Straße,Schimmelsporen in der Woh-nung, Nutzen und Schaden vonKosmetika und von Sonnenstrah-len beantworten. Der BVKJ hatals Argumentationshilfe nun eineSchwerpunktbroschüre erstellt,

die unter dem Motto „GesundeUmwelt - ein Grundrecht für Kin-der und Jugendliche" alle Fragenrund um das Thema beantwortet.

Die Broschüre wird per Postim September an alle aktiven nie-dergelassenen Kinder- und Ju-gendärzte gesendet. Alle Nicht-Aktiven und Assistenzärzte kön-nen das Heft bei Bedarf als PDFoder Druckexemplar bei der Ge-schäftsstelle bestellen.

ReH

Eine gesunde Umwelt für Kinder - BVKJ-Broschüre gibt Tipps

Berufsverband derKinder- und Jugendärzte e. V.

Schwerpunktthema 2014: Gesunde Umwelt – ein Grundrechtfür Kinder und Jugendliche

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Forum

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

472

Seit 1970 hat sich die Zahl der Kinderpro Frau nahezu halbiert. Eine Frau be-kommt heute im weltweiten Durchschnitt2,5 Kinder – das sind 2,2 Kinder wenigerals 1970. Allerdings sind die regionalenUnterschiede groß. Das geht aus demneuen Datenreport der Stiftung Weltbe-völkerung hervor.

Eine Frau bekommt heute im weltwei-ten Durchschnitt 2,5 Kinder – das sind 2,2Kinder weniger als 1970. Gleichzeitigüberleben mehr Säuglinge das erste Le-bensjahr: Mit 38 Säuglingen pro 1.000 Le-bendgeborene sterben nicht einmal halbso viele Kinder wie 1970 (89 pro 1.000 Le-bendgeborene). Das geht aus dem Daten-

report 2014 hervor, den die Stiftung Welt-bevölkerung am 12. August veröffent-lichte. Die Publikation liefert neueste de-mografische, sozioökonomische und Ge-sundheitsdaten für alle Länder und Regio-nen der Welt.

„Die sinkende Fertilität zeigt, dassheute mehr Frauen selbst bestimmenkönnen, wann und wie viele Kinder sie be-kommen“, so Renate Bähr, Geschäftsfüh-rerin der Stiftung Weltbevölkerung. „Auchdie sinkende Säuglingssterblichkeit istüberaus erfreulich. Diese positiven Ent-wicklungen belegen, dass sich Investitio-nen in Bildung, in die Gesundheitsversor-gung und in Aufklärung auszahlen.“

Große regionale UnterschiedeImmer noch bestehen jedoch große re-

gionale Unterschiede – etwa bei der Ferti-lität. Während eine Frau in Europa heutenur noch durchschnittlich 1,6 Kinder be-kommt (1970: 2,3), sind es in Asien 2,2(1970: 5,4) und in Afrika 4,7 Kinder (1970:6,7). „Noch immer kann in Entwicklungs-

ländern jede vierte Frau nicht verhüten,obwohl sie das gerne möchte“, so Bähr. „Je-des Jahr kommt es dadurch zu 80 Millio-nen ungewollten Schwangerschaften. DasRecht auf freiwillige Familienplanungmuss endlich für alle Menschen umgesetztwerden – unabhängig davon, wo sie le-ben.“

Daten zur menschlichen Entwicklung

Neben Daten zur Fertilität und zurSäuglingssterblichkeit bietet der Datenre-port weitere wichtige Indikatoren zurmenschlichen Entwicklung – von der Le-benserwartung über das Bruttonational-einkommen bis zum CO2-Ausstoß. Ersteht auf der Internetseite der StiftungWeltbevölkerung kostenlos zumDownload zur Verfügung. Die Daten las-sen sich auch bequem über die Online-Länderdatenbank abrufen.

http://www.weltbevoelkerung.de

Red.: ReH

Neuer Datenreport: Zahl der Kinder pro Frau deutlich weniger

Vor rund 25 Jahren istin Nordrhein-Westfalender letzte Familienbe-richt erschienen. In die-ser Zeit haben sich dasVerständnis und die Le-benssituation von undfür Familien so grundle-gend verändert, wie wohlkaum jemals zuvor. Viel-fältige Familienkonstel-lationen – verheiratet,unverheiratet, alleiner-ziehend, Patchwork,Klein- oder Großfamilie,mit oder ohne Migrati-onshintergrund – sowieunterschiedliche Lebensmodelle und -vor-stellungen gehören mittlerweile zu unse-rem Alltag. Deshalb plant das Land NRWeine aktuelle Bestandsaufnahme.

Der Familienbericht soll im Herbst2015 veröffentlicht werden. Dabei werdendie Stellungnahmen der nordrhein-west-fälischen Familien selbst einen zentralenSchwerpunkt des Berichts bilden.

„Uns ist es wichtig, am Ende nicht nur

eine wissenschaftliche Abhandlung überFamilien in der Hand zu halten. Keine Stu-die der Welt kann ein direktes Feedback er-setzen. Deshalb wollen wir die Familien zuMitautoren des Berichts machen. Wir be-treten damit Neuland. Die Beteiligung vonFamilien werden über Workshops, eine re-präsentative Umfrage und das Internet-portal www.familienbericht-nrw.de er-möglicht. Alle Familien in Nordrhein-

Westfalen sind eingeladen,auf diesem Weg auch on-line ihre Anliegen an dieLandesregierung heran-zutragen“, erklärte die Mi-nisterin bei der Vorstel-lung des Projekts am 14.August in Düsseldorf.

Der Familienberichtwird insgesamt aus dreiTeilen bestehen: einerSachstandserhebung mitStudien, Statistiken, Zah-len, Daten und Fakten zurLage der Familien inNRW, den Stellungnah-men der Familien selbst

sowie Handlungsoptionen, die Eckpunkteeiner zukünftigen Familienpolitik formu-lieren.

Die Erstellung des Familienberichteswird von einem Beirat mit wissenschaftli-cher Expertise begleitet.Weitere Informationen:

www.familienbericht-nrw.de

Red: ReH

NRW-Familienministerin Schäfer will für Familienbericht 2015 Familien als Mitautoren

Was mögen sie wohl sagen zur NRW-Familienpolitik?Foto: © Kzenon – Fotolia.com

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Forum

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

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Das Bundesministerium für Gesund-heit (BMG) hat bundesweit ein Hilfspro-gramm für Familien aufgelegt, in denenJugendliche mit problematischer Compu-ternutzung leben. Aktuelle internationaleStudien, die vorwiegend Jugendliche be-fragten, stufen nach Angaben des BMGzwischen 1,6 und 8,2 Prozent der Internet-nutzer als "abhängig" ein.

Die vom Bundesministerium für Ge-sundheit seit Ende 2010 geförderte reprä-sentative Studie „Prävalenz der Internet-abhängigkeit (PINTA)“ der UniversitätLübeck und der Universität Greifswald be-ziffert zum ersten Mal die Häufigkeit derInternetabhängigkeit in Deutschland.Etwa ein Prozent der 14- bis 64-jährigen inDeutschland werden demnach als inter-netabhängig eingestuft. 4,6 % der 14- bis64-Jährigen werden als problematische In-ternetnutzer angesehen. In der Regel sindJugendliche und junge Erwachsene häufi-ger betroffen. In der Altersgruppe der 14-bis 24-Jährigen ist die Verbreitung amgrößten: 2,4 Prozent abhängige und 13,6Prozent problematische Internetnutzer.

Studie PINTA- DIARIZur weiteren Festigung der Zahlen hat

das Bundesministerium für Gesundheitdie Folgestudie "Prävalenz der Internetab-hängigkeit – Diagnostik und Risikoprofile(PINTA-Diari) gefördert. Die Studie hatdie ersten Schätzungen bestätigt herausge-funden: Während abhängiges Computer-spielen primär bei Männern anzutreffenist, sind Frauen eher von der Nutzung So-zialer Netzwerke abhängig.

Modellprojekt ESCapadeVon 2010 bis Ende 2012 förderte das

BMG das Modellprojekt „ESCapade - Fa-milienorientierte Intervention bei proble-matischer Computernutzung“ der Dro-genhilfe Köln. ESCapade wendet sich anFamilien mit jugendlichen Kindern mitexzessiver Computernutzung mit demZiel, durch eine familienbezogene Stress-reduktion und Regelimplementierungeine Internetabhängigkeit zu vermeiden.Das Programm wurde an fünf Standortenin Deutschland (Berlin, Freising, Lörrach,Köln und Schwerin) umgesetzt und wis-senschaftlich begleitet. Die Projektleitungund -koordination lag bei der Fachstellefür Suchtprävention der Drogenhilfe KölngGmbH; die wissenschaftliche Begleitung

und Wirksamkeitsüberprüfung erfolgtedurch das Deutsche Institut für Sucht- undPräventionsforschung (DISuP) der Katho-lischen Hochschule NRW (KatHO Köln).

ESCapade hat sich als geeignetes underfolgreiches Präventionsprogramm er-wiesen. Die Ergebnisse der wissenschaftli-chen Begleitung zeigen, dass sich durch dieTeilnahme am Programm sowohl die Si-tuation der Jugendlichen als auch der Fa-miliensysteme positiv verändert hat.

Das Bundesministerium für Gesund-heit hat die Drogenhilfe Köln beim Trans-fer von ESCapade in acht Bundesländerseit dem Frühjahr 2013 unterstützt.

Red: ReH

Computerspiele- und Internetsucht

Foto: © klickerminth – Fotolia.com

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Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

474

EinleitungDie muskuläre Hypotonie im ersten Lebensjahr ist das

klinische Kennzeichen des „floppy infant“-Syndromsoder des hypotonen Säuglings. Es besteht aus drei klini-schen Symptomen: pathologisches Haltungsmuster(Froschhaltung der Beine, Henkelstellung der Arme),häufig abnorme Gelenkbeweglichkeit sowie verminderterWiderstand gegen passive Bewegungen. In der Beurtei-lung eines hypotonen Säuglings in der klinischen Praxisist die Berücksichtigung aller klinischen und anamnesti-schen Merkmale, nicht nur der muskulären Hypotonie,entscheidend für die Einleitung der weiteren diagnosti-schen Schritte und die Diagnosestellung. Abhängig vonder Schädigungsebene wird zwischen der neuromuskulä-ren und zentralnervösen/metabolischen Ursache unter-schieden. Auch die zeitliche Abfolge der klinischen Symp-tome, das Vorhandensein zusätzlicher Merkmale („floppyinfant“ plus: Dysmorphiezeichen, respiratorische Symp-tome, Verschlechterung/Besserung der klinischen Be-funde im Verlauf, Krampfanfälle, Anlagestörung der Or-gane) sind von großer Bedeutung in der Differenzialdiag-nose des „floppy infant“ – Syndroms. Eine Diagnosestel-lung ist durch nicht-invasive Maßnahmen (DNA-Ana-lyse, Chromosomenanalyse) bei bestimmten Erkrankun-gen wie der spinalen Muskelatrophie (SMA), des Prader-Willi-Syndroms (PWS), des Down Syndroms und dermyotonen Dystrophie (DM1) möglich – hier ist das ent-scheidende, spezifische klinische und anamnestischeMerkmal dieser Erkrankungen zu erkennen, um eine auf-wendige und teilweise sehr kostspielige Diagnostik zu ver-meiden. Bei isolierter muskulärer Hypotonie ohne Mus-kelschwäche mit stetigen Entwicklungsfortschritten undohne weiteren klinischen und anamnestischen Auffällig-keiten ist ein abwartendes Verhalten möglich, wenn die„Warnsignale“, die Indikatoren für eine frühzeitige wei-tergehende neuropädiatrische Diagnostik, rechtzeitig er-kannt werden, um eine symptomatische, selten auch me-dikamentöse Therapie zeitnah einzuleiten.

Klinische UntersuchungIm Rahmen der klinischen Untersuchung sollen

mehrere Faktoren berücksichtig werden: Es ist wichtig,zwischen einem reduzierten Muskeltonus mit oder ohneKraftminderung zu unterscheiden. Diese ist im Säug-lingsalter durch die Lagereaktionen, die Beobachtungder Spontanmotorik und den passiven Muskeltonusfeststellbar. Um eine Fehlinterpretation zu vermeiden(z.B. intensivpflichtige, kranke Säuglinge, Einfluss derSedierung) bzw. mögliche Schwankungen der Muskel-kraft und des Muskeltonus im Laufe des Tages nicht zuübersehen, sollten wiederholte Untersuchungen ange-

Der hypotone Säugling („floppy infant“ - Syndrom) – was hilft zur richtigen Diagnose?

Dr. med. univ. Adela Della Marina¹

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Christen²

Prof. Dr. med. Ulrike Schara¹

1 Neuropädiatrie,Entwicklungsneuro-

logie und Sozialpä-diatrie, Zentrum für

Kinder- und Jugend-medizin, Universi-tätsklinikum Essen

2 Neuropädiatrie,Kinder- und Jugend-krankenhaus auf der

Bult, Hannover

strebt werden. Zusätzlich sollte zwischen einer motori-schen, mentalen oder kombinierten Entwicklungsstö-rung/-verzögerung differenziert werden. In der Beurtei-lung der (psycho)motorischen Entwicklung im erstenLebensjahr und zur genaueren Quantifizierung des aktu-ellen Entwicklungsstandes sind standardisierte Tests(Münchener Funktionelle Entwicklungsdiagnostik(MFED), Bayley Scales of Infant Development) hilfreich.

Als nächstes sollte beurteilt werden, welche Schädi-gungsebene verantwortlich für das Bild eines „floppy in-fant“ – Syndroms sein könnte. Abhängig von der Lokali-sation der Schädigung/Störung können zwei großeGruppen der Erkrankungen unterschieden werden:1. „Zentrale Hypotonie“: Erkrankungen/Störungen im

ZNS (Gehirn und Rückenmark); zu dieser Gruppe ge-hören auch syndromale Erkrankungen wie z.B. Prader-Willi-Syndrom.

2. „Periphere Hypotonie“: Erkrankungen/Schädigungauf der Ebene der motorischen Einheit, im Folgendenneuromuskulären Erkrankungen (alpha-Motoneu-ron, peripherer Nerv, neuromuskuläre Endplatte,Muskel). Hypoxische oder haemorrhagische Schädigungen des

Gehirnes stellen die größte Gruppe der Patienten mitzentraler Hypotonie dar; in der Gruppe mit periphererHypotonie sind die SMA und die DM1 am häufigstenvertreten (8,12). Die häufigste syndromale Erkrankung,die mit einer zentralen Hypotonie einhergeht, ist dasDown Syndrom (1,8).

Abhängig von der Schädigungsebene zeigen Säuglinge„spezifische Symptombilder“, die dem Untersuchendenhelfen, eine weiterführende diagnostische Abklärungeinzuleiten (Abb. 1).

Abb.1: Säugling mit deutlicher muskulärer Hypo-tonie und Schwäche, beim Hochziehen fehlendeKopfkontrolle

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Fortbildung

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475

Mögliche Diagnosen bei „floppyinfant“ - Syndrom

1. Zentrale Schädigung – mögliche Ursachen

Hypoxisch-ischämische Enzephalopathie

Hierbei handelt es sich um die häufigste Ursache des„floppy infant“ – Syndroms (4, 8). Ein initial reduzierterMuskeltonus ist nicht selten von einer Vigilanzminde-rung begleitet, sodass das klinische Bild dem der neuro-muskulären Erkrankungen wie z.B. der kongenitalenmyotonen Dystrophie oder der SMA Typ I (hier keine Vi-gilanzminderung!) ähnlich sein kann. Im Verlauf der ers-ten Lebensjahre entwickeln sich Pyramidenbahnzeichenmit gesteigerten Muskeleigenreflexen und einem erhöh-ten Muskeltonus (spastische oder dyskinetische Zere-bralparese). In der Anamnese zeigen sich oft Hinweiseauf eine prä- und peripartale Schädigung. Die bildge-bende Diagnostik (Kernspintomographie des Schädels)ist wichtig bei der Abklärung der zugrundeliegendenÄtiologie. Diese soll unmittelbar postpartal, im Laufe derersten Woche, mit Diffusionssequenzen (bei Frage nachhypoxischer Schädigung) erfolgen (15). Die Ultraschall-untersuchung ist als eine schnelle Methode sehr sensitivin Bezug auf Blutungen, eine hämorrhagische Infarzie-rung oder eine multizystische Enzephalopathie.

Metabolisch-toxische Enzephalopathie

Diese hypotonen Säuglinge zeigen häufig einen zuerstunauffälligen postpartalen Verlauf, und dann eine sekun-däre, meist sepsisähnliche Verschlechterung in den erstenTagen (Aminoazidopathien, Organoazidopathien, Stö-rungen der Fettsäurenoxidation, Mitochondriopathien)oder Wochen (Störungen in der Neurotransmission). ImVerlauf entwickeln sich eine zunehmende Vigilanzmin-derung, Lethargie, respiratorische Symptome (bis zur re-spiratorischen Insuffizienz) und epileptische Anfälle.Häufig ist ein burst-suppression-Muster im Elektroenze-phalogramm (EEG) nachweisbar. Ein klinisch wegwei-sendes Merkmal sind abnorme Bewegungen der unte-ren Extremitäten, sog. „boxing /pedaling movements“oder „rudernde“ Bewegungen der oberen Extremitä-ten. Bei diesem klinischen Bild ist dringend eine weiteremetabolische Abklärung mit Bestimmung des Blutzu-cker-, Ammoniak- und Laktat-Wertes, der Blutgasana-lyse und die Berechnung der Anionenlücke angezeigt.Abhängig davon ist die weitere metabolische Diagnostik,wie Bestimmung der organischen Säuren im Urin, derAminosäuren im Plasma/Liquor, Acylcarnitine und derNeurotransmitter im Liquor.

Multisystemerkrankungen mit oder ohne Enzephalopa-thie

Zusätzlich zur muskulären Hypotonie zeigt sich beidieser Gruppe der Erkrankungen eine klinische Progre-dienz der Symptome, eine Epilepsie und auch eine Betei-ligung anderer Organe (z.B. Hepatopathie, Veränderun-gen an Augen und Nieren, Gerinnungsstörung, periphereNeuropathie). In diese Gruppe gehören Peroxisomener-krankungen (Zellweger-Syndrom), lysosomale Erkran-

kungen (Morbus Niemann-Pick), aber auch die Gruppemit Congenital Disorders of Glycosylation (CDG-Syn-drome) und Cholesterolsynthese-Störung (Smith-Lemli-Opitz-Syndrom). Die Diagnostik ist hier abhängig vomklinischen Verdacht, z.B. beim Zellweger-Syndrom Be-stimmung der überlangkettigen Fettsäuren und Plasmi-nogene, beim CDG-Syndrom isoelektische Fokussierungvon Transferrin und beim Smith-Lemli-Opitz-Syndromdie Bestimmung des 7- und 8-Dehydrocholesterols.Prader-Willi-Syndrom (PWS) als Beispiel für eine syn-dromale Erkrankung

Eine der häufigsten Differenzialdiagnosen des„floppy-infant“ – Syndroms mit Trinkschwäche ist ne-ben der hypotonen Zerebralparese das Prader-Willi-Syn-drom (PWS). Diese Säuglinge zeigen die ersten Auffällig-keiten unmittelbar postpartal mit einer rumpfbetontenmuskulären Hypotonie, schlecht auslösbaren Muskelei-genreflexen, wenigen Spontanbewegungen (Hypokine-sie), Trinkschwäche und Dystrophie. Die Dysmorphiezei-chen im Gesicht sind sehr variabel (mandelförmige Au-gen, Strabismus, schmale, zeltförmige Oberlippe), häufighaben die Patienten kleine Hände und Füße. Meist bestehtein Hypogonadismus: weibliche Säuglinge haben hypo-plastische kleine Schamlippen und eine hypoplastischeKlitoris, die Jungen haben ein hypoplastisches Skrotumund einen Kryptorchismus (21). Intrauterin werden ver-minderte Kindesbewegungen sowie ein Polyhydramnionbeschrieben; 20-30% der Kinder sind Frühgeborene (2).Aufgrund der axialen Muskelschwäche ist meist eine Son-denernährung in den ersten Lebensmonaten erforderlich;eine respiratorische Insuffizienz ist nicht vorhanden. ImVerlauf der ersten Monate werden die Säuglinge deutlichwacher, die motorische Entwicklungsmeilensteine wer-den verzögert erreicht, eine milde muskuläre Hypotoniebleibt lebenslang bestehen. Es besteht eine milde mentaleBehinderung (Durchschnitt IQ 60-70, ca. 40% haben eineniedrig normale Intelligenz), häufig mit Verhaltensauffäl-ligkeiten, einem Wachstumshormonmangel (Klein-wuchs), Hyperphagie und Adipositas (ab 1. – 2. Lebens-jahr). In der Diagnostik ist heute die Untersuchung mit-tels Methylisierungsanalyse Standard. In über 99% derFälle besteht eine Methylisierungsstörung am SNRPN-Lokus (2). Genetisch sind eine Mikrodeletion und Epimu-tation (Imprinting Defekte) an 15q11.2-q13 auf dem pa-ternalen Chromosom oder eine maternale uniparenteraleDisomie (UPD) nachweisbar, selten ist die Deletion durcheine chromosomale Translokation bedingt (2). Eine früheDiagnose ist wichtig für eine multidisziplinäre Therapie,die eine frühe Wachstumshormon–Gabe und strenge diä-tetische Maßnahmen beinhaltet.

2. Schädigung/Störung im Bereich dermotorischen Einheit

a. Schädigung des Motoneurons

Spinale Muskelatrophie Typ I (Werdnig - Hoffmann)Diese autosomal-rezessive Erkrankung imponiert in

der zweitschwersten Ausprägung (Typ I) mit einer gene-ralisierten muskulären Hypotonie mit Muskelschwäche,

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Areflexie, Zwerchfellatmung und Zungenfaszikulationenbei mental „sehr wach“ wirkenden Neugeborenen/Säug-lingen (Abb.2). Häufig ist im EKG ein Tremor der isoelek-trischen Linie zu beobachten. In der Regel ist keine pri-

märe respiratorische Insuffizienz vorhanden; diese kannsich aber im Verlauf der ersten Wochen/Monate spontanoder im Rahmen von respiratorischen Infekten entwi-ckeln. Dann ist nicht selten auch die respiratorische Un-terstützung bis zur Beatmung notwendig, was ethischaufgrund der schlechten Prognose (50% der Patientenversterben bis zum 7. Lebensmonat, 100% bis zum 30.Lebensmonat) eine sehr kritische Situation darstellt (16,22). Die spinale Muskelatrophie (SMA) Typ 0 unterschei-det sich vom SMA Typ I durch eine primäre respiratori-sche Insuffizienz, Gelenkskontrakturen (Arthrogryposismultiplex) und einen rasch progre-dienten Verlauf im Laufe der ersten 2Monate. Die klinischen Symptomesind bedingt durch den progredien-ten Untergang der Vorderhornzellenim Rückenmark. Ursächlich liegenMutationen im telSMN-Gen(SMN1-Gen) auf Chromosom 5q13vor, die Anzahl der Kopien desSMN2-Gens ist häufig mit dem klini-schen Phänotyp assoziiert – ein voll-ständiges Fehlen der Kopien resul-tiert im intrauterinen Tod (16, 22).

Eine wichtige Differenzialdiag-nose ist SMA mit respiratorischer In-suffizienz (Zwerchfellhochstand)und distalen Atrophien (SMARD).Sie ist bedingt durch Mutationen imImmunglobulin-μ bindenden Pro-tein-2 (IGHMP2) - Gen auf Chromo-som 11q (16).

b. Gruppe der kongenitalen Muskelerkrankungen

Die kongenitalen hereditären Muskelerkrankungenumfassen angeborene und erworbene Funktions-, Stoff-wechsel- und Strukturveränderungen der Skelettmusku-latur. Zur Gruppe der hereditären Muskelerkrankungenzählen: kongenitale Strukturmyopathien, Muskeldystro-phien, die myotonische Muskeldystrophie, Ionenkanal-erkrankungen und metabolische Myopathien.

Kongenitale Myopathien

Hierbei handelt sich um eine Gruppe von Muskeler-krankungen mit früher Manifestation einer muskulärenHypotonie und Schwäche mit Fazies myopathica, Trink-schwäche und Augemuskelbeteiligung (Ophthalmople-gie) mit oder ohne Ptosis. Respiratorische und bulbäreSymptome sind möglich, die mentale Entwicklungscheint normal. Der Verlauf ist häufig langsam progre-dient. Der Kreatinkinase-Wert (CK-Wert) ist normaloder leicht erhöht. Die häufigste kongenitale Myopa-thie stellt die Nemaline-Myopathie mit einer Inzidenzvon 0,02 auf 1000 Lebendgeborene dar (10, 16). Der Erb-gang ist autosomal-rezessiv oder -dominant; sporadischeFälle wurden ebenfalls beschrieben. Bisher sind 8 Geneidentifiziert: α-Tropomyosin (TPM3), Nebulin (NEB),ACTA1, β-Tropomyosin (TPM2), Muskel Troponin T1(TNNT1), Muskel Cofilin 2 (CFL2), Muskel Ubiquitin li-gase (KBTBD13) und kelch-like Familie Nummer 40(KLHL40) (10). Weitere seltene Formen der kongenita-len Myopathien sind: zentronukläre Myopathie, central-core Myopathie, multi-minicore Myopathie, Myopathiemit Fasertypendisproportion und Myopathie mit hyali-nen Körperchen. Die Diagnosestellung erfolgt mittels derMuskelbiopsie mit histologischen (z.B. bei myotubulärerMyopathie) und elektronenmikroskopischen Untersu-chungen (z.B. bei Nemaline-Myopathie); abhängig da-von ist eine weitere molekulargenetische Abklärung -hier verweisen wir auf Übersicht in Gene table 2014 (7).

