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Einleitung

Die Intention von Hoshin Kanri zu verstehen, ist nicht leicht, wobei das zunächst nichts mit der viel diskutierten japanischen Kultur zu tun hat. Auch geht es nicht um japanische Eigenschaften einer Methode, sondern um die Art und Weise, wie diese verstanden wird. Während westliche Unternehmen gerne den Fokus auf die Anwen-dung eines Instruments legen, versuchen die japanischen Unternehmen ein Gleichge-wicht zwischen seiner Anwendung und der Entwicklung von Mitarbeitern mit eigener Problemlösungskompetenz zu fi nden. Auch der unterschiedliche Umgang mit Fehlern zeigt, dass es nicht alleinige Eigenschaft der östlichen Kultur ist, die sich nicht in der westlichen Welt einführen lässt. Während japanische Unternehmen das Auftreten eines Fehlers als Chance für Verbesserung sehen, wird in deutschen Unternehmen als erstes der Schuldige gesucht.

Das besondere bei Hoshin Kanri ist es, dass es sich nicht um ein neues Instrument zur Strategieumsetzung handelt, sondern, dass es Unternehmen einen Ansatz bietet, sich durch die konsequente Entwicklung von Führungskräften an herausfordernden Durchbruchzielen auszurichten und langfristige Wettbewerbsfähigkeit sicherzustel-len.

Hoshin Kanri stellt einen transparenten, messbaren und abgestimmten Strategieplan bereit, der strategische Durchbruchziele (Breakthrough-Ziele) in jährliche Ziele auf den unteren Ebenen übersetzt und dafür sorgt, dass durch entsprechende Verbesserungs-maßnahmen die Unternehmensziele erreicht werden. Dabei rücken nicht die damit verbundenen Werkzeuge in den Vordergrund, sondern es geht darum, zur Erreichung der Ziele Führungsfähigkeiten und Know-how für signifi kante Prozessverbesserungen zu entwickeln. Die erfolgreiche Umsetzung von Hoshin Kanri erfordert eine radikale Veränderung des Führungs- und Managementstils, da nicht mehr wie bisher gearbeitet wird.

Kernelement von Hoshin Kanri ist der PDCA-Zyklus (plan, do, check, act), der sich in jedem Umsetzungsschritt wiederfi ndet. In der Plan-Phase defi niert das Topmanage-ment die entscheidenden Durchbruchziele. Hierbei geht es darum, Handlungsziele zu defi nieren, die zunächst als nicht erreichbar erscheinen. In der anschließenden Kon-kretisierung auf den einzelnen Ebenen wird herausgearbeitet, wie sie erreicht werden können. Hoshin Kanri basiert auf dem Prinzip, dass jeder seine eigenen Verpfl ichtun-gen hat und auch wahrnimmt, da es die Mitarbeiter sind, die das Potenzial von Pro-zessen und Systemen kennen. Hoshin Kanri legt die Verantwortung für Verbesserung damit in die Hände derjenigen, die die Performance beeinfl ussen können. Mitarbeiter-partizipation erzeugt höhere Qualität der Entscheidungen, erhöhtes Commitment und frühe Vermeidung von potenziellen Fehlern.

Der wesentliche Unterschied von Hoshin zu anderen Planungsmethoden wie z. B. MbO ist der Catchball-Prozess. Dabei werden die Ziele über alle Ebenen eines Unter-nehmens kaskadiert. Ziele werden nicht in einem Vier-Augen-Gespräch zwischen Füh-

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rungskraft und Mitarbeiter vereinbart, sondern sie werden zwischen der Führungs-kraft und ihrem gesamten Team diskutiert und gemeinsam festgelegt. Das Besondere dabei ist, dass nicht nur Ziele vereinbart werden, sondern auch erarbeitet wird, wie die Ziele erreicht werden können. Dabei erfolgt nicht nur ein vertikaler Abgleich, sondern Ziele und Maßnahmen werden zwischen verschiedenen Bereichen harmonisiert (hori-zontale Abstimmung).

Schwerpunkt bei Hoshin Kanri ist die Umsetzung der festgelegten Ziele (Do-Phase). Dabei kommt es darauf an, die Führungskräfte dahin zu entwickeln, dass sie in der Lage sind, ihre Mitarbeiter zu der Umsetzung zu befähigen. Hoshin Kanri lässt sich nur auf den Ebenen anwenden, wo auch entsprechende Führungsfähigkeiten vorhan-den sind. Am Beispiel des Führungskräfteentwicklungsmodells von Toyota wird dar-gestellt, wie diese Fähigkeiten mit der Zeit entwickelt werden können und welche An-forderungen auf die Führungskräfte zukommen. Dabei spielen Coaching, Mentoring oder die Unterstützung durch einen Sensei eine wesentliche Rolle. Da die Entwicklung von diesen Fähigkeiten eine gewisse Zeit benötigt, konzentriert man sich bei der Um-setzung lediglich auf eine kleine Auswahl von Instrumenten. Als wichtigstes Werk-zeug wird der A3-Report gesehen, bei dem die Mitarbeiter während der Anwendung im strukturierten Denken und in der Entwicklung von Problemlösungsfähigkeiten ge-schult werden. Die Führungskräfte agieren dabei als Coach oder Mentor.

