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www.B–u–B.de BuB | 58 (2006) 02 Foyer Lesesaal Aus dem Berufsverband Magazin Ausbildung Etikettenschwindel oder Aufstiegs- chance? Der geplante Fachwirt für Informationsdienste: Ein chronolo- gischer Abriss (Karin Holste-Flinspach) _99 Der FaMI – ein Magnet auf der »Archivistica« (Michael Ciuberski) ___ 101 Öffentliche Bibliothek Leben.Lernen.Lesen. / Deutsch lernen in der Stadtbücherei Dreieich (Doris Bohländer-Schäfer, Sigrid Born) _____ 101 Schweinfurt: »Senioren ans Netz« boomt (Anita Kaltenbach) _________ 103 »Sprachenvielfalt in Schule und Bibliothek« – eine Handreichung ____ 103 »lernwelten.net« – eine Handreichung _______________ 104 Öffentlichkeitsarbeit Bloß noch Delius im Kopf? »Buch im Dreieck« in der Region Rhein-Neckar (Lutz Jahre) _________ 104 Wurm Heinz breitet sich in Biblio- theken aus / Ein Online-Spiel als Marketinginstrument (Frank Sander) _ 105 Vor 100 Jahren___________________ 106 Auszeichnung Boat People / »Access to Learning Award« der Gates Foundation geht nach Bangladesch ________________ 107 Information digital DDB: Die Europäische Digitale Bibliothek wächst weiter ___________ 109 BMBF fördert Langzeitarchivierung für digitale Daten / Deutsche Bibliothek schließt erste Testphase erfolgreich ab_ 109 Tagung Auf der Suche nach Verbündeten / Internationale Bibliothekskonferenz in Warschau (Henryk Hollender) ____ 109 Kongress BBS 2005: Waren Sie in Basel/Liestal? (Barbara Kräuchi) _____ 110 Round Table Leseförderung 2002: Auf Augenhöhe mit den Jugendlichen? __ 110 »Um Freiwillige einzusetzen, muss man professionell handeln« / Eine Fort- bildung in Kassel (Michaela Staufer) __ 111 Nachrichten _____________________ 113 Diskussion Aus dem Glashaus… (Günter Bassen, Jürgen Seefeldt) ____ 115 Termine Fortbildung ______________________ 116 Markt __________________________ 119 Fachliteratur Peter Reifsteck: Handbuch Lesungen und Literaturveranstaltungen (Renate Luxemburger, Jutta Ortelt) __ 162 Förderung von Lesekompetenz (Hans-Dieter Kübler) ______________ 163 Einladung zur Mitgliederversammlung 2006 in Dresden Mecklenburg-Vorpom- mern: Exkursion der Landesgruppe nach Potsdam Rheinland-Pfalz: Eindrücke von der regionalen Mitgliederversammlung 2005 Baden-Württemberg: Umfrage zum Fortbildungsbedarf Neuer Tarifver- trag: Handreichung für die Überleitung Linkliste zur Fachangestelltenausbildung BIB-Fortbildungstermine Mitgliedernach- richten __________________________ 165 Summary · Résumé _______________ 173 Stellenmarkt _____________________ 175 98 BuB | Inhalt Ausland Die Kehrseite der Medaille / Wissen- schaftliche Bibliotheken in Singapur (Rafael Ball, Bernhard Mittermaier) __ 120 Auf der Suche nach dem Modell der Zukunft / Die Universitätsbibliothek als Lernzentrum / Eine Studienreise nach England (Lindsey Fairhurst, Doris Marek, Jutta Nafzger-Glöser) __ 124 In zwei Jahren zum Informations- profi / Akademische Bibliothekare und ihre Ausbildung in den USA (Marion Prudlo) __________________ 131 Wo Kultur und Bildung noch Geld kosten dürfen / Die Deutsche Zentral- bücherei im dänischen Apenrade (Heike Wienholz) _________________ 135 Praktikum im Tempel der deutschen Literatur in Hanoi / Ein persönlicher Reisebericht mit Abstecher in die vietnamesische Nationalbibliothek (Dietrich Trung Dobis) _____________ 139 Gemeinsam die Potenziale nutzen / Informationsbedürfnisse in der deutsch-polnischen Zusammenarbeit / Eine Tagung in Slubice (Elisabeth Simon) _________________ 142 Bau Flanieren in einer Wohlfühl- Atmosphäre / Lesen, hören, sehen, entdecken: Die neue Mediathek Neckarsulm (Ursula Jaksch) ________ 145 Kinder- und Jugendbibliothek Spaß, Lust und Freude am Buch ge- weckt / Aber: Leseförderung in der Bücherei hat ihre Grenzen / Eine praktische Untersuchung (Regine Berthold, Eva-Maria Jahn, Cornelia Jetter)___________________ 150 Wahrnehmen, erzählen, schreiben... / Janusz Korczak als Impulsgeber für Kinderbibliotheken heute (Susanne Brandt) _________________ 154 Geschichte Die kostbarsten Stücke wurden ziel- sicher beiseite geschafft / Ein Besuch in der Bibliothek des Fürsten Pückler im Schloss Branitz (Bernd-Ingo Friedrich) _____________ 158 Redaktionsschluss für Heft 4/2006: 13. Februar Anzeigenschluss für Heft 4/2006: 3. März (www.b-u-b.de) (Bis 2000: »Buch und Bibliothek«) Fachzeitschrift des BIB . Berufsverband Information Bibliothek eV (www.bib-info.de) 58. Jahrgang, Nr. 02, Februar 2006 ISSN 0340-0301 Herausgeber: Dr. Carola Schelle-Wolff, Hannover Prof. Dr. Konrad Umlauf, Berlin Prof. Cornelia Vonhof, Stuttgart Redaktionsbeirat: Dale S. Askey, Yale University – Sterling Memorial Library, New Haven, CT . Prof. Jürgen Hering, Stuttgart . Dr. Jürgen Lodemann, Schriftsteller, Horben . Prof. Dr. Elmar Mittler, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Göt- tingen . Dr. Horst Neißer, StadtBibliothek Köln . Walburgis Otte, Bibliothek der FH Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven . Dr. Georg Ruppelt, Niedersächsische Landesbibliothek, Hannover/Bibliothek & Information Deutschland, Berlin . Barbara Schleihagen, Deutscher Bibliotheksver- band, Berlin . Kurt Waldner, Allgemeine Bibliotheken der GGG, Basel . Dr. Harald Weigel, Vorarlberger Landesbibliothek, Bregenz Redaktion und Anzeigenverwaltung: BuB Postfach 13 24 . 72703 Reutlingen Gartenstraße 18 . 72764 Reutlingen Telefon (0 71 21) 34 91-0 Telefax (0 71 21) 30 04 33 E-Mail: [email protected] Redaktion: Manfred Rothe (mr) . Bernd Schleh (slh) . unter Mitarbeit von Michael Reisser (rei) Anzeigenverwaltung: Angela Sattler Verlag: BOCK + HERCHEN Verlag Postfach 11 45 . 53581 Bad Honnef Reichenbergerstraße 11 e . 53604 Bad Honnef Telefon (0 22 24) 57 75 Telefax (0 22 24) 7 83 10 E-Mail: [email protected] Herstellung: Satz: Punkt & Pixel, Bad Honnef Druck: Strube OHG, Gudensberg Erscheinungsweise: zehn Hefte jährlich (Doppelhefte: Juli/ August und November/Dezember) Preis: je Heft 12,50, jährlich 82,– Studierende sowie Mitglieder des VDB jährlich 40,– Preise einschließlich Mehrwertsteuer und zuzüglich Versandgebühr. Für Mitglieder des BIB ist der Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten. BuB ist kündbar bis jeweils 15. November. Bezug durch den Verlag

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BuB | 58 (2006) 02

Foyer

Lesesaal

Aus dem Berufsverband

Magazin

AusbildungEtikettenschwindel oder Aufstiegs-chance? Der geplante Fachwirt für Informationsdienste: Ein chronolo-gischer Abriss (Karin Holste-Flinspach) _99Der FaMI – ein Magnet auf der »Archivistica« (Michael Ciuberski) ___ 101

Öffentliche BibliothekLeben.Lernen.Lesen. / Deutsch lernen in der Stadtbücherei Dreieich (Doris Bohländer-Schäfer, Sigrid Born) _____ 101Schweinfurt: »Senioren ans Netz« boomt (Anita Kaltenbach) _________ 103»Sprachenvielfalt in Schule und Bibliothek« – eine Handreichung ____ 103»lernwelten.net« – eine Handreichung _______________ 104

ÖffentlichkeitsarbeitBloß noch Delius im Kopf? »Buch im Dreieck« in der Region Rhein-Neckar (Lutz Jahre) _________ 104Wurm Heinz breitet sich in Biblio-theken aus / Ein Online-Spiel als Marketinginstrument (Frank Sander) _ 105Vor 100 Jahren ___________________ 106AuszeichnungBoat People / »Access to Learning Award« der Gates Foundation geht nach Bangladesch ________________ 107

Information digitalDDB: Die Europäische Digitale Bibliothek wächst weiter ___________ 109BMBF fördert Langzeitarchivierung für digitale Daten / Deutsche Bibliothek schließt erste Testphase erfolgreich ab _ 109

TagungAuf der Suche nach Verbündeten / Internationale Bibliothekskonferenz in Warschau (Henryk Hollender) ____ 109Kongress BBS 2005: Waren Sie in Basel/Liestal? (Barbara Kräuchi) _____ 110Round Table Leseförderung 2002: Auf Augenhöhe mit den Jugendlichen? __ 110»Um Freiwillige einzusetzen, muss man professionell handeln« / Eine Fort-bildung in Kassel (Michaela Staufer) __ 111Nachrichten _____________________ 113DiskussionAus dem Glashaus… (Günter Bassen, Jürgen Seefeldt) ____ 115TermineFortbildung ______________________ 116Markt __________________________ 119

FachliteraturPeter Reifsteck: Handbuch Lesungen und Literaturveranstaltungen (Renate Luxemburger, Jutta Ortelt) __ 162Förderung von Lesekompetenz (Hans-Dieter Kübler) ______________ 163

Einladung zur Mitgliederversammlung 2006 in Dresden • Mecklenburg-Vorpom-mern: Exkursion der Landesgruppe nach Potsdam • Rheinland-Pfalz: Eindrücke von der regionalen Mitgliederversammlung 2005 • Baden-Württemberg: Umfrage zum Fortbildungsbedarf • Neuer Tarifver-trag: Handreichung für die Überleitung • Linkliste zur Fachangestelltenausbildung • BIB-Fortbildungstermine • Mitgliedernach-richten __________________________ 165Summary · Résumé _______________ 173Stellenmarkt _____________________ 175

98 BuB | Inhalt

AuslandDie Kehrseite der Medaille / Wissen-schaftliche Bibliotheken in Singapur (Rafael Ball, Bernhard Mittermaier) __ 120Auf der Suche nach dem Modell der Zukunft / Die Universitätsbibliothek als Lernzentrum / Eine Studienreise

nach England (Lindsey Fairhurst, Doris Marek, Jutta Nafzger-Glöser) __ 124In zwei Jahren zum Informations-profi / Akademische Bibliothekare und ihre Ausbildung in den USA (Marion Prudlo) __________________ 131Wo Kultur und Bildung noch Geld kosten dürfen / Die Deutsche Zentral-bücherei im dänischen Apenrade (Heike Wienholz) _________________ 135Praktikum im Tempel der deutschen Literatur in Hanoi / Ein persönlicher Reisebericht mit Abstecher in die vietnamesische Nationalbibliothek (Dietrich Trung Dobis) _____________ 139Gemeinsam die Potenziale nutzen / Informationsbedürfnisse in der deutsch-polnischen Zusammenarbeit / Eine Tagung in Slubice (Elisabeth Simon) _________________ 142

BauFlanieren in einer Wohlfühl-Atmosphäre / Lesen, hören, sehen, entdecken: Die neue Mediathek Neckarsulm (Ursula Jaksch) ________ 145

Kinder- und JugendbibliothekSpaß, Lust und Freude am Buch ge-weckt / Aber: Leseförderung in der Bücherei hat ihre Grenzen / Eine praktische Untersuchung (Regine Berthold, Eva-Maria Jahn, Cornelia Jetter) ___________________ 150Wahrnehmen, erzählen, schreiben... / Janusz Korczak als Impulsgeber für Kinderbibliotheken heute (Susanne Brandt) _________________ 154

GeschichteDie kostbarsten Stücke wurden ziel-sicher beiseite geschafft / Ein Besuch in der Bibliothek des Fürsten Pückler im Schloss Branitz (Bernd-Ingo Friedrich) _____________ 158

Redaktionsschluss für Heft 4/2006: 13. Februar

Anzeigenschluss für Heft 4/2006: 3. März

(www.b-u-b.de)

(Bis 2000: »Buch und Bibliothek«)Fachzeitschrift des BIB . Berufsverband Information Bibliothek eV(www.bib-info.de)58. Jahrgang, Nr. 02, Februar 2006ISSN 0340-0301

Herausgeber:Dr. Carola Schelle-Wolff, Hannover Prof. Dr. Konrad Umlauf, Berlin Prof. Cornelia Vonhof, StuttgartRedaktionsbeirat:Dale S. Askey, Yale University – Sterling Memorial Library, New Haven, CT .Prof. Jürgen Hering, Stuttgart . Dr. Jürgen Lodemann, Schriftsteller, Horben . Prof. Dr. Elmar Mittler, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Göt-tingen . Dr. Horst Neißer, StadtBibliothek Köln . Walburgis Otte, Bibliothek der FH Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven . Dr. Georg Ruppelt, Niedersächsische Landesbibliothek, Hannover/Bibliothek & Information Deutschland, Berlin . Barbara Schleihagen, Deutscher Bibliotheksver-band, Berlin . Kurt Waldner, Allgemeine Bibliotheken der GGG, Basel . Dr. Harald Weigel, Vorarlberger Landesbibliothek, BregenzRedaktion und Anzeigenverwaltung:BuBPostfach 13 24 . 72703 ReutlingenGartenstraße 18 . 72764 ReutlingenTelefon (0 71 21) 34 91-0Telefax (0 71 21) 30 04 33E-Mail: [email protected]: Manfred Rothe (mr) . Bernd Schleh (slh) . unter Mitarbeit von Michael Reisser (rei)Anzeigenverwaltung: Angela Sattler

Verlag:BOCK + HERCHEN VerlagPostfach 11 45 . 53581 Bad HonnefReichenbergerstraße 11 e . 53604 Bad HonnefTelefon (0 22 24) 57 75Telefax (0 22 24) 7 83 10E-Mail: [email protected]:Satz: Punkt & Pixel, Bad HonnefDruck: Strube OHG, GudensbergErscheinungsweise:zehn Hefte jährlich (Doppelhefte: Juli/August und November/Dezember)Preis:je Heft € 12,50, jährlich € 82,– Studierende sowie Mitglieder des VDB jährlich € 40,– Preise einschließlich Mehrwertsteuer und zuzüglich Versandgebühr.Für Mitglieder des BIB ist der Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten.BuB ist kündbar bis jeweils 15. November. Bezug durch den Verlag

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Bibliothekaresind die Spezialisten für lebenslanges Lernen – zumindest wenn es um die Weiterbildung von anderen geht. In der eigenen Bran-che tut man sich mit der Schaffung von beruflichen Perspektiven dagegen gelegentlich etwas schwer. Das aktuelle Beispiel findet sich auf Seite 99: die verkorkste Situation beim Fachwirt für In-formationsdienste.

Unbestritten ist die Notwendigkeit einer Fortbildung, die An-gehörigen des mittleren Dienstes – vor allem Fachangestellen für Medien und Informationsdienste (FaMI), aber auch Bibliotheks-assistentInnen –, den Aufstieg in den gehoben Dienst ermög-licht. Nichts lag deshalb näher, als einen bibliotheks- und infor-mationswissenschaftlichen Ableger der in anderen Wirtschafts-bereichen erfolgreichen Fachwirtausbildung ins Leben zu rufen. Bei der Gestaltung der Ausbildungsinhalte hat man den berufs-fernen Projektpartnern vom Deutschen Industrie- und Handels-tag (DIHT) und von der Gewerkschaft ver.di jedoch zu lange und zu bereitwillig das Feld überlassen. Als die Mitte 2005 ihre Emp-fehlung zur Fachwirt-Fortbildung vorstellten, rieb man sich bei den Verbänden der Bibliothekare und Informationsspezialisten verwundert die Augen. So hatte man sich das Ganze – zu Recht – nicht vorgestellt (siehe die Position des BIB in Heft 1/06 auf Seite 85). Zu diesem Zeitpunkt freilich war das Projekt schon so weit gediehen, dass nur noch eines blieb: der Absprung.

Die Mängel des Fortbildungskonzepts sind offensichtlich: Der Fachwirt für Informationsdienste wird in der geplanten Form im Öffentlichen Dienst zur Billiglohnvariante des Diplom-Bibliothe-kars, der zwar dasselbe leisten soll, aber deutlich weniger ver-dient. Außerdem wird durch die Öffnung der Weiterbildung für Fachfremde zusätzliche Konkurrenz beim Run auf die ohnehin dünn gesäten offenen Stellen geschaffen. Ganz zu schweigen von der weiteren Verschiebung der Ausbildungsinhalte von den ureigenen Fächern des Bibliotheks- und Informationswesens hin zu Betriebswirtschaft, Recht, Steuern, Personalwirtschaft und Ähnlichem.

Diese breit angelegte Fachwirt-Ausbildung dürfte wohl eher für diejenigen Karrierechancen aufzeigen, die sich in Richtung freie Wirtschaft orientieren wollen. Für die anderen, die im Öf-fentlichen Dienst erfolgreich sein möchten, könnte sie sich da-gegen als Sackgasse erweisen. Darauf deutet unter anderem der Umstand hin, dass die bibliothekarischen Verbände inzwischen ein ganz anderes Konzept favorisieren: Fernstudiengänge an Fachhochschulen. Die gibt es bisher aber nur für Archivbeschäf-tigte, und zwar an der Fachhochschule Potsdam. Im Herbst die-ses Jahres soll eventuell ein entsprechender Studiengang für den Bibliothekssektor gestartet werden. Einer der Vorteile: Dieser Studienabschluss (Bachelor) wäre auch international anerkannt.

Für junge Bibliotheksangestellte ist die gegenwärtige Situati-on jedenfalls völlig undurchsichtig. Die eigene Fortbildung wird so zum Lotteriespiel. Das ist nicht unbedingt die beste Voraus-setzung, um anderen beim lebenslangen Lernen Hilfestellung zu geben.

Ein kleiner Trost: Stolpersteine bei der bibliothekarischen Aus-bildung sind kein spezifisch deutsches Phänomen. Auch in ande-ren Ländern ist nicht alles perfekt – gerade in denen, die oft als besonders vorbildlich gelten, wie die Berichte über Singapur (Sei-te 120) und die USA (Seite 131) zeigen.

Bernd Schleh (BuB-Redakteur)

Ausbildung

Etikettenschwindel oder Aufstiegschance?Der geplante Fachwirt für Informationsdienste: Ein chronologischer Abriss

Der Fachwirt für Informations-dienste1 als berufl iche Fortbil-dung nach Berufsbildungsge-setz (BBiG) Paragraph 54 im Bereich Bibliothek, Archive und Dokumentationsstellen ist mit dem Abschluss des Zustim-mungsverfahrens von DIHT und Verdi im Bereich der freien Wirtschaft als Empfehlung beschlossen und kann in die Berufsbildungsausschüsse der Bundesländer zur Beschlussfas-sung eingebracht werden.

Die Prüfungsmodalitäten (Prü-fungsordnung mit einer Be-schreibung des Prüfungsziels, der Zulassungsvoraussetzungen, Inhalt und Gliederung der Prü-fung, Anrechnung anderer Prü-fungsleistungen) sind erarbeitet, auf deren Basis die zuständigen Stellen der einzelnen Bundes-länder Fortbildungsprüfungsre-gelungen erlassen können.

Derzeit läuft die Rahmen-planerstellung mit Beschreibung von gewichteten Qualifi kations-schwerpunkten und -inhalten an und dürfte im Laufe des Jahres abgeschlossen sein. Dieser dann vorliegende, handlungsorientier-te Rahmenplan versteht sich als Empfehlung für die Gestaltung möglicher Vorbereitungsange-bote – auch zur Orientierung der Dozenten- sowie als Grundlage für die Prüfungsvorbreitung von Teilnehmern und zur Erstellung der Prüfungsaufgaben.

Bislang stellt sich die Chro-nologie der Erarbeitung einer Fortbildungsprüfung zum Fach-wirt für Informationsdienste wie folgt dar:� Im Mai 2003 signalisiert der DIHT die Bereitschaft, eine

Weiterbildungsmöglichkeit für Angestellte im Bereich Archiv-Bibliothek-Dokumentation (ABD) einzuführen.� Nach Vorgesprächen einer in-ternen Arbeitsgruppe aus Vertre-tern von DIHT und Verdi wur-den im Sommer 2004 sowohl die allgemeine Öff entlichkeit mit-tels einer Pressemitteilung als auch der BIB über das Vorhaben informiert und letzterer – wie auch die anderen Berufsverbän-de – zur Mitarbeit eingeladen.� Im November 2004 schloss sich eine Informationsveran-staltung für die betroff enen Berufsverbände an. Bis zu die-sem Zeitpunkt waren lediglich Arbeitnehmervertreter aus Bib-liotheken, Archiven und Doku-mentationsstellen über Verdi, teilweise auch auf DIHT-Seite vertreten. Für die Berufsverbän-de bestand erst ab Januar 2005eine Teilnahmemöglichkeit an den Sitzungen, beschränkt auf einen Vertreter je Bereich.� Im März 2005 hatte die Fachöff entlichkeit Gelegenheit, sich bei einer Informations- und Diskussionsveranstaltung des Weiterbildungszentrums der Berliner FU zu informieren so-wie im Rahmen des Düsseldor-fer Bibliothekartages auf einer Verdi-Veranstaltung.� Die Verabschiedung der Empfehlung zur Fachwirtfort-bildung durch DIHT und Verdi als Basis des Erlasses besonderer Rechtsvorschriften durch die re-gional zuständigen Stellen wur-de im Juli 2005 verabschiedet.� Im September 2005 nach dem Archivtag stellte der Ver-band deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA) seine bis dato sehr engagierte Mitarbeit ein und zog seine in Aussicht gestellten Sachverständigen für die Rahmenplanerstellung zu-rück mit der Begründung, dass die vorliegende Fachwirtfortbil-dungsrichtlinie nicht den Anfor-derungen einer Fortbildung im archivischen Bereich Rechnung trage und zudem inhaltlich nicht ausreichend für Seiteneinsteiger im Archivbereich sei.� Am 10. Oktober 2005 fand die Kick-Off -Veranstaltung von DIHT und Verdi für die Rah-

1 Namensgebung weicht von dem ursprünglichen Entwurfstitel ab.

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menplanerstellung statt – ohne Vertreter der Berufsverbände.� In der BID-Sitzung am 24. und 25.Oktober 2005 wurde einstimmig die Einstellung der Teilnahme an weiteren Beratun-gen der DIHT-Arbeitsgruppe Fachwirtausbildung beschlossen unter uneingeschränktem An-schluss an die Argumentation des VdA, nachdem sich, dem Beispiel der Archivare folgend, auch die DGI offi ziell aus den Beratungen zurückgezogen hat-te und auch seitens des BIB die Fachwirtausbildung nicht weiter unterstützt wird. Bildstellen und medizinische Dokumentation hatten bereits nach den ersten Diskussionen nicht mehr teilge-nommen.

Gravierende Bedenken

Ausschlaggebend für dieses negative Fazit der bisherigen Entwicklung und Diskussion der von Industrie- und Handels-kammertag und Verdi initiier-ten Fachwirtausbildung waren – neben den von Verbandsver-tretern als sehr unbefriedigend empfundenen Mitarbeits- und Gestaltungsmöglichkeiten, ver-bunden mit der Sorge, dass ihre Beteiligung dennoch als Garant für die Qualität des Fachwirt-abschlusses gelten könnte – vor allem folgende Bedenken:1. Wertigkeit des Abschlusses: Durch den Fachwirt für Infor-mationsdienste als Alternative zum Studium für Fachangestellte für Medien- und Informations-dienste beziehungsweise Vorläu-ferberufe sowie Seiteneinsteiger wird eine Konkurrenzsituation zum Fachhochschulabsolventen mit Bachelor-Abschluss aufge-baut, ohne im Bereich des öf-fentlichen Dienstes – zunächst ungeachtet der bisher eher ableh-nenden Haltung der öff entlichen Arbeitgeber2 – eine tarifl iche Gleichstellung erreichen zu kön-nen, da hier, mit Ausnahme der Vergütungsgruppe Vb3, neben den tätigkeitsbezogenen Anfor-derungen als personenbezogenes Eingruppierungsmerkmal der Nachweis der diplom-bibliothe-karischen Ausbildung gefordert wird.

Nicht ausgeschlossen werden kann eine Verdrängungssitua-tion auf dem Arbeitsmarkt mit Fachwirten als Billiglohnva-rianten der Bibliothekare, als Vorwand für geringer bezahlte Beschäftigungsverhältnisse und damit gegebenenfalls negativen Auswirkungen auf Eingrup-pierung/Dotierung der Biblio-theksbeschäftigten insgesamt.

Auf der anderen Seite können sich für Beschäftigte in der freien Wirtschaft durch die Fachwirt-fortbildung durchaus Karri-erechancen eröff nen.2. Zulassungsvoraussetzungen: Durch die Öff nung für Seiten-einsteiger ohne Ausbildung im ABD-Bereich wird fachfrem-den Interessenten ohne Biblio-thekshintergrund Zugang zum bibliothekarischen Arbeitsmarkt eröff net und damit unter ande-rem zusätzliche Konkurrenz für Fachangestellte mit Aufstiegs-ambitionen aufgebaut.3. Es gibt starke Zweifel an der Qualität dieser fachrichtungsü-bergreifenden »Allround-Ausbil-dung« zum Fachwirt, gravieren-de inhaltliche Einwände gegen

Ungeachtet dieser sehr skep-tischen Sicht der Fachöff entlich-keit und der Fachverbände in Be-zug auf die Fachwirtfortbildung besteht allgemeiner Konsens über die Notwendigkeit, Be-schäftigten der mittleren Qua-lifi kationsebene die Möglichkeit einer anerkannten Weiterquali-fi zierung zu eröff nen. Alterna-tiv unterstützungswert werden Fernstudienangebote an den Fachhochschulen favorisiert, die an der Fachhochschule Potsdam bereits für Archivbeschäftigte, eventuell ab Herbst 2006 auch für den Bibliothekssektor ange-boten werden sollen.

Ein solches Qualifi zierungs- und Aufstiegsverfahren im Zweiten Bildungsweg könnte dem hohen persönlichen Bedarf an berufsbegleitender Qualifi -zierung Rechnung tragen und Interessenten ohne Hochschul-reife die Zulassung nach einer fachbezogenen Prüfung anbie-ten.

Bei Realisierung von Fernstu-dienangeboten für Fachange-stellte für Medien- und Informa-tionsdienste besteht mittelfristig durchaus die Möglichkeit, dass es zwei Abschlüsse beziehungs-weise Weiterbildungskonzepte nebeneinander geben könnte.

Zum einen ist zu erwarten, dass Fortbildungsprüfungen zum Fachwirt für Informations-dienste an den Industrie- und Handelskammern einiger Bal-lungsräume und auch Bildungs-maßnahmen zur Vorbereitung auf diese Prüfung angeboten werden. Ob der von den Interes-senten aufzubringende Aufwand sich inhaltlich und auch mone-tär lohnt, ob sich Aufstiegsmög-lichkeiten vor allem zur Erledi-gung von Querschnittsaufgaben ergeben, dürfte nicht zuletzt vom Qualifi kationsniveau der

Fachwirtfortbildung abhängen. Und hier wäre vor Ort eine fach-liche Begleitung, gegebenenfalls auch seitens der Berufsverbände oder Fachhochschulen, durch-aus sinnvoll, um auf diesem Weg Einfl uss auf die regionalen An-gebote nehmen zu können.

Schlussendlich bleibt zu hof-fen, dass die Interessen der Fort-bildungszielgruppe das weitere Vorgehen aller Beteiligten steu-ern.

Literatur:

Holste-Flinspach, Karin; Iris Kräutl: Ausbildung: Fachwirt für Medien- und Informati-onsdienste geplant. In BuB 57 (2005) 2, Seite 90–91.

Holste-Flinspach, Karin: Fachangestelltenausbildung im öff entlichen Dienst. In BuB 57 (2005) 6, Seite 479–481.

Lippold, Christina: Der Fachwirt für Medien- und In-formationsdienste – Tarifl iche Betrachtungen; unter <www.bib-info.de> �Positionen und Publikationen �Diskussion zum Fachwirt für Medien- und Informationsdienste.

Zick, Wiltraut: Wer braucht den »Fachwirt für Medien- und Informationsdienste«? In BuB 57 (2005) 6, Seite 465–467.

Zick, Wiltraut: Weiterbil-dung zum Fachwirt für Infor-mationsdienste – quo vadis? In BuB 58(2006)1, Seite 85 f.

Karin Holste-Flinspach, Frankfurt am Maindie abgeprüften Lerninhalte,

unter anderem gegen die Domi-nanz des Anteils berufsfeldüber-greifender Prüfungsinhalte (wie BWL, Rechnungswesen, Recht, Steuern, Personalwirtschaft) mit mehr als fünfzig Prozent gegen-über den fachlichen Anteilen.

Auf den Widerspruch, dass einerseits Inhalte der Berufsaus-bildung im Rahmenstoff plan vo-rausgesetzt werden, andererseits kaum reglementierte Querein-stiegsmöglichkeiten bestehen, soll nur am Rande verwiesen werden.

Last, but not least erfordert die Fachwirtfortbildung von den Fortbildungswilligen erhebliche Investitionen fi nanzieller und zeitlicher Natur.

2 Nach dem gültigen BAT/Reform des Tarifvertrags für Angestellte im öff entlichen Dienst noch nicht abgeschlossen; hier könnte es evtl. eine größere Durchlässigkeit des künftigen Eingruppierungsrechts geben.

3 Vb auch für Angestellte mit gleichwertigen Fähigkeiten bei Ausübung entsprechender Tätig-keiten off en.

Nicht ausgeschlossen werden kann eine Verdrängungssitu-ation auf dem Arbeitsmarkt mit Fachwirten als Billiglohn-varianten der Bibliothekare.

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Der FaMI – ein Magnet auf der »Archivistica«

Vom 27. bis 30. September 2005 fand der 75. Deutsche Archivtag in Stuttgart statt. Die parallel zur Fachtagung veran-staltete Fachmesse »Archivisti-ca« nahmen die Auszubilden-den Birgit Laufer und Michael Ciuberski zum Anlass, dem Fachpublikum ihren Ausbil-dungsberuf »Fachangestellte/r für Medien- und Informati-onsdienste« (FaMI) auf einem Messestand vorzustellen.

Ausbildung mit Vielfalt

Der Ausbildungsberuf FaMI umfasst die Fachrichtungen Archiv, Bibliothek, Bildagen-tur, Information und Doku-mentation sowie Medizinische Dokumentation. Gemeinsame Hauptaufgaben aller Fachrich-tungen sind das Beschaff en, Erschließen, Aufbewahren und Vermitteln von Medien und Informationen. FaMIs sollen Kunden und Benutzer durch den Informationsdschungel lot-sen. Medien und Informationen sollen nutzbar und zugänglich gemacht werden.

Die Ausbildung zum/zur FaMI ist seit August 1998 mög-

Diskussionsstoff für vertiefende Gespräche auf der Fachmesse für Ar-chivtechnik. – Die Standfläche hatte der Verband deutscher Archiva-rinnen und Archivare · VdA zur Verfügung gestellt, BIB und KIFA unter-stützten das FaMI-Projekt mit Materialien und halfen bei der Finanzie-rung.

ÖffentlicheBibliothek

Leben.Lernen.Lesen.Deutsch lernen in der Stadtbücherei Dreieich

Bei diesem Konzept handelt es sich um eine Kooperation zwischen der Stadtbücherei Dreieich1, der Kreis-Volkshoch-schule Offenbach, den Lernen-den Regionen und dem Integra-tionsbüro Dreieich. Kernstück der gemeinsamen Arbeit ist der Aufbau eines Medienbestandes Deutsch als Fremdsprache, die Konzeption einer Bücherei-führung für Migrantinnen und Migranten und gegenseitige Unterstützung bei Werbemaß-nahmen für das Projekt.

Das Programm »Lernende Regi-onen«, ein Projekt des Bundes-ministeriums für Bildung und Forschung, hat sich zum Ziel gesetzt, die Bildungsarbeit in der Region Frankfurt-Off enbach-Hanau zu vernetzen und durch

lich. Sie erfolgt im dualen Sys-tem, wobei der theoretische Teil der Ausbildung an der Berufs-schule und der praktische Teil an der Ausbildungseinrichtung, die einer der fünf Fachrichtungen zugeordnet ist, stattfi nden. Des Weiteren wird die Ausbildung durch Praktika in Einrichtun-gen der anderen Fachrichtungen ergänzt.

Messepräsentation als Projektarbeit

Die Archivistica bot Ausstellern und Archivtagteilnehmern Ge-legenheit, ins Gespräch zu kom-men und sich umfassend über Neuheiten der Archivtechnik zu informieren.

Neben der Fachhochschule Potsdam und der Archivschule Marburg präsentierten die Fa-MIs des Oberstufenzentrums Bürowirtschaft und Verwaltung in Berlin ihren Ausbildungsbe-ruf. Die organisatorische sowie inhaltliche Vorbereitung des Messestandes wurde im Rah-men des Berufsschulprojekts »Herstellen und Gestalten von Informationsdiensten« umge-setzt.

Von den Auszubildenden der Fachrichtung Archiv – Birgit Laufer, Mareen Ziehe, Stefan Langheinrich und Michael Ci-

uberski – wurden verschiedene Materialien zur Standgestaltung und zur Information über den Beruf des FaMI erstellt. Dabei handelte es sich um ein FaMI-Logo, ein Plakat, ein Archiv-Quiz, einen Flyer zum FaMI, einen Fragebogen und eine Linkliste zum FaMI. Darüber hinaus wurden dem Fachpubli-kum ausgewählte Projekte, die während der schulischen Aus-bildung entstanden sind, prä-sentiert. Das Archiv-Quiz ist auf der Homepage des Oberstufen-zentrums (www.oszbueroverw.de) zugänglich.

Die Linkliste wurde ur-sprünglich von Mitgliedern der Kommission zur Information von Fachangestellten für Me-dien- und Informationsdienste und Assistenten (KIFA) im Be-rufsverband Information Bib-liothek (BIB) begonnen und im Rahmen des oben genannten Schulprojekts aktualisiert und gestaltet. Die Linkliste enthält die Adressen der für den Beruf des FaMI zuständigen Stellen und Berufsschulen sowie Links zum Rahmenlehrplan und zur Ausbildungsverordnung, Links zum Berufsbild, zu Berufsver-bänden, einzelnen Ausbildungs-stätten, Erfahrungsberichten und Jobbörsen sowie zur Fachli-teratur für FaMIs. Die Linkliste ist unter <www.bib-info.de/komm/kifa/linkliste.htm> ein-sehbar.

Positive Reaktionen

63 Besucher des Archivtags nahmen an unserer Fragebogen-aktion teil. Es bestand großes Interesse, zahlreiche vertiefende Gespräche über Inhalte der Aus-bildung, über schulische Inhalte sowie über persönliche Erfah-rungen von Auszubildenden und FaMIs, Berufsschullehrern und Ausbildern wurden geführt. Die Reaktionen des Fachpublikums waren durchweg positiv. Der Ausbildungsberuf FaMI war vielen bekannt, näheres zeigt die Auswertung der Fragebögen, die ebenfalls auf der oben genannten Homepage des Berliner Ober-stufenzentrums zugänglich ist. Insbesondere die Frage »Kann

Ihrer Meinung nach der FaMI den Diplom-Archivar erset-zen?« lieferte Diskussionsstoff . Dafür sprachen sich lediglich gut sechs Prozent der Befragten aus. Die übrigen waren der An-sicht, dass die Ausbildung des Diplom-Archivars eine tiefer gehende Ausbildung sei und der Diplom-Archivar schwierigere und tiefgründigere Aufgaben zu lösen habe. So ist die Mehrheit der Auff assung, dass die drei-jährige duale Berufsausbildung kein Fachhochschulstudium ersetzen kann. Es kristallisierte sich aber auch heraus, dass die Vorbildung, Geschichtskennt-nisse und Abitur immer von Vorteil seien. Der FaMI soll den Diplom-Archivar nicht ersetzen, sondern ihn unterstützen.

Michael Ciuberski, FaMI beim Kreis- und Verwaltungs-

archiv Oberhavel

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Kooperationen und gemeinsame Ressourcen-Nutzung innovative Bildungsangebote für Migran-tinnen und Migranten zu unter-stützen. In diesem Rahmen stie-ßen wir auf das Projekt »Deutsch lehren – Deutsch lernen« der Stadtteilbücherei Gallus in Frankfurt am Main, die eben-falls dem Netzwerk »Lernende Regionen« angeschlossen ist.

Vor diesem Hintergrund und dem Faktum, dass der Migran-tenanteil an der Bevölkerung in Dreieich bei dreizehn, im Stadt-teil Sprendlingen sogar bei neun-zehn Prozent liegt, entstand das Projekt »Leben.Lernen.Lesen. – Deutsch lernen in der Büche-rei«.

Die vier Kooperationspartner stellen jeweils unterschiedliche Ressourcen zur Verfügung: die Bücherei ihren Medienbestand, die Räume und die personelle Ausstattung für die Führungen; die Kreis-VHS den Projektent-wurf, Medien und Materialien, sowie über die Kursleitungen und die Beratung den Kontakt zur Zielgruppe. Das Integrati-onsbüro unterstützt das Projekt mit dem Aufbau eines regio-nalen Netzwerks, um auch bil-dungsferne Migrantinnen und Migranten zu erreichen. Mit den »Lernenden Regionen«, insbe-sondere der Stadtteilbücherei Gallus, fi ndet ein reger Aus-tausch statt, der die Projekte auf beiden Seiten befruchtet.

Außerdem konnten noch zwei Buchhandlungen gewon-nen werden, um den Medienbe-stand der Bücherei zu erweitern. Gemeinsam wurde die Aktion

»Buchpaten gesucht – Kauf-mich-Aktion« ins Leben geru-fen: Bürgerinnen und Bürger fi nden in den Buchhandlungen ausgewählte Bücher, die die Stadtbücherei sich wünscht.

Die gemeinsame Projektarbeit konzentrierte sich zunächst auf den Aufbau eines Medienbestan-des Deutsch als Fremdsprache, wobei uns vier Schulbuchverlage großzügig mit Unterrichtsmedi-en unterstützt haben, sowie die Konzeption einer Büchereiein-führung für Migrantinnen und Migranten. Im nächsten Schritt nutzen alle Kooperationspartner ihre Netzwerke für Werbemaß-nahmen, die darauf ausgerichtet sind, möglichst viele Personen mit Migrationshintergrund auf die Bücherei als Ort zum Lesen und Lernen hinzuweisen.

Der Medienbestand zum Deutschlernen wird ergänzt durch Selbstlernplätze und Computer-Programme zum Selbststudium. Damit wird aus-

ländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern die Möglichkeit er-öff net, in der Bücherei Deutsch zu lernen, sich mit entsprechen-den Lehrwerken auf eine Sprach-prüfung vorzubereiten oder am PC mit Sprachlernprogrammen zu üben.

Bei der Büchereieinführung werden insbesondere die Medien zum Deutschlernen vorgestellt. Die Führung besteht aus einzel-nen Modulen, mit denen fl exibel auf die sprachlichen Möglich-keiten und Interessen der jewei-ligen Migrantengruppe reagiert werden kann.

Ein weiteres Ziel ist, die Bü-cherei als öff entlichen Raum zur Informationsbeschaff ung und Ort der Kommunikation bekannt zu machen. Während Kinder und Jugendliche über Kindergärten und Schulen an die Bücherei herangeführt wer-den, gibt es keine systematischen Angebote für Erwachsene. Die Führungen sollen daher in ers-

ter Linie die Bücherei vorstellen, Schwellenängste abbauen und Migrantinnen und Migranten die eigenständige Nutzung des Büchereiangebots erleichtern. Für die Führungen gelten daher folgende Leitlinien: durchgän-giger Einsatz von Bildern, spie-lerischer Aufbau beim Kennen-lernen des Büchereiangebots, Zeit lassen für Austausch, und Handlungsorientierung zugrun-de legen.

Unser Konzept beinhaltet drei Führungen, die einzeln gebucht, aber auch miteinander kombi-niert werden können.� Büchereieinführung: Ange-

bote und Anmeldung kennen lernen

� Aufbauführung: Kennenler-nen der Ausleihe

� Zusatzführung: Kennenler-nen der PCs und der Lern-software.

Grundlage aller jeweils rund zweistündigen Führungen sind drei von uns entwickelte Bilder-serien. Diese Bilder werden in die transparenten Taschen eines großen Würfels gesteckt und veranschaulichen so die Infor-mationen zu den vier Dreieicher Büchereien, zu deren Angebot, zur Anmeldung, zur Ausleihe und zur Nutzung der PCs und der Lernprogramme.

Durch eine diff erenzierte Analyse der Zielgruppen wol-len wir der Bücherei neue Nut-zerinnen und Nutzer zuführen, potenzielle Besucherinnen und Besucher durch spezielle Ange-bote binden und die Bücherei als Lernort etablieren. Damit dieses Vorhaben gelingt, bedarf es auch einer interkulturellen Schulung der Mitarbeiterinnen. Das Wis-sen um kulturelle Besonder-heiten der Zielgruppe erweitert den eigenen Horizont und hilft, manches Missverständnis zu vermeiden.

Die wechselseitige Informa-tion über Bildungsangebote für Migrantinnen und Migran-ten ist ein weiteres Kernstück der Kooperation. Nutzerinnen und Nutzer der Bücherei erhal-ten Hinweise auf die aktuellen Deutschkurse der Volkshoch-schule und die Prüfungstermi-ne. Ihrerseits macht die VHS auf

Öffentliche Bibliothek

Ein großer, bebilderter Würfel veranschaulicht Informationen zur Biblio-thek und ihren Angeboten.

1 Die Bibliothek besteht aus einer Hauptstelle und drei Stadtteil-büchereien, sie verfügt über ins-gesamt elf Mitarbeiterinnen. Auf einer Gesamtfl äche von 1 400 qm werden 65 400 Medien angebo-ten. Die Benutzung ist kostenlos. In einem Galerieraum fi nden auch Ausstellungen, Lesungen und kulturelle Veranstaltungen für Kinder wie Erwachsene statt. Über einen direkten Zugang zum benachbarten Café können Besu-cher der Stadtbücherei Getränke bestellen und beim Lesen Kaff ee trinken. Im Spiele-Zimmer kön-nen Kinder und Erwachsene Spie-le ausprobieren und ausleihen.

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das spezielle Angebot der Büche-rei aufmerksam. Das Integrati-onsbüro nutzt sein Netzwerk, um das Projekt Leben.Lernen.Lesen. bei Kitas, Schulen, Aus-ländervereinen, Initiativen und Veranstaltungen bekannt zu machen. Zusätzlich haben wir einen Handzettel entwickelt, der in allen Einrichtungen aus-liegt und bei einer Anmeldung im Bürgerbüro Dreieich jedem Migranten mitgegeben wird.

Mit dem Projekt Leben.Ler-nen.Lesen. möchten wir ver-schiedene Lernarrangements miteinander verknüpfen, um selbstorganisiertes Lernen und

Lesen für Personen mit Migrati-onshintergrund attraktiv zu ge-stalten und damit nachhaltig zu fördern. Unsere Intention ist zu-dem, mit diesem Pilotprojekt Er-fahrungen in der Erschließung neuer Lernorte für bildungsferne und benachteiligte Gruppen zu sammeln, um weiteren Bücherei-en im Kreis Off enbach und auch neuen Netzwerkpartnern die Möglichkeit zu geben, an diesem Vorhaben zu partizipieren.

Im Hinblick auf die Notwen-digkeit des lebensbegleitenden Lernens sind alle Teile der Be-völkerung aufgefordert, die eige-ne Weiterbildung ein Stück weit selbst in die Hand zu nehmen. Mit einem breit gefächerten Me-dienangebot und den Selbstlern-plätzen stellt »Leben.Lernen.Lesen. – Deutsch lernen in der Bücherei« dazu eine neue Selbst-lernmöglichkeit für Migrantin-nen und Migranten bereit.

Doris Bohländer-Schäfer, Sigrid Born; Stadtbücherei

Dreieich

Alle Kooperationspartner nutzen ihre Netzwerke

zugunsten des gemeinsamen Ziels.

pr. – Die Publikation »Spra-chenvielfalt in Schule und Bib-liothek« vermittelt Anregun-gen und Hilfestellung bei der Sprach- und Leseförderung in multikulturellem Umfeld. Sie zeigt auf anschauliche Weise, wie Schulen und Bibliotheken auch Kinder und Jugendliche, die aus anderen Sprach- und Kulturräumen stammen, im Lesen fördern können. Wich-tig ist eine enge Zusammen-arbeit von Schule und Biblio-thek. Es geht darum, dass bei-de Seiten gemeinsam darauf hinwirken, dass die Lust aufs Lesen und auf die Lektüre von Büchern entsteht. Erzählen, Vorlesen und die Kommuni-kation über Bücher sind dabei von zentraler Bedeutung. Der schön gestaltete Band bietet für alle Altersstufen reichhal-tige Anregungen, die sich ein-fach im Schul- und/oder Bib-liotheksalltag umsetzen las-sen. Die einzelnen Projekte und Aktionen sind konkret be-schrieben und mit Bildmate-rial ergänzt und regen so zur Nachahmung an. Tipps rund ums Vorlesen zeigen auf, wie auch nicht geübte Erwachsene – zur Freude der Kinder – als Vorleserinnen und Vorleser re-üssieren können. – Sprachen-

vielfalt in Schule und Bib-liothek. Herausgegeben von Bibliomedia Schweiz in Zu-sammenarbeit mit dem Pro-jekt »Qualität in multikultu-rellen Schulen (QUIMS)«, Bil-dungsdirektion des Kantons Zürich. Solothurn: Bibliome-dia Schweiz, 2005; 79 Seiten, Ill. – Bestellung bei: Biblio-media Schweiz, Rosenweg 2, CH–4500 Solothurn; Telefon +41/32/6 24 90 20, E-Mail <[email protected]>

Schweinfurt:»Senioren ans Netz« boomt

Von 22. September bis 1. De-zember 2005 führte die Stadt-bücherei Schweinfurt gemein-sam mit der Volkshochschule die Aktion »Senioren ans Netz« durch und verzeichnete dabei 117 Besucher und Besucherin-nen. Sie hatten Gelegenheit, das Internet an Hand von persönli-chen Fragen kennen zu lernen. Auf einen festen Lehrplan wurde bewusst verzichtet. Fast immer waren alle Internet-Plät-ze ausgebucht.

Das Th ema stieß bei der Ziel-gruppe auf großes Interesse. An-gesprochen fühlten sich die meis-ten durch Presse-Artikel in der monatlichen Kulturbeilage der Tageszeitung und im städtischen Veranstaltungskalender (76 Pro-zent). Die Veranstaltungsseite der Stadtbücherei im Internet und die Powerpoint-Präsentati-on im Bürgerbüro der Stadt blie-ben dagegen unbeachtet. Wei-tere Kunden konnten durch das Programm der Volkshochschule (fünf Prozent), durch Mitarbei-terinnen der Stadtbücherei (fünf Prozent) und durch Mund-propaganda bei Freunden und Bekannten (vierzehn Prozent) gewonnen werden. Darüber hi-naus wurden Plakate an andere städtische Dienststellen und Kirchengemeinden verschickt und Anzeigen im örtlichen Ver-anstaltungsmagazin geschaltet, parallel zu den Eintragungen im Terminteil.

Beweggründe für den Besuch bei »Senioren ans Netz« waren insbesondere:� Der Wunsch, im Internet in

Zukunft selbständig etwas suchen zu können (18 Pro-zent)

In Sachen Internet mitreden können (15 Prozent)

Neugier aufs Internet (15 Prozent)

Der Wunsch, eine elektroni-sche Grußkarte zu verschi-cken (10,5 Prozent)

Den Senioren war es auch wichtig, mit der Familie in

Sachen Internet mithalten zu können (9 Prozent)

Der Wunsch nach Unterricht in Sachen Internet (7,5 Pro-zent)

Die Tatsache, zu Hause kei-nen eigenen Internet-Zugang zu haben (7,5 Prozent)

Zu Hause gibt es niemanden, der Fragen zum Internet be-antworten kann (6 Prozent)

Die Besucherinnen und Be-sucher wollten erfahren, wie man sich eine E-Mail-Adres-se zulegt (6 Prozent)

Sie wollten erfahren, wie man mit einer Suchmaschine um-geht (6 Prozent)

(Mehrfachnennungen waren möglich)

Die meisten Besucher kamen wöchentlich wieder, und so ent-wickelte sich schnell ein fester Kundenstamm für diese Aktion. Alle sprachen sich für die Fort-führung des Angebotes aus. Nur dreißig Prozent der Besucher von »Senioren ans Netz« waren bisher schon Bibliothekskunden. Siebzig Prozent kamen eigens für diese Aktion in die Biblio-thek und hatten auch nur daran Interesse, sie konnten nicht für weitere Bibliotheksangebote ge-wonnen werden. Einige wurden auch durch ihre Kinder oder Ehe-frauen motiviert, »Senioren ans Netz« zu besuchen, um so viel-leicht ein neues Hobby für den Ruhestand zu entdecken. Die Besucher kommen zu 46 Prozent aus der Stadt und zu 54 Prozent aus dem Landkreis Schweinfurt. Achtzig Prozent der Teilnehme-rInnen sind zwischen 60 und 65 Jahren alt, fünfzig Prozent sind bereits im Ruhestand.

Zum Teil wurde bemängelt, dass nicht nach einem Lehrplan vorgegangen wurde. Darauf war bewusst verzichtet worden, um der Volkshochschule mit ihren strukturierten Kursangeboten keine Konkurrenz zu machen. Die Trainerin wurde uns von der Volkshochschule vermittelt und auf Honorarbasis beschäftigt. Sie hatte viel Geduld, und das ist bei diesem Angebot auch sehr wichtig. Darüber hinaus war sie bereit, zu einem geringeren Honorar als bei der Volkshoch-schule zu arbeiten, da sonst eine

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annähernde Kostendeckung bei geringeren Teilnehmerzahlen als bei VHS-Kursen nicht möglich gewesen wäre.