Abb.2: Säugling mit Spinaler MuskelatrophieTyp I. Froschhaltung der Beine, keine Hebunggegen die Schwerkraft. Aufgrund der Trink-schwierigkeiten Versorgung mit einer PEG (per-kutane endoskopische Gastrostomie) -Sonde.

Abb.3: Patientin mit myotubulärer Myopathie. Langförmiges,hypomimes Gesicht, zeltförmiger Mund, Ptosis (hier nicht zu se-hen). Beim Hochziehen ist eine Beugung der Beine zu beobach-ten, deutlich schlechtere Kopfkontrolle. High-Flow-Unterstüt-zung bei respiratorischer Insuffizienz, Magensonde bei Schluck-schwierigkeiten.

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Das klinische Bild kann dem Bild einer kongenitalenMuskeldystrophie (hier CK meist deutlicher erhöht),kongenitalen myotonen Dystrophie oder eines konge-nitalen myasthenen Syndroms ähneln (Abb. 3). Kongenitale Muskeldystrophien

Kongenitale Muskeldystrophien (CMD) stellen eineheterogene Gruppe mit autosomal-rezessivem Erb-gang, selten autosomal-dominantem Erbgang (Kolla-gen VI-Defizienz) dar (9, 17). Das Manifestationsalterliegt in der Regel in der Neonatalzeit oder innerhalb derersten 6 Lebensmonate, der Verlauf ist langsam progre-dient. Ursächlich sind unterschiedliche Gen-Verände-rungen auf verschiedenen Chromosomen bekannt, diezu einer Störung verschiedener Komponenten der ex-trazellulären Matrix, der transmembranösen Protein-komplexe (z.B. Laminin 2-Defizienz) oder der Pro-teine, die bei der O-Glykosylierung wichtig sind ( -Dystroglykanopathien) führen (17). Säuglinge zeigeneine generalisierte Muskelschwäche und -hypotonie,häufig sekundäre Gelenkkontrakturen, kardiale Betei-ligung, MRT-Veränderungen (Anlagestörung, Myeli-nisierungsstörung), Katarakte und cerebrale Krampf-anfälle. Anamnestisch können schon die fetalen Bewe-gungen vermindert sein. Laborchemisch ist der CK-Wertin der Regel erhöht (häufig >1000 U/l), die Muskelbiop-sie zeigt in der Histologie dystrophe Veränderungen. Ent-scheidend für die Diagnose sind die Immunhistologieund Western-Blot - Untersuchungen, evtl. auch die Elek-tronenmikroskopie. Die häufigsten Formen stellen Kol-lagen VI-Defizienz und Laminin 2-Defizienz(MDC1A) dar (9). Der molekulargenetische Mutations-nachweis ist derzeit bei Nutzung aller Möglichkeiten beica. 50% der kongenitalen Muskeldystrophien möglich.Myotone Dystrophie Curschmann-Steinert (DM1)

Diese autosomal-dominante Erkrankung zeigt bei derkongenitalen Form ein Bild mit schwerer muskulärer Hy-potonie und Schwäche, fazialer Hypomimie, Areflexieund bulbärer Symptomatik. Häufig haben NeugeboreneKlumpfüße und eine primäre respiratorische Insuffi-zienz, die in den ersten Lebensmonaten persistierenkann. Selten ist die Versorgung mit einem Tracheostomanotwendig. Der CK-Wert kann normal bzw. leicht erhöhtsein. Entscheidend für die Diagnosestellung ist die Un-tersuchung der Mutter, bei der eine Greifmyotonie(mehrmaliger fester Faustschluss nachfolgend von einerschnellen Handöffnung) und Perkussionsmyotonie (un-tersucht an Kennmuskeln: Musculus (M.) deltoideus, M.biceps brachii, Thenar, M. tibialis anterior), häufig aucheine milde bis moderate allgemeine Muskelschwächenachzuweisen sind. Typischerweise berichten die betrof-fenen Mütter über eine Verschlechterung der Symptomebei niedrigen Außentemperaturen (Winter). Im Weite-ren zeigen Mütter auch eine unterschiedlich ausgeprägtefaziale Hypomimie und einen hohen Haaransatz sowieeine Katarakt; ein ausgeprägtes Schlafbedürfnis, Innen-ohrschwerhörigkeit und Diabetes mellitus Typ II sindmöglich. Auch beim Fehlen einer Myotonie bei der klini-schen Untersuchung der Mutter und richtungsweisen-dem Phänotyp (der Mutter und des Neugeborenen) soll

bei der Mutter ein Elektromyogramm mit der Frage nachmyotonen Serienentladungen durchgeführt werden. Beider DM1 liegt eine Mutation im DM-Proteinkinase-Gen(DMPK) auf Chromosom 19q13.2-13.3 vor. Mutationenführen zu einer Expansion instabiler CTG-Repeats, dievon einer Generation auf die nächste zunehmen (Prinzipder Antizipation) (13). Bei der maternalen Vererbungkommt es zu einer ausgeprägten Längenzunahme der Re-peats, was zu einem schweren Krankheitsbild mit ausge-prägter muskulärer Hypotonie (kongenitale Form derDM1) führt. Differenzialdiagnostisch muss in diesemFall eine X-chromosomal rezessive myotubuläre Myopa-thie in Betracht gezogen werden, bei der die Mütter in derRegel klinisch gesund sind. Die Diagnosestellung erfolgtbei letzterer durch die Muskelbiopsie (zentral lokalisierteKerne in den Muskelzellen); im Anschluss kann die ge-zielte Analyse im Myotubularin-Gen (MTM1) auf Chro-mosom Xp28 die Diagnose sichern (16).

Metabolische Myopathien (Mitochondriopathien)

Diese klinisch sehr heterogene Gruppe zeigt bei derpostnatalen Manifestation ein breites Symptomenspek-trum: von Säuglingen mit schwerer muskulärer Hypoto-nie und Schwäche, Enzephalopathie und respiratorischerInsuffizienz bis zu Kindern mit leichter Hypotonie undEntwicklungsverzögerung. Mitochondriopathien führenzu einer verminderten oxidativen Phosphorylierung unddamit zur verminderten mitochondrialen ATP-Produk-tion. Betroffen sind vor allem energieabhängige Organewie die Skelettmuskulatur, die Herzmuskulatur, endo-krine Organe, das blutbildende System, Leber, Nieren,Retina. Aus diesem Grund muss an solche Organbeteili-gungen gedacht werden. Häufig kommt es zur krisenhaf-ten Verschlechterung im Rahmen von (fieberhaften) In-fekten oder im Rahmen einer Katabolie mit einem deut-lichen Anstieg des Laktatwertes. CK-Werte sind nicht sel-ten normal. Für die biochemische Diagnostik wird das

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Abb. 4: Patient mit myotoner Dystrophie Curschmann-Steinert:zeltförmiger Mund, Froschhaltung der Beine, keine Ptosis, un-auffällige Augenmotilität (hier nicht zu sehen). Vorstellung we-gen der zunehmenden Trinkschwäche und muskulären Hypoto-nie.

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mitochondrienreiche Muskelgewebe, in zweiter Linie Fi-broblasten bzw. das betroffene Organ (z.B. Leber bei he-patischen Formen der Erkrankung) bevorzugt. Es wirdeine komplette biochemische Analytik mit Messung vonAtmungskettenenzymen inklusive der ATP-Synthaseund des Pyruvatdehydrogenase- Komplex (PDHC)durchgeführt. Abhängig von der Konstellation dieser Be-funde ist der nächste diagnostische Schritt: die Suchenach einer der zahlreichen Mutationen der mitochon-drialen DNA und der nukleären Gene (z.B. POLG-,DGUOK-, MPV17- Gen). Die mitochondriale DNA folgtder maternalen Vererbung, die nukleäre DNA den Men-del´schen Regeln (6, 20).

Differenzialdiagnostisch ist bei der Multiorganbeteili-gung an die Glykogenosen wie Muskelglykogenose Typ II(Morbus Pompe, Mangel an saurer alpha-1,4 - Glukosi-dase) zu denken. Die infantile Form beginnt in den ers-ten Lebensmonaten mit schwerer muskulärer Hypotonieund Schwäche, Kardiomyopathie und Zwerchfellschwä-che mit respiratorischer Insuffizienz. Der CK-Wert kannnormal oder erhöht sein. Die Diagnose erfolgt durch dieMessung der Aktivität der sauren alpha-1,4-Glukosidasein den Lymphozyten (Trockenblutkarte oder Hautbiop-sie), eine molekulargenetische Bestätigung durch Muta-tionsnachweis im GAA-Gen (Acid-Alpha-GlucosidaseGen). Eine Muskelbiopsie (Glykogenanreicherung inden Lysosomen der Muskelzelle) ist nicht zwingend not-wendig. Es besteht die Möglichkeit einer Enzymersatz-therapie (rekombinierte humane alpha-Glucosidase);nach derzeitiger Datenlage hat die Therapie einen primärpositiven Einfluss auf die kardiale Funktion und damitauf das Überleben der Patienten. Der Erfolg der Therapie in Bezug auf die Progredienz der Muskelschwä-che und der respiratorischen Funktion ist allerdings we-niger deutlich (3).

c. Kongenitale myasthene Syndrome Diese klinisch und genetisch heterogenen Erkrankun-

gen sind die Folge einer Störung der neuromuskulärenÜbertragung. Abhängig vom genetisch determiniertenDefekt unterscheidet man präsynaptische Störungen amNervenende, Störungen der muskulären Basallamina as-soziierten Acetylcholinesterase (AChE) und postsynapti-sche Störungen am Muskel. Der Erbgang ist häufig auto-somal–rezessiv, selten autosomal-dominant. Derzeit sind18 genetisch determinierte Defekte an allen Stellen derneuromuskulären Übertragung bekannt (11). Die neo-natale Manifestation geht mit einer muskulären Hypoto-nie, bulbären Symptomen, respiratorischen Insuffizienz,Arthrogryposis multiplex congenita (AMC), Ptosis, ab-normer muskulärer Ermüdbarkeit, fazialer Hypomimieund externer Ophthalmoplegie einher. Okuläre und bul-bäre Symptome können auch fehlen. Intrauterin werdenhäufig verminderte Kindsbewegungen berichtet. Bei Ma-nifestation in der Neonatalzeit ist eine krisenhafte Ver-schlechterung mit Apnoen bei Infekten und nach körper-licher Belastung (bis zur maschinellen Beatmung bei re-spiratorischer Insuffizienz) möglich. Diese können häu-fig als Krampfanfälle fehlinterpretiert werden. Abhängig

von den anamnestischen Daten (Beginn der Symptome,familiäre Häufung, Herkunftsland der Familie), klini-schen und elektrophysiologischen Befunden (repetitiveStimulation vor/nach Belastung, distal/proximal) isthäufig eine direkte Mutationsanalyse möglich (19).

Die Acetylcholin-Rezeptor-Antikörper oder Antikör-per gegen die Muskel-spezifische Rezeptor Kinase sindbei diesen Patienten, im Gegensatz zur konnatalen Formeiner autoimmuninduzierten Myasthenia gravis derMutter, nicht nachweisbar. CK-Werte liegen meistens imNormbereich.

Die klinische Manifestation einer Myasthenie beiNeugeborenen, bedingt durch die mütterlichen Antikör-per bei Frauen mit Myasthenia gravis kann selten zu ei-ner schweren muskulären Hypotonie mit Schluck- undAtembeschwerden führen. Bei richtungsweisendenSymptomen der Mutter (Belastungsintoleranz, Ptosis,bulbäre Symptome, pathologisches Dekrement) undbulbären oder respiratorischen Symptomen bei Neuge-borenen ist die Therapie mit Pyridostigmin, selten Im-munglobulin-Gaben notwendig. In der Zwischenzeit istdiese Komplikation aufgrund einer sehr guten Betreuungund medikamentösen Einstellung der betroffenenSchwangeren selten geworden.

Bei kongenitalen Kontrakturen muss auch an dieGruppe der hereditären Neuropathien gedacht werden.Hier handelt sich um eine Gruppe klinisch, neurophysio-logisch, pathophysiologisch und genetisch heterogenerErkrankungen des peripheren Nervensystems. Die Mani-festation im Säuglingsalter ist bei den demyelinisieren-den Formen mit autosomal-rezessivem Erbgang (HMSNIII, Déjérine-Sottas Krankheit) möglich. Zur Diagnose-stellung ist nach Elektrophysiologie und nervenbiopti-schen Befunden (Nervus suralis) eine gezielte molekular-gentische Untersuchung möglich; diese ist abhängig da-von, ob es sich um eine primär axonale oder primär de-myelinisierende Form der Erkrankung handelt (16).

Diagnostische Maßnahmen beim„floppy infant“ - Syndrom

Durch die Fortschritte in der Diagnostik (insbeson-dere molekulargenetischen Diagnostik), nehmen die dif-ferenzialdiagnostischen Möglichkeiten im Falle eines„floppy infant“ - Syndroms stetig zu. Eine diagnostischeEingrenzung ist erst nach der genauen Erhebung der an-amnestischen Angaben und Beschreibung des klinischenPhänotyps, gelegentlich auch erst durch die Verlaufsbe-obachtung möglich (Tabelle 1).

a. Anamnese• Intrauterine Auffälligkeiten (verminderte Kindesbe-

wegungen, Blutungen, Infektionen)?• Positive Familienanamnese (familäres „Auftreten“)?• „Floppy infant“ mit oder ohne Muskelschwäche?• „Floppy infant“ plus?

Beteiligung anderer Organe?Progredienz der Symptome?Krisenhafte Verschlechterung?

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Auffälligkeit Floppy Infant plus Symptome In der Praxis häufigere Diagnosen

IntrauterinPoly-, Oligohydramnion, verminderte Kindesbewegungen

PWS, DM1, kongenitale Myopathien, CMS

ZNSVigilanz, Kontaktaufnahme, Krampfanfälle, Anlagestörung

HIE, MitochondriopathieMetabolisch-toxische Enzephalopathie, peroxisomale Erkr.

HirnstammSaugen-, Schluckschwierigkeiten,Speichelfluss

SMA, CMD, kongenitale Myopathie, CMS

Peripheres Nervensystem Neuropathie Kongenitale Neuropathie

GesichtPtosis, zeltförmiger Mund, hoherGaumen, schmale Oberlippe

DM1, Kongenitale MyopathieCMD, CMS

AugenExterne Ophthalmoplegie, Veränderungen am Augenhinter-grund, Katarakt

CMD, kong. Myopathie, peroxisomale Erkr., CMS

Zunge Faszikulationen, Atrophie SMA

AtmungAteminsuffizienz, paradoxe Atmung(Zwerchfell)

SMA, CMD, kongenitale Myopthie, CMS, SMARD, Morbus Pompe

Herz KardiomyopathieMorbus Pompe, Mitochondriopathien

GelenkeKontrakturen, Klumpfüße, Hüftgelenksluxation, AMC

Kong. Myopthie, SMA, CMS, kongenitale Neuropathie

Finger/Hände Tremor SMA, kongenitale Neuropathie

GastrointestinaltraktHepato-, Splenomegalie, Hepatopathie

Mitochondriopathie, peroxisomale Erkr., CDG

NierenTubulopathie, nephrotisches Syndrom, Nierenzysten

Smith-Lemli-Oppitz-Syndrom, Mitochondriopathie

Blutbildende Organe Anämie, Leukopenie, Thrombopenie Mitochondriopathie

Tab.1: Klinische Zusatzbefunde und mögliche Diagnosen im Falle eines „floppy infant“-Plus SyndromsAbkürzungen: PWS = Prader Willi Syndrom, DM1 = Myotone Dystrophie, CMS = Kongenitales my-asthenes Syndrom, HIE = hypoxisch-ishamische Enzephalopathie, Erkr. = Erkrankung, SMA = SpinaleMuskelatrophie, CMD = Kongenitale Muskeldystrophie, CDG = Congenital Disorders of Glycosyla-tion, Kong. = Kongenital

b. Weitere DiagnostikLaborparameter:

CK (cave! bei Neugeborenen in der ersten Woche

postpartale Erhöhung möglich), GOT, GPT, LDH,

Laktat, Ammoniak, Calciumstoffwechsel (aP, Ca,

PTH), Blutbild, Schilddrüsenparameter (TSH, fT3,

fT4)

Bei V.a. metabolisch-toxische Enzephalopathie:

BZ, BGA, Anionenlücke im Serum, U-Stix, Blut- und

Urinketone

Elektrophysiologie:

Nervenleitgeschwindigkeiten sensibel/motorisch, re-

petitive Stimulation

Elektroenzephalogramm: Burst supression-Muster?

Bildgebung:

Sonographie Schädel, Muskel, Herz-, Abdomen, MRT

Schädel

Muskelbiopsie:

Bei V.a. kongenitale Myopathien, kongenitale Muskel-

dystrophie, Mitochondriopathie: Histologie, Histo-

chemie, Immunhistologie, Elektronenmikroskopie,

Messung der Enzymaktivitäten

Genetische Untersuchungen:

Diese sind beim eindeutigen/spezifischen klinischen

Bild vor der Muskelbiopsie indiziert.

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TherapieEine kausale Therapie ist derzeit für den Grossteil der

genanten Erkrankungsgruppen nicht möglich. Die Aus-nahme bildet die Gruppe der CMS, bei der eine rechtzei-tige medikamentöse Therapie den Verlauf der Erkran-kung deutlich positiv beeinflussen kann. In der Praxissteht derzeit die symptomatische Therapie in Form vonPhysiotherapie, diätetischen Maßnahmen (hochkalori-sche Ernährung oder Sondenernährung bei Ernährungs-schwierigkeiten) und orthopädischer Versorgung einesSäuglings mit „floppy infant“-Syndrom zur Verfügung.

Zur Versorgung dieser Patienten ist eine multidiszip-linäre Behandlung durch den Neuropädiater, pädiatri-schen Pulmologen, Gastroenterologen, Orthopäden undKardiologen notwendig. Die therapeutischen Ansätzemit Supplementierung verschiedener Substanzen (Thia-min, Riboflavin, Kreatin, Coenzym Q10) sind bei man-chen Formen der mitochondrialen Erkrankungen emp-fohlen, ohne dass dies durch gesicherte Ergebnisse in dendurchgeführten Studien belegt werden kann (5, 20).

Fazit für die PraxisDie Hypotonie beim Säugling ist ein vieldeutiges

Symptom mit breitem Ermessensspielraum im diagnos-tischen Vorgehen. Bei unauffälliger Anamnese bezüglichSchwangerschaft und Geburt, bei Fehlen weiterer neuro-logischer Auffälligkeiten, bei stetiger psychomotorischerWeiterentwicklung und zeitgerechtem Erreichen der sta-tomotorischen „Meilensteine“ und fehlendem laborche-mischen Hinweis auf eine zugrunde liegende Erkran-kung, ist ein abwartendes Verhalten sinnvoll. Säuglinge

mit einer benignen (weil keine Grunderkrankung be-kannt) Hypotonie zeigen auch eine muskuläre Hypoto-nie mit Verzögerung der motorischen Entwicklungsmei-lensteine bei gut auslösbaren Muskeleigenreflexen, guterKopfkontrolle und unauffälliger mentaler Entwicklung.Häufig ist in der Anamnese eine familiäre Häufung derSymptome bei klinisch gesunden Eltern vorhanden.Demgegenüber ist bei folgenden „Warnsignalen“ einefrühzeitige weitergehende neuropädiatrische Diagnostiksinnvoll:1) Auffällige Schwangerschafts-/Geburtsanamnese mit

V.a. hypoxisch-ischämische Enzephalopathie2) Keine altersgemäße visuelle Kontaktaufnahme sowie

Vigilanzstörungen3) Trinkschwäche und Gedeihstörung4) Reduzierte Spontanmotorik mit Zeichen der Muskel-

schwäche (z.B. kein Anheben der Beine gegen dieSchwerkraft) und/oder fehlenden Muskeleigenrefle-xen

5) Abnorme Erschöpfbarkeit und Zunahme der Hypoto-nie bei interkurrenten Infekten

6) Hepatomegalie/Splenomegalie/Kardiomyopathie7) Assoziierte Fehlbildungen/Stigmata8) Stagnation und Regression der psychomotorischen

Entwicklung mit Verlust erworbener FähigkeitenIn der Praxis bietet sich folgendes sequentielles Vorgehenan:1) Klinische Untersuchung durch Kinderärzte oder Neu-

ropädiater in der Praxis; beim entsprechenden Ver-dacht, Vorstellung in einem entsprechenden Zentrumzwecks zeitgerechter und effizienter weiterer Diagnos-tik (Erkrankungen s.o.)

Erkrankung Klinische HinweiseFloppy infant +

Untersuchung

Spinale Muskelatrophie

KraftminderungParadoxe AtembewegungenZungenfaszikulationenMuskeleigenreflexe nicht auslösbarSehr wach wirkende Neugeborene/ Säuglinge

Mutationssuche SMN-Gen

Myotone Dystrophie KraftminderungSchluck- und SaugschwierigkeitenAteminsuffizienz möglichZeltförmige OberlippeFazies myopathica Myotonie bei der Mutter

Mutationssuche DMPK-Gen

Prader Willi Syndrom SaugschwierigkeitenFaziale Auffälligkeiten und weitere Stig-mata (siehe Text)HypogonadismusDystrophie

MethylierungsPCR SNRPN-Lokus

Down Syndrom Typische dysmorphe Stigmata Keine KraftminderungKardiale Auffälligkeiten

Chromosomenanalyse

Tab.2: Typische klinische Symptome hinweisend auf eine SMA, DM1, PWS und Down Syndrom

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2) Labordiagnostik: Elektrolyte, Laktat, Ammoniak,CRP, Glukose, CK, Harnstoff, Harnsäure, AP, Säuren-Basen-Status, Blutbild, Eisen, Ferritin (Achtung: auchan Zöliakie denken), TSH, fT4 (siehe Tabelle 1)

3) Neurophysiologische Diagnostik, Elektroenzephalo-gramm

4) Schädel-Sonographie, Sonographie des Abdomens

Bei Kindern mit „floppy infant“-Syndrom ohne Mus-kelschwäche ist das Vorliegen einer Erkrankung desBinde- und Stützgewebes (Achondroplasie, Osteogenesisimperfecta, Marfan-Syndrom, Ehlers-Dahnlos Syn-drom) wie auch einer endokrinologischen/alimentärenErkrankung (Rachitis, Zöliakie, Hypothyreose) möglich.

Bei weiterhin bestehender Unklarheit und pathologi-schen Werten ist eine Kontaktaufnahme mit spezialisier-ten Zentren zwecks weiterer Abklärung zu empfehlen.

ZusammenfassungDie Differenzialdiagnose eines „floppy-infant“ – Syn-

droms erfährt stetige Erweiterung durch die rasante Ent-wicklung auf allen Ebenen der Diagnostik, insbesonderein der Genetik. Durch eine strukturierte klinische undanamnestische Vorgehensweise und eine Eingrenzung

der Schädigungsebene ist einerseits eine schnelle Diag-nosestellung durch nicht-invansive Methoden bei be-stimmten syndromalen oder neuromuskulären Erkran-kungen (Chromosomen- und DNA – Analyse) und an-derseits die Einleitung der weiteren speziellen Diagnostikmöglich. Diese beinhaltet auch invasive Methoden (Mus-kelbiopsie) und soll in einem dafür spezialisiertem Zen-trum mit multidisziplinären Versorgungsmöglichkeitenerfolgen.

Literatur bei den Verfassern

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenkon-flikt vorliegt.

Korrespondierende Autorin:

Dr. med. univ. Adela Della Marina

Neuropädiatrie, Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie

Kinderklinik 1

Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin

Universitätsklinikum Essen

Hufelandstr. 55

D - 45122 Essen

Tel.: 0201/723 3350

E-mail: [email protected]

Red.: Christen

Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.Begründet als „der kinderarzt“ von Prof. Dr. Dr. h.c.Theodor Hellbrügge (Schrift leiter 1970 – 1992).

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Herausgeber: Berufsverband der Kinder- und Ju-gendärzte e.V. in Zusammenarbeit mit weiteren pä-diatrischen Verbänden.

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Verantw. Redakteure für „Fortbildung“: Prof. Dr.Hans-Iko Huppertz, Prof.-Hess-Kinderklinik, St.-Jürgen-Str. 1, 28177 Bremen, Tel. (0421) 497-5411,E-Mail: [email protected] (Federführend); Prof. Dr. Florian Heinen,Dr. v. Haunersches Kinderspital, Lindwurmstr. 4,80337 München, Tel. (089) 5160-7850, E-Mail: [email protected]; Prof. Dr. PeterH. Höger, Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift,Liliencronstr. 130, 22149 Hamburg, Tel. (040)67377-202, E-Mail: [email protected];Prof. Dr. Klaus-Michael Keller, Deutsche Klinik fürDiagnostik, Aukammallee 33, 65191 Wiesbaden, Tel.

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Anzeigenpreisliste: Nr. 47 vom 1. Oktober 2013

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Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

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Derzeit werden Angebote für Babyschwimmen vonjungen Eltern sehr gerne angenommen. Fast überall, woSchwimmbäder zur Verfügung stehen, werden entspre-chende Kurse angeboten. In der nationalen Geburtenko-horte Lisa plus study (Schoefer, 2008) nahmen Ende der90er-Jahre bereits 30,1% der Kinder an Babyschwimm-kursen teil. In den Kinder- und Jugendarztpraxen gehö-ren Nachfragen der Eltern und Beratungen zum Baby-schwimmen mittlerweile zum Standard im ersten Le-bensjahr.