In der Check-Phase geht es darum, den Stand der Zielerreichung regelmäßig zu über-prüfen. Hierbei wird der Fortschritt der Aktionen bottom-up ausgehend von der unters-ten Ebene überprüft, um sicherzugehen, dass die Ziele erreicht werden. Wesentlich ist hier das Shopfl oor-Management, bei dem Führung vor Ort, Visualisierung, Standardi-sierung und Problemlösung eine wesentliche Rolle spielen. Neben diesen auf Stunden-basis durchgeführten Reviews wird außerdem dafür gesorgt, dass auf höheren Ebenen die Zielerreichung mindestens täglich bis wöchentlich überprüft wird. Am Ende des Jahres erfolgt mit der sogenannten president’s diagnosis eine Beurteilung der aktuellen Lage des gesamten Unternehmens.

Wenn die Mitarbeiter ihre Ziele erreicht haben, gilt es in der Act-Phase den er-reichten Zustand abzusichern und Hoshin Kanri zu institutionalisieren. Dabei werden Folgeaktivitäten zur kontinuierlichen Verbesserung auf Basis des PDCA-Zyklus ange-stoßen. Man kann davon ausgehen, dass je besser die ersten drei Phasen des PDCA-Zyklus umgesetzt wurden, desto einfacher wird die Umsetzung der Act-Phase sein. Die Standardisierung von Prozessen ist der erste Schritt. Anschließend erfolgt regelmäßi-ges Kaizen oder Kaikaku, während parallel die Wirksamkeit von Führungskräfteent-wicklung und Nachfolgeplanung überprüft wird. Abschließend gilt es in der Act-Phase, den Hoshin-Kanri-Prozess an sich permanent zu überprüfen und anzupassen.

Diese Methode mag in der Theorie gut klingen, ist aber in der Praxis nicht umsetz-bar, weil sie zu viel Zeit in Anspruch nimmt und zu mühsam ist, könnten Einwürfe lauten. Das sind gültige Einwände. Hoshin Kanri braucht Zeit. Und es gibt Zeiten, da wird es lästig, wenn Teams sich abmühen, Konsens zu erreichen, um die Dinge zu identifi zieren, die die Unternehmensziele unterstützen. Aber was passiert, wenn die die Mitarbeiter nicht in den Unternehmensplan eingebunden werden, der von ihnen abhängt? Was passiert, wenn sie es versäumen, klare und ehrgeizige Ziele zu stecken, realistische Zielvorgaben zu setzen und die Kennzahlen mit der Strategie in Überein-stimmung zu bringen?

Teil I: Einführung und Umsetzung von Hoshin Kanri

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Am Ende tut eine erfolgreiche Organisation das, was eine nicht erfolgreiche nicht bereit ist zu tun. Bei Hoshin Kanri bedeutet das partizipatives Planen sowie vertikale und horizontale Anpassung. Wenn man sich Zeit nimmt, um die Aktionspläne zu ko-ordinieren und Ursache und Wirkung zu überprüfen, reduziert man Unsicherheiten bei der Implementierung. Man erhält nicht einfach nur Ergebnisse, sondern geplante Ergebnisse.

Teil I: Einführung und Umsetzung von Hoshin Kanri

Da Hoshin Kanri in Deutschland noch relativ unbekannt ist, wird in diesem Teil des Buches einführend auf den Hintergrund und die Ursprünge von Hoshin Kanri einge-gangen. Anschließend werden auf Basis der einzelnen PDCA-Schritte die Einführung und die Umsetzung von Hoshin Kanri ausführlich beschrieben. Es wird dargestellt, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, um eine Kultur zu schaffen, die eine erfolgreiche Umsetzung von Hoshin Kanri ermöglicht, und welche Rolle den Mit-arbeitern und Führungskräften zukommt. Dabei werden folgende Fragen beantwortet:• Vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen bei der Planung und Umset-

zung ihrer Strategien?• Was bedeutet Hoshin Kanri und was ist seine Zielsetzung?• Wie grenzt sich Hoshin Kanri von anderen Instrumenten ab?• Wie verläuft der Planungsprozess und wie werden echte Durchbruchziele erarbeitet?• Wie sind dabei die Führungskräfte beteiligt?• Wie kann das gesamte Unternehmen an herausfordernde Durchbruchziele ausge-

richtet werden? • Wie gewinnt man die Mitarbeiter dafür?• Wie gestaltet sich der Umsetzungsprozess?• Wie werden Führungskräfte und Mitarbeiter zu der Umsetzung befähigt?• Welche Methoden werden ihnen zur Verfügung stellt? • Welche Rolle spielt dabei Mentoring und Coaching und welchen Mehrwert kann ein

Sensei bieten?• Wie schaut eine typische Hoshin-Kanri-Einführung aus?