Kosten- und Nutzen-Überlegungen

Die Stadtbücherei Schweinfurt möchte die Medienkompetenz bei Senioren steigern, um so auch eine bessere Akzeptanz der elektronischen Angebote im In-ternet und in der Bücherei zu er-reichen und um die Bereitschaft zur Selbstbedienung am Opac und im Internet zu steigern. Das Angebot lief bisher nicht kos-tendeckend, obwohl fast immer alle Plätze ausgebucht waren. Da viele Besucher ausschließlich an dieser Aktion interessiert waren und nicht für die weitere Biblio-theksnutzung gewonnen werden konnten, wird der Preis dafür in Zukunft möglichst kostende-ckend kalkuliert. Bisher wurden drei Euro pro Stunde verlangt, künftig werden es 4,50 Euro sein. Dabei wird von Vollbele-gung ausgegangen.

Die Aktion hat dazu beige-tragen, unsere Internet-Plätze in den weniger frequentierten Morgenstunden gut auszulas-ten. Sie machte die Stadtbüche-rei sehr bekannt. Der Nutzen für die Teilnehmer liegt darin, dass die Internet-Nutzung in einer globalisierten Welt, in der die Angehörigen (aus berufl ichen Gründen oder im Urlaub) durch Europa und Übersee ziehen, im-mer wichtiger wird. So können

Öffentlichkeitsarbeit

auch ferne Kontakte leicht und kostengünstig gepfl egt werden. Auch der Umgang mit Behörden oder die Bestellung von Waren übers Internet werden immer wichtiger. So können sich (nicht

nur ) Senioren Wege sparen und mobil bleiben, wenn die eigene körperliche Mobilität abnimmt. Spezifi sche Informationsbe-dürfnisse können jederzeit an-gemessen und unabhängig von der eigenen körperlichen Leis-tungsfähigkeit ohne große Wege befriedigt werden. Das Internet kann den ersten Einstieg in neu-es Wissen ebnen.

Das Angebot wurde umge-hend von einem örtlichen kom-merziellen Anbieter kopiert. Seit Januar geht es (bis April) mit »Senioren ans Netz« in der Stadtbücherei weiter. Von Mai bis September wird es nicht lau-fen, da dann die Konkurrenz zu Aktivitäten im Freien und zum schönen Wetter zu stark ist.

Anita Kaltenbach, Stadtbücherei Schweinfurt

Die Autoren der Publikati-on »Lernwelten.net« (www.schule.suedtirol.it/pi/publika-tion/lernwelten_net.htm) wol-len zeigen, dass eine professi-onell betreute Schulbibliothek der ideale Ort zum Aufbau von Lernkompetenzen ist – und sie wollen Lernkompetenz in der multimedialen Schulbibliothek fördern. Die praxisorientierte Handreichung ist in sechs Bau-steine gegliedert: Mit zahlrei-chen Übungen können Schüle-rinnen und Schüler Lernkompe-tenzen aufbauen und einüben. Für jeden Baustein steht nach einer kurzen Einführung mit ei-ner übersichtlichen Mindmap eine Anleitung zu den verschie-denen Aufgabenstellungen mit dem jeweiligen Zeitbedarf zur Verfügung. Besonders hilfreich sind die vielen Arbeits- und In-formationsblätter, welche teils direkt, teils nach einer Anpas-sung an die Situation der jewei-ligen Schulbibliothek für den Unterricht übernommen wer-den können. Die Bausteine sind

entweder allen Fächern oder einzelnen Fächerkombinationen wie Mathematik/Physik bezie-hungsweise Biologie zugeord-net, können aber problemlos auch für andere Fächer umge-arbeitet werden. – Lernwelten.net. Herausgegeben von Mar-kus Fritz, Elisabeth Mairhofer und Michael Patreider. Bozen: Pädagogisches Institut, 2005; 160 Seiten, Ill. (Projektberich-te aus dem Pädagogischen In-stitut; 12) – 20 Euro

Öffentlich-keitsarbeit

Bloß noch Delius im Kopf?»1 Buch im Dreieck« in der Region Rhein-Neckar

Auch in Deutschland hat das aus den USA stammende Literatur-ereignis »One city – one book« in den letzten Jahren erfolgreich Fuß gefasst. Unter dem Motto »Eine Stadt liest ein Buch« und häufi g auch unter Mitwirkung der öffentlichen Bibliotheken versuchen zahlreiche Städte und einzelne Regionen, die Lektüre eines ausgewählten Buches viel-fältig und originell zum Stadtge-schehen werden zu lassen und, über die klassische Leserschaft hinaus, ein neues Publikum für Literatur zu fi nden.

Nun wagt sich erstmals die neu gegründete Metropolre-gion Rhein-Neckar mit dem Projekt »1 Buch im Dreieck« (www.1buchimdreieck.de) an die Idee. In der Region, beste-hend aus Teilen der Vorder-

pfalz, Rheinhessens, Nordba-dens und Südhessens, leben etwa 2,5 Millionen Menschen; sie umfasst Städte wie Worms, Speyer, Landau, Mannheim, Heidelberg oder Ludwigsha-fen. Bemerkenswert: Das Vor-haben wird getragen von den nahezu einhundert öff ent-lichen Bibliotheken der Region und zahlreichen Partnern. Als federführende Koordinatoren engagieren sich die Großstadt-bibliotheken in Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg, eine eigene Projektleitung wur-de eingerichtet. Mit Bibliothe-ken in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen sind – in unserem föderalen Sys-tem eher ungewöhnlich – gleich drei Bundesländer eingebun-den. Die Bibliotheken und ihre Partner werden maßgeblich un-terstützt von großen, in der Re-gion beheimaten Unternehmen wie zum Beispiel der BASF wie auch von der Stiftung Lesen. Das Grenzen übergreifende Pro-jekt soll neben der Leseförde-rung auch die Identität einer neu gegründeten Region stärken.

Bereits im Frühjahr 2005 wurde mit einer Buchauswahl-phase gestartet. Über zweitau-send Menschen folgten dem Aufruf, ihre Lesefavoriten vor-zuschlagen. In einer Abstim-mung mit großer Beteilung in Bibliotheken, Buchhandlungen und Internet wurde dann im Herbst das »Buch im Dreieck« ermittelt. Sieger wurde die auf Tatsachen beruhende Erzählung »Der Spaziergang von Rostock nach Syrakus« von Friedrich Christian Delius. Das Buch er-zählt von der Geschichte eines Rostocker Kellners, der aus der DDR fl ieht, um einen Traum zu verwirklichen. Sein Wunsch, einmal auf Seumes Spuren nach Italien zu reisen und dann wieder zurückzukehren, geht mit vielen Hindernissen in Erfüllung.

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Im Herbst 2005 waren die Bibliotheken der Region gefor-dert, ihre Aktivitäten zu planen sowie weitere Menschen und Or-ganisationen dafür zu gewinnen, hunderte von Veranstaltungen rund um FC Delius’ Spazier-gang im kommenden März mit-zugestalten.

Auf verschiedenen Koordi-nierungs- und Planungstref-fen wie auch im elektronischen Gästebuch des Projekts wurden zahlreiche Anregungen ausge-tauscht.

Es werden Lesungen verschie-denster Art im Mittelpunkt ste-hen, der in Rom und Berlin le-bende Autor des Siegertitels wird selbst einige Tage in der Region verbringen.

Darüber hinaus erwartet das Publikum eine große Bandbrei-te an Möglichkeiten zu lesen, unter anderem Veranstaltungen in S-Bahnen (das Buch gilt als

Fahrkarte), auf Schiff en, Film-programme, szenische Insze-nierungen, Ausstellungen, Kin-derveranstaltungen, oder etwa dem Buch nachempfundene re-gionale Spaziergänge und eine deutsch-italienische Fahrrad-tour. Aber auch Schulen, Kul-tureinrichtungen, Segelclubs, Wandervereine, Langstrecken-läufer, Kenner der ehemaligen DDR oder Spezialisten für Itali-ensehnsucht machen mit – wer das Buch kennt, wird sich über die Th emenvielfalt wie auch über die vielen möglichen Veranstal-tungsansätze kaum wundern.

Bereits seit Wochen weisen Banner und viele großforma-tige Plakate in der Region auf das Vorhaben hin. Die in einer hohen Aufl age gedruckten Pro-grammhefte werden ab diesem Monat verteilt.

Lutz Jahre, Stadtbibliothek Mannheim

Das Plakat zur Leseaktion hat Lutz Jahre gestaltet; das Logo wurde von Auszubildenden der »Heidelberger Druckmaschinen« entwickelt.

Wurm Heinz breitet sich in Bibliotheken ausEin Online-Spiel als Marketinginstrument

Öffentliche Bibliotheken bekla-gen schon lange ein mangelndes Interesse seitens Jugendli-cher im Alter von dreizehn bis siebzehn Jahren.1 Diesem Phänomen wird vielerorts ein starkes Engagement im Bereich des Jugendmarketings entge-gengesetzt. Bei Hochschulen werden die Bibliotheken und vor allem deren weiterreichende Dienstleistungen auch meist erst in den späteren Semestern wahrgenommen.2 Hier werden Gegenmaßnahmen dann aber eher in Form etwa von Einfüh-rungsveranstaltungen (gerne in Kooperation mit der Hochschul-lehre) gesucht. Ein neuer Weg, auf diese Zielgruppen zuzuge-hen, wird nun mit dem Online-Spiel »Letterheinz« beschritten – einem Spiel, das kostenlos auf den Websites der Bibliotheken gespielt werden kann.

Initiatorin des Projekts ist die Leiterin der Universitätsbiblio-thek Dortmund, Marlene Na-gelsmeier-Linke. Ihr Bestreben, die Nutzung der elektronischen Medien der UB Dortmund zu fördern, wurde durch die Stefi -Studie3 noch verstärkt. Daraus entstand die Idee, ein Spiel ein-zusetzen, um den Erstsemestlern und potentiellen zukünftigen Studenten die UB und deren Angebote und Dienstleistungen näher zu bringen.

Die Dortmunder Agentur »Wilder Jäger« wurde engagiert, um ein Konzept für ein solches Vorhaben zu entwickeln. Nach Erforschen der Gründe des allge-meinen Desinteresses und nach vielen gemeinsamen Gesprächen erstellte Wilder Jäger ein grobes Konzept und arbeitete dieses dann zu einem fertigen Skript (Drehbuch) aus.

Teilen und wachsen

Dieses Konzept wurde – mit einem ersten rudimentären Pro-totyp – auf der InetBib-Tagung

2004 in Bonn vorgestellt. Die Reaktionen seitens der Anwesen-den machten deutlich, dass der Bedarf an einer solchen Aktivi-tät auch in anderen Bibliotheken groß ist. Das Spiel sollte fortan nicht nur auf die UB Dortmund beschränkt sein – es fanden schon vor Ort erste Gespräche mit anderen Bibliotheken statt.

Mittlerweile konnten bereits 21 Bibliotheken aus dem gesam-ten Bundesgebiet sowie die Na-tionalbibliothek Luxemburg für

das Projekt gewonnen werden. Die quantitative Gewichtung hat sich dabei etwas in Rich-tung öff entlicher Bibliotheken verschoben. Es ist aber gerade erfreulich, dass die Gruppe der teilnehmenden Bibliotheken ein solch vielfältiges Bild quer durch die Bibliothekslandschaft dar-stellt.

Aus Deutschland nehmen bislang folgende wissenschaftli-che Bibliotheken teil:� Dortmund (UB), Hildesheim (UB), Wiesbaden (FH), Ostfries-land / Oldenburg / Wilhems-haven (FH), Stuttgart (HFT), Darmstadt (FH); und folgende Stadtbibliotheken: Dortmund,

1 Vergleiche »Bibliothek 2007: Bib-liotheksentwicklung in Deutsch-land, Ergebnisse einer bundeswei-ten Expertenbefragung«. Bonn, 2002 – Infas-Studie zum Projekt »Bibliothek 2007« – www.bibliothek2007.de

2 »Nutzung elektronischer wissen-schaftlicher Information in der Hochschulausbildung – Barrieren und Potenziale der innovativen Mediennutzung (Endbericht)« Rüdiger Klatt u.a. Dortmund, 2001. Die Untersuchung der Zu-sammenhänge mit der Zahl der absolvierten Semester stellt in der Studie leider nur einen – wenn auch deutlichen – Nebenaspekt dar.

3 www.stefi .de

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Vor 100 Jahren

Zeitschriftenschau etc.

Ein das »Volksbibliothekswesen in Preußen« überschriebener Artikel von Kurt Kamlah be-tont mit großer Wärme die po-litisch erzieherische Bedeutung der modernen volkstümlichen Büchereien, die weder von den Kommunen noch vom Staat hinreichend gewürdigt werde. So sei es betrübend gewesen, daß auf der Dresdener Städteausstel-lung von 128 beteiligten Stadt-verwaltungen nur fünf eine Aus-stellung über Bibliothekswesen dargeboten hätten. Was nun aber das platte Land anbetreff e, so sei dort die Hilfe des Staates in Kreis und Gemeinde unentbehr-lich. Diese Unterstützung aber müsse zum mindesten in Preu-ßen in sehr viel umfassenderer Weise geschehen, als es mit der jährlichen Subvention von 100

000 M. möglich sei. Wenn bisher off enbar fi nanzielle Bedenken einer nachhaltigeren Unterstüt-zung im Wege gestanden hätten, so müßten diese vornehmlich in einem so günstig stehenden Lande angesichts der tiefgehen-den Wirkung endlich zurück-treten. Ein Zusammenschluß aller Männer, die klar die Lage erkannt haben, aller Gründer, Leiter und Gönner des Volks-bibliothekswesens tät not, um zu beratschlagen wie man den Weckruf hell genug erklingen lassen kann, um dort gehört zu werden, wo Hilfe kommen muß. »Deutschland voran« – möge das Wort auch in diesem Sinne keine bejubelte Phrase bleiben, sondern sich verwirklichen zum Heile unseres Vaterlandes.

Die Grenzboten.

Berlin Mitte, Essen, Karlsruhe, Münster, Duisburg, Mülheim/Ruhr, Bonn, Heilbronn, Aschaf-fenburg, Ludwigsburg, Moers, Pforzheim, Gütersloh und So-est.

Von vornherein stand auch schon fest, dass jede Bibliothek dabei eine eigene, individuelle Version des Spiels erhält. Hierzu jedoch später mehr.

Ziele

Die Zielgruppe wurde auf eine Altersstufe von 13 bis 25 Jah-ren festgelegt. Das Spiel sollte dabei beide Geschlechter glei-chermaßen ansprechen und möglichst vielen »Spielertypen« Spaß machen. Natürlich ist es

wünschenswert, speziell auch jene Menschen zu erreichen, die bislang noch keine oder kaum Berührung mit der Bibliothek hatten. Im Hinblick auf diese Zielgruppe verfolgt das Spiel zwei große Ziele:� Eine (verstärkte) Positionie-rung der Bibliothek als fachlich und technologisch kompetente und sympathische Institution.� Das Vermitteln der vielfäl-tigen Angebote der Bibliothek, die über das reine Verleihen von Büchern weit hinausgehen.

Beides natürlich in der Hoff -nung, auf diesem Wege neue Kunden (beziehungsweise Nut-zer) für die Bibliothek zu gewin-nen. Vorurteile gegenüber der Bibliothek und Hemmschwel-

len bei »Noch-nicht-Nutzern« sollen spielerisch abgebaut und Neugierde auf das Angebot der Bibliothek geweckt werden.

Anforderungen an das Spiel

Aus diesen Zielen ließen sich drei Hauptanforderungen an das Spiel formulieren:� Das Spiel muss Spaß machen! Dies ist für nicht »bibliotheks-affi ne« Menschen der einzige Grund, sich mit dem Spiel aus-einanderzusetzen. Und gerade die sollen ja erreicht werden.� Die Informationen müssen ohne »erhobenen Zeigefi nger« vermittelt werden! Ein Spieler, der sich bislang nicht oder nur rudimentär für die Bibliothek interessierte, hat kein primäres Interesse daran, etwas über die Bibliothek zu lernen. Sollte nun der didaktische Aspekt zu stark in den Vordergrund treten, wür-de solch ein Spieler direkt abge-stoßen.� Das Spiel bedarf einer hohen Langzeitmotivation! Der Spieler sollte motiviert sein, sich auch länger mit dem Spiel zu beschäf-tigen. Nur so lassen sich die um-fangreichen Angebote und Ser-vices vermitteln (und die image-bildende Wirkung des Spiels voll entfalten).

Der Inhalt

Um diesen Anforderungen zu genügen, wurden die Informa-tionen zwar zum zentralen Be-standteil des Spiels gemacht, sie haben jedoch keine Auswirkung auf den Spielablauf an sich. Im Spiel wird vor jeder Spielstufe ein Lösungsbegriff aus dem Biblio-theksumfeld umschrieben, den der Spieler dann – Buchstabe für Buchstabe – in der richtigen Reihenfolge aufsammeln muss. Wenn das Wort komplett ist, ist die Stufe geschaff t, und es wird eine Erläuterung des gesuchten Begriff s eingeblendet.

Um nun aber den bereits er-wähnten »Zeigefi nger« nicht zu erheben, ist zunächst einmal kei-ne Auseinandersetzung mit den Begriff en nötig, um das Spiel zu spielen. Es wird jederzeit an-gezeigt, welcher Buchstabe als

nächster anzusteuern ist, und ein falsches Aufsammeln ist erst gar nicht möglich.

Dennoch hat der Spieler ei-nen Vorteil, wenn er das Wort errät und somit schon seinen Weg durch die Spielstufe weiter planen kann. Dieser Vorteil be-kommt in höheren Spielstufen immer mehr Gewicht, was auch der Spieler in der Regel recht schnell merkt. Somit beschäf-tigt er sich freiwillig mit den zu vermittelnden Inhalten – er be-kommt sie »wie nebenbei« ver-mittelt.

Ebenfalls wichtig für das Er-reichen der gesetzten Ziele sind die Inhalte des Spiels selbst. Hier soll ganz klar in vielfältiger Form auf die unterschiedlichen Angebote, Aktionen und Beson-derheiten der jeweiligen Biblio-thek hingewiesen werden. Die Umschreibungen der Begriff e sollten etwas Humor enthalten und neugierig auf den Lösungs-begriff machen. Einige Beispiele für Umschreibungen:– »Der Suchbegriff ist nicht ge-

walttätig.« (Schlagwort)– »Mit dem Suchbegriff sind

wir mal ganz zeigefreudig.« (Führung)

– oder ganz banal: »Gesucht wird ein noch stillerer Ort als die Bibliothek.« (WC)

Wenn eine Spielstufe geschaff t ist, wird ein kurzer, erläuternder Text eingeblendet, gegebenen-falls mit Link zu weiteren Infor-mationen.

Die Verpackung

Was den (potentiellen) Spieler natürlich erst einmal primär in-teressiert, ist das Spiel selbst. Im Hinblick auf die verfolgten Ziele entwickelte Wilder Jäger ein ei-genes, neuartiges Spielkonzept. Dieses wirkt auf den ersten Blick wie ein klassisches Hüpf- oder Plattformspiel. Durch die indi-rekte Steuerung entsteht aber eine völlig eigene Spieldynamik, und es kommen strategische

Öffentlichkeitsarbeit

4 Vgl. BuB Heft 1/2006, Seite 6–85 »Th ema: Onlinespiele nicht nur

negativ bewerten«. Düsseldorf, 2005. – Medienkompetenz Netz-werk NRW <www.mekonet.de>

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Einfl üsse zum Tragen. Das Spiel eignet sich gut für eine »Partie zwischendurch«, verfügt aber auch über eine hohe Langzeit-motivation durch fünfzig Spiel-stufen mit stetig steigendem Schwierigkeitsgrad.

Als Spielszenario wurde das essentielle Element jeder Biblio-thek gewählt: Das Bücherregal. Der Held des Spieles ist Heinz, ein Bücherwurm. Um die Prot-agonisten in einem unverwech-selbaren und witzigen Stil darzu-stellen, konnte ein renommierter Illustrator gewonnen werden.

Individualisierung

Wie anfangs erwähnt, besitzt jede Bibliothek ihre eigene Ver-sion des Spiels. Dies bezieht sich natürlich zunächst einmal auf die zu vermittelnden Inhalte. Jede Bibliothek verfügt über ei-nen eigenen Satz von Lösungsbe-griff en. Wilder Jäger stellt dafür einen Grundwortschatz von 160 Begriff en zur Verfügung, den die einzelnen Bibliotheken nach Belieben erweitern und ändern können. Auch wenn das Spiel bereits im Einsatz ist, können die Begriff e jederzeit von Bib-liotheksmitarbeitern selbständig geändert werden.

Die einzelnen Versionen sind aber auch grafi sch etwas an die Bibliotheken angepasst. Auch wenn das Grundspiel immer gleich ist, sind für jede Biblio-thek kleine optische Details auf die fünfzig Spielstufen verteilt, die das Spiel zu ihrem Spiel ma-chen. Dies sind zum Beispiel auf-fällige Bodenbeläge oder Wände, Dekorationselemente, markante Lampen oder die Außenansicht der Bibliothek.

Startschuss

Letterheinz wurde von den ers-ten Bibliotheken in der 43. Ka-lenderwoche 2005 angeboten. Einige der anderen Bibliotheken legten den Starttermin bewusst auf Dezember oder Januar; das Spiel sollte der Öff entlichkeit und der Presse in einer besonde-ren »Aktion« vorgestellt werden. Die Wege der Bibliotheken, das Spiel der Öff entlichkeit zu prä-sentieren, sind dabei von Fall zu Fall unterschiedlich:� In Nordrhein-Westfalen nutzten beispielsweise einige Stadtbibliotheken (Mülheim, Soest und Moers) erfolgreich die »Nacht der Bibliotheken«4, um ihren Letterheinz zu präsentie-ren.� Die Stadtbibliothek Karlsru-he lud zur Pressekonferenz in die zehnte Klasse einer Realschule und ließ die Schüler das Spiel live testen. Das Resultat war eine gute Resonanz in der örtlichen Presse und sogar im regionalen Fernsehen.� Die Stadtbibliothek Lud-wigsburg startete gleich einen Wettbewerb über mehrere Wo-chen mit attraktiven Preisen (etwa einer Digitalkamera) und machte mit dem resultierenden Andrang sogar ein Update der

entstanden Plakate, Postkarten, Mousepads, Tassen und Gum-mibärchentütchen mit Motiven des Spiels.

Aussicht

Die aufgezeigten Beispiele sind nur einige Einsatzmöglichkeiten des Spiels.

Neben dem Einsatz bei Events und dem Ausschreiben von Wettbewerben (die Mög-lichkeit dazu ist in der Software integriert) kann das Spiel auch auf lokalen Rechnern in der Bib-liothek angeboten oder auf CDs verteilt werden (beispielsweise bei Führungen).

Nach den ersten Veröff entli-chungen des Spiels zeichnete sich noch eine weiterer Verwendungs-zweck ab: Das Spiel fördert laut Expertenmeinung (mekonet) die Lese- und Schreibkompetenz:

»Die Untersuchungen beru-hen auf der Überlegung, dass Computerspiele mit anderen Medien vergleichbare Inhalte aufweisen. Diese können als Angebote zur sozialen Orien-tierung und als Bezugspunkt für die Identitätsentwicklung dienen. Zudem erfordern Spie-le mehr Eigenaktivität als viele andere Medien und besitzen Eigenschaften wie Leistungs-anforderungen, Wettbewerb und Kommunikationsmöglich-keiten. Durch Rückmeldungen über den Spielerfolg und durch die Anpassung an die individu-elle Leistungsfähigkeit können sie besonders gut motivieren und Anreize zur Leistungsverbesse-rung bieten (…) Ein gelungenes Beispiel für ein Onlinespiel, das Lese- und Schreibkompetenzen spielerisch vermittelt, ist ›Letter-heinz‹.«5

Aus den Niederlanden wur-de zudem berichtet, dass sich das Spiel auch dazu eignet, die Kenntnisse der deutschen Spra-che zu verbessern.

Die Erfahrung zeigt, dass die besten Ideen aus den Bibliothe-ken selbst kommen. So können wir gespannt sein, wie das Spiel in Zukunft noch eingesetzt wird.

Frank Sander, Wilder Jäger Mediengestaltung, Dortmund

serverseitigen Software für die Bestenlisten nötig. Andere Bib-liotheken begannen im neuen Jahr damit, größere Wettbewer-be zu veranstalten.� Die Bibliotheken der Fach-hochschule Wiesbaden und der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven nutzten das Spiel jeweils als Pro-grammpunkt für ihren Tag der off enen Tür.

Obwohl es anfangs gar nicht in dem Umfang vorgesehen war, wurde – auf Wunsch der Biblio-theken – für die Bewerbung des Spiels auch ein komplettes Mer-chandising-Paket geschnürt: Es

»Letterheinz« fördert laut Expertenmeinung die Lese-

und Schreibkompetenz.

Auszeichnung

Boat People»Access to Learning Award« der Gates Foun-dation geht nach Bangla-desch

Das US-Magazin »Time« hat Bill Gates gemeinsam mit seiner Frau Melinda und dem U2-Sän-ger Bono wegen ihres Einsatzes gegen Hunger und Aids in Afrika zu Personen des Jahres 2005 gewählt. Doch die »Bill & Melin-da Gates Foundation« engagiert sich unter anderem auch auf dem Feld der Bibliotheken: Sie vergab ihren mit einer Million US-Dollar dotierten »2005 Ac-cess to Learning Award« (www.gatesfoundation.org/Librari-es/InternationalLibraryInitia-tives/AccessLearningAward/2005Award/default.htm) an Shidhulai Swanirvar Sangstha, eine Organisation in Bangla-desch, die Boote einsetzt, um Bücher, Bildung und Techno-logie in abgeschiedene, durch Überschwemmungen heimge-suchte Regionen des Landes zu bringen.

Journey Out of Poverty

Bangladesh, a nation of 140 mil-lion, has one of the highest po-pulation densities in the world with almost 1,000 people per square kilometer. Many people are landless and forced to live on and cultivate fl ood-prone land.

Ever since its bloody birth in a civil war in 1971, the country’s biggest challenge has been to lift the vast majority out of grind-ing poverty. Policy makers and development practitioners have long concluded that in order to alleviate the problem, they must focus on educating people so they can be productive members of the work force.

But eff orts to provide educa-tion to such a high number of people living in rural areas have been stymied by a number of problems, especially poor com-

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munication and lack of access to information resources. Nowhere is the problem more acute than in the remote areas of northern Bangladesh. And the problem is exacerbated during the monsoon season – which lasts three to four months – when people remain virtually cut off because of fl oo-ded roads.

Since 2002 the plight of a lar-ge number of people in the Nan-dakuja-Atrai-Boral watershed area in north Bengal is being addressed thanks to an innovati-ve boat-based library and educa-tion program launched by a local nongovernmental organization.

»If the students cannot come to the school because of poor communication then the school should come to them,« said Abul Hasanat Mohammed Rezwan, executive director of Shidhulai Swanirvar Sangstha, which re-ceived the Bill & Melinda Gates Foundation Access to Learning Award in 2005.

Innovation at the Riverbanks

Th e program, which served about 86,500 families in 2004, covers a radius of 240 kilometers of rivers, streams, and wetlands in nort-hern Bangladesh. Th e integrated

Auszeichnung

program, which includes a boat library, boat school, and mobile Internet boat unit equipped with computers, mobile phones, mul-timedia projectors, books, and other information resources, has raised hopes in Singra and ad-joining areas.

»Seeing a computer, let alone touching it, was beyond our wil-dest imagination,« said Abdul Azad, a farmer, fl ashing a big grin that exposed his betel-stai-ned teeth. Sitting under a man-go tree in Kalinagar, a village of 4,500 people, he described the boat program as a godsend be-

cause it provides access to agri-cultural information, including pest management and commo-dity prices.

Targeting isolated river ba-sin farming communities, the program is using information technology to improve living conditions in this extremely poor country. Mobile Internet-Educational units and librari-es placed on boats navigate the Bangladeshi river network deli-vering information and training to people who are forced to live on and cultivate fl ood-prone land. Th e computers with Inter-

net are run by solar systems and fuel-effi cient generators as the project area has no electricity. According to offi cial statistics, less than 30 percent of the Bang-ladesh population has access to electricity.

Th e area is deeply conservati-ve, which means that many pa-rents are reluctant to send their daughters to schools far away from their homes. Th rough the boat program, girls now can at-tend school because their parents and guardians can still keep an eye on them.

Seventy percent of the users of the boat program are wo-men. Since they account for half the population in Bangladesh, »there’s no way we can move for-ward without empowering our womenfolk,« said Rezwan.

On a recent hot, humid day in July, a group of women were at-tending classes, taking computer lessons, and learning about mo-dern farming and fi shing techni-ques that emphasizes shunning pesticides in order to protect the environment.

Nazma Begum, a mother of two, proudly describes how she has benefi ted from the program. »I’ve been able to double my yield of eggplants and leafy vegetables in my small backyard,« she ex-claimed.

She and others have learned new techniques from Dr. Sama-jit Pal, an agricultural scientist, who works for the government and volunteers for Shidhulai Swanirvar Sangstha. Dr. Pal tra-vels about 70 kilometers to the project site every other month. Increasingly, he now addresses many of the farmers’ problems through email, which he receives through the boat Internet unit.

Access for All

Shidhulai Swanirvar Sangstha plans to use the Access to Lear-ning Award funds to double the existing fl eet of 12 boat libraries to address the rising demand in the project area and beyond. Th e emphasis will be on increasing the number of computers, ensu-ring a reliable power supply, and providing training for staff .

Through the boat program, girls now can attend school because their parents and guardians can still keep an eye on them.

»Seeing a computer, let alone touching it, was beyond our wildest imagi-nation.« (Fotos: Abir Abdullah)

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Informationdigital

DDB:Die Europäische Digitale Bibliothek wächst weiter

Die Nationalbibliotheken von Dänemark, Estland und Lettland haben mit Jahresbeginn den Teilnehmerkreis von »The European Library« (www.europeanlibrary.com) erweitert. Mit der Weiterent-wicklung der Portalsoftware ist das Angebot schneller und zuverlässiger geworden.

Die unter dem Namen »Th e European Library« (TEL) im Spätherbst vergangenen Jahres gestartete Europäische Digi-tale Bibliothek wächst weiter. Bis Ende 2006 werden die On-linekataloge und mehr als 200 Sammlungen von 23 europä-ischen Nationalbibliotheken über dieses Internetportal re-cherchierbar sein. Das Angebot wird sich damit innerhalb eines Jahres nahezu verdoppeln.

Th e European Library ermög-licht integrierte Suchanfragen über institutionelle und geogra-fi sche Grenzen hinweg. Das in den umfangreichen Datenbe-ständen der Bibliotheken reprä-sentierte kulturelle Erbe Euro-pas wird damit vom Schreibtisch aus zugänglich. Urheberrechts-freie digitale Dokumente kön-nen direkt abgerufen werden. Teilnehmende Bibliotheken passen ihre Kataloge an die Me-tadaten- und Suchstandards der Europäischen Digitalen Biblio-thek an und ermöglichen damit die katalog- und sammlungs-übergreifende Recherche.

Für Th e European Library wurde eine neue Webtechnologie verwendet, mit der Portalfunk-tionen einfach und preiswert realisiert werden können. Die Software »Portal-in-the-Brow-ser« (www.dlib.org/dlib/februa-ry04/vanveen/02vanveen.html) steht Interessenten frei zur Ver-fügung. Die Entwickler erhoff en

BMBF fördert Langzeitarchivierung für digitale DatenDeutsche Bibliothek schließt erste Testphase erfolgreich ab

pr. – Digital auf elektronischen Datenträgern vorliegende Informationen können derzeit nur schwer über Jahre gespei-chert werden. Im Interesse von Wissenschaft und Forschung muss diese komplexe Aufgabe mit innovativer Technik bewäl-tigt werden.

Unter Leitung Der Deutschen Bibliothek wurde jetzt erstmals ein neues System zur digitalen Langzeitarchivierung erfolg-reich getestet. Es könne problem-los in bestehende Bibliothekssys-teme integriert werden, teilte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) am 16. Dezember 2005 in Berlin mit.

Das BMBF förderte die erste Phase des so genannten »kopal-Systems« (www.kopal.langzeit-archivierung.de) mit 4,2 Millio-nen Euro. Es soll auf der CeBIT 2006 öff entlich vorgestellt wer-den. Dabei sollen dem Publikum die Aufgaben und Funktionen eines Langzeitarchivs digitaler Informationen mit einem »ko-pal-Demonstrator« anschaulich und greifbar vermittelt werden.

Tagung

Auf der Suche nach VerbündetenInternationale Bibliotheks-konferenz in Warschau

Schon seit langem gilt das Interesse polnischer Bibliothe-kare den Abhängigkeiten und Zusammenhängen zwischen der Politik und dem Biblio-theks- und Informationsbereich, wie auch dem »Spiel«, das die Bibliotheken betreiben müssen, um Anerkennung und Mittel – aus öffentlicher und privater Hand – zu erwerben. Entspre-chende Fragen wurden bereits bei verschiedenen Konferenzen thematisiert, aber noch nie füllten sie ein ganzes Tagungs-programm.

Am 13. und 14. Oktober 2005 debattierten in der Warschauer Nationalbibliothek rund zwei-hundert Teilnehmer aus Biblio-theken aller Typen – was sonst selten der Fall ist – aus ganz Polen zum Th ema »Bibliothe-ken im Spannungsfeld zwischen Innovation und Politik – Stand-punkte und Strategien«.

Die Konferenz hatte einen in-ternationalen Charakter durch die Beteiligung ausländischer Referenten:

eine Anwendung in weiteren kulturellen Bereichen und da-mit die mögliche Verknüpfung der verschiedenen Sektoren. Für das kommende Frühjahr ist eine Benutzerbefragung zur weiteren Verbesserung von Th e European Library geplant.� Ansprechpartner: Dr. Britta Woldering, Die Deutsche Bib-liothek, Telefon 069/15 25-15 41 ([email protected]) · Jill Cousins, Leiterin des European Library Offi ce an der Königli-chen Bibliothek in Den Haag, Telefon +31/70/3 14 09 52 (jill.cousins@Th eEuropeanLibrary.org)

Das Projekt »kopal« (Koope-rativer Aufbau eines Langzeit-archivs digitaler Informationen) widmet sich der langfristigen Bewahrung und Bereitstellung digitaler Daten. Dabei koope-rieren Die Deutsche Bibliothek, die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttin-gen, die Gesellschaft für wis-senschaftliche Datenverarbei-tung Göttingen und die IBM Deutschland. Das von ihnen entwickelte System soll künftig mit standardisierten Schnittstel-len kooperativ betrieben wer-den.

www.bmbf.de

� Barbro Wigell-Ryynänen aus Finnland (»Wie defi niert man eine Bibliotheksstrategie?«), Jens Th orhauge aus Dänemark (»Wie vermittelt man zwischen Bibliotheken und der Politik?«), Andrew Stevens aus Großbritan-nien (»Wie entwickelt man Bib-liotheken weiter?«) und Christi-an Hasiewicz aus Deutschland (»Was können Bibliotheken aus anderen Ländern lernen?«).

Organisiert wurde die Ta-gung von der Bertelsmann Stif-tung, dem Goethe-Institut War-schau, der Nationalbibliothek Warschau und dem Polnischen Verband der Bibliothekare. Be-sonders beachtlich war dabei die Mitwirkung der Bertels-mann Stiftung, und zwar nicht nur durch das Engagement von Christian Hasiewicz als Pro-jektleiter »Bibliothek 2007«, Diskussionsteilnehmer und Be-rater, sondern auch durch die umfangreiche Präsentation von zwei großstädtischen Modell-bibliotheken, die als Projekte der Stiftung in Polen unter Be-treuung von Katharina Rejdak entstanden sind: »Mediateka« in Wroclaw (Breslau) und »Planeta 11« in Olsztyn (Allenstein). Es handelt sich hier um zwei un-konventionelle, mit Multimedia reich ausgestattete Jugendbib-liotheken, vergleichbar mit der »medien@age« Dresden. Beide werden in ihren Städten von den jeweiligen Kommunalver-waltungen und dem Publikum gut angenommen und von den Kommunen mit Engagement betreut. Sicherlich werden die-se Bibliotheken eine »Nachah-mungswelle« auslösen, ja, viel-leicht sogar zu Diskussionen über Möglichkeiten und Grenzen des Bibliothekswesens anregen, was in Polen sonst schwierig ist.

Off ene Fragen

Das Programm der Konferenz gab den Anlass zu einer Bilanz der bisherigen Leistungen und der Leistungsfähigkeit polni-scher Bibliotheken. Wie kann, bei einer sich ständig verändern-den politischen Landschaft, ihre nachhaltige Entwicklung gesi-chert werden? Wie soll man die

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immer noch vorhandenen Über-reste einer Denkweise beseiti-gen, die von einer schon längst verschwundenen Staatsordnung geprägt ist? Wie kann die Com-puterisierung zu Ende gebracht werden, wenn sie nicht mehr mit Fördermitteln unterstützt wird? Wie können Politiker überzeugt werden, dass Bibliothekare über einen wichtigen eigenen Kom-petenzbereich verfügen und ihre Stimme bei der Planung der Ausgaben für die Informa-tisierung des Bildungswesens berücksichtigt werden muss? Wie sollen Neuerwerbungen für Bibliotheken fi nanziert werden, damit ihre Sammlungen kein veraltetes Wissen vermitteln?

Buchhandlungen sowie die mühsame Entwicklung von Strategien, die Tätigkeiten der leistungsfähigen sozial-politi-schen Mittlerinstitutionen und deren Kompetenz, Gesetze und Richtlinien zu gestalten. Es wur-den Methoden zur Stakeholder-Ermittlung auf der einen Seite und Best-Practice-Beispiele auf der anderen vorgestellt und wie man Kompromisse erzielt, da-mit sich niemand benachteiligt fühlt. Abzuraten sei eine fort-schrittsfeindliche Haltung, bloß um den vorhandenen Besitz-stand zu wahren, denn die Ver-änderungen sind unabwendbar, es geht nur darum, dass sie un-serem Willen gemäß eintreten und dass wir sie unter Kontrolle haben.

Noch prägnanter kamen die-se Th emen im Podiumsgespräch der Referenten zum Ausdruck. Anschließend nahmen die Teil-nehmerinnen und Teilnehmer an zwei parallelen Workshops teil: zur strategischen Planung unter der Leitung von Henryk Hollender aus der Technischen Universität Warschau und zur Lobbyarbeit der Bibliothe-kare unter der Leitung von Jan Wołosz, Chefredakteur der Zeitschrift »Bibliotekarz«. Das Ergebnis war reichhaltig, aber diff us, vielleicht deswegen, weil es an Diskussionsteilnehmern mangelte, die einen Blick über ihre eigene Erfahrung hinaus gewagt hätten. Es fehlte dage-gen nicht an Klagen und For-derungen; deshalb wurde vom polnischen Bibliotheksverband beschlossen, sich erneut zu tref-fen, um eine Liste der wichtigs-ten »politischen« Postulate der polnischen Bibliothekare zu er-stellen.

Im laufenden Jahr soll eine Ar-beitsgruppe mit der Erarbeitung einer Vision für das polnische Bibliothekswesen beauftragt werden.

Es wird sich zeigen, ob wir fähig sind, die Initiative zu er-greifen.

Henryk Hollender, Technische Universität Warschau ·

Aus dem Polnischen von Hanna Krogulska,

Goethe-Institut Warschau

Tagung

Wie kann man von der »kleinen Globalisierung«, die im Alltag ei-ner jeden Ecke Polens präsent ist, Gebrauch machen? Wie haben es die Universitätsbibliotheken geschaff t, eine seit 1990 mehr als dreifach gestiegene Studenten-zahl zu bedienen, ohne externe Impulse, sondern bloß durch die Anpassung an die jeweiligen Be-dürfnisse, und wie könnte man ihre Erfahrungen umsetzen?

Die ausländischen Gastrefe-renten boten keine einheitlichen Listen von guten Ratschlägen an, weil die Situation der Biblio-thekssysteme in der Bundesre-publik, in Großbritannien und in den nordischen Ländern aus struktureller Sicht völlig unter-schiedlich ist.

Jedes Statement war aber von der Überzeugung geprägt, dass Bibliothekare eine gesonderte Interessengruppe bilden, anders als die des freien Verlagsmarktes beziehungsweise des allgemei-nen Schulwesens, und dement-sprechend müssen sie sich selbst den anderen gegenüber defi nie-ren.

Diskutiert wurden Werte und Lebensweisen, Unterschie-de zwischen Bibliotheken und

Veränderungen sind unab-wendbar – es geht darum, dass sie unserem Willen

gemäß eintreten.

Kongress BBS 2005:Waren Sie in Basel/Liestal?

Falls ja, erinnern Sie sich an die vielfältigen Berichte zu den Veranstaltungen, die zwischen dem 31. August und dem 3. September in der Nordwest-schweiz stattgefunden haben, bestimmt an die eine oder andere Begebenheit; falls nein, können Sie hier einen Eindruck vom letztjährigen Kongresses des Verbands der Bibliotheken und der Bibliothekarinnen/Bib-liothekare der Schweiz (BBS) gewinnen.

Ich denke gerne an den vergange-nen Kongress zurück. Das Th e-ma »Kooperation – grenzenlos« hat zu vielen Begegnungen und Gesprächen geführt. Einmal mehr zeigte sich, dass persönli-che Treff en und die gemeinsame Auseinandersetzung mit berufs-spezifi schen Th emen eine ideale und umfassende Ergänzung zur alltäglichen Wissensbeschaf-fung via Fachpublikationen, Webseiten, Projektberichte oder E-Mails sind.

Der Kongress 2005 umfasste auch eine Veranstaltung zum Th ema »Ausbildung« und brach-te angehende Kolleginnen und Kollegen aus Berufs- und Fach-hochschulen als ReferentInnen oder TeilnehmerInnen nach Ba-sel/Liestal. Von diesen direkten Kontakten haben alle profi tiert.

Die Dokumentation zum Kongress und zur Generalver-sammlung fi nden Sie unter <www.bbs.ch>, Rubrik Kon-gress/Generalversammlung. Referate, Texte und Bilder zu einzelnen Veranstaltungen, das Programm, die Referentinnen-/Referenten-Liste sowie die Sponsorenübersicht stehen Inte-ressierten dort zur Verfügung.

Anlässlich der Generalver-sammlung (GV) vom 2. Sep-tember wurden die bisherigen Vorstandsmitglieder Niklaus Landolt und Peter Probst zu Co-Präsidenten gewählt. Wiederge-wählt wurde Matthias Müller. Neu in den Vorstand gewählt wurden Jean-Philippe Accart,

Round Table Leseförderung 2005:Auf Augenhöhe mit den Jugendlichen?

pr. – Insgesamt 55 Vertreter der größeren Leseförderungsor-ganisationen, die zuständigen Referentinnen und Referenten in den Bildungs- und Kultusmi-nisterien sowie der Lehrerfort-bildungsinstitute trafen sich auf Einladung der Stiftung Lesen am 9. und 10. Dezember erstmals in Mainz, um Stand und Pers-pektiven der Leseförderung in Deutschland am Runden Tisch zu diskutieren. Der Vorstands-vorsitzende der Stiftung Lesen, Rolf Pitsch, und Andreas Paetz vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als dem Förderer der Veranstaltung, betonten die Notwendigkeit einer stärkeren Vernetzung der zahlreichen regionalen und überregionalen Initiativen der Leseförderung.

Gesprächsrunden

Den vom Geschäftsführer der Stiftung Lesen, Heinrich Krei-bich, und Mitarbeitern moderier-

Alain Bosson, Yolande Ester-mann und Wilfried Lochbühler. Die Kurzbiographien der neuen Vorstandsmitglieder fi nden sich ebenfalls auf der Verbandshome-page.

Das langjährige Engagement der scheidenden Vorstandsmit-glieder Peter Wille (Präsident), Danielle Mincio (Vizepräsiden-tin), Françoise Félicité und Ziga Kump wurde gewürdigt und mit Applaus und einer Geschenkü-bergabe verdankt.� Kontakt: Die Urheberinnen und Urheber der Text- und Bild-beiträge der Berichterstattung Kongress BBS 2005 sowie die Re-ferentinnen und Referenten sind via <[email protected]> beziehungs-weise Telefon +41/31/3 82 42 40 kontaktierbar.

Barbara Kräuchi, Generalsekretärin BBS

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»Um Freiwillige einzusetzen, muss man professionell handeln«Eine Fortbildung in Kassel

»Bibliotheksarbeit in Zeiten knapper Kassen« lautete das Thema einer Fortbildung der Hessischen Fachstelle für Öf-fentliche Bibliotheken, die am 23. November 2005 in Kassel stattfand. Im Mittelpunkt standen dabei Ehrenamt und Fördervereine.

Umfassende Informationen und Einblicke in verschiedene Facet-ten zum Th ema Ehrenamt und Fördervereine in Öff entlichen Bibliotheken erhielten rund fünfzig Teilnehmer im schönen Sitzungssaal des Regierungsprä-sidiums Kassel.

Elke Clemens von der Au-ßenstelle Kassel der Hessischen Fachstelle, Organisatorin und Moderatorin der Fortbildungs-veranstaltung, wies in ihren Begrüßungsworten auf die nach

»Geld haben wir keines, jetzt können wir nur noch Ideen

haben.«

ten Gesprächsrunden ging die Präsentation einer von der Stif-tung Lesen erstellten Bestands-aufnahme von 327 Leseförde-rungsprojekten in Deutschland voraus. In die Gespräche schal-teten sich am zweiten Tag die Kinder- und Jugendliteraturfor-scher Prof. Karin Richter (Erfurt) und Prof. Hans-Heino Ewers (Frankfurt am Main) sowie der Mainzer Medienpädagoge Prof. Stefan Aufenanger ein, der für eine stärkere Integration der Le-seforschung und -förderung in die Medienpädagogik plädierte. Er gab zu bedenken, dass es zwar eine Leser-, aber keine Nichtles-erforschung gibt.

Richter forderte, dass nicht nur Schüler, sondern vor allem auch die Lehrer in der Schule mehr vorlesen. Diese Fertigkeit müsse schon in der Ausbildung erworben werden. Ewers stellte die kritische Frage, ob Leseför-derung heute auf Augenhöhe mit den Jugendlichen erfolge. Die Erfahrung zeige, dass die Lesepä-dagogen meist kaum Kenntnisse der Medien- und Freizeitkul-turen der Jugendlichen hätten. Dies sei aber Voraussetzung für erfolgreiche Leseförderung.

Problembereiche

Fünf Problembereiche kristal-lisierten sich in der Diskussion als vordringlich bearbeitungsbe-dürftig heraus:� Bei den meisten Leseförde-rungsprojekten fi ndet keine Be-gleitforschung/Evaluation statt. Man weiß also nicht, welche Maßnahmen ihr Ziel wirklich erreichen.� Wie erreichen wir die bei Pisa identifi zierten rund 25 Prozent Problemkinder, die kaum über Lese- und Schreibkompetenz verfügen? Hier gibt es außer dem Angebot von Sprachkursen so gut wie keine Fördermaßnah-men.� Die meisten Leseförderungs-projekte dienen der Lesemotiva-tion. Inwieweit damit auch die Lesekompetenz entwickelt wird, ist unbekannt. Die Verbesserung der Lesekompetenz ist aber letzt-endlich das Ziel aller Förder-maßnahmen.

� Gelungene Modelle der Le-seförderung verbleiben meist da, wo sie entwickelt wurden. Dabei käme es darauf an, sie möglichst bundesweit zu verbreiten. Das scheitert aber in der Regel daran, dass jedes Bundesland seine ei-genen Projekte entwickelt. Muss das so sein?, fragten die Teilneh-mer.

Schließlich wurde teils herbe Kritik an der Lehrerausbildung geübt. Weder in Lesediagnos-tik – Lehrer sind meist nicht in der Lage, die jeweiligen Lesefä-higkeiten ihrer Schüler zu beur-teilen – noch in den Methoden erfolgreicher Leseförderung sind sie ausgebildet. Eine Reform der Lehrerausbildung in diese Rich-tung wurde angemahnt.

Eine Dokumentation des Round Table wird im Frühjahr vorliegen und kann bei der Stif-tung Lesen bestellt werden. Die Datei der 327 Projekte wird in Kürze auf der Website der Stif-tung Lesen veröff entlicht.

www.stiftunglesen.de

wie vor steigende Bedeutung des Th emas hin, und Marianne Dörr, Leiterin der Hessischen Landesbibliothek Wiesbaden, ergänzte die Begrüßung mit ei-nem Zitat aus den 80er-Jahren:

»Geld haben wir keines, jetzt können wir nur noch Ideen ha-ben.« An Ideen und Engagement mangelt es nicht, wie die Vorträ-ge bewiesen.

Der Büchereileiter

Den Auftakt machte Horst Fal-ker (Germanist, Lokaljournalist, Bibliotheksassistent) aus dem hessischen Weinort Geisen-heim am Rhein. 1990 eröff nete dort das Kulturzentrum »Die Scheune«, in das auch die Stadt-bücherei integriert ist (www.gei-senheim.de/stadtbuecherei). Zu Falkers Aufgaben als deren Leiter gehört auch die Betreuung der »Scheune«. Nicht ganz einfach, denn der Stellenplan der Stadt weist dafür insgesamt lediglich anderthalb Stellen auf. Kurzum, ohne ein ehrenamtliches Büche-reiteam wäre die Arbeit nicht zu leisten; nicht bei 18 000 Medien Bestand, einer Ausleihe von jähr-lich 62 000 Medien und zwanzig Öff nungsstunden in der Woche. So arbeiten sechs bis acht Frauen freiwillig verlässlich mit.