Anforderungen an die Qualifikation der Kursleiterund deren Ausbildung sind in Deutschland nicht defi-niert. Entsprechend werden die Kurse von verschiedenenPersonen und Institutionen, wie Hebammen, Physiothe-rapeuten, Schwimmbadbetreibern, Schwimmvereinen,Ortsgruppen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesell-schaft (DLRG) und anderen angeboten.

Dieses erschwert auch die Durchführung von aussa-gekräftigen wissenschaftlichen Studien, über den Nutzenwie auch die Risiken des Babyschwimmens, da die Inter-ventionen sehr heterogen sind (Alter der Säuglinge, Häu-figkeit der Kursstunden, Dauer der Kurse, Qualität desWassers, Kurskonzepte).

Dennoch möchten wir aus der aktuellen Literatur diewichtigsten Aspekte zum Thema Babyschwimmen zu-sammentragen und aus wissenschaftlicher Sicht be-leuchten.

Babyschwimmen und Untertauchen / Ertrinkungsgefahr

2012 haben die Kolleginnen und Kollegen der Univer-sitätskinderklinik Ulm im Rahmen der Jahrestagung derGesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensiv-medizin die Kasuistik eines Ertrinkungsunfalls im Rah-men des Babyschwimmens vorgestellt und diskutiert(Wölfle et al., 2012 (Poster)). Im Nachgang wurde die

komplette Kasuistik publiziert (Wölfle et al., 2013). EineZusammenfassung der Kasuistik ist Tabelle 1 zu entneh-men.

Im Rahmen eines Babyschwimmkurses unter Anlei-tung einer Hebamme war der sechs Wochen alte Säuglingzweimal für wenige Sekunden gezielt unter Wasser ge-taucht worden, um ihn „tauchen“ zu lassen. Beim He-raustragen des Kindes aus dem Wasser seien Schlaffheitund Zyanose aufgefallen.

Diese Kasuistik war einer der Auslöser, sich eingehen-der mit der Thematik Babyschwimmen zu beschäftigenund letztendlich eine Stellungnahme zu erarbeiten.

In den Kursen für Babyschwimmen wird das oben be-schriebene Tauchen oft praktiziert. Spätestens seit demspektakulären Coverbild des Albums Nevermind vonNirwana 1991 sind diese eindrucksvollen Bilder der tau-chenden Säuglinge weltbekannt.

Viele meinen, dass die Säuglinge durch die neunmo-natige Embryonalentwicklung in der Fruchtwasserhöhleund durch Schutzreflexe gut an das UmgebungsmediumWasser angepasst sind. Aber können Babys wirklich ge-fahrlos untertauchen? Kann sich ein Unfall wie in Ulm je-derzeit in einem Kurs wiederholen?

Beim Wasserkontakt von Säuglingen spielen dreiwichtige Reflexe eine Rolle:

1. Der Tauchreflex (erstmals 1870 von Paul Bert bei tau-chenden Enten beschrieben) ist bei allen Säugetierenlebenslang vorhanden. Im Wesentlichen führt derTauchreflex zu einer Anpassung des Kreislaufverhal-tens (Pulsverlangsamung, Umverteilung des Blutvolu-mens in Richtung Brustkorb) beim Eintauchen (Im-mersion).

2. Der Stimmritzenreflex begleitet den gesunden Men-schen ein Leben lang und schützt vor der Anatmung(Aspiration) von Flüssigkeit und festen Stoffen durchVerschluss der Stimmritze (Stimmritzenkrampf).

BabyschwimmenAktueller Literaturstand – Beratung von Eltern in der kinder-und jugendärztlichen Praxis

Angestoßen von einem Ertrinkungsunfall beim Babyschwimmen und einer kontroversen Dis-kussion zum späteren Allergierisiko nach Babyschwimmen wurde die Literatur gesichtet. Trotzteilweise schwacher Evidenz gibt es einige Kernaussagen: Säuglinge sollen im Babyschwimm-kurs nicht untergetaucht werden. Ertrinkungsunfälle sind möglich, wenn der Atemanhalte-Re-flex, individuell schon nach wenigen Wochen, erloschen ist. Säuglinge sind vor Unterkühlungbeim Babyschwimmen zu schützen. Familien mit hohem Allergierisiko bedürfen einer individu-ellen Aufklärung mit dem Ziel der Zurückhaltung vom Babyschwimmen. Da Säuglinge mehr alsandere Badegäste Schwimmbadwasser schlucken und dadurch v.a. gastrointestinale Infektions-erreger aufnehmen können, ist auch hier eine entsprechende Vermeidung und/oder Aufklärungindiziert. Trotz anekdotischer Berichte erhöht die Teilnahme am Babyschwimmen nicht dieSelbstrettungsfähigkeit von Säuglingen. Offen muss bleiben inwieweit die Teilnahme am Baby-schwimmen die motorische Entwicklung fördert.

Dr. med. Thomas Lob-Corzilius

Dr. med. Ulrich Jost

Karsten Theiß

1/3 derSäuglingenehmenam Baby-schwim-men teil

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3. Säuglinge kommen mit einem Atemanhalte-Reflexzur Welt. Er äußert sich dadurch, dass bei Benetzungdes Gesichtes mit Wasser oder kühler Luft der Atemangehalten wird.Bei den Tauchübungen im Rahmen des Babyschwim-

mens soll überwiegend der Atemanhalte-Reflex ausge-nutzt werden. Im Normalfall führt der Reflex bei Wasser-kontakt dazu, dass Mund und Augenlider zunächst ge-schlossen werden, der Atem angehalten wird und an-schließend die Augen zur Orientierung wieder geöffnetwerden.

Wie lange der Atemanhalte-Reflex in der Entwicklungerhalten bleibt, ist individuell sehr unterschiedlich aus-geprägt. Er verschwindet fast immer im Verlauf des ers-ten Lebensjahres, bei einigen Babys konnte gezeigt wer-den, dass er schon nach vier Wochen erloschen war (Pe-droso, 2012).

Ist der Atemanhalte-Reflex einmal erloschen kön-nen Säuglinge Ertrinkungsunfälle erleiden!

Man kann also nicht davon ausgehen, dass beim Un-tertauchen eines Säuglings ein zuverlässiger Schutz vorErtrinken besteht. Ein weiterer Unfall wie in Ulm könntedie Folge sein.

Eine Testung des Atemanhalte-Reflexes ist zwar theo-retisch möglich, in der Regel im Rahmen der Kursbedin-gungen aber nicht in jeder Stunde und bei jedem Kinddurchführbar. Vor diesem Hintergrund muss von Unter-tauchübungen im Rahmen des Babyschwimmens drin-gend abgeraten werden. Für ein spektakuläres Foto solltekeinesfalls das Risiko eines Ertrinkungsunfalls eingegan-gen werden.

Die Mutter des betroffenen Säuglings in Ulm war üb-rigens selbst auch Anbieterin von Babyschwimmkursen,kannte dieses Risiko aber bis zum Zeitpunkt des Unfallsnicht.

Neben den Gefahren des Untertauchens sollten bei

der Beratung der Familien die unten aufgeführten As-pekte unbedingt berücksichtigt werden.

Babyschwimmen und Unterkühlung

Wasser hat eine ca. 25-fach höhere Wärmeleitfähig-keit als Luft. In Kombination mit der im Verhältnis gro-ßen Körperoberfläche von Säuglingen besteht somit eindeutlich erhöhtes Risiko für Unterkühlungen bei einemSchwimmbadbesuch. Dabei muss auch der Wärmever-lust über den vergleichsweise großen und nassen Kopfberücksichtigt werden!

Aus diesem Grund sollte beim Babyschwimmen eineWassertemperatur von mindestens 30°C oder besser33°C sichergestellt sein. Zusätzlich muss auf beginnendeZeichen der Unterkühlung geachtet werden und bei de-ren Auftreten das Wasser rasch verlassen werden. Je jün-ger die Kinder sind, desto geringer sind die Zeichen aus-geprägt. Bei Säuglingen ist vor allem auf blasse oder bläu-liche Haut an Lippen, Händen und Füßen zu achten. Dassonst für Unterkühlungen typische Zittern und die Gän-sehaut treten in diesem Alter kaum oder erst sehr spätauf. Der Säugling ist nach dem Baden immer gut abzu-trocknen und in warme Handtücher einzuhüllen.

Babyschwimmen und Asthma bronchiale

Diese Diskussion wurde erneut im Jahre 2011 durchzwei konträre Veröffentlichungen im Bundesgesund-heitsblatt angestoßen. Im Januar teilte das Umweltbun-desamt (UBA) nach Anhörung der Schwimm- und Bade-beckenwasserkommission des Bundesministeriums fürGesundheit beim Umweltbundesamt mit, dass „Ver-dachtsmomente bestehen, dass Schwimmen in gechlor-tem Beckenwasser insbesondere durch das Babyschwim-men Asthma auslösen kann. Als mögliche Substanz wirdTrichloramin, ein anorganisches Desinfektionsneben-produkt, genannt. Trichloramin entsteht, wie zahlreiche

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Ertrinkungsunfall nach Untertauchen beim Babyschwimmen

• Wasser-Hausgeburt nach 36+1 SSW, bis dato unauffällige Entwicklung, keine Vorerkrankungen

• Babyschwimmkurs im Alter von 6 Wochen mit Untertauchübung des Kindes. Beim Heraustragen des Kindes aus dem Wasser auf-fällige Schlaffheit und Zyanose

• Erstmaßnahmen (Kursleiterin): Beatmung mit Sauerstoffanreicherung

• Einsatzmeldung: 6 Wochen alter Säugling mit schwerer Atemstörung

• Notarzt: Schlaffer Sgl., deutlich red. AZ, HF um 100/min, Schnappatmung unter O2-angereicherter Beutelbeatmung. IntraossärerZugang und Volumengabe. Weiter Beutelbeatmung mit O2 und Guedeltubus. Während Transport wacher werdend.

• Aufnahme Kinderklinik: Agitierter Sgl., opisthoton, Spontanatmung (SaO2 94% unter 1,5l O2/min über Nasenbrille), Temperatur36,4°C, Haut blass-marmoriert.

• Befunde Kinderklinik: Rö-Thorax: mit Aspiration vereinbar. BGA: pH 7,06, BE -10 mmol/l, Laktat 8 mmol/l.

• Verlauf Kinderklinik: i.v.-Antibiose, initial noch Sauerstoffvorlage. Entlassung am 7. Tag.

• Outcome: Nachuntersuchungen im Alter von wenigen Monaten und nach einem halben Jahr ohne Störung der neurologischen Ent-wicklung,

Tabelle 1: Zusammenfassung der Kasusistik (n. Wölfle, 2013)

Atem -anhalte -reflex teilsnur vier Wochenvorhanden

2011 ersteUBA-Ver-öffentli-chung zummöglichenAsthma-Risiko

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weitere Verbindungen auch, während der Chlorung desBeckenwassers durch Reaktion von Chlor mit organi-schen Stickstoffverbindungen, die in nicht geringemMaße mit Urin, Schweiß, Hautschuppen oder Kosmetikain das Beckenwasser eingetragen werden.“

Wegen der vorgenommenen Bewertung von siebenepidemiologischen Untersuchungen mündete dieseUBA-Mitteilung in der Aussage: „kann ein zusätzlichesRisiko, an Asthma zu erkranken, nach dem gegenwärti-gen Wissensstand für die empfindlichste Personen-gruppe nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. In-sofern wird empfohlen, vor allem eine individuelle Dis-position gegenüber Umwelteinflüssen (Atopie) zu be-rücksichtigen. Insbesondere bei prädisponierten Kin-dern unter zwei Jahren wird so lange vom Babyschwim-men abgeraten, bis weitere Erkenntnisse vorliegen, diefür eine Unbedenklichkeit sprechen.“

Im September 2011 publizierte die Ad-hoc-Arbeits-gruppe Innenraumrichtwerte der Innenraumlufthy-giene - Kommission des Umweltbundesamtes und derObersten Landesgesundheitsbehörden - eine konträreBewertung der Gesundheitsrisiken, weil sich in zwei gro-ßen prospektiven Geburtskohortenstudien „bei Kindernmit Atopie oder Asthma, die im ersten Lebensjahr am Ba-byschwimmen teilgenommen haben, diesbezüglichkeine nachteiligen Effekte im Hinblick auf Allergien oderAsthma, sondern eher Schutzeffekte zeigten.“

Aufgrund der Kenntnis unterschiedlicher Trichlora-mingehalte in deutschen Hallenbädern, die zwischen 0,2und 0,5 mg/m³ schwanken, hat das Bundesministeriumfür Bildung und Forschung (BMBF) mit dem sogenann-ten POOL-Projekt begonnen, in dem die Nebenprodukteder Desinfektion von Schwimm- und Badewasser aufihre gesundheitlichen Auswirkungen untersucht und de-ren Entstehung minimiert werden soll. Ergebnisse stehennoch aus.

Angesichts der zitierten, unterschiedlichen Kommis-sionsbewertungen und nach einer intensiven Diskussionmit der Leiterin des BMBF-Poolprojektes beim koordi-nierenden UBA, Frau Dr. Grummt, hat die Gesellschaftfür Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin im Ja-nuar 2012 eine Stellungnahme zum Thema Baby-schwimmen und Asthma formuliert, die auch von derGesellschaft für Pädiatrische Pneumologie sowie demBerufsverband der Kinder- und Jugendärzte übernom-men wurde.

„Im Sinne der Verhältnisprävention werden die Be-mühungen des UBA unterstützt, dass der Trichloramin-gehalt der Hallenbadluft unterhalb von 0,2 mg/m3 liegt.Dadurch kann die Unbedenklichkeit des Babyschwim-mens hinsichtlich eines erhöhten Asthmarisikos weitge-hend gesichert werden.

Solange dieser Grenzwert noch nicht flächendeckendeingehalten wird, sollen Kinder- und Jugendärzte imRahmen der U4 - U7 individuell Familien mit Hochri-siko- bzw. mit bereits allergisch erkrankten Kindern zurZurückhaltung beim Babyschwimmen raten.

Ferner soll im Sinne der Verhaltensprävention auf dieBedeutung des Duschens und Reinigens vor dem

Schwimmen hingewiesen werden, um so die Stickstoff -einträge ins Wasser zu reduzieren."

0,2 mg Trichloramin pro m3 Luft ist ungefähr derSchwellenwert, der bei den meisten Menschen dieWahrnehmung des typischen „Chlorgeruch“ einesSchwimmbades auslöst.

Wie sinnvoll diese zurückhaltende Einschätzung ge-wesen ist, zeigt die im renommierten "International Jour-nal of Hygiene and Environmental Health" Anfang 2014erschienene Publikation der belgischen Arbeitsgruppeum Voisin und Bernard.

In ihr wird erstmals in einer prospektiven Zweijahres-Follow-up-Studie an 196 Kindergarten-Kindern belegt,dass das Schwimmen in chlorierten Bädern unterhalbvon drei Jahren positiv korreliert war mit der Neusensi-bilisierung auf Hausstaubmilben (adjustiertes odds ratio[aOR] 2.93, 95% confidence interval [CI] 1.14–7.55) undneu aufgetretenem exhalierten NO >15 ppb (aOR, 4.54,95% CI 1.48–13.9) als Maß für die bronchiale Entzün-dung.

Die Korrelation ist dosisabhängig, d.h. in Abhängig-keit von der kumulierten verbrachten Badezeit. Bei mehrals 60 Stunden Schwimmbadbesuch stiegen die adjus-tierten odds ratio Werte auf 3.60 (95% CI 1.21–10.7) und5.92 (95% CI 1.72–20.5). Diese Effekte waren zudem ein-deutig voneinander unabhängig, wie auch von den be-kannten allergischen Risikofaktoren einschließlich derelterlichen Allergie und Kleinkinderekzemen.

Allerdings sind die Daten auch weiterhin nicht aufdeutsche Verhältnisse übertragbar, da die belgischen Bä-der im Untersuchungszeitraum weiterhin deutlich höherchloriert worden sind!

Babyschwimmen und InfektionenIn der Auswertung der Nationalen Geburtenkohorte

der Lisa plus study (Schoefer, 2008) konnte gezeigt wer-den, dass Säuglinge, die im ersten Lebensjahr am Baby-schwimmen teilgenommen haben, in diesem Jahr mehrInfektionen hatten. Es kam zu einer leichten Steigerungvon Atemwegsinfektionen und Otitis media, diese warenjedoch statistisch noch nicht signifikant. Diese Infektio-nen finden sich auch im späteren Alter bei regelmäßigenSchwimmbadbesuchern leicht gehäuft. Ein Zusammen-hang mit den wiederholt auftretenden leichten Unter-kühlungen im Schwimmbad und nach dem Schwimm-bad dürfte wahrscheinlich sein. Hierbei wird den Erre-gern durch die leicht verminderte Schleimhauttempera-tur im Bereich der oberen Luftwege ein ideales Milieu derInfektion und Vermehrung geboten.

In der Kohortenauswertung war der Unterschied zwi-schen Babyschwimmern und Nicht-Babyschwimmernfür den Bereich von gastrointestinalen Infektionen je-doch viel stärker ausgeprägt und statistisch signifikant.Teilnehmer am Babyschwimmen erkranken im erstenLebensjahr häufiger an gastrointestinalen Infektionen.Der letztendliche Beweis eines kausalen Zusammen-hangs steht noch aus. Allerdings scheint diese Beobach-tung und ein kausaler Zusammenhang sehr plausibel,

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Herbst2011zweiteUBA-Stellung-nahme

2012: Stellung-nahme vonGPA, GPPund BVKJ

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wenn man die nachfolgenden Faktoren betrachtet: DerGrenzwert des Chlorgehaltes in deutschen Schwimmbä-dern gehört im europaweiten Vergleich zu den niedrigs-ten (Belgien erlaubt z.B. zehnmal mehr Chlor mit den be-kannten Problemen (Voisin 2014)). Die relevanten Indi-katorkeime (Escherichia coli, Enterokokken, Pseudomo-nas aeruginosa und wo zutreffend Legionellen) werdenauch durch den niedrigen Chlorgehalt zuverlässig abge-tötet und dieses wird in regelmäßigen Kontrollen durchdie Gesundheitsämter überprüft. Die meisten Erregergastrointestinaler Infektionen sind viralen Ursprungsund vermutlich reicht der niedrige Chlorgehalt hier nichtaus, um die Infektionsketten aller Erreger unterbrechenzu können. Als Besonderheit bei den Babyschwimmernist davon auszugehen, dass diese, im Gegensatz zu denanderen Badegästen, im Rahmen der Kursstunden nichtunerhebliche Mengen Schwimmbadwasser schlucken.Bei den meisten Übungen befindet sich der Mund unmit-telbar auf Höhe des Wasserspiegels, sodass ein schon fastautomatisches Wasserschlucken erfolgt, was kaum zuvermeiden ist. Betrachtet man nun alle diese Faktoren ge-meinsam und zusätzlich eine sehr geringe Infektionsdo-sis (z.B. reicht die Aufnahme von zehn Rotaviren auf ein-mal) so ist plausibel, dass eine Übertragung leicht erfol-gen kann.

Entsprechend finden sich verschiedene Hinweise, dassbei Säuglingen vor Teilnahme am Babyschwimmen dieImpfung gegen Rotaviren abgeschlossen sein sollte.

In Studien zu den beiden in Deutschland zugelasse-nen Impfstoffen konnte die Ausscheidung der Impfvirennachgewiesen werden (Anderson, 2008). Das Maximumder Ausscheidung erfolgt sieben Tage nach der erstenImpfung. Je nach Impfstoff werden in bis zu 50% viraleAntigene im Stuhlgang nachgewiesen. Im Anschluss andie Folgeimpfungen ist der Nachweis der viralen Anti-gene im Stuhlgang geringer (bis zu 7%). Die Übertra-gung des ausgeschiedenen Impfvirus auf seronegativePersonen konnte beobachtet werden, jedoch ohne klini-sche Symptome zu verursachen. In Deutschland hat die

Ständige Impfkommission empfohlen (RKI, 2013), dassimmungeschwächte Kontaktpersonen in den ersten 14Tagen nach der ersten Impfung den Kontakt mit Stuhl-gang von geimpften Kindern vermeiden sollen. Diese Ka-renzphase erscheint auch beim Babyschwimmen zumFremdschutz sinnvoll. Zum Eigenschutz sollte wie obenaufgeführt zunächst die komplette Immunisierung ge-gen Rotaviren abgewartet werden.

Bezüglich anderer Impfungen sollten die allgemeinenEmpfehlungen zu Sport nach Impfungen berücksichtigtwerden, weitere besondere Maßnahmen sind hier nichterforderlich.

Abschließend sollen noch die möglicherweise posi-tiven Effekte des Babyschwimmens thematisiert wer-den.

Babyschwimmen und Selbstrettung bzw.Schwimmfähigkeit

Am Anfang wurde bereits auf die Problematik der Un-tertauchübungen im Rahmen der Babyschwimmkurseeingegangen. Es gibt definitiv keinen Nachweis, dass Ba-byschwimmen (ohne oder mit Untertauchübungen) inder weiteren Entwicklung der Kinder oder im Umgangmit Wasser bis hin zu einer gesteigerten Selbstrettungsfä-higkeit förderlich ist.

Gleichwohl finden sich im Internet viele anekdotischeBerichte und vor allem auch Filme, in denen sich Kindernach Stürzen selbst aus einem Pool retten. Es wird in die-sem Zusammenhang häufig berichtet, dass die Kinderdiese Fähigkeit nur aufgrund ihrer Teilnahme an Baby-schwimmkursen hätten. Der wissenschaftliche Beweisbzw. eine valide Überprüfung dieser Schilderungen stehtaus! Ein kausaler Zusammenhang kann hier nicht herge-stellt werden.

Allgemein anerkannt ist heute (Weiss, 2010), dassKinder erst im Alter von vier bis fünf Jahren ihre motori-schen Fähigkeiten soweit entwickelt haben, dass sie rich-tig schwimmen lernen können.

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• Abschluss der Rotavirus-Impfung vor Kursbeginn

• Wassertemperatur über 30°C (besser 33°C)

• Schwimmbäder mit geringem Chlorgeruch und niedrigem Beckenrand bevorzugen (Man riecht Trichloramin ab einer Konzentra-tion von etwa 0,2 mg pro m3 als den typischen Hallenbadgeruch, der als „Chlorgeruch“ empfunden wird)

• Ausgiebiges Duschen von allen Eltern und Kindern vor jeder Kursstunde

• Schwimmwindeln für die Kinder

• Kein Untertauchen der Kinder

• Wasserschlucken vermeiden, wo möglich

• Bei Säuglingen und Kleinkindern mit einem deutlich erhöhten, familiären Allergierisiko kann es vermehrt zu Sensibilisierungenund auch Asthma-Erkrankungen kommen, sodass zu einer Zurückhaltung bei der Teilnahme am Babyschwimmen geraten wird.

• Teilnahme nur wenn Eltern und Kind Spaß am Babyschwimmen und Aufenthalt im Wasser haben

Tabelle 2: Empfehlungen für Babyschwimmen (Eckpunkte einer Beratung)

Baby-schwimmerhaben ver-mehrt gastroin-testinaleInfektionen

Schwimmenlernen ab 4-5 Jahremöglich

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Babyschwimmen und spätere EntwicklungWie oben bereits ausgeführt ist es auf Grund der He-

terogenität der Maßnahmen methodisch kaum möglich,aussagekräftige Studien zu konzipieren z. B. zu Fragen, obsich Babyschwimmen beschleunigend auf die allgemeinemotorische Entwicklung auswirkt oder ob die Kinderspäter leichter Schwimmen lernen können. Dazu beste-hen zum einen keine standardisierten Settings beim Ba-byschwimmen, und es gibt deshalb zu viele verschiedeneVariablen und Einflussmöglichkeiten. Zum anderenkommen in der Nachbeobachtungszeit bis zur Evalua-tion nach einigen Jahren viele weitere potentielle Ein-flussfaktoren hinzu. Deshalb wird auch für die Zukunftnicht zu erwarten sein, dass epidemiologisch hochwer-tige Studien veröffentlicht werden.

Jenseits der nicht vorhandenen, „harten“ wissen-schaftlichen Fakten kann man aber davon ausgehen, dassjeder Bewegungs(an)reiz zu einer Förderung der motori-schen Entwicklung führt. In einer kleinen Fallkontroll-studie mit n=38 Kindern (Sigmundsson, 2010) zeigtendie Autoren, dass im Alter von fünf Jahren die ehemali-gen Babyschwimmer mit n=19 Kindern bei den Gleich-gewichtsübungen und Übungen zur Auge-Hand-Koor-dination deutlich besser abschnitten als die Kontroll-gruppe.

Babyschwimmen kann aber auch dazu beitragen, dassKinder weniger Angst vor Wasser haben. Dies könntespäter eine Wassergewöhnung erleichtern, so die Hypo-these.

Zu bedenken ist dabei natürlich auch, dass der Angst-verlust zu einem risikofreudigeren Umgang mit Wasserführen kann. Die noch nicht schwimmfähigen Kinderkönnten eher in unbeobachteten Momenten ins Wassersteigen oder klettern, da sie eben angenehme Erfahrun-gen mit Wasser verbinden.

Fazit für die PraxisEs bestehen bei der Teilnahme am Babyschwimmen

Risikofaktoren, die aus unserer Sicht einer sachlichenund eingehenden Aufklärung der teilnehmenden Elternbedürfen, insbesondere zu den Themenbereichen Unter-tauchen, möglichen Infekten sowie einer erhöhten Wahr-scheinlichkeit einer späteren Asthma-Erkrankung beiSäuglingen und Kleinkindern mit einem deutlich erhöh-ten, familiären Allergierisiko.