Teil II: Praxisbeispiele

Im 2. Teil dieses Buches beschreiben Experten namhafter Unternehmen, wie Hoshin Kanri in der Praxis verstanden wird, wie es eingeführt wurde und wie die Umset-zung aktuell läuft. Die Auswahl der Firmen erfolgte nicht danach, ob es sich um Best-Practice-Beispiele handelt. Vielmehr wurden sie danach ausgesucht, wie ein möglichst breites Spektrum – angefangen von den unternehmerischen Gegebenheiten bis zu der jeweiligen Vorgehensweise der Umsetzung – dargestellt werden kann. Alles sind erst-klassige Unternehmen, die ihre Erfahrungen und ihr Wissen weitergeben wollen und offen für kontinuierliche Verbesserung sind. Siemens, MAN, Alstom, Apex Tool Group,

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Federal Mogul und weitere Unternehmen zeigen, wie sie mit Hoshin Kanri bzw. Policy Deployment ihr Unternehmen erfolgreich auf die strategischen Vorgaben ausrichten. Jede genannte Firma befi ndet sich in einer unterschiedlichen Umsetzungsstufe und ist geprägt von ihrer Individualität. Alle Beiträge beschreiben das Verständnis von Hoshin Kanri, die Einführungsschritte sowie das tägliche Arbeiten mit damit. Dennoch ver-bindet sie alle eines: Kernelement ist immer der PDCA-Zyklus, und die Entwicklung von Führungskräften und Mitarbeitern für die kontinuierliche Prozessverbesserung steht an oberster Stelle.

Um den Lesern eine bessere Orientierung zu geben, wurden die Praxisbeispiele in Teil II nach den Dimensionen Reifegrad Lean Management und der Durchgängigkeit der Zielabstimmung systematisiert.

Begleitend zu jedem Beitrag weise ich einleitend darauf hin, was der Leser von dem Beitrag erwarten bzw. lernen kann. Abschließend stelle ich zusammenfassend die Les-sons Learned, also die kritische Projektrefl exion, eines jeden Beitrags dar. Sie gewäh-ren dem Leser auf einen Blick die Erfolgsfaktoren aber auch die Herausforderungen, die es bei der Einführung von Hoshin Kanri zu bewältigen gilt.

Teil III: Hoshin Kanri: Von den Voraussetzungen bis zur Vollendung

Der 3. Teil des Buches beinhaltet zwei Beiträge, die abschließend wichtige Themen in Bezug auf Hoshin Kanri beinhalten. Der erste Beitrag von Müssig und Dohne stellt noch einmal dar, wie wichtig vorhandene Führungsfähigkeiten für eine erfolgreiche Umsetzung von Hoshin Kanri sind und welche Anforderungen auf Führungskräfte bei der Gestaltung eines durchgängigen Strategieprozesses zukommen. Beide Autoren beschäftigen sich seit vielen Jahren intensiv mit dem diesem Thema und beleuchten es auf Basis eigener Erfahrungen vor dem Hindergrund des Hoshin-Kanri-Prozesses.

Der letzte Beitrag betrachtet Hoshin Kanri abschließend unter einem ganz anderen Aspekt, dem Profi t-Management. Thomas Jackson, ausgewiesener Hoshin-Kanri-Ex-perte und Autor von Hoshin Kanri for the Lean Enterprise (Portland 2006), beschreibt, welche Schwachstellen das traditionelle Controlling hat, und welche tief greifenden Veränderungen in der Steuerung von schlanken Unternehmen notwendig sind. Dabei geht er explizit darauf ein, wie ein Steuerungssystem eines schlanken Unternehmens mit seiner radikal dezentralisierten Struktur gestaltet werden muss. Am Ende hält er fest, dass Hoshin Kanri in Verbindung mit dem Toyota-Produktionssystem das Steue-rungssystem des 21. Jahrhunderts sei.

Teil I: Einführung und Umsetzung von Hoshin Kanri

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1. Grundlagen – Methoden – ErfolgsfaktorenDaniela Kudernatsch

1.1 Ganzheitliche Unternehmenssteuerung und konsequente Strategieumsetzung

1.1.1 Die Situation in Unternehmen

Die Antwort vieler Unternehmen auf die Fragen »Wie kommen wir aus der Krise he-raus?«, »Wie können wir den permanenten Kostendruck bestmöglich bewältigen?«, »Wie schaffen wir eine reibungslose Fusion?« usw. lautet in den meisten Fällen: Wir müssen so schnell wie möglich Ergebnisse schaffen!

Diese Haltung ist zunächst völlig richtig und auch einleuchtend, da kaum ein Unter-nehmen Jahrzehnte Zeit hat, diesen und ähnlichen Herausforderungen zu begegnen. Vielmehr muss sofort mit der Einleitung entsprechender Maßnahmen begonnen wer-den, um das Unternehmen kurzfristig neu auszurichten.

