9 | 2014 Schädlingsbekämpfung · 1.3 der „Allgemeine(n) Kriterien einer guten fachlichen...

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9 | 2014 Fachzeitschrift für Schädlingsbekämpfung In dieser Ausgabe: UBA-Ausnahmeregelung Dauer- beköderung | Interview mit Lukas Bartels von Rattex | Löcher im Parkettboden | Amerikanische Kiefernwanze | ICUP- Workshop | Seminarkalender

Transcript of 9 | 2014 Schädlingsbekämpfung · 1.3 der „Allgemeine(n) Kriterien einer guten fachlichen...

9 | 2014

Fachzeitschrift für Schädlingsbekämpfung

In dieser Ausgabe:

UBA-Ausnahmeregelung Dauer- beköderung | Interview mit Lukas Bartels

von Rattex | Löcher im Parkettboden | Amerikanische Kiefernwanze | ICUP-

Workshop | Seminarkalender

DpS 9 | 20146 Gesundheits- und Vorratsschutz

Informationsbeitrag des Umweltbundesamtes

Ausnahmeregelung für das Verbot der

befallsunabhängigen Dauerbeköderung

Hinweis: Original-Text ohne Änderungen. Links in der E-Book-Ausgabe von DpS direkt anklickbar.

Am 31.07.14 wurde von der Bundesstelle für Chemikalien (BfC) eine aktualisierte Version 1.3 der „Allgemeine(n) Kriterien einer guten fachlichen Anwendung von Fraßködern bei der Nagetierbekämpfung mit Antikoagulanzien durch sachkundige Verwender und berufsmä-ßige Verwender mit Sachkunde“ veröffentlicht. Demnach dürfen zugelassene Rodentizide mit Antikoagulanzien nach wie vor nicht als Perma-nentköder zur Vorbeugung gegen Nagerbefall oder zum Monitoring von Nageraktivitäten eingesetzt werden. Zum Nagetiermonitoring sind giftfreie Köder, Überwachungsgeräte oder Fallen zu verwenden. Erst bei einem festge-stellten Befall können Rodentizide eingesetzt werden. Damit bleibt die befallsunabhängige Dauerbeköderung weiterhin grundsätzlich untersagt. Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen eine strategische befallsunabhängige Dauer-beköderung durch Schädlingsbekämpfer1 auch ohne die Feststellung eines aktuellen Nagetier-befalls zulässig sein kann. Welche Bedingungen für derartige Ausnahmen erfüllt sein müssen, kann man nun auf der folgenden Webseite der BfC nachlesen:http://www.baua.de/de/Chemikaliengesetz-Bio-zidverfahren/Biozide/Produkt/Hintergrund.html.

Vor diesem Hintergrund hat das Umwelt-bundesamt die Veröffentlichung „Nagetierbe-kämpfung mit Antikoagulanzien – Antworten

auf häufig gestellte Fragen“ um das Thema „Be-fallsunabhängige Dauerbeköderung“ erweitert:http://www.umweltbundesamt.de/publikationen/nagetierbekaempfung-antikoagulanzien.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zu diesem Thema aus der inzwischen 3. Auflage der „FAQs Rodentizide“ sind im Folgenden zusammengestellt:

Was ist unter einer befallsunabhängigen Dauerbeköderung mit Antikoagulanzien zu verstehen?

Unter den Begriff der befallsunabhängigen Dauerbeköderung fallen alle Formen der Be-köderung von Schadnagern die durchgeführt werden, ohne dass vor Beginn der Maßnahme ein Befall festgestellt wurde. Beispiele hierfür sind die Permanentbeköderung sowie die Peri-meterbeköderung.