»Die Scheune« mit ihrem wichtigsten Bestandteil Büche-rei ist in Geisenheim bald nicht mehr wegzudenken, als die Stadt Mitte der 90er-Jahre in große fi nanzielle Schwierigkeiten ge-rät – und Falker überlegt, wie er seine Einrichtung »retten« kann. Erste Gedanken gelten dem Aufbau eines Fördervereins, Unterstützung fi ndet diese Idee zudem durch die Lokale Agen-da 21. 1998 gründet sich der Förderverein Kulturtreff »Die Scheune« eV (www.foerderver-ein-scheune.de), der heute aus rund sechzig Mitgliedern besteht und eine wichtige Aufgabe in der

Öff entlichkeitsarbeit sieht. Er verfügt über einen professionel-len Flyer, ein Maskottchen und einen Slogan (»Wie gut, dass es die Scheune gibt«). Eine Home-page wird eingerichtet, und die »Scheunenpost«, ein Informa-tionsblatt, entsteht. Statt Still-stand oder gar Rückschritt in der Bibliotheksarbeit, kann diese so-gar noch ausgebaut werden: Mit Hilfe des Vereins wird ein mo-biler Bücherdienst eingerichtet, und die Veranstaltungsarbeit umfasst nun auch Projekte, bei denen weitere Freiwilligen-Or-ganisationen – beispielsweise der Kinderschutzbund – zum Ein-satz kommen.

Der Gründer und Vorsitzende eines Freundeskreises

Glückliches Solingen, denn hier lebt und arbeitet Marius Fränzel (Philosoph, Literaturwissen-schaftler, Autor, Rezitator und Buchhändler). Und der kann Be-geisterung für die Sache wecken. In seiner Heimatstadt Solingen zeichnet er zugleich verantwort-lich für Initiative, Gründung und Ersten Vorsitz des »Freun-deskreises der Stadtbibliothek Solingen« eV (www.fssev.de).

Der Pragmatiker kommt gleich zur Sache: »1. Nehmen Sie sich für die Gründung ausrei-chend Zeit. 2. Warten Sie nicht zu lange.« Schon zur Grün-dungsversammlung sollten eine (bereits mit dem Finanzamt ab-gesprochene) Satzung und ein Namensvorschlag auf dem Tisch liegen.

Der Freundeskreis verfügt heute über 88 Mitglieder, die eine Jahresgebühr in Höhe von 18 Euro zahlen. Als Bonus gibt es den Bibliotheksausweis zum halben Preis sowie vergünstigten Eintritt bei Veranstaltungen.

Ein weiterer Tipp: Bei einem kleinen Vorstand (möglichst un-gerade Zahl) und Verzicht auf Ausschüsse sowie Beiräte ist das laufende Geschäft gut über Tele-fon und E-Mail abzuwickeln.

Die Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen Stadt-bücherei (www.stadtbibliothek.solingen.de) und Freundeskreis verläuft sehr gut, mit dazu beige-

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tragen habe die klare Festlegung in der Satzung: »Der Freundes-kreis nimmt mit seiner Förde-rung keinen Einfl uss auf den Bestandsaufbau der Stadtbiblio-thek. Bei den von uns fi nanzier-ten Veranstaltungen legen wir allerdings das Hauptgewicht auf die Unterstützung der engagier-ten Arbeit der Stadtbibliothek zur Leseförderung und Lese-früherziehung.«

Und noch ein Tipp: Zum zweitwichtigsten »Außenkon-takt« bei der Mitgliederwerbung (nach der persönlichen Anspra-che von Freunden und Verwand-ten) habe sich die Homepage, die auch einen off enen Newsletter beinhaltet, entwickelt.

Wie schon vor ihm Horst Fal-ker, verweist auch Fränzel auf den wichtigsten Bereich eines Fördervereins: die Öff entlich-keitsarbeit. So ist es dem Solinger Freundeskreis gelungen, ein paar besondere Akzente zu setzen. Stellvertretend hier eine Kurz-vorstellung des Projekts »Alte Bücher? Her damit!«: Angeregt im Jahr 2003 durch ein Ver-einsmitglied, werden die Bürger zum Schenken gebrauchter Bü-cher aufgefordert. Der Verein unterhält dazu eigens ein Lager mit derzeit 50 000 Büchern. Die Erstsichtung nehmen die Biblio-theksmitarbeiter vor, was dazu geführt hat, dass kein belletristi-sches Taschenbuch mehr gekauft werden musste. Der Rest wird gegen Spendenquittung an Inte-ressierte abgegeben. Zweimal im Jahr fi ndet ein Bücherfl ohmarkt statt. Die Aktion kommt so gut an, dass sie mittlerweile das Rückgrat der Arbeit des Freun-deskreises bildet – was sich auch in der fi nanziellen Entwicklung widerspiegelt: Der Freundeskreis konnte der Stadtbibliothek 2004 insgesamt knapp 27 000 Euro zur Verfügung stellen – 2002 waren es noch lediglich rund 1 800 Euro.

Der Leiter einer Freiwilligen-Agentur

In Kassel gibt es eine der ältes-ten Freiwilligen-Agenturen Deutschlands. Das Freiwilligen-zentrum Kassel (www.freiwil-

ligenzentrumkassel.de) besteht seit rund zehn Jahren und ist damit das älteste in Hessen. Und so war es dann an dessen Leiter Frank Gerhold (Diplom-Sozial-pädagoge), das Th ema um einen weiteren Gesichtspunkt zu be-reichern. Ein Freiwilligen-»Sur-vey« aus dem Jahr 2004 konnte ermitteln, dass es eine steigende Bereitschaft der Bürger zu frei-willigem Engagement gibt. Im Verlauf der letzten Jahre hat sich

der, der sich vor dem Einsatz von Freiwilligen durch die jeweilige regionale Freiwilligen-Agentur beraten lässt. Denn Beratung zu allen Fragen des freiwilligen Engagements, die neutral und unabhängig erfolgt, bildet die Grundlagenarbeit dieser Agen-turen.

Damit Freiwilligen-Arbeit erfolgreich verläuft, sollten bundesweit Standards erarbei-tet werden. Es sei beispielsweise nicht verwerfl ich, ein polizeili-ches Führungszeugnis anzufor-dern, insbesondere dann, wenn ein Einsatz mit Kindern oder Pfl egebedürftigen ansteht. Auch komme Bewerbungsgesprächen eine zentrale Bedeutung zu. Dass es Engagement nicht »um-sonst« gibt, darüber müsse man sich ebenfalls im Klaren sein. Es gibt viele Freiwillige, die über besondere Qualifi kationen und Fähigkeiten verfügen – um diese erkennen zu können, müsse, wer Ehrenamtliche einsetzen möch-te, off en sein.

Der Hochschulprofessor

Auch wenn er meinte, nach seinen Vorrednern nun nicht mehr viel Neues zum Th ema beisteuern zu können, bewies Prof. Konrad Umlauf (Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität zu Ber-lin) doch gleich darauf das Ge-genteil. Er führte an, dass es di-verse Diskussionsebenen in Be-zug auf Freiwilligenarbeit gebe. So müsse unterschieden werden in Gewerkschafts-, Berufs- und Gesellschaftspolitik und ande-res mehr. Das Problem liege nun darin, dass die verschiedenen Ebenen in den letzten Jahren nicht mehr genügend auseinan-der gehalten worden seien. Es sei beispielsweise gar nicht mög-lich, die gewerkschaftlichen und berufspolitischen Argumente kommunalpolitisch zu vermit-teln.

Auf den politischen Einstieg folgten praktische Handrei-chungen. Mit Freiwilligen dürfe kein Arbeitsvertrag abgeschlos-sen werden, es sollte nur einen vertraglichen Rahmen ohne Weisungsbindung geben. Ganz

wichtig auch: Die vereinbar-ten Aufgaben dürfen nicht im Geschäftsverteilungsplan vor-gesehen sein, sondern sollten über diesen hinausgehen. Bevor erfolgreich mit Freiwilligen ge-arbeitet werden kann, müssen bestimmte Rahmenbedingun-gen erfüllt sein; unumgänglich sei beispielsweise eine klare Ab-grenzung der Aufgaben.

Die Auswahl von freiwilligen Helfern obliegt den Hauptamt-lichen, die nach Möglichkeit im Vorwege mit Freiwilligen-Zen-tren, Diakonien oder Schulen Kontakt aufnehmen sollten. Vor einer besonderen Herausforde-rung stehen Hauptamtliche, die bereits überlastet sind; der Spa-gat, der nahezu täglich zwischen bestehenden Verwaltungsvor-schriften und Engagement der Freiwilligen vollzogen werden muss, könne ein Kraftakt sein. Da die Motivation von ehren-amtlichen Kräften ein breites Spektrum bildet, müssen die verabredeten Aufgaben entspre-chend diesen Motiven Befriedi-gung verschaff en können. Auch Freiwillige müssen fort- und wei-tergebildet werden, sie erwarten zudem (zu Recht) »Gratifi katio-nen«.

Laut Umlauf gibt es in Bib-liotheken keine Kernbereiche, in denen nicht auch Freiwilli-ge eingesetzt werden können – das alles Entscheidende sei die vorher festzulegende »loka-le Abgrenzung«. Unverzichtbar für die Freiwilligenarbeit sei selbstständiges, weisungsunge-bundenes Arbeiten außerhalb des Geschäftsversteilungsplans. Die typischen Einsatzfelder von Freiwilligen in Büchereien seien etwa Öff entlichkeits- und Lob-byarbeit, Werbung, Kulturar-beit, pädagogische und soziale Arbeit, Leseförderung, wissen-schaftliche Aufgaben und Be-nutzungsdienste. Bei jedwedem Einsatz obliege jedoch die Er-gebnisverantwortung eindeutig den Hauptamtlichen.

Das Fazit

Die Arbeit mit Freiwilligen muss gut vorbereitet werden, sie macht (laufend) Arbeit, ist nicht »um-

Tagung

Deutschland im europäischen Vergleich im oberen Drittel po-sitioniert. Rund siebzig Prozent der erwachsenen Bevölkerung – dies entspricht rund 24 Millio-nen Menschen – engagieren sich in Vereinen und anderen Orga-nisationen.

Eine gute Grundlage also für die Freiwilligen-Agenturen, die, so Gerhold, alle unterschiedlich arbeiten, aber vor zehn Jahren ei-nen gemeinsamen Dachverband, die »Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen« (www.bagfa.de) geschaff en ha-ben.

Die Hauptbeschäftigungs-felder sind Sport, Kindergarten und Schule, Kultur, Kirche und Religion. Das soziale Engage-ment bildet eine wichtige Trieb-feder. Überwiegend engagieren sich Frauen sowie Familien mit Vorschul- oder Schulkindern. Der durchschnittliche Freiwilli-ge ist 46 Jahre alt, weiblich, und hat Abitur. Die stärkste Wachs-tumsgruppe bilden jedoch die Senioren ab 55 – sie sind kör-perlich und geistig fi t und haben Zeit.

Je mehr Freiwillige sich enga-gieren, desto größer werden die Herausforderungen für alle Be-teiligten. Die Arbeitsagenturen sind nicht dazu da, Geld zu spa-ren, so Gerhold wörtlich. Auch machte er klar, dass Ehrenamt nicht als Ersatz für professionel-le Arbeit in Frage kommt. Pro-fessionell handelt zum Beispiel

Die Bereitschaft der Bürger zu freiwilligem Engagement

wächst.

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sonst« zu haben und kostet Zeit. Doch handelt man im Umgang mit Freiwilligen professionell, dann haben sowohl die Freiwilli-gen als auch die Bibliothek einen Nutzen, dann wird der Standort gesichert, die Leistungsfähigkeit gesteigert, verfügt die Bibliothek über ein soziales Netzwerk – und nichts ist in Zeiten fi nanzieller Krisen, zumindest auf kommu-nalpolitischer Ebene, von größe-rer Bedeutung.

Literaturhinweise

Bürgerschaftliches Engagement in den Kommunen. Herausgege-ben von der Enquete-Kommissi-on »Zukunft des Bürgerschaftli-chen Engagements«. Wiesbaden: Leske + Budrich, 2003 (3-8100-3669-2), 24,90 Euro (Zukunft des Bürgerschafl tichen Engage-ments; 8)

Ehrensache: zivilgesellschaft-liches Engagement in öff entli-chen Bibliotheken. Herausge-geben von Petra Hauke … Bad Honnef: Bock + Herchen, 2003

Häcker, Susanne: Förderver-eine – das Besondere ermögli-chen: eine Handreichung zur Gründung und Arbeit eines Ver-eins der Freunde und Förderer der Bibliothek. Regierungsprä-sidium Freiburg, Fachstelle für das öff entliche Bibliothekswesen (www.fr.fachstelle.bib-bw.de/fi -lez/Textdokumente 1/Handrei-chung gesamt.doc)

Umlauf, Konrad: Manage-ment zivilgesellschaftlichen Engagements. In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtun-gen / Hans-Christph Hobohm; Konrad Umlauf (Herausgeber). – Loseblatt-Ausgabe, 5. Ergän-zungslieferung. – Hamburg: Dashöfer, 2004

»With a little help from my friends« – Freundeskreis und Fördervereine für Bibliotheken; ein Handbuch. Herausgege-ben von Petra Hauke … Bad Honnef: Bock + Herchen, 2005 (3-88347-244-1). 38,50 Euro (Bibliothek und Gesellschaft; Beiträge zur bibliothekarischen Weiterbildung; 19)

Michaela Staufer, Stadtbibliothek Wetzlar

Nachrichten

NachrichtenBerlin. Dieser Tage fi ndet in Mitte, in Nachbarschaft zur Mu-seumsinsel, der erste Spatenstich für das von Max Dudler ent-worfene Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum, die neue Zen-tralbibliothek der Humboldt-Universität, statt. Bislang sind ihre knapp drei Millionen Bü-cher auf sechzehn Zweigstellen mit vierzig Standorten verteilt. Das 75-Millionen-Euro-Projekt soll im Jahr 2008 bezugsfertig sein.

Berlin. Der gemeinnützige Ver-ein »Archiv der Jugendkultu-ren« (www.jugendkulturen.de), selbst Betreiber einer Präsenz-bibliothek in der Kreuzberger Fi-dicinstraße, hat Bibliotheken in Berlin und im Umland Bücher aus seiner eigenen Publikations-reihe im Wert von 10 000 Euro gespendet. Dazu Claudia Lux, Generaldirektorin der ZLB und Vorsitzende des DBV: »Leider sind manche Buchspenden an Bibliotheken sehr veraltet. Im Gegensatz dazu stellt uns das Archiv der Jugendkulturen ak-tuelle Literatur zur Verfügung. Das ist eine tolle Sache!« Der Erwerbungsetat der Öff entli-chen Bibliotheken in Berlin ist im vergangenen Jahrzehnt na-hezu halbiert worden; die At-traktivität des Bestandsangebots konnte von 2003 auf 2004 zwar gegenüber dem Vorjahr leicht verbessert werden, liegt aber im-mer noch bei nur vierzig Prozent dessen, was als Aktualitäts-Soll im Berliner Bibliotheksentwick-lungsplan vorgesehen ist. Viele Schulbibliotheken haben keinen eigenen Etat und sind auf Spen-den angewiesen.

Berlin. Bombenstimmung in der Stadtmitte: Am 8. Dezember 2005 mussten auch die Hum-boldt-Universität und die Staats-bibliothek, Haus Unter den Lin-den, evakuiert werden, nachdem bei Bauarbeiten in der Nähe des Reiterstandbilds Friedrichs des Großen ein 500-Kilo-Blindgän-ger aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt worden war.

Berlin / Bremen. Barbara Lison, Direktorin der Stadtbibliothek Bremen, ist von der Mitglieder-versammlung der BID am 14. Dezember 2005 einstimmig zur neuen Sprecherin gewählt wor-den. Die Amtszeit der Nachfolge-rin von Georg Ruppelt (Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek · Niedersächsische Landesbib-liothek Hannover) beträgt drei Jahre. Stellvertretende Spreche-rinnen sind Claudia Lux (ZLB Berlin) und Christel Mahnke (Goethe-Institut).

Bonn. Sabine Grusa (62), seit 2003 Leiterin der Stadtbiblio-thek, hat mit Jahresbeginn ihren Ruhestand angetreten.

Bonn. Für das Schuljahr 2006/07 sucht »Schulen ans Netz« eV bundesweit weitere Ganztags-schulen aller Schulformen für die Teilnahme am Projekt »Freie Lernorte – Raum für mehr« (ww.schulen-ans-netz.de/freie-lernorte). Ziel des Projekts ist es, Orte an Ganztagsschulen zu

schaff en, an denen individuelles und selbstständiges Lernen mit Medien für alle Lehrenden und Lernenden möglich ist. Bei einer Teilnahme bietet Schulen ans Netz den Schulen unter anderem Unterstützung bei der Integrati-on der Medien in den Schulall-tag, regelmäßige bundesweite Erfahrungsaustauschtreff en mit allen am Projekt teilnehmenden Ganztagsschulen, bedarfsorien-tierte Fortbildungen und medi-enpädagogische Begleitung. Die zweite Ausschreibungsphase en-det am 31. März.

Darmstadt. Die Raumnot der Universitäts- und Landesbib-liothek im Schloss wird voraus-sichtlich 2009 ein Ende fi nden. Bis dahin soll an der Magdale-nenstraße, in der Innenstadt und in unmittelbarer Nähe zur Tech-nischen Universität, ein Neubau entstehen, während an der Licht-wiese ein weiterer Bibliotheksbau geplant ist. Der Standort Schloss wird, bei reduzierter Fläche, bei-behalten. Rund 1,6 Millionen

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Bände, etwa die Hälfte ihres Be-standes, könnte die ULB dann in Freihand anbieten.

Erfurt. Heidemarie Trenkmann (63) hat mit dem Jahresende 2005 den Ruhestand angetreten – nach 32 Jahren in der Stadt- und Regionalbibliothek, davon vierzehn Jahre als deren Leiterin. Neue Direktorin der Bibliothek wird Trenkmanns bisherige Stellvertreterin Monika Wald-heim.

Hagen. Mechthild Lohmann (58), seit 1997 Leiterin der Stadt-bücherei, ist im Dezember 2005 in den Ruhestand verabschiedet worden.

Hamburg. Die Münchner Archi-tekten Auer + Weber sind als Sie-ger aus dem Wettbewerb um die künftige Bebauung des zentral gelegenen und kulturgeschicht-lich bedeutsamen Domplatzes

Informationsbibliothek als deut-sche Zentrale Fachbibliothek für Technik und Naturwissenschaf-ten zu den Gewinnern – als ein Ort, der die Wettbewerbsfähig-keit, nachhaltige Innovations-kraft und Leistungsfähigkeit des Standorts Deutschland unter-stützt. Die TIB präsentiert sich der Öff entlichkeit am 9. Mai in einer »Langen Nacht der Wis-senschaften« mit Führungen, Ausstellung und Lesung; ein-gebettet ist dieser Abend in die Festwoche zum 175-jährigen Jubiläum der Universität Han-nover.

Karlsruhe. Gerhard Brüderlin ist Mitte November 2005 zum neuen Leiter der Fachstelle für das öff entliche Bibliothekswesen (www.ka.fachstelle.bib-bw.de) bestellt worden. Der bisherige stellvertretende Leiter der Fach-stelle folgt Christoph Kirchner nach, der im Februar vergan-genen Jahres in den Ruhestand getreten ist.

Koblenz. Im Dezember 2005 haben die Bibliotheca Bipontina in Zweibrücken, die Pfälzische Landesbibliothek in Speyer und die Rheinische Landesbiblio-thek in Koblenz die Arbeit mit dem neuen, gemeinsamen EDV-System aufgenommen. Die Ka-taloge der drei Teilbibliotheken des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz sind nun in einem gemeinsamen Katalog zusammengeführt (www.rlb.de/lbz/opac.html), und die Kunden können ohne zusätzliche Kosten aus den Beständen der drei Bib-liotheken Bücher bestellen. Sie haben somit Zugriff auf einen Bestand von über 1 Million Me-dieneinheiten. Die Bestellungen werden schnellstmöglich über Containerversand bereitgestellt.

München. Am 23. April, dem Welttag des Buches, startet (nach 2004) zum zweiten Mal das bay-ernweite Literaturfestival »Die Literaturlandschaften Bayerns« (www.lfs.bsb-muenchen.de/In

formationen/lesefoerderung/projekte/literaturlandschaften_bayerns.htm). Unter dem Motto »Wo befreundete Wege zusammenlaufen« (nach Hesses »Demian«) beteiligen sich bis zum 30. Juni 130 Städte und Gemeinden mit 280 Veranstal-tungen. Veranstalter sind der Arbeitskreis gemeinsame Kul-turarbeit bayerischer Städte in Zusammenarbeit mit den be-teiligten Städten und Gemein-den, Landkreisen und Bezirken, Bibliotheken, Buchhandlungen sowie den freien Veranstaltern vor Ort.

Münster. Die neue, nach Plänen des Architekten Max Dudler er-richtete Diözesanbibliothek am Katthagen, nahe der Altstadt-kirche Liebfrauen Überwasser, ist im Dezember vergangenen Jahres offi ziell eingeweiht wor-den. Mit 700 000 Bänden, mehr als 600 laufenden Zeitschriften und Tausenden Handschriften zählt die geschichtsträchtige

Nachrichten

hervorgegangen: Die neue Zen-tralbibliothek der Bücherhallen soll ihre Heimstatt in nichts Ge-ringerem als einem »kristallinen Solitär« (Abbildung) fi nden.

Hamburg. Der frühere »Fach-bereich Bibliothek und Infor-mation« der »Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) · Hamburg University of Applied Sciences« fi rmiert seit diesem Winterse-mester unter der superschicken Adresse »Fakultät Design, Medi-en und Information (DMI) · De-partment Information« (www.bui.haw-hamburg.de).

Hannover. Im Rahmen der Image- und Standortinitiative von Bundesregierung und deut-scher Wirtschaft, »365 Orte im Land der Ideen« (www.land-der-ideen.de, siehe auch �Re-gensburg), zählt die Technische

Bibliothek zu den größten theo-logischen Spezialbibliotheken.

Esslingen. Die Stadtbücherei Esslingen (91 000 Einwohner, Baden-Württemberg) löst ihre seit 1989 bestehende Grapho-thek auf, die zuletzt rund 240 Blätter von Künstlern überwie-gend des 20. und 21. Jahrhun-derts umfasste. Begründet wird die Schließung nicht nur mit Kostengründen, sondern auch mit sinkenden Entleihungen. Der Erlös der Kunst-Versteige-rung, deren erste Etappe bereits im Dezember 2005 stattgefun-den hat, kommt der Bibliothek zugute.

Regensburg. Beim Innovati-ons-Wettbewerb »365 Orte im Land der Ideen« unter Schirm-herrschaft von Bundespräsident Horst Köhler gehört die Univer-sitätsbibliothek Regensburg zu den Siegern. Die UB hatte sich mit der Elektronischen Zeit-schriftenbibliothek (http://ezb.

Papers von IFLA und EBLIDA

Im Rahmen des UNO-Weltgip-fels zur Informationsgesellschaft hat die IFLA im November 2005 das� »Alexandria Manifest über Bibliotheken: die Informations-gesellschaft in Aktion«

(http://www.if la-deutsch-land.de/de/downloads/alexan-dria_manifest_dt_version.pdf) verabschiedet, mit dem unter anderem Regierungen und inter-nationale Organisationen auf-gefordert werden, in Bibliothe-ken und Informationsdienste als unerlässlichen Elementen ihrer informationsgesellschaftlichen Strategien, ihrer Politik und ihrer Finanzplanung zu investieren. In diesem Zusammenhang hat der DBV eine Sondernummer sei-nes »Newsletters international« (www.bibliotheksverband.de/newsletter/nlin13.html) heraus-gebracht, die auch einen Bericht seiner Vorsitzenden und desig-nierten IFLA-Präsidentin Claudia Lux zur Vorkonferenz in Alexan-

dria sowie einen Bericht der stell-vertretenden BID-Sprecherin Christel Mahnke (Goethe-Insti-tut) vom Gipfel in Tunis umfasst.

EBLIDA, das European Bureau of Library, Information and Do-cumentation Associations, geht in seinem Positionspapier� »Der Einfluss internationaler Handelsabkommen auf Biblio-theken«

(www.eblida.org/position/In-ternationalTradeAgreements_Position_September05_DE.pdf) vom September 2005 der Frage nach, in welcher Weise öffent-liche Bibliotheken und Biblio-theken im Bildungsbereich von den internationalen Handelsab-kommen betroffen sein könn-ten, warnt vor ungünstigen Aus-wirkungen auf den öffentlichen Bereich, insbesondere auf Kul-tur, Bildung und die Informati-onsgesellschaft, und befürchtet, dass Handelsabkommen die Be-mühungen von Entwicklungs-ländern behindern können, ihre wirtschaftliche Leistung zu stär-ken.

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uni-regensburg.de) beworben und die renommierte Jury davon überzeugt, dass sie ein Ideenträ-ger ist, durch den Deutschland seine Leistungsfähigkeit und seinen Einfallsreichtum belegen kann. Am 7. März präsentiert die Bibliothek ihre gesamten in-novativen Dienstleistungen an einem Tag der off enen Tür.

Stuttgart. Die Bibliotheken der Region Stuttgart – Stadtbüche-reien, Universitätsbibliotheken, Hochschulbibliotheken, die Württembergische Landesbib-liothek und viele verschiedene kleinere Fachbibliotheken – ha-ben ihre Kataloge unter einer gemeinsamen Suchoberfl äche zusammengeschlossen: http://portal01.bsz-bw.de:8090/servlet/Top/searchadvanced

Wernau. Neue Leiterin der Stadtbücherei Wernau (13 000 Einwohner, Baden-Württem-berg) ist Joana Petsonias (28), zu-vor Stadtbibliothek Göppingen.

Würzburg. Die Stadtbücherei ist beim Wettbewerb »Wege ins Netz« (www.wege-ins-netz-2005.de/index.php) mit einer lobenden Erwähnung der Jury ausgezeichnet worden. Der Wettbewerb wurde vom Bundes-ministerium für Wirtschaft und Arbeit, jetzt Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, durchgeführt und von der Ini-tiative D21 sowie der Stiftung Digitale Chancen unterstützt. Prämiert wurden Projekte, die in besonderer Weise bislang bei der Internetnutzung noch un-terrepräsentierte gesellschaftli-che Gruppen ansprechen. – Ein Bericht über das multimediale Studio »Lernen & Arbeiten« der Stadtbücherei fi ndet sich in BuB Heft 6/2004 auf den Seiten 390–392, über das EU-Projekt »Public Libraries in the Learning Society« in Würzburg in BuB Heft 10/2005, Seite 670 f.

Diskussion

Aus dem Glashaus…

Zu den Beiträgen von Martin Götz und Konrad Heyde: »Die Fachstelle der Zukunft«, in BuB 56 (2004) 7/8, Seite 498–501, sowie »Fachstellenmanagement heute und morgen«, in BuB 58 (2006) 1, Seite 56–60.

In zwei Artikeln dieser Zeit-schrift haben der ehemalige Frei-burger Fachstellenleiter Konrad Heyde und der Mitarbeiter an der Fachstellenabteilung an der Hessischen Landesbibliothek Wiesbaden, Martin Götz, ihre Vorstellungen von zukunfts-weisender Fachstellenarbeit und erfolgreichem Fachstellenma-nagement veröff entlicht. Das allein hätten gegebenenfalls nützliche Beiträge zu einem nicht einfachen Th ema werden können. Problematisch aber wird es, wenn in beiden Aufsät-zen Sachverhalte impliziert und Schlussfolgerungen suggeriert werden, deren Richtigkeit und Stichhaltigkeit nur diejenigen Leser hinterfragen können, die eingehend mit der Arbeit der staatlichen Fachstellen vertraut sind. Götz und Heyde wollen in ihren Veröff entlichungen off en-bar den Eindruck erwecken,1. die staatlichen Fachstellen

erledigten seit langer Zeit die falsche Arbeit und ihre Leiter und Leiterinnen hätten nicht die benötigte Qualifi kation;

2. die Fachstellen seien zur Selbstkritik unfähig und dul-deten keine Kritik anderer;

3. die Fachstellen und deren Fachstellenkonferenz trügen an ihrer Situation deshalb selbst Schuld, weil sie die von den Autoren behaupteten Versäumnisse zugelassen ha-ben;

4. die Situation der Fachstel-len wäre eine bessere, wenn sie nur die von den Autoren geforderten Maßnahmen er-griff en hätten.

Hierzu ist einiges anzumerken.� Zu 1. Die Diskussion über

»richtige« und »falsche« Fach-stellenarbeit wurde in den letzten Jahren immer wieder durch interne Diskussionen und Fachbeiträge angestoßen, konnte aber selten zu einem ein-heitlichen und verbindlichen Ergebnis führen, weil in jedem Bundesland, wenn überhaupt, staatliche Fachstellenarbeit mit unterschiedlichen Arbeitsauf-trägen versehen ist und unter völlig verschiedenartigen Rah-menbedingungen stattfi ndet. Es ist also nicht nur unmöglich, dass Fachstellen die gesamte Breite der von Heyde und Götz in ihrem ersten Artikel geforder-ten Arbeitsgebiete abdecken, es wäre auch nicht klug und nicht gewollt. Von allen Einrichtun-gen im Bibliothekswesen wird Profi lierung und Spezialisierung erwartet, und auch Fachstellen sollen und müssen sich auf ein-zelne Aufgaben beschränken, die in ihrem Bundesland wichtig sind, von Bibliotheken benötigt und vom Träger unterstützt werden. Fragen zum Beispiel, ob Fachstellen auch bibliotheks-relevante Dienstleistungen im Sinne praktischer Hilfeleistung und Unterstützung erbringen sollen, hängen stark von deren Trägerschaft und auch dem po-litischen Willen im Land ab und sind keineswegs so eindeutig zu beantworten, wie Heyde und Götz es gerne hätten. Aber da-von abgesehen werden in der Tat sehr viele der im ersten Artikel genannten Aufgaben selbstver-ständlich von Fachstellen auch heute und teils schon immer erledigt – und zwar als tägliche Routine.

Genau darauf haben die Sek-tion 6 des DBV und einzelne Fachstellenleiter in persönlichen Schreiben an Götz und Heyde hingewiesen; beide empfi nden das nun allerdings als »dreist« und tragen diese Diskussion in die Öff entlichkeit. Wie soll man es verstehen, wenn die Autoren einerseits behaupten, man wis-se »…selbstverständlich, dass es eine ganze Menge hervorragen-der (Fachstellen) gibt…«, und der Rest des Artikels genau dies in Frage stellt, weil er sonst ja überfl üssig wäre? Wer der Fach-

welt einen langen Aufsatz über »Fachstellenarbeit der Zukunft« anbietet, sollte zumindest deren Gegebenheiten in den anderen Ländern genau kennen und nicht nur aus einer sehr eigenen und eingeschränkten Perspekti-ve beurteilen und sich anschlie-ßend über mehr Wider- als Zu-spruch wundern.

Es muss auch erlaubt sein zu fragen, wie weit die Autoren selbst in ihren eigenen Wirkungsstät-ten denn ihre Vorstellungen der Fachstellenarbeit und deren Ma-nagements verwirklicht haben und damit deren Umsetzbarkeit wenigstens im Ansatz vorführen. Martin Götz empfand solche Fragen auf der Fachstellenkonfe-renz als nicht zulässig und beant-wortete sie daher nicht. Ein Blick in den von ihm heftig kritisier-ten Artikel von Jürgen Seefeldt und Günter Bassen zur Fachstel-lensituation – »Im Fadenkreuz der Finanzminister / Staatliche Fachstellenarbeit – Zustandsbe-richt und Ausblick«, in BuB 57 (2005) 6, Seite 426–430 – mag die Antwort liefern.

Viel besser wäre aber sicher ein – von ihm selbst geforderter – Bericht über die Arbeit seiner gegenwärtigen Wirkungsstätte in Hessen.� Zu 2. Die Fachstellenkonfe-renz setzt sich durchaus mit in-terner wie externer Kritik ausein-ander. Auch die einzelnen Fach-stellen tun dies. So hatten sie zu ihrer letzten Konferenz (siehe Jürgen Seefeldt, »Aufbruch: Die Fachstellen verstärken ihre Lobby- und Öff entlichkeitsar-beit«, in BuB Heft 11-12/2005, Seite 755 f.) bewusst externe Fachleute eingeladen und um kritische Beiträge gebeten. Auch der schon vorher für seine kriti-sche Haltung bekannte Kolle-ge Götz gehörte dazu und trug seinen und Heydes im letzten BuB-Heft veröff entlichen neu-en Artikel nahezu im Wortlaut vor. Selbstkritisch zu sein und Kritik anderer zuzulassen be-deutet aber nicht, pauschale und fachlich zweifelhafte Vorwürfe widerspruchslos hinzunehmen und nicht zu hinterfragen. Da verwechseln Götz und Heyde etwas. �

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Der erwähnte Artikel zur Situation der staatlichen Fach-stellen von Seefeldt und Bassen in BuB Heft 6/2005 war von der Redaktion als Gesamtüber-blick der Fachstellensituation in Deutschland erbeten worden und hatte überhaupt nicht zum Ziel, die derzeit auf Ebene der Fachstellenkonferenz stattfi n-dende Diskussion wiederzuge-ben und mögliche Versäumnisse zu analysieren. Mit einer von Götz und Heyde nun unter-stellten »absichtlichen oder un-absichtlichen« Ablenkung von »Tatsachen« hat dies nichts zu tun.� Zu 3. Die von Götz und Hey-de einem aus ihrer Sicht guten Fachstellenmanagement abver-langten Maßnahmen enthalten eine Reihe durchaus richtiger und empfehlenswerter Punk-te. Auch wenn einzelnes wenig durchdacht erscheint und ande-res off ensichtlich unüberprüft aus einer Marketingempfeh-lungsliste übernommen scheint (Wo sollen die Plakate für Fach-stellen hängen? Wem nützen be-zahlte Anzeigen in welcher Pres-se, die für Fachstellen werben? Benötigt eine gute Fachstellen-beratung wirklich ein bundes-weites Callcenter?), ist das meis-te uneingeschränkt richtig und wünschenswert. Fast alle der PR- und Marketingmaßnahmen sind, nebenbei angemerkt, in ih-rer Allgemeingültigkeit ebenso auf die Öff entlichen Bibliothe-ken in Deutschland, auf deren Verbände und dergleichen mehr übertragbar. Die Defi zite beste-hen, und auch die Fachstellen wissen das. Was die Autoren be-quemerweise ausblenden, ist die Frage, warum es off enbar für alle so schwierig ist, sie abzubauen und ob und wie man es trotzdem könnte. Antworten auf diese Fra-gen wären überaus wertvoll und hilfreich gewesen. Es gibt gerade für die Fachstellen einige hohe Hürden, wie zum Beispiel die ausdrückliche Begrenzung ih-rer Zuständigkeit auf das eigene Land oder sogar nur Regierungs-bezirke und die vielfach längst nicht mehr gegebene Eigenstän-digkeit und damit genommene Entscheidungsfreiheit. Damit

verbunden ist dann meistens, dass weder eigene Finanzmit-tel noch Personalressourcen in bundesweite Vorhaben fl ießen dürfen. Eine einheitliche Wer-bung für die gar nicht einheitli-chen Leistungen der Fachstellen ist ebenfalls schwierig, und das, was am einfachsten und am kostengünstigsten klingt, ein einheitliches Logo, wird zum Problem, weil viele Fachstellen nicht einmal mehr ein eigenes Erscheinungsbild in ihrem Land tragen dürfen, sondern nur noch unter der Flagge derjeni-gen Institution segeln, der sie längst untergeordnet sind: Lan-desbibliothek, Bibliothekszent-rum, Regierungspräsidium usw. Aber dem zum Trotz: Etliche Fachstellen setzen zumindest in ihrem Land erfolgreich auf mo-derne Marketinginstrumente, ein eigenes Erscheinungsbild, auf Leistungskontrolle oder auf Kundenbefragungen. Ihre Ziel-gruppe sind und bleiben aber in erster Linie die Bibliotheken sowie deren Träger und nicht die breite Öff entlichkeit; genau das macht die Öff entlichkeitsar-beit in eigener Sache schwierig. Auch für die machbaren Dinge erfolgreicher Kooperation von Fachstellen gibt es natürlich Beispiele, die nur durch großes Engagement, manch nötige Umwege und viele Großzügig-keiten machbar waren; nicht zuletzt der Fachstellenserver ge-hört dazu. Es sei auch hier noch einmal erwähnt, dass die »Fach-stellenkonferenz« lediglich eine Arbeitsgemeinschaft ohne jeden eigenen rechtlichen Status ist, an deren zentraler Arbeit sich auch manche Fachstellenleiter kaum aktiv beteiligen können oder dürfen.� Zu 4. Heyde und Götz wis-sen das alles schmerzlich aus ihrer eigenen Arbeit in Baden-Württemberg und Hessen und der Entwicklung der dortigen Fachstellen. Das aber hindert sie nicht daran, zu unterstellen, die heutige Situation läge zumindest zur Hälfte an der Unfähigkeit der Fachstellenleitungen, das Rich-tige zu tun. Es gibt Versäumnis-se, ohne jede Frage, und es gilt, viele davon aufzuarbeiten, auf

Ebene der einzelnen Länder wie auch als Fachstellenkonferenz insgesamt. Was es ganz off enbar nicht gibt, ist ein Patentrezept, wie man als staatliche Fachstelle den Sparbeschlüssen und Um-strukturierungen der zustän-digen Ministerien erfolgreich trotzen kann. Erwiesenerma-ßen hat es in der Vergangenheit auch diejenigen getroff en, die zu den besonders aktiven und leistungsorientierten Einrich-tungen gehörten; Bibliotheken in Deutschland machen täglich ähnliche Erfahrungen, andere Beratungseinrichtungen außer-halb der Bibliothekswelt genau-so.

Wir hätten von den beiden Kollegen mit ihrer Praxiserfah-rung einen nützlicheren und realitätstauglicheren Beitrag er-wartet. Ob Götz und Heyde ihre Artikel unter Pressearbeit für ein »positives Image« der Fach-stellen zählen, müssen sie selbst entscheiden, und auch über die Motive der Autoren mag der geneigte Leser selbst spekulie-ren. Unsere Vorstellung einer tatkräftigen Mitarbeit an den in Rostock auf der Fachstellenkon-ferenz gemeinsam beschlossenen Zielen sah zugegebenermaßen anders aus.

Wir werden mit dieser Replik die öff entliche Diskussion unse-rerseits beenden. Viel nutzbrin-gender und wichtiger bleibt es dagegen für die Fachstellenkon-ferenz, verstärkt in den Dialog mit Bibliotheken und ihren Trä-gern zu treten, um noch mehr über deren Vorstellungen und Erwartungen an Fachstellenar-beit zu erfahren. Und natürlich weiter und verstärkt an unseren in Rostock beschlossenen drin-genden Aufgaben zu arbeiten.

Für den Vorstand der Fach-konferenz der staatlichen Büche-

reistellen in Deutschland:Günter Bassen, Jürgen Seefeldt

Termine

Fortbildung

Februar

allegro-OEB-WIN – die neue Statistik15. Februar – Lüneburg · BuB 1/2006

Veränderungsmanagement als Führungsaufgabe (in der Reihe »Forum Management + Führung«)20. Februar – Frankfurt am Main · BuB 11-12/2005

Zertifikatsprogramm Biblio-theksManagement / Wahlmo-dul: Finanzmanagement20. bis 21. Februar – Berlin · BuB 11-12/2005

Zertifikatsprogramm Recher-chieren Online / Wahlmodul: Recherchen in wissenschaftli-chen Bibliotheken und Spezi-albibliotheken20. bis 21. Februar – Berlin · BuB 11-12/2005

Recherche unter der Bib-liothekssoftware PICA (für die Auszubildenden des 1. Ausbildungsjahres)21. bis 22. Februar – Jena · BuB 1/2006

Leihschein ade! – www-Fern-leihe des GBV für Einsteiger22. Februar – Lüneburg · BuB 1/2006

Der Sachbuchmarkt für Kinder und Jugendliche27. Februar – Einbeck · BuB 1/2006

Das 1x1 der Leseförderung1: 27. Februar – Bersenbrück2: 28. Februar – Kirchhatten · BuB 1/2006

März

Das 1x1 der Leseförderung1. März – Jever · BuB 1/2006

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117Foyer | BuBTermine

Der Sachbuchmarkt für Kinder und Jugendliche6. März – Lüneburg · BuB 1/2006

Doppelte Buchführung – eine Einführung für Biblio-theksleiter/innen6. März – Mainz · BuB 11-12/2005

Was tun bei knappen Kassen? – Erfolgreiche Ideen und Projekte für Bibliotheken27. März – Mainz · BuB 11-12/2005

Zertifikatsprogramm Recher-chieren Online / Wahlmodul: Fachrecherche Geisteswissen-schaften – Fachrecherche Na-turwissenschaften/Medizin/Pharmazie – Fachrecherche Rechtswissenschaft – Fachre-cherche Wirtschaftswissen-schaften – EU-Datenbanken27. bis 28. März – Berlin · BuB 11-12/2005

Bibliotheksarbeit mit Kindern und Jugendlichen / 12. län-derübergreifende Fortbildung der Fachstellen aus Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen28. bis 29. März – Neudieten-dorf, ZinzendorfhausVeranstalter: Landesfachstel-le ErfurtReferenten: N.N.Unkostenbeitrag: ca. 35 Euro (Übernachtung und Verpfle-gung)Anmeldung bis 27. Februar: Landesfachstelle für Öffent-liche Bibliotheken in Thü-ringen, Heike Bräuer, Schil-lerstraße 40, 99096 Erfurt; Telefon 03 61/26 28 93 75, Telefax 26 28 93 79, E-Mail <[email protected]>

allegro-OEB-WIN für Umsteiger29. März – Lüneburg, Büche-reizentrale · BuB 1/2006

Kreative Gestaltung von Drucksachen / Plakate, Flyer, Infoblätter29. bis 30. März – Rendsburg, Büchereizentrale SHVeranstalter: BüchereizentraleReferent: Wolfgang Griep, Verleger und LayouterGebühr: 85 EuroAnmeldung bis 6. März: Büchereizentrale Schleswig-Holstein, Margret Much, Wrangelstraße 1,24768 Rendsburg; Telefon 0 43 31/12 54 53, E-Mail <[email protected]>, Internet <www.bz-sh.de>

April

Entwicklungen in der aktu-ellen Kinderliteratur und im kindlichen Leseverhalten5. April – Erfurt · BuB 1/2006

Bilderbuchkino lebendig gestalten

5. April – Ganderkesee · BuB 1/2006

Zertifikatsprogramm Recher-chieren Online / Update-Workshop18. April – Berlin · BuB 1/2006

»Soziale Software« als Arbeitsinstrument in

Wirksame Presse- und Medienarbeit für Kultur-veranstalter9. bis 10. März – Reutlingen · BuB 1/2006

Excel für die bibliothe-karische Praxis13. März – Delmenhorst · BuB 1/2006

Zertifikatsprogramm Biblio-theksManagement / Pflicht-modul: Führungskompetenz (II)13. bis 14. März – Berlin · BuB 11-12/2005

Bestandsaufbau in öffentli-chen und wissenschaftlichen Bibliotheken in Zeiten knapper Kassen15. März – Erfurt, Landesfach-stelle · BuB 1/2006

Excel für die bibliothe-karische Praxis15. März – Hildesheim · BuB 1/2006

»Netzwerk Bibliothek« / 95. Deutscher Bibliothekartag21. bis 24. März – DresdenInformation: http://bibtag.slub-dresden.de/cgi-bin/bibtag.pl

Basiskurs Bibliotheksarbeit22. bis 24. März – Lüneburg · BuB 1/2006

Developing Public Libraries: national strategies in Europe An International Seminar5th April – South Kensington, London

The interest of the UK Govern-ment in the development of public libraries in recent years, and in particular the arrival of MLA (Museums, Libraries and Archives Council) has funda-mentally changed their plan-ning, development and opera-tion. They no longer have the local autonomy which they have enjoyed for so many years. We get The People’s Network for free, but is there a catch? Along with that come the inevi-table standards and targets set by Central Government, which may be beneficial – or was our service better when we ran it ourselves with minimal interfer-ence from outside?

Who should attend? Managers & senior managers in the public library service; any librarian who is concerned about the influ-ence of Government policy on library services and interested in learning about the different na-tional and regional approaches in the UK and other European countries.

What’s it about? This seminar looks not only what MLA has done for the UK public library system, but also at the experi-ence of public librarians in oth-er European countries, some of whom believe that central gov-ernment involvement has ben-efited their Public Libraries and some of whom think it is – or would be – something to avoid at all costs. It will be a lively and

interesting day, so widen your horizons and join us!

Programme features: Opening presentation by Chris Batt, chief executive of MLA – »response from the regions« – European perspectives given by the sen-ior library planners from Fin-land (Barbro Wigell-Ryynänen, Ministry of Education), France (Jérémie Desjardins, Direction du livre et de la lecture), Ger-many (Christof Eichert, Bertels-mann-Stiftung) and Spain (Mar-ia Antonia Carrato, Ministry of Culture) – round-table discus-sion with all speakers and ques-tions from the floor, chaired by Bernard Naylor, former presi-dent of CILIP (Chartered Insti-tute of Library and Information Professionals).

Seminar organisers: profession-al library staff from the cultural institutes of France, Germany, Italy and Spain, and the interna-tional committee of CILIP South East and CILIP in London.Cost: £60 (incl. lunch & refresh-ments)

Venue: Institut Français, 17 Queensberry Place, South Ken-sington, SW7 2DT

How to register: contact Eric Winter, +44/20/72 55 06 48 or Rachel Kirkwood, 75 96 40 22 <[email protected]> for more details. You can also download a registra-tion form from the Goethe-In-stitut website <http://www.goethe.de/ins/gb/lon/inz/sbi/en921978.htm>. Fax your regis-tration form, marked For the im-mediate attention of Eric Winter to +44/20/72 55 05 01

Veranstaltungen, die vom BIB angeboten werden, fin-den sich in der Rubrik »Aus dem Berufsverband«. Eine Sammlung von Links zu bib-liothekarischen Fortbildungs-veranstaltungen bietet die Website <www.bib-info.de/komm/knt_neu/fundgrub/

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Bibliotheken24. April – Lüneburg · BuB 1/2006

Bibliotheca2000-Anwender-treffen – Workshop26. April – Erfurt, Landesfach-stelleVeranstalter: LandesfachstelleReferent: Gerd Nyvlt, BONDBeitrag: 35 Euro (für Biblio-theken ohne Wartungsver-trag)Anmeldung bis 31. März: Landesfachstelle für Öffent-liche Bibliotheken in Thü-ringen, Heike Bräuer, Schil-lerstraße 40, 99096 Erfurt; Telefon 03 61/26 28 93 75, Telefax 26 28 93 79, E-Mail <[email protected]>

»Zeit planen, Zeit haben, Zeit lassen« / Zeit- und Selbstmanagement26. April – Rendsburg, Büche-reizentrale SHVeranstalter: BüchereizentraleReferentin: Ilona Munique, Wega-TeamGebühr: 58 EuroAnmeldung bis 3. April: Büchereizentrale Schleswig-Holstein, Margret Much, Wrangelstraße 1,24768 Rendsburg; Telefon 0 43 31/12 54 53, E-Mail <[email protected]>, Internet <www.bz-sh.de>

Mai

Einführung in die Buchreparatur3. Mai – Jena, UBVeranstalter: DBV, Landesver-band ThüringenReferent: Schieferdecker, ThULB JenaUnkostenbeitrag: 20 EuroAnmeldung bis 3. April: Universitätsbibliothek Ilme-nau, Sekretariat, Postfach 10 05 65, 98684 Ilmenau; Te-lefon 0 36 77/69 47 01, Tele-fax 69 47 00, E-Mail <[email protected]>

Auswahlverzeichnisse gestalten

3. Mai – Rendsburg, Bücherei-zentrale SHVeranstalter: BüchereizentraleZielgruppe: Bibdia-Anwender mit sicheren Grundkenntnis-sen in Word und ExcelReferent: Stephan Gülck, BüchereizentraleGebühr: 10 EuroAnmeldung bis 12. April: Bü-chereizentrale Schleswig-Holstein, Margret Much, Wrangelstraße 1,24768 Rendsburg; Telefon 0 43 31/12 54 53, E-Mail <[email protected]>, Internet <www.bz-sh.de>

Was tun bei knappen Kassen? Erfolgreiche Ideen und Projekte8. Mai – Oldenburg, Kultur-zentrum PFLVeranstalter: Beratungsstel-le AurichReferentin: Doris Schneider, Handelsfachwirtin, Regens-burgAnmeldung bis 20. April: Beratungsstelle für Öffentli-che Bibliotheken Weser-Ems, Fischteichweg 16, 26603 Au-rich; Telefon 0 49 41/17 99 41, Telefax 17 99 80, E-Mail <[email protected]>, Internet <www.bz-lueneburg.de>

Zertifikatsprogramm Biblio-theksManagement / Wahl-modul: Personalmanagement8. bis 9. Mai – BerlinVeranstalter: FU-Weiterbil-dungszentrumProgramm: www.fu-berlin.de/weiterbildungDozenten: Prof. Konrad Um-lauf, Wolfgang Folter, Johann Christian Senckenberg, Prof. Ulrich NaumannKosten: 200 EuroAnmeldung: FU Berlin, Wei-terbildungszentrum; Tele-fon 030/83 85 14 58, E-Mail <[email protected]>

Was tun bei knappen Kassen? Erfolgreiche Ideen und Pro-jekte9. Mai – Hildesheim, Bera-tungsstelleVeranstalter: BeratungsstelleReferentin: Doris Schneider,

Handelsfachwirtin, Regens-burgAnmeldung bis 20. April: Be-ratungsstelle für Öffentli-che Bibliotheken Südnieders-achsen, Richthofenstraße 29, 31137 Hildesheim; Telefon 0 51 21/708-313, Telefax 708-412, E-Mail <[email protected]>, Internet <www.bz-lueneburg.de>

Was tun bei knappen Kassen? Erfolgreiche Ideen und Projekte10. Mai – Lüneburg, Bücherei-zentraleVeranstalter: BüchereizentraleReferentin: Doris Schneider, Handelsfachwirtin, Regens-burgAnmeldung bis 20. April: Bü-chereizentrale, Lüner Weg 20, 21337 Lüneburg; Tele-fon 0 41 31/95 01-0, Telefax 95 01-24, E-Mail <[email protected]>, Internet <www.bz-lueneburg.de>

»Simplify Your Life« / Sinn-volle und weniger sinnvolle Ratgeber zur Lebensführung10. Mai – Rendsburg, Büche-reizentrale SHVeranstalter: BüchereizentraleReferentinnen: Inge Müller-Boysen, Susanne Luther-Fed-dersen; BüchereizentraleGebühr: 10 EuroAnmeldung bis 26. April: Büchereizentrale Schles-wig-Holstein, Margret Much, Wrangelstraße 1, 24768 Rendsburg; Tele-fon 0 43 31/12 54 53, E-Mail <[email protected]>, Internet <www.bz-sh.de>

Workshop für die EDV-Mitar-beiterInnen der wissenschaft-lichen Bibliotheken in Thürin-gen (Erfahrungsaustausch mit Berichten aus einzelnen Biblio-theken)10. Mai – Weimar, UBVeranstalter: DBV, Landesver-band ThüringenModeration: Vogt, UB Ilme-nauAnmeldung bis 10. April: Universitätsbibliothek Ilme-nau, Sekretariat, Postfach

10 05 65, 98684 Ilmenau; Te-lefon 0 36 77/69 47 01, Tele-fax 69 47 00, E-Mail <[email protected]>

Lesen für alle! Leseförderung mit Blick auf sozial und kultu-rell benachteiligte Kinder und Jugendliche12. bis 14. Mai – Hofgeismar, Evangelische AkademieVeranstalter: Arbeitskreis für JugendliteraturLeitung: Uwe Jakubczyk (Hof-geismar), Prof. Winfried Ka-minski (Frankfurt am Main)Kosten: 195 Euro (im DZ) bzw. 205 Euro (im EZ)Anmeldung: Arbeitskreis für Jugendliteratur, Postfach 80 01 24, 81601 München; Telefon 089/45 80 80 82, Te-lefax 45 80 80 88, E-Mail <[email protected]>, Internet <www.jugendlitera-tur.org>

Allegro-C (ÖB)-Anwender-treffen – Workshop17. Mai – Erfurt, Landesfach-stelleVeranstalter: LandesfachstelleReferent: Herrmann, Alle-gro-C (ÖB)-Anwenderverein ZerbstAnmeldung bis 19. April: Landesfachstelle für Öffent-liche Bibliotheken in Thü-ringen, Heike Bräuer, Schil-lerstraße 40, 99096 Erfurt; Telefon 03 61/26 28 93 75, Telefax 26 28 93 79, E-Mail <[email protected]>

Lebendiges Vorlesen18. Mai – Rendsburg, Büche-reizentrale SHVeranstalter: BüchereizentraleReferentin: Renate Schiffers, Musikpädagogin und Sprech-erzieherin, HamburgGebühr: 55 EuroAnmeldung bis 24. April: Büchereizentrale Schles-wig-Holstein, Margret Much, Wrangelstraße 1, 24768 Rendsburg; Tele-fon 0 43 31/12 54 53, E-Mail <[email protected]>, Internet <www.bz-sh.de>

Leserezepte: Aktivierende Methoden für die Praxis

Termine

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29. Mai – Osnabrück, Stadt-bibliothekVeranstalter: Beratungsstel-le AurichReferentin: Gudrun Sulzen-bacher, Autorin und freie Mit-arbeiterin des Pädagogischen Instituts BozenAnmeldung bis 8. Mai: Be-ratungsstelle für Öffentli-che Bibliotheken Weser-Ems, Fischteichweg 16, 26603 Au-rich; Telefon 0 49 41/17 99 41, Telefax 17 99 80, E-Mail <[email protected]>, Internet <www.bz-luene-burg.de>

Leserezepte: Aktivierende Methoden für die Praxis30. Mai – Hildesheim, Bera-tungsstelleVeranstalter: BeratungsstelleReferentin: Gudrun Sulzen-bacher, Autorin und freie Mit-arbeiterin des Pädagogischen Instituts BozenAnmeldung bis 8. Mai: Be-ratungsstelle für Öffentli-che Bibliotheken Südnieder-sachsen, Richthofenstraße 29, 31137 Hildesheim; Tele-fon 0 51 21/708-313, Tele-fax 708-412, E-Mail <[email protected]>, Internet <www.bz-luene-burg.de>

Leserezepte: Aktivierende Methoden für die Praxis31. Mai – Lüneburg, Bücherei-zentraleVeranstalter: BüchereizentraleReferentin: Gudrun Sulzen-bacher, Autorin und freie Mit-arbeiterin des Pädagogischen Instituts BozenAnmeldung bis 8. Mai: Büchereizentrale, Lüner Weg 20, 21337 Lüne-burg; Telefon 0 41 31/95 01-0, Telefax 95 01-24, E-Mail <[email protected]>, Internet <www.bz-lueneburg.de>

Markt

Markt

CCS:Finnische Nationalbiblio-thek digitalisiert Zeitun-gen

pr. – Das Centre for Micro-fi lming and Conservation der Helsinki University Library – The National Library of Finnland arbeitet bei der Digitalisierung von mehr als einer Million historischer Zeitungsseiten der Finnish Historical Newspaper Library mit der CCS Content Conversion Specialists GmbH aus Hamburg zusammen.