In vielen Fällen erfolgt eine drastische Veränderung in der Geschäftsleitung und neue Führungskräfte oder Berater von außen werden in das Unternehmen geholt, de-ren Aufgabe es ist, das »Restrukturierungsprojekt« zu leiten. Durch aggressive Kosten-reduktion wird fi nanzielle Stabilität erreicht, die aber meist auf Kosten der langfristi-gen Stärke geht. Die Folge ist, dass sich die Kultur radikal verändert und viele wertvolle Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, weil ihnen entweder gekündigt wird oder sie woanders einen besseren Job fi nden.

Die Herausforderung für ein Unternehmen besteht darin, diese Anforderungen in kurzer Zeit zu bewältigen, aber parallel dazu eine entsprechende Kultur, notwendige Führungsfähigkeiten und operative Exzellenz aufzubauen, die alle notwendig sind, um langfristig erfolgreich zu sein. Nur dann kann die Planung von Zielen und deren Umsetzung positiv verlaufen.

Viele Unternehmen wissen, wie wichtig es ist, strategisch zu planen. Es zeigt sich jedoch immer wieder, dass das nicht so einfach ist bzw. oft nicht immer leicht fällt. Unabhängig von der Machbarkeit der Planung lässt sich häufi g erkennen, dass das Tagesgeschäft immer Priorität gegenüber der Abwägung hat, Zeit und Aufwand in die Planung der Zukunft zu investieren. Zwangsläufi g geht die Planung unter oder sie wird nur unzureichend durchgeführt. Wenn ein Unternehmen jedoch langfristig er-folgreich und lebensfähig sein will, dann müssen Management und Führungskräfte lernen, sinnvoll zu planen und die Planung effektiv umzusetzen.

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Strategische Planung

Einer der bedeutendsten Strategen der Weltgeschichte, Dwight D. Eisenhower1, sagte bereits: »Pläne sind nichts – Planung ist alles«. Genauso wie dies für den militärischen Bereich gilt, trifft diese Aussage auch für die Strategien von Wirtschaftsunternehmen zu. Nach Eisenhower ist nicht der Plan selbst das Entscheidende, sondern der fortwäh-rende Prozess der Planung.

Mintzberg stellt in seinem Buch The Rise and Fall of Strategic Planning2 die Schwä-chen von moderner strategischer Planung vor. Am Ende stellt er fest, dass die strategi-sche Planung letztendlich doch die Rolle erfülle, für die sie ursprünglich gedacht war: Organisationen ein fl exibles, fortwährendes, anpassbares System zur Verfügung zu stellen, um ihr strategisches Vorhaben ( Vision) zu realisieren.

Viele Unternehmen machen den Fehler, dass sie immer wieder neue Initiativen star-ten, ohne jedoch einen umfassenden Plan für die Umsetzung zu haben, der auf die Strategie ausgerichtet ist. Deshalb sind viele der ursprünglich geplanten Veränderun-gen erfolglos. Die Folgen sind oft fatal, da neben verschwendeter Zeit, Energie und Investitionen auch die Glaubwürdigkeit des Managements infrage gestellt wird. Ohne einen Plan mit ernsthaftem Commitment für schnelle Veränderung geraten viele Initia-tiven ins Stolpern oder versagen bereits in frühen Phasen komplett.

Traditionelle Pläne und deren Umsetzung scheitern oft aus vielen Gründen:• Keine klare Vision zur Zukunft des Unternehmens Das Topmanagement hat häu-

fi g keine genaue Vorstellung, wohin sich das Unternehmen in den nächsten Jahren entwickeln soll. Es wird vielmehr mit Intuition und Instinkt gelenkt. Doch wie be-kommt man dadurch ein Unternehmen auf »Kurs«? Da niemand im Topmanagement weiß, wo die Reise hingeht, wird der Rest des Unternehmens auf genauso uninspi-rierte und unkoordinierte Weise arbeiten. Ähnlich schaut es aus, wenn zwar das Topmanagement die Richtung kennt, diese aber niemand anderem im Unternehmen bekannt ist.

• Keine Beteiligung der Wissensträger aus unteren Ebenen bei der Erarbeitung der Strategie Einer der größten Fehler des Topmanagements ist es, nicht zu erkennen, dass jede Veränderung der Strategie auch Veränderungen im Tagesgeschäft der ge-samten Organisation bedeutet, und dass der Input und das Know-how aus unteren Ebenen essenziell für die Erarbeitung der Strategie ist. Häufi g wird die Meinung vertreten, dass Strategie Aufgabe des Topmanagements sei und diese in »geheimer« Mission im Elfenbeinturm entwickelt werde.

• Prognosen von Managern häufi g unrealistisch Ziele sind oft willkürlich gesetzt, ohne dass eine klare Verbindung zur Notwendigkeit oder Machbarkeit hergestellt ist. Die Gründe liegen häufi g im Mangel an profundem Wissen des Geschäfts oder übertriebenen »Schönrechnereien« von Managern.