Wenn Eltern mit Spaß und Freude am Babyschwim-men teilnehmen, so erbringt die Durchführung in Kurs-form zusätzliche Sozialkontakte von Eltern und Kindernsowie während der Übungszeiten einen sehr intensivenEltern-Kind-Kontakt. Für beide Teilaspekte kann man

davon ausgehen, dass diese zu einer Förderung der sozia-len Entwicklung und Kompetenz führen.

Babyschwimmen kann nicht zuletzt auch zum Spaßbeim Umgang mit dem Medium Wasser beitragen undentsprechend Angst vor dem Wasser abbauen. Die Schaf-fung von Bewegungs(an)reizen ist im Kindesalter insge-samt ein wichtiger Baustein für die weitere motorischeEntwicklung, dieses kann auch durch Babyschwimmenerfolgen.

Literatur bei den Verfassern

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenkon-flikt vorliegt.

Korrespondierender Autor:

Karsten Theiß

Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Taucherarzt der Gesell-schaft für Tauch- und Überdruckmedizin e.V. (GTÜM)

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG)

Im Niedernfeld 1-3

31542 Bad Nenndorf

[email protected]

Dr. med. Thomas Lob-Corzilius

Pädiatrische Pneumologie, Allergologie, Umweltmedizin

Christliches Kinderhospital Osnabrück

Johannisfreiheit 1

49074 Osnabrück

[email protected]

Dr. med. Ulrich Jost

Facharzt für Anästhesiologie, Notfallmedizin

Taucherarzt GTÜM / Sportmedizin

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V.

Im Niedernfeld 1-3

31542 Bad Nenndorf

[email protected]

Red.: Huppertz

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• Stellungnahme der Leitung Medizin der DLRG:http://k.dlrg.de/m3-001-14

• Elternratgeber der Gesellschaft für pädiatrische Aller-gologie und Umweltmedizin (GPA):Pädiatrische Allergologie, 03/14http://www.gpau.de (⇒ Elternratgeber der GPA)

• Ratgeber „Umwelt und Kindergesundheit“ des UBAhttp://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umwelt-kindergesundheit (Seite 77)

Tabelle 3: Weitere Informationsmöglichkeiten

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Anamnese9 Jahre altes Mädchen mit zunehmenden Hautveränderungen

im Bereich von Armen und Unterschenkeln sowie einer Gewichts-abnahme von etwa 2kg in den letzten 3 Monaten. 6 Monate zuvorwar es zu einem Erythema nodosum gekommen, welches zwi-schenzeitlich abgeheilt war. Eine HNO-, Augen-, und Zahnärztli-che Untersuchung sei kürzlich erfolgt und jeweils unauffällig ge-wesen, Fieber und Nachtschweiß seien nicht aufgetreten.

UntersuchungsbefundIm Gesicht und an beiden Unterarmen sowie an beiden Unter-

schenkeln ausgedehntes, wabenförmiges Erythem, nicht druck-dolent. Keine vergrößerten Lymphknoten palpabel, Cor undPulmo auskultatorisch ohne pathologischen Befund, Abdomenweich, keine Hepatosplenomegalie, neurologischer Untersu-chungsbefund unauffällig.

LaborbefundeBSG 55mm/h, CrP 45mg/l, Leuko 13,6/nl, Lymphozyten 19%,

Neutrophile 78%, Thrombozyten 730/nl, übriges BB und Diffe-rentialblutbild, Kreatinin, Harnstoff, Elektrolyte, CK und Urin-status normwertig. ANA und ANCA negativ. ENA- Screen positiv.24- Stunden Sammelurin: Quantitative Eiweißmenge 272,3mg/l,Albumin i. Urin 35mg/l (0-20), IgG >1300mg/l (0-10), Alpha I-Mikroglobulin 9,4mg/l (0-12): spricht für nicht selektive Protei-nurie

Sonographie: Nephromegalie linksseitig. Welche Diagnose wird gestellt?

Welche Diagnose wird gestellt?Antonia Kienast

Abb.: Bizarre, teils blitzfigurenartige, persistierende,nicht dolente Erytheme im Bereich der Unterschenkel

Zentraler Vertretungsnachweis des Berufsverbandesder Kinder- und Jugendärzte e.V.

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dann wenden Sie sich bitte an dieGeschäftsstelle des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.,Mielenforster Str. 2, 51069 Köln, Tel. (02 21) 68 90 90, Tfx. 02 21 / 68 32 04E-Mail: [email protected]

eineVertretung

einenWeiterbildungsassistenten

einenNachfolger

einenPraxispartner

eine Vertretungsmöglichkeit eine Weiterbildungsstelle eine Praxis/Gemeinschaftspraxisbzw. ein Jobsharingangebot

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Diagnose: Livedo racemosaDie Livedo racemosa ist charakterisiert durch ein unregelmä-

ßiges, blitzfigurenartiges Netzmuster, das sich rankenartiges dar-stellt. Es bleibt bei Erwärmung bestehen, ist lagestabil und orts-ständig. Bevorzugt sind die unteren Extremitäten befallen. Es han-delt sich um ein vieldeutiges Warnsignal der Haut, nach dessenUrsache gesucht werden sollte. Die Livedo racemosa kommtdurch einen verlangsamten Blutfluß durch umschriebene, meistmultiple Strömungshindernisse zustande. Diese führen zu einerfokal schwankenden Oxygenierung des kapillären Blutes und da-raus folgend der kreissegmentartigen Livedozeichnung. MöglicheUrsachen sind ein systemischer Lupus erythematodes, Vaskuliti-den, ein Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom, eine Throm-bangitis obliterans, Kryoglobulinämie, Leukämien und Lym-phome, Polyglobulie und Thrombozytose, eine intravasale Gerin-nung sowie bakterielle Infektionen wie beispielsweise die bakte-rielle Endokarditis oder eine Tuberkulose.

Differenzialdiagnosen

Abzugrenzen ist die Livedo reticularis, die mit großmaschigerlivider Marmorierung einhergeht und je nach Ätiologie nach Er-wärmung oder Abkühlung auftritt. Sie resultiert aus einer gene-rellen Strömungsverlangsamung und Hypoxygenierung des Blu-tes der entsprechenden Region. Ihre Ursachen sind meist harmlosund funktionell wie z.B. Unterkühlung, aber auch eine Viskosi-tätserhöhung und zentrale Innervationsstörungen können zuGrunde liegen. Stets fehlt hier allerdings die für die Livedo race-mosa typische blitzfigurenartige Zeichnung. Im englischenSprachraum wird verwirrenderweise nur der Begriff „Livedo reti-cularis“ für beide Livedoformen verwendet. Differentialdiagnos-tisch kann weiterhin auch an eine Cutis marmorata teleangiecta-tica congenita, eine Embolia cutis medicamentosa („Nicolau-Syndrom“) oder bei generalisiertem Auftreten an ein Sneddon-Syndrom gedacht werden. (2, 3)

Diagnostik

Die Verdachtsdiagnose wird in der Regel klinisch gestellt undmittels Biopsie. In der tiefen Probeexzision zeigen sich an den klei-

nen Arterien der Dermis und des angrenzenden Fettgewebes en-

daangitische Veränderungen mit Intimawucherung und fibrinoi-

der Nekorse sowie abschnittsweise eine Obliteration der Gefäßlu-

mina. Weiterhin zeigen sich spärliche perivaskuläre entzündliche

Infiltrate. Zu beachten ist, dass sich die pathologisch veränderte

Arterie nicht unter dem lividen Areal, sondern im Mittelpunkt ei-

nes Kreissegmentes findet,

Therapie und Prognose

Therapie und Prognose hängen von der Grunderkrankung ab.

Nach weiteren klinischen Zeichen assoziierter Grunderkrankun-

gen sollte ebenso wie ggf. nach entsprechenden Laborverände-

rungen (BB, Differenzialblutbild, ANA, ANCA, Anti-Phospholi-

pid- Antikörper, etc.) gesucht werden. Bleibt die Abklärung ohne

Befund, sind weitere Verlaufsbeobachtungen anzuraten. Die hier

vorgestellte Patientin entwickelte eine Immunkomplex- Nephri-

tis, die mit Steroiden i.v. und Methotrexat p.o. behandelt wurde,

sowie im weiteren Verlauf ein Antiphospholipid- Antikörper-

Syndrom und ist aktuell unter einer Therapie mit Hydroxychlo-

roquin und Acetylsalycylsäure p.o. beschwerdefrei.

Literatur:

1. Kerk N, George T. Livedoid vasculopathy – current aspects of diagnosis andtreatment of cutaneous infarction. J Dtsch Dermatol Ges 2013; 11:407-10.

2. Kawakami T. A review of pediatric vasculitis with a focus on juvenile poly-arteritis nodosa. Am J Clin Dermatol 2012; 13: 389-98)

3. Obermoser G, Sontheimer RD, Zelger B. Overview of common, rare andatypical manifestations of cutaneous lupus erythematodes and histopatho-logical correlates. Lupus 2010; 19: 1050-70.

Dr. Antonia K. Kienast

Hamburger Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie

Dehnhaide 120

22081 Hamburg

Red.: Höger

Fortbildung490

Die Deutsche Gesellschaft für Ambulante Allgemeine Pädiatrie (DGAAP e.V.)ist die wissenschaftliche Gesellschaft der ambulanten, allgemeinen Kinder- und Jugendmedizin.

Ziel der Gesellschaft ist es, der ambulanten allgemeinen Kinder- und Jugendmedizinals eigenständigem Fach in Forschung, Lehre und Praxis die ihr zukommende Bedeutungzu verschaffen.

DGAAPDeutsche Gesellschaft für Ambulante Allgemeine Pädiatrie

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Review aus englischsprachigen Zeitschriften

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

493

Die Autorengruppe führte an 19 US-Kliniken eine prospektive,randomisierte, placebo-kontrollierte Studie bei 607 Kindern imAlter von 2-71 Monaten mit einem Grad I-IV VesikoureteralenReflux (VUR) durch, der nach einer ersten oder zweiten fieberhaf-ten oder symptomatischen Harnwegsinfektion diagnostiziertwurde. Ausgeschlossen wurden Kinder, deren Index-Infektion>112 Tage vor der Randomisierung aufgetreten war sowie Kindermit zusätzlichen urologischen Anomalien oder/und bestehendenKontraindikationen für die Anwendung von Sulfamethoxazol-Trimethoprim.

Erfasst wurden 10,871 Kinder. 9445 wurden aus verschiedenenGründen ausgeschlossen. Von den verbliebenen 1426 Kindern, diedie Einschlusskriterien erfüllten nahmen 819 nicht teil, 607 wur-den randomisiert.

Die Eltern oder Rechts-Vertreter der Kinder stimmten der Stu-dien-Aufnahme nach informierter Aufklärung schriftlich zu.

Als primäres Ziel wurde die Wirksamkeit der Sulfamethoxazol-Trimethoprim Prophylaxe zur Verhütung von Re-Infektionen de-finiert und als sekundäre Ziele das Auftreten von Nierenparen-chym-Narben, Therapie-Versagen (Kombination von Nierennar-ben und Re-Infektionen) und/oder Antibiotika-Resistenz. DieKinder wurden 2 Jahre kontrolliert. Mit einem standardisiertenVerfahren wurden zusätzlich Blasen- und Darm-Dysfunktionenerfasst.

Die Uringewinnung erfolgte als Mittelstrahl-Urin, bei nichttoiletten-trainierten Kindern durch Katheterisierung oder supra-pubische Blasenpunktion. Die Index- und evtl. Abschluss-Infek-tion wurde nach stringenten Diagnose-Kriterien unter Einschlussdes Nachweises einer Pyurie, kultur-bestätigter Infektion und Fie-ber (≥ 38°C) oder Harnwegssymptome innerhalb 24 Stunden voroder nach der Urin-Gewinnung erfasst.

Der Nachweis bzw., Ausschluss von Nieren-Parenchym-Nar-ben erfolgte mittels Technetium-99m-markiertem Dimercapto-Succinin-Säure–Scan zu Beginn der Studie sowie nach 1 und 2Jahren. 2 pädiatrische Nuklearmediziner beurteilten das Ausmaßetwaiger Nierenrinden-Defekte semiquantitativ durch Untertei-lung der Nierenrinde in 12 Segmente und bestimmten dieSchwere der Defekte auf der Basis der Zahl der betroffenen Seg-mente.

Therapie-Versagen wurde definiert als 2-maliges Wiederauf-treten fieberhafter oder eines fieberhaften und 3 symptomatischeroder 4 symptomatischer Harnwegsinfekte während des Studien-Zeitraumes oder als neu aufgetretene oder verschlechterte Nie-renrinden-Narben innerhalb des ersten Jahres der Studie. Rektal-Abstriche zum Nachweis einer evtl. E.coli- Sulfamethoxazol-Tri-methoprim-Resistenz wurden zu Beginn der Studie sowie nach 24Monaten untersucht zum evtl. Nachweis einer Resistenz bei Kin-dern mit Rezidiven. Die Randomisierung erfolgte in blinden Blö-

Antimicrobial Prophylaxis for Childrenwith Vesicoureteral RefluxThe RIVUR Trial Investigators, Hoberman A, Greenfield SP,Mattoo TK, et al; N Engl J Med, 370:2367-2376, Juni 2014

Reinfektions-Prophylaxe für Kinder mit vesikoureteralem Reflux (VUR)

cken, stratifiziert nach lokaler Maßgabe. Daten-Management undstatistische Analysen wurden im Daten-Koordinations-Zentruman der Universität von North-Carolina in Chapel Hill durchge-führt.

Die Kinder wurden randomisiert entweder täglich einmal Sul-famethoxazol-Trimethoprim (3 mg Trimethoprim + 15 mg Sulfa-methoxazol/kg K.-Gew.) oder Placebo, das in Farbe, Geschmackund Konsistenz weitgehend mit der Medikamenten-Suspensionübereinstimmte, einzunehmen.

Re-Infektionen wurden bei 39 von 302 Kindern der Prophy-laxe-Gruppe und bei 72 von 305 Kindern der Placebo-Gruppe be-obachtet (relat.Risiko 0,55, 95 % Confidenz Intervall (CI) 0,38 zu0,78). Die Prophylaxe reduzierte das Risiko einer Re-Infektion um50 % (Risiko-Verhältnis 0.41, 95 % CI 0.26 zu 0.64), bei Kindernmit vorbestehender Blasen- und Darm-Dysfunktion (Risiko-Ver-hältnis 0,21, 95 % CI 0,08 zu 0.58). Das Auftreten von Nierennar-ben unterschied sich nicht signifikant in beiden Gruppen (11,9%und 10,2 %). Bei 87 Kindern mit einer ersten Re-Infektion durchE.coli betrug die Sulfamethoxazol-Trimethoprim- Resistenz 63 %in der Prophylaxe-Gruppe gegenüber 19 % in der Placebo-Gruppe. 77 % der Eltern gaben an die Studien-Medikation zu 75% und 85 % sie zu wenigstens 50 % durchgeführt zu haben.

Kommentar:

Die vorliegende randomisierte, placebo-kontrollierte Multi-Center-Studie liefert einen weiteren Baustein in der kritischen Be-wertung der rezidivierenden Harnwegsinfektionen bei Kindernmit VUR und ihrer Prophylaxe und Langzeitfolgen. Nachdem inden 70iger Jahren die generelle antibakterielle Reinfektions-Pro-phylaxe sowie die operative Behandlung des höhergradigen VURzum Standard erhoben wurde, hat es in der Folgezeit nicht an Kri-tiken und Zweifeln an der Notwendigkeit der standardisiertenVerfahren gefehlt. So ergab die Internationale Reflux-Studie 1981eine spontane Besserung mancher VUR mit der Reifung der Kin-der. Keine der inzwischen publizierten Studien lieferte überzeu-gende Argumente für oder gegen die Reinfektions-Prophylaxe.

Der Vorteil der jetzigen RIVUR-Studie liegt in der Randomi-sierung und Placebo-Kontrolle bei einer statistisch überzeugen-den Anzahl von Teilnehmern in beiden Gruppen.

Da jedoch der Kontrollzeitraum „nur“ 2 Jahre betrug und dieReinfektions-Prophylaxe nicht von allen Eltern gleich zuverlässigdurchgeführt wurde und nur 1 Medikament zu Beurteilung ver-

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KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

494Fortbildung

wendet wurde, bleiben auch nach 4 Jahrzehnten noch entschei-dende Fragen offen, z.B. ob bei einem längeren Beobachtungszeit-raum vermehrt Nierennarben auftreten und ob eine andere Me-dikation möglicherweise effektiver ist. Auch die erhöhte Rate anResistenzen gegen Sulfamethoxazol-Trimethoprim spricht gegeneine Prophylaxe.

Das Resümee der vorliegenden Studie ist, dass die seit langerZeit etablierten Standardverfahren weiterhin individualisiert an-gewendet und sorgfältig kontrolliert werden müssen ohne einendiagnostisch-therapeutischen Imperativ.

(Helmut Helwig, Freiburg)

dachtsdiagnose "Erkrankung aus dem rheumatischen Formen-kreis".

Bereits 1992 konnte D. Cabral aus Vancouver erhöhte ANA beinichtentzündlichen muskuloskelettalen Erkrankungen nachwei-sen (Pediatrics 1992; 89:441-444) Die ANA Prävalenz bei asymp-tomatischen Probanden wird in der Literatur von 13,3 % für Ti-ter von ≥ 1:80 bis zu 5 % für Titer von ≥ 1:160 angegeben.

In der nun vorliegenden Studie wurde die Prävalenz und diePersistenz von ANA während der Pubertät untersucht. Dazu wur-den 8-13 Jährige einer klinischen Untersuchung unterzogen mitbesonderer Berücksichtigung der Pubertätsstadien und des Auf-tretens von chronisch nichtentzündlichen muskuloskelettalenSchmerzen. Zudem wurden die ANA bestimmt und jene Patien-ten mit erhöhten Titern (≥ 1:80) und/oder muskuloskelettalenSchmerzen 3 Jahre später nachuntersucht.

Von 261 Studienteilnehmern waren 12,3 % ANA positiv mitgleicher Verteilung des Geschlechts und des Pubertätsstatus. 3 Jahre später war der Anteil der ANA positiven in der Gruppe derProbanden mit muskuloskelettalen Schmerzen von 13,4% auf44,8 % gestiegen. Bei den initial ANA positiven Probanden (n=28)stieg der Titer signifikant an bei 92,9 % der Probanden. Es wurdekeine Korrelation zwischen ANA Positivität und muskuloskelet-talen Schmerzen gefunden.

Somit konnnte gezeigt werden, dass die ANA Prävalenz und dieTiter während der Pubertät ansteigen ohne dass ein Zusammen-hang zu chronisch nichtentzündlichen muskuloskelettalenSchmerzen besteht. Die Ursache könnte in den hormonellen pe-ripubertären Schwankungen liegen. Keiner der Probanden entwi-ckelte eine Autoimmunerkrankung.

Für den klinischen Alltag bedeutet dies, dass steigende peripu-bertäre ANA titer bei nichtentzündlichen Erkrankungen undSymptomen im Rahmen des physiologischen Anstiegs zu inter-pretieren und kein Anlass zu weiterer Diagnostik sind.

(Toni Hospach, Stuttgart)

Im klinischen Alltag sind wir oft mit der Relevanz erhöhter Ti-ter antinukleärer Antikörper (ANA) bei nichtinflammatorischenErkrankungen oder Symptomen konfrontiert. Oftmals werdenuns diese Patienten in der Ambulanz vorgestellt mit der Ver-

Prevalence of Antinuclear Antibodiesin Schoolchildren During Puberty and Possible Relationship with Musculoskeletal Pain: A LongitudinalStudySperotto F, Cuffaro G, Brachi S, Seguso M, Zulian F; The Journalof Rheumatology, 41: 1405-1408, Juli 2014

Häufigkeit von ANAs bei Schulkindern mit nicht-entzündlichen Schmerzen am Bewegungsapparat

Juristische Telefonsprechstunde für Mitglieder des BVKJ e.V.Die Justitiare des BVKJ e.V., die Kanzlei Dr. Möller und Partner,

stehen an jedem 3. Donnerstag eines Monats von 17.00 bis 19.00 Uhr

unter der Telefonnummer

0211 / 758 488-14für telefonische Beratungen zur Verfügung.

18. Pädiatrischer Kursus für Rheumatologie

Thema: DermatomyositisVeranstalter: Prof. Dr. med. Hans-Iko HuppertzOrt: 28177 Bremen, Prof.-Hess-Kinderklinik, Klinikum Bremen-MitteTermin: 21. – 22. November 2014Telefon: 0421/497-5411E-Mail: [email protected]

Zertifiziert mit 12 PunktenGebühr: € 50,–

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Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

496

In meiner Praxis betreue ich ein schwerstbehindertes3-jähriges Kind mit Mitochondriopathie. Das Kind weistein unklares komplexes Krankheitsbild unter anderemmit intrauteriner Wachs tumsretardierung, Hirnparen-chymschädigung, chronischer Diarrhoe, Dauersondie-rung und PEG bis 02/2011, muskuläre Hypotonie, Tra-cheostoma und einem unklaren Immun defekt (bildetkein CRP, rezidivierend Fieber, Stabilisierung nach Im-munglobulingabe, zuletzt 08/2011, Bildung spezifischerImpfantikörper) auf. Fragen:1. Sollte man bei diesem Patient eine MMRV-Impfung

durchführen?2. Sind weitere Lebendimpfungen sinnvoll oder sind bei

diesem Patient Lebendimpfstoffe kontraindiziert?Antwort:

Anamnestisch wird von einem jetzt 3-jährigen, post-partal reanimierten Kind mit Mitochondro pathie be-richtet. Es besteht u. a. auch ein Panhypopituitarismus.Ergänzende Unterlagen sprechen von einem schwer psy-chomotorisch retardierten Kind mit Gewicht auf der25ten Perzentile und Länge auf der 3ten.

Mögliche Hinweise auf einen Immundefekt ergebensich insofern, als dass das Kind rezidivierendes Fieber hatund kein C-reaktives Protein (CrP) ausbildet; hingegensollen spezifische Impfantikörper ausgebildet werden.Dabei bleibt offen in welchen Situationen das CrP be-stimmt wurde und in welchem zeitlichen Zusammen-hang zur Immunglobulingabe die Impfantikörper be-stimmt wurden und welche es waren (Mindestabstandvon 3 Monaten nach IgG-Gabe notwendig). Auch findensich in den begleitenden Anlagen leider keine Angaben zuIgG,M,A,E-Spiegeln und zu einem Blutbild mit Differen-zierung.

Bleibt man bei dem fehlenden CrP, könnte spekulativaufgrund einer möglichen fehlenden Zytokinsynthese(z. B. IL-6) ein Defekt der "Innate Immunity" vorliegen.Die neurologische Symptomatik, die sich sicherlich auchanders erklären lässt, könnte in Kombination mit einerLymphopenie auf eine Adenosindesaminase (ADA)-

oder Purinnukleosidphosphorylase (PNP)-Defizienzhinweisen. Gemeinsam wäre diesen Immundefekten,dass sie zu komplizierenden viralen Infektionen neigen,auch nach Impfung.

Ohne dass der Immundefekt näher charakterisiert ist,sollte daher bei diesem Kind keine Lebendimpfung erfol-gen. Die Gabe von Totimpfungen ist möglich.

Wichtig wäre in dieser Situation, dass eine adäquateUmgebungsprophylaxe stattfindet. Anamnestisch im-mungesunde Angehörige können dabei auch mit Le-bendimpfungen geimpft werden; ggf. sollte bei Auftretenvon Impf-Varizellen beim Impfling eine Aciclovirpro-phylaxe beim erkrankten Kind vorgenommen werden.MMR-Impfviren werden nicht übertragen. Selbst -verständlich sollte die jährliche Grippeimpfung durchge-führt werden, auch für den o. g. Patien ten. Das Risiko,dass durch die Verwendung des attenuierten Lebend-Grippeimpfstoffes Impf viren übertragen werden, ist ge-ring. Immundefiziente Patienten, die ausreichend Hel-ferzellen (> 800/μl) bzw. Lymphozyten (> 1.000/μl) hat-ten, konnten unproblematisch geimpft werden.

Unter Berücksichtigung der Fachinformation vonFluenz®, die darauf hinweist, dass immun defiziente Pa-tienten nicht geimpft werden sollen, ist auf einen Tot-impfstoff zurückzugreifen. Säuglinge in der Umgebungdes o. g. Patienten können gegen Rotaviren geimpft wer-den. Die Ausscheidung des Virus tritt etwa in den ersten7 Tagen auf und ist nach der ersten Gabe am Höchsten.Die Einhaltung der Handhygiene wird von der AmericanAcademy of Pediatrics für ausreichend gehalten.

Literatur beim Herausgeber

Priv.-Doz. Dr. med. Hans-Jürgen LawsKlinik für Kinder Onkologie, Hämatologie und Klinische Immu-nologieMoorenstr. 540225 Düsseldorf

Lebendimpfungen bei Patienten mitMitochondriopathie

Priv.-Doz. Dr. med. Hans-Jürgen Laws

CONSILIUM

Das „CONSILIUM“ ist ein Service im „KINDER- UND JUGENDARZT“, unterstützt von INFECTO PHARM. Kin-der- und Jugendärzte sind eingeladen, Fragen aus allen Gebieten der Infektiologie an die Firma InfectoPharm, z. Hd.Frau Dr. Kristin Brendel-Walter, Von-Humboldt-Str. 1, 64646 Heppenheim, zu richten. Alle Anfragen werden vonnamhaften Experten beantwortet. Für die Auswahl von Fragen zur Publikation ist der Chefredakteur Prof. Dr. Hans-Iko Huppertz, Bremen, redaktionell verantwortlich.Alle Fragen, auch die hier nicht veröffentlichten, werden umgehend per Post beantwortet. Die Anonymität des Fragersbleibt gegenüber dem zugezogenen Experten und bei einer Veröffentlichung gewahrt.