Dieses beispielhafte Digitali-sierungsprojekt wird den Zu-griff auf Finnlands historisches Tagesgeschehen per Mausklick ermöglichen und soll diese wert-volle Informationsquelle digital sichern. Die nahezu eine Milli-on Zeitungsseiten umfassen alle fi nnischen Publikationen aus den Jahren 1771 bis 1890.

Für die Digitalisierung nutzt die National- und Universitäts-bibliothek die CCS-Software docWORKS, die in Zusammen-arbeit mit zwölf namhaften Bib-liotheken aus Europa und den USA entwickelt wurde. In einem neuartigen Verfahren werden die Zeitungen virtuell in Artikel zerlegt und mit Metadaten ange-reichert. Diese Strukturierung soll spätere Recherchen vereinfa-chen. Ein weiterer Aspekt ist die digitale Langzeitsicherung, die internationalen Standards folgt (METS/ALTO XML Daten). Diese Form der Open-Source Datenspeicherung ist unabhän-gig von einem Betriebssystem und erlaubt späteres Lesen und eine Migration auch ohne spezi-elle Software. Das anspruchsvol-le Digitalisierungsprojekt soll bis Ende dieses Jahres abgeschlossen werden.

Ausschlaggebend für die Wahl der CCS-Lösung waren die in docWORKS weitestge-hend automatisierten Abläufe, die Einhaltung der METS/ALTO XML-Standards sowie

die Möglichkeit, docWORKS im Produktionsprozess der Bib-liothek vor Ort einzusetzen. In der Anlaufphase des Projektes wird CCS zusätzlich mit Kon-vertierungsdienstleistungen un-terstützen. Bis Februar werden rund 300 000 historische Zei-tungsseiten von CCS verarbeitet und dem Datenbanksystem der Bibliothek zur Verfügung ge-stellt.

www.ccs-gmbh.deEx Libris:The Forschungszentrum Rossendorf in Saxony embarks on Aleph 500

pr. – Ex Libris is pleased to announce that the renowned Forschungszentrum Rossendorf (FZR) in Saxony has chosen Aleph 500 as its new integrated automated library system.

Th e library of the FZR (www.fz-rossendorf.de) examined and evaluated integrated library sys-tems of various suppliers over several months, including trial periods on site, prior to the de-cision for Aleph 500. Important reasons for the award of the con-tract to Ex Libris and Aleph 500 were the system’s state-of-the-art and open architecture for the manifold benefi t of interfaces, which integrates Aleph 500 particularly well into the exist-ing infrastructure of the FZR. Another key factor in the library of the FZR’s choice of Aleph 500 was that Ex Libris is able to support the OCLC/Pica OUF interface with the SWB Library Consortium. Th e integrated management of digital objects using the Adam module within the workfl ows in Aleph opens up new possibilities to the library as well as to its users to retrieve full texts through the Aleph Web Opac with immediate viewing on screen. Aleph 500 is replac-ing the FZR’s proprietary library system RoBis.

New retrieval options for sci-entists are increasing goals for the library’s work. Th erefore, the library’s new performance fea-tures are i.e. the provision of bib-liographic and scientifi c oriented databases as well as e-journals.

www.exlibrisgroup.com

BOND:Neuer SMS-Service für Öffentliche Bibliotheken

pr. – Viele Bibliotheken und Kommunen streben danach, mit zeitgemäßen Angeboten gerade auch junge Menschen anzuspre-chen. Innovative Services sind gefragt, die von den Bürgern rege genutzt werden und zum positiven Image der Bibliothek in der Kommune beitragen.

Ganz aktuell gibt es ein neues Angebot, das Öff entliche Bib-liotheken ihren Lesern anbieten können: den SMS-Service. Mit diesem Service können Leser der Bibliothek von überall aus und jederzeit ihre entliehenen Medi-en bequem per SMS verlängern. Zudem können sie sich einfach auf ihr Handy eine Übersicht zu ihren entliehen Büchern, CDs, DVDs etc. schicken lassen. Ein benutzerfreundlicher Service, der gut ankommt, gerade bei jüngeren Zielgruppen.

Für die Bibliothek bedeutet der neue SMS-Service nicht nur eine Verbesserung ihres Images, sondern auch eine Erweiterung ihres Angebots: Sie ist täglich 24 Stunden für ihre Leser da! Und dies ohne Mehrarbeit für das Bibliotheksteam. Denn die Nachrichten der Leser ruft das so genannte SMS-Gateway in regelmäßigen Abständen auto-matisiert ab, prüft die Berechti-gung des Lesers und Durchführ-barkeit des Leserwunsches und erledigt die gewünschte Aktion. Zusätzlich generiert das Pro-

gramm automatisch eine Ant-wort für den Leser.

Der SMS-Service ist optimal abgestimmt auf die Bibliotheks-software Bibliotheca2000 von BOND.

www.bond-online.de

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Rafael Ball, Bernhard Mittermaier1

Die Kehrseite der Medaille Wissenschaftliche Bibliotheken in Singapur

Das Bibliothekswesen in Singapur gilt als eines der besten in der Welt.2 Nicht nur die massive Förderung der Öffentlichen Bibliotheken, sondern auch grundle-gende strukturelle und strategische Entscheidungen für die Entwicklung der Wissenschaft haben Singapur diesen Ruf eingebracht. Singapur als ein Staat für Bildung, Forschung und Lehre, wurde im Rahmen der Aktion »science hub« im Laufe der Neunzigerjahre massiv vorangetrieben. Eine nationale IT-Stra-tegie sowie ein nationaler IT-Masterplan wurden von Premier Goh Chok Tong vorgelegt.3 Auf dieser Grundlage verfügt Singapur heute über ein hervorragend ausgestattetes und strategisch geschickt und innovativ geplantes Bibliotheks-wesen.4 Bereits im September 2001 wurde der »eLibraryHub«5 eröffnet, eine integrierte virtuelle Bibliothek für jeden Einwohner von Singapur zur Inanspruch-nahme sämtlicher Online-Dienste. Singapur – das Traumland der Bibliothe-kare? Rafael Ball und Bernhard Mitter-maier machten sich vor Ort ein Bild und entdeckten dabei auch die Kehrseite der Medaille.

Ausland

Für die Abschätzung der zukünftigen Entwicklung des Bibliothekswe-sens in Deutschland, insbesondere

im Bereich Naturwissenschaft und Tech-nik, aber auch für das Etablieren neuer bibliothekarischer Maßstäbe hinsicht-lich Bibliothekstechnik und Kundeno-rientierung in einer wissenschaftlichen Spezialbibliothek war es das besondere Anliegen der Autoren, im Rahmen einer von BI International unterstützten Stu-dienreise nicht nur das auch von auslän-dischen Bibliothekaren6 oft beschriebene öff entliche Bibliothekswesen in Singa-pur, sondern insbesondere die Struktur, Organisation und Ausstattung der wis-senschaftlichen Bibliotheken des Landes zu untersuchen.

Folgende Einrichtungen wurden da-bei besucht und untersucht: � das Bibliothekssystem der Nanyang

Technological University (NTU) � das Bibliothekssystem der National

University of Singapore (NUS) � das Bibliothekssystem der Singapore

Management University (SMU)� die Sengkang Community Library � die Öff entliche Spezialbibliothek

library@esplanade� die Öff entliche Bibliothek library@

orchard.In diesem Beitrag werden die drei Uni-versitätsbibliotheken beschrieben. Be-schreibungen der übrigen besuchten Bib-liotheken können dem Reisebericht für BI International entnommen werden.7

Nanyang Technical University

Die Nanyang Technical University (NTU) geht zurück auf die 1955 gegrün-dete Nanyang University, die erste chine-sischsprachige Universität Südostasiens. Die NTU in ihrer heutigen Form ent-stand 1991 durch den Zusammenschluss des National Institute of Education und des 1981 auf diesem Campus gegründe-ten Nanyang Technological Institute. Die NTU hat 24 000 Studierende und 3 840 Angestellte, davon sind 1 360 aka-demisches Personal. Die Universität liegt auf dem 200 Hektar großen Yunnan Garden Campus im Südwesten Singa-purs, etwa 25 Kilometer von der Stadt-mitte entfernt.

Die Bibliothek der NTU8 wurde 1981 gegründet. Sie hat 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was deutlich unter der personellen Ausstattung einer vergleich-baren deutschen Universitätsbibliothek liegt. Einzelne Beschäftigte üben gleich-zeitig mehrere Aufgaben, einschließlich der Übernahme von Fachreferatsaufga-

ben, aus. Die Bibliothek hat kein wis-senschaftliches Personal. Bibliotheksdi-rektor ist Choy Fatt Cheong, der derzeit auch Präsident der Library Association Singapore ist.

Die Universitätsbibliothek ist als ein-schichtiges Bibliothekssystem konzipiert. Die Bestände sind auf drei Gebäude ver-teilt, die sich allerdings alle nicht weit von-einander entfernt befi nden. Die Gebäude liegen auf dem Campus sehr zentral. So ist im Untergeschoss des Hauptgebäu-des die Mensa untergebracht, was einer hohen Besucherfrequenz selbstredend sehr zuträglich ist. Hauptsammelgebiete sind Informatik, Elektrotechnik, Ma-terialwissenschaften, Ingenieurwesen, Umweltwissenschaften, Wirtschaftswis-senschaften und »Lebenswissenschaf-ten«. Die Bibliothek verfügt über einen Bestand von 425 000 Monographien, die größtenteils freihand gemäß der »Library of Congress«-Klassifi kation aufgestellt sind. Auch die Regale sind nur mit der Signatur selbst beschriftet, weshalb die Nutzer die Signatur grundsätzlich im Katalog nachschlagen müssen. Die Bib-liothek bietet über das Campusnetz so-wie an etwa 600 Computerarbeitsplätzen Zugang zu 150 Datenbanken und 11 000 E-Journals. Für die Computerarbeits-plätze sind nicht die Bibliotheksmitar-beiter zuständig; Beschaff ung, Installati-on und Wartung erfolgt vielmehr direkt durch eine zentrale EDV-Einrichtung der Universität.

1 Die Autoren danken Bildung & Information International (BII) für die fi nanzielle Unter-stützung der Reise. Vor Ort wurden die Au-toren durch Christina Paulini, Leiterin der Bibliothek im Goethe-Institut Singapur in der Organisation hervorragend unterstützt.

2 Vorbildliche Bibliotheksarbeit in Europa, Singapur und den USA. Internationale Best-Practice-Recherche. Gütersloh: Ber-telsmann Stiftung, Bibliothek & Informa-tion Deutschland, 2005

3 E.O.F. Reid: Strategic utilization of Inter-net: Singapore’s IT2000 and Library 2000 plans. In: IFLA Journal 23(1997)3, Seite 203–210

4 C. Chia: Transformation of libraries in Singapore. Library Review, 50(2001)7/8, Seite 343–348

5 E. Jacobson: Das Internet hat viele Väter: die Nutzer schätzen vor allem die Bequem-lichkeit des weltweiten Netzes. 1999

6 L.A. Tedd: World Library Summit and visits to libraries in Singapore: a report. In: Pro-gram 36(2002)4, Seite 253–260

7 R. Ball, B. Mittermaier: Bericht über die bibliothekarische Studienreise nach Sin-gapur vom 28. Februar bis 6. März 2005, 2005

8 J. Kotiaho: Papers vanish in mis-citation black hole. In: Nature, (1999)398, Seite 19

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121Lesesaal | BuBAusland

Im Hauptgebäude, der Lee Wee Nam Library9, befi nden sich naturwissen-schaftlich-technische Print-Zeitschrif-ten, der Präsenzbestand an Monogra-phien, Reports aus der NTU, Normen, Micro-Formen sowie spezielle Semester-apparate. Dazu gibt es etwa 500 Com-puterarbeitsplätze und einige hundert konventionelle Benutzerarbeitsplätze. Sie sind in Form mobiler Carrels gestal-tet, was ein fl exibles Umgruppieren er-möglicht. Die Arbeitsplätze für Benutzer entsprechen im Hinblick auf die Größe in keinster Weise den Vorgaben, wie sie etwa in Deutschland gelten.10 In der Li-brary II fi ndet man den Ausleihbestand an Monographien, wirtschaftswissen-schaftliche Zeitschriften, 100 Compu-terarbeitsplätze, Gruppenarbeitsräume sowie weitere Benutzerarbeitsplätze. Die Media Resource Library beherbergt den Bestand an Audio- und Videokasset-ten, Multimedia Software, Musik-CDs, DVDs, Dias und Landkarten aller Fach-gebiete. Dokumentarfi lme und Spielfi l-me stehen für Lehrzwecke wie auch zum allgemeinen Gebrauch zur Verfügung.

Die Central Library der National University of Singapore (NUS)

Die NUS ist die größte Universität des Staates Singapur. Obwohl sie einen Schwerpunkt im Bereich Technik und Naturwissenschaft aufweist, vertritt sie nahezu alle wissenschaftlichen Diszipli-nen. Sie ist die älteste Universität Singa-purs und geht auf die Malaiische Medizi-nische Schule von 1905 zurück.

An der National University of Singa-pore studieren derzeit rund 34 000 Stu-

denten aus Singapur, aber auch aus den umliegenden asiatischen Staaten sowie aus Australien, Neuseeland und zum Teil aus den USA. Die National University of Singapore verfügt über einen 150 Hektar großen Campus rund zwölf Kilometer vom Stadtzentrum entfernt mit allen In-stituten sowie sämtlichen Infrastruktur-einrichtungen vor Ort. Dazu gehört auch eine große Zentralbibliothek, die Central Library. Daneben gibt es Fakultätsbib-liotheken, etwa die Science Library für den naturwissenschaftlich-technischen Bereich sowie die Medical Library, die ausschließlich für die Unterstützung der Mediziner, Pharmazeuten und Zahnme-diziner zuständig ist. Alle drei Bibliothe-ken wurden besucht und Gespräche mit dem jeweils Verantwortlichen geführt.

Central Library

Die Zentralbibliothek der NUS11 wurde 2004 komplett renoviert und überrascht mit einem durchaus attraktiven, wohn-lichen und ungewöhnlich farbigen und angenehmen Eingangsbereich. Während vor der Renovierung die Ausleihe und Rückgabe nach verschiedenen Medien-arten unterschieden worden sind, ist nun ein zentraler Ausleihschalter, völlig me-dienunabhängig, an einer Stelle konzen-triert. Die Rückgabe der Literatur erfolgt an Selbstrückgabe- und Selbstverbu-chungsautomaten.

Die Bestände der Bibliothek werden auf zwei Etagen fachlich geordnet nach der Klassifi kation der Library of Con-gress aufgestellt und sind entsprechend ausleihbar. Im Eingangsbereich befi nden sich ein großer PC-Pool mit mehreren Dutzend PCs für die Studenten sowie ein Multimedia-Pool mit einer beachtlichen Zahl von Fernsehern, Video- und DVD-Spielern, die zur Nutzung der ausgelie-henen audiovisuellen Medien eingesetzt werden können. Überraschend ist die hohe Anzahl der Arbeitsplätze für Stu-dierende in der gesamten Zentralbiblio-thek.

Neben diesen Einzelarbeitsplätzen gibt es eine Vielzahl von Räumen, die für eine spontane Zusammenkunft, für Grup-penarbeiten, Handytelefonate oder als Rückzugsraum genutzt werden können. Auch so genannte Classrooms können von Dozenten gebucht und für die Ver-anstaltungen innerhalb der Bibliothek genutzt werden. Die Rahmenbedingun-gen für das zentrale Management sind denen an deutschen Universitätsbiblio-theken vergleichbar. Der Erwerbungsetat ist eingefroren, und durch steigende Zeit-schriftenpreise internationaler Monopo-listen muss auch die NUS mit einem fak-tischen Kaufkraftverlust auskommen. Budget- und Stellenkürzungen bestim-men im wissenschaftlichen Bibliotheks-wesen der NUS das Bild. Zudem gibt es eine vergleichsweise geringe Mitarbei-

9 Lee Wee Nam: 1880–1964. Laut der im Eingangsbereich der Bibliothek aufgestell-ten Büste war der Namensgeber der Univer-sitätsbibliothek ein »Unternehmer, Politiker und Philanthrop«. Die von ihm gegründete Firma hat im Juni 2001 der Universität zehn Millionen Singapur-Dollar (circa 480 000 Euro) gespendet.

10 J. Alper: Assembling the world’s biggest li-brary on your desktop: Th e universal libra-ry an amalgamation of all recorded human knowledge, searchable from your personal computer, sounds like a fantasy. But the elements are now under development. In: Science (1998)281, Seite 1784–1786

11 T. Hapke: Examples of modern libraries. Publikation, Dokument und Format in der Bibliothek der Zukunft: Bericht von der in-ternationalen Konferenz IuK99 Dynamic Documents der IuK-Initiative der wissen-schaftlichen Fachgesellschaften in Deutsch-land in Jena 22. bis 24. März 1999. In: ABI-Technik, 19(1999)3, Seite 244–249

Computerarbeitsplätze in der Lee Wee Nam Library der Nanyang Technological University(Fotos: Ball/Mittermaier)

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terzahl. Fast die Hälfte der Mitarbeiter in den Bibliotheken der NUS ist nicht bibliothekarisch ausgebildet und kann nur Hilfstätigkeiten ausführen.

Science Library

Die Science Library der NUS ist verant-wortlich für die Literatur- und Informa-tionsversorgung der naturwissenschaftli-chen Institute mit rund 7 000 bis 8 000 Studierenden. Der Zustand der Biblio-thek erinnert an eine deutsche Instituts-bibliothek der Achtzigerjahre des 20. Jahrhunderts. Die Bestände werden nach der Klassifi kation der Library of Con-gress aufgestellt, und es dominieren viele Arbeitsplätze sowie die traditionelle bib-liothekarische Präsentation der Bestän-de. Mit nur wenigen Mitarbeitern wird eine klassische Bibliothek betrieben, die zwar auf das elektronische Informations-angebot der NUS zurückgreifen kann,

Ausland

die Vorort-Information wird aber doch eher in einer etwas altertümlichen Form realisiert. Modernes Management und moderne bibliothekarische Geschäftsfel-der vermisst man dort völlig.

Medical Library

Die medizinische Fachbibliothek dient der Informationsversorgung der Mit-glieder der Fakultät für Medizin, Zahn-medizin, Pharmazie sowie des ärztlichen Personals des nahe gelegenen Universi-tätsklinikums. Ähnlich wie in der Science Library wirkt der Zustand eher altertüm-lich und traditionell. Die Bibliothek der Medical Library der NUS ist zudem die medizinische Zentralbibliothek des Lan-des Singapur. Diesem Anspruch scheint die Bibliothek sowohl vom Bestand, der Präsentation der Medien, vom Manage-ment, der Mitarbeiterzahl oder Mitarbei-terqualifi kation (4,5 professionelle Bib-liothekare) her nicht zu genügen.

Die Bibliothek der Singapore Management University (SMU)

Die Singapore Management University ist eine Universität für modernes Ma-nagement und Betriebswirtschaft des Landes Singapur. Sie ist aber im Unter-schied zur National University of Singa-pore keine staatliche Universität, sondern eine Hochschule, die sich durch verschie-dene Träger privat fi nanziert. Derzeit stu-dieren etwa 3 000 Personen an der SMU. Die Bibliothek der Singapore Manage-ment University12 versorgt die Studieren-den und Mitarbeiter der Universität mit Literatur und Information.

Sie wird aber, und dies ist ein durchaus interessantes Modell, nicht von der Uni-versität selbst, sondern von den Mitarbei-tern des National Library Boards geleitet und betrieben. Dieses Outsourcing der Bibliothek hat aber nicht zu der erwar-teten Optimierung der Dienstleistungen geführt. Die Bibliothek und ihre Bestän-de präsentieren sich relativ unspektaku-lär und eher unterdurchschnittlich. Die elektronischen Informationsressourcen sind ungegliedert und werden nicht auf-bereitet, sondern durch die Struktur der jeweiligen Lieferanten wie EBSCO, Swets und Th omson Scientifi c strukturiert.

Da nahezu alle Studenten der SMU einen eigenen Laptop besitzen (sie wer-den zur Anschaff ung dieser Laptops mit Händlerpreisen motiviert), kommen die Studierenden mit diesen Geräten in den Lesesaal der Bibliothek und nutzen über das WLAN die elektronischen Informa-

tionsangebote. Die Bestände werden eher traditionell präsentiert. Die Bibliotheks-arbeit wird von sieben Mitarbeitern, davon nur vier mit bibliothekarischer Qualifi kation, geleistet. Das outge-sourcte Team hat an einer Optimierung der Bibliothek ganz off ensichtlich nur ge-ringes Interesse.

Zusammenfassung

Insgesamt scheint es eine deutliche Di-chotomie in der Entwicklung des Biblio-thekswesens in Singapur zu geben. Das öff entliche Bibliothekswesen, repräsen-tiert durch die Nationalbibliothek und ihre vielen regionalen Zweige (die Regio-nalbibliotheken), fällt durch einen hohen Grad an Automatisierung der Prozesse bis hin zur »mitarbeiterfreien Bibliothek« (Sengkang Community Library) sowie durch eine klare, überschaubare, durch-aus auch überzeugende Gliederung der Bestände und der Räumlichkeiten auf.

Die wissenschaftliche Bibliotheks-landschaft unterscheidet sich davon deutlich. Sie ist viel eher geprägt von ei-nem traditionellen bibliothekarischen Management, einem Mitarbeitermangel und einer Mangelqualifi zierung der bib-liothekarischen Mitarbeiter. Besondere Probleme scheint auch die Akzeptanz der Bibliothekare bei ihren wissenschaft-lich höherrangigen und besser bezahlten Kunden (Dozenten und Professoren) zu bereiten. Fachreferenten, also Biblio-

Dr. Rafael Ball stu-dierte Biologie, Sla-wistik, Philosophie und Pädagogik an den Universitäten Mainz, Warschau, Smolensk. Er pro-movierte in Bio-logie und arbeitet

seit 1994, nach seiner Ausbildung zum wissenschaftlichen Bibliothekar an der Universitätsbibliothek Freiburg, im Bibliothekssektor. 1998 übernahm er die Leitung der Zentralbibliothek der Forschungszentrum Jülich GmbH. Seit 2002 ist er unter anderem Teaching Professor am Institut of Library and Information Science der Jagiellonen Universität Krakau (Polen). – Kontakt: [email protected]

Dr. Bernhard Mit-termaier, Jahrgang 1968. Diplom in Chemie an der Uni-versität Ulm 1996, Promotion zum Dr.rer.nat. 2001. 2002 bis 2004 Wissenschaftlicher

Mitarbeiter im Forschungszentrum Jülich, seit 2004 Leiter der Benut-zungsabteilung der Zentralbibliothek im Forschungszentrum Jülich. Seit 2004 Fernstudium Bibliotheks- und In-formationswissenschaft an der Hum-boldt-Universität zu Berlin. – Kontakt: [email protected]

Die Dominanz der PCs, die von den Studenten genutzt werden, sowie

die eingesetzten Verbuchungs- und Rücknahmeautomaten täuschen allzu leicht über die fehlenden,

qualitativ hochwertigen bibliotheka-rischen Dienstleistungen hinweg, die

offensichtlich in keiner Bibliothek erbracht werden können.

theksmitarbeiter, die neben einer biblio-thekarischen auch eine wissenschaftliche Ausbildung haben, sind unbekannt. Dies wurde auch in der Diskussion nach einem Vortrag13 der Autoren im Goethe-Insti-tut Singapur vor Mitgliedern der Library

12 M. Gerstein: Forging links in an electronic paper chain. In: Nature (1999)398, Seite 20

13 R. Ball, B. Mittermaier: Customer Orienta-tion as a key factor of the strategic manage-ment for Information Centers, 2005: Goe-the-Institut Singapur

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Association of Singapore deutlich, wo das Fehlen von Fachreferenten im Vergleich zu deutschen wissenschaftlichen Biblio-theken massiv beklagt wurde.

Lediglich die Bibliothek der Techni-schen Universität, der NTU, scheint so-wohl von der Führung als auch von der Dienstleistungspalette den Anforderun-gen einer modernen wissenschaftlichen Bibliothek zu genügen, ohne allerdings hier überragend sein zu können. Die Do-minanz der PCs, die von den Studenten genutzt werden, sowie die eingesetzten Verbuchungs- und Rücknahmeautoma-ten täuschen allzu leicht über die feh-lenden, qualitativ hochwertigen biblio-thekarischen Dienstleistungen hinweg, die off ensichtlich in keiner Bibliothek erbracht werden können. Das uns signa-lisierte ehrliche Interesse der singapuri-schen Bibliothekare an der Entwicklung der wissenschaftlichen Bibliotheken in Westeuropa ist also durchaus nachvoll-ziehbar. �Selbstverbuchungsautomaten in der Central Library der National University of Singapore

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Lindsey Fairhurst, Doris Marek, Jutta Nafzger-Glöser

Auf der Suche nach dem Modell der ZukunftDie Universitätsbibliothek als Lernzentrum / Eine Studienreise nach England1

Unter dem Thema »Learning and innovation in the 21st century: libraries – the core of information competence!« wurde vom 26. Juni bis zum 1. Juli 2005 eine Studienreise nach England durch-geführt. Zwölf Bibliothekarinnen und Bibliothekare aus Hessen, Mainz und Cottbus nahmen an der Fortbildungs-reise nach Sheffi eld teil. Sheffi eld bot sich insofern als zentraler Standort an, weil es von dort aus möglich war, mit der Bahn Bibliotheken beziehungsweise Learning Centres in Leeds, Nottingham, Manchester und York zu besuchen. Für BuB berichten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer2 der Reise über ihre Erfah-rungen und Erkenntnisse.

Eine beeindruckende Erfahrung in den besuchten Bibliotheken war die für deutsche Verhältnisse große Zahl der dort beschäftigten Mitarbeiter.

Diese aber ermöglicht erst die Umsetzung neuer Konzepte oder die Mitarbeit an zahlreichen Projekten.

1 Die ausführlichen Einzelberichte mit Links zu den betreff enden Bibliotheken, die Teil-nehmerliste sowie eine Literatur- bezie-hungsweise Linkliste zum Th ema sind auf der Homepage von Bibliothek & Informa-tion International unter Berichte/Länderbe-richte zu fi nden: www.goethe.de/kug/mui/bib/prj/bii/ben/lae/deindex.htm

2 Die Zusammenfassung und Bearbeitung des Gesamttextes erfolgte durch Lindsey Fairhurst, Doris Marek und Jutta Nafz-ger-Glöser. Die Autoren der einzelnen Ab-schnitte werden jeweils am Abschnittsende in Klammern genannt.

Im September 2004 fand das »4 Frankfurt Scientifi c Symposium on Information Literacy« statt. Graham

Bulpitt, einer der Teilnehmer und Direc-tor of Library Services, Kingston Univer-sity London, hielt im Anschluss daran in der ehemaligen STUB Frankfurt einen Vortrag zum Th ema: »What does the future hold for librarians?« Nach einem Überblick über die Veränderungen des gesellschaftlichen Umfelds, des Lernens und Lehrens in der Hochschule, aber auch der durch hohe Studiengebühren gestiegenen Nutzererwartungen, be-schrieb er das »Learning Centre« als eine Antwort englischer Bibliothekare auf diese Herausforderungen.

Bulpitts Vortrag stieß gerade zu jenem Zeitpunkt auf besonderes Interesse, weil durch den Übergang der STUB Frank-furt von der Stadt Frankfurt zum Land Hessen und der Integration in die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität auch die Diskussion über Weiterentwicklung der Aufgabenstellung und Funktionen der Universitätsbibliothek im Rahmen der Universität anstand. So kam nach dem Vortrag spontan der Wunsch auf, sich das Modell »Learning Centre« vor Ort anzu-sehen, um zu erfahren, was sich dadurch zum Beispiel im Bereich der bibliotheka-rischen Angebote, der Integration von IT- und Bibliotheksdiensten und so wei-ter verändert hat. Innerhalb eines halben Jahres wurde die Studienfahrt nach Eng-

land von zwei Kolleginnen der UB Frank-furt geplant und organisiert und von der Geschäftsstelle für Aus- und Fortbildung des Landes Hessen ausgeschrieben. Bib-liothek & Information International, ekz und British Council haben das Vorhaben fi nanziell unterstützt.

Ziel der Reise war es, ein mögliches Zu-kunftsmodell für deutsche Universitäts-bibliotheken in unterschiedlicher lokaler Ausprägung persönlich kennen zu lernen und mit den Beteiligten theoretische und praktische Fragen zu diskutieren. Die Kenntnis eines konkreten Modells sollte die Diskussion über die künftige Rolle der Bibliothek im universitären Kon-text in Frankfurt aber auch an anderen

Hochschulbibliotheken befruchten und gleichzeitig praktischer und konkreter werden lassen.

Es wurden Bibliotheken ausgewählt, die sich als Learning Centre verstehen und/oder besondere Angebote im Be-reich Information Services, e-Learning und Information Literacy machen. Da-bei standen insbesondere folgende Frage-stellungen im Vordergrund:� Wie hat sich das Dienstleistungsan-

gebot von Universitätsbibliotheken in den letzten Jahren in England verän-dert?

� Welche Rolle spielt die Bibliothek als Ort des Lehrens und Lernens sowie als Ort der sozialen Interaktion?

� Welche Rolle übernehmen Bibliothe-kare künftig im Kontext akademi-schen Lehrens und Lernens?

� Welche neuen Kooperationen entwi-ckeln sich zwischen Bibliothek und IT-Diensten?

Zum besseren Verständnis sollen im Fol-genden zunächst einige Eckpunkte des englischen Bildungs- und Bibliotheks-wesens kurz skizziert werden.

Allgemeine Aspekte

Der Anspruch an eine Ausbildung im bri-tischen Hochschulsystem zielt darauf, Ei-genverantwortung, Kritikfähigkeit und Selbstständigkeit auf der Basis aktueller Lehr- und Lernformen zu vermitteln. Dies ist Bestandteil einer pragmatischen und wettbewerbsorientierten Bildungs-politik, in der zugleich berufsbezogene und praxisorientierte Ausbildungsgänge auf dem Niveau von »Higher Education« eine hohe Priorität haben.

Schon in den Siebzigerjahren wurden die Voraussetzungen geschaff en, um Universitäten und Hochschulen (mit ih-ren Bibliotheken) stärker nach Grundsät-zen der freien Wirtschaft zu führen; dazu gehören größere fi nanzielle Autonomie und die Flexibilisierung von Arbeits- und

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Am Adsetts Learning Centre der Sheffield Hallam University wurde bereits Mitte der Neunzi-gerjahre – zu einem auch für britische Verhältnisse sehr frühen Zeitpunkt – die Idee von einer »Bibliothek als Lernzentrum« in die Praxis umgesetzt. (Fotos: Studiengruppe)

Ausreichende personelle Kapazitäten stellen so ein wesentliches Element

im konzeptionellen Wandel dar. Diese Entwicklung beruht unter

anderem darauf, dass Einsparungen – anders als in Deutschland – nicht in

erster Linie die Reduzierung von Personal zum Ziel hatten (und

haben) und dass Personal für Aufga-ben zu Lasten interner Aufgaben

umgeschichtet wird.

Beschäftigungsbedingungen. Die Per-sonal- und Sachkosten verteilen sich im Verhältnis von 60 zu 40. Eine übergrei-fende Gehaltsstruktur (wie BAT) gibt es nicht; die Bezahlung ist weniger quali-fi kations-, sondern eher aufgabenorien-tiert, insgesamt aber wohl niedriger als in Deutschland. Es gibt nicht nur Academic Librarians, sondern auch Wirtschafts-wissenschaftler oder IT-Fachleute in den Führungspositionen der Bibliotheken.

Über Instrumente wie Leistungsmes-sung, Qualitätsmanagement und Eva-luation stehen in starkem Maße Output-

Aspekte im Vordergrund, die auf einer Vielzahl von Assessments und Surveys basieren.

Aus der Orientierung auf die stark berufsbezogene »Higher Education« er-geben sich insbesondere an Colleges und an den neuen – aus den früheren Poly-technics hervorgegangenen – Universi-täten sehr hohe Studierendenzahlen, die wiederum Grundlage des universitären Budgets sind. Kostendruck, hohe Stu-dentenzahlen und bildungspolitischer Anspruch machen es zum zentralen An-liegen von Universitäten, gute Studien-bedingungen zu schaff en. Studierende, die Studiengebühren bezahlen, werden zudem als Kunden betrachtet und um-worben. Regelmäßige Evaluationen der Studierenden-Interessen haben daher einen hohen Stellenwert innerhalb der universitären Entscheidungsprozesse.

Für das Studium selbst spielt die Inte-gration neuer Medien und Technologien eine immer größere Rolle (vergleiche den »Follet-Report«). Sie erst ermöglicht neue (virtuelle) Arbeitsformen in Lehre und Studium, aus denen sich wiederum Än-derungen der didaktisch-pädagogischen Konzepte wie zum Beispiel Reduktion des Frontalunterrichts zugunsten von e-Learning ergeben. Diese neuen Arbeits-formen und pädagogischen Konzepte, die zur Effi zienzsteigerung aber auch Kostensenkung beitragen (sollen), er-

fordern bei den Studierenden ein hohes Maß an eigenverantwortlichem Lernen. Um sie darin zu unterstützen, werden dafür notwendige Schulungs- und Sup-portmaßnahmen den Serviceeinrichtun-gen der Hochschulen – insbesondere den Bibliotheken – übertragen.

Die von uns besuchten Lernzentren verbinden bibliothekarische Funktionen mit IT-Angeboten unter einem »gemein-samen Dach«. Kerngedanke des Learning Centre ist es, an einer Stelle, die dafür räumlich, infrastrukturell und personell entsprechend ausgestattet ist, alle für das Lernen benötigten Informationsressour-cen in optimaler Weise vorzuhalten und zugänglich zu machen, nämlich

� zeitlich durch Öff nungszeiten von 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche;

� räumlich durch ein großzügiges Raumangebot mit vielen Gruppen- und Einzelarbeitsplätzen;

� technisch durch eine große Zahl an PC-Arbeitsplätzen, einschließlich Software- und Systemkapazitäten, so-wie ein breites Beratungsangebot;

� inhaltlich durch den Medienbestand, klassische Bibliotheksangebote, ein umfassendes Beratungsangebot, Schulungen, Unterstützung von e-Learning und so weiter.

Die klassischen Aufgaben der Bibliothe-ken wandeln sich dabei deutlich von der

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Im Learning Centre werden alle Informations-Ressourcen, seien es konventionelle, elektronische oder

Lehrinhalte über e-Learning, gebün-delt und als eine permanente,

zentrale Dienstleistung mit optimaler Zugänglichkeit angeboten.

Bestandsorientierung zur Nutzungsori-entierung. So ist zum Beispiel der Buch-bestand gemessen an den Studierenden-zahlen an den neuen Universitäten eher gering (das Adsetts Learning Centre besitzt 500 000 Einheiten bei 27 000 Studenten), und es wird kaum archiviert (Abschlussarbeiten der Sheffi eld Hallam University werden zum Beispiel nach fünf Jahren aussortiert).

(Andreas Degkwitz / IKMZ Cottbus)

Adsetts Learning Centre, Sheffi eld Hallam University

Am ersten Tag der Studienreise besuchte die Teilnehmergruppe das Adsetts Lear-ning Centre auf dem City Campus der Sheffi eld Hallam University (SHU). Dort wurde unter der Leitung von Graham Bulpitt bereits Mitte der Neunzigerjahre – zu einem auch für britische Verhältnis-se sehr frühen Zeitpunkt – die Idee von einer »Bibliothek als Lernzentrum« in die Praxis umgesetzt. Zur Gestaltung der hierfür notwendigen Veränderungspro-zesse liegen in Sheffi eld Erfahrungen aus mittlerweile zehn Jahren vor.

Das Centre dient als zentrale Einrich-tung der Informationsversorgung. Ent-sprechend der Strategie der Universität liegt der Fokus auf der Unterstützung von Studium und Lehre. Wesentlich ist auch, dass der Zugang zu Print-Medien und »klassischen« Bibliotheksdienstleis-tungen sowie die Nutzung von elektro-nischen Medien und Informationstech-nologien in ein übergreifendes Gesamt-konzept integriert werden. Um dies zu erreichen, wurden mehrere, vorher

getrennte Serviceeinrichtungen für den City Campus im neu gegründeten Ad-setts Centre zusammengefasst: die ehe-malige Universitätsbibliothek, verschie-dene Dienste zur Medienproduktion, ein Teil der universitären IT-Dienste und das Learning and Teaching Institute (LTI) der Universität.

Insgesamt vermittelte der Besuch des Adsetts Learning Centres den Teilneh-mern der Studienreise den Eindruck, dass dort durch die Konzentration auf

klar umrissene Zielgruppen und Hand-lungsfelder, durch die konsequente Reor-ganisation und den Aufbau neuer Steue-rungsstrukturen und durch ein Change Management im Sinne einer »lernenden Organisation« ein erhebliches Innovati-onspotenzial freigesetzt werden konnte.

(Karin Eckert / UB Mainz)

University Library, University of Leeds

Die University of Leeds wurde vor circa 100 Jahren gegründet. Sie ist heute mit mehr als 32 000 Studenten eine der größ-ten Universitäten Großbritanniens.

Die Bibliothek, bestehend aus Brother-ton Library, Edward Boyle Library und

weiteren sechs kleineren Bibliotheken, verfügt über 179 volle Stellen und besitzt etwa zwei Millionen Medieneinheiten. Während des Semesters ist die Bibliothek täglich von 8 bis 24 Uhr geöff net.

Der eher traditionell erscheinende Bib-liotheksbetrieb wird ergänzt durch die Beteiligung an verschiedenen Projekten zum Virtual Learning, wie zum Beispiel SHERPA, PORTOLE und INFORMA-TION LITERACY.

SHERPA (Securing a Hybrid Envi-ronment for Research and Access) ist ein dreijähriges Gemeinschaftsprojekt ver-schiedener britischer Bibliotheken mit dem Ziel, eigene Dokumentenserver mit OAI-Schnittstellen aufzubauen und zu

Das Fountains Learning Centre am York St. John College, University of Leeds: Die Transpa-renz und Offenheit des Gebäudes ermöglichen eine einfache räumliche Orientierung; der Preis ist allerdings ein relativ hoher Lärmpegel.

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Stilvoll: Der Kuppel-Lesesaal der Brotherton Library an der Universität von Leeds wurde im Jahr 1904 errichtet.

unterhalten. Hierbei sollen die Standards für Metadaten (OAI PMH) eingehalten werden. Das Projekt wird von JISC (Joint Information Systems Committee) und CURL (Consortium of Research Libra-ries in the British Isles) gefördert.

Als Folge dieses SHERPA-Projektes wurde »Th e White Rose Consortium ePrints Repository« gegründet. Gemein-sam haben die Universitätsbibliotheken Leeds, Sheffi eld und York eine Volltext-datenbank entwickelt, in der Postprints von Zeitschriftenartikeln ihrer Wissen-schaftler veröff entlicht werden. Diese Volltexte stehen allen Angehörigen der drei Universitäten zur Verfügung.

PORTOLE (Providing Online Re-sources to Online Learning Environ-ments) war ein von JISC gefördertes zehn-monatiges Projekt in 2002/03. Es wurde ein speziell auf Dozenten ausgerichtetes Werkzeug entwickelt für die Suche nach relevanten Online-Ressourcen. In einer Suchmaske kann man in den Katalogen der Universitätsbibliotheken von Leeds und Oxford sowie in den Datenbanken ROADS (Online-Zeitschriften der UB Leeds sowie circa 50 000 Internetres-sourcen) und RDN (Resource Discovery Network) suchen. Auch die Suchmaschi-ne Google wurde integriert.

Im Projekt INFORMATION LI-TERACY werden von der Bibliothek in Zusammenarbeit mit dem Learning and Teaching Board und den Fakultäten der Universität Internet-Schulungen für Stu-dierende entwickelt. Diese sollen in das Curriculum integriert werden. Etwa 20 Mitarbeiter der UB sind hauptamtlich mit der Durchführung von Schulungen, der Erstellung und Aktualisierung von Schulungsmaterial und der permanenten Optimierung durch gegenseitige Super-vision beschäftigt. Daneben werden auch die Dozenten in der Erstellung von On-line-Tutorials und Arbeitsunterlagen als Online-Dokumente geschult. Außerdem gibt es eine intensive Weiterbildung für das Bibliothekspersonal im Bereich In-ternet-Datenbanken und Anwendungs-Software.

(Veronika Hillmann / FH Wiesbaden)

Civic Quarter Library, Leeds Metropolitan University

Die Leeds Metropolitan University, ehe-mals eine Polytechnische Hochschule, gehört mit über 41 000 Studierenden (davon rund 18 000 Vollzeitstudierende) zu den großen Universitäten des Landes. Die Studiengruppe lernte mit der Ci-vic Quarter Library das vor fünf Jahren

im Leslie Silver-Gebäude eingerichtete Lernzentrum kennen. Dieses bietet einen umfassenden Zugang zu Informationen aller Art. Auf vier Etagen befi nden sich in Freihandaufstellung Bücher und Zeit-schriften direkt neben den rund 350 frei zugänglichen PC-Arbeitsplätzen. Für das »ruhige Lernen« stehen spezielle Ru-hezonen beziehungsweise 24 Arbeitsräu-me zur Verfügung, die größtenteils mit technischem Equipment (PCs, Videore-korder, Camcorder…) ausgestattet sind.

Neben einer Bibliotheksbesichtigung stand das Programm »Skills for Lear-ning«, einer der Schwerpunktbereiche der Bibliothek, im Mittelpunkt. Mit »Skills for Learning« wird das Ziel ver-folgt, das Lernen und Unterrichten von »Schlüsselqualifi kationen« zu befördern. Dazu gehören unter anderem:� Fähigkeiten zur Kommunikation (in

schriftlicher Form für das Schreiben von [wissenschaftlichen] Arbeiten, in mündlicher Form für Vorträge, »ef-fektives Lesen« und »eff ektives Zuhö-ren«) und Gruppenarbeit;

� Fähigkeiten, Informationsressourcen zu fi nden;

� Umgang mit Informationstechnolo-gie;

� Lernen und Unterrichten; � Mathematik; � Fähigkeiten zur Forschung;� Orientierungshilfen für neue Studie-

rende an der Universität (»Personal Development«).

Das Programm umfasst � ein umfangreiches Web-Angebot und dient dazu, den Austausch zwischen Stu-dierenden und Lehrenden zu vertiefen: So besteht zum Beispiel die Möglichkeit, Links zu bestimmten Th emen innerhalb der in der Hochschule eingesetzten e-Learning-Plattform WebCT zu setzen, die Web-Datenbank zur Unterrichtsun-terstützung zu nutzen sowie unterschied-liche Inhalte in Handbücher für Studie-rende zu integrieren.� Workshops für Studierende: Es werden zwei Arten von Schulungen angeboten. Zum einen universitätsweite Schulun-gen, die übergreifend für den Ausbau be-stimmter Fähigkeiten dienen, so zum Bei-spiel Schulungen im IT-Bereich (Word-, Excel-, Powerpoint-Schulungen) oder Mathematik (zum Beispiel Schulungen in Statistik). Daneben gibt es Workshops in den einzelnen Fakultäten, wie die zum Th ema »Literacy« in der Faculty of Health. Innerhalb des Herbstsemesters 2004 (September bis Dezember) konn-ten insgesamt rund 1 000 Studierende geschult werden. Im Nachgang fanden umfangreiche Evaluierungen jedes Kur-ses über Fragebögen, Telefoninterviews und Direktbefragungen statt. Ebenso kamen Rückmeldungen vom Lehrperso-nal.� Informationsmaterialien, die im ge-samten Lernzentrum ausliegen oder von der Webseite herunter geladen werden können. �

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Die Integration der früher getrenn-ten Einrichtungen (Bibliothek und IT-Services) ist in den einzelnen Univer-sitäten unterschiedlich weit fortge-

schritten. Nicht immer wird die vollständige Integration angestrebt, eine enge Kooperation gilt auch als

ausreichend.

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Die Bedeutung dieses Arbeitsschwer-punktes wird besonders deutlich, wenn man sich die Personalressourcen be-trachtet, die dafür zur Verfügung gestellt werden: Die Arbeitsgruppe »Information Skills« besteht aus sieben Personen; für die Durchführung der Workshops (durch so genannte »Key Skills Learning Advisers« beziehungsweise »Subject Learning Ad-visers«) stehen 13 Personen (8,5 FTE) zur Verfügung.

Auch in der LMU zeigte sich überall, dass Benutzer als »Kunden« verstanden werden und im Mittelpunkt aller Be-strebungen der Bibliothek stehen. Anre-gungen von Nutzern aus den regelmäßig durchgeführten (webbasierten) Benutzer-umfragen (im Frühjahr 2003 antworte-ten 814 Nutzer) werden grundsätzlich zur Verbesserung des umfassenden Ser-viceangebotes ausgewertet und darauf-hin erfolgte Aktionen über die Webseite veröff entlicht.

Die konsequent durchgeführte Kun-denorientierung führte dazu, dass die Abteilung Learning Support Services (LSS) im November 2004 zum zweiten Mal nach 2001 die national vergebene Auszeichnung »Charter Mark« erhalten hat. (Berthold Weiß / HLB Fulda)

Information Services / Hallward Library, University of Nottingham

Die Idee des Learning Centres wird in der University of Nottingham seit 2002 durch eine neue Organisationsstruktur befördert: Die konvergierte Einrichtung »Information Services« erarbeitet und liefert Bibliotheks-, Medien- und IT-Dienstleistungen für die gesamte Uni-versität.