Von der großräumigen Permanent- bzw. Perimeterbeköderung abzugrenzen ist die strategische befallsunabhängige Dauerbekö-derung im Sinne eines Prophylaxe-Systems, das aus regelmäßig kontrollierten dauerhaften Köderstellen besteht. Nach einer von einem sachkundigen Verwender (Schädlingsbekämp-fer) erstellten objektbezogenen Analyse werden die Köderstellen im Rahmen einer strategischen befallsunabhängigen Dauerbeköderung an bevorzugten Eindring- und Einniststellen von Schadnagern in und direkt am Gebäude instal-liert und in Abständen von einer bis maximal 4 Wochen kontrolliert.

Im Gegensatz zu der strategischen be-fallsunabhängigen Dauerbeköderung sind Permanent- und Perimeterbeköderung ohne Ausnahmen verboten.

Wann ist eine strategische befalls unabhängige Dauerbeköderung ausnahmsweise zulässig?

Eine befallsunabhängige Dauerbeköderung ausschließlich durch sachkundige Verwender (Schädlingsbekämpfer) ist in Ausnahmefällen zulässig, wenn– sie ausschließlich als Prophylaxe-System

eingesetzt wird, das aus regelmäßig kon-trollierten dauerhaften Köderstellen und nur an von Schadnagern bevorzugten Eindring- und Einniststellen in und direkt am Gebäude nach einer vom Schädlings-bekämpfer erstellten Analyse installiert wird, wobei zugriffsgeschützte Köderboxen verwendet werden2 und

– im Rahmen einer objektbezogenen Ge-fahrenanalyse eine erhöhte Befallsgefahr mit Nagetieren durch den sachkundigen Verwender (Schädlingsbekämpfer) festge-stellt wird, die eine besondere Gefahr für die Gesundheit oder Sicherheit von Mensch oder Tier darstellt und

– sie nicht durch verhältnismäßige Maßnah-men3, beispielsweise organisatorische oder bauliche Maßnahmen oder den Einsatz geeigneter biozidfreier Alternativen (z. B. Fallen) zur Nagetierbekämpfung, verhindert werden kann.

Ausnahmsweise ist in diesen Fällen eine befallsunabhängige Dauerbeköderung mit diesen Rodentiziden auch ohne die Feststel-lung eines tatsächlichen Nagetierbefalls in Betrieben und Einrichtungen zulässig. Das Vorliegen der Voraussetzungen des Aus-nahmetatbestandes ist in jedem Einzelfall vom sachkundigen Verwender (Schädlings-bekämpfer) zu prüfen, festzustellen und zu dokumentieren. Eine befallsunabhängige Dau-erbeköderung kann in diesen Ausnahmefällen z. B. in Betrieben, die Lebensmittel oder Fut-termittel herstellen, verarbeiten, vertreiben oder lagern; Betrieben, die pharmazeutische oder medizinische Produkte herstellen, ver-arbeiten oder lagern, Entsorgungsbetrieben oder in Warenlagerbetrieben oder -stätten, durchgeführt werden.

Was ist eine besondere Gefahr für die Gesund-heit oder Sicherheit von Mensch und Tier?

Eine besondere Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier liegt unter anderem vor bei der Gefahr der Übertragung von Krank-heiten. Eine besondere Gefahr für die Sicher-heit von Menschen oder Tieren liegt vor, wenn durch einen potenziellen Schädlingsbefall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Anlagen, Vor-richtungen oder Materialien beschädigt werden können und sich hieraus zumindest mittelbar eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier ergibt. In diesem Zusammenhang ist mit potenziellem Schädlingsbefall der Befall gemeint, der entstehen würde, wenn keine Bekämpfung erfolgen würde.

Foto: Brett Jordan · (CC BY 2.0)

Wer darf eine strategische befalls unabhängige Dauerbeköderung in Ausnahmefällen durch-führen?

Die befallsunabhängige Dauerbeköderung mit Rodentiziden ist nur durch einen oder unter der Aufsicht eines sachkundigen Verwenders (Schädlingsbekämpfers) in und direkt an Gebäuden zulässig. Die Prüfungen der Voraus-setzungen des Ausnahmetatbestandes, die Planung und die Durchführung der notwendigen Maßnahmen sind durch den Schädlingsbe-kämpfungsfachbetrieb durchzuführen.

