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MARKTPLATZ I 88 I Einzelne Weine des Jahrgangs sind uns im- mer wieder auf Messen und am Verkostungs- tisch begegnet. Den bestmöglichen Überblick erhält man aber freilich nur bei einer Verkos- tung der Herausforderer mit den Besten. Im Rahmen einer solchen, vom Mannheimer Weinhändler und Bordeaux-Spezialisten Thomas Boxberger-von-Schaabner organisier- ten Verkostung hatten wir Gelegenheit, die wichtigsten Weine aus Pomerol in einer Vergleichsprobe zu analysieren. Die Probe war verdeckt und das Qualitätsniveau sehr hoch. Der einzige Ausfall wegen eines nicht ganz lupenreinen Korkens war leider der teuerste und bekannteste Pomerol, Château Petrus. Mit gerade mal 800 Hektar Rebfläche ist Pomerol eine der kleinsten der insgesamt 57 bordelaiser Appellationen und auch bei der Betriebsgröße sind die Châteaus aus Pomerol Zwerge im Vergleich zu den großen Produzenten, besonders im Médoc. Nichts desto trotz, oder vielleicht gerade deshalb, zählen die besten Gewächse aus Pomerol zu den Edelsten, die Bordeaux zu bieten hat. Hier dominiert Merlot mit über 80 Prozent Anteil an der Rebfläche (anders als im Caber- net Sauvignon geprägten Médoc), und genau diese Merlot-Lastigkeit hat im kühlen, viel zu früh als schwierig eingestuften Jahrgang 2008 dafür gesorgt, dass hier einige der besten Weine des Jahrgangs gekeltert wur- den. Pomerol 2008 präsentiert sich enorm spannend, komplex und wesentlich filigraner als viele hochgepriesene Jahrgänge der Ver- gangenheit. Pomerol 2008 ist ein Jahrgang für all jene, die Eleganz, Frische und Finesse in Weinen suchen, außerdem der wohl span- nendste Jahrgang seit und für wohl viele Jahre, wenn es um Preis-Leistung geht. Der Grund für das vergleichsweise niedrige Preis- gefüge der 2008er ist die Finanzkrise des Jahres. Die Châteaus und Händler hatten Angst vor Absatzproblemen, gerade auch weil der Jahrgang keine besonders opulenten Weine hervorgebracht hatte, wie sie meist von einflussreichen amerikanischen Kri- tikern präferiert werden. Vergleichsweise niedrige Punktbewertungen, Weltwirtschafts- krise, niedrige Preise. Mit den Jahrgängen POMEROL 2008 Ein Jahrgang für Eleganztrinker und Schnäppchenjäger gleichermaßen ist der aktuell verfügbare 2008er geworden. Damit entspricht er zwar nicht ganz dem typischen Klischee der elitären Appellation, aber Genussmenschen sollten sich darüber freuen. Nun heißt die Devise: kaufen und einlagern! 2009 und 2010 folgen im Anschluss wieder zwei üppige, imposante Jahrgänge und auch die Preise sind wieder drastisch nach oben geschnellt. Daher gilt den hier präsentierten 2008ern aus Pomerol genau wie den bereits in WEINWELT Ausgabe 5/2011 vorgestellten Gewächsen aus anderen bordelaiser Appella- tionen unsere Kaufempfehlung. Wie immer im Spitzensegment der bordelaiser Weine verändern sich die Preise ständig, eine Suche im Internet liefert hier häufig die schnellsten Informationen. Allerdings sei gerade in die- sem Segment der Kauf bei seriösen Fach- händlern und Importeuren angeraten. Richard Grosche 94 Punkte 2008 Château Hosanna, Pomerol Grandiose Nase mit zwar deutlicher Holznote, aber unendlicher Vielfalt dahinter, enorm verführerisch, tiefgründig und lang, ein Wein für große Momente. 94 Punkte 2008 Château L’Evangile, Pomerol Intensive Fruchtaromen, gut eingebundene Röstnoten, leicht ätherische Anklänge, sam- tige Textur, saftig, zum Niederknien. 93 Punkte 2008 Château Trotanoy, Pomerol Kühle Kräuterwürze, Zedernholz, relativ ver-