Sie wird gebildet aus drei eigenständi-gen Bereichen (Customer Services, IT-Services und Research & Learning Re-sources) mit einem Central Information Offi cer (CIO) als Leitung. Das Learning Grid als Rahmenkonzept vernetzt und integriert die Bereiche, um den Kunden (Studierende und Universitätsmitarbei-ter) gegenüber als ein einziger Dienstleis-tungsanbieter auftreten zu können. Auch räumlich handelt es sich in der Notting-ham University um ein dezentrales Lear-ning Centre mit verschiedenen lokalen und internationalen Standorten. Das Spektrum der Dienstleistungen umfasst dabei über die traditionellen bibliothe-karischen Informationsdienste hinaus Folgendes:� Gleiche Service-Standards an allen Standorten

� Aktuelle und hochwertige IT-Aus-stattung (PC-Pools, W-Lan, viele Ein-wählpunkte)� Neue, fl exibel zu nutzende Möblie-rung, Einzel- und Gruppenarbeitsräume mit Medienausstattung� RFID-Selbstverbuchung, Umwid-mung der Ausleihtheken zu Info-Plätzen; Schulung des Th ekenpersonals� Virtuelle Lernumgebungen (VLE) für »blended learning« mit e-Learning-Plattformen� Support-Teams für das individuelle Erstellen von e-Learning-Modulen und Multimedia-Angeboten� Ausbau einer kundenzentrierten Por-talstruktur� Schaff ung einer entspannten Ar-beitsatmosphäre durch Mobile Zones und Essen- und Trinkfl aschenerlaubnis.

(Monika Lerp / UB Marburg)

Boots Library, Nottingham Trent University

Die Boots Library wurde 1992 gegründet und bezog 1998 einen Neubau mit einem eigenwilligen, einer Träne nachempfun-denen Grundriss. Gemeinsam mit der Clifton Campus Library und der Bra-ckenhurst Campus Library ist sie in die »Libraries and Learning Resources« der Trent University integriert.

Der Bestand von circa 400 000 Bü-chern und circa 2 500 Zeitschriften ist online recherchierbar. Insgesamt gibt es etwa 1 500 Arbeitsplätze, die Hälfte davon sind vernetzte Computer-Arbeits-plätze. Für ungestörtes Arbeiten stehen zahlreiche »Quiet Study Rooms« und »Silent Study Rooms« (ohne Computer)

zur Verfügung. Das »Virtual Learning Portal«, über das auch alle e-Learning-Aktivitäten erreichbar sind, erweist sich zunehmend als ein unverzichtbares Werkzeug beim Studium. In die Unter-stützung und das Training der Nutzer beim e-Learning sollen die Bibliothekare künftig mehr als bisher einbezogen wer-den. Die Studenten haben rund um die Uhr mittels Smart Cards Zutritt zur Bib-

liothek. Die Ausleihe erfolgt über RFID-Selbstverbuchung.

Zur Verbesserung des umfangrei-chen Serviceangebotes werden unter anderem jährlich Benutzerbefragungen durchgeführt. Die letzte Umfrage ergab, dass »Easy access to materials where and when I need them« und eine »Inspiring environment« höchste Priorität bei den Nutzern besitzen. Auf unserem Rund-gang konnten wir uns davon überzeugen, dass die Bibliothek mit ihrem vielfältigen Angebot dafür nicht nur alle technischen Voraussetzungen, sondern auch die ent-sprechende Lernatmosphäre bietet.

Gegenwärtig wird eine »Educational Development Unit« etabliert, die Kon-takte zu Schulen pfl egen soll, um die Schüler frühzeitig mit dem akademi-schen Betrieb vertraut zu machen.

(Dr. Susanne Schaper / Bibliothek des MPI für terrestrische Mikrobiologie,

Marburg)

CILIP – Umbrella Conference 2005

Am Donnerstagnachmittag konnte die Gruppe an der Umbrella-Konferenz 2005, dem englischen Pendant zum deutschen Bibliothekartag teilnehmen. Sie wird veranstaltet vom britischen Be-rufsverband CILIP (Chartered Institute of Library and Information Professio-nals), der die Teilnahme unserer Gruppe durch eine deutliche Reduzierung der Teilnehmergebühren ermöglicht hat.

An der Konferenz nahmen 800 bri-tische Kollegen teil. Circa 40 Aussteller stellten ihre Produkte vor, zum Beispiel Swets, Manchester Metropolitan Uni-versity, Oxford University Press oder ProQuest.

Die Eröff nungsveranstaltung stand unter dem – auch in England aktuellen – Th ema »Th e future of our profession«. Zu Beginn wurden alle Teilnehmer herz-lich willkommen geheißen, besonders erwähnt wurden die zwölf Gäste aus Deutschland – zum ersten Mal nahmen so viele Bibliothekare aus Deutschland an einer CILIP-Konferenz teil!

Am Mittag war unsere Gruppe zum First Timers’ Lunch eingeladen. Die-ses Angebot (gedacht für Kollegen, die zum ersten Mal am Bibliothekartag teil-nehmen) ist sehr hilfreich und bietet in zwanglosem Rahmen viele Möglichkei-ten, mit anderen Kollegen ins Gespräch zu kommen.

Im Anschluss an die Eröff nungsveran-staltung hatten wir Gelegenheit, an einer der zahlreichen Study Groups – zum Bei-spiel »Information literacy«, »User needs«,

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Die Boots Library in Nottingham wurde 1992 gegründet und bezog 1998 einen Neubau mit einem eigenwilligen, einer Träne nachempfundenen Grundriss.

»Staff and workforce development« – teil-zunehmen. (Doris Marek /

UB Frankfurt am Main)

Fountains Learning Centre, York St. John College, University of Leeds

Das York St. Johns College der University of Leeds, im 19. Jahrhundert als anglika-nisches Church College gegründet, ist mit 5 000 Studierenden ein vergleichsweise kleines College, dessen Schwerpunkt auf der Lehre liegt. Das im September 2003 eröff nete neue Gebäude des Fountains

Learning Centre steht im Mittelpunkt der Entwicklung neuer Lernstrategien. Mit seinem der Hauptstraße zugewand-ten Haupteingang ist der Bau die Visiten-karte des Colleges nach außen.

Seine einfache Zugänglichkeit sowie seine physische Transparenz und Durch-lässigkeit werden durch einen relativ ein-fachen Grundriss, die Verbindung der drei Stockwerke mittels off ener Galerien sowie durch die Verwendung von viel Glas und hohen Decken erreicht. Die Transparenz und Off enheit des Gebäudes ermöglicht eine einfache räumliche Orientierung;

der Preis ist allerdings ein relativ hoher Lärmpegel. Die Kombination eines war-men Rots mit einem leuchtenden Blau als Farbgebung verstärkt den freundlichen Eindruck. Die Architektur soll eine Ein-ladung zum Lernen darstellen.

Die Bibliothek besitzt 40 Vollzeitstel-len, davon knapp die Hälfte im EDV-Be-reich. Eine Besonderheit ist die Integra-tion der mit zwei Mitarbeitern besetzten universitären Berufsberatung für Studen-ten (Career Centre) in die Bibliothek.

Bis zu 1 000 Besucher pro Tag zählt das Haus in Spitzenzeiten; ihnen stehen mehr als 300 Computerplätze zur Ver-fügung. 150 davon sind während des Se-mesters Tag und Nacht zugänglich. Ne-ben rund 250 000 physischen Medien-einheiten bietet die Bibliothek eine vir-tuelle Lernplattform, die 80 Prozent der Dozenten nutzen. Derzeit enthält die auf der Basis des kommerziellen Programms WebCT entwickelte Lernumgebung 800 Angebote für Studierende. Eine zweite virtuelle Lernplattform richtete die Bib-liothek auf der Basis des Open-Source-Programms Moodle ein, weil die Lizenz-bedingungen von WebCT die Nutzung virtueller Ressourcen bei der Kommuni-kation der Universität nach außen beein-trächtigen.

Stärker als andere von uns besuchte Bibliotheken ist das Fountains Learning Centre mit der Region verknüpft. Nicht nur, dass ein Großteil der Studieren-den aus einem Umkreis von 50 Meilen kommt, die Bibliothek stellt auch Son-dersammlungen wie zum Beispiel ihre Materialien zum Religionsunterricht gezielt externen Nutzern zur Verfügung. Die Gebühren für externe Nutzer sind daher im Vergleich zu anderen Universi-tätsbibliotheken sehr niedrig (20 Pfund pro Jahr). Besonders eng ist die Zusam-menarbeit mit der York Public Library. Beide Institutionen besitzen sogar einen gemeinsamen Katalog.

Der Besuch in York stand am Schluss der Englandreise und bot eine gute Gele-genheit, zu verfolgen, wie sich das Kon-zept des »Learning Centres« im Jahr-zehnt nach seiner ersten Realisierung in Sheffi eld entwickelt hat. Der Bau schien uns in besonders idealtypischer Weise das Prinzip des Learning Centres zu verkör-pern. Ohne ihn, so das Fazit der Leiterin des Learning Centres, Patsy Cullen, wäre die Umsetzung neuer Lehr- und Lern-strategien am St. John College kaum möglich gewesen.

(Silke Schumann / Stadtbücherei Frankfurt am Main,

Stadtteilbibliothek Gallus) �

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Fazit

Am Donnerstagvormittag hatten wir Gelegenheit, die Erfahrungen und Ein-drücke der vergangenen Tage mit Gra-ham Bulpitt und Diana Leitch (Deputy University Librarian der John Rylands University Library der Universität Man-chester) noch einmal zu refl ektieren. Bei-de hatten sich für diese Diskussionsrunde zur Verfügung gestellt und konnten unser Bild durch viele Hintergrundinformatio-nen abrunden und vertiefen.

Im Mittelpunkt stand für uns die Fra-ge, wie die englischen Kollegen ihre Bib-liotheken so erfolgreich den sich verän-dernden Rahmenbedingungen anpassen und neue Bibliothekskonzepte umsetzen konnten.

Eine beeindruckende Erfahrung in den besuchten Bibliotheken war die für deutsche Verhältnisse große Zahl der dort beschäftigten Mitarbeiter. Diese aber ermöglicht erst die Umsetzung neuer Konzepte oder die Mitarbeit an zahlrei-chen Projekten. Ausreichende personelle Kapazitäten stellen so ein wesentliches Element im konzeptionellen Wandel dar. Diese Entwicklung beruht unter ande-rem darauf, dass Einsparungen – anders als in Deutschland – nicht in erster Linie die Reduzierung von Personal zum Ziel hatten (und haben) und dass Personal für Aufgaben zu Lasten interner Aufgaben umgeschichtet wird.

»You have to be more strategic now than ever before.« »Th e level of integration bet-ween a library and the work of the Univer-sity distinguishes a good service from a poor one. Collaboration is the secret of success.«

(Graham Bulpitt)Im Vergleich zu den wissenschaft-

lichen Bibliotheken in Deutschland fällt bei den besuchten Bibliotheken die mächtige und leistungsstarke Position der Bibliotheken/Information Services (IS) innerhalb der Universitäten auf. Nach übereinstimmender Darstellung von Bulpitt und Leitch ist es grundlegend für die erfolgreiche Arbeit jedes Informa-tionsdienstleisters im Bereich der Hoch-schulbildung, die Hintergründe und Mo-tive für gesellschaftliche Veränderungen zu erkennen und zu analysieren, daraus Konzepte zu entwickeln und diese mit der Gesamtzielsetzung der Hochschule zu verbinden.

Was kann die Bibliothek/IS für die Er-füllung der Ziele der Hochschule leisten?

Die Umsetzung dieses Leitgedankens bei allen Planungen ist Voraussetzung dafür, dass der Bibliotheks-/IS-Bereich seiner strategisch wichtigen Rolle bei der

Realisierung von Lehr- und Lernzielen gerecht werden kann.

Wichtig ist es, im Gespräch mit denje-nigen zu sein, die die strategischen Ent-scheidungen der Universität treff en, und ihnen zu vermitteln, wo die Bibliothek/IS einen strategischen Beitrag für die Erfüllung der gesamtuniversitären Ziele leisten kann.

»Local librarians begin to plan the trans-formation of library spaces from the current collection focus to learning spaces […]« (Th e NHS library policy review: TFPL, 2004)

Die bisher an den Universitäten betrie-bene Lehre mit einem hohen Anteil von »face-to-face« Unterweisung korrespon-diert bei der bildungspolitisch erwünsch-ten hohen Zahl von Studierenden weder mit den dafür zur Verfügung stehenden Lehr-Ressourcen noch mit dem Lernver-halten der jetzigen Studierendengenera-tion, deren Erwartungshaltung an die Hochschule oder der technologischen Entwicklung.

Das Konzept »Learning Centre« ver-sucht eine Antwort auf diese Verände-rungen zu geben: Wenn Lernen auch als soziale Erfahrung gesehen wird, so erhält die Bibliothek als sozialer Raum eine neue Bedeutung, mit� vielfältigen und fl exiblen Möglichkei-

ten zur Gruppenarbeit, � personenbasierter Unterstützung in

allen inhaltlichen und technischen Fragen sowie

� Zugang zu virtuellen Lernumgebun-gen.

Um die Bedürfnisse verschiedener Nutz-ergruppen (viele Teilzeit- und Fernstu-denten) zu berücksichtigen, soll das An-gebot möglichst rund um die Uhr nutzbar sein. Die 24/7-Regelung wird überall mit Hilfe von Wachdiensten, über strenge Zulassungs- und Sicherheitsregeln und unterschiedliche Handhabung im und außerhalb des Semesters realisiert.

Im Learning Centre werden alle In-formations-Ressourcen, seien es konven-tionelle, elektronische oder Lehrinhalte über e-Learning, gebündelt und als eine permanente, zentrale Dienstleistung mit optimaler Zugänglichkeit angeboten. Dieses neue Konzept betriff t mehrere, bisher getrennt voneinander tätige Be-reiche insofern, als im Learning Centre konventionelle Bibliotheksangebote so-wie IT-Dienstleistungen gemeinsam an-geboten, organisiert und betreut werden.

Die Integration der früher getrennten Einrichtungen (Bibliothek und IT-Ser-vices) ist in den einzelnen Universitäten unterschiedlich weit fortgeschritten. Nicht immer wird die vollständige Inte-

gration angestrebt, eine enge Koopera-tion gilt auch als ausreichend.

»Th e key challenge for librarians is to col-laborate with academic colleagues to explo-it the potential of information resources in programmes of study and in research […].« »People who can unlock the resources are li-brarians.« (Graham Bulpitt)

Neben dem Kontakt zu den Studie-renden ist ein enger Austausch mit den Lehrenden und den Fachbereichen von großer Bedeutung. Nur auf diese Weise können strategisch wirksame Verabre-dungen über neue Zielstellungen, geän-derte Studiengänge und Lehrpläne ge-troff en werden.

Die Integration von neuen Medien und Informationstechnologien sowie darauf basierenden Arbeitsformen in das Studium wird in allen besuchten Uni-versitäten vorangetrieben. Angebot und Einrichtung von Lernplattformen sind neue Aufgaben der Bibliotheken, ver-bunden mit vielfältigen Schulungs- und Beratungsangeboten, insbesondere auch an die Lehrenden.

Für die von uns besuchten Learning Centres wie auch die Bibliotheken der alten Lehr- und Forschungsuniversitä-ten steht deshalb im Mittelpunkt aller Bemühungen, die Fakultäten im Bereich von Lehre und Studium mit einem brei-ten Spektrum an Dienstleistungen zu entlasten und sich damit als Bestandteil von Lehren und Lernen im universitären Umfeld unverzichtbar zu machen.

Die große Rolle von Bibliotheken im Kontext von Lernen und Lehren, auch im akademischen Umfeld, hat in Eng-land eine lange Tradition. Vergleichbares gab es in Deutschland lange nicht. Erst seit einigen Jahren wächst die Bedeutung von Bibliotheken und Bibliothekaren als Informationsspezialisten bei der Ver-mittlung von Informationskompetenz im Rahmen universitärer Studiengänge. Mit der Einführung von Bachelor-Stu-diengängen, die sich in ihrer Berufsori-entierung und der damit verbundenen Einbeziehung von Schlüsselqualifi ka-tionen in die Curricula den englischen Studiengängen der »Higher Education« annähern, könnte dieser Prozess künftig noch verstärkt werden. Insofern kann das englische Konzept »Learning Centre« durchaus wichtige Impulse zur Weiter-entwicklung deutscher Hochschulbib-liotheken geben.

(Christiane Schaper / Bibliothekszen-trum Geisteswissenschaften, Universität

Frankfurt am Main; Prof. Dr. Ulrike Steierwald / FHS Darmstadt, FB Infor-

mations- und Wissensmanagement)

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Marion Prudlo

In zwei Jahren zum Informationsprofi Akademische Bibliothekare und ihre Ausbildung in den USA

Die USA sind eines der fortschrittlichs-ten Länder in den Bereichen Techno-logie und Innovation. Dies ist einer der Gründe, warum Amerika für Studenten, Forschende und Berufstätige aus aller Welt ein beliebtes Ziel ist. Auch im Bibliothekswesen gelten die Amerikaner als führend in der Entwicklung neuer Produkte und in der Verwirklichung kreativer Ideen. Daher zieht es jedes Jahr Studenten an US-amerikanische Univer-sitäten, um dort einen Masters of Library and Information Science abzuschließen. Dieser Artikel erläutert den Weg, der zu-rückgelegt werden muss, um in den USA einen bibliothekarischen Abschluss zu erhalten, und er beschreibt das Berufs-feld des Bibliothekars in den USA.

Wer in den USA einen Studien-platz in einer »library school« ergattern möchte, braucht als

Mindestvoraussetzung ein abgeschlos-senes Bachelor-Studium oder einen ver-gleichbaren Abschluss, denn Programme für Bibliothekare werden nur in Form eines Magister-Studienganges (Masters) angeboten. Der Abschluss wird Mas-ters of Library Science (MLS) genannt, oder Masters of Library and Information Science (MLIS) und in letzter Zeit auch immer häufi ger Masters of Information Science (MIS). Zwar gibt es an manchen Universitäten auch ein Bachelors-Pro-gramm, allerdings wird normalerweise von Arbeitgebern in den USA ein Mas-ters-Abschluss erwartet.

Die Bewerbung

Ob weitere Anforderungen an Studien-bewerber gestellt werden, wie zum Bei-spiel ein bestimmter Notendurchschnitt, hängt von der jeweiligen Universität ab, bei der sich Interessierte bewerben. Üb-licherweise sind die ausgefüllten Bewer-bungsunterlagen, Kopien von Abschluss-zeugnissen und Empfehlungsschreiben teil einer vollständigen Bewerbung. Zu-sätzlich kann Material wie ein »statement of intent«, Aufsätze oder das Testergeb-nis der Graduate Record Examination (GRE) verlangt werden. Ein »statement of intent« bedeutet, dass der Bewerber darlegt, wie er seine berufl iche Lauf-bahn geplant hat. Der GRE besteht aus drei Teilen und testet sprachliche, ma-thematische und logische Fähigkeiten. Ein fester Bestandteil jeder Bewerbung ist außerdem die so genannte »applica-tion fee«, die normalerweise um die 40 bis 50 Dollar beträgt. Für Bewerber aus dem Ausland kommt noch hinzu, dass sie nachweisen müssen, ein gewisses Niveau an Englischkenntnissen zu haben. Dies geschieht mit den TOEFL-Testergebnis-sen, die ebenfalls an die Universität ge-schickt werden müssen.

Die sehr hohen Studiengebühren sind sicher das größte Hindernis auf dem Weg zu einem Studium in den USA. An der University of Illinois Urbana-Cham-paign betragen die Gebühren für das Jahr 2005 3 630 Dollar für Studenten aus dem Bundesstaat Illinois und 9 630 Dol-lar für alle anderen. An der University of Pittsburgh beträgt die Studiengebühr für das Fach Library Science 5 640 Dollar für Studenten aus dem Bundesstaat Pennsyl-vania und 11 206 Dollar für alle anderen. Die Studiengebühren für Studenten, die in einen Bundesstaat zuziehen, sind im-

mer wesentlich höher als die für Studen-ten, die in dem Bundesstaat studieren, in dem sie aufgewachsen sind. Dies triff t natürlich auch auf Studenten zu, die aus dem Ausland kommen. Amerikanische Studenten haben oft Anspruch auf fi nan-zielle Unterstützung (»fi nancial aid«), die aber in der Regel ausländischen Stu-denten nicht zusteht. Studenten aus dem Ausland müssen schon vor Studienantritt nachweisen, dass sie genügend Geld ha-ben, um die gesamten Studiengebühren zu bezahlen.

Bei der Auswahl eines Programms sind zwei Faktoren besonders wichtig. Zum einen sollte das Programm akkre-ditiert sein, zum anderen spielt auch im Bereich der Bibliothekswissenschaften das Uni-Ranking eine Rolle. Die Ame-rican Library Association (ALA) defi -niert Akkreditierung als ein »voluntary, non-governmental system of evaluation used to protect the public interest and to verify the quality of service provided by member institutions«.1 Die ALA erstellt seit 1924 Richtlinien, nach denen Uni-versitäten beurteilt werden, und führt auch den Akkreditierungsprozess durch. Der Studiengang soll bestimmten Qua-litätsstandards entsprechen und wird nach bestimmten Kriterien2 beurteilt, die erfüllt werden müssen. Im Moment gibt es 493 von der ALA akkreditierte Bibliothekswissenschaftliche Program-me in den USA. Letztendlich entscheidet der Arbeitgeber, ob auch Bewerber mit ei-nem Abschluss von einer Universität ak-zeptiert werden, die nicht akkreditiert ist, was allerdings selten der Fall ist. Norma-lerweise wird schon in der Stellenanzeige als Voraussetzung für eine Bewerbung ein Abschluss von einer akkreditierten Universität genannt.

Obwohl auch in den USA das Th ema Ranking umstritten ist, spielen diese Sta-tistiken doch eine sehr wichtige Rolle, da sie Prestige für die Universität bedeuten und letztendlich auch für den Studenten, der von dieser Universität sein Abschluss-zeugnis erhält. Die Rankings des Maga-zins »U.S. News and World Report« ge-hören zu den bekanntesten, werben doch viele Universitäten mit ihrer Platzierung in dieser Zeitschrift um Studenten. Das

1 American Library Association (ALA): www.ala.org/ala/accreditation/accredstandards/glossary.htm

2 www.ala.org/ala/accreditation/accredstan-dards/standards.htm

3 ALA: www.ala.org/ala/accreditation/lis-dirb/Alphaaccred.htm

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neueste Ranking der Bibliothekswis-senschaften hat »U.S. News und World Report« 1999 durchgeführt. Dort kam das Programm der University of Illinois Urbana-Champaign auf den ersten Platz, gefolgt von der University of North Ca-rolina-Chapel Hill. Die Syracuse Uni-versity und die University of Michigan-Ann Arbor landeten auf dem dritten und vierten Platz, die University of Pittsburgh kam auf den fünften Platz.4

Natürlich haben alle fünf Instituti-onen auch eine Akkreditierung von der ALA. Das Th ema Akkreditierung und sein Einfl uss auf die Qualität der Ausbil-dung werden ständig diskutiert. Manche Entscheidungsträger sind der Meinung, dass die traditionellen Aufgaben von Bibliothekaren an den Universitäten zu wenig berücksichtigt werden, andere dass Studenten zu wenig Th eorie und viel Praxis vermittelt wird. Nachdem renom-mierte Universitäten wie die Columbia University seit dem Jahr 1992 und die University of Chicago seit 1990 keine Bibliothekarsausbildung mehr anbieten, wurde aufs Neue die nie zu Ende gehen-de Diskussion geschürt, welche Rolle die Bibliothekarsausbildung an der Univer-sität spielt. Dabei dreht es sich immer darum, ob es sich in den Bibliothekswis-senschaften um eine Berufsausbildung oder eine wissenschaftliche Studienrich-tung handelt. Auch die Rolle des Biblio-thekars in der Gesellschaft wird in dieser Diskussion hinterfragt. Denn in einer Welt, in der jeder scheinbar alle nötigen Informationen selbst über das Internet bekommen kann, müssen Bibliothekare ihre Rolle neu defi nieren und ihre Exis-tenz legitimieren.

Das Studium

Die Lehrpläne für Bibliothekswissen-schaften sind heute vom Einfl uss der Technologie auf das Berufsfeld geprägt. Um die Mitte der Neunzigerjahre wur-den zwar schon eine Reihe von Kursen zu E-Mail, Internet, und CD-Rom-Da-tenbanken angeboten, aber ein Großteil des Unterrichts beschäftigte sich immer noch mit der traditionellen Bibliothe-karsarbeit. Inzwischen ist die Entwick-lung schon so weit, dass der komplette Magister über das Internet abgeschlossen werden kann. Bei den Studenten wird mittlerweile vorausgesetzt, dass sie bei Studienbeginn bereits bestens vertraut sind mit Computerapplikationen wie Textverarbeitungsprogrammen und Technologien wie Suchmaschinen und E-Mail.

Die University of Pittsburgh bietet ei-nen akkreditierten »FastTrack MLS« an. Ein Studiengang, der zum größten Teil online absolviert werden kann. Laut der FastTrack-Website, besteht der Kurs aus »Web-based asynchronous course deli-very, CD-ROM delivery of course- and program-related materials, synchroniz-ed, real-time conferencing for interactive sessions between instructor and students and among students, and an on-campus learning experience each term«.5 Die Bibliothekswissenschaften stehen hier nicht alleine. Heute gibt es wohl nur we-nige Universitäten in den USA, die in keiner Weise Distance Learning-Mög-

Kurse allein nicht aus, um auf die Min-destanzahl der so genannten »credits« zu kommen, die benötigt werden, um einen Abschluss zu erhalten. Deswegen müssen zusätzlich Kurse zu anderen Th emen, wie beispielsweise Management, PR oder Technologie belegt werden. An der Uni-versity of Pittsburgh, wie an vielen ande-ren Universitäten auch, müssen Studen-ten 36 so genannte »credits« sammeln. Je-der Kurs ist mit einer bestimmten Anzahl von »credits« versehen, ein Kurs ist nor-malerweise drei »credits« wert. Erst wenn eine von der Universität bestimmte An-zahl erreicht ist, kann ein Student einen Studienabschluss erhalten. Das Studium wird in zwei bis vier Jahren abgeschlos-sen. Der fl exible Zeitrahmen kommt in-dividuellen Bedürfnissen entgegen, denn viele Studenten sind gezwungen, neben dem Studium zu arbeiten. In den USA ist es auch an vielen Universitäten üblich, dass ein drittes Semester im Sommer an-geboten wird.

Praktika spielen eine wichtige Rolle und sind in den Studiengang eingebaut. Daher werden für manche Praktika auch »credits« vergeben. Im Allgemeinen wird aber von den Studenten erwartet, dass sie sich so früh wie möglich darum küm-mern, neben dem Studium Praktika zu absolvieren, am besten in Bereichen, auf die sie sich später im Berufsleben speziali-sieren möchten. Bibliotheken sind immer sehr daran interessiert, Praktikanten auf-zunehmen, denn sie werden als günstige und enthusiastische Arbeitskräfte ange-sehen, die einen wertvollen Beitrag zur Arbeit der Bibliothek leisten.

Für den Abschluss des Bibliothekswis-senschaftlichen Programms ist es je nach Universität oft nicht nötig, eine Magis-terarbeit zu schreiben. Ein Studium ist erfolgreich abgeschlossen, wenn die be-nötigte Anzahl »credits« angesammelt wurde. Den Universitäten in den USA wird oft vorgeworfen, dass das Studium verschult sei. In der Tat ist der Ablauf ei-nes Semesters dem Schulalltag sehr ähn-lich. Alle Prüfungen und Tests müssen während des Semesters abgelegt werden. Lange »reading lists« müssen jede Wo-

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lichkeiten anbieten. Das Kursangebot im traditionellen Studiengang ist ebenfalls vom Einfl uss der Technologie geprägt. An der University of Pittsburgh beschäf-tigen sich 7 von 28 angebotenen Kursen im Frühjahrssemester ausschließlich mit einem Th ema, das mit Technologie zu tun hat. Das Niveau der Kurse ist hoch, zum Beispiel beschäftigt sich der Kurs »Information Architecture« mit: »Practi-cal and theoretical issues associated with information architecture in organizati-ons. User and organizational informati-on needs and uses provide the basis for the conceptual design of Web-based in-formation systems and methods for ana-lysis of stakeholder needs.«6

Die zur Auswahl stehenden Kurse setzen sich zum Teil aus Pfl ichtkursen und darauf aufbauenden Kursen zusam-men. Eine Auswahl von Pfl ichtkursen, die grundlegende Kenntnisse und Sach-verhalte vermitteln sollen, müssen von den Studenten belegt werden. Beispiele hierfür aus dem Lehrplan der University of Pittsburgh sind »Understanding In-formation«, »Organizing Information«, und »Retrieving Information«. Neben praktischen Fähigkeiten sollen hier auch kontroverse Th emen und ethische Fragen refl ektiert und diskutiert werden.

Neben den Pfl ichtfächern werden Kur-se angeboten, mit denen sich Studenten auf ein bestimmtes Gebiet spezialisieren können. Zum Beispiel gibt es für zukünf-tige Archivare Kurse wie »Archival Access and Advocacy« oder »Archival Represen-tation«. Allerdings reicht das Belegen der Pfl ichtkurse und der spezialisierten

4 »US News and World Report«: www.us-news.com/usnews/edu/grad/rankings/lib/brief/lib_brief.php

5 FastTrack MLIS: http://fasttrack.sis.pitt.edu/about/overview.htm, University of Pittsburgh

6 Department of Library and Information Science, University of Pittsburgh: www.sis.pitt.edu/%7Edlis/academics/course_de-scriptions/course2600.html#2600

In Amerika sind akademische Biblio-thekare den Professoren gleichge-

stellt und tragen ebenfalls den Professorentitel.

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che in Vorbereitung auf den Unterricht durchgearbeitet werden. Vorlesungen, wie sie zum Beispiel an deutschen Uni-versitäten gehalten werden, gibt es nicht. Das Arbeitspensum unter dem Semester ist sehr hoch. Das Abschlusszeugnis ent-hält die Noten, die in jedem Kurs erreicht wurden. Die Noten berechnen sich aus der Mitarbeit im Unterricht, aus Prüfun-gen, sowie Aufsätzen und Essays.

Das Berufsbild

In Amerika sind akademische Bibliothe-kare den Professoren gleichgestellt und tragen ebenfalls den Professorentitel. Professoren, die nicht Bibliothekare sind, brauchen neben ihrem Masters auch eine Promotion. Nachdem ein Professor eine Stelle mehrere Jahre innegehabt hat, er-hält er »tenure«, und hat damit die Stelle an dieser Universität auf Lebenszeit. Außer-dem ist es möglich, sich von der niedrigs-ten Stufe, dem »assistant professor«, zum »associate professor« und schließlich zum »full professor« befördern zu lassen. Diese Laufbahn steht Bibliothekaren ebenfalls off en, die allerdings statt einer Promotion neben dem Magister in Bibliothekswis-senschaften nur noch einen zweiten Ma-gister brauchen.

Trotz dieser Gleichstellung fühlen sich viele Bibliothekare oft nur als Professoren zweiter Klasse. Immer wieder ist die Kri-tik zu hören, dass sich Bibliothekare we-der von anderen Professoren noch von der Universität ernst genommen fühlen. Auf der anderen Seite macht es der Status, den Bibliothekare genießen, möglich, dass sie voll in das Universitätsleben integriert sind. Es wird von ihnen erwartet, dass sie zusammen mit Professoren an Projekten arbeiten und in Universitätsausschüssen und Gremien sitzen.

Ein wichtiger Aspekt des Universitäts-lebens ist das Organisieren von Geldern. So genannte »grants« sind ein fester Be-standteil der Finanzierung von Projekten. Grants werden von wohltätigen Organi-sationen verteilt. Ein Interessent muss sich mit einer detaillierten Bewerbung vielen Mitkonkurrenten stellen, und die Chancen, Gelder zu bekommen, sind of gering. Für die Bibliothekare ist das Schreiben von Bewerbungen für »grants« so wichtig, dass manche Universitäten speziell dafür Kurse anbieten.

Die Aufteilung der verschiedenen Ar-beitsgebiete ist in den USA ähnlich wie in Europa. »Reference librarians« sind dieje-nigen Bibliothekare, die in der Auskunft arbeiten. Ein großer Teil ihrer Arbeit besteht darin, Führungen, Kurse, Work-shops und Schulungen durchzuführen. An vielen Universitäten sind diese Bib-liothekare dafür verantwortlich, Kurse zur Vermittlung von Informationskom-petenz zu unterrichten (online oder vor einer Gruppe), die von Studenten als Teil ihres Studiums belegt werden müssen oder können. Es wird erwartet, dass die Initiative bei Schulungen von den »Refe-

Studenten, die ihren Abschluss durch ein Online-Programm absolvieren, und für Studenten mit Behinderungen gehört heute zum Pfl ichtenheft eines »reference librarians«. Ein weiteres Aufgabenge-biet ist es, Schulungs- und Informa-tionsmaterial zu erstellen. Dies reicht von gedruckten Flyern bis zu großen Projekten, wie der Erarbeitung von On-line-Tutorien oder einsemestrigen Kur-sen in »information literacy«. E-Mail- und Chat-Auskunft gehören ebenfalls zu den alltäglichen Aufgaben. Neben der Hilfestellung bei allen anfallenden Fragen, ist es auch Teil der Arbeit, an der Auskunftstheke Fragen per Telefon zu beantworten. Bibliothekare aus anderen Abteilungen beteiligen sich ebenfalls an der Auskunftsarbeit, normalerweise mit einem niedrigeren Stundenpensum. Es wird als selbstverständlich vorausgesetzt,

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rence«- und »Instruction«-Bibliotheka-ren ausgeht und nicht von den »subject librarians«, deren Aufgaben vergleichbar mit denen der Fachreferenten sind. Das Bereistellen von Serviceleistungen für

Es wird als selbstverständlich voraus-gesetzt, dass Bibliothekare in der

Auskunft bereit sind, am Wochenen-de und abends zu arbeiten. Die

Öffnungszeiten sind oft lang, und die Auskunft ist auch spät abends und

am Wochenende besetzt.

Marion Prudlo schloss 1996 an der Universität Tübin-gen ihren Magister (Hauptfach Ver-gleichende Litera-turwissenschaften) ab. Kurz darauf ging sie in die USA,

wo sie in einem einjährigen Studium an der University of Pittsburgh einen Masters of Library and Information Science absolvierte. Erste berufliche Erfahrungen sammelte Prudlo als Elec-tronic Resources Librarian. Ihre Kennt-nisse hat sie als Leiterin der Zeitschrif-tenabteilung an der City University of New York vertieft. Seit Februar 2005 ist Prudlo als Leiterin der Erwerbsabtei-lung an der Stadt- und Universitätsbib-liothek Bern angestellt. – Kontakt: [email protected]

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dass Bibliothekare in der Auskunft bereit sind, am Wochenende und abends zu ar-beiten. Die Öff nungszeiten sind oft lang, und die Auskunft ist auch spät abends und am Wochenende besetzt.

»Instruction librarians« sind Spezia-listen im Bereich Schulungen und auch oft der Auskunftsabteilung angegliedert. Ihre Aufgabe ist es, neben Führungen, allgemeinen Schulungen und Work-shops, eng mit Professoren zusammen zu arbeiten, um kursspezifi sche Schulungen

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durchzuführen und das Schulungspro-gramm der Bibliothek zu organisieren. Sie erstellen außerdem Unterrichtsma-terial, koordinieren die Arbeit anderer Bibliothekare, die ebenfalls unterrichten, und evaluieren die durchgeführten Schu-lungsaktivitäten. Es ist nicht ungewöhn-lich, dass von diesen Bibliothekaren er-wartet wird, dass sie 10 bis 15 Stunden pro Woche mit dem Unterrichten ver-bringen.

Vor ungefähr zehn Jahren kam neu der Beruf des »electronic resources librarian« auf. Die rasante Entwicklung des World Wide Web verlangte nach Bibliothekaren mit neuen Kompetenzen. Erfahrung in der Arbeit mit Web-Design und HTML sowie Datenbankkenntnisse wurden ge-braucht. Inzwischen gehört die Arbeit mit elektronischen Zeitschriften und Bü-chern sowie der elektronischen Auskunft zum Standardrepertoire. Ebenfalls Teil der Arbeit ist das Verhandeln mit Daten-bankanbietern, das Digitalisieren und Durchführen von Online-Schulungen mit Blackboard oder WebCT. Bibliothe-kare für elektronische Ressourcen sind der Erwerbungsabteilung, manchmal auch den Fachreferaten (»collection de-velopment«) untergeordnet.

Katalogisierer gehören zur Abteilung »technical services«, die neben dem Ka-talogisieren auch für das Administrieren des Bibliothekssystems verantwortlich ist. Das Beschlagworten und Katalogi-sieren von Zeitschriften wird ebenfalls dort durchgeführt. Da die meisten Bib-liotheken Mitglied bei OCLC (Online Computer Library Center) sind, besteht heute ein Großteil der Arbeit aus dem Kopieren von Fremddaten. Die Signier-

stelle ist ebenfalls dieser Abteilung ange-schlossen.

Die Erwerbung (»acquisitions«) ist oft keine eigenständige Abteilung, son-dern ist der Abteilung Technical Services unterstellt. In dieser Abteilung wird der Kauf von Materialien in allen Formaten organisiert und das Budget während des Jahres überwacht. Das Lizenzieren von elektronischen Ressourcen gehört zum Arbeitsalltag wie die Arbeit mit Geschen-ken und der Tausch.

Die Abteilung »collection develop-ment« (Fachreferate) besteht aus den »subject bibliographers« oder »subject specialists«, die für die Auswahl der Me-dien in einem bestimmten Fachgebiet zuständig sind. Weitere Aufgaben sind die Auskunft und das Durchführen von Schulungen. In kleineren Bibliotheken, die keine Fachreferenten haben, wird die Literaturauswahl von allen Bibliotheka-ren durchgeführt. Die Leitung der Ab-teilung koordiniert die Tätigkeiten der Fachreferenten und trägt die Verantwor-tung für den Bestandsaufbau. Wer als Fachreferent arbeiten möchte, braucht einen zweiten Magister neben dem bib-liothekswissenschaftlichen Abschluss.

Die Zeitschriftenabteilung ist meis-tens eine selbstständige Abteilung. Sie trägt die Verantwortung für das Be-arbeiten von gedruckten und oft auch von elektronischen Zeitschriften. Die Leitung der Abteilung steht in Kontakt

mit den Instituten und Fachreferenten und organisiert die Auswahl von neuen Abonnements und das Abbestellen von laufenden Zeitschriften. Normalerweise werden Zeitschriften nicht im Haus ge-bunden, sondern müssen an die Buch-binderei geschickt werden. Ältere Bände werden wegen Platzmangel oft durch Mi-krofi lme ersetzt.

In sehr großen Universitäten kann es sein, dass die Magazinverwaltung (»stacks management«) eine eigenständi-ge Abteilung ist. In kleineren Einrichtun-gen ist sie oft der Ausleihe unterstellt. Die Leitung dieser Abteilung wird von einem Bibliothekar innegehalten, während die Arbeit selbst, das heißt das Zurückstellen der Bücher ins Regal, von studentischen Hilfskräften erledigt wird. Da es in den

USA keine geschlossenen Magazine gibt, ist es besonders wichtig, ständig zu kon-trollieren, dass die Bücher in der richti-gen Reihenfolge im Regal stehen. Auch diese Aufgabe wird von studentischen Hilfskräften durchgeführt. Die Aufstel-lung der Bücher in akademischen Bib-liotheken erfolgt nach dem »Library of Congress«-Klassifi kationssystem.

Die Ausleihe (»circulation«) wird nor-malerweise auch von einem Bibliothekar geleitet, während das Verbuchen von stu-dentischen Mitarbeitern erledigt wird. Es ist ebenfalls Aufgabe der Ausleihe, Ser-vices anzubieten, wie die Verwaltung des

Semesterapparates in gedruckter Form als auch online. Die Fernleihe ist oft der Ausleihe unterstellt, in großen Bibliothe-ken kann sie auch eine eigenständige Ab-teilung sein.

Neben diesen groben Kategorien gibt es natürlich noch unzählige Spezialisten, die aber der einen oder anderen Kategorie zugeteilt werden können.

Fazit

Im Vergleich zur Situation in Deutsch-land, wo Bibliothekare für den höheren Dienst neben einem Magister noch die Fachhochschulausbildung brauchen und danach das Referendariat, ist das ameri-kanische System wesentlich straff er orga-nisiert. Nach dem Universitätsabschluss ist keine weitere formale Ausbildung nötig, durch Berufserfahrung und das Wechseln des Arbeitsplatzes kann sich jeder Absolvent nach oben arbeiten.

Trotz der persönlichen und beruf-lichen Bereicherung, die ein Studium und Berufserfahrung in den USA mit sich bringen können, muss jedoch damit gerechnet werden, dass eine im Ausland gemachte Ausbildung nicht den gleichen Stellenwert genießt, wie die deutsche.

Vor ungefähr zehn Jahren kam neu der Beruf des »electronic resources librarian« auf. Die rasante Entwick-lung des World Wide Web verlangte

nach Bibliothekaren mit neuen Kompetenzen.

Die Ausleihe (»circulation«) wird normalerweise auch von einem

Bibliothekar geleitet, während das Verbuchen von studentischen

Mitarbeitern erledigt wird.

Trotz der persönlichen und berufl i-chen Bereicherung, die ein Studium und Berufserfahrung in den USA mit sich bringen können, muss jedoch damit gerechnet werden, dass eine im Ausland gemachte Ausbildung

nicht den gleichen Stellenwert genießt, wie die deutsche.

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Heike Wienholz

Wo Kultur und Bildung noch Geld kosten dürfenDie Deutsche Zentralbücherei im dänischen Apenrade

»In den letzten Jahren wurde in Dä-nemark überall gespart, nur nicht bei Kultur und Bildung«, erklärt Nis-Edwin List-Petersen, Direktor der Deutschen Zentralbücherei in Apenrade. Er macht dabei ein zufriedenes Gesicht und sieht sogar ein bisschen stolz aus. Schließlich profi tiert auch seine Bibliothek von der dänischen Politik. Und tatsächlich scheint sich vor dem Besucher aus dem Süden in dem schmucklosen Flachdach-bau aus den Sechzigerjahren eine kleine, heile Bibliothekswelt aufzutun: Getreu dem Leitsatz »Bildung ist kostenlos« wird dort für keine der Dienstleistungen Geld verlangt, auch nicht für Fernleih-bestellungen. Aus dem Nachbarland, in dem Kultur und Bildung noch Geld kos-ten dürfen, berichtet die Bibliothekarin und Journalistin Heike Wienholz.

Alle 22 Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter der Deutschen Zentral-bücherei im dänischen Apenrade

sind fest angestellt, befristete Verträge gibt es nicht. Die zehn Bibliothekarinnen und Bibliothekare, von denen sechs in der Apenrader Hauptstelle arbeiten, wurden alle in Deutschland ausgebildet, dänische Muttersprachler sind nicht darunter.

Aber: »Wir müssen hier auf deutsch, dänisch und sønderjysk kommunizie-ren können«, betont Ute Hansen, die stellvertretende Leiterin der Bibliothek. »Sønderjysk« ist der Dialekt im südlichen Jütland, der nur wenig Ähnlichkeit mit dem »riksdansk«, dem Reichsdänischen, hat. Hansen arbeitet seit über 30 Jahren dort und springt in den Gesprächen mit den Benutzern routiniert von einer Spra-che zur anderen. In manchem deutschen Ausdruck ist der dänische Einfl uss kaum überhörbar. »Beschnacken«, was so viel heißt wie »besprechen«, ist zum Beispiel abgeleitet vom dänischen »snakke«.

Alle Benutzer werden, genauso wie im Dänischen, mit »du« angesprochen. Ge-siezt werden in Dänemark nur die Mit-glieder der königlichen Familie. Auch die berühmte dänische Freundlichkeit ist bei Hansen und ihrem Team an der Th eke zu spüren. Diese ist off enbar nicht auf Menschen beschränkt: An Freitagen kann es passieren, dass der Besucher von Benni begrüßt wird. Benni ist der Bibli-othekshund, der sich mit der Ruhe und Gelassenheit des Alters zwischen den Re-galen bewegt und so zur Wohlfühl-At-mosphäre beiträgt. Das Medienangebot der Bücherei ist zwar fast ausschließlich

deutschsprachig und richtet sich an die deutsche Minderheit, trotzdem ist man ausdrücklich off en auch für die dänische Mehrheitsbevölkerung. »Apenrade ist bekannt für seine Kunst- und Musik-abteilung, das Angebot wird auch gerne von Dänen genutzt. Bei ihnen verzeich-nen wir steigende Benutzerzahlen und nehmen darauf auch bei der Erwerbung Rücksicht«, sagt List-Petersen. Der stu-dierte Religionspädagoge ist seit 1999 Büchereidirektor.

Sein Aufgabenbereich beschränkt sich nicht auf Leitung und Geschäftsführung der Bibliothek, er ist gleichzeitig auch Kulturkoordinator der deutschen Min-derheit und arbeitet mit dem Kulturaus-schuss vom Bund Deutscher Nordschles-wiger (BDN) zusammen. Das General-sekretariat des BDN und die Historische Forschungsstelle für die deutsche Min-derheit befi nden sich im gleichen Gebäu-de wie die Bibliothek.

Dass deutsche Kulturinstitutionen so friedlich im dänischen Teil Schleswigs existieren und von den Dänen genutzt und damit akzeptiert werden, ist mit Blick auf die Geschichte des Grenzlandes alles andere als selbstverständlich. Die heutige deutsch-dänische Grenze gilt seit 1920, verläuft mitten durch das Herzog-tum Schleswig und war vor ihrer Festle-gung durch eine Volksabstimmung jahr-zehntelang hart umkämpft. Nördlich von ihr leben heute noch rund 20 000 Angehörige der deutschen Minderheit. Die deutschen Nordschleswiger haben neben ihrer Bibliothek auch ihre eigenen Schulen und sogar eine Tageszeitung.

Schmuckloser Flachdachbau aus den Sechzigerjahren: Die Deutsche Zentralbücherei im dä-nischen Apenrade besticht durch ihre Ausstattung, weniger durch ihr Äußeres.

(Foto: Deutsche Zentralbücherei Apenrade)

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Land zwischen den Meeren

Nordschleswig ist ein Land zwischen den Meeren: Dort ist Jütland am schmalsten, in gerade mal einer Stunde fährt man auf wie mit dem Lineal gezogenen Landstra-ßen von der Nord- zur Ostsee, durch end-lose Raps- und Getreidefelder. Nur hin und wieder tauchen einzelne Gehöfte mit Klinkerhäusern unter windgebeugten Bäumen auf. Oft tragen sie Namen, die auf »lund« enden. Das bedeutet »Wäld-chen«, wie das Wörterbuch verrät.

Die Städte Nordschleswigs fi nden sich vornehmlich auf der Ostseite. Hier lie-gen Orte wie Aabenraa, Haderslev und Sønderborg, die neben ihrem offi ziellen dänischen Namen alle auch noch einen deutschen haben: Apenrade, Hadersle-ben, Sonderburg. Dass Apenrade das un-gekrönte Zentrum der deutschen Min-derheit ist, fällt dem Besucher allerdings nicht sofort ins Auge, denn sämtliche Orts- und Straßenschilder tragen nur die offi ziellen dänischen Namen.

Die Bibliothek als deutsche Sprachinsel

Die Zentralbücherei ist also eine der deutschen Sprachinseln in einem däni-schen Umfeld. In dieser Funktion sind deutsche Tages- und Wochenzeitungen sowie Publikumszeitschriften ein wichti-ger und gut genutzter Teil des Medienan-gebotes. Im Auslageregal in der gemütli-chen Leseecke fi ndet sich natürlich auch der »Nordschleswiger«, die einzige deut-sche Tageszeitung in Dänemark, und das Gegenstück aus Schleswig-Holstein: die dänischsprachige »Flensborg Avis«. Bei-de Blätter sind neben ihrer Funktion als Regionalzeitungen auch Sprachrohre der Minderheiten diesseits und jenseits der Grenze.

Außer in der Zeitungsecke fi ndet man noch an einer anderen Stelle Gedrucktes auf Dänisch: Zum Th ema »Heimatkun-de Nordschleswig«, ihrem Sondersam-melgebiet, erwirbt die Bibliothek Litera-tur in allen Sprachen, vor allem deutsche, dänische und friesische Bücher.

Die Printmedien werden gut genutzt und stellen mit 78 Prozent noch den Löwenanteil des Bestandes. Angesichts von 350 000 Entleihungen pro Jahr sieht List-Petersen die traditionelle Buchaus-leihe auch nach wie vor als erfolgreich an. Das bedeute aber nicht, dass bei den neuen Medien gespart werde, betont der Büchereidirektor: Insgesamt werden pro Jahr und Einwohner sieben Medien ge-kauft, darunter auch viele CDs und seit Oktober 2004 bereits 570 DVDs. Dieses

Angebot wird natürlich besonders gut von den Jugendlichen genutzt, genauso wie die acht PC-Arbeitsplätze mit Inter-netzugang. Von den Urlaubern wissen wohl zu wenige, dass sie hier ungehindert ihre E-Mails abrufen könnten – in vielen dänischen Stadtbüchereien der Region ist dagegen an den Benutzer-PCs die @-Tas-te gesperrt wie auch in den meisten Tou-risten-Informationen.

Ohne Mama in die Bibliothek

Ein beinahe lebensgroßer Plüschtiger be-wacht den Bereich mit den Kindermedi-en, der sich gleich rechts vom Eingang in Sicht- und Hörweite der Th eke befi ndet. Anders als in Deutschland sind dort aber nur selten Mütter mit ihren Kindern zu sehen. »Wann sollten die denn kommen? Die Frauen arbeiten, und die Kinder sind im Hort und später in der Ganztagsschule«, erklärt Hansen den dänischen Alltag, in dem auch die deutschen Nordschleswi-gerinnen keine Ausnahme machen.

Dafür werde die Bücherei aber oft in den Unterricht an den deutschen Schulen mit einbezogen. Lehrer, die mit ganzen Schulklassen den Kinder- und Jugendbe-reich ansteuerten, seien keine Seltenheit, erzählt Hansen. Die stellvertretende Bü-chereileiterin hat heute zwei erwachsene Kinder – auch sie hat immer gearbeitet. Das berufl iche Umfeld habe sie dabei un-terstützt: »Zum Teil hatte ich ein Kind im Wagen mit hier«, erinnert sie sich und zeigt auf den Personalbereich hinter der Th eke.

Neben der Zentralbücherei, die 1967 eröff net und 1984 durch einen Anbau er-weitert wurde, gibt es im Gebiet der deut-schen Minderheit noch vier »Filialbib-liotheken«. Diese fi nden sich in Tondern (Tønder), Sonderburg (Sønderborg), Tingleff (Tinglev) und Hadersleben (Ha-derslev). Ihren Leiterinnen stehen eigene Budgets für die Medienerwerbung zur Verfügung, denn sie kennen ihre Klientel so gut, dass sie den Einkauf auf deren Be-dürfnisse abstimmen.