• Fokus auf zu viele Ziele Es gibt die natürliche Tendenz, sich als Unternehmen zu viele Ziele zu setzen. Oft ist es jedoch gar nicht möglich, alle Ziele gleichzeitig

1 Dwight »Ike« David Eisenhower (* 14. Oktober 1890 in Denison, Texas; † 28. März 1969 in Washington D.C.) war der 34. Präsident der Vereinigten Staaten (1953–1961) und Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte in Europa während des Zweiten Weltkrieges; vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Dwight_D._Eisenhower

2 Vgl. Mintzberg, H. (1994): The Rise and Fall of Strategic Planning, New York

Teil I: Einführung und Umsetzung von Hoshin Kanri

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zu bewältigen. Diese »Man muss alles tun«-Mentalität begründet sich wiederum in einem Mangel an strategischer Klarheit. Die Folge ist, dass in keinem der Ziele ein nennenswerter Fortschritt gemacht wird. Dadurch werden Outputs reduziert, Ressourcen verschwendet und Mitarbeiter an ihre Grenzen getrieben.

• Abteilungs- oder Bereichsziele sind nicht mit den Unternehmenszielen abge-stimmt Gibt es keine klaren Unternehmensziele oder werden diese nicht kommuni-ziert, defi nieren Abteilungs- und Bereichsleiter die aus ihrer Sicht relevanten Ziele. Da sie im Allgemeinen ihre eigenen Interpretationen von Geschäftszielen und Vor-gaben haben, führt dies zu einem erheblichen Konfl ikt, suboptimalen Lösungen und zwangsläufi g dazu, dass die Ziele nicht aufeinander abgestimmt sind. Rivalität und Konfl ikte in Bereichen und Abteilungen untereinander sind die Folge.

• Konzentration auf fi nanzielle Ziele Finanzielle Ziele und deren Vorgaben sind oft klar defi niert, während qualitative Ziele eher schwammig festgelegt sind, wie z. B. »Wir müssen die Performance steigern« oder »die Kundenzufriedenheit erhöhen«. Zunächst hören sich diese sehr rühmlich an, dennoch bedeuten sie gar nichts, weil sie viel zu vage defi niert sind. In Planungen sind die nicht fi nanziellen Treiber des Geschäfts meist unterrepräsentiert, obwohl diese letztendlich für die Erreichung der monetären Ziele ausschlaggebend sind.

• Zu viele strategische Initiativen Kritisches Element der Planungsphase ist die Prio-risierung der relevanten Initiativen. In dieser Phase muss das Management-Team rigoros die unwichtigen Projekte eliminieren und auch »Lieblingsprojekte« strei-chen. Bei Unternehmen, die an zu vielen Initiativen gleichzeitig arbeiten, ist eine Unsicherheit auf allen Ebenen offensichtlich. Das zeigt sich meist in einer starken Mitarbeiterfl uktuation, hohem Krankenstand oder hoher Abwesenheitsrate.

• Planung ist ein seltenes Ereignis Viele Unternehmen sehen Planung als Ereig-nis und nicht als einen permanenten Prozess. Man erarbeitet am Jahresende die Planung für das Folgejahr und verabschiedet diese. Erst ein Jahr später wird diese wieder überarbeitet. (An dieser Stelle sei an die Aussage von Eisenhower erin-nert.)

• Separate Planungsabteilung Meist werden Planungen von speziellen Abteilungen wie z. B. Controlling durchgeführt. Dies erzeugt große Probleme für viele Bereiche, da sie der Planung trotz Feedbackschleifen aus verschiedenen Gründen nicht zu-stimmen. Die Verantwortung für eine erfolgreiche Implementierung des Plans ent-fällt damit sowohl bei den Planern als auch bei den Umsetzern automatisch.

Umsetzung der Strategie

Das Wesentliche einer Strategie ist die Umsetzung der geplanten Aktivitäten, die kri-tisch für den Erfolg sind. Die Umsetzung stellt einen disziplinierten Prozess und ein sinnvolles Bündel von Aktivitäten dar, die es dem Unternehmen ermöglichen, die stra-tegischen Ziele zu erreichen. Einen derartigen logischen Prozess zu entwickeln und umzusetzen, stellt eine anspruchsvolle Aufgabe für das Management dar. Manager sind normalerweise mehr darin geübt zu planen, anstatt umzusetzen. Meist zeigt sich jedoch, dass schlechte Performance nicht auf die Planung, sondern auf die Umsetzung zurückzuführen ist. Folgende Probleme lassen sich bei der Umsetzung von Strategien erkennen:

1.1 Ganzheitliche Unternehmenssteuerung und konsequente Strategieumsetzung

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• Strategieumsetzung wird delegiert Der Grund, warum die Umsetzung von Strate-gien fehlschlägt, kann im Allgemeinen auf die Art zurückgeführt werden, wie die Strategie entwickelt wurde. Wie beschrieben, verbringt meist eine kleine Gruppe viel Zeit damit, die Strategie zu formulieren, ohne der anschließenden Implemen-tierung viel Aufmerksamkeit zu schenken. Häufi g wird die Meinung vertreten, dass Strategieumsetzung von den unteren Ebenen erledigt werden müsse. Das Topma-nagement erarbeitet die Strategie und weist die unteren Ebenen an, die Umsetzung durchzuführen. Genau an dieser Stelle läuft Strategieumsetzung falsch. Wenn Top-manager die Umsetzung unter ihrer Würde oder nicht zu ihrem Aufgabengebiet gehörend sehen, ist eine erfolgreiche Umsetzung stark gefährdet.