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Page 1: 94 Punkte 2008 Château Hosanna, Pomerol - · PDF fileI 89 I haltene Fruchtausprägung, die kommt aber mit Luftkontakt immer mehr zum Vorschein, überraschend üppig am Gaumen, ein

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Einzelne Weine des Jahrgangs sind uns im-mer wieder auf Messen und am Verkostungs-tisch begegnet. Den bestmöglichen Überblickerhält man aber freilich nur bei einer Verkos-tung der Herausforderer mit den Besten. ImRahmen einer solchen, vom MannheimerWeinhändler und Bordeaux-Spezialisten Thomas Boxberger-von-Schaabner organisier-ten Verkostung hatten wir Gelegenheit, diewichtigsten Weine aus Pomerol in einer Vergleichsprobe zu analysieren. Die Probe warverdeckt und das Qualitätsniveau sehr hoch.Der einzige Ausfall wegen eines nicht ganzlupenreinen Korkens war leider der teuersteund bekannteste Pomerol, Château Petrus.

Mit gerade mal 800 Hektar Rebfläche istPomerol eine der kleinsten der insgesamt 57 bordelaiser Appellationen und auch beider Betriebsgröße sind die Châteaus ausPomerol Zwerge im Vergleich zu den großenProduzenten, besonders im Médoc. Nichtsdesto trotz, oder vielleicht gerade deshalb,zählen die besten Gewächse aus Pomerol zuden Edelsten, die Bordeaux zu bieten hat.

Hier dominiert Merlot mit über 80 ProzentAnteil an der Rebfläche (anders als im Caber-net Sauvignon geprägten Médoc), und genaudiese Merlot-Lastigkeit hat im kühlen, viel zufrüh als schwierig eingestuften Jahrgang2008 dafür gesorgt, dass hier einige derbesten Weine des Jahrgangs gekeltert wur-den. Pomerol 2008 präsentiert sich enormspannend, komplex und wesentlich filigranerals viele hochgepriesene Jahrgänge der Ver-gangenheit. Pomerol 2008 ist ein Jahrgangfür all jene, die Eleganz, Frische und Finessein Weinen suchen, außerdem der wohl span-nendste Jahrgang seit und für wohl vieleJahre, wenn es um Preis-Leistung geht. DerGrund für das vergleichsweise niedrige Preis-gefüge der 2008er ist die Finanzkrise des Jahres. Die Châteaus und Händler hattenAngst vor Absatzproblemen, gerade auchweil der Jahrgang keine besonders opulentenWeine hervorgebracht hatte, wie sie meistvon einflussreichen amerikanischen Kri-tikern präferiert werden. Vergleichsweise niedrige Punktbewertungen, Weltwirtschafts-krise, niedrige Preise. Mit den Jahrgängen

POMEROL 2008Ein Jahrgang für Eleganztrinker und Schnäppchenjäger gleichermaßen ist der aktuell verfügbare 2008er geworden. Damit entspricht er zwar nicht ganz dem typischen Klischee derelitären Appellation, aber Genussmenschen sollten sich darüber freuen. Nun heißt die Devise: kaufen und einlagern!

2009 und 2010 folgen im Anschluss wiederzwei üppige, imposante Jahrgänge und auchdie Preise sind wieder drastisch nach obengeschnellt. Daher gilt den hier präsentierten2008ern aus Pomerol genau wie den bereitsin WEINWELT Ausgabe 5/2011 vorgestelltenGewächsen aus anderen bordelaiser Appella-tionen unsere Kaufempfehlung. Wie immerim Spitzensegment der bordelaiser Weineverändern sich die Preise ständig, eine Sucheim Internet liefert hier häufig die schnellstenInformationen. Allerdings sei gerade in die-sem Segment der Kauf bei seriösen Fach-händlern und Importeuren angeraten.

Richard Grosche

94 Punkte

2008 Château Hosanna, PomerolGrandiose Nase mit zwar deutlicherHolznote, aber unendlicher Vielfalt dahinter,enorm verführerisch, tiefgründig und lang,ein Wein für große Momente.