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KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

Jugendliche sind ein schwieriges Klientel, das zu erzie-lende Honorar ist unangemessen! Diese Aussage gilt häu-fig bei den schwierigen Beratungsthemen. Unterteilt manaber Jugendmedizin in der Praxis in vier Bereiche, lässtsich damit das zu erreichende Honorar besser abbildenund die Diskussion wird überschaubarer. Da sind die or-ganischen Erkrankungen, die in akute (I) und chronische(II) aufgeteilt werden, wobei nicht bei jedem Arzt – Pa-tienten- Kontakt die chronischen Beschwerden themati-siert werden. Da sind die psychischen bzw. psychosoma-tischen Störungen (III) und da sind die präventiven Leis-tungen (Früherkennungsuntersuchungen und Impfun-gen (IV) (Tab. 1). Die folgenden Empfehlungen sind fürdiejenigen, die das RLV nicht ausnutzen, von ganz beson-derer Bedeutung.

Jeder kurative Vorstellungsanlass löst die Versicher-tenpauschale (GNr 04002 ab Beginn des 5. bis zum voll-endeten 18. Lebensjahr, 150 Pkt.) aus. Gar nicht so selten

sind GOÄ-Leistungen wie Schulunfälle, Sport- und Rei-sebescheinigungen, Bescheinigungen zur Infektfreiheit.Alles eher kurze Kontakte, die aber unbedingt zur Über-prüfung des Impfstatus genutzt werden sollten.

Sobald es sich um chronische Erkrankungen handelt,die einer längeren Beratung bedürfen, ist die GNr04230erfüllt, auch mehrfach! Viele chronisch kranke Jugendli-che reagieren auf die mit der Erkrankung verbundenenBewältigungsanforderungen mit psychosomatischen Be-schwerden. Die GNr 35100 und GNr 35110 können abernur zum Ansatz gebracht werden, wenn eine Abrech-nungsgenehmigung vorliegt. Aber die Übergänge sindfließend. Mit der Teilnahme am Kurs zur psychosomati-schen Grundversorgung wird zum einen die Abrech-nungsgenehmigung erworben, zum anderen wird dieWahrnehmung der psycho-sozialen Dimensionen einerErkrankung deutlich verbessert.

Beim Vorliegen psychischer/psychosomatischer Be-schwerden sind aber nicht nur die GNr 35100 und GNr35110 in Ansatz zu bringen. Von weiterer, wesentlicherBedeutung ist es, genaue Kenntnisse zu haben, ob auchdie sozialpädiatrische GNr 04355 anzusetzen ist. Wirddie Problemkonstellation genau definiert, ist die GNr04355 auch schon bei den chronischen Erkrankungenabrechnungsfähig (Tab. 2)(aber nicht am selben Tag ne-ben 04230), insbesondere bei F45.0 ff., Somatisierungs-störung, F60-F69 Persönlichkeits- und Verhaltensstö-rungen, F80-F89 Entwicklungsstörungen, F90-F98 Ver-haltens- und emotionale Störungen mit Beginn in derKindheit und Jugend. Dafür aber ist wiederum keine wei-tere Qualifikation notwendig und die GNr 04355 ist so-wohl neben der GNr 04230 als auch neben GNr 33100und GNr 33110 abrechnungsfähig, .

Ein sehr vernachlässigter Abschnitt der Gebührenord-nung ist der Einsatz von Fragebögen und Testverfahren:GNr 35300 Anwendung und Auswertung standardi-sierter Testverfahren und GNr 35301 Anwendung undAuswertung von psychometrischen Testverfahren.

Im EBM steht zu beiden Ziffern eine identische An-merkung: „Diese Gebührenordnungspositionen sindnur für Ärzte mit den Gebietsbezeichnungen Nerven-heilkunde, Neurologie, Psychiatrie, Kinder- und Jugend-psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychothe-rapie und Kinder- und Jugendmedizin sowie für Ver-tragsärzte und -therapeuten, die über eine Abrechnungs-genehmigung für Psychotherapie nach den Psychothera-pie-Vereinbarungen verfügen, berechnungsfähig. Beidesind mit Ausnahme der Indikationsstellung, Bewertungbzw. Interpretation, schriftlichen Aufzeichnung grund-sätzlich delegierbar.“

Standardisierte Testverfahren und psychometrischeTestverfahren gehören in jede jugendmedizinische Pra-xis. Sie strukturieren und verkürzen die Anamnese, siesind wiederholt verwertbare Dokumente im Verlauf, sie

Jugendmedizin – lohnt sich das?

Erkrankungen Jugendlicher

Akut- organische (I)• Infekte• Unfälle • Genitalerkrankungen

Chronisch- organische (II)• Schilddrüsenerkrankungen• Skoliosen• Allergien• Adipositas• Neurodermitis / Psoriasis• Diabetes mellitus• Asthma Bronchiale• Akne• Anfallsleiden

Psychisch – psychosomatisch (III)• Essstörungen• Ängste, Panik, Zwänge• Drogen, Computer/Internet - Suchtprobleme• Schulversagen• Konzentrationsstörungen /ADHS• Gewalt - Kriminalität• Depressionen / Psychosen• Suizidalität• Selbstverletzungen

Prävention (IV)• Jugendgesundheitsuntersuchungen• HPV- Impfungen• Nachhol- und Catch-up- Impfungen• Reiseimpfungen

Tab.1

Berufsfragen498

Dr. Uwe

Büsching

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Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

499

sind zeitgetaktet abrechenbar und vor allem delegierbar.Und sie erfordern keine zusätzliche formale Qualifika-tion, der Besuch entsprechender Seminare wird aberempfohlen. Zudem dokumentieren sie, dass der behan-delnde Arzt über weiterreichende Kenntnisse zur Diag-nostik verfügt. Die Auseinandersetzung mit dem Themaist also in jedem Fall lohnend. Die Auswertung der übli-chen psychometrischen Testverfahren ist einfach, klarstrukturiert und wenig zeitaufwendig. Ausgewertet wirdin der Regel von einer eingewiesenen MFA, wenn dieseim aktuellen Praxisablauf entbehrlich ist! Wer dann ersteinmal auf den Geschmack gekommen ist, wird Testver-fahren auch im Vor- und Grundschulalter einsetzen.Während die sozialpädiatrische Ziffer (GNr 04355) ex-trabudgetär vergütet wird, es für die psychosomatischeGrundversorgung ein QZV gibt, sind hausärztliche Bera-tung und Testverfahren (i.d.R.) im RLV.

Ein weiteres und hier letztes Kapitel ist dann wiederextrabudgetär und zudem ohne Mengenbegrenzung: diePrävention. J1, J2 und auch Impfungen, auch Reiseimp-fungen, sind unabhängig von den Ziffern zu Testverfah-ren, Psychosomatik, hausärztlicher Beratung unbegrenztabrechenbar, wenn diese Leistungen auch erbracht wer-den. Viele Präventionsleistungen erfordern gute Praxis-strukturen, geschulte Mitarbeiterinnen und Recall- undRemindersysteme.

Alles in allem ist die heutige Situation besser als derRuf. Ein Blick auf die von den KVn zur Verfügung gestell-ten Daten zeigt, dass viel zu wenig Kinder- und Jugend-ärztinnen und – ärzte diesen Strauß von Möglichkeitennutzen.

Eben weil die Psychosomatik und die hausärztlicheBeratung einer Mengenbegrenzung unterliegen, wäre esfür die Verbesserung der Honorierung der Jugendmedi-zin wünschenswert, dass die Diagnosen und ggf. Behand-lung von ADHS und frühen Depressionen unbudgetiertund gesondert abgerechnet werden könnten. Für den Be-reich der Prävention wäre es sehr sinnvoll, wenn dieSchilddrüsensonographie aufgenommen würde.

Dr. Uwe BüschingDer Autor ist Sprecher des Ausschusses Jugendmedizin im BVKJ,Mitglied des Vorstandes33611 BielefeldE-Mail: [email protected]

Red: ReH

499

Laut der Legende des EBM ist die Gebührenordnungsposition 04355nur bei mindestens einer der im Folgenden genannten Erkrankungenberechnungsfähig:

• G25 Sonstige extrapyramidale Krankheiten und Bewegungsstö-rungen

• G31 Sonstige degenerative Krankheiten des Nervensystems, an-derenorts nicht klassifiziert

• G40 Epilepsie

• G43 Migräne

• G44.2 Spannungskopfschmerz

• G80 Infantile Zerebralparese

• F45.0 Somatisierungsstörung

• F45.1 Undifferenzierte Somatisierungsstörung

• F45.2 Hypochondrische Störung

• F45.3 Somatoforme autonome Funktionsstörung

• F45.4 Anhaltende Schmerzstörung

• F45.8 Sonstige somatoforme Störungen

• F60-F69 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen

• F80-F89 Entwicklungsstörungen

• F90-F98 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn inder Kindheit und Jugend

• R27.8 Sonstige Koordinationsstörungen

Bei der Nebeneinanderberechnung diagnostischer bzw. therapeuti-scher Gebührenordnungspositionen und der Gebührenordnungsposi-tion 04355 ist eine mindestens 15 Minuten längere Arzt-Patienten-Kontaktzeit als in den entsprechenden Gebührenordnungspositionenangegeben Voraussetzung für die Berechnung der Gebührenordnungs-position 04355.

Abrechnungsausschluss Leistungen in derselben Sitzung (01210,01214, 01216, 01218) Kapitel 30.11, 30.3, 35.1, 35.2, aber im selbenQuartal

Bewertung Gesamt (Punkte): 145, Gesamt (€): 14,69

Die EBM-Ziffern 04230 und 04355 sind nebeneinander berechnungs-fähig, allerdings erfordert der zusätzliche Ansatz der EBM-Ziffer 04355zur EBM-Ziffer 04230 eine 15 Min. längere Gesprächsdauer

Newsletter +++++++In der ersten Septemberwoche erscheint der Newsletter Nr. 3 des BVKJ.

Er wird an alle Mitglieder, die in der Geschäftsstelle ihre Mail-Adresse hinterlegt haben, gesendet.

Er kann auch in PädInform im Ordner BVKJ Aktuell eingesehen werden.

Tab.2

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Berufsfragen500

Die Jugendämter in Deutschland führ-ten im Jahr 2013 knapp 116 000 Verfahrenzur Einschätzung der Gefährdung des Kin-deswohls durch, etwa 9000 mehr als 2012.

Eine Gefährdungseinschätzung wirdvorgenommen, wenn dem Jugendamt ge-wichtige Anhaltspunkte für die Gefähr-dung des Wohls eines/einer Minderjähri-gen bekannt werden und es sich daraufhinzur Bewertung der Gefährdungslage einenunmittelbaren Eindruck von dem Kindbeziehungsweise Jugendlichen sowie sei-ner Lebenssituation macht. Von allen Ver-fahren bewerteten die Jugendämter 17 000eindeutig als akute Kindeswohlgefähr-

dung. Bei 21 000 Verfahren konnte eineGefährdung des Kindes nicht ausgeschlos-sen werden. In nahezu jedem zweiten Ver-fahren wurde jedoch ein Hilfe oder Unter-stützungsbedarf durch das Jugendamtfestgestellt.

Knapp zwei von drei Kindern, bei de-nen eine akute oder latente Kindeswohlge-fährdung vorlag, wiesen Anzeichen vonVernachlässigung auf. In 26 % der Fällewurden Anzeichen für psychische Miss-handlung festgestellt. Ähnlich häufig,nämlich mit einem Anteil von 23 %, wie-sen die Kinder Anzeichen für körperlicheMisshandlung auf. Anzeichen für sexuelle

Gewalt wurden in 5 % der Verfahren fest-gestellt. Jungen waren gleich häufig betrof-fen wie Mädchen, und jedes vierte Kindwar jünger als drei Jahre. Drei- bis fünfjäh-rige Kinder waren von 20 % der Verfahrenbetroffen. Mit 22 % waren Kinder imGrundschulalter (6 bis 9 Jahre) beteiligtund mit 18 % Kinder im Alter von 10 bis 13Jahren. Für Jugendliche (14 bis 17 Jahre)betrug der Anteil an allen Verfahren 15 %.

Meldungen von Ärzten seltenAm häufigsten, nämlich bei 22 500 Ver-

fahren (19 %), machten Polizei, Gerichtoder Staatsanwaltschaft das Jugendamt aufeine mögliche Kindeswohlgefährdungaufmerksam. Bei gut 14 % gingen Jugend-ämter Hinweisen durch Bekannte oderNachbarn nach, in 12% denen von Schulenoder Kindertageseinrichtungen. Nur 7,5%der Hinweise kamen von Ärzten oder Heb-ammen.

Große Unterschiede gab es bei der Häu-figkeit von Meldungen und Gefährdun-gen. Akute Kindeswohlgefährdungen wur-den beispielsweise in Berlin 587 Mal proeiner Million Einwohner registriert, inNiedersachsen betrug die Häufigkeit116/Million (Abb. 1).

Weitere Informationen finden Sie aufden Internetseiten des Statistischen Bun-desamtes unter www.destatis.de

Kup

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

17 000 akute Kindeswohlgefährdungen 2013

Abb. 1: Anzahl der akuten Kindeswohlgefährdungen 2013 pro eine MillionEinwohner (von Hamburg liegen keine Zahlen vor).

Mitglieder-

Info!

Wahlaufruffür den Landesverband Baden-Württemberg

Termingerecht findet vom 15.09. bis 06.10.2014 die Wahl des Landesverbands vor sitzen den, seiner Stellvertreter, der Delegierten, der Ersatzdelegierten sowie des Schatzmeisters statt.

Die Geschäftsstelle organisiert die Briefwahl, die bis zum 06.10.2014 abgeschlossen sein muss (Eingang in der Geschäfts-stelle).

Ich bitte alle Mitglieder im Landesverband Baden-Württemberg, sich an der Wahl zu beteili gen und von ihrem Stimm-recht Gebrauch zu machen.

Dr. med. Klaus Rodens, LangenauLandesverbandsvorsitzender

Berlin

Mecklenburg-Vorpommern

Bremen

Brandenburg

Sachsen

Bayern

Deutschland

Rheinland-Pfalz

Nordrhein-Westfalen

Thüringen

Hessen

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Baden-Württemberg

Saarland

Niedersachsen

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Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

501501

Mitglieder-

Info!

Wahlaufruffür den Landesverband Mecklenburg-Vorpommern

Termingerecht findet vom 3.11.2014 bis 24.11.2014 die Wahl des Landesverbandsvorsitzenden, seiner Stellvertreter, der Ersatzdelegierten und des Schatzmeisters statt.

Die Geschäftsstelle organisiert die Briefwahl, die bis zum 24.11.14 abgeschlossen sein muss (Eingang in der Geschäftsstelle).

Ich bitte alle Mitglieder im Landesverband Mecklenburg-Vorpommern, sich an der Wahl zu beteiligen und von ihremStimmrecht Gebrauch zu machen.

Dr. med. Susanne Schober, Wolgast Landesverbandsvorsitzende

Mitglieder-

Info!

Wahlaufruffür den Landesverband Schleswig-Holstein

Termingerecht findet im November 2014 die Wahl des Landesverbandsvorsitzenden, seiner Stellvertreter, der Beisitzer sowie der Ersatzdelegierten statt.

Die Wahl wird durchgeführt am

Datum: 08.11.2014Adresse: Atlantic Hotel Kiel

Raiffeisenstr. 224103 Kiel

auf der Herbsttagung des Landesverbandes Schleswig-Holstein, zu der zu gegebener Zeit schriftlich eingeladen wird.

Ich bitte alle Mitglieder im Landesverband Schleswig-Holstein, sich an der Wahl zu beteiligen und von ihrem StimmrechtGebrauch zu machen.

Dehtleff Banthien, Bad OldesloeLandesverbandsvorsitzender

Mitglieder-

Info!

Wahlaufruffür den Landesverband Sachsen

Termingerecht findet vom 24.11. bis 15.12.2014 die Wahl des Landesverbandsvorsitzenden, seiner Stellvertreter, der Bei-sitzer sowie der Ersatzdelegierten statt.

Die Geschäftsstelle organisiert die Briefwahl, die bis zum 15.12.2014 abgeschlossen sein muss (Eingang in der Geschäfts-stelle).

Ich bitte alle Mitglieder im Landesverband Sachsen, sich an der Wahl zu beteiligen und von ihrem Stimmrecht Gebrauchzu machen.

Dr. med. Klaus Hofmann, ChemnitzLandesverbandsvorsitzender

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Die 87. Gesundheitsministerkonferenz(GMK) 2014 hat in Hamburg Beschlüssegefasst, die Pädiater aufhorchen lassensollten. Manche Forderungen und Anre-gungen, die von den Fachministern derLänder in Anwesenheit von Bundesminis-ter Gröhe einstimmig beschlossen wur-den, hat der BVKJ seit Jahren erhoben.

Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes

Nach Ansicht der GMK ist der Öffentli-che Gesundheitsdienst neben der ambu-lanten und stationären Versorgung diedritte tragende Säule des Gesundheitswe-sens. Er nehme bevölkerungsmedizinischeAufgaben wahr und sei sozialkompensato-risch tätig. Der Öffentliche Gesundheits-dienst müsse für Ärztinnen und Ärzte at-traktiver werden. Die GMK möchte denÖGD daher ausreichend personell und fi-nanziell ausstatten. Fachliche Inhalte desÖffentlichen Gesundheitsdienstes sollenin die ärztliche Ausbildung integriert wer-den. Dafür sei es erforderlich das Fachge-biet „Öffentliche Gesundheit stärker imMedizinstudium zu verankern und Prak-tika, Famulaturen und Teile des prakti-schen Jahres im ÖGD zu ermöglichen.

Nationaler Impfplan

Der Bund zugesagt hat, die Hälfte derKosten der Geschäftsstelle NationalerImpfplan am Bayerischen Landesamt fürGesundheit und Lebensmittelsicherheit(LGL) zu übernehmen. Dort werden län-derübergreifend Strategien zur Verbesse-rung der Impfraten verfolgt. Nun drängtdie GMK, dass für die Errichtung und dau-erhafte Finanzierung dieser Geschäfts-stelle zeitnah eine gemeinsame Verwal-tungsvereinbarung zwischen dem Bundund den Ländern geschlossen wird.

Gesund aufwachsen für alle

Der kommunale Partnerprozess „Ge-sund aufwachsen für alle!“ führt Kommu-nen zusammen, die Präventionsketten zurFörderung der Gesundheit von Kindernund Jugendlichen aufbauen. Gesundheit-schancen von sozial benachteiligen Kin-dern und Jugendlichen sollen nachhaltigverbessert werden. Anhalt von zwölf Qua-litätskriterien wurden Good Practice An-gebote identifiziert, die besonders belas-tete Familien in ihren Ressourcen stärken.Diesen Partnerprozess möchte die GMKim Rahmen der vorhandenen Koopera-tonsstrukturen in den Ländern und Kom-

munen stärken. Sie wünscht, dass die Ge-setzlichen Krankenkassen sich beteiligenund die Koordinierungsstellen über diebereits bestehende Strukturförderung hi-naus finanziell unterstützen. Die Kultus-ministerkonferenz der Länder ist aufgefor-dert, „Gesund aufwachsen“ durch eine sys-tematische Verankerung von Gesundheits-förderung in den Schulen und auch in denKindertageseinrichtungen zu unterstüt-zen.

Präventionsgesetz überfällig

Die GMK hat den Bund gebeten, einenZeitplan für das Gesetzgebungsverfahrenzum „Gesundheitsförderungs- und Prä-ventionsgesetz“ vorzulegen. Gemeint sindhier nicht die Früherkennungsuntersu-chungen, sondern eine alltagsnahe Gestal-tung und Intensivierung von langfristigangelegten Prozessen der Gesundheitsför-derung und primärer Prävention insbe-sondere in den Lebenswelten (z.B. Familie,Kindertagesstätte, Schule). Dies wurde be-reits im letzten Jahr in einer Entschließungdes Bundesrates gefordert. Alle Sozialver-sicherungsträger und auch die privatenKrankenversicherungen sollen zur Finan-zierung einbezogen werden.

Kup

Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

502

Alte Forderungen neu aufgelegt

In keinem wissenschaftlichen Fach istder Anteil der Frauen an der Gesamtzahlder Hochschulabsolventen in den vergan-genen zehn Jahren so stark angestiegen wiein der Humanmedizin. Von 49 Prozent imJahr 2002 ist der Frauenanteil zum Jahr2012 auf 65 Prozent angestiegen. Das gehtaus der neuen Broschüre „Auf dem Wegzur Gleichstellung? Bildung, Arbeit undSoziales – Unterschiede zwischen Frauenund Männern“ des Statistischen Bundes-amtes hervor.

Über alle Fächer hinweg liegt der Frau-enanteil in der Veterinärmedizin amhöchsten (84 Prozent, vor zehn Jahren lager bei 77 Prozent), es folgen Sprach- undKulturwissenschaften (76 Prozent, 2002:

72 Prozent) sowie Kunst und Kunstwissen-schaften (66 Prozent, 2002: 64 Prozent).

Im Durchschnitt saß 2012 auf jederfünften Professorenstelle eine Frau -damithat sich der Frauenanteil hier gegenüber2002 fast verdoppelt. In der Humanmedi-zin waren 2012 17 Prozent der Professo-renstellen von Frauen besetzt. Die meistenProfessorinnen gibt es bei den Sprach- undKulturwissenschaften (35 Prozent), gefolgtvon Kunst und Kunstwissenschaften (29Prozent) und der Veterinärmedizin (24Prozent). Niedriger als in der Humanme-dizin lag der Frauenanteil nur in denMINT-Fächern: Mathematik und Natur-wissenschaften (14 Prozent), Ingenieurs-wissenschaften (zehn Prozent).

Im Gesundheits- und Sozialwesen lagder Anteil von Frauen in Führungsposi-tion bei 54 Prozent. Zu dieser Branche zäh-len auch alle angestellten Ärztinnen undÄrzte.

Insgesamt verdienten Frauen im Jahr2013 mit einem Bruttostundenverdienstvon durchschnittlich 15,56 Euro 22 Pro-zent weniger als Männer. Damit blieb derUnterschied im Vergleich zum Vorjahr un-verändert. Im Gesundheits- und Sozialwe-sen war der Unterschied mit 25 Prozentnoch größer. Frauen verdienten hier imDurchschnitt 15,78 Euro pro Stunde,Männer 21,03 Euro.

Red: ReH

Zwei Drittel der Medizinabsolventen sind Frauen

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Vor 20 Jahren trat dieUN-Kinderrechtskon-vention in Kraft. Dochnoch immer wird sie inDeutschland nicht kon-sequent umgesetzt.Zahlreiche Verbände,darunter der bvkj, ha-ben immer wieder ge-fordert, dass die Rechtevon Kindern im Grud-gesetz festgeschriebenwerden. Immer wiederwurden diese Forderun-gen zurückgewiesen,unter anderem mit demHinweis, dass Kinder-rechte als Menschen-rechte in unserer Verfas-sung bereits ausreichen-den Schutz genießenwürden. Dennochzeigte die Realität, dasssie häufig hinter denRechten der Eltern zu-rückstehen müssen. Nun will die SPD eineVerankerung der Kinderrechte im Grund-gesetz. Bundesministerin Manuela Schwe-sig, stellvertretende SPD-Parteivorsit-zende, fordert, dass Kinderrechte einge-klagt werden können.

Die am 5. April 1992 in Kraft getreteneUN-Kinderrechtskonvention wurde ausSicht des Deutschen Kinderhilfswerks(DKHW) bislang nur enttäuschend um-gesetzt. So seien beispielsweise die Kinder-rechte, entgegen der Empfehlung des zu-ständigen UN-Ausschusses in Genf, nochimmer nicht im deutschen Grundgesetzverankert. „Kinder werden hierzulandenicht genügend Wert geschätzt“, beklagteHeide-Rose Brückner, Bundesgeschäfts-führerin des Kinderhilfswerks.

Kinderrechte müssen einklagbar sein

Ministerin Manuela Schwesig sprichtsich für eine Aufnahme der Kinderrechteins Grundgesetz aus: Kinderrechte müs-sen einklagbar sein. "Nach 20 Jahren UN-Kinderrechtskonvention gibt es weltweitimmer noch viel zu tun, damit endlich alleKinder zu ihrem Recht auf ein gesundes

und gleichberechtigtes Aufwachsen kom-men", so Schwesig. "Auch in Deutschlandmüssen wir uns mehr um die Kinder küm-mern. Obwohl wir eines der reichsten Län-der der Erde sind, wachsen hier zu vieleKinder in Armut auf." Neben der materiel-len Armut sieht die Ministerin auch dasProblem, dass Bildungsarmut, gesund-heitlicher Beeinträchtigung und sozialeAusgrenzung die Lebenschancen vielerKinder gefährden. Die Bundesregierung"muss endlich den Weg frei machen, damitdie Kinderrechte in die Verfassung aufge-nommen werden können. Kinder sollenausdrücklich als Träger von Grundrechtenbenannt werden und nicht nur im Rah-men der Elternrechte."

Weltweit gültige Grundwerte

Die UN-Konvention über die Kinder-rechte formuliert weltweit gültige Grund-werte im Umgang mit Kindern - über so-ziale, kulturelle, ethnische oder religiöseUnterschiede hinweg. Die UN-Vollver-sammlung nahm die Konvention 1989 an.Mit Ausnahme der USA und Somaliaswurde sie nach Angaben des Kinderhilfs-werks Unicef mittlerweile von allen Staa-

ten ratifiziert. 1992 trat die Konvention inDeutschland in Kraft.