Im Rahmen der befallsunabhängigen Dau-erbeköderung durch den Schädlingsbekämp-fer kann eine zusätzliche Überwachung der Köderstellen innerhalb des vorgeschriebenen Kontrollintervalls von 1–4 Wochen auch von berufsmäßigen Verwendern mit Sachkunde durchgeführt werden. Sie sind mit dem verant-wortlichen Schädlingsbekämpfungsfachbetrieb abzusprechen. Die für die Sachkundeschulung erforderlichen Inhalte sind wie folgt festgelegt und durch Beleg (Zertifikat) nachzuweisen:– Verhalten und Biologie von Nagern – Rechtsgrundlagen der Bekämpfung von

Ratten und Mäusen– Bekämpfung von Nagetieren (Gute fach-

liche Anwendung von Fraßködern bei der Nagetierbekämpfung (gemäß dem Doku-ment „Allgemeine Kriterien einer guten

fachlichen Anwendung von Fraßködern bei der Nagetierbekämpfung mit Antikoagu-lanzien durch sachkundige Verwender und berufsmäßige Verwender mit Sachkunde), inkl. integrierte Schädlingsbekämpfung und Resistenzmanagement)

– Wirkungsweise von Rodentiziden (speziell Antikoagulanzien)

– Gefahren und Risiken bei der Verwendung von Rodentiziden für Menschen und die Umwelt und Techniken zur Risikominderung (speziell Primär- und Sekundärvergiftung

– von Nicht-Zieltieren und deren Vermeidung, Umgang mit PBT- / vPvB-Stoffen)

– Anwendungstechniken / Vorgehensweise und Dokumentation

– Verhalten von Ratten in der KanalisationDabei ist die Teilnahme an einer Schulung mit o. g. Lehrgangsinhalten und anschließender Zertifizierung des Teilnehmers ausreichend. Daneben gelten als berufsmäßige Verwender mit Sachkunde solche, die eine Sachkunde gemäß Pflanzenschutz-Sachkundeverordnung (PflSchSachkV) nachweisen können.

Wo darf eine strategische befallsunabhängige Dauerbeköderung in Ausnahmefällen durch-führt werden?

Die befallsunabhängige Dauerbeköderung mit Antikoagulanzien ist nur an bevorzugten

Eindring- und Einniststellen von Schadnagern in und direkt an Gebäuden zulässig.

Wie häufig müssen die Köderstellen bei einer strategischen befallsunab hängigen Dauerbe-köderung kontrolliert werden?

Während der befallsunabhängigen Dauer-beköderung liegt es im Ermessen des Schäd-lingsbekämpfers, das Intervall seiner System-betreuung im Zeitraum von 1–4 Wochen zu definieren. Wenn bei Befall4 nach Ermessen des Schädlingsbekämpfers eine zusätzliche akute Bekämpfungsmaßnahme erforderlich ist, sind wöchentliche Maßnahmen notwendig.

Umweltbundesamt

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1 Ausgebildeter oder geprüfter Schädlingsbekämpfer mit einer Sachkunde nach Anhang I, Nr. 3 GefStoffV.

2 Eine Ausnahme bilden, wie bei der Bekämpfung eines Akutbefalls, Situationen, in denen der Köder anderweitig zugriffsgeschützt ist (z. B. Kabeltrassen, Unterbauten von Elektrogeräten).

3 Alternativmaßnahmen müssen verhältnismäßig, d.h. zum Schutze eines von der Verfassung anerkannten Rechtsguts notwendig sein. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bein-haltet u. a. auch die Abwägung wirtschaftlicher Aspekte.

4 Befall: Nicht länger als vier Wochen zurückliegende Anzeichen von Schädlingen im Schutzareal. Anzeichen können sein: Lebende und tote Tiere, Fraßspuren an Nahrungs- und Futtermitteln, Materialien oder Ködern, Kot-und Urinspuren, Trittsiegel und Schmierspuren.