Anke Haagensen, Lokalredakteurin beim Nordschleswiger, ist in Tondern aufgewachsen und war von klein auf Stammgast in der dortigen Zweigbiblio-thek. »In der kleinen Bücherei haben die praktisch kein Buch gekauft, was sie mir dann nicht erst einmal in die Hand ge-drückt hätten!«, erinnert sie sich.

Deutsche Schulbibliotheken gibt es in Nordschleswig nicht, 16 deutsche Schu-len werden aber regelmäßig mit Klas-sensätzen beliefert. An die Fremdenver-kehrsorte in der Region verleiht die deut-sche Zentralbücherei während der Saison Blockbestände.

Mit der »Bring-Bibliothek« aufs platte Land

Klar: In einem so dünn besiedelten Landstrich wie Nordschleswig, wo die Angehörigen der deutschen Minderheit noch dazu weit verstreut leben, muss die Bibliothek mit ihrem Service auch hin-aus aufs sprichwörtlich platte Land. Dass auch dort die Versorgung mit deutsch-sprachigen Medien klappt, dafür sorgen Monika Knutzen und Jörgen Nissen. Auf den beiden Bücherbussen, mit denen sie ihre Touren fahren, prangt das bunte Bib-liothekslogo und die Internetadresse: www.buecherei.dk.

Erst wenn ein Kunde mehr als fünf Kilometer von der nächsten deutschen Bibliothek entfernt wohnt, kommt der Bücherbus zu ihm nach Hause. Ausnah-men werden aber gemacht, zum Beispiel bei sehr alten Menschen. »In 50 Prozent aller Fälle bringen wir die Bücher sogar ins Haus«, erzählt Knutzen. Die Biblio-thekare kennen die Wünsche ihrer Kun-den off enbar so gut, dass diese oft gar nicht mehr im Bücherbus stöbern möch-ten – die viel geforderte »Bring-Biblio-thek« in ganz wörtlichem Sinne.

Zuschüsse von beiden Staaten

Der vielfältige Service für die deutsche Minderheitsbevölkerung fi ndet unter dem Dach des Verbandes Deutscher Bü-

Ausland

Die heutige deutsch-dänische Grenze gilt seit 1920, verläuft mitten durch das Herzog-tum Schleswig und war vor ihrer Festlegung durch eine Volksabstimmung jahrzehnte-lang hart umkämpft.

(Grafik: Heike Wienholz)

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chereien Nordschleswig statt, der 1949 gegründet wurde. Sein ehrenamtlicher Vorstand wird jeweils für drei Jahre ge-wählt, ernennt den Bibliotheksdirektor und hat darüber hinaus vor allem eine Kontroll- und Vermittlungsfunktion. Lokalredakteurin Haagensen ist seit acht Jahren Mitglied des Vorstandes. »Wir planen vor allem die Zukunft. In den laufenden Betrieb mischen wir uns nur ein, wenn es Probleme gibt und vermit-telt werden muss«, sagt sie. Die wichtigste Aufgabe sei es, die fi nanziellen Zuschüsse immer wieder sicherzustellen.

Auf diese ist die Bücherei in der Tat angewiesen, denn wegen des geltenden »Gratis-Prinzips« darf sie keine Bezah-lung für ihre Dienste verlangen. Die ei-genen Einnahmen beschränken sich da-her auf Mahngebühren und Drittmittel, die mit einem Anteil von zwei Prozent am Jahresbudget aber bislang kaum ins Gewicht fallen, wie List-Petersen erklärt. Pro Jahr hat die Bücherei etwa zehn Mil-lionen Dänische Kronen (circa 134 000 Euro) zur Verfügung, zwei Drittel sind Bundesmittel vom deutschen Staat. Ein Drittel des Budgets kommt vom dä-nischen Staat hinzu, dabei ist auch ein kommunaler Anteil. Nach der großen Kommunalreform, die 2007 in Kraft tritt, wird dieser Anteil wohl auch noch vom Staat übernommen werden, meint der Büchereidirektor. Er erwartet ohne-hin, dass die Zusammenlegung der bis-herigen Verwaltungseinheiten »Amt« zur größeren »Region« noch ganz andere He-rausforderungen mit sich bringen wird.

»Im bundesdeutschen Vergleich sind wir hier sehr gut ausgerüstet, für Däne-mark ist unser Standard aber nichts Be-sonderes. Hier liegen wir bestenfalls im Mittelfeld«, stellt List-Petersen klar – He-rausforderungen gibt es also genügend.

Bibliotheksgesetz sichert Existenz und professionelles Personal

In Dänemark gilt das Bibliotheksgesetz aus dem Jahr 2000, auf dessen Grundlage auch die Deutsche Zentralbücherei arbei-tet. Das Gesetz schließt Öff entliche und wissenschaftliche Bibliotheken ein und sichert deren Existenz sowie den Einsatz professionellen Personals. Festgeschrie-

ben ist weiter das bereits erwähnte »Gra-tis-Prinzip« und der freie Zugang für alle Bürger zu den Angeboten (»fri låneret«). Dazu gehört auch die Bereitstellung eines einfach zu handhabenden elektronischen Nationalkataloges mit Bestellsystem. Dieser fi ndet sich unter www.bibliotek.dk und wird von Kunden wie Bibliotheks-mitarbeitern gleichermaßen benutzt.

Dies sind nur wenige Beispiele für die direkten Auswirkungen des Bibliotheks-gesetzes. In anderen Punkten müssen die formulierten Ziele erst noch erreicht wer-den. Eine der großen Herausforderungen ist es, die digitalen Angebote sichtbarer zu machen und sie für die Öff entlichkeit nachvollziehbar mit dem physischen Ort Bibliothek in Verbindung zu bringen.1

Das dänische Bibliotheksgesetz defi -niert Bibliotheken nicht als reine »Ent-leihstationen«, sondern gleichzeitig als Kulturvermittler. So versteht sich auch die Deutsche Zentralbücherei und fristet in der Tat kein bibliothekarisches Mau-erblümchendasein: Sie ist ein wichtiges Forum im lokalen und regionalen Kul-turleben und wird als solches auch in der Öff entlichkeit wahrgenommen. Über 40 Lesungen, Vorträge, Literaturcafés und Ausstellungen werden pro Jahr organi-siert. Im kurzen schleswigschen Küsten-sommer kann der Besucher sogar Kon-zerte unter freiem Himmel genießen. Wenn das Wetter es zulässt, kommt zwi-schen den Rhododendrenbüschen eine fast südländische Atmosphäre auf. Hier schwirrt dann des Abends das deutsch-dänische Sprachgemisch der Einheimi-

schen durch den Innenhof der Bibliothek – die deutsche Minderheit scheint fast wie eine große Familie, man kennt sich.

Bonn-Kopenhagener Erklärungen als Grundstein

Im vergangenen Jahr fanden zum 50. Jahrestag der Bonn-Kopenhagener Er-klärungen grenzüberschreitende Ver-anstaltungen statt, an denen sich die Deutsche Zentralbücherei beteiligte, so zum Beispiel das Minority-Filmfestival Flensburg-Aabenraa. Die Bonn-Kopen-hagener Erklärungen wurden 1955 von Konrad Adenauer und dem damaligen dänischen Staatsminister H.C. Hansen unterschrieben und gelten als politische Grundlage für das heute vorbildliche Zusammenleben von Minderheiten und Mehrheitsbevölkerung im Grenzland.

Obwohl diese positive Entwicklung in Europa ihresgleichen sucht, ist weiterhin von beiden Seiten Aufmerksamkeit und Interesse an der jeweils anderen Kultur notwendig. »Deutschland ist mehr als Zweiter Weltkrieg und Prostituierte am Bahnhof Zoo« lautete die Überschrift ei-nes Interviews mit Flemming Talbo Stub-kjær im Nordschleswiger im Juli 2005. Darin beklagt der Professor für Deutsch-studien an der Süddänischen Universität Odense das negative Bild, das dänischen Schülern immer noch von Deutschland vermittelt wird. Er äußert sich besorgt über die Krise des Faches Deutsch: Im-mer mehr junge Dänen wählten die Spra-che ab und könnten sich mit den deut-

Ausland

1 Vgl. »Das dänische Bibliothekswesen unter besonderer Berücksichtigung des Biblio-theksgesetzes« und »Zukunft der Biblio-theken – der dänische Weg«: Vorträge von Nis-Edwin List-Petersen, gehalten auf der Fachstellentagung in Bad Urach, 6. bis 8. Juni 2005

Eine »gefährliche Brutstätte des Geistes«: der Auskunftsplatz in der Zentralbücherei von Apenrade (Foto: Heike Wienholz)

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schen Nachbarn nur noch auf Englisch unterhalten.

Minderheitenbibliotheken stärken Brückenfunktion

Kooperation tut also Not, auch zwischen den Bibliotheken. Bei der grenzüber-schreitenden Zusammenarbeit spielt die deutsche Zentralbücherei eine aktive Rolle. Von jeher kooperiert man eng mit dem schleswig-holsteinischen Bücherei-wesen, seit sechs Jahren aber auch mit den dänischsprachigen Bibliotheken im Grenzland: Den Anstoß gab 1999 ein grenzüberschreitendes Vernetzungspro-jekt: »Das gemeinsame Grenzlandportal im Bibliothekswesen bringt auch den Minderheitenbüchereien in weiteren Kreisen Beachtung«, unterstreicht List-Petersen.2

Im Deutsch-dänischen Bibliotheksfo-rum haben sich die großen Bibliotheken nördlich und südlich der Grenze zusam-mengeschlossen und wirken unter ande-rem auf eine nahtlose grenzüberschrei-tende Literaturversorgung hin. Um die Bedeutung der Bibliotheken in der Euro-region Sønderjylland/Schleswig sichtbar zu machen, wurden 2004 Aktionswo-chen unter dem Motto »Die Lebendige Bibliothek« durchgeführt.

Damit die Mitarbeiter sich gegenseitig kennen lernen, haben die Bibliotheks-leiter zudem die Deutsch-dänischen Bibliothekstage ins Leben gerufen. Die gegenseitigen Besuche erweitern den Blick: »Die Dänen sehen bei den Besich-tigungen deutlich den Unterschied im Standard und formulieren ihre Eindrü-cke auch«, berichtet List-Petersen.

Besonderes fruchtbar ist die Zusam-menarbeit der Deutschen Zentralbib-liothek Apenrade mit der Dansk Cen-

tralbibliotek for Sydslesvig in Flensburg.3 Diese bedient vornehmlich die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein, erfüllt also auf der anderen Seite der Grenze eine ganz ähnliche Aufgabe.

Der Apenrader Bibliotheksdirektor betont, welch wichtige, aktive Rolle die

beiden Minderheitenbüchereien bei den deutsch-dänischen Kooperationen spie-len.

Ob der große Hans Christian An-dersen, gemeinhin als Märchendich-ter bekannt, die gute Entwicklung im Grenzland schon vorausgesehen hat? Im Jahr 1849 hat er sich gegenüber dem dä-nischen Diplomaten Preben Bille-Brahe mit Bezug auf die Grenzstreitigkeiten Dänemarks mit den Nachbarn Schweden und Deutschland folgendermaßen geäu-ßert: »Die Dänen sind immer hartnäckig, wenn sie recht haben. Sie vergessen, dass sie klein sind, vergessen, auf ihren rechten Vorteil zu sehen […]. Aber es wird eine Zeit kommen, da es [Dänemark] seine Stellung versteht, nämlich, dass es eine Brücke ist zwischen Deutschland und dem Norden […].«

Zur Erfüllung dieser Brückenfunkti-on tragen die Minderheiten auf beiden Seiten der Grenze und nicht zuletzt ihre Bibliotheken erfolgreich bei.

Deutsch-dänische Internet-Tipps:

� Portal zu den Bonn-Kopenhagener Erklärungen: www.b-k-e.info

� Deutsche Zentralbücherei Apenrade: www.buecherei.dk

� Deutsch-dänisches Bibliotheksfo-rum: www.bib.region.dk

� Aktion »Die lebendige Bibliothek«: www.bibforum.net

Buchtipps:

� Grenzlandstory für Krimiliebhaber: Martina Bick: Heute schön, morgen tot. Hamburg: Argument-Verlag, 2002

� Nordschleswig: Landschaft, Men-schen, Kultur. Hrsg. Von Gerd Stolz und Günter Weitling für den Bund Deutscher Nordschleswiger anlässlich des 50. Jahrestages der Bonn-Kopen-hagener Erklärungen im Jahre 1955. Husum, 2005

2 Vgl. Sonderausgabe des »Nordschleswiger« am 26. März 2005 zum 50. Jubiläum der Bonn-Kopenhagener Erklärungen

3 Bibliotheksportrait in BuB 53(2001)10/11, Seite 632–635

Die »Bring-Bibliothek« fürs platte Land: einer der beiden Bücherbusse auf dem Parkplatz vor der Bücherei (Foto: Heike Wienholz)

Kooperation tut Not, auch zwischen den Bibliotheken. Bei der grenzüber-schreitenden Zusammenarbeit spielt die deutsche Zentralbücherei eine

aktive Rolle.

Heike Wienholz, Abschluss als Di-plom-Bibliotheka-rin (WB) 2001 an der damaligen HBI Stuttgart. 2001 bis 2004 Bibliothek der Fakultät für Klinische Medizin

Mannheim der Universität Heidelberg. Seit Oktober 2004 Aufbaustudium Journalistik an der Universität (Stutt-gart-) Hohenheim. Im Sommer 2005 Praktikum beim »Nordschleswiger«, der deutschen Tageszeitung in Däne-mark. – Kontakt: [email protected]

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Dietrich Trung Dobis

Praktikum im Tempel der deutschen Literatur in HanoiEin persönlicher Reisebericht mit Abstecher in die vietnamesi-sche Nationalbibliothek

Als ich im Juni 2005 die Nachricht erhielt, mein Praxissemester in der Bibliothek des Goethe-Instituts in Hanoi absolvieren zu können, stockte mir der Atem. Auf Empfehlung hatte ich mich dort ein halbes Jahr zuvor beworben – und jetzt, ein dreiviertel Jahr später, rechnete ich gar nicht mehr damit, eine Zusage zu bekommen. Die Vorberei-tungen für den Aufenthalt mussten also schnell getroffen werden: Visa bean-tragen, Arzttermine und so weiter. Da ich schon einige Male Vietnam besucht hatte und meine Mutter aus Ho Chi Minh Stadt stammt, legte sich meine Aufregung allmählich, auch wenn es für das nächste halbe Jahr bedeuten würde, getrennt von meiner Freundin und mei-ner Hündin Berta zu sein. Statt mit dem Hund spazieren zu gehen, hieß es schon bald, Hund essen zu gehen!

Zum ersten Mal war ich 1991 in Vietnam. Damals hatte das Land gerade die Grenzen geöff net. Auf

den Straßen fuhren kaum Autos und Motorräder. Es waren hauptsächlich Militär-Fahrzeuge und alte Lastwagen unterwegs. Wir hatten uns damals Fahr-räder ausgeliehen und sind über unbefes-tigte Straßen gefahren. Die Vietnamesen schauten uns ungläubig hinterher und lachten.

Heute, 15 Jahre später, ist man in den Großstädten als Ausländer nichts Beson-deres mehr. Zwar wird noch immer viel gelacht, wenn man sich auf einem Rad durch die Stadt bewegt, aber das nur, weil Vietnamesen immer gerne lachen, mit besonderer Vorliebe über Geschichten, in die Ausländer verstrickt sind. Diese Geschichten werden noch Jahre später erzählt.

2004 erließ Hanoi einen Zulassungs-stopp für Motorräder. Inzwischen fahren tausende Menschen geschäftig durch die Straßen, und die Hektik einer modernen Metropole hat sich unmerklich in diese alte traditionsreiche Stadt geschlichen. Morgens früh um 8 Uhr bin auch ich Teil dieser lärmenden und bewegten Haupt-stadt. Mein Arbeitsweg zum Goethe-Ins-titut beträgt ungefähr 15 Minuten. »Nur« 15 Minuten, weil ich mir eine Honda Wave gekauft habe. Es ist hier eines der gängigen Motorräder, fast zu vergleichen mit einem Golf in Deutschland.

Mit dem Fahrrad würde ich etwas län-ger brauchen. Außerdem müsste ich mir dann extra Kleidung mitnehmen, denn auch jetzt noch, Ende November, ist es um die 28° Grad warm – und verschwitzt in der Bibliothek ankommen, wäre doch eher unangenehm. Also genieße ich den Fahrtwind und bin dankbar für eine klei-ne Erfrischung am Morgen.

Das Goethe-Institut Hanoi ist 2001 in ein neues Gebäude an die Nguyen Th ai Hoc St. gezogen. In jenem Viertel liegen viele Botschaften und offi zielle Einrich-tungen. Unweit vom Ho Chi Minh-Mausoleum und dem Literaturtempel. Letzterer ist ein Anlaufpunkt für Tou-risten. Der Tempel ist in der Geschichte Vietnams ein wichtiger Ort, denn dort wurden zu Zeiten des Kaiserreiches die Gelehrten des Landes ausgebildet. Ge-schriebene Literatur fi ndet man in die-sem Tempel allerdings nicht mehr. Dafür muss man schon die Straße überqueren und zu uns in das Goethe-Institut kom-men.

Ein Hauch von Exotik

Dort sitze ich dann mit meinen netten Kollegen, Dr. Son und Herrn Phuong, im Tempel der Literatur – der deutschen Literatur. Herr Son hat seine Promotion in Bibliothekswesen an der Humboldt Universität in Berlin abgelegt. Er lebte insgesamt drei Jahre in Deutschland und

Das »Café Goethe« hat seine Tische draußen stehen und macht so den Bibliothekseingang zu einem lebendigen Ort des Austausches zwischen deutscher Küche und deutscher Litera-tur – mit einem Hauch von asiatischer Exotik. (Fotos: Dietrich Trung Dobis)

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spricht daher fl ießend Deutsch. Als Lei-ter der Bibliothek hat er seine Tätigkeit im Jahr 1998 aufgenommen. Die Bib-liothek befi ndet sich im Innenhof des Institutes. Das »Café Goethe« hat seine Tische draußen stehen und macht so den Bibliothekseingang zu einem lebendigen Ort des Austausches zwischen deutscher Küche und deutscher Literatur mit einem Hauch von asiatischer Exotik.

Die Bibliothek ist aufgeteilt in ein In-formationszentrum und in die eigentli-che Bibliothek. Dort befi nden sich circa 15 000 Medieneinheiten. Es sind Bücher aus allen Fachgebieten. Ob Philosophie oder Politik, Kunst oder Kinderbücher, der Bestand an Büchern ist in jeder Sparte

zwar auch Deutsch gelehrt, doch meist ist der Sprachunterricht dort nicht ausrei-chend, um das große Ziel zu erreichen, in Deutschland zu studieren.

Beliebt bei vietnamesischen Studenten sind die Studiengänge Wirtschaft und Maschinenbau. Mir wird bei der Arbeit immer wieder klar, dass Deutschland gerade für diese Fächer sehr bekannt ist, und dass ein guter Job auf diejenigen war-tet, die es schaff en, in Deutschland ein Studium abzuschließen. Im Vergleich zu den üblichen Jobs in Vietnam, kann man mit einem deutschen Hochschulab-schluss in der Tasche erwarten, dass das monatliche Gehalt etwas höher als 200 US-Dollar ausfällt.

Die Bücher, die man bei uns im Ins-titut vorfi ndet, seien sonst in Vietnam nicht erhältlich, höre ich als Antwort auf meine Frage, warum die Studenten denn nicht die Universitätsbibliothek benutzen. Es gibt zwar Kooperationen mit den Universitäten, doch auf offi ziel-ler Seite ist man damit eher unglücklich. Die Möglichkeit des freien Zugangs zur Bildung, und damit auch zu Bibliothe-ken, wird gleichzeitig auch als ein Verlust der Kontrolle des Staates empfunden. Es verwundert daher nicht, dass mich nicht nur junge, wissbegierige Vietnamesen ansprechen, ich unterhalte mich auch oft mit einem älteren Herrn, der jeden Tag die Bibliothek besucht, bevor er sein En-kelkind vom Kindergarten abholt.

Herr Tuan Anh lebte in den Siebziger- und Achtzigerjahren in Deutschland, in

Leipzig und Dresden. Er war Teil eines Austauschprogramms unter den beiden ehemaligen sozialistischen Brüderstaa-ten. Anschließend bekam er eine An-stellung in einer Fabrik und war für drei Jahre mit einer deutschen Frau verheira-tet. Nach dem Fall der Mauer ist er dann wieder zurück nach Vietnam gegangen. »Aber«, so sagte er mir, »ich vermisse schon ein paar Dinge aus Deutschland. Die Bibliotheken, zum Beispiel, vermisse ich sehr. Dort habe ich während meines Studiums immer gerne Zeit mit Lesen verbracht und außerdem auch meine da-malige Frau kennen gelernt.«

Melancholische Vietnamesen

Vietnamesen sind ein bisschen melan-cholisch und machen daraus auch kein Geheimnis. In Vietnam, so Herr Tuan Anh, gebe es zu wenig gute Bücher, daher käme er immer gerne zu uns, weil wir ja alles hier hätten. Dr. Son will derweil Ein-spruch erheben und erklärt, dass wir noch lange nicht genügend Bücher zu Verfü-gung hätten. Er hätte gerne ein größeres Budget, aber leider ist das Goethe-Insti-tut als deutsche Einrichtung zum Sparen gezwungen. Herr Tuan Anh betont aber immer wieder, ihm würde das Angebot so schon reichen. »Solch eine Auswahl an deutscher Literatur würde ich sonst nir-gendwo in Vietnam bekommen.«

Und da mag er Recht haben. In den Bibliotheken des Landes gibt es keine ver-gleichbare Menge an deutscher Literatur.

Ausland

ausreichend gefüllt. Hegel und die »Deut-sche Parteiengeschichte« sind ebenso ver-treten wie Horst Jansen-Bildbände und die »Sammlung der Grimms Märchen«.

In den Zeitschriftenregalen liegen Zei-tungen wie die »Süddeutsche« oder »Die Zeit«, aber auch Magazine wie »Der Spie-gel« und Frauenzeitschriften wie »Brigit-te« – und noch einiges mehr. Aktuell sind sie nicht immer, denn es kommt oft vor, dass die Lieferung mit Verspätung in Ha-noi eintriff t. Das tut dem aktuellen In-formationsangebot aber keinen Abbruch, denn im Informations-Zentrum liegen als E-Paper diverse Tagesblätter vor. An den 20 Computern ist der Zugang, un-ter Vorlage des Benutzerausweises, zum Internet möglich. Viele Musik-CDs, Hörkassetten und Videos ziehen die Auf-merksamkeit der Besucher auf sich. Auf den PCs liegen Lernprogramme für die Schüler bereit, wobei die Hörübungen ein wichtiger Bestandteil sind.

Meine Arbeit in der Bibliothek be-steht neben den üblichen Tätigkeiten, wie Katalogisierung und Sortierarbeiten, auch in der Betreuung der Schüler. Das heißt vor allem Dialoge führen und die richtige Literatur zu bestimmten Th e-men heraussuchen. An den rund 45 Plät-zen blicken, hinter Stapeln von Büchern, die konzentrierten Lernenden hervor. Viele Studenten nutzen das Angebot des Goethe-Instituts als zusätzliche Qualifi -kation, denn an den Universitäten wird

Die Menge an Menschen, die aus und in die Bibliothek strömt, er-

schlägt einen fast. Die rege Betrieb-samkeit erinnert eher an einen

Bahnhofsvorplatz, denn an eine stille Oase der Bildung. Ganz nach dem

Motto: Wer zu erst kommt, wird der Klügste.

Eingang zur vietnamesischen Nationalbibliothek: ein restaurierter Kolonialbau der Dreißi-gerjahre des vorigen Jahrhunderts

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Auch in der Vietnamesischen National-bibliothek (NLV), der »Th u Vien Quoc-Gia«, gibt es nur einen kleinen Bestand an deutschsprachiger Literatur. Obwohl in Hanoi rund 60 000 deutschsprechen-de Vietnamesen leben, vietnamesische Übersetzungen aus der deutschen Li-teratur gibt es wenige. Die NLV ist die zentrale Bibliothek der Sozialistischen Republik Vietnam. Zuständige Behör-de ist das Ministerium für Kultur und Informationen. Die Angehörigen dieses Ministeriums müssen alle drei Monate eine Schulung des »Komitees für Ideo-logie« besuchen, in der ihnen mitgeteilt wird, wie ihre Bibliothek geführt werden soll. Zensur wird oft ausgeübt, daher sind Aktualität und Informationsgehalt der Medien viel zu gering. Erst wenn ein entsprechendes Buch auf dem Schwarz-markt auftaucht, ist das Komitee nach einschlägiger Prüfung bereit, das Buch in den Bestand zu nehmen.

Die NLV ist verantwortlich für das Sammeln von inländischen und ausge-suchten ausländischen Büchern, Zeitun-gen und Zeitschriften. Hinzu kommen Dissertationen von vietnamesischen Graduierten sowie von Auslands-Vietna-mesen. Alle Titel durchlaufen dabei die Zensur. Es gibt noch immer die Kataloge von vor 1954, bekannt als Indochina-Ka-taloge, sie sind in zwei Kategorien geteilt:

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Kataloge der ausländischen Sprache (vor-wiegend Französisch) und Kataloge der in Indochina publizierten Literatur.

Das Gebäude, welches die Bibliothek beherbergt, ist ein restaurierter Kolonial-bau der Dreißigerjahre des vorigen Jahr-hunderts. Die Menge an Menschen, die aus und in die Bibliothek strömt, erschlägt einen fast. Mit meinem Motorrad versu-che ich, mir einen freien Parkplatz er er-gattern. Die rege Betriebsamkeit erinnert eher an einen Bahnhofsvorplatz, denn an eine stille Oase der Bildung. Ganz nach dem Motto: Wer zu erst kommt, wird der Klügste.

In der Eingangshalle bietet sich ein Bild der absoluten Harmonie. »Wo sind all die Menschen hin?«, frage ich mich, und stelle anhand des Gebäudeplans fest, dass sich die Massen irgendwie in den

fünf Ebenen und sechs Gebäuden des Geländes verteilen müssen. Ich bin erst-mal orientierungslos, schleiche durch die Eingangshalle und werfe Blicke auf die 24 Computer, auf denen ein Opac zu se-hen ist. Ich traue mich, an einen heranzu-treten und versuche, meine Suchanfrage zu starten. Es funktioniert nicht. Mein Vietnamesisch ist noch nicht gut genug, um die ganzen Suchkriterien lesen zu können. Der von der Unesco eingeführ-te Katalog/Opac ist wohl nur für dieses Land konzipiert? Wahrscheinlich liegt es aber doch eher an mir.

Vietnamesen haben ein Gespür dafür, wenn ein Ausländer hilfl os in der Gegend herum schaut. Es gibt keine großen Be-rührungsängste, wenn es darum geht, hilfsbereit zu sein, und so kommt prompt eine junge Frau auf mich zu, lächelt mich verheißungsvoll an. Ich sage: »Sinh Chau« (Hallo), und sie fragt mich gleich auf Englisch, ob sie mir helfen könne. So beginnt mein Rundgang durch die NLV. Ein Ort, wie ich gleich bemerke, der für

die Vietnamesen etwas ganz besonders ist.

Wie auf der Schulbank

Giang ist Studentin der Wirtschaftswis-senschaften. Sie möchte gerne nach Ab-schluss des Studiums in Amerika arbei-ten, dann könnte sie ihre Eltern fi nanziell unterstützen. Aber nur für eine Weile, denn ihre ganze Familie und ihr Freund leben in Hanoi. Und sie liebt wie alle Ein-wohner ihre Stadt. Ihre Eltern besitzen hier ein Restaurant.

Giang erzählt mir nicht nur ihre Le-bensgeschichte, während wir durch Lese-säle schlendern, sondern auch Geschich-ten über die Besonderheiten der Biblio-thek. Es ist zum Beispiel üblich, dass man sich teilweise für die Benutzung be-stimmter Bücher vorher im zuständigen Büro anmelden muss. Dabei werden, es kommt auf das Buch an, eventuell Fragen gestellt. Wozu man das Buch denn brau-che, zum Beispiel. Diese Prozedur, sagte Giang, sei sehr anstrengend, denn oft sei die Vergabe letztlich willkürlich. In den Gängen der NLV sieht es so aus, wie in ei-nem alten Staatsgebäude der ehemaligen DDR. Etwas altbacken, denke ich, und trete in einen der vielen Lesesäle ein. Sel-ten nur komme ein »Ausländer« hier rein, sagt mir Giang, während ich merke, wie die Aufmerksamkeit der vorwiegend jun-gen Studenten plötzlich nicht mehr den Büchern gilt, sondern mir, dem Fragen stellenden Weißen.

Der Lesesaal sieht eher aus wie ein zu groß geratenes Klassenzimmer. Wie auf

Dietrich Trung Dobis, Jahrgang 1977, ist gelernter Buchhändler, der sich entschied, ab dem Jahr 2004 Biblio-theks- und Informationsmanagement an der HAW Hamburg zu studieren. Seine Mutter ist Vietnamesin und in den Sechzigerjahren nach Deutsch-land gekommen: Ein Grund für die Bewerbung als Praktikant beim Goe-the-Institut in Hanoi. – Kontakt: [email protected]

In den Gängen der vietnamesischen Nationalbibliothek sieht es so aus, wie in einem alten Staatsgebäude der ehemaligen DDR. Etwas alt-

backen, denke ich, und trete in einen der vielen Lesesäle ein.

Beratung von Studierenden: Autor Dietrich Trung Dobis (links) bei der Arbeit im Goethe-In-stitut Hanoi.

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der Schulbank sitzen die Besucher in den Reihen. Am Kopf des Saales befi ndet sich die Aufsicht, auf einem erhöhten Schreib-pult sitzend. Dahinter die Bücher. Wir gehen durch die Regale des Saals, und ich versuche, eine Ordnung zu fi nden, einen Hinweis darauf zu bekommen, wie ich als fremder Nutzer ein bestimmtes Buch fi nden kann. Im Opac der NLV sind Sig-naturen angegeben, doch mein Versuch, ein Buch zu fi nden, stellt sich als schwie-rig heraus.

Die Sortierung der Regale ist, trotz der circa 200 angestellten Bibliothekare, nicht besonders gut. Ich frage daher die Aufsicht nach Hilfe. Die Bibliothekarin eilt schnell von ihrer Kanzel herunter. Ich frage sie in meinem gebrochenen Vietna-

mesisch, wo ich denn den im Katalog ent-deckten Goethe fi nden könnte. Goethe ist ein recht schwieriges Wort in dieser so klangvollen Sprache. Sie versteht mich nach einigem hin und her und verschwin-det so schnell in den Regalen, dass ich ihr kaum folgen kann. Und plötzlich … ich stehe, mir nichts dir nichts, vor dem Re-gal unseres großen deutschen Dichters. Alleine hätte ich das nicht geschaff t.

In der NLV soll es über eine Million Medieneinheiten geben. Das kann ich kaum glauben. Allerdings ist Vietnam ein Land, das immer wieder überrascht. Alles ist irgendwie aufzutreiben. Wo-her es kommt, ist die andere Frage. Der Webseite www.nlv.gov.vn kann ich ent-nehmen, dass der Medienbestand heute circa 300 000 Bücher und 89 318 Bücher aus dem Ausland umfasst.

Die Bibliothekarin erzählt mir voller Stolz, dass sie an der gleichen Universität wie Dr. Son studiert habe. Sie sagt mir auch, dass die Bibliotheken in Vietnam noch nicht dem Standard in Europa entsprächen, aber sich vieles seit Jahren bessere. Sie träumt davon, eines Tages in einer Bibliothek in Vietnam zu arbeiten, in der der Zugang zu allen Informatio-nen für jeden möglich ist. Ein Zugriff per Internet auf den Bestand der Provinzbi-bliotheken ist derzeit geplant. Es sollen Gelder vom Staat zur Verfügung stehen, um ein umfassendes Bibliothekssystem in Vietnam zu etablieren.

Der Lesesaal sieht aus wie ein zu groß geratenes Klassenzimmer. Wie auf der Schulbank sitzen die Besu-cher in den Reihen. Am Kopf des

Saales befi ndet sich die Aufsicht, auf einem erhöhten Schreibpult sitzend.

Elisabeth Simon

Gemeinsam die Potenziale nutzenInformationsbedürfnisse in der deutsch-polnischen Zusammen-arbeit / Eine Tagung in Slubice

Es sei ihm jetzt klar geworden, welche Potenziale eine Bibliothek besitze, und wie man sie nicht nur für die Entwicklung einer Stadt nutzen könne, sondern auch für seine eigenen Informationsbedürf-nisse. Das sagte Marek Starwarczyk von der Kommunalverwaltung in Szcecin/Stettin auf dem deutsch-polnischen Symposium in Slubice, das vom 15. bis zum 17. September 2005 im Collegium Polonicum in Slubice in Zusammenar-beit mit der Universitätsbibliothek der Viadrina, Frankfurt/Oder, und dem Förderkreis für West-Ost-Informations-transfer e.V., Berlin, stattfand. Das war ein erstaunlicher Ausspruch mit sehr positiver Wirkung: Bestätigte er doch wesentliche Ideen, die dieser Veranstal-tung zugrunde lagen.

Eine große Zahl von Datenbanken und Datenbankanbietern für kleine und mittlere Betriebe auf EU-Ebe-

ne – wie zum Beispiel Cordis1 – bemüht sich bereits um die Informationsbedürf-nisse der Wirtschaft, so dass man ei-gentlich sagen könnte, die Bibliotheken sollten davon Abstand nehmen, sich an diesem Markt zu beteiligen. Warum aber gibt es nur spärliche Kooperationen zwi-schen den gewerbetreibenden Deutschen und Polen? Wenn auch das Bild, das im Eingangsreferat von Vertretern der pol-nischen Botschaft gezeichnet wurde, po-sitiver aussah als angenommen, so schei-nen diese Informationen und Angebote doch nicht ausreichend bekannt zu sein.2 Bibliotheken sollen zwar nicht mit den professionellen Anbietern konkurrieren, aber gemäß ihrer fachlichen Kompetenz könnten sie Wege der Information ver-mitteln und Kommunikation herstellen.

Wirtschaftsinformationen waren schon seit den Zwanzigerjahren ein Th e-ma, das die Bibliotheken der Bundesre-publik im Gegensatz zu denen der angel-sächsischen Länder, wie Großbritannien, USA, aber auch Kanada, vernachlässigt haben und das von ihnen erst allmählich aufgriff en wurde.3 Das Interesse und die Beteiligung an diversen Veranstaltun-gen über Wirtschaftsinformationen war groß, aber die dort erarbeiteten Inhalte und Leitlinien hatten auf die Arbeit der Bibliotheken vor Ort wenig Einfl uss – mit Ausnahme einiger Bibliotheken, die trotz großer Widerstände dieser Arbeit ihre ganze Aufmerksamkeit widmeten.4

Merkwürdigerweise ergaben sich auch nach der Vereinigung zweier so unter-schiedlicher Wirtschaftssysteme, wie dem der Bundesrepublik und dem der

1 www.Cordis.lu 2 Der Wirtschaftsattaché der polnischen Bot-

schaft in Berlin zeichnete ein sehr positives Bild von den sich jetzt anbahnenden Ko-operationen zwischen Polen und Deutschen und verwies auf die Informationen auf der Internetseite der Botschaft.

3 »Library Services to Industry« nannte sich die erste Konferenz im Jahre 1988, die zwar gut besucht war, in der das Th ema aber auch aus weltanschaulichen Gründen bei den Bibliothekaren auf Ablehnung stieß. Vgl: Proceedings: London, 1988; 148. Dieser Konferenz folgte ein Seminar in Hatfi ed 1989: »Information Services for Industry«. Vgl: dbi materialien 89, 1989; 272 und »Th e Economics of Library and Information Ser-vices. An Anglo German Perspective«: Lon-don, 1991; VII, 317.

4 So zum Beispiel die Stadtbibliothek Köln; hier ist Frank Daniel zu nennen, der sich sehr für diese Arbeit eingesetzt hat.

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ehemaligen DDR, keine nennenswerten Impulse, obwohl bei der angepeilten Zu-sammenarbeit ein großer Informations- und Kommunikationsbedarf bestand. So war es die European Business Informa-tion Conference 1993 in Barcelona, die dieses Th ema formulierte, aber die sich damals schon abzeichnenden negativen Konsequenzen einer fehlenden Infor-mationspolitik auf diesem Gebiet – mit dramatischen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung besonders in Deutschland – in der ganzen Schärfe nicht sehen wollte.5 Auch auf dem inter-nationalen Seminar der BA-Geschäfts-führung des Deutschen Bibliotheksins-titutes im Jahre 1997 wurde ersichtlich, dass das Instrument Information, aber noch wichtiger die Kommunikation, für die Belebung von problematischen Ge-bieten und Landstrichen international eingesetzt wurde, mit mehr oder weniger Erfolg, der zum größten Teil auf der orga-nisatorischen Einbindung der Informati-onseinheit in die jeweilige Bibliothek, aber in noch größerem Maße vom kom-munikativen Geschick des jeweiligen Personals abhing.6 Aber auch hier wieder ein ähnliches Bild, wie bei den oben kurz charakterisierten Veranstaltungen: ein

lebhaftes, öff entliches Echo, auch au-ßerhalb der Veranstaltung, das sich aber in der Programmatik der Bibliotheken nicht recht widerspiegelte.7

Programm in Slubic: Wirtschaft – Recht – Bildung

Das Programm der Konferenz in Slubice war breiter fokussiert als nur auf die Be-reitstellung von Informationen für Ge-werbe und Wirtschaft in dieser Region, die zahlreiche wirtschaftliche Schwierig-keiten birgt, besonders auf der deutschen Seite, aber dennoch zu einem kulturell und politisch hochinteressanten Projekt einlädt. Die Bundesregierung und die Landesregierung von Brandenburg sowie die Universität Frankfurt/Oder haben auf diese Herausforderung reagiert.

Das Deutsch-Polnische Dokumentati-ons- und Medienzentrum ist integrativer Bestandteil des im Oktober 2002 gegrün-deten Europäischen Wissenschaftszen-trums (EWZ). Dieses Zentrum wurde im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen der Europa-Universität Viadrina (EUV) Frankfurt /Oder und der Adam Mickiewicz Univer-sität (UAM) in Poznan als INTERREG-Projekt aufgebaut.8 Dieses Zentrum mit einem breiten Benutzerkreis, bietet jetzt nicht nur Hilfe in der Information und Dokumentation an, sondern es erwirbt auch Erfahrungen, die beim Ausbau der Beziehungen zwischen Polen und Deut-schen wertvoll sind. Grenzregionen sind oder werden fast immer kulturell reiche und sehr oft wirtschaftlich wohlhabende Gebiete, wenn die Grenzen off en sind, weil die Menschen durch die Schnittmen-gen beider Kulturen nicht nur kulturell bereichert, sondern in der Bewältigung des täglichen Lebens auch sehr oft geför-dert werden. In dieser Konferenz sollten die kulturellen Impulse nicht abgehoben behandelt, sondern sie sollten zusammen mit dem wirtschaftlichen Handeln und der Kommunikation zwischen Polen und Deutschen betrachtet werden.

Probleme der interkulturellen Kom-munikation / Der Umgang mit den Ge-schäftspartnern in Polen und Deutsch-land: Krzystof Wojciechowski, Direktor des Collegium Polonicum, hat einen Knigge für deutsche Unternehmen in Polen geschrieben, ein hilfreiches Werk-zeug für alle, die mit polnischen Partnern kooperieren wollen. Mittlerweile ist die-ser Knigge zu einem Bestseller geworden, trotz der negativen Besprechung, die das Büchlein in einigen renommierten deut-schen Zeitungen erhalten hat. Dabei war

und ist Wojciechowski ein Glücksfall, nicht nur für die Konferenz in Slubice, denn er zeigte deutlich, dass es kein wirt-schaftliches Handeln ohne kulturellen Hintergrund gibt. Auch das wirtschaft-liche Handeln spielt sich unter Menschen ab, und die sind von kulturellen Struk-turen langer Dauer viel mehr geprägt als es die Diskussion um die Globalisierung deutlich macht. Der Glücksfall Woje-ciechowski liegt aber auch in seiner hu-morvollen kulturellen Kompetenz für beide Partner, Deutsche und Polen.9 Er ist ein weiser Menschenfreund. Er ist der Erste einer Mannschaft von kultureller Kompetenz, die in Slubice und Frank-furt/Oder gemeinsam ausgebildet wird. Damit wird eine Ressource geschaff en, die für die zukünftige Kooperation bei-der Länder lebenswichtig ist, denn nur

5 Elisabeth Simon: Th e demands on informa-tion services and sources in East Germany. In: Proceedings TFPL, 1993; 156

6 BA: Proceedings des internationalen Semi-nars »Business Information« 1997; 363

7 Die Idee wurde in Rußland auf Wunsch des Goethe-Institutes aufgenommen, das 1999 ein Seminar veranstaltete mit dem Titel: Die Öff entliche Bibliothek, Informationszent-rum für die Bevölkerung, für Bildung und Wirtschaft, Moskau, 1999; 176

8 www.ewz.euv-frankfurt-o.de/DPDMZ 9 Siehe dazu Krzysztrof Wojciechowski: Mei-

ne lieben Deutschen. Übersetzt aus dem Polnischen von Peter Oliver Loew. Berlin/Bonn: Westkreuz Verlag; 2002; 264. Siehe auch Sylvia Schroll-Machl und Katarzyna Wiskoski: Deutsche und Polen – Verstehen und Verstanden werden. Interkulturelle Kommunikation im deutsch-polnischen Geschäftsalltag. Hrsg. von der Deutsch-Pol-nischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft AG, 2003; 26

10 Roland Jerzewski, Berlin, berichtete aber über sehr positive Impulse in: Polnischun-terricht in Deutschland und deutsch-polni-sche Schulpartnerschaften. Das abendliche Konzert deutscher Musiker wurde auch in Polnisch eingeleitet, was den Musikern hohe Sympathien einbrachte. Die Musik als Kommunikationsmittel!

11 Stephan Kudert: Steuerrecht leicht gemacht. Eine Einführung nicht nur für Studierende an Hochschulen, Fachhochschulen und Be-rufsakademien; 2. neubearb. Aufl age: Ber-lin, 2004; 158

auf dieser Basis kann sich eine Zusam-menarbeit, auch eine wirtschaftliche, herausbilden.

Dazu gehörte auch die Sprachausbil-dung, die von einem anderen Institut des Europäischen Wissenschaftszentrums vorgestellt wurde. Agnieszka Bielawska belegte eindrucksvoll den polnischen Willen, die deutsche Sprache zu lernen, dem leider der deutsche Wille, die polni-sche Sprache zu lernen, nicht gleich ge-setzt werden kann. Der Prozentsatz der-jenigen, die zurzeit die polnische Sprache beherrschen und lernen, ist immer noch erschreckend niedrig.10 Eine zusätzliche Belastung für die Leiterin des Deutsch-polnischen Zentrums, Celina Kwiatek Mack, und für die Leiterin der Biblio-thek des Collegium Polonicum, Grazyna Twardak, die ihre vorzügliche Sprach-kompetenz einsetzten, um der Konferenz zum erwünschten Erfolg zu verhelfen: einer echten und lebhaften Kommunika-tion zwischen deutschen und polnischen Teilnehmern.

Interkulturelle Kommunikation und Mediation, Rechtsverständnis und Steu-errecht gehören zur Basis jeder Zusam-menarbeit, und es wurde besonders in den einprägsamen und knappen Ausfüh-rungen von Stephan Kudert11 deutlich, wie viel Steuerungsmechanismen die öf-

In dieser Konferenz sollten die kulturellen Impulse nicht abgehoben

behandelt, sondern sie sollten zusammen mit dem wirtschaftlichen Handeln und der Kommunikation zwischen Polen und Deutschen

betrachtet werden.

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fentliche Hand einsetzen kann, um eine positive Entwicklung zu fördern, aber auch – wenn den Vorhaben kein intelli-gentes Management folgt – um eine sol-che zu verhindern.

Änderungen der Wirtschaftskultur erfordern neue Formen der Zusammen-arbeit

Es gibt in dieser Region noch keinen selbsttragenden wirtschaftlichen Auf-schwung. Das mag daran liegen, dass dort zwei sehr unterschiedliche Länder der EU aufeinander stoßen, das mag aber auch an einer falschen Wirtschaftspolitik auf deutscher Seite liegen, die einem fast unbeirrbaren Glauben an Großprojekte gefolgt ist. Damit sind der Region Mit-tel entzogen worden, die man vielleicht hätte anders besser nützen können. Die Strukturen, die aber jetzt mit Hilfe auch der wissenschaftlichen Einrichtungen der Universität und des Collegium Polo-nicum aufgebaut werden, bilden die Ba-sis für eine wirtschaftliche Kooperation, die sich vom wirtschaftlichen Handeln vergangener Jahre, auch in Deutschland,

die Gesellschaft neue Formen der Zusam-menarbeit fi nden muss und fi nden wird, wurde durch die kluge Einführung in das Th ema von Wolfgang Ratzek, Stuttgart, unterstützt, der gleichzeitig die Über-legungen zur neuen Netzwerkbildung von Rainer Strzolka13 und Ursula Fried-länder14 einleitete. Es wurde deutlich, dass die Vermittlung von Informationen ganz eng mit der Kommunikation ver-bunden ist. Es geht beim kommunalen, wirtschaftlichen und kulturellen Aufbau einer Region nicht nur um Informations-vermittlung und den Aufbau kulturellen Verständnisses, es geht gerade auch in dieser Grenzregion um Kommunikation, und zwar auf allen Ebenen.

Postersession Erfahrungsaustausch und Partnersuche

Diesem Ziel folgte auch die Postersession, deren Th ema mit Absicht off en gehalten war, sodass kleine Betriebe, Hochschul-projekte, Informationszentren, Bibliothe-ken und Dienstleister daran teilnahmen. Die Freireligiöse Gemeinde in Berlin war genau so vertreten wie eine Werbeagen-tur, der Bund der Selbständigen und Pro Polska genau so wie Berliner und Frank-furter Institutionen, aber auch solche aus Slubice, Stettin und der Umgebung. Es gab Initiativen für einen Austausch mit Polen, und die deutsch-polnischen Ko-operationsprojekte der Fachhochschule Lausitz wurden vorgestellt – ein Experi-ment mit Erfolg. Man tauschte Adressen aus, sah sich seine Produkte an, unter-hielt sich über Ziele der geplanten Pro-jekte oder auch ganz privat über die Er-fahrungen, die man mit den polnischen oder deutschen Partnern gemacht hatte. Eine Postersession kann manchmal ein Versuch sein, Teilnehmern außerhalb des offi ziellen Programms einen Auftritt zu verschaff en, aber sie kann auch Kom-munikation erleichtern, denn keiner ist nur Pole oder Deutscher oder nur Hoch-schullehrer oder Kaufmann. Jede Person ist Bewohner einer Kommune, Elternteil oder Freund, Kunde oder Gewerbetrei-bender.

Eine Postersession erlaubt Kommu-nikation über alle persönlichen Facetten hinweg, und das macht nicht nur Spaß, sondern kann auch für die künftige Zu-sammenarbeit sehr wichtig sein. Eine Postersession ist ein Mittel für eine Kom-munikation, die auch Bibliotheken sehr Not tut, eine Kommunikation außer-halb der eigenen Mauern und Grenzen und des bekannten Kollegenkreises oder Klientels. Sie lädt zu neuen Anregungen,

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unterscheiden könnte. Es geht um die Sicht eines neuen Zusammenhanges zwi-schen Wirtschaft und Kommune: Ge-nossenschaft und zentrale Strukturen; lokale Strukturen und Zentralisierungs-druck. »Zerstört die Globalisierung die Kommunen?«, fragte Andreas Barthold von Osterroht aus Hamburg.12

Er zeigte deutlich, auch in seiner Retrospektive, dass in einer globalen Wirtschaft, deren kommunale Verant-wortung verloren geht, die zum Beispiel beim Aufbau der verschiedenen Genos-senschaften nach dem Zweiten Weltkrieg stark ausgeprägt war, das Gemeinwesen in Gefahr gerät. Sein Optimismus, dass

Es gibt in dieser Region noch keinen selbsttragenden wirtschaftlichen

Aufschwung. Das mag daran liegen, dass dort zwei sehr unterschiedliche Länder der EU aufeinander stoßen, das mag aber auch an einer falschen Wirtschaftspolitik auf deutscher Seite liegen, die einem fast unbeirrbaren

Glauben an Großprojekte gefolgt ist.

Elisabeth Simon, HonFCILIP, schrieb den Beitrag unter Mitarbeit von Gabriele Ahnis, För-derkreis für West-Ost-Informationstransfer e.V., Berlin – Kontakt: [email protected]

Bekanntschaften und letztendlich neuen Sichtweisen ein. Ihr Charme liegt in der persönlichen Begegnung vor Ort.

Internationale Präsenz – Slowenien und USA

Zur Konferenz waren zwei internationale Vertreter geladen, die beide über eine In-stitution verfügen, die zwar aus wissen-schaftlichen Gründen ins Leben gerufen wurden, sich aber heute auf Wirtschafts-informationen für das Gewerbe vor Ort konzentrieren. Einer dieser Vertreter kam aus einem kleinen Land Europas, Slowenien, der andere aus den Vereinig-ten Staaten.

Ivan Kanic 15 aus Llubljana ging der Frage nach: Welche Informationen braucht ein neues EU-Land, und wie werden sie umgesetzt? Er betonte die Fra-ge der Umsetzung, die die Länder, gerade in Mittel- und Osteuropa – sogar im EU-Musterland Slowenien –, vor große Pro-bleme stellt, weil die Strukturen in den Köpfen der Menschen sehr oft Richtlini-

en und Informationen der EU entweder falsch oder gar nicht verstehen. Th ea Boh-se-Ziganke16 wies mit ihrem Bericht über »Grenzüberschreitende Aufgaben und Zielsetzungen des Information Resource Center im Amerikanischen Generalkon-sulat Leipzig« Informationsquellen nach, die gerade den jetzt anstehenden Fragen zur Demokratisierung und dem Aufbau kommunaler Strukturen in einem sich

12 Früher in der Geschäftsführung von EDE-KA, der größten Genossenschaft Deutsch-lands, deren soziales Engagement von von Osterroht in seinem Beitrag herausgearbei-tet wurde

13 Netzwerkbildung und neue Strategien14 Strukturen und Überlegungen zum Net-

work Marketing 15 Direktor der Wirtschaftsbibliothek in

Llubljana, Slowenien: Kardeljeva ploscad 17, 1000 Ljubljana, Slovenia; E-Mail: [email protected]

16 Direktorin des IRC Leipzig; http://leipzig.usconsulate.de

Es geht beim kommunalen, wirt-schaftlichen und kulturellen Aufbau einer Region nicht nur um Informati-

onsvermittlung und den Aufbau kulturellen Verständnisses, es geht gerade auch in dieser Grenzregion um Kommunikation, und zwar auf

allen Ebenen.