Die Konvention listet zehn Grund-rechte auf: Dazu zählen das Recht auf Ge-sundheit, Bildung und Ausbildung, Spielund Erholung oder das Recht auf gewalt-freie Erziehung im Sinne der Gleichbe-rechtigung und des Friedens. Auch derSchutz vor Grausamkeit, Vernachlässi-gung, Ausnutzung und Verfolgung gehörtdazu.

Kritiker einer Aufnahme der Kinder-rechte ins Grundgesetz befürchten, dassdiese Festschreibung in erster Linie dazudiene, die Elternrechte auszuhöhlen. DemStaat und den Jugendämtern würde damitzu viel Freiraum gegeben. Das Erziehungs-recht der Eltern würde ausgehebelt. DieseKritiker setzen das Elternrecht über dasRecht der Kinder und strafen damit dieBehauptung, dass Kinderrechte ausrei-chend durch die Menschenrechte gesi-chert seien Lüge. Sehr deutlich wurde diehöhere Bewertung des Elternrechtes im„Beschneidungsgesetz“ 2012. Schwesighält die höhere Bewertung von Elternrech-ten für falsch. Quelle: www.manuela-schwesig.de Kup

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Bundesministerin Manuela Schwesig: Kinderrechte gehören ins Grundgesetz

Foto: © Yvonne Bogdanksi – Fotolia.com

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Oft sind, gerade auf dem Lande,Kinder- und Jugendärzte Einzel-kämpfer auf weiter Flur und ohnefachliche Austauschmöglichkeit.Zwar haben sich durch „Dr. Google“die Kommunikations- und Informa-tionsmöglichkeiten explosionsartigverbessert, die Fülle der Informatio-nen spiegelt jedoch häufig nicht ihreRelevanz wider und verwirrt eher, alsdass sie nutzt – das sehen wir bei un-seren Patienten-Eltern, macht aberauch vor uns nicht halt. Auch sind

viele allgemeine Informationennicht pädiatrierelevant. So ist PädIn-form für viele bereits der „kurzeDienstweg“ geworden, um schnellpraxisnahe Information für fast allepädiatrischen Lebenslagen zu be-kommen: Mit PädInform müssenKinder- und Jugendärzte ihren Pra-

xisalltag nicht mehr alleine bewälti-gen. Nutzen wir alle dieses Kommu-nikationsforum als unser Netz – jemehr Nutzer, desto umfassender derInformationsfluss und desto besserdie interne Kommunikation.

Für die, die es noch nicht kennen:PädInform ist das deutschlandweite,zugangskontrollierte und passwort-geschützte Intranet für Kinder- und Jugendärzte im BVKJ. Betreiberist die gemeinnützige Kinderärztli-che Beratungsstelle „Kinderumwelt

GmbH“ in Osnabrück. Die teilneh-menden Ärzte erhalten alle Informa-tionen ihre Berufsverbandes sowieder Landesverbände, die je ein eige-nes Forum haben. So können wir beiakuten berufspolitischen „Bedro-hungen“ und Aktionen blitzschnellkommunizieren, frei diskutieren

oder gar anonymen Rat einholen. Inanderen Foren können schwierigeFälle und nützliche Adressen ebensoausgetauscht werden wie kniffeligeImpffragen. Abrechnungs- und Ho-norarfragen werden von den Hono-rarbeauftragten schnell beantwortet.Alle Abrechnungsvorlagen und Ver-träge sind mitsamt der notwendigenVordrucke und Unterlagen abrufbarund werden ständig aktualisiert.Auch die lokalen Pädnetze sind inPädInform vertreten. Selbst für dieverschiedenen Praxis-Softwarepro-gramme stehen eigene Diskussions-foren zur Verfügung. Der Zugang zuden einzelnen Foren kann je nachSatzung frei oder beschränkt sein.Unterforen stehen Obleuten undVorständen zur Verfügung. JederTeilnehmer hat eine eigene Mailboxund eine eigene Adresse im System,sodass Fragen persönlich an einzelneTeilnehmer oder öffentlich in denForen gestellt werden können. Dieeigene Visitenkarte erlaubt, sich vor-zustellen, aber auch, dem zugangs-kontrollierten Teilnehmerkreis nichtöffentliche Telefonnummern undAnschriften mitzuteilen. Jeder kannsich seine Startseite beliebig mit denfür ihn wichtigsten Foren konfigu-rieren.

Wer steckt dahinter? Das von der„Kinderumwelt“ gestaltete Dachnetz„uminfo.de“ vernetzt seit 1994 dieFachöffentlichkeit im Gesundheits-wesen untereinander. Die Fachnetzewerden von der gemeinnützigenKinderumwelt GmbH in Osnabrückin Zusammenarbeit mit Partnernbetrieben, so PädInform® in Zusam-menarbeit mit dem Berufsverbandder Kinder- und Jugendärzte e.V.(BVKJ) in Köln. PädInform steht al-

PädInform – der "kurze Dienstweg" fürKinder- und Jugendärzte

Dr. Stephan Heinrich Nolte

Internet in der Praxis? Auf keinen Fall: Viel zu unsicher, viel zu aufwendig! So denken viele Kin-der- und Jugendärztinnen und -ärzte. Die Service GmbH bekommt die Technikabstinenz täglichzu spüren. Viele MFA rufen dort an, weil sie Fragen zu Verträgen haben. Mit Pädinform in derPraxis wären die Infos nur ein paar Mausclicks entfernt. Aber das Intranet erleichtert darüber hi-naus auch das Arbeitsleben - ein Erfahrungsbericht.

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Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

len Verbandsmitgliedern in Praxen, Kli-niken sowie im Öffentlichen Gesund-heitswesen zur Verfügung. Für die Me-dizinischen Fachangestellten in kinder-und jugendärztlichen Fachpraxen ist eineigenes Netzwerk, „Praxisfieber“, einge-richtet. Animieren Sie auch Ihre Helfe-rinnen, sich diesem Forum anzuschlie-ßen, auch für sie ist das Intranet das Torzur Berufswelt und sie sind auf derHöhe der Zeit, vor allem, was die immerdifferenzierteren und komplizierterenadd-on Verträge und Integrierte Versor-gung angeht. Andere Portale beiuminfo.de sind das ÖGD-Portal fürMitarbeiter im Öffentlichen Gesund-heitsdienst und das „UmInfo-AllInfo“Portal für alle Fachgruppen im Gesund-heitswesen mit Interesse an Umweltme-dizin und Allergologie.

Wie kommt man in PädInform?Zum einen über das Internet und dieAdresse www.uminfo.de. Der komfor-tabelste Zugangsweg erfolgt über dieEinwahlsoftware FirstClass. Sie kann beiwww.uminfo.de kostenfrei herunterge-laden werden kann. Sie erlaubt eineschnelle Einwahl in das System und bie-tet alle Funktionen wie Mail, Instant-Messaging/Chat, Fax-Gateway, den Zu-gang zu Datenbanken mit vielen Such-funktionen, einen Kalender mit Ter-minplanung und viele Web 2.0-Anwen-dungen. Der Zugang ist seit neuestemauch als FirstClass-App für Smartpho-nes/Tablets möglich, wobei das Pro-gramm als kostenloser Download beiApp Store bzw. Google Play Store erhält-lich ist und die meisten Kommunikati-

onsfunktionen der Vollversion enthält.Die Kinderumwelt empfiehlt, aus

Gründen der Datensicherheit und desDatenschutzes für die Nutzung des Päd-Inform einen preiswerten PC oder Lap-top zu nutzen, der nicht an das Praxis-netz angeschlossen ist. Die Internetan-bindung kann preiswert und ausrei-chend schnell über einen Mobilfunk-Surfstick mit Flatrate erfolgen.

Für mich ist seit fast zwanzig Jahrender tägliche Blick in PädInform unver-zichtbar geworden: Auf meinem Desk-top figuriert neben meiner Mailbox derBVKJ, der Landesverband, das Impffo-rum, das allgemeine DiskussionsforumPädiskurs, Tipps&Tricks, das EDV-Fo-rum meiner Praxis-Software, die Pres-searbeit, die DGAAP, die ATP und vielesmehr; neue Nachrichten erkenne ich am„roten Fähnchen“ – und was nicht inte-ressiert, klicke ich weg. Die Kommuni-kation über PädInform: das „Braten imeigenen Saft“ hat ein Ende. Ich wünschemir, dass alle Pädiater über dieses Fo-rum erreichbar sind – auch in meinerlangjährigen Eigenschaft als Bezirksob-mann des BVKJ würde es mir die Arbeitsehr erleichtern, denn über die Funk-tion „Chronologie“ kann ich bei Aus-sendungen sofort sehen, wer die Nach-richt bekommen hat.

Dr. Stephan Heinrich Nolte

35039 Marburg

E-Mail: [email protected]

Red: ReH

Service-Nummer der Assekuranz AG für Mitglieder des Berufsverbandes

der Kinder- und Jugendärzte

Den bewährten Partner

des BVKJ in allen Versicherungsfragen,

die Assekuranz AG,

können Sie unter der folgenden

Servicenummer erreichen:

(02 21) 6 89 09 21.

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Die erste Phase des bundesweiten Leseförderprogramms „Le-sestart – Drei Meilensteine für das Lesen“, das vom Bundesminis-terium für Bildung und Forschung finanziert und von der Stif-tung Lesen durchgeführt wird, läuft aus. Dank des großen Enga-gements von rund 5.000 niedergelassenen Kinder- und Jugend-ärzten haben seit 2011 rund 60 Prozent aller Familien eines voninsgesamt 1,2 Mio. Lesestart-Sets erhalten.

Einer der teilnehmendenKinder- und Jugendärzte istKlemens Senger vom Medizini-schen Versorgungszentrum fürFamilien in Berlin, der sich vonAnfang an für Lesestart einge-setzt hat. Zum Auslaufen derersten Programmphase habenwir Klemens Senger zu seinenErfahrungen mit Lesestart, zur Umsetzung des Programms in sei-ner Praxis und zum zukünftigen Umgang mit dem Thema „früh-kindliche Sprach- und Leseförderung“ befragt:

Seit wann nehmen Sie am Lesestart-Programm teil?Wir waren bereits bei der Kampagne „Lesestart – Die Lese-Ini-

tiative für Deutschland“ dabei, die dem bundesweiten frühkind-

lichen Leseförderprogramm „Lesestart – Drei Meilensteine fürdas Lesen“ voranging. So richtig los ging es bei uns aber erst imHerbst 2011 mit der Auftaktveranstaltung zur ersten Programm-phase, zu der wir die damalige Bundesministerin für Bildung undForschung Annette Schavan bei uns in der Praxis begrüßen durf-ten.

Wie informieren Sie die El-tern im Rahmen der U6 überLesestart?

Lesen, Erzählen und Singensind schon immer Themen ge-wesen, die wir im Rahmen derU6-Untersuchung angespro-chen haben. Die Lesestart-Setsnutzen wir im Rahmen der U6als Aufhänger, um mit den El-tern über diese Themen zu re-

den: Mithilfe der Sets können wir ganz praktisch zeigen, wiewichtig es ist, dass Kinder schon früh mit Büchern in Berührungkommen. Besonders das Dingliche, das Anfassen, das Wiederer-kennen von Gegenständen, die Zuordnung von Worten sind fürKinder in diesem Alter sehr wichtig und besonders gut kann diesmeiner Meinung nach über das Singen vermittelt werden, was jain den Lesestart-Materialien auch angeregt wird.

„Wir kommen lesefernen Eltern näher“

©altanaka – Fotolia.com

Interview mit Klemens Senger vom MVZ für Familien zum frühkindlichen Leseförderprogramm„Lesestart – Drei Meilensteine für das Lesen“

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KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

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Wie reagieren die Eltern auf das Lesestart-Set?Die Reaktion der Eltern ist je nach Bildungsgrad differenziert,

aber grundsätzlich stehen die allermeisten Eltern dem Lesestart-Set positiv gegenüber und empfinden es als guten Anstoß. DenEltern, die ohnehin schon vorlesen, erkläre ich, dass ich sie gernals Botschafter gewinnen möchte für die Eltern, die nicht zur U6zu uns kommen – dies gilt vorwiegend für die bildungsbenach-teiligten Familien. Ich animiere die vorlesenden Eltern dazu, dasLesestart-Set und ihr Wissen mitzunehmen z.B. in die Krabbel-gruppen oder in die Kita und die anderen Eltern zu fragen, wie siees zuhause mit dem Vorlesen halten oder ob sie Lesestart-Sets er-halten haben, sodass man ins Gespräch kommt und die vorlesen-den Eltern einen Impuls in die Gruppen geben können, die mansonst nur schwer erreicht.

Haben Sie das Gefühl, die fokussierte Zielgruppe „leseferne El-tern“ erreichen zu können?

Man kommt den lesefernen Eltern auf jeden Fall ein Stück nä-her. Dadurch, dass wir hier Patienten unterschiedlicher Herkunfthaben, ist Sprache und Sprachentwicklung ohnehin ein wichtigesThema, das immer wieder angesprochen wird, und ich ermutigeauch die Familien mit Migrationshintergrund, zuhause in derMuttersprache vorzulesen, da das oft leichter fällt und so eherzum Vorlesen motiviert.

Wie bewerten Sie das Lesestart-Programm insgesamt und dieerste Programmphase im Speziellen?

Grundsätzlich ist das Lesestart-Programm ein ganz wichtigerImpuls. Das Vorlesen sollte Kinder im Alltag mit einer gewissen

Rhythmik und als Ritual begleiten, z. B. abends vor dem Schla-fengehen, wo dann eine Geschichte vorgelesen wird und man zurRuhe kommt. In vielen Familien ist dieses Ritual etabliert undwird durch das Lesestart-Programm nochmal bestärkt, in ande-ren muss man es erst anstoßen bzw. deutlich machen, dass be-stimmte Verhaltensweise geändert werden müssen, beispiels-weise dann, wenn die Eltern ihre Kinder „vor dem Fernseher par-ken“. Solche Verhaltensänderungen brauchen allerdings Zeit. Zu-sammenfassend lässt sich aber sagen, dass sich das Vorleseverhal-ten in die richtige Richtung bewegt.

Wie betten Sie das Thema „frühkindliche Leseförderung“ weiterin Ihre U6-Termine ein, wenn es nun vorerst keine Lesestart-Setsmehr gibt?

Ein Aufhänger, um über das Thema frühkindliche Sprach-und Leseförderung zu sprechen, wird auch weiterhin die (mehr-sprachige) Kommunikation in den Familien sein: wie wichtig esist, richtig zu formulieren, sich genau auszudrücken und mit die-sen Kommunikations-kompetenzen letztlich den Grundstein füreinen erfolgreichen Bildungsweg zu legen. Auch werden wir wei-terhin auf Institutionen wie Kinder- und Jugendbüchereien hin-weisen und Eltern animieren, deren kostenlose Angebote in An-spruch zu nehmen. Tatsächlich haben wir festgestellt, dass dieAngebote der Bibliotheken sehr gut angenommen werden undauch leseferne Eltern dort Zugänge finden und die Büchereien alsInstitutionen sehr hoch schätzen.

Red: ReH

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Fortbildungstermine

Auskunft: Berufsverband der Kinder- undJugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069Köln, Tel.: 0221/68909-26/16, Fax:0221/68909-78([email protected])

7.–9. November 2014 (Teil 1) und23.–25. Januar 2015 (Teil 2) Psychosomatische Grundversorgung beiKindern und Jugendlichen in FreiburgAuskunft: Berufsverband der Kinder- undJugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069Köln, Tel. 0221/68909-26, Fax: 0221/68909-78 ([email protected])

8. November 2014Immer etwas Neues – Selektiv-Verträge u.a.des bvkj e.V., in KielAuskunft: Berufsverband der Kinder- undJugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069Köln, Tel.: 0221/68909-26/16, Fax:0221/68909-78([email protected])

12. November 2014Immer etwas Neues – Selektiv-Verträge u.a.des bvkj e.V., in München-UnterhachingAuskunft: Berufsverband der Kinder- undJugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069Köln, Tel.: 0221/68909-26/16, Fax:0221/68909-78([email protected])

15. November 2014Jahrestagung des LV Niedersachsendes bvkj e.V., in VerdenAuskunft: Dr. med. Tilman Kaethner undDr. med. Ulrike Gitmans �

15.–16. November 201412. Pädiatrie zum Anfassendes bvkj e.V., LV Bayern, in BambergTag.-Leiter: Prof. Dr. C. P. Bauer, Gaiß-ach/MünchenAuskunft: Dr. Martin Lang, Bahnhofstr. 4,86150 Augsburg, Tel. 0821/3433583, Fax0821/38399 �

22. November 2014Patientenorientierte SelbsterfahrungEssenInfo: [email protected]

22. November 20146. Pädiatrie zum Anfassendes Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, LV BerlinAuskunft: Dr. B. Ruppert, Oraniendamm 6-10, 13469 Berlin, Tel.: 030/40397255/Fax: 030/40397254 �

21. Februar 2015Patientenorientierte SelbsterfahrungEssenInfo: [email protected]

6.-8. März 2015Kongress für Jugendmedizin des bvkj e.V., in WeimarAuskunft: Berufsverband der Kinder- undJugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069Köln, Tel.: 0221/68909-15/26, Fax:0221/68909-78,([email protected]) �

19.-22. März 201512. Assistentenkongress in KölnAuskunft: Berufsverband der Kinder- undJugendärzte e.V., Mielenforster Str. 2,51069 Köln, Tel.: 0221/68909-15/26, Fax:0221/68909-78,([email protected]) �

Februar 2015

März 2015

� CCJ GmbH, Tel. 0381-8003980 / Fax: 0381-8003988,[email protected] Tel. 040-7213053, [email protected]

� Schmidt-Römhild-Kongressgesellschaft, Lübeck, Tel. 0451-7031-202,Fax: 0451-7031-214, [email protected]

� DI-TEXT, Tel. 04736-102534 / Fax: 04736-102536, [email protected]

� Interface GmbH & Co. KG, Tel. 09321-3907300, Fax 09321-3907399, [email protected]

17. September 2014

Immer etwas Neues – Selektiv-Verträge u.a.

des bvkj e.V., in Verden

Auskunft: Berufsverband der Kinder- und

Jugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069

Köln, Tel.: 0221/68909-26/16, Fax: 0221/

68909-78 ([email protected]) �

20. September 2014

Jahrestagung des LV Sachsen

des bvkj e.V., in Dresden

Auskunft: Dr. med. K. Hofmann, Chem-

nitz, PF 948, 09009 Chemnitz, Tel.

0371/33324130, Fax 0371/33324102 �

11. Oktober 2014Patientenorientierte SelbsterfahrungEssenInfo: [email protected]

11.–15. Oktober 201442. Herbst-Seminar-Kongress„Infektiologie“des bvkj e.V., in Bad OrbAuskunft: Berufsverband der Kinder- undJugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069Köln, Tel. 0221/68909-15/16, Fax: 0221/68909-78 ([email protected]) �

13.–18. Oktober 2014Psychosomatische Grundversorgung beiKindern und Jugendlichen in Bad OrbAuskunft: Berufsverband der Kinder- undJugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069Köln, Tel. 0221/68909-26, Fax: 0221/68909-78 ([email protected])

22. Oktober 2014Immer etwas Neues – Selektiv-Verträge u.a.des bvkj e.V., in HerdeckeAuskunft: Berufsverband der Kinder- undJugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069Köln, Tel.: 0221/68909-26/16, Fax:0221/68909-78([email protected])

5. November 2014Immer etwas Neues – Selektiv-Verträge u.a.des bvkj e.V., in Nürtingen/Stuttgart

September 2014

Oktober 2014

November 2014

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KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

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Die Welt der Kinder im Blick der Maler

Verklärung Christi (Transfiguration)Nebenbei: Die Schilderung eines epileptischen Anfalls

Die „Transfiguration“ ist das letzte eigenhändig ausgeführte

Werk des früh verstorbenen Raffael. Es behandelt die Offenbarung

der menschlichen und göttlichen Doppelnatur Christi und ver-

eint zwei Szenen, die sich in der Bibel nacheinander abgespielt ha-

ben. Jesus war mit seinen Jüngern auf den Berg Tabor gestiegen.

Während des Gebets begannen sein Angesicht und seine Kleider

in überirdischer Verklärung zu leuchten. Eine Stimme aus den

Wolken sprach: „Das ist mein lieber Sohn, den sollt ihr hören.“

Während Christus auf dem Felsplateau des Berges als Lichtgestalt

zwischen den Propheten Moses und Elias den erschrocken zu Bo-

den stürzenden Jüngern erscheint, wird in der Ebene unterhalb

des Felsens ein kranker Junge zu den Jüngern gebracht, damit sie

ihm helfen sollen. Im Lukasevangelium heißt es: „Siehe, ein Geist

ergreift ihn, dass er plötzlich aufschreit und reißt ihn hin und her,

dass er schäumt, und weicht kaum mehr von ihm, wenn er ihn so

zurichtet.“ Offensichtlich handelt es sich hier um die Schilderung

eines epileptischen Anfalls.

Raffael gibt den epileptischen Schrei, die tonische Starre, die

Bewusstlosigkeit und die Reaktion der Umgebung realistisch wie-

der. Die Jünger, die selbst nicht helfen können, verweisen den Va-

ter an Christus, den Erlöser, der als Einziger Rettung bringen kann.

Jesus heilt den Kranken dadurch, dass er den Dämon austreibt.

Der Bibeltext war die Ursache dafür, dass man die Epilepsie bis in

die Neuzeit hinein für eine durch Dämonen bedingte Krankheit

ansah.

Der Maler stellt die beiden Zonen, die himmlische und die ir-

dische, in einem deutlichen Kontrast dar. Die obere Szene ist in ein

überirdisches Licht getaucht. Die Figuren der unteren Ebene sind

plastisch modelliert, hier findet man kräftige Farbkontraste. Ne-

ben der expressiven Körperhaltung des Kranken wird auch die

emotionale Ergriffenheit der Eltern herausgearbeitet. Der Künst-

ler versteht es, physische und psychische Zustände des Menschen,

aber auch göttliches Geschehen zur Darstellung zu bringen.

Raffael erhielt seine erste künstlerische Ausbildung bei seinem

Vater, dem Maler und Dichter Giovanni Santi. Das geistige Klima

an dem humanistisch gebildeten Hof seiner Heimatstadt Urbino

wirkte prägend auf den empfänglichen und hochbegabten jungen

Maler. Gegen 1500 setzte er seine Ausbildung in der Werkstatt von

Pietro Perugino in Perugia fort , 1504 ging er nach Florenz und

wurde 1508 von Papst Julius II. nach Rom berufen. Er nahm An-

regungen von Leonardo und Michelangelo auf und wurde der be-

deutendste Repräsentant der klassischen Hochrenaissance, die

von Klarheit, Harmonie und idealer Schönheit gekennzeichnet ist.

Damit hat er die weitere künstlerische Entwicklung in Italien und

Europa nachhaltig beeinflusst.

Mit der Steigerung von Kontrasten, der Gegenüberstellung un-

terschiedlicher Raumschichten, kühner Farbigkeit, ausgeprägten

Bewegungsmotiven in der „Transfiguration“ verlässt er die abge-

klärte Kompositionsweise der Hochrenaissance und öffnet damit

den Weg zum Manierismus.

Dr. Peter ScharfeKinder- und JugendarztWilhelm-Weitling-Str. 301259 DresdenE-Mail: [email protected]

Red.: Kup

Raffael, Verklärung Christi (Transfiguration), 1519-20, Pi-nacoteca Vaticana, Rom © akg-images

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KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

510

� Buchtipp

Fernanda Pedrina / Susanne Hauser(Hrsg.)