• Unzureichende Umsetzungsfähigkeiten Insbesondere wenn es darum geht, Maß-nahmen bzw. Projekte zur Erreichung der Ziele durchzuführen, mangelt es häufi g an den entsprechenden Fähigkeiten und Kompetenzen, da entweder die falschen Mitarbeiter oder Führungskräfte ausgewählt werden oder weil sie über nicht aus-reichende Fähigkeiten verfügen. Mitarbeiter haben oft keine Standardwerkzeuge an der Hand, die sie anwenden können, Teams arbeiten unkoordiniert vor sich hin und die Führungskräfte sind nicht in der Lage, die Projektteams zu führen und zu be-fähigen.

• Mangelnde durchgängige Transparenz Neben der Angst vieler Führungskräfte vor zu viel Transparenz in ihren Bereichen, kommt häufi g hinzu, dass Standard-kennzahlen nicht defi niert sind. Führungskräfte arbeiten ohne ein klar defi niertes Ziel vor sich hin und eine durchgängige Performance der einzelnen Ebenen bis zur Unternehmensspitze ist nicht sichtbar. Meist existieren zwar viele Zahlen, aber die-se ergeben kein aussagekräftiges Bild um festzustellen, was tatsächlich notwendig ist, um die Ziele erreichen zu können.

• Kein effektiver und effi zienter Reporting- und Monitoring-Prozess Häufi g ist die Erhebung der Kennzahlen und der Umsetzungsstand von Maßnahmen mit einem hohen administrativen Aufwand verbunden. Man ist mehr mit der Erhebung und dem Zusammentragen von Informationen beschäftigt, anstatt sich um die Analyse zu kümmern. Eine regelmäßige Überprüfung der Performance mit einer systema-tischen Abweichungsanalyse fi ndet daher selten statt und entsprechende Maßnah-men um gegenzusteuern werden nicht ergriffen.

Manager benötigen einen sinnvollen Prozess, der sie durch die Umsetzung ihrer Strate-gien leitet. Ohne klare Richtlinien und Vorgaben wird die Umsetzung eine »Hals über Kopf«-Sache und jeder macht das, was er für richtig hält. Dies endet zwangsläufi g in unkoordinierten, auseinanderlaufenden, konfl iktreichen Entscheidungen und Aktivi-täten.

Neben den Problemen bei der Planung und der Umsetzung kommen in den meisten Fällen zusätzliche Barrieren hinzu, die hauptsächlich mit dem Verhalten des Manage-ments und den Führungskräften sowie mit der Unternehmenskultur zu tun haben.

Management und Führungskräfte

»Was ist eine gute Führungskraft und wie unterscheidet sich diese von einer weniger guten?« Die Frage von Unternehmen und Experten ist sicherlich berechtigt, lässt sich

Teil I: Einführung und Umsetzung von Hoshin Kanri

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aber nicht so einfach beantworten, da der Anteil guter Führungskräfte in einem Unter-nehmen häufi g schwindend gering ist. • Unzureichende Führungsfähigkeiten Viele Mitarbeiter werden zur Führungskraft

ernannt, weil sie gute Fachspezialisten bzw. Experten in ihrem Gebiet sind. Obwohl sie weder jemals Teams geführt noch gelernt haben, wie man führt, kommen sie an eine Position mit der Mitarbeiterverantwortung. Natürlich bleibt das den Mitarbei-tern nicht verborgen, die darauf mit Misstrauen reagieren. Mitarbeiter spüren relativ schnell, wenn ihr Chef nicht für diese Position geeignet ist.

• Zu stark in operative Tätigkeiten eingebunden Eine Folge der mangelnden Füh-rungsfähigkeit ist, dass Führungskräfte intensiv in ihrem Fachgebiet mitarbeiten und »Feuerwehr« spielen, da ihnen ihre eigentliche Aufgabe zu »führen« vollkom-men fremd ist. Im Allgemeinen beschränkt sich der Anteil eines klassischer Füh-rungsalltags auf 10 Prozent für Führungsaufgaben. Deswegen geben Führungskräf-te immer wieder an, sie hätten gar keine Zeit, sich um strategische Themen zu kümmern.

• Kein Drang zur Selbstentwicklung Man begegnet immer wieder Führungskräften, die offen für Lernen und bereit für kulturelle Veränderungen sind. Leider aber ist der Anteil von denjenigen, die nicht willig oder auch gar nicht fähig sind, ihre Per-spektive und ihre Ansätze zu verändern, um den zukünftigen Herausforderungen zu begegnen, wesentlich größer. Insbesondere, wer schon viele Male gefördert wur-de und als erfolgreich angesehen wird, empfi ndet sich nicht zur Selbstentwicklung verpfl ichtet oder legt auch keinen Wert darauf, andere zu entwickeln.