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wandelnden ökonomischen Umfeld von großer Hilfe sein können. Leider war es den Organisatoren der Konferenz aus ad-ministrativen und fi nanziellen Gründen nicht möglich, die Direktorin der Wirt-schaftsbibliothek der New York Public Library zu dieser Konferenz einzuladen,

gehört doch diese Bibliothek mit ihrem pragmatischen und an den Problemen von wirtschaftenden Menschen orien-tierten Ansatz zum Besten, was als Ein-richtung international zurzeit angeboten wird.

Ausblick

Wenn anfangs darauf hingewiesen wur-de, dass mit dem Ausspruch von Marek Starwarczyk der Erfolg dieser Konferenz bewiesen war, und wenn man weiterhin die Postersession mit ihrer einem Jahr-markt ähnlichen Struktur als ein sehr Erfolg versprechendes Element ansah, so ist das nicht allein damit begründet, weil es zu lebhaften und ausbaufähigen Begegnungen zwischen polnischen und deutschen Teilnehmern gekommen ist. Es war auch eine Gelegenheit, die Biblio-thek, ihre Funktion und ihre Arbeit nicht nur als Informationszentrum, sondern auch als ein Ort der Kommunikation zu positionieren. Diese Kommunikation kann von der Bibliothek ausgehen, aber sie muss in die ganze Kommune wirken. Advocacy und Kommunikationszent-rum für die Gemeinde – diese Funktio-nen der Bibliothek außerhalb ihrer eige-nen Mauern – die Konferenz in Slubice mit der Universitätsbibliothek Frankfurt und der Bibliothek des Collegium Polo-nicum bewies, dass dies möglich ist.

Eine Postersession erlaubt Kommuni-kation über alle persönlichen Facet-ten hinweg, und das macht nicht nur

Spaß, sondern kann auch für die künftige Zusammenarbeit sehr

wichtig sein.

Ursula Jaksch

Flanieren in einer Wohlfühl-AtmosphäreLesen, hören, sehen, entdecken: Die neue Mediathek Neckarsulm

»Eine Stadtbücherei in attraktiver Zen-trumslage könnte eine ausgesprochene Magnetfunktion entwickeln und als wichtiger Anziehungspunkt wesentlich zur Belebung der Neckarsulmer In-nenstadt beitragen.« Diese Erwartung formulierte 1998 der Neckarsulmer Baubürgermeister Klaus Grabbe in seinem Revitalisierungskonzept für die Neckarsulmer Innenstadt. Im Juli 2004 öffnete die unter dieser Prämisse neu gebaute Stadtbücherei ihre Pforten – fortan unter dem zukunftsweisenden Namen »Mediathek« – und konnte im ersten Betriebsjahr die hochgesteckten Erwartungen voll erfüllen: Die Zahl der Besucher stieg im Vergleich zur »alten« Stadtbücherei um 175 Prozent, die Zahl der Ausleihen um 66 Prozent.

Ausgangspunkt dieser Entwick-lung war eine gut genutzte, jedoch in die Jahre gekommene Stadtbü-

cherei in wenig zentraler Lage außerhalb der Innenstadt. Dies führte dazu, dass die Stadtbücherei in Bezug auf die Einwoh-nerzahl vergleichsweise wenig aktive Le-ser hatte. Die treuen Kunden jedoch, die den Weg in die Bücherei fanden, waren mit dem vorhandenen Angebot off en-sichtlich zufrieden: Die Ausleihzahlen befanden sich seit Jahren im Aufwärt-strend, und der Umsatz war gut.

Im Rahmen des Revitalisierungskon-zepts für die Innenstadt wurden 1999 Büchereileitung und Hochbauamt aufge-fordert, ein Raumprogramm als Grund-lage für die konkrete Planung eines Bü-cherei-Neubaus vorzulegen. Als Ort für die neue Bücherei war ein Grundstück in der Stadtmitte vorgesehen, das durch den Abriss mehrerer kleiner Wohngebäude frei geworden war.

Im Sommer 2000 wurden fünf re-nommierte Architekturbüros von der Stadt Neckarsulm beauftragt, einen Vor-entwurf für den Neubau der Bücherei zu erarbeiten. Einstimmig fi el die Wahl des Preisgerichts auf den Entwurf des Büros Bechler Krummlauf Teske, Heilbronn.

Dieser erfüllte exakt die Vorgaben des Raumprogramms und versprach eine spannende Lösung der durch das Grundstück gegebenen Probleme: Das Baugrundstück grenzt einerseits an eine kleinteilige Wohnbebauung, andererseits an das historische Deutschordensschloss und ist zusätzlich durch eine Straße ge-teilt. Der Vorschlag der Architekten geht sehr einfühlsam mit diesen Gegeben-heiten um: Mit drei Stockwerken und Flachdach greift das neue Gebäude die Traufhöhe der umliegenden Häuser auf. Die Straße auf dem Grundstück und die Sicht zum Schloss bleiben durch die Auf-teilung in zwei separate Gebäude erhal-ten, die beiden Baukörper werden durch verglaste Stege im 1. und 2. Obergeschoss miteinander verbunden. Die neue Büche-rei wirkt dadurch transparent und leicht und fügt sich hervorragend in die umge-bende Bebauung ein.

Im Februar 2002 war Baubeginn, gute zwei Jahre später, am 24. Juli 2004, wur-de die neue Mediathek eingeweiht.

Mit dem Einweihungstag endete eine fast fünfj ährige Planungs- und Vorberei-tungszeit, die von der ersten Idee bis zur Fertigstellung viel Energie und manche Nerven kostete. Bereits beim Architek-ten-Wettbewerb galt es für die Bücherei-leitung zu entscheiden, was der Neubau bieten muss, damit die neue Bücherei

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funktioniert. In allen internen Teamrun-den stand von da an immer wieder die zentrale Frage im Raum, wie die Ange-botsstruktur der neuen Mediathek ausse-hen sollte.

Schnell war klar, dass ohne konkrete Vorstellungen vom späteren Serviceange-bot keine Bauentscheidungen getroff en werden konnten. Besichtigungsfahrten zu interessanten Bibliotheken in Süd-deutschland brachten in dieser Phase viele Anregungen und neue Ideen. Eine große Hilfe war auch die Beratung durch die Staatliche Fachstelle in Stuttgart.

Schließlich wurde das endgültige Konzept für die inhaltliche Arbeit in vier Leitsätzen formuliert, die fortan als Zielvorgaben für die Gestaltung und das Angebot der Mediathek dienten:1. Die Mediathek ist ein wichtiger Be-

gegnungsort für Jung und Alt in der Stadtmitte.

2. Die Mediathek versteht sich als Aus-kunftsort in der Informationsgesell-schaft.

3. Die Mediathek bietet ein zeitgemäßes Medienangebot.

4. Eine besonders wichtige Zielgruppe der Mediathek sind Kinder.

Mit zunehmendem Planungs- und Bau-fortschritt musste um viele, für Biblio-thekare fachfremde, Entscheidungen gerungen werden. Dies betraf etwa die Gebäudeeinteilung, das Beleuchtungs-konzept oder Akustik-Probleme ebenso wie die ganz konkreten Fragen nach Wi-ckelplätzen und dem Wasseranschluss für den Kaff eeautomaten. Im Rückblick auf diese anstrengende, aber auch spannende Zeit wird klar, dass sich die Büchereilei-tung ohne das Leitbild im »Dschungel der Möglichkeiten« hoff nungslos verirrt hätte.

Nach dem ersten Betriebsjahr lässt sich gut erkennen, wie das Leitbild umgesetzt wurde und sich in der täglichen Arbeit bewährt. Dies soll im Folgenden darge-stellt werden.

Begegnungsort in der Stadtmitte

Die Mediathek möchte ein öff entlicher Ort mit hoher Aufenthaltsqualität in der Stadtmitte sein und damit im positiven Sinne zur Belebung der Innenstadt bei-tragen.

Die Einwohner Neckarsulms sollen sich dort wohl fühlen und durch das vielfältige Angebot Anregungen und Inspiration erhalten. Hierfür schaff t die ansprechende Architektur den idealen Rahmen. Die großzügigen, lichten Räu-me der Mediathek vermitteln Wohlfühl-

Atmosphäre und laden zum Aufenthalt ein. Das Gebäude erschließt sich nicht auf den ersten Blick, es bietet immer wieder neue Ein- und Ausblicke und ani-miert dadurch zum Flanieren. Der hohe Anspruch der Architektur spiegelt sich auch in der Einrichtung wider. Sorgfäl-tig ausgewählte oder speziell angefertigte Möbel verstärken den positiven Eindruck des Gebäudes und vermitteln ein stimmi-ges Gesamtbild.

Durch die Aufteilung in zwei Gebäu-de können lebhafte und ruhige Zonen optimal voneinander getrennt werden. Der Nordbau, wegen seiner geschwun-genen Fassade auch »Banane« genannt, beherbergt die kommunikativen Berei-che. Im Erdgeschoss fi ndet sich neben der Verbuchungstheke das Lesecafé mit Zeitschriften und einem Kaff eeautoma-ten zur Selbstbedienung. In exponierter Lage hinter der Glasfassade zieht es die Blicke der Passanten an. Einen besonde-ren Blickfang stellt der acht Meter lange, schwebend montierte rote Zeitschriften-schrank dar.

Im 1. Obergeschoss sind der Internet-Bereich sowie die AV-Medien unterge-bracht. Dort wurde durch entsprechen-de Möblierung ein Aufenthaltsbereich geschaff en, der vor allem Jugendliche anspricht und von dieser Zielgruppe sehr gut angenommen wird.

Über einen Glassteg gelangt man hi-nüber in den Südbau, die so genannte

»Bücherkiste«. Sie beherbergt den ruhi-gen Kernbereich der Mediathek, in dem sich die Bücher, CD-Roms, Sachfi lme und Kindermedien befi nden. Hier gibt es eine Vielzahl an Arbeitsplätzen, zwei Konferenztische für Gruppen bis zu zehn Personen sowie bequeme Sessel als »An-leseplätze«.

Eine hohe Aufenthaltsqualität entsteht nicht allein durch die sorgfältige Gestal-tung und Ausstattung der Gebäude, son-dern ganz wesentlich auch durch die da-rin herrschende Atmosphäre. Diese wird maßgeblich vom freundlichen Auftreten und der Servicebereitschaft des Personals bestimmt. Aus diesem Grund wird in der Mediathek großer Wert auf den richtigen Umgang mit den Kunden gelegt. Regel-mäßige Besprechungen und Teamtage schärfen den Blick für die Bedürfnisse der Leser, Fortbildungen zu Kommuni-kation und Kundenservice vermitteln die entsprechenden Fertigkeiten. Ge-meinsame Standards für den Umgang mit Kunden geben den Mitarbeitern die nötige Sicherheit, das neu eingeführte Beschwerdemanagement zeigt Schwach-stellen und Verbesserungsbedarf. Durch die Rationalisierung interner Arbeitsab-läufe konnte zusätzliche Personalkapazi-tät für direkte Dienstleistungen geschaf-fen werden.

Bei den Besuchern der Mediathek kommen diese Bemühungen sehr gut an, wie eine Nutzerumfrage ergab. Über

Bau

Die Mediathek will bei Kindern die Lust am Lesen, die Freude am Wissen und das Interesse am Umgang mit verschiedenen Medien wecken – mit Erfolg.

(Foto: Mediathek Neckarsulm)

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90 Prozent der Befragten bewerteten das Personal der Mediathek als sehr freund-lich oder freundlich.1

Auskunftsort in der Informationsgesellschaft

Die Mediathek versteht sich als Anlauf-stelle für Ratsuchende und bietet Infor-mationen vor allem für Lebensgestaltung, Beruf und Freizeit. Ein Schwerpunkt beim Bestandsaufbau liegt deshalb auf Alltagsinformation und Ratgeberlitera-tur zu den oben genannten Bereichen.2

Hinzu kommt als zweites wichtiges Bestandssegment schülerrelevante Lite-ratur für die am Ort vorhandenen Schu-len (Grund- und Hauptschule, Realschu-le, Gymnasium). Die Konzentration auf diese beiden Schwerpunkte ermöglicht mit dem vorhandenen Etat eine Erneu-erungsrate von zehn Prozent und sichert so eine ausreichende Aktualität des Sach-buchbestandes.

Als wichtige Anlaufstelle für die Kun-den liegt die Informationstheke unüber-sehbar an zentraler Stelle in der »Bücher-kiste« und ist während der Öff nungszei-ten immer mit einer Fachkraft besetzt. Auskunftsfragen werden dort aus dem Bestand und, bei Bedarf, mit Internetre-cherchen beantwortet.

Über den Web-Opac ist eine Recher-che im Bestand der Mediathek auch von zu Hause aus möglich, die eigene Home-page3 bietet darüber hinaus umfassende

Informationen über das Angebot und die Nutzungsbedingungen der Mediathek.

Um den Kunden die Orientierung in der Mediathek zu erleichtern, wurde auf eine geradlinige und transparente Möb-lierung geachtet, das Leitsystem wurde von einem Fachmann konzipiert. Am Bestand selbst sorgen eine Reihe von Maßnahmen für Übersichtlichkeit:� Die Sachliteratur ist nach ASB auf-gestellt, um Fremddaten (Katalogisate mit Systematik) umfassend nutzen zu können und so Personalkapazität beim Erfassen und Systematisieren der Bücher einzusparen. Verwandte Th emen (zum Beispiel Medizin, Psychologie, Pädago-gik) stehen allerdings räumlich zusam-men, unabhängig von ihrer alphabeti-schen Ordnung in der ASB. � Zusätzlich wurden die drei Interes-senkreise »Fit & Gesund«, »Bauen & Wohnen«, »Eltern & Kind« gebildet und

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Blickfang in der Neckarsulmer Innenstadt: die neue Mediathek (Foto: Bildermacher Dietmar Strauß, Besigheim)

1 Benutzerumfrage des DBV in Bibliotheken Baden-Württembergs. Befragunszeitraum in Neckarsulm: 1. bis 7. Oktober 2005

2 Vgl. die informationslogistischen Rollen in: Konrad Umlauf: Bestandsaufbau an öff ent-lichen Bibliotheken , 1997

3 www.mediathek-neckarsulm.de

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den jeweils thematisch verwandten Sach-gruppen räumlich zugeordnet. Die Inter-essenkreise enthalten Medien, die vorher in verschiedenen ASB-Sachgruppen ver-teilt waren, ohne dass die Gründe für die unterschiedlichen Standorte für die Leser plausibel waren. � Innerhalb der Systematikgruppen werden neben den Büchern auch die the-matisch passenden Non-Book-Medien präsentiert. Die Kunden fi nden somit alle Medien zu einem Th ema an dersel-ben Stelle. � Der Standort wird im Opac und auf dem Signaturetikett mit einem Klartext-Begriff für die Systematik-Hauptgruppe angegeben, ergänzt durch das ASB-Kür-zel. Das Verfasserkürzel entfällt ganz. Bei der Wahl der Klartext-Begriff e für die Systematik-Hauptgruppen wurde Wert auf Begriff e gelegt, die sich den Kunden leicht erschließen. Beispiele: »Garten & Haustiere Xbp 2«, »Reisen Cel 2«, »EDV & Technik Wcc 30«, »Wirtschaft & Be-ruf Hkk«, »Geschichte Emp 62«.� Die Klartext-Beschriftung der Syste-matik-Hauptgruppen fi ndet sich an den Stirnseiten der Regale wieder.

Dank dieser Maßnahmen fi nden sich die meisten Kunden in der Mediathek sehr gut zurecht4, im Opac recherchierte Sachbücher werden in den allermeisten Fällen ohne Hilfestellung am Regal ge-funden. Die früher häufi gste Auskunfts-frage »Wo ist denn der Standort Xyz 32 Schm?« wird so gut wie gar nicht mehr gestellt.

Zeitgemäßes Medienangebot

Der Anteil der Non-Book-Medien am Gesamtbestand beträgt derzeit 13 Pro-zent und wird kontinuierlich ausgebaut, um der hohen Nachfrage in diesem Be-reich gerecht zu werden.5

Der Bestandsaufbau bei den CDs und DVDs erfolgt unter der Prämisse, mög-lichst aktuelle Medien mit möglichst ge-ringem Personalaufwand bereitzustellen. Der Grundbestand wird deshalb über Standing-Orders abgedeckt, hinzu kom-men einzeln beschaff te Titel aufgrund von Leserwünschen oder zur gezielten Bestandsergänzung.

In der Mediathek gibt es vier öff ent-liche Internet-Plätze sowie einen PC-Arbeitsplatz mit Offi ce-Programmen,

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Mediathek Neckarsulm

EinwohnerzahlNeckarsulm: 27 700

AnschriftMediathek NeckarsulmUrbanstraße 1274172 NeckarsulmTelefon 0 71 32 / 35-270Telefax 0 71 32 / [email protected]

Träger/BauherrStadt Neckarsulm

LeitungDiplom-Bibliothekarin Ursula Jaksch

FlächeHauptnutzfläche Mediathek 1 600 Qua-dratmeter;Tiefgarage mit 38 kostenlosen Parkplät-zen

AusstattungRegalsystem: minimum art, institut für bib-liothek design (Römerberg);Theken, Internet-Tische, Präsentations-möbel, Küchenzeile im Lesecafé: Entwürfe der Architekten;Medien- und Bilderbuchtröge, Zeitschrif-tenschrank, Arbeitstische: Sonderanferti-gungen, institut für bibliothek design;Stühle, Sessel, Tische: Fleiner (Stuttgart);Büroausstattung: VS-Möbel (Tauberbi-schofsheim);Mediensicherung: ADT Sensormatic (Essen)

DatenverarbeitungBüroausstattung: 7 NCs;4 NCs an den Theken, 4 Opac-Terminals: Bibliotheca 2000, BOND (Böhl-Iggel-heim);Internet-Plätze: 4 PCs mit Filtersoftware Sitekiosk;1 öffentlicher Office-PC mit Scanner und Drucker;3 Multimedia-PCs in der Kinderbücherei

KostenBau und Einrichtung: 8,5 Millionen Euro

Planung / Architekt / GestaltungArchitekturbüro Bechler Krummlauf Teske, Heilbronn;Inneneinrichtung: Hochbauamt der Stadt Neckarsulm in Zusammenarbeit mit Bech-ler Krummlauf Teske

Bestand / AusleihenZielbestand: 50 000 Medien;Bestand bei Eröffnung: 40 000 Medien;Zahl der Ausleihen in den ersten zwölf Mo-naten: 265 326

Medienetat87 000 Euro

Personal8 Mitarbeiterinnen auf 6,2 Stellen (davon: 2,2 Diplom-Bibliothekarinnen; 2,5 Fachan-gestellte); 1 Auszubildender

ÖffnungszeitenDi + Do 10 bis 18 UhrMi + Fr 14 bis 18 UhrSa 10 bis 12 Uhr

Als wichtige Anlaufstelle für die Kunden liegt die Informationstheke unübersehbar an zen-traler Stelle. (Foto: Mediathek Neckarsulm)

4 Laut unter Anm. 1 erwähnter Nutzerumfra-ge fi nden sich 92 Prozent der Besucher sehr gut oder gut in der Mediathek zurecht.

5 Der Anteil der Non-Book-Medien an der Gesamtausleihe beträgt derzeit 25 Prozent.

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Scanner und Drucker. Die Nutzung ist kostenlos, wegen der großen Nachfrage allerdings auf eine halbe Stunde Nut-zungsdauer pro Tag und Person begrenzt. Mit diesem Angebot einer zeitgemäßen Medienvielfalt sollen vor allem junge Kunden angesprochen und langfristig an die Mediathek gebunden werden. Dies gelingt sehr gut: 34 Prozent der Einwoh-ner Neckarsulms im Alter zwischen 15 und 18 Jahren sind aktive Leser in der Mediathek.

Den Jugendlichen wird bei den In-ternet-Plätzen und den Trögen mit AV-Medien auch Raum für Aufenthalt und

Kommunikation geboten, der von der Zielgruppe hervorragend angenommen wird. Dies führt allerdings dazu, dass man sich an manchen Tagen vorkommt wie im Jugendhaus, wodurch sich ver-ständlicherweise die erwachsenen Besu-cher gestört fühlen.

Von Anfang an bestand der Wunsch, an den Internet-Plätzen auch eine inhalt-liche Betreuung zu bieten. Da sich jedoch schnell abzeichnete, dass die Personal-ressourcen hierfür nicht reichen würden, wurde gemeinsam mit dem Jugendrefe-rat der Stadt Neckarsulm ein alternatives Betreuungsmodell entwickelt:

Im Rahmen eines städtischen Projekts zur Förderung von ehrenamtlichem En-gagement von Jugendlichen6 wurden so genannte »Internet-Scouts« für die Medi-athek gesucht. In kurzer Zeit konnte eine

ausreichende Anzahl Jugendlicher im Al-ter von 12 bis 16 Jahren für diese Aufgabe gewonnen werden. Die Internet-Scouts sind einzeln oder im Zweierteam jeden Nachmittag und jeden Samstag im Ein-satz, sie helfen den Besuchern bei Recher-chen, geben Internet-Neulingen Einfüh-rungen und achten auf die Einhaltung der Regeln an den Terminals. Allerdings zeigte sich schnell, dass ihnen gerade für den letzten Punkt häufi g die nötige Auto-rität fehlt, vor allem wenn es darum geht, Gruppenkonfl ikte zu entschärfen.

Durch einen glücklichen Zufall fand sich hierfür eine Lösung: Zur Bewälti-gung des Ansturms in den ersten Mo-naten nach der Eröff nung wurde eine Aushilfskraft im Rahmen von Hartz IV beantragt. Der für diese Maßnahme gefundene Kollege brachte sowohl eine pädagogische als auch eine IT-spezifi sche Ausbildung mit. Er erwies sich als hervor-ragend geeignet für die medienpädago-gische Betreuung der Jugendlichen und verschaff te sich bei ihnen problemlos den nötigen Respekt. Auf diese Weise ergänzt er optimal die ehrenamtliche Arbeit der Internet-Scouts. Nach einem Jahr Me-diathek-Betrieb kann dieses kombinierte Betreuungsmodell als voller Erfolg ge-wertet werden.

Es zeigt sich, dass bei ausreichender Betreuung auch bildungsferne Jugend-liche damit beginnen, das gesamte Me-dienangebot zu nutzen und außerdem lernen, die Gültigkeit von Regeln in der Mediathek zu akzeptieren.

Wichtige Zielgruppe: Kinder und junge Familien

Die Mediathek legt großen Wert auf die Zielgruppe Kinder und junge Familien. Grundlage hierfür ist die Überzeugung, dass Öff entliche Bibliotheken eine wich-tige Rolle bei der umfassenden Leseför-derung und Entwicklung der Medien-kompetenz von Kindern spielen.

6 Nähere Informationen über das Projekt auf der Homepage des Jugendreferats: www.ju-gendarbeit-neckarsulm.de/WTW

Rundum attraktiv: Ansichten des gelungenen Neubaus (Fotos: Bildermacher Dietmar Strauß, Besigheim)

Eine kindgerechte Ausstattung ermöglicht es den ganz jungen Besuchern, sich spielerisch der Welt der Bücher und anderer Medien zu nähern. (Foto: Mediathek Neckarsulm) �

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Die Mediathek sieht es als ihre Aufgabe an, bei Kindern die Lust am Lesen, die Freude am Wissen und das Interesse am Umgang mit verschiedenen Medien zu wecken.

Aus diesem Grund bietet sie eine groß-zügige Kinderabteilung mit einem um-fassenden Medienangebot für Kinder von zwei bis zwölf Jahren. Eine kindgerechte Ausstattung ermöglicht es den Kindern, sich spielerisch der Welt der Bücher und anderer Medien zu nähern. Unter ande-rem laden viele Gesellschaftsspiele sowie drei Multimedia-PCs mit vorinstallierter Kindersoftware zum Spielen und Lernen vor Ort ein.

Die Kinder sollen sich in der Kinder-bücherei wohl fühlen, sie dürfen sich dort wie Kinder benehmen und auch einmal laut sein. Der Kinderbereich ist durch eine Glaswand akustisch vom Rest der »Bücherkiste« abgetrennt. Störungen der erwachsenen Leser werden dadurch wir-kungsvoll reduziert.

Blickfang und Anziehungspunkt in der Kinderabteilung ist das Spielmöbel »Wiesenland«. Dieses ging aus einem De-signwettbewerb hervor, den das Hoch-bauamt der Stadt Neckarsulm an der FH für Innenarchitektur in Stuttgart durchführte. Der Siegerentwurf wurde als Einzelstück speziell für die Mediathek gefertigt und erfreut sich bei den Kindern großer Beliebtheit.

Der zentrale Auskunftsplatz der Me-diathek liegt unmittelbar neben der Kinderabteilung, so dass auch die Kin-der optimal betreut und beraten werden können.

Direkt an die Kinderbücherei grenzt die »Elternbibliothek«, mit der Sach-gruppe Pädagogik und dem Interessen-kreis »Eltern & Kind«. Die Eltern nutzen dieses Angebot rege, was ein sprunghaft gestiegener Umsatz bei diesen Büchern belegt.

Ergänzend zum Medienangebot bil-det die Veranstaltungsarbeit für Kinder einen zentralen Baustein der Leseförde-rung. Für die Altersgruppe vier bis zwölf Jahre stehen Vorlese- und Bastelnach-mittage, Th eatervorführungen, Litera-tur-Workshops sowie englischsprachige Vorlesestunden auf dem Programm. Ide-ale räumliche Bedingungen bietet hier-für der separate Veranstaltungsraum mit rund 100 Quadratmeter Fläche. Das An-gebot mit rund 40 Veranstaltungen pro

Jahr wird hervorragend angenommen, meist sind die Termine innerhalb kürzes-ter Zeit ausverkauft.

Die Mediathek kooperiert intensiv mit Schulen und Kindergärten. Im Durch-schnitt kommen pro Woche zwei Klassen beziehungsweise Gruppen zu Führun-gen. Für höhere Klassenstufen werden er-gänzend Schulungen zur Literatur- und Internet-Recherche angeboten. Äußerst beliebt sind auch die Lesenächte für die Klassen 3 bis 5.

Die Angebote im Bereich Leseförde-rung und Medienkompetenz erreichen off ensichtlich ihre Zielgruppe. Ein-drucksvoller Beleg hierfür ist die Tat-sache, dass mittlerweile 52 Prozent der Neckarsulmer Kinder zwischen 6 und 15 Jahren aktive Leser in der Mediathek sind.

Fazit

Die neue Mediathek in Neckarsulm hat sich zu einer festen Größe im Kulturan-gebot der Stadt entwickelt und genießt in der Bevölkerung einen hervorragenden Ruf. Ihre Nutzung hat die Erwartungen bei weitem übertroff en.

Alle Entscheidungsträger sind sich darin einig, dass vor sechs Jahren der richtige Weg eingeschlagen wurde und die Mediathek einen großen Gewinn für Neckarsulm darstellt.

Die Angebote im Bereich Leseförde-rung und Medienkompetenz errei-chen offensichtlich ihre Zielgruppe. Eindrucksvoller Beleg hierfür ist die

Tatsache, dass mittlerweile 52 Prozent der Neckarsulmer Kinder zwischen 6 und 15 Jahren aktive

Leser in der Mediathek sind.

Ursula Jaksch, geboren 1964 in Schweinfurt.1985 bis 1988 Studium Bibliothekswesen (ÖB) an der FHB Stuttgart. 1988 bis 1992 Leitung der Gemeindebiblio-

thek Bergrheinfeld. Seit Juni 2002 Lei-tung der Stadtbücherei Neckarsulm. 1996 bis 1999 Kontaktstudium Kultur-management an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. – Kontakt: [email protected]

Kinder- und Jugendbibliothek

Regine Berthold, Eva-Maria Jahn, Cornelia Jetter

Spaß, Lust und Freude am Buch gewecktAber: Leseförderung in der Bücherei hat ihre Grenzen / Eine praktische Untersuchung

Schlagworte wie Lesekompetenz, Lese-motivation, Techniken zum Schrift- und Spracherwerb sind spätestens seit Pisa in aller Munde. Durch zahlreiche Aktionen und Projekte, durch Klassenführungen oder Vorlesepaten wird nicht zuletzt in Büchereien versucht, dem Trend, nicht mehr zu lesen, entgegenzuwirken. Kön-nen die Angebote der Büchereien jedoch wirklich dazu beitragen, Lesekompetenz und Leseverhalten von Schülerinnen und Schülern zu verbessern oder sind die zahlreichen Aktivitäten Land auf Land ab zwar ganz nett, aber letzten Endes ineffi zient? Salopp gefragt: Bringt Leseförderung überhaupt etwas? Eine Kooperation der engagierten Büche-reileiterin Regine Berthold aus Sörup, der Dozentin und Sprachheilpädagogin Eva-Maria Jahn von der Universität Flensburg – Institut für Germanistik –, die hauptberufl ich das Institut-Jahn1 leitet und der Lektorin für Kinder- und Jugendmedien bei der Büchereizentrale Schleswig-Holstein, Cornelia Jetter, ermöglichte die Untersuchung der Lesefähigkeit in vier zweiten Klassen in Sörup und Flensburg über den Zeitraum des Schuljahres 2004/2005 hinweg. Im Zentrum der Analyse stand die Frage: Kann man nachweisen, dass Leseför-derung in Büchereien einen Einfl uss auf die Sprach- und Lesekompetenz hat und wenn ja, welchen?

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Zwei zweite Klassen der Südensee-schule in Sörup erhielten während des Schuljahres 2004/2005 durch

gezielte Leseprojekte und regelmäßige Büchereibesuche eine intensive Leseför-derung. Als Vergleichsgruppe wurden zwei zweite Klassen der Unesco-Projekt-Schule Flensburg-Weiche gefunden. Die-se Gruppe erhielt keine gesonderte Lese-förderung.

Durch standardisierte und informelle Testverfahren2, die unter Anleitung der Dozentin Eva-Maria Jahn von Studie-renden der Hochschule für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Sonderschu-len durchgeführt wurden, konnten die Lernausgangslage zu Beginn des Projekts sowie die Lesekompetenz am Ende ana-lysiert werden.

Zur Diagnose der Lernausgangslage wurden folgende sieben unterschiedliche informelle Tests durchgeführt: Buch-stabendiktat, Laut-Bild-Zuordnung, Bild-Wort-Zuordnung, Silbenlesen, Sät-ze lesen, Fragen beantworten und die Diagnostische Bilderleiste.3 Die durch-schnittliche Fehlerzahl aller sieben Tests zeigt Tabelle 1 auf dieser Seite. Insgesamt kann man sagen, dass die Lesekompetenz der Schüler in drei von vier Klassen sehr nah beieinander liegt.

Gezielte Leseförderung

Die Rahmenbedingungen in der klei-nen Gemeinde Sörup mit circa 4 000 Einwohnern sind einerseits optimal, be-züglich der Entfernung von Schule und Bücherei, andererseits sind sie doch recht begrenzt, was die Ausstattung und Grö-ße der Bücherei (12 000 Medieneinhei-ten, 18,5 Öff nungsstunden pro Woche) betriff t. Aufgrund der räumlichen Enge musste jede Klasse geteilt werden, so dass möglichst nicht mehr als zwölf Kinder gemeinsam die Bücherei besuchten. Ins-gesamt kam jede Gruppe innerhalb des

Schuljahres sechsmal in die Bücherei. Für das Projekt bedeutete dies jedoch 24 Hospitationen.

Die Vorgehensweise bei den Büche-reibesuchen wurde im Laufe des Pro-jekts immer wieder modifi ziert. An-fangs konnten sich die Kinder unter drei Erstlesetiteln4 aussuchen, aus welchem Buch vorgelesen werden sollte. In einem festgelegten Ritual durften die Kinder auch selbst vorlesen, was jedoch zu einer gewissen Unruhe führte. Nach dem Vor-lesen hatten die Kinder Gelegenheit, sich Bücher auszuleihen. Entliehen wurden häufi g Titel, die der Lesefähigkeit der

Die Leseförderung in der Bücherei hatte keinen erkennbaren Einfluss auf die Lesefähigkeit: Durchschnittliche Fehleranzahl in den vier betei-ligten Klassen vor Beginn der Lesefördermaßnahmen (Tabelle 1.) und der zum Abschluss des Projekts ermittelte Lesequotient (Tabelle 2.).

Bei Zweitklässlern die Freude am Lesen geweckt: ein Projekt der Büchereizentrale Schleswig-Holstein (Foto: Regine Berthold)

1 Institut-Jahn Sprachheil- und Lernpädago-gik Ergotherapie und Logopädie – Solitü-derstr. 78c, 24944 Flensburg

2 Bei standardisierten Tests liegt eine Nor-mierungsstichprobe vor. Informelle Test-verfahren sind beobachtende Verfahren.

3 Die genaue Testbeschreibung fi ndet sich in der vollständigen Projektbeschreibung un-ter www.bz-sh.de

4 Zur Literaturliste siehe vollständige Projekt-beschreibung unter www.bz-sh.de

Tabelle 1. Durchschnittliche Fehleranzahl im gesamten Test

Tabelle 2. Lesequotient

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Zweitklässler nicht entsprachen. Auch konnte man nicht davon ausgehen, dass die entliehenen Bücher zuhause gelesen wurden. Wir entschieden uns deshalb für einen stringenteren Ablauf:

Die Schülerinnen und Schüler suchten sich aus vorher ausgelegten Erstlesetiteln jeweils ein Buch zur Entleihung aus. Die-ses Buch begleitete sie in den kommen-den Wochen, es blieb in der Schule unter der Bank und durfte nach Beendigung einer Stillarbeitsphase zum Weiterlesen genutzt werden.

Während eine Gruppe der Klasse die Bücherei besuchte, führten Studierende mit der anderen Gruppe im Rahmen des Unterrichts eine intensive Einheit zu den Erstlesetiteln durch. Durch gezielte Ar-beitsbögen wurden die Kinder angeleitet, sich intensiv mit ihrem Buch zu beschäf-tigen und es auch wirklich zu lesen.5

Neben den 24 Terminen in der Bü-cherei beziehungsweise im Klassenraum wurden sechs studentisch geleitete Pro-

Eltern auf einem Elternabend über die Untersuchung informiert. Die Studie-renden erläuterten die ersten informellen Tests und die vorweihnachtlichen Ange-bote. Einzelne Eltern zeigten zwar Inte-resse an den Untersuchungsergebnissen ihrer Kinder, verhielten sich aber insge-samt passiv.

Es erfordert Sensibilität, Eltern lese-schwacher Schüler zu erklären, dass ein Sprachdefi zit bei ihrem Kind vorliegt. Das Vertrauen zur Lehrkraft ist die Vor-aussetzung, um die Eltern in das Konzept zu involvieren. Die Resonanz der Eltern-schaft dem gesamten Projekt gegenüber war allerdings eher verhalten.

Hat sich etwas geändert?

Um die Lesefähigkeit der Schülerinnen und Schüler am Ende des Projekts erneut zu testen, wurde das »Salzburger Lese-Screening« (SLS)7 für alle vier Klassen durchgeführt.

In diesem Testverfahren lesen die Kin-der eine Liste von Sätzen. Am Ende jeder Zeile wird angezeichnet, ob die Aussage des Satzes richtig ist oder falsch. Es wird ein Lesequotient (LQ) ermittelt. Für die Einordnung der Leistung anhand der LQ-Werte kann die Kategorisierung in Tabelle 3 auf Seite 153 herangezogen werden. Die konkrete Gesamtauswer-tung des SLS ergibt sich aus Tabelle 2 auf Seite 151.

Bei diesem Test fällt auf, dass Klasse 2 a aus Flensburg, die keine Leseförderung erfahren hat, am besten abschneidet. Alle vier Klassen zeigen eine durchschnittli-che Leseleistung im Vergleich zu Klassen am Ende des 2. Schuljahres. Dabei ist zu berücksichtigen, dass alle vier Klassen im unteren Bereich dieser Kategorie liegen. Der absolute Durchschnitt liegt genau bei einem Lesequotient von 100, aber dieser Wert wurde von keiner Klasse er-reicht. In allen vier Klassen besteht also weiterer Leseförderbedarf.

Auswirkung auf die Lesemotivation

Projektbegleitend wurden die Bücher, die die Kinder bei ihren Büchereibesuchen entliehen haben genau protokolliert. Da-bei fällt ein unterschiedliches Leseverhal-ten von Jungen und Mädchen auf.

Die erzählende Kinderliteratur liegt zwar bei Jungen und Mädchen vorn, be-inhaltet aber bei Jungen einen vergleichs-weise hohen Comic-Anteil mit 21,7 Pro-zent gegenüber 1,8 Prozent bei Mädchen. Darüber hinaus ist der Anteil an den »nicht altersgerechten Titeln« (Sachbü-

Kinder- und Jugendbibliothek

jekte als freie Veranstaltung in der Bü-cherei oder im Rahmen des Unterrichts-geschehens durchgeführt.

Dabei erwies sich das Bilderbuchkino6 wieder einmal als Highlight. Die Studen-tinnen Maria Stroech und Bettina Kirsten beschreiben den Nutzen des Bilderbuch-kinos auch für diese Altersgruppe in der »Verknüpfung der Sinneswahrneh-mungen Sehen und Hören. Die auditive und visuelle Wahrnehmung der Schüle-rinnen und Schüler wird angesprochen und angeregt. Die Reduzierung auf ste-hende Bilder und gesprochene Sprache erfordert eine erhöhte Aufmerksamkeit. Da bewegte Bilder, verbindende Geräu-sche und Musik komplett fehlen, müs-sen Verknüpfungen im Verständnis der Handlung bei den Schülern automatisch erfolgen.«

Neben der intensiven Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern wurden die

cher aus dem Erwachsenenbestand be-ziehungsweise Kinderbücher mit hohem Textanteil) mit 20,5 Prozent recht hoch, und man kann davon ausgehen, dass die-se Titel nicht gelesen wurden. Bei den Sachkinderbüchern wird deutlich, dass Jungen verstärkt zu diesen Medien grei-fen (38 Prozent).

Die weiteren diff erenzierten Auswer-tungen ergaben, dass Kinder, die anfangs kein Buch entliehen haben, zum Ende des Projektes sehr wohl Bücher entleihen. Die so genannten »Leseverweigerer« konn-ten durch das Projekt motiviert werden. Ausschließliche Comic-Leser haben im Laufe des Projektes auch andere Bücher entliehen, so dass man sagen kann, dass Leseverhalten einzelner Schülerinnen und Schüler konnte durch das Projekt positiv beeinfl usst werden.

Ergebnisse

Im Verlauf des Projekts und insbesondere bei der Analyse der Ergebnisse mussten wir feststellen, dass sich die Werte der Lernausgangslage nicht mit dem Salzbur-ger Lesetest in Beziehung setzen lassen. Um eine deutlich vergleichbare Aussage machen zu können, hätte auch zu Beginn des Projekts der SLS durchgeführt wer-den müssen.

Feststellen können wir jedoch, dass die Leseförderung noch keinen nennens-werten Einfl uss auf die Lesefähigkeit der

Schülerinnen und Schüler hatte. Die Lesekompetenz konnte nicht wesentlich beeinfl usst werden.

Die Haupt-Autorin Cornelia Jetter ist Lektorin für Kinder- und Jugendmedien bei der Büchereizen-trale Schleswig-Holstein – Kontakt: [email protected]

5 Der gesamte Arbeitsbogen fi ndet sich in der vollständigen Projektbeschreibung, siehe Anm. 4.

6 Bilderbuchkino: 1. Leontine Schmidt: Ge-spensterjagd bei Oma Hata; 2. Der goldene Vogel aus den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm; 3. Ali Baba und die vier-zig Räuber

7 Salzburger Lese-Screening SLS. Bern: Ver-lag Hans Huber, 2003/2005. Dieses Test-verfahren ist hier stark verkürzt wiedergege-ben. Genauere Angaben fi nden sich in der

Als Fazit können wir festhalten, dass Leseförderung in der Bücherei keinen

Einfl uss auf die Lesefähigkeit hat, aber die notwendige Grundvoraus-

setzung schafft, dass Kinder Lust bekommen, aus eigenem Antrieb zu

lesen.

Die Lehrerinnen stellten nach dem Projekt fest, dass die Schülerinnen und Schüler beim lauten Vorlesen

rücksichtsvoller miteinander umge-hen und sich in ihren unterschiedli-

chen Fähigkeiten besser akzeptieren.

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Eine Veränderung durch das Projekt wird jedoch im Leseverhalten und in der Lesemotivation der Schülerinnen und Schüler in Sörup deutlich. Bei den Kin-dern konnten in der prägenden zweiten Leselernphase Spaß, Lust und Freude am Lesen geweckt werden. Phantasie, auditi-ve und sinnliche Wahrnehmung wurden gefördert. Besonders die intensive Ausei-nandersetzung mit dem »eigenen Buch« erwies sich als Gewinn. Dabei waren die Schülerinnen und Schüler besonders da-von angetan, »ihr Buch« unter dem Tisch zu wissen, in dem sie auch während des Unterrichts lesen durften. Ein ganzes Buch von der ersten bis zur letzten Seite durchgelesen zu haben, erwies sich als be-sonderes Erfolgserlebnis und ermutigte insbesondere leseschwache Kinder. Stim-men einzelner Kinder nach Beendigung des Projekts: »Lesen macht mir jetzt mehr Spaß« oder »Lesen ist meine Freizeitbe-schäftigung geworden«.

Als erstaunlich befruchtend für das Unterrichtsgeschehen waren Instrumen-

te wie das Bilderbuchkino, die Arbeitsbö-gen zum Erstlesetitel sowie das spieleri-sche Nachempfi nden von Geschichten. Bisher gehörten diese Elemente nicht in den Unterricht.

Die Lehrerinnen stellen nach dem Pro-jekt fest, dass die Schülerinnen und Schü-ler beim lauten Vorlesen rücksichtsvoller miteinander umgehen und sich in ihren

unterschiedlichen Fähigkeiten besser ak-zeptieren. Sie beantworten Fragen nicht nur mit einzelnen Wörtern, sondern in ganzen Sätzen. Die Sinnentnahme des Lesens konnte gefördert werden. Die Lehrkräfte empfanden die Zusammenar-beit mit den Studierenden als erfrischend und inspirierend. Es wird geprüft, inwie-weit die neuen Methoden in das weitere Unterrichtsgeschehen integriert werden können. Regelmäßige »stille Lesezeiten« von circa 20 Minuten, die auch im Freien stattfi nden können, wurden angedacht. Man wünscht sich ein weiteres Projekt in der vierten Klasse und ist seitens der Schule durchaus bereit, Leseförderung durch die Bücherei künftig zu honorie-ren.

Die Studierenden haben in ihren Be-richten vor allem die Praxisnähe des Pro-jekts hervorgehoben.

Als Fazit können wir festhalten, dass Leseförderung in der Bücherei keinen Einfl uss auf die Lesefähigkeit hat, aber die notwendige Grundvoraussetzung schaff t, dass Kinder Lust bekommen, aus eigenem Antrieb zu lesen. Mit ande-ren Worten, Schrift- und Spracherwerb fi nden in der Schule statt. Vermittelt

die Schule allerdings ausschließlich die Technik des Lesens, ohne inhaltlich Tex-te zu erarbeiten, wirkt sich das negativ auf die Lesefähigkeit aus. Auff ällig war für uns die Funktion des Elternhauses. Hier kommt das Lesen mit Kindern zu kurz und hat nur noch selten einen Platz im Familienalltag.

Optimal für den Leseprozess ist eine Verzahnung von Leseförderung der Bü-cherei zur Steigerung der Motivation und zur Entfaltung des Leseverhaltens mit dem schulischen Auftrag der Ver-

mittlung von Lesekompetenz. Die Zu-sammenarbeit von Bücherei und Schule eröff net der Schule neue Horizonte, was den Kindern zugute kommt. Wir sehen uns durch dieses Projekt in unserem Auf-trag und in unserer Arbeit bestärkt.

Lesequotient(LQ)

Leistung

> 130 sehr gut

120 – 129 gut

110 – 119 überdurchschnittlich

090 – 109 durchschnittlich

80 – 89 unterdurchschnittlich

70 – 79 schwach

< 69 sehr schwach

Tabelle 3. Beurteilung der Leseleistung nach dem »Salzburger Lese-Screening«

Ein ganzes Buch von der ersten bis zur letzten Seite durchgelesen zu haben, erwies sich als besonderes

Erfolgserlebnis und ermutigte insbesondere leseschwache Kinder.

Optimal für den Leseprozess ist eine Verzahnung von Leseförderung der Bücherei zur Steigerung der Motiva-tion und zur Entfaltung des Lesever-haltens mit dem schulischen Auftrag der Vermittlung von Lesekompetenz.

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Susanne Brandt

Wahrnehmen, erzählen, schreiben …Janusz Korczak als Impulsgeber für Kinderbibliotheken heute

Janusz Korczak (1878 bis 1942) und seine Werke bereiten Bibliothekarinnen und Bibliothekaren zunächst einmal Probleme. Stets um Systematik und korrekte Einordnung bemüht, stehen sie vor der schwierigen Entscheidung, ob sie es hier mit den Schriften eines Erziehers, Sozialarbeiters, Psychologen, Soziolo-gen, Philosophen, Theologen, Arztes, Journalisten, Dramatikers, Geschichten-erzählers oder Kinderbuchautors zu tun haben. Susanne Brandt stellt im Fol-genden die Aspekte des vielschichtigen Wirkens Korczaks heraus, die vor allem für die Arbeit in Kinderbibliotheken noch immer aktuell und von großer Bedeu-tung sind.

Janusz Korczak scheint sich eindeuti-gen Zuweisungen immer wieder zu entziehen. Alle genannten Fachdis-

ziplinen spielen in seinem Leben und Werk eine Rolle, doch keine vermag seine Bedeutung, die in der öff entlichen Wahr-nehmung vor allem durch sein Wirken als Waisenhausleiter im Warschauer Ghetto geprägt ist, umfassend zu kennzeichnen.

Und ein »Systematisierungsproblem« entsteht auch dort, wo versucht wird, sein breites Schaff en von innen her systema-tisch zu erschließen und zu beschreiben. 16 dicke Bände umfasst die Ausgabe seiner sämtlichen Werke, die jetzt fast vollständig in deutscher Übersetzung vorliegt und in drei Abteilungen das ge-samte Spektrum der zu Papier gebrach-ten Aufzeichnungen dokumentiert: Radiomanuskripte, Feuilletons, Essays, Momentaufnahmen, Romane, Erzäh-lungen, Briefe und das Tagebuch.1

Eine geballte Ladung an Weisheit, Wissen und Erfahrungen – aber eben keine systematische Lehre, wie wir es vielleicht von Persönlichkeiten wie Ma-ria Montessori oder Siegmund Freud her gewohnt sind.

Die Lust am Entdecken und kreativen Mitdenken ist vielleicht die beste Vor-aussetzung, um dem »Geheimnis Janusz Korczak« auf die Spur zu kommen. Und diese Spur führt dann sehr schnell wieder aus den Büchern heraus ins wirkliche Le-ben. Denn von Korczak lernen, heißt vor allem: sich von ihm zu einer besonderen Wahrnehmungs- und Handlungsweise in der lebendigen Begegnung mit Kin-dern inspirieren lassen.

Warum aber kann es gerade für Biblio-thekarinnen und Bibliothekare so beson-ders hilfreich sein, sich einer solchen He-rausforderung zu stellen? Einiges spricht dafür:

Die tägliche Begegnung mit Kindern in der kinderbibliothekarischen Arbeit

Bibliothekarinnen und Bibliothekare leisten in jeder Öff entlichen Bibliothek und ganz besonders in Kinderbibliothe-ken vielleicht nicht primär eine päda-gogische Arbeit, aber haben doch jeden Tag in vielfältiger Weise mit Kindern zu tun: Sie laden Kindergartengruppen und Schulklassen zu sich ein, beraten Kinder, Eltern und Pädagogen bei der Medien-auswahl, bilden sich als Expertinnen und Experten in Sachen Leseförderung und Medienkompetenz laufend weiter, betreiben einen zielgruppenorientierten Bestandsaufbau, planen Räume und Programme für Kinder, führen selbst

Veranstaltungen und Freizeitangebote mit Kindern durch, beschließen Regeln und Satzungen, die einen reibungslosen Betrieb in der Kinderbibliothek gewähr-leisten sollen, tragen Konfl ikte mit Kin-dern aus und tun dies nach Möglichkeit unter Berücksichtigung vielfältiger sozi-aler und gesellschaftlicher Belange.

Dabei spielt das einzelne Kind als In-dividuum mit seinen ganz persönlichen Interessen, seinem Bedürfnis nach Rück-zug und Für-sich-sein ebenso eine Rolle wie Kinder in der Gruppe, bei Veranstal-tungen mit Schulklassen, Kindergarten-gruppen oder Mitmach-Angeboten der Bibliothek.

In dieser Situation geht es den Bib-liothekarinnen und Bibliothekaren in gewisser Weise kaum anders als einst Korczak, der sich Anfang des 20. Jahr-hunderts als sozial und gesellschaftlich engagierter und literarisch ambitionier-ter Arzt in der Begegnung mit Kindern immer auch mit Fragen zu befassen hatte, die sich »psychologisch« oder »pädago-gisch« beantworten ließen – bei ihm aber eher in ein »Denken mit den Händen« mündeten:

Was weiß ich von den Kindern, die zu mir kommen? Wie lerne ich sie zu verste-hen? Wie kann ich ihren Bedürfnissen begegnen? Wie ihrem Wesen und ihren Wünschen gerecht werden? Was mache ich, wenn Schwierigkeiten auftauchen? Wie kann ich Konfl ikte mit ihnen lösen? Wie lassen sich Regeln für ein gutes Mit-einander fi nden?