Babys und KleinkinderPraxis und Forschung im Dialog

Brandes & Apsel Verlag, 324 S., 29,90€, ISBN 978-3-95558-038-4

Die analytische Kinder- und Ju-gendlichenpsychotherapeutin Su-sanna Hauser hat mit der Kinderpsy-chiaterin und analytischen Entwick-lungspsychotherapeutin FernandaPetrina in diesem zweiten Band desJahrbuches der Kinder- und Jugend-lichen-Psychoanalyse eine Samm-lung aktueller deutschsprachigerund internationaler Arbeiten zu-sammengestellt, die sich der psycho-analytisch fundierten therapeuti-schen Arbeit mit Säuglingen undKleinkindern widmen. In den letztenJahren hat sich die Säuglings-Klein-kind-Eltern-Psychotherapie(SKEPT) als eigene Behandlungs-form etabliert und wird in vielen Ba-byambulanzen (früher „Schrei-sprechstunden“) angeboten. Im We-sentlichen greift sie auf Erkenntnisseaus der Bindungstheorie zurück, so-mit auf die frühen Phasen der gegen-seitigen Eltern-Kind-Wahrneh-mung und Interaktion, deren Wur-

zeln pränatal gelegt werden undauch schon für die pränatale Bezie-hung von Bedeutung sind. YvonGauthier fasst in einem Übersichts-artikel die Ergebnisse zur Integra-tion und Bedeutung der Bindungs-theorie zusammen, während Su-zanne Maiello den frühesten Spurenpsycho-physischen Erlebens nach-geht und postuliert, durch eine Fall-vignette unterlegt, dass die vorge-burtlichen „Proto-Erfahrungen“ dasSäuglingsverhalten und die Mutter-Kind-Interaktion nachhaltig prägen.Bei Björn Salomonsson steht unterdem Titel „Die Musik des Contain-ments“ die therapeutische Bezie-hung zum Baby, dem er sich als Auf-fangbecken zur Verfügung stellt, imVordergrund. Über eine angemes-sene erotische Beziehung der Elternzum Baby als Grundlage eines lust-vollen Erlebens des Säuglings reflek-tieren Paul Campbell und FrancesThomson-Salo in ihrem Beitrag zurSexualität von Säuglingen im Kon-text ihrer Beziehungen. Über die Vä-terarbeit in der Babyambulanz unddie zunehmende Bedeutung einerVaterschaftkonstellation berichtenBarbara von Kalckreuth, ChristianeWiesler und Wolfgang von Kalck-reuth: Vom Mann zum Vater der frü-hen Kindheit. Frank Dammasch,dessen „modernisiertes Kind“ ichunlängst rezensierte, berichtet überdie männliche Identitätsbildung undstellt die These auf, dass bei sicherenBindungsmustern geschlechtsspezi-fische Verhaltensweisen weniger do-minieren. Fernanda Pedrina befasstsich mit posttraumatischen Störun-gen bei Mutter und Kind, deren Ein-schätzung und Bedeutung sich erstin der Begegnung mit dem Kind undseinen Bezugspersonen erfassenlässt. Tessa Baradon erläutert die the-rapeutische Umformulierung trau-matisierter und traumatisierenderBeziehungen im „Hier und Jetzt“ derTherapiesituation. Maria Mögel be-fasst sich in ihrem Beitrag „Wer binich und zu wem gehöre ich?“ mit derBedeutung von Kontinuität und

Identität in der Entwicklung einerkohärenten Selbstorganisation beiHeim- und Pflegekindern. Aus derEltern-Kind-Einheit des KantonsThurgau stellt Silvia Reisch ein sta-tionäres interdisziplinäres Behand-lungsangebot vor: Hier wird nebeneiner Psychotherapie der Eltern undbei Bedarf auch der Kinder vor allemdie Eltern-Kind-Beziehung in ver-schiedenen situativen Kontexten be-arbeitet. Wie durch Schulung von El-tern und Krippenerziehern eine si-chere Bindung gefördert werdenkann, untersucht Karl Heinz Brischmit SAFE®-Spezial in einer Studie inKinderkrippen. Hier soll die Wirk-samkeit bindungsorientierter Inter-ventionen auf die Bindungsentwick-lung nach Krippeneintritt im Ver-gleich zu einer Kontrollgruppe ver-glichen werden. Fallbeispiele zeigen,dass eine bindungsorientierte Schu-lung Krippenkindern helfen kann,sowohl zu ihrer Mutter als auch zuihrer Bezugsbetreuerin eine sichereBindung zu entwickeln.

Der Rezensent muss allerdingsfesthalten, dass eine bindungsorien-tierte Krippenbetreuung mit festenBetreuungspersonen, die von An-fang an für ein bestimmtes Kindemotional und als sichere Basis fürdas Kind verfügbar sind, allenfallsbei einer Tagesmutter, nicht aber inden Regeleinrichtungen der Realitätentspricht. So ist vieles in dem Bucheher visionär denn real existierend,nichtdestotrotz sehr beherzigens-wert. Nur kommen diese Erkennt-nisse reichlich spät, die „normativeKraft des Faktischen“ hat vielerortsdie frühkindliche Betreuung in zen-tralen Großeinrichtungen durchreine Versorgungs- und Zuständig-keitsmentalität zu einer „Wegverwal-tung“ der Kinder degradiert.

Dr. Stephan Heinrich NolteKinder- und JugendarztAlter Kirchhainer Weg 535039 [email protected]

Red.: ReH

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KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

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65. GeburtstagHerr Michael Barner, Tübingen, am 01.10.

Frau Dr. med. Annette Walter-Pfeiffer,Hamburg, am 02.10.

Herr Dr. med. Erik Peters, Ratzeburg, am 05.10.

Herr Dr. med. Wolfgang Steinhoff, Nettetal, am 05.10.

Frau Ulrike Werner-Jung, Kemnath, am 06.10.

Herr Dr. med. Friedemann Bertholdt, Gerolstein, am 07.10.

Frau Gabriele Motzer-Fischer, Bayreuth, am 10.10.

Frau Dr. med. Barbara Schubert, Bad Blankenburg, am 10.10.

Herr Dr. Wolfgang K. Ernst, München, am 11.10.

Frau Dr. med. Monika Borst, Pleidelsheim, am 11.10.

Frau Dr. med. Gerlinde Sälzer, Stuttgart, am 11.10.

Frau Dr. med. Susan Richter, Berlin, am 15.10.

Frau Dr. med. Christel Franz, Naumburg, am 17.10.

Herr Dr. med. Bruno Sauter, Murrhardt, am 21.10.

Herr Jürgen Hochfeld, Berlin, am 22.10.

Herr Dr. med. Reinhard Schmidt, Bremerhaven, am 23.10.

Frau Dr. med. Kristine Schmidt-Holz, Berlin, am 27.10.

Herr Dr. med. Gunther Knapp, Schwieberdingen, am 28.10.

Frau Dr. med. Barbara Knittel, Magdeburg, am 30.10.

70. GeburtstagHerr Dr. med. Peter Lauterbach, Winnenden, am 01.10.

Herr MR Dr. med. Dirk Ermisch,Crimmitschau, am 05.10.

Herr Dr. med. Hans D. Thaben, Coburg, am 09.10.

Frau Dr. med. Heidi Pechmann, Dingelstädt, am 13.10.

Frau Dr. med. Siegrun von Loh, Koto Kinabalu, am 19.10.

Herr Dr. med. Johannes Burgemeister,Neustadt, am 22.10.

Frau Dr. med. Vera Dietz, Küsnacht, am 25.10.

Frau Dr. med. Helgard Goßmann, Neuburg, am 31.10.

75. Geburtstag

Frau Dr. med. Gudrun Kelber, Lüneburg, am 03.10.

Frau Dr. med. Wieslawa Lacheta, Erkrath, am 12.10.

Herr Dr. med. Hans Jörg Lehr, Düsseldorf, am 13.10.

Frau Dr. med. Edelgard Elliger, Bochum, am 14.10.

Frau Erika Fröbel, Häven, am 17.10.

Herr MR Dieter Schmidt, Oschersleben, am 18.10.

Herr Dr. med. Hans Fritzenkötter, Lütjenburg, am 18.10.

Herr Dr. Dr. med. Rolf Parentin, Treuen, am 22.10.

Frau Dr. med. Ute-Brigitte Rupf, Uhldingen-Mühlhofen, am 23.10.

Herr Prof. Dr. med. Dietrich Niethammer,Tübingen, am 24.10.

Herr Dr. med. Peter Bansbach, Stuttgart, am 25.10.

Frau Dr. med. Heide Nusselt-Bieg, Koblenz, am 30.10.

80. Geburtstag

Frau Dr. med. Karin Bohn, Saarbrücken, am 04.10.

Herr Dr. med. Helmut Niederhoff, Stegen, am 17.10.

81. Geburtstag

Frau Dr. med. Ilse Ahlert, Oberursel, am 06.10.

82. Geburtstag

Herr Dr. med. M. Djamil Hereitani,Hamm, am 05.10.

Frau MR Dr. med. Edith Bartsch, Schwerin, am 15.10.

Frau Dr. med. Irene Banach, Recklinghausen, am 23.10.

83. Geburtstag

Frau Dr. med. Eva Elsner, Zepernick, am 16.10.

Herr Prof. Dr. med. Jürgen Natzschka,Hannover, am 18.10.

Herr Dr. med. Heinrich Mattern, Göppingen, am 24.10.

84. GeburtstagFrau Dr. med. Bärbel Rickhey, Gelsenkirchen, am 06.10.Frau Dr. med. Irmela Otto, Hamburg, am 25.10.

85. GeburtstagFrau Dr. med. Ingeborg Fuchs, Würzburg, am 27.10.

86. GeburtstagHerr Dr. med. Heinrich Brückner, Frankfurt/Oder, am 20.10.

87. GeburtstagFrau Sabina Jankowska-Wozniak, Marl, am 26.10.

88. GeburtstagHerr Prof. Dr. Dr. Hans Werner Rott-hauwe, Alfter, am 16.10.

89. GeburtstagHerr Dr. med. Joseph Diefenthal, Köln, am 17.10.Frau Med.-Dir.Dr. med.a.D. UrsulaMeyer, Mönchengladbach, am 22.10.

91. GeburtstagFrau Dr. med. Klara Reichenbach, Offenburg, am 14.10.

92. GeburtstagFrau Dr. med. Hilde Kimpen, Lahnstein, am 30.10.

94. GeburtstagFrau Dr. med. Barbara Lindscheid, Hattingen, am 02.10.Frau Dr. med. Barbara Christ, Lippstadt, am 10.10.Frau Dr. med. Margot Zimmermann, Coburg, am 18.10.

95. GeburtstagFrau Dr. med. Eleonore Geßner, Lörrach,am 02.10.Herr Dr. med. Horst Prenzel, Hamburg,am 30.10.

100. GeburtstagHerr Dr. med. Hans H. Berthold, Bayreuth, am 22.10.

Happy Birthday

Geburtstage im Oktober 2014

Wir trauern um:

Dr. Gertrude Otetea-Stemper, Ludwigshafen

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KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

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Im Monat Juli durften wir 25 neue Mitglieder begrüßenInzwischen haben uns folgende Mitglieder die Genehmigung erteilt, sie auch öffentlich in der Verbandszeitschrift willkommen zu heißen:

LandesverbandBaden-Württemberg

Frau Dr. med. Gabriele Eberhardt

Herrn Dr. med. Martin Holder

Landesverband HamburgHerrn Dr. med. Martin Hasilik

Herrn Heiko Mattern

Landesverband Hessen

Frau Dr. med. Christine Kock

Frau Cosima Sönnichsen-Höchst

Landesverband Mecklenburg-VorpommernHerrn Stefan Zutz

Landesverband NordrheinHerrn Sulaiman Al SawafFrau Dr. med. Nina AmoahFrau Anna FritschHerrn Dr. med. Stefan Wüller

LandesverbandRheinland-PfalzFrau Dr. med. Beatrix MorbachFrau Kathrin SchmiederHerrn Gerd Zortea

Landesverband Sachsen-Anhalt

Frau Diana Huster

Frau Dipl.-Med. Petra Sens

Frau Dr. med. Heike Teichler

Landesverband Schleswig-Holstein

Frau Dr. med. Stephanie Wiest

LandesverbandWestfalen-Lippe

Frau Jasmin Drewing

Frau Dr. med. Astrid Kiebler

Frau Dr. med. Karina Majorek

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Nachrichten der Industrie

KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

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9 Prozent aller Kinder in Deutsch-land kommen als Frühgeborene zur Welt (< vollendete 37. Gestationswoche).1 Dies sind pro Tag 167 Kinder. Frühgeborene haben ein höheres Risiko, an Infektions-krankheiten zu erkranken.2,3 Häufig liegen aber gerade für diese Patientengruppe keine Daten zur klinischen Wirksamkeit und Verträglichkeit von Medikamenten vor.4 Ein frühzeitiger Impfschutz von Frühgeborenen entsprechend dem chro-nologischen Alter ist aber besonders wich-tig.5 Infolge ihres unreifen Immunsystems haben frühgeborene Säuglinge normaler-weise ein schlechtes Ansprechen auf Imp-fungen, wodurch der Schutz durch einen Impfstoff möglicherweise schwächer ist.

Bewährter Standard-Sechs-fach-Impfstoff mit guten Daten für die Kleinsten

Bei dem seit Jahren eingesetzten, gut untersuchten und bewährten Standard-Sechsfach-Impfstoff Infanrix hexa® gibt es gute Daten für die Kleinsten der Kleinen: Bei 300 untersuchten Frühgeborenen war die Immunogenität vergleichbar mit reif-geborenen Säuglingen.6-10 Frühgeborene (24-36 Wochen), die im Alter von 2, 4

und 6 Monaten mit Infanrix hexa® geimpft wurden, erreichten auf alle in Infanrix hexa® enthaltenen Antigene seroprotek-tive/seropositive Immunantworten. Si-cherheit und Verträglichkeit wurden bei 1.400 Frühgeborenen untersucht: Der Impfstoff war gut verträglich. Damit kann der Kinderarzt auch seinen frühgebore-nen Schützlingen einen gesunden Weg ins Leben bereiten. Auch wenn Frühgeborene oftmals ihre erste(n) Impfung(en) in der

Klinik erhalten, hat dies praktische Re-levanz für den niedergelassenen Kinder-arzt. Die DAKJ gibt zudem Vorschläge zur praktischen Anwendung im Rahmen der Grundimmunisierung bei sehr unreifen Frühgeborenen (Abb. 1).11, 12

Infanrix hexa® wird seit 13 Jahren an-gewandt und ist qualitativ hochwertig, sicher und gut verträglich. Mit dieser Sechsfach-Vakzine können auch frühge-borene Kinder STIKO-konform geimpft werden. Zum Wohle der Kleinsten kann der Pädiater mit einer möglichst geringen Zahl von Injektionen und ohne größere Nebenwirkungen ein Schutz vor sechs Er-krankungen erreichen.

Literatur:

1 Dt. Ärztebl. Int 2013; 110 (13): 227-36. 2 Hjuler at al. Clinical Infectious Disease 2007, 44:1051-

1056. 3 Ruckinger et al. BMC Infectious Diseases 2010, 10: 2. 4 EMA ped regulation: htp://www.ema.europa.eu/

docs/en_GB/document_library/Presentation/ 2009/10/WC500004243.pdf.

5 Red book: Immunization in special circumstances, 1997.

6 FI Infanrix hexa. Stand:März 2014. 7 Omeñaca et al Pediatrics 2005; 116 (6): 1292–1298.8 Omeñaca et al Pediatr Infect Dis J 2007; 26(9): 824–

829. 9 Omeñaca et al. Pediatrics 2007; 119 (1): e179–e185.

10.) Vázquez et al Atqua Paediatr 2008; 97 (9): 1243–1249.

11 Monatsschrift Kinderheilkunde 2013; 161 (10): 946-949.

12 http://dakj.de/media/stellungnahmen/infektions-krankheiten-impffragen/2013-grundimmunisie-rung-fruegeborene-ueberwachung-atmung_a.pdf

Mit freundlicher Unterstützung von GSK, München

Sechsfach - Impfung

STIKO-konform auch Frühgeborene sicher impfen

Abb. 1: Fluss-Schema zur Grundimmunisierung (d. h. für die ersten drei Do-sen) von sehr unreifen Frühgeborenen (geboren vor der 28. Schwanger-schaftswoche), nach: Stellungnahme der DAKJ12

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KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

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Praxisbericht zum Einsatz von Efeu-Spezial-Extrakt EA 575®

Wirksame und gut verträgliche Therapie-option bei Atemwegserkrankungen

Bei Säuglingen und Kleinkindern ist Husten das dominierende Begleitsymptom von Atemwegserkrankun-gen und gehört zu den häufigsten Gründen für eine Vorstellung beim Kinderarzt. Der folgende Fallbericht aus der pädiatrischen Praxis von Dr. Christoph Lotz (Frankfurt am Main) zeigt, wie der Symptomkomplex des Hustens, einhergehend mit bronchialer Obstruktion und festsitzendem Schleim, mit dem Efeu-Spezial-Extrakt EA 575® (Prospan®) umfassend therapiert werden kann. Dabei ist auch die gute Verträglichkeit1-4

des bewährten Phytopharmakons relevant für den Einsatz als Mittel der Wahl.

Anamnese

Die Mutter kommt mit dem elf Monate alten Anton in die Praxis. Laut Auskunft der Mutter haben sie und ihr Mann die Nacht kaum geschlafen, weil Anton immer wieder extrem, zum Teil bis zum Erbre-chen, gehustet habe, sobald sie ihn abgelegt hatten. Ein deutliches Keuchen sei dabei zu hören gewesen. Auf dem Arm ging es An-ton gut und er schlief auch immer wieder schnell ein. So habe die Mutter die Nacht im Sessel verbracht, während Anton bei ihr auf dem Bauch geschlafen habe. Am Tag zuvor sei Anton noch ganz unauffällig ge-wesen, habe normal gegessen, getrunken und gespielt.

Anton ist ein Adoptivkind, die famili-äre Anamnese hinsichtlich Allergien der Eltern ist nicht bekannt. Anton hatte im frühen Herbst mit fünf Monaten schon einmal einen Infekt mit keuchendem Hus-ten und konsekutivem Erbrechen. Anton wurde zur U3 das erste Mal vorgestellt

und hat sich seither unauffällig entwickelt, er wurde nach Stiko geimpft.

Befund

Die Untersuchung zeigte ein strahlen-des, neugieriges und vergleichsweise wenig beeinträchtigtes Kind, die Nase verschnupft laufend, gelegentlich leicht obstruktiv hus-tend. Die Temperatur war 38,9 °C. Der Ra-chen war gerötet, deutlich tastbare zervika-le Halslymphknoten, die Trommelfelle mit Paukenerguss, über den Bronchien hörte man auskultatorisch beidseits ein nur leicht verlängertes Exspirium. Bei akuten Hus-tenanfällen hörte man auch auf Distanz deutlich die bronchiale Obstruktion, der Schleim war noch recht festsitzend.

Diagnose

Es handelte sich also am ehesten um einen Virusinfekt mit leichter bis mittlerer Obstruktion.

Therapie

Aufgrund des noch recht festsitzenden Schleims und der heftigen nächtlichen Hustenanfälle wurde Prospan® Hustensaft verordnet, 2 mal 2,5 ml, und abschwel-lende Nasentropfen bei Bedarf, d. h. nach Möglichkeit nur zur Nacht und Hochlage-rung des Oberkörpers. Schmerzmittel nur bei klinischem Verdacht auf Schmerzen und Unwohlsein, die Mutter sollte das Kind nach Möglichkeit fiebern lassen.

Verlauf

Nach drei Tagen wurde Anton zur Verlaufskontrolle wieder vorgestellt. Der Allgemeinzustand war unverändert gut, das Fieber vorbei und der Husten, nach Aussage der Mutter, jetzt etwas schlei-miger. Das Kind schlief, erhöht gelagert, jetzt auch wieder in seinem eigenen Bett im elterlichen Schlafzimmer, wenn auch immer noch mit acht bis zehn Husten-anfällen, aber in der letzten Nacht ohne Erbrechen.

Auskultatorisch waren jetzt auch grob-blasige Rasselgeräusche zu hören, das Gie-men war noch vorhanden, von der Tendenz aber etwas leichter, so dass ein ß2-Sympa-thomimetikum nicht notwendig wurde. Nach einer weiteren Kontrolle drei Tage später war der Husten klinisch gut gelöst. Anton hustete wiederholt gut ab, das Gie-men war nur noch bei forciertem Husten zu hören und die Nächte konnte Anton wieder weitgehend durchschlafen. Die Gabe von Prospan® wurde noch vier Tage weiterge-führt und nach insgesamt zehn Tagen ab-gesetzt. Eine weitere Kontrolle wurde nicht vereinbart, nur im Fall einer Verschlechte-rung oder Unsicherheit der Mutter.©

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Fazit

Oftmals gibt bereits die Charakteristik des Hustens diagnostischen Aufschluss über die Ursachen und damit das Krank-heitsbild. Im vorgestellten Praxisbericht lag eine virale Infektion, einhergehend mit leichten bis mittleren Ob struktionen, vor. Bewährt hat sich hier der Einsatz des Efeu-Spezial-Extrakts EA 575®, der – anders als andere Expektorantien – nicht nur sekre-tolytisch4, sondern auch bronchospasmo-lytisch5 wirkt. In Folge dessen stellt sich ein antitussiver Effekt ein. Zudem sind für

einige der Inhaltsstoffe antiinflammatori-sche Effekte bekannt.6-7 So stellte sich un-ter der Prospan®-Gabe innerhalb kurzer Zeit eine Besserung des Beschwerdebildes ein, auf die Behandlung mit einem β2-Sympathomimetikum konnte verzichtet werden. Zudem zeigten sich während der Behandlung keinerlei unerwünschte Ne-benwirkungen, was vor allem beim pädi-atrischen Einsatz von großer Relevanz ist und die gute Verträglichkeit von Prospan® unterstreicht.

Ausschreibung Hermann-Emminghaus-Preis 2015

Gesucht: Exzellente Arbeiten im Fach „Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie“

Bereits zum fünfzehnten Mal wird zum Gedenken an Hermann Emminghaus, den Pionier der kinder- und jugendpsychiatrischen Forschung, der Hermann-Emminghaus-Preis verliehen. Wissenschaftler können sich mit ihren Arbeiten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie ab sofort unter www.emminghaus-preis.de für die durch die Lilly Deutschland GmbH (Bad Homburg) geförderte Auszeichnung 2015 bewerben. Der Preisträger wird mit der Hermann-Emminghaus-Medaille und einem Preisgeld in Höhe von 5.500 Euro gewürdigt. Bewerbungsschluss ist der 5. November 2014.

Der Hermann-Emminghaus-Preis ist der älteste kinder- und jugend-psychiatrische Forschungspreis

im deutschsprachigen Raum. Er richtet sich an Wissenschaftler, die empirische Forschung auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, insbesondere der biologischen Kinder- und Jugendpsychiatrie, betreiben und in der Regel nicht länger als zehn Jahre im Fach wissenschaftlich tätig sind. Es können aus-schließlich Arbeiten eingereicht werden, die noch nicht anderweitig ausgezeichnet

worden sind. Psychodynamisch, gene-tisch oder zerebralorganisch orientierte Forschung kommt ebenso für eine Bewer-bung in Betracht wie epidemiologische, ka-tamnestische oder therapeutische Studien. Die Arbeit ist in deutscher oder englischer Sprache einzureichen. Die Verleihung des Hermann-Emminghaus-Preises 2015 wird Anfang März 2015 im Rahmen des XXXIV. Kongresses der Deutschen Gesell-schaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e. V. (DGKJP) in München stattfinden. Mit der

letzten Auszeichnung im Jahr 2013 wur-de der Kinder- und Jugendpsychiater PD Dr. med. Timo Vloet vom Universitäts-klinikum Aachen in Anerkennung seiner wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema „Neurobiologische Aspekte dissozialer Störungen“ geehrt. Weitere Informationen zum Hermann-Emminghaus-Preis und zu den Teilnahmebedingungen sind unter www.emminghaus-preis.de zu finden.

Nach Informationen von Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg

Quellen:1 Kraft K et al., Z. Pythotherapie 25; 17-181, 2004.

Retrospektive Datenerhebung, Auswertung der Auf-zeichnung aus pädiatrischen Praxen anhand struk-turierter Fragebögen, Zeitraum Januar bis Juni 2002, über 52.000 Kindern (0–12 Jahre), keine Erhebung der Anwendungsdauer.

2 Bolbot Y et al., Drugs of Ukraine; 11: 1-4, 2004.3 Fazio et al., Phytomedicine; 16(1): 17-24, 2009.4 Wolf A et al., Phytomedicine (2011); 18: 214-18.5 Runkel F et al., Pharmazeutische Zeitung (2005);

4: 19-25.6 Dos Santos MD et al., Biological & Pharmaceutical

Bulletin (2006); 29: 2236-2240.7 Park KH et al., Biological & Pharmaceutical Bulletin

(2009); 32: 2029-2033.

Nach Informationen der Engelhard Arzneimittel GmbH & Co. KG, Niederdorfelden

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KINDER- UND JUGENDARZT 45. Jg. (2014) Nr. 9

Nachrichten der Industrie516

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Experte für Säuglingsnahrung bietet kontrollierte Qualität aus Deutschland

Muttermilch ist das Beste für Säuglinge. Doch laut aktueller Statistik ist die Stillbereitschaft in Deutsch-land initial hoch, sinkt jedoch stark innerhalb der ersten Lebensmonate: Nur etwa ein Viertel der Kinder in Deutschland werden sechs Monate lang ausschließlich gestillt.1 Damit wird deutlich, dass jedes zweite Baby auf Säuglingsnahrung angewiesen ist und Empfehlungen zur Säuglingsernährung für viele Eltern, insbesondere beim ersten Kind, sehr wichtig sind. Laut einer repräsentativen Umfrage vertrauen knapp zwei Drittel (71 %) der Eltern darauf, dass sie bei Ernährungsfragen vom Kinderarzt gut und umfassend informiert werden.2

Nutzen Sie unser neues Informationsmaterial für Experten und zur Weitergabe an interessierte Eltern.

Qualität und Regionalität sind die Top-Kriterien für Säuglings-milch

Humana ist der einzige Hersteller, der seine Milchnahrung zu 100 % in Deutschland produziert. Als mittelstän-disches und genossenschaftlich struktu-riertes Unternehmen liegt bei Humana von der Kuh bis zur Babymilch alles in einer Hand. Die Milch, die Humana für die Säuglingsnahrung verarbeitet, stammt ausschließlich von 29 ausgesuchten Fami-lienbetrieben aus der Region Herford, die sich zu strengsten Qualitätskriterien und GVO-freier Fütterung verpflichtet haben. Durch die regionale Nähe kann die Milch schnell angeliefert und schonend verar-beitet werden. Qualität, wissenschaftliche Expertise und Regionalität – das sind auch für Mütter beim Kauf von Säuglingsnah-rung die wichtigsten Kriterien.3

Humana Anfangsnahrungen – optimierte Rezepturen, auch bei Allergierisiko

Alle Humana Anfangsmilchen und HA-Anfangsnahrungen enthalten seit 2013 eine optimierte Auswahl schonend verarbeiteter pflanzlicher Fette, Galacto-Oligosaccharide (GOS) und Nukleotide. Beibehalten wurde das bewährte Fett-säurenmuster und der Gehalt an langket-tigen, mehrfach ungesättigten Omega-3- und Omega-6-Fett säuren (LCP). Alle Anfangnahrungen können im gesamten ersten Lebensjahr gefüttert werden.