• Coaching und Entwicklung von Mitarbeitern ist unzureichend Wenn eine Füh-rungskraft selbst Defi zite in der Führung hat, und noch schlimmer, wenn sie sich selbst nicht entwickeln will, wird sie auch keinen großen Wert darauf legen, ihre Mitarbeiter zu coachen oder zu entwickeln. Viel lieber werden Mitarbeiter auf kost-spielige Schulungen oder Trainings geschickt, die fern der eigentlichen Probleme des Tagesgeschäftes sind und deren Inhalte nach kurzer Zeit wieder vergessen werden. Zwar braucht das Coachen von Mitarbeitern Zeit und ist aufwendig, aber ein gut ge-coachtes und gut geführtes Team wird schneller seine Ziele erreichen.

• Topmanagement ist zu weit weg vom Tagesgeschäft Bei einigen Unternehmen se-hen die Mitarbeiter das Management einmal im Jahr bei der Weihnachtsfeier oder bei der Betriebsfeier. Das Topmanagement begibt sich »doch nicht auf die Ebene der Mitarbeiter, denn erstens gibt es hierfür die entsprechenden Führungskräfte und zweitens hat man mit dem operativen Geschäft nichts zu tun«. Die Gefahr ist jedoch, dass diese Auffassung nach unten diffundiert und die zuständigen Führungskräfte ebenso wenig Notwendigkeit sehen, permanent bei den Mitarbeitern vor Ort zu sein. Dadurch kann weder eines tieferes Verständnis von der Arbeit der Mitarbeiter noch eine Unterstützung beim Problemlösungsprozess erfolgen. Doch genau hier fängt Coaching und die Entwicklung von Mitarbeitern an.

• Unzureichende Problemlösungsfähigkeiten Führungskräfte übernehmen meist nur Verantwortung für ein Problem, wenn sie sich sicher sind, dass sie es auch lösen können. Das Risiko und die Konsequenzen für ein ungelöstes Problem sind für viele Führungskräfte nicht tragbar. Die Folge ist, dass viele Probleme jahrelang verdeckt werden. Außerdem kann der Prozess, die Ursachen eines Problems aufzudecken, auf großen Widerstand stoßen, was wiederum hohe Ansprüche an die Fähigkeiten

1.1 Ganzheitliche Unternehmenssteuerung und konsequente Strategieumsetzung

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der Führungskraft stellt. So fi nden z. B. geduldige Gespräche mit den involvierten Beteiligten selten statt, um Vertrauen aufzubauen und damit den Mitarbeiter zu er-möglichen, ehrlich zu sein und sich nicht persönlich angreifbar zu fühlen.

• Falsches Prozessverständnis Viele Führungskräfte haben den Unterschied zwi-schen guten und schlechten Prozessen noch nicht verstanden. Anstatt sich darum zu kümmern, dass der Prozess durch Standardisierung wiederholbar wird, versu-chen sie mit »Glück« positive Prozessergebnisse zu erreichen. Außerdem nehmen die meisten Führungskräfte an, ein guter Prozess sei frei von Fehlern. Sie vermit-teln nicht die Philosophie, dass das Eintreten und das Lösen eines Fehlers der Weg zu einer kontinuierlichen Verbesserung ist. Wird ein Fehler entdeckt, erfolgt eine sofortige Schuldzuweisung, anstatt sich darum zu kümmern, wie das Problem am schnellsten gelöst werden und was man daraus lernen kann.

• Mangelnde Ressourceneinteilung Unzureichende Führungsfähigkeiten haben zur Folge, dass für Fragen der Kapazitätsverteilung im Team wenig oder keine Zeit bleibt. Die Mitarbeiter arbeiten wie gewohnt ihr Tagesgeschäft ab und haben keiner-lei Kapazitäten für weitere Aufgaben.

• Unzureichende Führung im Veränderungsprozess Ohne eine klare Leitung des Veränderungsprozesses auf jeder Ebene wird dieser nicht erfolgreich sein. Sowohl das Topmanagement als auch die Führungskräfte müssen Verantwortung überneh-men und sich darum kümmern, dass die Aktivitäten im Veränderungsprozess kon-sequent umgesetzt werden.

• Inhalt von Reviews meist zu operativ Reviews werden von den Führungskräften in den meisten Fällen sporadisch oder im Rahmen von wöchentlichen oder monat-lichen Bereichs- oder Teammeetings durchgeführt. Inhalt sind meistens Probleme im Tagesgeschäft, deren Lösungen oder der Stand von fachlichen Projekten. Dabei werden Abweichungen vom Plan und damit verbundene Ergebnisse meist unsyste-matisch identifi ziert oder entsprechende korrigierende Aktionen festgelegt. Die Be-sprechung von strategischen Themen oder Zielen kommt meist zu kurz oder fi ndet nicht statt.

• Ungeduld Insbesondere dem Management und Führungskräften gehen manche Din-ge nicht schnell genug. Oft brauchen jedoch Veränderungen, wie z. B. die Entwick-lung von Mitarbeitern ihre Zeit, bis sie fruchten und erkennbare Ergebnisse hervor-bringen.