94 Punkte

2008 Château L’Evangile, PomerolIntensive Fruchtaromen, gut eingebundeneRöstnoten, leicht ätherische Anklänge, sam-tige Textur, saftig, zum Niederknien.

93 Punkte

2008 Château Trotanoy, PomerolKühle Kräuterwürze, Zedernholz, relativ ver-

Page 2: 94 Punkte 2008 Château Hosanna, Pomerol - · PDF fileI 89 I haltene Fruchtausprägung, die kommt aber mit Luftkontakt immer mehr zum Vorschein, überraschend üppig am Gaumen, ein

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haltene Fruchtausprägung, die kommt abermit Luftkontakt immer mehr zum Vorschein,überraschend üppig am Gaumen, ein Hauchgetrocknete rote Chili, viel Potenzial.

93 Punkte

2008 Château L’Eglise Clinet, Pomerolerinnert in der Nase zunächst ein bisschenan einen Barolo aus einem warmen Jahrgang,sehr feingliedrig und elegant, ein Rohdia-mant mit langem Nachhall und viel Reserven.

93 Punkte

2008 Château Gazin, Pomerolwie schon in der letzten Blindprobe über-zeugt der Gazin auch dieses Mal wieder vollmit seiner kühlen Frucht, Weichsel, Hagebut-te, elegant, top Tanninstruktur, nicht geradefiligran, aber eben verdammt gut.

92 Punkte

2008 Château Lafleur Petrus, Pomerolmollige, sehr moderne Nase mit deutlicherNeuholznote und immenser Fruchtkonzen-tration, aber alles vom Feinsten, kräftige Sta-tur, leicht alkoholische Schärfe, viel Wein.

92 Punkte

2008 Château La Conseillante, PomerolHagebutte, Malve und Sauerkirsche, noch

etwas ruppige Tannine, aber insgesamt sehrelegante Art, ausgesprochen stilvoll.

92 Punkte

2008 Château Providence, Pomerolintensiv-duftige Nase mit viel Veilchen, Herz-kirsche und Bourbon-Vanille, komplex, aberohne Schwere, angenehm frische Säure, bor-delaiser Würze, schon sehr gut zugänglich.

91 Punkte

2008 Château Certan de May, Pomerolzart-florale Andeutungen, Weichsel, vielintensive Frucht, dazu feine Würze, verspielt,sehr gute Struktur und Anlagen.

91 Punkte

2008 Château Latour a Pomerol, Pomerolkühle Fruchtaromen und Veilchen, Zedern-holz, Kirschfrucht, alles sehr elegant undedel, säurefrisch, die leicht alkoholischeSchärfe wird sich noch einbinden.

91 Punkte

2008 Château Le Gay Pomerolmoderner Pomerol mit konzentriertenFruchtaromen (rote Kirschen, Himbeere),leicht bissige Tannine, sehr gute Struktur,wird mit jeder Minute an der Luft besser.

91 Punkte

2008 Château Feytit-Clinet, Pomerolausgesprochen moderner Typ mit viel neuemHolz und sehr röstiger Art, dahinter aberauch verdammt viel Frucht und Wein,schwarze Kirschen, am Gaumen wesentlichvielschichtiger, als die noch junge Nase ver-muten lässt, braucht Zeit.

90 Punkte

2008 Château Lafleur Pomerolviel Frucht, leider aber irgendwie deutlichlaktisch, was im Moment nicht wirklich zumGesamtbild passt, Himbeersaft, leicht sprödeTannine, Potenzial erkennbar, die Frage istnur, wie viel!

90 Punkte

2008 Château La Fleur de Gay Pomerolintensive, rote Frucht, etwas Hagebutte, roteChilis, Zedernholz, sehr gute Tannine, üppig,aber keine Spur zu fett, schon sehr gutzugänglich.

89 Punkte

2008 Vieux Château Certan, Pomeroleher zurückhaltend in der Nase, beim Belüf-ten entwickeln sich dann schnell leicht balsa-mische Noten, viel Kirschfrucht, solide, abernicht groß.