Nicht gestillte Säuglinge mit erhöhtem Allergierisiko sollten im ersten Lebens-halbjahr gemäß den Empfehlungen zur Allergieprävention eine HA-Anfangs-nahrung (mit partiell hydrolysiertem Molkenprotein, Typ pHF) trinken.4, 5 Ein erhöhtes Allergierisiko liegt vor, wenn

mindestens bei einem Elternteil, Schwe-ster oder Bruder eine Erkrankung aus dem atopischen Formenkreis wie Heu-schnupfen, Neurodermitis oder aller-gisches Asthma vorliegt. Studien haben gezeigt, dass diese Säuglinge durch das konsequente Füttern mit einer HA-Nahrung bis ins Schulalter seltener ein Ekzem entwickeln als Säuglinge, die ei-ne Säuglingsmilchnahrung auf Basis von intaktem Kuhmilchprotein erhalten ha-ben.6 Diese Empfehlung ist der Mehrheit der Eltern mit Risikokindern bisher nicht präsent, wie eine aktuelle Befragung der Charité ergab.7

Humana Spezialnahrungen – sicher, wirksam und gut bekömmlich

Viele Babys leiden unter Verdauungs-beschwerden und Unverträglichkeiten, da ihr Gastrointestinaltrakt noch sehr empfindlich ist. Abgestimmt auf die Er-nährungsbedürfnisse dieser sensiblen und erkrankten Kinder hat Humana in über 60 Jahren Forschung und Entwick-lung bewährte Spezialnahrungen konzi-piert.

Humana HN beispielsweise ist Deutschlands führende Heilnahrung zur diätetischen Behandlung von Durchfall-erkrankungen. Humana HN gibt es auch mit MCT speziell für Patienten mit insuf-fizienter Fettverdauung. Bei Blähungen, Verstopfung und Drei-Monats-Koliken kann Humana Comfort, die Säuglings-milchnahrung mit reduziertem Lactose-

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gehalt, hydrolysiertem Eiweiß und einer besonderen Fettstruktur aus Milchfett, die Beschwerden des Säuglings lindern. Viele Säuglinge leiden unter Refluxbe-schwerden. Humana AR mit dem natür-lichen Quellstoff Johannisbrotkernmehl vermindert die Regurgitation bei Säug-lingen signifikant.8 Haben Sie Fragen zu unserem Sortiment? Besuchen Sie uns auf der DGKJ, Stand D10 – wir freuen uns auf Sie!

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Literatur1 Lange C et al. Bundesgesundheitsblatt Gesundheits-

forschung Gesundheitsschutz 2007; 50: 624-633.2 Humana Elternstudie – Gratifikation und Bela-

stungen von Elternschaft. Repräsentative Befragung von Eltern kleiner Kinder bis zwei Jahre. März 2011.

3 „Mami 2.0“ – Umfrage unter n=800 Müttern durch www.mamilounge.de (2014).

4 Allergieprävention 2009. AWMF-Leitlinien-Regi-ster Nr. 061/016. AWMF, Düsseldorf.

5 Koletzko B et al. Monatsschrift Kinderheilkunde 2013; 161: 237-246.

6 Berg von A et al. Allergologie 2012; 35(1): 32-43.7 Bellach J et al. Posterpräsentation Dt. Allergiekon-

gress 2013.8 Horvath A et al. Pediatrics 2008; 122: e1268-e1277.

Nach Informationen von Humana GmbH, Herford

Servicepaket für mehr Spaß im Wartezimmer

Herbstzeit ist Erkältungszeit. Besonders häufig von Husten, Schnupfen und Co. betroffen sind Kinder. Zur Linderung der Hustensymptome ist der Wirkstoff Thymian (zum Beispiel in Tussamag®) eine gut ver-trägliche und für die ganze Familie geeignete Therapieoption. Für mehr Spaß im Wartezimmer können Kinderarztpraxen kostenlos das Tussamag®-Servicepaket, bestehend aus einer Schatzkiste und Kinder-lesemalheften, bestellen.

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Ein Hustentherapeutikum, das seit fast 100 Jahren auf den pflanzlichen Wirkstoff Thymian setzt, ist Tussamag®. Ausschlag-gebend für die bronchospasmolytische und expektorierende Wirkung des pflanz-lichen Wirkstoffs sind die enthaltenen ätherischen Öle. Eine Anwendungsbeo-bachtung1 unter 251 Kindern zeigte für Tussamag® Hustensaft N eine signifi-kante Besserung der einzelnen Husten-symptome zwischen 32 und 97 Prozent (p<0,001). Dementsprechend beurteilten Ärzte und Patienten/Eltern die Wirkung mit über 91 Prozent als „sehr gut“ oder „gut“. Mit über 96 Prozent wird auch die Verträglichkeit als „sehr gut“ oder „gut“ bewertet.

Mehr Spaß im Wartezimmer

Um Kindern die Zeit in der Kinder-arztpraxis kurzweilig zu gestalten, gibt es das Tussamag®-Servicepaket, bestehend aus Kinderlesemalheften und einer mit Thymianbonbons gefüllten Schatzkiste. Unter dem Motto „Die Mutprobe“ kön-nen Kinder in der Schatzkiste nach einem Bonbon suchen und sich im Wartezimmer mit dem Lesemalheft beschäftigen. Das Servicepaket ist kostenlos und solange der Vorrat reicht unter der Telefonnum-

Das Tussamag®-Service paket besteht aus Kinderlesemalheften und einer mit Thymianbonbons gefüllten Schatzkiste.

mer 0800-6020400 oder der Faxnummer 0800-6020401 zu bestellen.

Tussamag®-Produkte mit Thymian gibt es als Hustensaft (auch zuckerfrei) und Hu-stenlösung. Besonders praktisch für unter-wegs sind die Thymian-Hustenbonbons.Quelle: 1 J. Grünwald, H. Palissa, H.-J. Graubaum - Beleg der

Kinderdosierung (1-11 Jahre) durch Anwendungs-beobachtung mit Tussamag® Hustensaft N bei akuter Bronchitis. Posterpräsentation, Phytotherapie-Kon-gress 2006, Berlin

Nach Informationen von Teva Pharmaceutical Industries Ltd., Ulm

Tussamag® Hustensaft N – Tussamag® Hustensaft N zuckerfreiWirkstoff: Thymiankraut-Fluidextrakt Zusammensetzung: -Hustensaft N: 100 g (entspr. 80 ml) Flüssigkeit enth. 9,0 g Fluidextrakt aus Thymiankraut (1:2-2,5), Aus-

zugsmittel: Ammoniaklösung 10 % (m/m), Glycerol 85 %, Ethanol 90 %, Wasser (1:2:70:109). -Hustensaft N zuckerfrei: 100 g (entspr. 85,47 ml) Flüssigkeit enth. 9,0 g Fluidextrakt aus Thymiankraut (1:2-1:2,5); Auszugsmittel: Ammoniaklösung 10 % (m/m), Glycerol 85 %, Ethanol 90 % (V/V), Wasser(1:2:70:109). Sonst. Bestandt.: -Hustensaft N: Dickextrakt aus Kastanienblättern (4-6:1), Auszugsmittel: Wasser, Natriumbenzoat, Salzsäure 25 %, Glycerol 85 %, Gereinigtes Wasser, Saccharose-Wasser 1:0,5, Zuckercouleur E 150d. -Hustensaft N zuckerfrei: Kaliumsorbat, Citronensäure-Monohydrat, Zuckercouleur E 150d, Glycerol 85 %, Sorbitol-Lösung 70 % (nicht kristallisierend), Gereinigtes Wasser. Anwendungsgebiete Zur Besserung der Beschwerden bei Erkältungskrankheiten der Atemwege mit zähflüssigem Schleim und zur Besserung der Beschwerden bei akuter Bronchitis. Gegenanzeigen Überempfindlichkeit ggü. Thymian od. and. Lamiaceen (Lippenblütler), Birke, Beifuß, Sellerie od. einem der sonst. Bestandt. Warnhinw.: -Hustensaft N enth. 4 Vol.-% Alkohol und Saccharose (Zucker)! 20 ml Flüssigkeit enth. 13,25 g Saccharose (Zucker) entspr. ca. 1,10 BE. -Hustensaft N zuckerfrei enth. 4 Vol.-% Alkohol und Sorbitol! Schwangerschaft/Stillzeit: Nicht in Schwangerschaft und Stillzeit anwenden (ausr. Erfahrungen fehlen). Nebenwirkungen Überempfindlichkeitsreaktionen wie z. B. Dyspnoe, Exanthem, Urtikaria, Quincke-Ödem, Magen-Darm-Beschwerden wie Krämpfe, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall. Dosierung: Erw. und Heranwachsende ab 12 J.: 3-4-mal tgl. 20-30 ml, Schulkdr. (6-11 J.) 3-mal tgl. 15 ml, Kleinkdr. (1-5 J.) 2-3-mal tgl. 10 ml. Apothekenpflichtig. Stand: 11/13

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Pädiatrische Standardimpfung:

STIKO senkt das HPV-Impfalter von 12 auf 9 Jahre

Welche Maßnahmen sind geeignet, um die Impfrate gegen humane Papillomviren (HPV) in Deutschland zu erhöhen? Diese Frage beschäftigt Experten seit längerem. Denn trotz nachgewiesener Wirksamkeit und Sicherheit sowie jahrelanger Erfahrung aus praktischer Anwendung, z. B. mit Gardasil®, wird die HPV-Impfung in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern wenig genutzt1. Darauf hat die Ständige Impf-kommission (STIKO) am Robert Koch-Institut jetzt reagiert: Ab sofort empfiehlt sie die HPV-Impfung für Mädchen zwischen 9 und 14, statt wie bisher 12 bis 17 Jahren2.

Durch die angepasste Empfehlung liegt die Primärprävention beim Kinder- und Jugendarzt. Die frühe Erreichbarkeit der Mädchen ermöglicht es, hohe Impfraten und so einen Bevölkerungsschutz zu erzielen.

Gebärmutterhalskrebs ist nach wie vor die dritthäufigste Krebser-krankung bei jungen Frauen im

Alter von 15 bis 44 Jahren in Deutschland3. Verursacht wird dieser zu rund 70 Prozent durch persistierende Infektionen mit den Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18. Zur Reduzierung der Krankheitslast durch das Zervixkarzinom empfiehlt die STI-KO darum seit mittlerweile sieben Jahren die HPV-Impfung für Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren4. Zur Impfung gegen HPV 16 und 18 stehen zwei Impfstoffe zur Verfügung: der bivalente Impfstoff Cerva-rix® und der tetravalente Impfstoff Garda-sil. Wird der tetravalente HPV-Impfstoff gewählt, kann ein zusätzlicher Schutz vor den HPV-6/11-assoziierten Genitalwarzen auf gebaut werden5.

Die Evaluation der bisherigen Impf-strategie hat laut STIKO gezeigt, dass

Abb.: Der tetravalente HPV-Impfstoff im 2- und 3- Dosen-Schema. * Ausschlaggebend ist das Alter bei der ersten Impfdosis

neben der geringen Impfrate vermutlich etwa die Hälfte der gegen HPV geimpf-ten Mädchen bereits vor der Impfung se-xuell erfahren war2.  Die Absenkung der Altersempfehlung auf 9 bis 14 Jahre soll dazu beitragen, mehr Mädchen vor ei-ner möglichen Infektionen mit HP-Viren zu impfen. „Im Fokus steht jetzt nicht mehr der Übertragungsweg, sondern die HPV-Impfung als empfohlene und si-chere Standard impfung. Das kann dazu beitragen, die HPV-Impfrate zu steigern“, kommentiert Michael Achenbach, Kin-der- und Jugendarzt aus Plettenberg, die Empfehlung. Darüber hinaus spricht ein junges Immun system deutlich besser auf die Impfung an. Versäumte HPV-Imp-fungen empfiehlt die STIKO spätestens bis ins Alter von 17 Jahren, d. h. bis zum Tag vor dem 18. Geburtstag, nachzuholen. Die vollständige Impfserie sollte vor dem ersten Geschlechtsverkehr abgeschlossen sein.

Zwei Impfschemata und ein neu-er Impfanlass

Der tetravalente HPV-Impfstoff ist seit März 2014 für ein vereinfachtes Impfsche-

ma mit zwei Dosen bei 9- bis 13-jährigen Kindern zugelassen5,**. Jugendliche im Alter von 14 Jahren und älter erhalten unverändert drei Impfstoffdosen in den Monaten 0, 2 und 65 (siehe Abb.).

Das neue Impfschema (0, 6 Monate) gilt für Mädchen und Jungen im Alter von 9 bis 13 Jahren und kann als Alterna-tive zum bestehenden 3-Dosen-Schema verwendet werden. Durch das 2-Dosen-Schema verringert sich der Aufwand für Arzt und Patient deutlich, da nur zwei Impftermine koordiniert bzw. wahrge-nommen werden müssen. Dies kann die Akzeptanz und somit auch die Impfrate erhöhen. Ein idealer Impfanlass für die HPV-Impfung ab 9 Jahren ist die U11, die mittlerweile gut in der pädiatrischen Praxis etabliert ist. Zudem kann die HPV-Impfung zusammen mit den Auf-frischimpfungen gegen Tetanus, Diph-therie, Pertussis und Polio ab 9 Jahren verimpft werden.

Literatur** Der bivalente HPV-Impfstoff ist seit Dezember 2013

für ein 2-Dosen-Schema bei 9- bis 14-jährigen Mäd-chen zugelassen6.

1 Poethko-Müller C et al. Impfstatus und Determinan-ten der Impfung gegen humane Papillomviren (HPV) bei Mädchen in Deutschland. Ergebnisse der KiGGS-Studie – Erste Folgebefragung (KiGGs Welle 1). Bun-desgesundheitsbl 2014.57:869-877.

2 Ständige Impfkommission des Robert Koch-Instituts (STIKO). Protokoll der 77. Sitzung. STIKO. 13./14. März 2014.

3 World Health Organization. Human Papillomavirus and related cancers diseases report Germany. 2013.

4 STIKO. Epidemiologisches Bulletin 2013;34:314-315.5 Sanofi Pasteur MSD. Fachinformation Gardasil®.

Stand Juni 2014.6 GlaxoSmithKline. Fachinformation Cervarix®. Stand

Dezember 2013.

Mit freundlicher Unterstützung der Sanofi Pasteur MSD GmbH, Leimen

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Injektionshilfe SurePal™ ab sofort auch für Omnitrope® 15 mg

SurePal™ 15, ein innovativer Pen mit deutlichen Vorteilen

Zur Injektion des Wachstumshormons Omnitrope® benötigen Kinder und Jugendliche ein Device, das eine einfache und sichere Handhabung gewährleistet. Dafür wurde die innovative Injektionshilfe SurePalTM entwickelt. Seit Ende 2013 gibt es SurePalTM für Omnitrope® 5 mg und 10 mg. Ab sofort komplettiert der SurePalTM15 für Omnitrope® 15 mg die SurePalTM-Familie.

Zur Behandlung von Wachstums-störungen injizieren sich die be-troffenen Kinder und Jugendlichen

Wachstumshormon Somatropin (z. B. Omnitrope®). Eine wichtige Vorausset-zung für die erfolgreiche Behandlung ist ein Pen, mit dem Kinder gut zurecht kom-men. Der neue SurePal™15 bietet hier viele Vorteile – insbesondere für Patienten mit einer täglichen Dosis von 1 mg und darü-ber. Denn aufgrund der höheren Wirk-stoffkonzentration (1,5 ml Injektionslö-sung enthält 15 mg Omnitrope®) lässt sich das Injektionsvolumen um ein Drittel (vs. 10mg / 1,5 ml) reduzieren.

Das geringere Injektionsvolumen ver-ringert den Injektionsschmerz und fördert damit den Mut zur Injektion. Dies ist ge-rade bei Kindern ein wichtiger Aspekt im Hinblick auf eine gute Compliance. Zu-dem führt die höhere Wirkstoffkonzentra-tion dazu, dass weniger Mehrfach-Injek-tionen erforderlich sind – auch dies stellt einen wichtigen Beitrag zu einer besseren Behandlungsmotivation der Kinder und Jugendlichen dar. Die praktischen Vorteile liegen darin, dass mit dem SurePal™15 sel-tener ein Patronenwechsel erforderlich ist und weniger Patronen im Kühlschrank ge-lagert werden müssen.

SurePal™, ein Pen der mitdenkt

Um Dosierfehler zu vermeiden, sind alle SurePal™ mit einer Besonderheit aus-gestattet: die verordnete Dosis wird vor-ab eingestellt und bleibt so lange fixiert, bis eine neue Dosierung erforderlich ist. Beim SurePal™15 sind ebenso wie beim SurePal™10 Dosierschritte von 0,1 mg ein-stellbar, beim SurePal™5 lässt sich die Dosis sogar in 0,05 mg Schritten verändern.

Eine weitere, für Kinder sehr praktische Eigenschaft aller SurePal™ ist, dass die Pens quasi mitdenken. Reicht die Restmenge in

der Patroneneinheit nicht mehr für eine vollständige Injektion aus, merkt der Pen sich die Restdosis und injiziert nach dem Wechsel der Patrone diese automatisch, ohne dass sie neu eingestellt werden muss.

Die Patrone ist gebrauchsfertig, sobald sie in den Pen eingelegt wurde, ein Funk-tionstest ist nicht nötig. Verwechslungen sind ausgeschlossen, da nur die Patrone mit der korrekten Wirkstärke in den jeweiligen Pen passt (Schlüssel-Schloss-Prinzip). Zu-dem sind die verschiedenen Pens anhand ihrer farbigen Metallic-Lackierungen zu unterscheiden: SurePal™5 ist weiß, Sure-Pal™10 ist grün und der neue SurePal™15 ist blau.

Studie belegt einfache, sichere Handhabung

An einer in Deutschland und USA durchgeführten Studie beteiligten sich 106 Patienten, darunter 45 Kinder und Jugendliche sowie 61 Erwachsene1. Un-tersucht wurde, ob die Teilnehmer in der Lage sind, eine korrekte Injektion in ein Injektionskissen durchzuführen und den SurePal™ anschließend wieder auseinanderzubauen, ohne sich zu ver-

letzen. Knapp die Hälfte der Probanden hatte bereits Erfahrung mit einem Pen. Das Resultat war überzeugend: 93 % der Kinder und Jugendlichen und 92 % der Erwachsenen konnten die Injektion auf Anhieb erfolgreich in das Injektions-kissen durchführen - zumeist ohne jede Hilfe, nur anhand der Gebrauchsanlei-tung. Dementsprechend stufte die über-wiegende Mehrheit (insgesamt 92 %) den Injektionsvorgang als 'sehr einfach' oder 'einfach' ein. Sämtlichen Kindern bzw. Jugendlichen und 98 % der Erwachsenen gelang es anschließend, den Pen erfolg-reich auseinanderbauen, ohne sich an der Nadel zu verletzen.

Wie die Autoren betonten, zeigt die Studie, dass der neue SurePal™ einfach und sicher im Gebrauch ist und somit die effek-tive, langfristige Behandlung mit Wachs-tumshormon unterstützt.

Literatur1 Rapaport R et al. (2013) Medical Devices: Evidences

and Research 6:1-6

Autorin: Dr. Marion Hofmann-Aßmus

Mit freundlicher Unterstützung der Sandoz Pharmaceuticals GmbH

Ab sofort steht der neue SurePal™ 15 zur Verfügung. Die große Mehrheit der Studienteilnehmer konnte den Pen problemlos bedienen.

1. Verschlussklappe abziehen

3. Pen spannen

4. Injektion auslösen2. Nadel aufsetzen

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Nachrichten der Industrie520

Bei ADHS auf alle Facetten der Erkrankung achten

Emotionale Dysregulation – ein Kern-problem für viele ADHS-Patienten

Eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen verbreitete Störung, die mit erheblichen psychosozialen Beeinträchtigungen und einem hohen Leidensdruck verbunden sein kann. Die Diagnose und die Psycho- und Pharmakotherapie der betroffenen Patienten werden nicht nur durch die charakteristischen Kernsymptome der ADHS – Un-aufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität – erschwert. Die häufig auftretende emotionale Dysregu-lation sowie ein breites Spektrum an psychiatrischen Komorbiditäten tragen noch zur Beeinträchtigung bei. Im Rahmen der „8th International Conference on ADHD“ von MEDICE diskutierten internationale ADHS-Spezialisten vor dem Hintergrund der aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisse über die Bedeutung der emotionalen Dysregulation bei Kindern und Erwachsenen mit ADHS. Sie gaben den teilnehmenden Ärzten praktisch relevante Tipps zur Differenzialdiagnose und Therapie an die Hand.

Aufmerksamkeitsstörungen, Hy-peraktivität und Impulsivität können die erheblichen Beein-

trächtigungen, unter denen viele ADHS-Patienten und ihr familiäres und soziales Umfeld leiden, nicht alleine erklären. Nach den Worten von Dr. Philip Asherson, Lon-don, zeigen aktuelle Forschungsergebnisse, dass ein Großteil der ADHS-Patienten zu-sätzlich unter emotionaler Dysregulation leidet. Die Befunde deuten darauf hin, dass sich die emotionale Labilität über die gesamte Lebensspanne erstrecken kann und einen zusätzlichen Beitrag zur Beein-trächtigung bei ADHS leistet. Die betrof-fenen Patienten fallen durch emotionale Überreaktivität, affektive Labilität sowie Wut- und Temperamentsausbrüche auf [1]. Nach der gegenwärtigen Datenlage geht die emotionale Dysregulation mit einer stärker ausgeprägten Kernsymptomatik der ADHS – insbesondere mit einem erhöhten Schwe-regrad der hyperaktiv-impulsiven Sympto-matik – sowie mit einer stärkeren komorbi-den Psychopathologie einher [2]. Patienten mit ADHS und emotionaler Dysregulation sind in ihrem psychosozialen Funktionsni-veau deutlich beeinträchtigt [3]. Erwachsene mit ADHS sind besonders häufig betrof-fen: Emotionale Störungen sind in bis zu 90% der Fälle nachweisbar und gehören damit zu den Leitsymptomen der adulten ADHS [4]. Die Diagnostik und Differential-diagnostik von emotionaler Dysregulation sollte unter Berücksichtigung des Alters der Patienten durchgeführt werden.

Multimodale Therapie unter-stützt die Emotionsregulation

Affektive Dysregulation und opposi-tionelles Verhalten lassen sich laut Prof. Dr. Manfred Döpfner, Köln, im Rahmen einer multimodalen Behandlung mit Hilfe psychotherapeutischer Ansätze deutlich verbessern. Daher rät der Experte, psy-chotherapeutische Maßnahmen sowohl in Patienten-fokussierte Interventionen als auch in das Eltern- und Lehrer-Training einzubinden. Metaanalytische Daten zei-gen, dass die Kombination einer medi-kamentösen Therapie mit MPH und psy-chosozialen Interventionen bei Kindern mit ADHS besonders hohe Effektstärken erreicht, vor allem in Bezug auf das Ver-halten in Schule und Familie [6].

Nach den Ausführungen von Prof. Dr. Dr. Johannes Thome, Rostock, wird der-zeit daran geforscht, die molekularen und zellulären Prozesse zu identifizieren, die bei ADHS aus dem Ruder laufen. Mittler-weile gibt es Hinweise auf Veränderun-gen in bestimmten Signalkaskaden und der Genexpression der Patienten. Diese scheinen insbesondere die CLOCK-Gene im Nucleus suprachiasmaticus zu be-treffen, was wiederum ungünstige Aus-wirkungen auf die zirkadiane Rhythmik hat [5].

Dr. Joaquín Fuentes, San Sebastian/Spanien, hob hervor, dass bei ADHS mit emotionaler Dysregulation maximaler diagnostischer Spürsinn und ärztliches

Geschick gefragt ist. Denn die Störung der emotionalen Regulation kann eine be-handelbare Grunderkrankung wie ADHS maskieren. Sie kann aber auch als reaktive Störung infolge der ADHS oder als Dif-ferentialdiagnose auftreten. In Bezug auf das therapeutische Vorgehen rät Fuentes, zunächst die medikamentöse Therapie der ADHS zu optimieren. Mit MPH in indivi-dualisierter Dosierung bekommt man in den meisten Fällen auch das Problem der emotionalen Dysregulation in den Griff. Das Bausteinsystem von Medikinet® und Medikinet® retard bietet dem Therapeuten die Möglichkeit einer optimalen Feinein-stellung der Dosis. Dies erlaubt eine in-dividuelle Therapie und bedarfsgerechte Einstellung. Falls sich die Affektregulation nicht bessert und die Patienten schwer be-einträchtigt sind, kann in einem zweiten Schritt der Einsatz eines Stimmungsstabi-lisators wie Valproat oder eines atypischen Antipsychotikums in Erwägung gezogen werden.

Literatur1 Banaschewski T et al. J Child Psychol Psychiatry. 2012;

53: 1139-11482 Sobanski E et al. J Child Psychol Psychiatry. 2010; 51:

915-9233 Bunford N et al. J Atten Disord 2014; Mar 29. [Epub

ahead of print]4 Rösler M, Retz W. Psychotherapie 2008; 13: 175-1835 Baird AL et al. Mol Psychatry 2012; 17: 988-956 Van der Oord S et al. Clin Psychol Rev 2008; 28: 783-

800

Nach Informationen von Medice, Iserlohn.

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Sie finden die Kontaktdaten sämtlicher Funktionsträger des BVKJ unter www.kinderaerzte-im-netz.de und dort in derRubrik „Berufsverband“.

Sonstige Links

Kinderärzte im Netz www.kinderaerzte-im-netz.de

Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin www.dakj.de

Kinderumwelt gGmbH und PädInform® www.kinderumwelt.de/pages/kontakt.php

Stiftung Kind und Jugend des BVKJ www.stiftung-kind-und-jugend.de

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