• Streitlust Sehr häufi g ist eine Art von Führungskräften anzutreffen, die eher aus Streitlust agiert anstatt kooperativ mit den Kollegen zusammenzuarbeiten. Sie sind häufi g nur an sich selbst interessiert und handeln nach dem Motto: »Überleben des Besten«.

Für eine intensivere Diskussion zum Thema Führungsverhalten soll an dieser Stelle auf den Beitrag von Müssig und Dohne im abschließenden Teil dieses Buches verwie-sen werden.

Unternehmenskultur

Eine Unternehmenskultur ins Positive zu verändern dauert Jahre. Verhalten, Einstel-lungen und Sichtweisen haben sich über viele Jahre gefestigt und lassen sich nicht

Teil I: Einführung und Umsetzung von Hoshin Kanri

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einfach von heute auf morgen ändern. Es hat sich eine Kultur entwickelt, in der Si-lodenken, Autonomie von Führungskräften, Misstrauen, wenig Übernahme von Ver-antwortung, Nichteinhalten von Timelines, zu spätes Erscheinen in Meetings, nicht beenden, was man angefangen hat etc. seit langer Zeit geduldet wird. • Mangelnde Prozessverantwortung Ein weitverbreitetes Problem in vielen Unter-

nehmen ist das Fehlen von Prozessverantwortung. In diesen Unternehmen ist jeder Bereich eine unabhängige in sich geschlossene Einheit. Der Grund dafür ist, dass sich im Laufe der Jahre Silodenken entwickelt hat, wo zwar in gewisser Weise eine vertikale Abstimmung, jedoch keine horizontale Harmonisierung stattfi ndet. Jeder Bereich führt seine Aktivitäten durch und »schmeißt sie über den Zaun« zur nächs-ten Abteilung. Es fi ndet wenig Kommunikation in die andere Richtung statt noch herrscht Verständnis für die Bedürfnisse des anderen.

• Festhalten an alten Methoden In vielen Unternehmen ist eine Tendenz erkennbar, dass Methoden benutzt werden, mit denen man in der Vergangenheit schon häufi g gearbeitet hat. Diese Unternehmen sind erneuerungsresistent, weil das Alte funktio-niert und sich bewährt hat. In der heutigen Zeit genügt das jedoch nicht mehr. Ein Unternehmen wird nur lebensfähig bleiben, wenn es sich kontinuierlich verbessert und seine Führungskräfte und Mitarbeiter die besten und professionellsten Metho-den anwenden können.

• Mangelnde Kommunikation bei Handlungsbedarf Oft wird der Veränderungs-prozess im »Elfenbeinturm« des Managements begonnen. Eine erfolgreiche Ver-änderung setzt jedoch eine klare, offene und unternehmensweite Kommunikation voraus, in der die Notwendigkeit einer dringenden Veränderung deutlich gemacht wird. Alle Mitarbeiter müssen darüber informiert werden, damit sie Entscheidungen auch verstehen und nachvollziehen können.

• Meinungsbasierte Entscheidungsfi ndung Entscheidungen werden auf Basis von subjektiven Meinungen anstatt auf Grundlage von Zahlen und Fakten gefällt. Ent-weder liegen diese nicht vor oder man vertraut eher auf sein Bauchgefühl.

• Kein offener Umgang mit negativen Ergebnissen Ein häufi ger Fehler von Manage-ment-Teams ist, dass schwache Geschäftsergebnisse nicht offen zugegeben werden und die Organisation nicht rechtzeitig damit konfrontiert wird. Es ist die Aufgabe des Managements, kritische Erfolgsfaktoren zu identifi zieren, darüber Einigung zu erzielen und die entsprechenden Maßnahmen einzuleiten. Solange sich das Ma-nagement darüber nicht im Klaren ist, hilft keine Planungs- oder Umsetzungsme-thode.

• Unzureichende Berücksichtigung der Kultur im Strategieprozess Häufi g fi ndet der Strategieprozess losgelöst von der eigenen Unternehmenskultur statt. Es werden zwar Markt- und Wettbewerbsanalysen in hohem Umfang durchgeführt und daraus Strategien abgeleitet, aber die Frage nach der Machbarkeit in Bezug auf die Unter-nehmenskultur hat häufi g nachrangige Bedeutung oder wird komplett ignoriert.

• Schuldzuweisung Wenn Prozesse unweigerlich und häufi g falsch ablaufen, herrscht vielfach die Praxis, dem anderen einfach die Schuld zuzuweisen. Meist dauert es nicht lange, dann hat sich eine Kultur durchgesetzt, in der bei aufgetretenen Feh-lern sofort die Frage gestellt wird: »Wer war schuld?« Das führt zu einer Angstat-mosphäre, in der es nicht mehr ehrlich zugeht und jeder versucht, eigene Fehler zu verschleiern. Folglich wird das Unternehmen es verfehlen zu »lernen«. Der richtige

1.1 Ganzheitliche Unternehmenssteuerung und konsequente Strategieumsetzung