Im Zentrum von Korczaks Denken stehen also Fragen, wie sie Tag für Tag auch in der kinderbibliothekarischen Arbeit auftauchen – aber keine fertigen Antworten oder Th eorien, die nun ein-fach auf die Praxis zu übertragen wären. Stattdessen liefert er Beschreibungen, Tagebuchnotizen, Geschichten, Ideen für eine besondere Haltung dem Kind gegenüber. »Denken mit den Händen« heißt hier ganz konkret: Am Anfang steht die persönliche Begegnung, das gemeinsame Tun, die genaue Wahrneh-mung, die Beobachtung und Refl exion von Alltagssituationen mit Kindern.

Für jeden, der von Korczak lernen will, bedeutet das: Lass dich ein auf eine acht-same Begegnung mit Kindern, höre zu, was sie erzählen, beobachte, was sie in deiner Umgebung tun, mach dir Notizen

1 Janusz Korczak: Sämtliche Werke. Ediert von Friedhelm Beiner und Erich Dauzen-roth. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1998 ff .

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über deine Wahrnehmungen, reagiere besonnen, übe dich darin, mit ihnen ge-meinsam nach Lösungen zu suchen und sei darauf bedacht, ihnen bestehende Ordnungen und Arbeitsabläufe transpa-rent zu machen.

Das Ergebnis: Eine Fülle von beglü-ckenden wie auch enttäuschenden Erfah-rungen, die zum Nachdenken anregen, Altes vielleicht in Frage stellen und Fens-ter für neue Sichtweisen öff nen.

Wer so von Korczak lernen will, er-fährt auch dies: Ein solcher Prozess ver-langt viel Beweglichkeit und Kreativität im Umgang mit immer wieder anderen Kindern, immer wieder anderen Situati-onen – nicht zuletzt auch mit sich selbst als Mensch – und wird von drei elemen-taren Prämissen bestimmt:� dem ehrlichen und off enen Interesse

für jedes einzelne Kind,� dem tiefen Vertrauen in die guten

Möglichkeiten des Kindes und� der Bereitschaft, von und mit Kindern

zu lernen und der Erkenntnis aus Ver-such und Irrtum Raum zu geben.

Mit einer generellen Idealisierung des Kindes ist eine solche Haltung allerdings nicht zu verwechseln. Korczak benennt auch die Ungerechtigkeiten, die mutwil-ligen Zerstörungen und Verletzungen, die Kinder anderen zufügen können. Er kannte aus eigener Erfahrung die Unzu-länglichkeiten im Umgang miteinander, die es oft so schwer machen, angemessen auf eine Situation zu reagieren. Dennoch oder gerade deshalb steht über all diesen und vielen weiteren Aspekten seine zen-trale Forderung nach dem Recht des Kin-des auf Achtung.

Konkret schreibt er zu dem, was an und in einem Kind geachtet werden soll, unter anderem:� Achtung vor den Geheimnissen und

den Schwankungen in der schweren Arbeit des Wachsens

� Achtung vor der Wissbegierde des Kindes

� Achtung vor dem heutigen Tag, vor dieser Stunde, vor dem kurzen Mo-ment des Augenblicks (um nicht alles der Zukunft unterzuordnen)

� Achtung vor der Person und der Art des Kindes – auch vor seiner Unvoll-kommenheit, seinen kleinen und großen Missgeschicken, seiner Suche nach Orientierung.

Gerade weil Bibliothekare und Biblio-thekarinnen an Kinderbibliotheken sich nicht primär als Pädagogen verstehen, ist Korczaks Ansatz hier in einem so hohen Maße relevant, rückt doch bei ihm die Wahrnehmung und Bedeutung eines je-

den Augenblicks, einer jeden Begegnung und noch so kleinen Beobachtung des alltäglichen Lebens mit Kindern in den Mittelpunkt.

Das macht einen Lernprozess im Sinne von Korczak zu einem »Weg der kleinen Schritte«, der an jedem Tag und an jedem Ort neu und immer wieder anders begon-nen und fortgesetzt werden kann – und gerade auch im »Unperfekten« viel Bewe-gungsfreiheit bietet.

Wer einmal die Forderung nach Ach-tung vor dem Kind in der Kinderbiblio-thek nur einen Tag lang konsequent bei all den vielen kleinen alltäglichen Bege-benheiten zu beherzigen versucht, wird am Abend mit einer Reihe von Fragen und Denkimpulsen nach Hause gehen:� Da gab es eine Konfl iktsituation mit einem Kind, dem es off enbar immer wie-der nicht gelingt, seine Bücher fristgerecht und vollständig zurück zu bringen. Das

thek die Ursachen für solche »Störfälle« zu suchen sind?� Da wollte mir ein Kind eine Geschich-te erzählen. Habe ich ihm mit ehrlichem Interesse zugehört und in seiner Erzähl-freude bestärkt? � Da fragte mich ein Kind bei der Buch-auswahl um Rat. Habe ich genau auf das geachtet, was mir das Kind als Wunsch und Vorstellung dabei mitzuteilen ver-suchte? Oder habe ich mich bei der Be-ratung maßgeblich durch meine eigenen »Qualitätskriterien« leiten lassen?� Da ist eine Vorlesestunde nicht so gelaufen, wie ich es mir eigentlich vor-gestellt hatte. Habe ich die unerwarteten Reaktionen der Kinder als Hinweis ver-standen und versucht, im weiteren Ver-lauf entsprechend zu berücksichtigen? � Da zeigte sich ein Kind bemüht, her-ausgezogene Bücher zurück ins Regal zu stellen, fand aber nicht die richtige Stelle dafür. Habe ich mir die Zeit genommen, dem Kind das Aufstellungsprinzip zu er-klären und ihm mit weiteren Büchern Ge-legenheit gegeben, sich nach dem Prinzip »learning by doing« darin zu üben? Habe ich die Situation genutzt, um daran zu beobachten, was genau dem Kind dabei Schwierigkeiten bereitet und lassen sich daraus möglicherweise Konsequenzen für eine kindgerechte Veränderung des bisherigen Ordnungssystems ableiten?

Die Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen. Und der Einwand, dass der gegenwärtige Berufsalltag – schaut man sich nur den Betrieb in der Kinderabtei-lung einer Großstadtbibliothek an – für die Erfüllung solcher idealistischen For-derungen niemals genügend Zeit ließe, ist gewiss berechtigt, gleichzeitig aber auch ein Indiz dafür, wie notwendig es ist, die Gewichtungen und Prioritäten von Aufgaben in einer Kinderbibliothek immer wieder neu zu überdenken. Denn was taugen gut ausgestattete und minu-ziös durchorganisierte, mit öff entlichem Prestige und Lob bedachte »Medienwel-ten« für Kinder, wenn wenig Luft bleibt für ungeplante spielerische Momente, wenn das Kind selbst mit der ihm eigenen Individualität dort kaum noch persönli-che Zuwendung erlebt und nur sehr be-grenzte Zeit- und Erfahrungsräume für seine Spontaneität und Kreativität, für seine Lust am Entdecken und Ausprobie-ren vorfi ndet?

Es gilt also, Balance zu üben, zwi-schen den unumgänglichen Normen, Rationalisierungen und festen Organi-sationsabläufen einerseits, ohne die eine so große Verwaltungseinrichtung nicht auskommt, und fl exibel zu gestaltenden

automatisch aktivierte Mahnsystem setzt am Symptom dieses Problems an, nicht aber an seinen Ursachen. Nehme ich mir die Zeit, mich mit dem Kind gemeinsam über die Gründe und möglichen Lösun-gen für dieses Problem zu beraten? Und nehme ich ein solches Gespräch auch als Chance wahr, um die Vermittlung gülti-ger Regeln und Vorschriften im Ausleih-wesen an den Erfahrungen des Kindes zu messen und vielleicht kritisch zu hinter-fragen? � Da galt es, in einem Streitfall für Ruhe zu sorgen und »störende« Kinder nach wiederholten Ermahnungen vor die Tür zu setzen. Habe ich hier alle Möglich-keiten der gemeinsamen Konfl iktlösung ausgeschöpft? Habe ich den Kindern zugetraut, hierfür eigene Ideen zu ent-wickeln und habe ich diesen Prozess mit genügend Zeit, Geduld und Aufmerk-samkeit begleitet? Habe ich auch darü-ber nachgedacht und mit den Kindern besprochen, wo möglicherweise in der Gestaltung und im Angebot der Biblio-

Es gilt also, Balance zu üben, zwi-schen den unumgänglichen Normen,

Rationalisierungen und festen Organisationsabläufen einerseits,

ohne die eine so große Verwaltungs-einrichtung wie die Bibliothek nicht

auskommt, und fl exibel zu gestalten-den Spielräumen für spontane,

kreative und fantasievolle Interaktio-nen andererseits, ohne die eine

Einrichtung für Kinder nicht aus-kommt.

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Spielräumen für spontane, kreative und fantasievolle Interaktionen andererseits, ohne die eine Einrichtung für Kinder nicht auskommt.

Die Kinderbibliothek als »Ort für Geschichten« und Korczak als Geschichtenerzähler

Neben solchen grundsätzlichen Über-legungen zum Umgang mit Kindern in Bibliotheken zeigt sich die Relevanz von Korczaks Schriften aber auch an ganz konkreten berufsspezifi schen Fragestel-lungen, war doch seine Haltung Kindern gegenüber untrennbar verbunden mit einer Kultur des Erzählens. Korczak ist ein Geschichtenerzähler. Eine Kultur des mündlichen Erzählens, wie er sie be-schreibt, mit den darin liegenden Mög-lichkeiten zur Improvisation und zur ak-tiven Einbeziehung kindlicher Äußerun-gen beinhaltet interessante Denkanstöße für Vorlesepaten und alle, die Kindern in der Bibliothek Geschichten mündlich nahe zu bringen versuchen.

In seinen Schriften heißt es dazu:»Die erste Quelle der Missverständnis-

se: Man sagt, wie es sein soll, nimmt aber nicht wahr wie es ist.

Die zweite Quelle der Missverständ-nisse: Man sagt, was die Kinder meinen oder meinen sollen; aber armselig wenig davon, was das Kind aufnimmt, verdaut und wodurch es wächst, was es ausspuckt, wegschiebt, von sich weist.

Die dritte Quelle der Missverständnis-se: Angeblich weiß man, daß es verschie-dene, sehr verschiedene Kinder gibt, aber Schlußfolgerungen und praktische Hin-weise: Man ist nicht recht dazu imstande – man will nicht recht – schließlich kann man nicht recht.

Das Märchen und das Kind – also verschiedene Märchen und verschiedene Kinder – und verschiedene Methoden des Erzählens; die Form, die Technik, die Stimme, die Gestik, die Mimik, das Tempo, die Akzente – das ist wichtig!

Drei Hinweise:1. Man muß aufmerksam zuhören,

wenn ein Kind in einer Gruppe ein Mär-chen erzählt und die Zuhörer es ungeniert unterbrechen […] und sich off en äußern.

2. Man muß es einem erzählen, weni-gen – wenn sie konzentriert sind, nahe – einem in die Augen schauen, seufzen, gähnen; dann wundert es einen nicht, daß eines unbeweglich sitzt, das andere hin- und hergeht, sich streckt und sich hinlegt. […]

3. Man muß dasselbe Märchen mehr-fach denselben Kindern erzählen und

sich nicht aus der Fassung bringen lassen, wenn eines sagt: Ach, das kennen wir schon.

Und das wohl Wichtigste ist: Nicht verzweifeln, wenn man nicht bis zum Ende gelangt, wenn sich ein Gespräch entspinnt, ob im Zusammenhang oder nicht im Zusammenhang […] sich nicht beeilen, weil es angeblich ›nicht erlaubt‹ ist, das, was man begonnen hat, unvoll-endet zu lassen. Sich nicht beeilen! […]

Kinder sind verschieden. Ich sage ›Wolf‹ und (ein Kind): ›Der Metzger in unserem Haus hat einen Hund‹, oder: ›Ich hab im Zoo einen Löwen gesehen‹, oder ›Ist der Wolf stärker als der Adler?‹ […] Und ich weiß, daß jedes Kind das-jenige und so viel aus meinem Märchen aufnimmt, als es will und kann. Ich weiß, daß in jedem Hörer Regulatoren, Dämp-fer, Schalter, Sicherungen wirksam sind – ich vertraue auf den Organismus des lebendigen Kindes […].

Das Märchen vom Gestiefelten Kater habe ich im Laufe von dreißig Jahren Hunderte von Malen erzählt, und erst in diesem Jahr habe ich eine wichtige Än-derung an seinem Ende vorgenommen […] Man muß ein Märchen gut kennen, es sorgfältig abschleifen und gekonnt an-wenden.«2

Nicht weniger Aufmerksamkeit fi n-det bei Korczak das Schreiben. Als Au-

war, erinnert in vielem an das, was heute unter dem Schlagwort »Literacy« gefor-dert und gefördert wird:

Täglich sichtbar und gesprächsbereit war für die Kinder der »schreibende« Korczak als Vorbild beim Verfassen von Tagebüchern, Briefen und Geschichten. Schriftliche Informationen und Mittei-lungen – per Aushang, Brief oder Zei-tung verbreitet – waren wichtige Mittel der Verständigung im gemeinschaftli-chen Leben. Wörterbücher und Nach-schlagewerke waren immer griff bereit. Eigenproduktionen von Kindern, seien es Geschichten oder davon angeregte Bil-der und Bastelarbeiten, erfuhren Wert-schätzung durch einen »Ehrenplatz« im Regal.

Von Korczak lernen, kann für die bibliothekarische Praxis heute also auch bedeuten: sich selbst im schreibenden Refl ektieren üben und Kindern immer wieder zum Schreiben wie zur kreativen Auseinandersetzung mit dem Geschrie-benen anregen.

So kann sich das Führen eines »Tage-buches« für Kinderbibliothekarinnen und Kinderbibliothekare schnell als ein einfaches, aber ungemein hilfreiches Instrument des täglichen Lernens und Bedenkens von Beobachtungen erwei-

Kinder- und Jugendbibliothek

Die allgegenwärtige Präsenz der vielen Möglichkeiten schriftsprachli-

cher Ausdrucksformen, auf die Korczak im Zusammenleben mit

Kindern stets bedacht war, erinnert in vielem an das, was heute unter dem Schlagwort »Literacy« gefordert und

gefördert wird.

tor zahlreicher Kinderbücher ließ er die Kinder gern aktiv am Entwicklungs-prozess seiner literarischen Ideen teilha-ben, diskutierte mit ihnen verschiedene Möglichkeiten der erdachten Handlung und ermutigte sie immer wieder zum Aufschreiben eigener Erlebnisse und Ge-schichten.

Noch lebende Zeitzeugen können be-richten, wie er mit ihnen so manches Ma-nuskript durchgesprochen und Einblick in die Kunst des Verseerfi ndens gewährt hat.

Die allgegenwärtige Präsenz der vielen Möglichkeiten schriftsprachlicher Aus-drucksformen, auf die Korczak im Zu-sammenleben mit Kindern stets bedacht

Susanne Brandt, geboren 1964; ab 1983 Studium des Bibliothekswesens an der Fachhoch-schule Hamburg und Zusatzexa-men für Musikbib-liotheken an der Fachhochschule

für Bibliothekswesen in Stuttgart; ab 1987 Aufbau und Leitung der Musik-bibliothek Cuxhaven; berufsbegleitend Qualifikation für Rhythmisch-musi-kalische Erziehung und kulturwissen-schaftliches Weiterbildungsstudium an der Fernuni Hagen; seit 2000 mit halber Stelle Leiterin der Gemeinde-büchereien in Westoverledingen/Ost-friesland; daneben freiberufliche Tätig-keit als Referentin und Buchautorin zu verschiedenen Aspekten der kreativen Medienarbeit mit Kindergarten- und Grundschulkindern; Mitglied der Expertengruppe »Kinder- und Jugend-bibliotheken« des Deutschen Biblio-theksverbandes. – Kontakt: [email protected]

2 Siehe Korczak (Anm. 1) hier Band 9: Päda-gogische Artikel, Seite 354–357

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157Lesesaal | BuB

sen. Lässt man sich durch das Tagebuch regelmäßig daran erinnern, den vielen kleinen Begegnungen und Erlebnissen mit Kindern in der Bibliothek mehr Be-achtung und Wertschätzung entgegen-zubringen, entwickelt sich das Notieren von Beobachtungen und Erfahrungen leicht zu einer guten Gewohnheit, die ei-nerseits die Wahrnehmung weiter schärft und andererseits Gelegenheit bietet, das Wahrgenommene in Ruhe zu bedenken und auf mögliche Konsequenzen hin zu prüfen. In Teambesprechungen lässt sich dann immer wieder auf solche Praxiser-fahrungen mit Kindern als Grundlage aller Entscheidungen Bezug nehmen.

Auch das regelmäßige Angebot von Schreibwerkstätten kann sich in Biblio-theken zu einem festen Programmpunkt entwickeln, bei dem die Kinder einerseits konkrete Schreibanregungen vermittelt bekommen, dabei aber immer die Frei-heit haben, ihre eigenen Anliegen und Vorstellungen mit einzubringen und kre-ativ auszugestalten.

Die Bedeutung von Korczak als Ge-schichtenerzähler führt also direkt zu den Kernaufgaben kinderbibliothekarischer Programmarbeit. Daneben lassen sich in seinen Schriften auch eine Reihe von Aussagen über Bibliotheken selbst wie auch über den Umgang mit den verschie-denen Arten von Medien fi nden.

Die Kinderbibliothek als »Medienwelt« und Korczaks Umgang mit verschiede-nen Medienformen

Die Forderungen, Kindern aller Schich-ten den Zugang zu Leihbüchereien und Leseräumen zu ermöglichen, durchzieht das Wirken Korczaks von den Anfängen in den so genannten »Sommerkolonien« bis hin zu den von ihm geleiteten Waisen-häusern. Noch in den letzten Aufzeich-nungen aus dem Warschauer Ghetto, als die Lebensumstände für die Kinder und Mitarbeiter immer bedrängender und beengender wurden, ist von der Einrich-tung einer Ruhezone als Leseraum die Rede, die den Kindern eine Rückzugs-möglichkeit wie auch einen Ort für ihre Träume und Phantasien bieten sollte. Das »Recht auf Poesie« gewann umso mehr an Bedeutung, je mehr Rechtlo-sigkeit und Gewaltherrschaft das Leben der Menschen im Ghetto bedrohten und zerstörten.

Eine Klassenbibliothek als Einrich-tung, die von den Kindern selbst als ge-meinschaftliche Aufgabe gestaltet, ver-waltet und mit Leben erfüllt wird, steht auch im Mittelpunkt eines seiner frühen Kinderbücher mit dem Titel »Der Bank-rott des kleinen Jack«:

»Phil behielt mit seiner Vorhersage recht: Die ganze Klasse fi ng an zu lesen, daß es nur so surrte. Früher hatten nur James und Harry ab und zu über Bücher gesprochen, jetzt sprachen fast alle da-von. Jack kaufte noch ein sehr nützliches Buch, nach dessen Anleitung man mit den Händen Schattenspiele an die Wand zaubern kann. […]Die Lehrerin versuch-te sogar zu erklären, wieso sich der Schat-ten bildet, aber das konnten nicht alle verstehen. […]Dann wieder dachten sich die Jungen Zahlenrätsel aus und mach-ten Scharaden. Morris zeichnete ein von

Vermutung […]: Ehe (das Kind) sich mit seiner Umgebung verständigt hat, muss es die Beschwernisse auf sich nehmen, mit sich selbst zurechtzukommen[…]. Und hier geben eben weder die Zeitung noch das Kino eine Antwort. Hier braucht man das Buch. Ohne Buch ist das Kind nicht fähig zu verstehen und sich mit sich selbst zu verständigen. Hierher gehören auch der Roman mit seinen Helden und die Gedichtsammlung. Hier kann es vor der grauen Alltäglichkeit des Lebens fl ie-hen […]. Wir fragen uns, wie das Kind ein Buch verstanden hat. Das ist falsch. Ein Kind empfi ndet es vor allem, viel-leicht ausschließlich […]. Man muss den Snobismus ablegen: ›Es sollte und es sollte nicht‹. Ich kenne Fälle, wo ein Junge von Skandalblättchen […] über Cooper, Ver-ne […] bis zu Jan Krzystzof gelangte. Ich kenne keinen einzigen umgekehrten Fall. Das ist wichtig.«4

Andere Medien seiner Zeit – das Kino, die Zeitung, das Radio –, an deren Mit-gestaltung er stets in enger Verbunden-heit und Gemeinschaft mit den Kindern beteiligt war, erfüllen jeweils andere Aufgaben. So sieht er in der Zeitung ein wichtiges Mittel, das den Kindern hilft, sich in einer Gemeinschaft zu orientieren, sich gegenseitig zu informieren und über aktuelle Fragen des Zusammenlebens zu verständigen.

Und einen breiten Raum nimmt auch das Radio als Hörmedium ein, für das er regelmäßig Beiträge verfasst.

Beim Ansprechen der Kinder über das Radio werden nach seinen Erfahrungen wiederum ganz andere Faktoren wirk-sam als beim mündlichen Erzählen: Hier kommt es darauf an, die Kinder über eine geschickte Dramaturgie für die Bot-schaft zu begeistern, über charakteristi-sche Stimmen ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen, sie aber immer wieder auch durch eingefl ochtene Aufgaben zum kri-tischen und kreativen Mitdenken und -tun zu ermuntern – und das zu einer Zeit, als das Wort »interaktive Medien-nutzung« noch nicht erfunden war.

Man darf Korczak wohl zu recht als ei-nen »Kindermedienexperten« bezeichnen und sich von ihm bis heute dazu anregen lassen, nach den spezifi schen Eigenschaf-ten der verschiedenen Medien zu fragen und diese mit den Kindern kreativ nutz-bar zu machen.

Die Bedeutung, die Bibliotheken dabei spielen, hat er in vielen Schriften immer wieder anklingen lassen. Das Erzählen von Geschichten als eine grundlegende Form der wechselseitigen Kommunika-tion nimmt hier wie überall im Zusam-

Kinder- und Jugendbibliothek

3 Siehe Korczak (Anm. 1) hier Band 12: Der Bankrott des kleinen Jack, Seite 62–63

4 Siehe Korczak (Anm. 1) hier Band 9: Päda-gogische Artikel, Seite 341–342

Korczak sieht in der Zeitung ein wichtiges Mittel, das den Kindern hilft, sich in einer Gemeinschaft zu

orientieren, sich gegenseitig zu informieren und über Fragen des

Zusammenlebens zu verständigen.

ihm selbst erfundenes Bilderrätsel. Phil schrieb zusammen mit Sill ein Gedicht und Barnum komponierte eine Melodie dazu, so daß man es singen konnte. Sie redeten oft darüber, welches Buch schön und welches langweilig war, wer lieber historische und wer lieber phantastische Romane las. Gade war begeistert, weil er nach den Anleitungen aus dem Buch ›Blumen- und Tierzucht‹ seinem Hund beigebracht hatte zu bitten, zu wachen, zu apportieren und sogar den Buchstaben A zu erkennen. ›Wenn ich dem Hund lesen beigebracht habe, bringe ich ihn mit in die Schule.‹ Mit einem Wort, in der drit-ten Klasse entwickelte sich eine rege geis-tige Bewegung.«3

Kinder schöpfen, so beschreibt es der Roman, eine Reihe von kreativen Im-pulsen zur eigenen Lebensgestaltung aus Büchern. Die besondere Eigenschaft des Mediums Buch drückt sich nach Korcz-aks Beobachtungen aber auch noch in anderer Weise aus. In einer Abhandlung gibt er zu bedenken:

»Wir richten unser Augenmerk wenig auf die intime Beziehung des Kindes zum Buch, auf seinen ungezwungenen Wil-len, mit dem Buch umzugehen, auf sein Alleinsein beim Betrachten der Blätter. […] Ich besitze eine Reihe unzusammen-hängender Beobachtungen und manche

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menleben mit Kindern eine zentrale Rol-le ein.

Der Ausgangsfrage also, warum es für Bibliothekarinnen und Bibliothe-kare nützlich sein kann, sich mit Janusz Korczak auf einen Lernprozess der etwas anderen Art einzulassen, stehen zahlrei-che Beispiele gegenüber, die seine Rele-vanz für vielfältige kinderbibliothekari-sche Belange konkret belegen.

Entscheidend aber bleibt jene Frage, die eigentlich nie »erledigt«, sondern je-den Tag wieder neu zu stellen ist: Wie konsequent und selbstkritisch richte ich die kinderbibliothekarische Arbeit mit all ihren Möglichkeiten und Grenzen an den wirklichen Bedürfnissen der Kinder aus und wie ehrlich, geduldig und acht-sam bin ich daran interessiert, diese an und mit den Kindern zu entdecken und zu bedenken, anstatt sie für die Kinder zu bestimmen?

Das klingt in manchen Ohren viel-leicht mühsam und anstrengend. Doch aus gutem Grund wird in Zusammen-hang mit Korczaks Ideen auch von ei-ner »fröhlichen Pädagogik« gesprochen: Weil sie eben nicht einem idealistisch-utopischen Denkgebäude verpfl ichtet ist, sondern vielmehr mit Phantasie, Warm-herzigkeit, Freude und Kreativität immer wieder frische »Veränderungsenergie« freizusetzen vermag.

Und vielleicht auch, weil sie den über-strapazierten Begriff »Liebe« nicht scheut, wenn es um die Haltung zum Kind, zu den Menschen – und auch zu sich selbst geht. Wer so liebt, kann gelassener mit Unzulänglichkeiten leben und darf der Erkenntnis aus Versuch und Irrtum trau-en. Auch das gehört zum »Geheimnis Ja-nusz Korczak« in der hoch technisierten und durchorganisierten Welt der Biblio-theken.

Literatur-Auswahl

Werke von Janusz Korczak:� Kinder achten und lieben. Freiburg,

2001;� Das Recht des Kindes auf Achtung

/ Fröhliche Pädagogik. Hrsg. von Friedhelm Beiner. Gütersloh, 2002.

Sekundärliteratur:� Kees Waaldijk: Janusz Korczak. Vom

klein sein und groß werden. Wein-heim, 2002;

� Edith Biewend: Lieben ohne Illusion. Leben und Werk des Janusz Korczak. Lahr, 2002;

� Bruno Schonig: Auf dem Weg zur ei-genen Pädagogik. Annäherungen an Janusz Korczak. Hohengehren, 1999.

Bernd-Ingo Friedrich1

Die kostbarsten Stücke wurden zielsicher beiseite geschafftEin Besuch in der Bibliothek des Fürsten Pückler im Schloss Branitz

Fürst Hermann von Pückler-Muskau (1785 bis 1871) führte ein bewegtes Leben. Er war deutscher Standesherr, Dandy, weitgereister Abenteurer, liberaler Schriftsteller, vor allem aber Park-Gestalter. Noch heute gilt er unter Kennern als landschaftskünstlerisches Genie. Die kostspielige Leidenschaft für Gartenanlagen bescherte dem Fürsten neben großem Ruhm auch veritable fi nanzielle Schwierigkeiten. 1845 musste der Lebemann Schloss Muskau und die zugehörigen Parkanlagen schuldenhal-ber verkaufen. Der Fürst zog auf sein be-nachbartes Erbschloss Branitz und legte dort sogleich einen weiteren Park an, brachte aber – als Buchliebhaber – auch die aus Muskau stammende wertvolle Familienbibliothek auf Vordermann. Schloss Branitz mit herrlicher Parkanlage und sehenswerter Bibliothek ist für Besu-cher geöffnet (www.pueckler-museum.de). Bernd-Ingo Friedrich hat für BuB ei-nen Blick in die Bibliothek geworfen und ihre historische Entstehung untersucht.

In einem Brief aus dem Jahre 1817 be-schreibt der junge Graf Pückler-Mus-kau, Besitzer der Standesherrschaft

seit 1811, seiner Braut Lucie, wie er seine Tage in Muskau verbrachte: »[…] um 12 Uhr das kalte Frühstück mit englischem Zubehör, Reiten, Fahren, und im Park die Arbeiten in Augenschein nehmen bis 7 Uhr, Toilette bis ½ 8 Uhr, gegen 8 Uhr das Diner, dann Unterhaltung und Th ee bis 12, wo ich regelmäßig zu Bett gehe, und um 10 früh wieder aufstehe. Sind Geschäfte, so werden sie zwischen Früh-stück und Diner alle abgethan.«2

Er hatte also sehr viel Zeit zum Lesen, und es fehlte ihm auch nicht an Büchern. Seine umfangreiche Lektüre verdankte er der Vereinigung zweier Familienbiblio-theken im Jahre 1784, als Graf Hermann von Callenberg in Muskau seine Tochter Clementine mit dem Grafen Ludwig von Pückler aus Branitz verheiratete. Die von ihm und seinem Vater Alexander von Cal-lenberg im Geiste der Aufklärung zusam-mengetragene Sammlung bildete den ei-gentlichen Grundstock der Pücklerschen Bibliothek.

Die Schilderung der Callenbergschen Bibliothek, nimmt in Johann Bernoul-lis »Sammlung kurzer Reisebeschrei-bungen und anderer zur Erweiterung der Länder- und Menschenkenntnis dienender Nachrichten« aus dem Jahre 1784 mehrere Seiten ein. Darin heißt es unter anderem: »Diese sehr ansehnliche Schloßbibliothek stehet in einem großen und schönen gewölbten Saale in eiche-nen Repositorien: nicht nur die Wände und die Zwischenräume unter den hohen Fenstern sind mit Büchern besetzt; son-dern nach der Länge des Saales sind auch zwey freystehende doppelte Repositorien angefüllt, und dem ohnerachtet sind be-reits eine große Menge Bücher vorhan-den, die auf Anstalt zu mehrerem Raum warten […].

Die Hauptanlage dieser wichtigen Sammlung rühret von dem Herrn Vater des jetzigen Herrn Grafen her, indem jener insonderheit bey Gelegenheit der Versteigerung der Wassenaarschen Bib-liothek in Holland, seine schon vorräthi-ge Sammlung ausserordentlich vermehr-te: einen jährlichen starken Zuwachs

1 Der Autor bedankt sich bei Christian Fried-rich, Cottbus, für seine hilfreichen Hinwei-se.

2 Hermann Fürst von Pückler-Muskau: Brief-wechsel und Tagebücher, 9 Bände, hrsg. von Ludmilla Assing-Grimelli. Neu verlegt bei Herbert Lang: Bern, 1971; Band 4, Seite 223

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erhält sie aber auch durch den gegenwär-tigen Besitzer: an welchem unter andern hiebey zu loben ist, daß er den deutschen guten Schriftstellern die Aufnahme in seine Bibliothek nicht versagt.

Es sind 4 Catalogen von dieser Biblio-thek vorhanden […]. Der 4te Katalog ist 1763 angefertigt, und der einzige der bis gegen die jetzige Zeit fortgesetzt worden. Er ist in 4 Th eile eingetheilet, jeder nach alphabetischer Ordnung der Namen der Verfasser, jedoch Folianten, Quart-, Oktav- und Duodezbände von einander abgesondert. Der erste Th eil enthält die Französischen Bücher; der zweyte, die Italienischen und Spanischen; der dritte, die Lateinischen, Griechischen und Heb-räischen; der vierte, die Deutschen, Nie-derländischen und Englischen Bücher.«

Bibliothek als Stiefkind

Als besonders umfangreich nennt Ber-noulli die Abteilungen Historici und Jura, beschreibt einige Zimelien der Schlossbi-bliothek, wie »Les 4 Livres de Froissart Chronique de France« in zwei Foliobän-den, die 263 Pergamentblätter mit über 200 Miniaturmalereien enthalten, einige Bibeln vor 1500 und eine 1584 in Witten-berg gedruckte »Windische Bibel« (ver-mutlich sollte es »wendisch« heißen), 23 Foliobände »Corpus histor. Byzantinae« und erwähnt sichtlich beeindruckt auch, dass sie sehr viele Nachschlagewerke ent-hält, darunter die »Pariser Encyclopédie«. Zum Umfang der Bibliothek hält er fest, dass »[...] die Anzahl der Bände, zehntau-send wohl nicht übersteiget […]«.3

Unter dem ersten Grafen Pückler auf Muskau, dem Vater des 1822 gefürsteten

Gärtners und Schriftstellers Hermann Ludwig Heinrich von Pückler-Muskau, wurde die Bibliothek zum herrschaftli-chen Stiefkind. Vater Pückler, von dem überhaupt nur wenig Sympathisches berichtet wird, kümmerte sich wenig um die Bibliothek und erwarb off enbar kaum neue Bücher. Andreas Tamm, der als Hofmeister und Erzieher für den da-mals fünfj ährigen Hermann nach Mus-kau kam, beklagte sich über große Un-ordnung in den Archiven.4

Doch die Bibliothek blieb ein wesent-licher Bestandteil des geselligen Verkehrs und des geistigen Lebens in der Pück-lerschen Miniatur-Residenz5. Leopold Schefer, der spätere Bestsellerautor und Generalbevollmächtigte Hermann von Pücklers während dessen erster England-reise, konnte sie ebenso selbstverständlich nutzen wie zum Beispiel Heinrich Laube, dessen Literaturgeschichte sicherlich nicht ohne sie entstanden wäre. Heinrich Laube hat sie der Fürstin Lucie von Pück-ler-Muskau6 gewidmet, die es dem 1837 als Demagogen zu Festungshaft Verur-

teilten ermöglichte, die Strafe in der von alters her als Veste geltenden Muskauer Schlossanlage zu verbüßen. Wie man sei-nen »Erinnerungen« entnehmen kann, hat der solcher Art begünstigte Laube sei-ner Haft zeitlebens gern gedacht; er hat Muskau nachher noch oft besucht und mit den Pücklers korrespondiert.7

Als der Fürst 1845 Branitz bezog, mussten auch die Bücher umziehen. Die Muskauer Parkanlagen und andere kostspielige Liebhabereien hatten seine Finanzen zerrüttet, so dass er gezwungen war, seine Standesherrschaft aufzugeben. Nach dem Verkauf von Muskau und ers-tem Herrichten des neuen Domizils be-gann man 1850 mit dem Transport der Bücher aus Muskau und mit den Bau-arbeiten an der Bibliothek, die bis etwa 1862 dauerten. Im Dezember 1861 ver-merkte der Fürst in seinem Tagebuch: »Das neue Zimmer und die Biblio-thek werden sehr hübsch und sind bald ganz fertig, bis auf die Ordnung der Bü-cher, kein uninteressantes, aber sehr er-müdendes Geschäft für mich, selbst mit

3 Johann Bernoulli: Sammlung kurzer Reise-beschreibungen, Jahrgang 1784, Vierzehn-ter Band. Buchhandlung der Gelehrten: Leipzig, 1784; Seite 377 ff .

4 Johann Andreas Tamm: Brief an Karl Gott-lob Anton vom 17. April 1794. Archiv der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissen-schaften, V B. 236

5 Leopold Schefer: Laienbrevier, 12. Aufl age, mit einer biographischen Skizze von W. v. Lüdemann. Verlag von Veit & Comp.: Leip-zig, 1859

6 Heinrich Laube: Geschichte der deutschen Literatur. Hallberger’sche Verlagshandlung: Stuttgart, 1840; Band 4

7 Heinrich Laube: Gesammelte Werke in 50 Bänden, hrsg. von Heinrich Hubert Hou-ben. Max Hesse: Leipzig, 1908 f.; Band 40

8 Hermann Fürst von Pückler-Muskau: Brief-wechsel und Tagebücher, 9 Bände, hrsg. von Ludmilla Assing-Grimelli. Neu verlegt bei Herbert Lang: Bern, 1971; Band 9, Seite 336

Fürst Pückler im preußischen Waffenrock – Litographie von Friedrich Jentzen nach einem Gemälde von Franz Krüger, 1824

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Hülfe.«8 Sie wurde ausgestattet mit einem farbigen Fenster und den Schränken, die als originalgetreue Nachbauten heute wieder zu sehen sind. Allerdings konnte sie nicht alle Bücher fassen, so dass die Bücher schließlich auch Räume im Ca-valierhaus und im Gutshof besiedelten.9

Bei dem Zimmer handelt es sich um das Schlaf- und Schreibzimmer, in dem sich übrigens auch ein zauberhaftes Ge-mälde von Georg Melchior Kraus mit der Callenbergschen Familie von 1775 befi n-det, und auch für dieses plante der Fürst den Einbau von Repositorien um die Tür zum Nebenraum herum, dem Wasch- und Ankleidezimmer. Zusammen mit all den praktischen Kleinmöbeln zum Able-gen und Hin- und Hertragen der Bücher hätte dem Fürsten damit im Schloss ein hübsches, kleines, nur ihm und den Bü-chern gehörendes Refugium zum unge-störten Arbeiten gehört. Bemerkenswert in dem Zimmer ist auch ein Stehschreib-pult aus Mahagoni, hergestellt um1820 in Berlin. Durch eine Schublade im Mit-telteil ganz unten konnte der Schreiber 12 Zentimeter erhöht stehen, was außer warmen Füßen und einem Raumgewinn von einem halben Kubikmeter in den benachbarten Seitenteilen den hübschen und von dem eitlen Fürsten vielleicht ge-wollten Nebeneff ekt hatte, dass, wer den Schreibtisch sah, dessen Besitzer für ei-nen Riesen halten musste.

Systematische Plünderungen

Das Dritte Reich überstand die Bibliothek unbeschadet, doch mit dem Einmarsch

der sowjetischen Truppen 1945 und der Enteignung der Familie Pückler wendete sich auch ihr Schicksal sehr zum Bösen. Im Stadtarchiv Cottbus aufbewahrte Akten belegen, dass die Bibliothek in den darauf folgenden Jahren wiederholt zum Ziel systematischer Plünderungen durch die Besatzer, aber auch durch andere In-teressenten wurde. Und so ist innerhalb weniger Jahre der größte Teil der Bücher einer über Jahrhunderte gewachsenen, stattlichen Bibliothek verschollen. Die meisten davon lagern heute zusammen mit Beständen aus anderen Schloss- und Gutsbibliotheken in Russland, und ihre Rückkehr ist ungewiss, wohl eher fraglich. Einige Bücherkisten, die mit unbekanntem Ziel abtransportiert wur-den, sind nicht mehr auffi ndbar. Nur ein geringer Teil der Bücher verblieb den Sammlungen im Schloss, das zunächst zum Städtischen Museum, 1961 zum Be-zirksmuseum Cottbus und nach 1990 in eine kommunale Stiftung umgewandelt wurde.10

Etwa 3 200 Bücher wurden nach Pots-dam ausgelagert und sind 1994 zurück-gekehrt. Die gesamte Inneneinrichtung ging verloren bis auf einen Eckschrank. Ihn sowie alte Fotografi en nahm die Muskauer Firma Schibilsky zum Vor-bild, als sie die Repositorien mit Unter-stützung der Mitarbeiter der kommu-nalen Stiftung Fürst Pückler Museum – Park und Schloss Branitz nach deren Angaben originalgetreu nachbaute. Dass die Rekonstruktion gelungen ist, belegen Vergleiche historischer Aufnahmen mit dem heutigen Zustand.

Zurzeit gibt es in der Bibliothek leider noch leere Regale. Von den ursprünglich circa 10 000 Bänden hoff t man jedoch 5 000 wieder zusammenbringen zu kön-nen, davon sind 1 400 Titel in 3 200 Bän-den – es sind die ehemals nach Potsdam verbrachten – bereits wieder vorhanden. Was von den alten Beständen noch exis-tiert, ist schwer feststellbar, denn die Ka-taloge der Callenbergs – von den späteren Besitzern wurden keine mehr angefertigt – scheinen verloren gegangen oder vor-sätzlich vernichtet worden zu sein. Man kann aber getrost annehmen, dass die kostbarsten Stücke zielsicher beiseite ge-schaff t wurden.

So wurde unlängst von einem New Yorker Antiquariat für 8 500 Dollar eine dem Fürsten Pückler von Alexander von Humboldt persönlich gewidmete Erst-ausgabe seines »Kosmos – Entwurf einer physischen Weltbeschreibung« angebo-ten.

Unter den heimgekehrten Büchern sind 2 400 Bände aus dem 17. und 18.

Geschichte

9 Vgl. Siegfried Kohlschmidt: Der Fürst und sein Geheimsekretär – Spurensuche im Briefwechsel zwischen Fürst Pückler und Wilhelm Heinrich Masser. In: edition bra-nitz 4, Cottbus, 1999; Seite 189 ff .

10 Christian Friedrich: Schicksale und Schätze der Pücklerbibliothek. Typoskript, Branitz 1999Historische Bildkarte von Schloss und Parkanlagen in Branitz

Dreifarbige EisbombeFürst Hermann von Pückler-Muskau hat in seinem Leben so manches er-schaffen – nicht jedoch das »Fürst-Pückler-Eis«, wie der Name nahe legt. Die dreischichtige und dreifarbige Eis-bombe mit Maraschino, Makronen und Schlagsahne – in der DDR auch Pück-ler-Schnitte genannt – ist vielmehr die Erfindung eines Berliner Konditors. Der verlieh seiner heute noch beliebten Eis-kreation den Namen des exzentrischen Fürsten, weil Pückler-Muskau zu jener Zeit in Berlin bekannt war wie ein bun-ter Hund. Unter anderem sah man Fürst Hermann mit Hirschen im Gespann auf der Prachtstraße Unter den Linden kut-schieren. Immerhin gestatte der Fürst dem Konditor in seiner Heimat Branitz, das Eis an die Besucher seines Schloss-parkes zu verkaufen – laut mündlicher Überlieferung, um damit ein paar Ein-nahmen für die Finanzierung seiner kostspieligen landschaftsgärtnerischen Aktivitäten zu erzielen. slh

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161Lesesaal | BuBGeschichte

Jahrhundert und etwa 800 von Pück-ler erworbene aus dem 19. Jahrhundert. Etwa drei Viertel des heutigen Bestandes sind Ganzlederbände in französischer Bindung, überwiegend aus der Callen-berg-Zeit, bei den übrigen handelt es sich um Pergamentbände in deutscher Bin-dung, circa 300 Folianten ebenfalls aus der Zeit der Callenberger, und andere.

Ein Zufallsfund, der bei Bauarbeiten in diesem Jahr gemacht wurde, lässt ein wenig auf weitere Entdeckungen hoff en. In der Dachschräge eines Wirtschaftsge-bäudes wurde die »Preußische Krönungs-Geschichte / Oder Verlauf der Zeremo-nien / etc.«, das so genannte Krönungs-Diarium Friedrichs I. in der dritten, auf 100 Exemplare limitierten Aufl age von 1712 gefunden. Max von Boehn hat es in seiner Kulturgeschichte »Deutschland im 18. Jahrhundert« beschrieben und zum Teil abgebildet. Das Prachtwerk in Folio wurde 1702 bei Liebpert in Berlin erstmalig aufgelegt und dokumentiert anhand von Arbeiten des Augsburger Kupferstechers Johann Georg Wolfgang die Krönung des preußischen Kurfürsten zum König in Preußen 1701 in Königs-berg. In der wieder gefundenen Ausgabe sind die einzelnen Stiche herausgetrennt und wahrscheinlich vom Fürsten Pückler selbst zu einem fast neun Meter langen Leporello zusammen geklebt worden.11

Herausragende Werke

Religiöse Werke vom Anfang des 18.Jahr-hunderts, darunter Luthers von Martin Walch in den Jahren 1742 bis 1750 he-rausgegebenen »Sämtliche Schriften«, Atlanten, die »Einführung zur teutschen Stats-Kunst« von Rautner, erschienen 1672 bei Hoff manns in Nürnberg, und das Krönungs-Diarium Friedrichs I. sind einige Werke der Sammlung, die man beim gegenwärtigen Stand der Aufarbei-tung als herausragend bezeichnen kann. Von der bei Bernoulli genannten »Pariser Encyclopédie« gibt es off enbar nur noch die Bände 2, 4, 5, 6 und 17. Die mittelal-

terliche Handschrift ist nicht mehr vor-handen.

Viele der Bibliothek vom Fürsten Pückler hinzugefügten Bücher sind Widmungsexemplare der Autoren, denn er kannte seine »Kolleginnen und Kol-legen«, korrespondierte mit vielen und war mit einigen befreundet. Ida Hahn-Hahn, Eugenie Marlitt, Carl Weisfl og und Leopold Schefer gehörten dazu, um nur einige der weniger bekannten zu nennen, Karl Gutzkow, Heinrich Heine und Heinrich Laube, E.T.A. Hoff mann, der Ökonom Friedrich List und viele an-dere. Er kannte natürlich auch Jean Ant-helme Brillat-Savarin, den Verfasser der »Physiologie du gout« und besaß davon die 1848 bei Gonet in Paris erschienene Ausgabe mit den Illustrationen von Ber-tall, die in der 1983 bei Rütten & Loe-ning als »Physiologie des Geschmacks« erschienenen deutschen Ausgabe in der von Carl Vogt 1865 besorgten Überset-zung enthalten sind. Er kannte Eugen von Vaerst, den Redakteur der »Breslauer Zeitung«, der den Begriff der Gastroso-phie prägte und der von Brillat-Savarin begründeten Literaturgattung erst ihren Namen gab, und der unter dem Pseu-donym Chevalier de Lelly das »Hand-buch für angehende Verschwender« ver-öff entlichte.

Und so erscheint es denn nur folgerich-tig, dass zu den Kostbarkeiten der Biblio-thek auch fünf Tafelbücher gehören, die von 1854 bis 1870 von den beiden Ver-trauten des Fürsten, Wilhelm Heinrich (Billy) Masser und Albert Bidault, nahe-zu lückenlos täglich geführt wurden. Sie verzeichnen akribisch die Speisenfolgen

und Gäste der erlesenen Branitzer Diners und gelegentlich auch persönliche Be-fi ndlichkeiten des Hausherrn.

Die Erschließung der Bestände der Callenberg-Pückler-Bibliothek dauert an und wird die Pücklerforschung sicher noch bereichern. Vielleicht kann mit ihrer Hilfe demnächst ein weiteres der Geheimnisse gelüftet werden, mit de-nen sich der Fürst so gern umgab. Sollte sich nämlich herausstellen, dass sich in der Bibliothek in der einen oder anderen Ausgabe12 auch Meta Klopstocks »Hin-terlaßne Schriften von Margareta Klop-stock« befanden, zuerst erschienen 1759 bei Bohn in Hamburg, so könnte sich jenes Buch als der Schlüssel zum Pseudo-nym Pücklers und dem Titel seines litera-rischen Erstlings erweisen. Denn so, wie dieser bereits einige seiner Zeitgenossen zu Adaptionen des Buchtitels anregte, wie beispielsweise Cäcilia Zeller, gebore-ne von Ölsner aus Quedlinburg, die sich mit ihrem Gedichtband »Aus den Papie-ren einer Verborgenen« daran anlehnte13, so könnten Meta Klopstocks »Briefe von Verstorbnen an Lebendige«, enthalten in dem genannten Werk, den Schriftsteller Pückler inspiriert haben, seine Reisebriefe aus England unter dem Titel »Briefe eines Verstorbenen« herauszugeben. Natürlich könnte er Klopstock auch gelesen, ohne ihn besessen zu haben, doch da eine Bib-liothek jener Zeit ohne Klopstock nicht gut denkbar ist, so wird wohl auch diese den ihren gehabt haben – w.z.b. wäre.

Bernd-Ingo Friedrich ist Mitglied der Pirckheimer Gesellschaft und des Freundeskreises »Historica« Bad Muskau – Kontakt: [email protected]

Historische Teilansicht der Bibliothek Schloss Branitz um 1900 – Prospekt der Firma Prelop, vorm. Günter Schibilsky, Bad Muskau 2000

11 Siehe auch: Klaus Trende: Die Pückler-Bib-liothek kehrt zurück. In: Lausitzer Rund-schau vom 22. Juni 1994 sowie Cavaliere und Frauenzimmer in Kupfer. In: Lausitzer Rundschau vom 7. März 2003

12 Meta Klopstock: Hinterlaßne Schriften von Margareta Klopstock, hrsg. von Friedrich Gottlieb Klopstock. J.C. Bohn: Hamburg, 1759; auch in Klopstock-Werkausgaben

13 Gustav Brugier: Geschichte der deutschen Nationalliteratur. Herdersche Verlagshand-lung: Freiburg im Breisgau, 1898

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»Handbuch Lesun-gen und Literatur-veranstaltungen«

Konkrete Hilfen für die bibliothekarische Veranstal-tungsarbeit

Reifsteck, Peter: Handbuch Lesungen und Literaturveranstaltungen. Konzep-tion – Organisation – Öffentlichkeitsar-beit. 3., aktualisierte, überarbeitete und erweiterte Aufl age. Reutlingen: Peter Reifsteck [Selbstverlag], Druck: Grafi -sche Werkstätte der BruderhausDiakonie Reutlingen, 2005. 207 Seiten: Illustrati-onen, grafi sche Abbildungen, Tabellen. – Loseblatt-Sammlung Großformat (DIN A4) 49,– Euro plus Versand (Bestellung direkt bei: Beratungsbüro für Literatur-veranstaltungen, Grafeneck 10, 72770 Reutlingen; Telefon 0 71 21/57 77-50, Telefax -53; www.reifsteck-literaturbu-ero.de, [email protected])

Voller Tatendrang im Dienste der Literatur begrüßt Peter Reifsteck – sprungbereit zwischen Bücher-

stapeln und Telefonhörer – seine Leser. Auf dem Foto zur dritten Ausgabe des als Loseblattwerk konzipierten »Handbuchs Lesungen und Literaturveranstaltun-gen« ist seine Pose unverändert, genauso dynamisch, wenngleich der Autor etwas älter geworden ist, wie so mancher Bei-trag, der einmal in den Neunzigerjahren entstand.

Dennoch kommt keine Bibliothek oder Kultureinrichtung, die Veranstal-tungen organisiert, an Peter Reifstecks »Handbuch Lesungen und Literatur-veranstaltungen« vorbei. Sein äußerst praktischer und informativer Ratgeber, der erstmals 1994 erschien und großes Interesse bei Veranstaltern auslöste, hat bis heute nichts an Gültigkeit verloren.

Das Handbuch vermittelt, wie der Au-tor auf seiner Internetseite www.reifsteck-literaturbuero.de/pages/handbuch erläu-tert, »das grundlegende Handwerkszeug von der Programmkonzeption bis zur de-taillierten Ablaufplanung einer Lesung oder eines Festivals. Die Th emenpalette reicht von Autorenkontakten, Vertrags-gestaltung, Terminplanung, rechtli-chen Aspekten über Kostenplanung, öff entliche Förderung und Sponsoring, Pressearbeit, Werbung bis hin zur Ver-anstaltungsorganisation und Autoren-betreuung«. Darüber hinaus enthält die Arbeitshilfe zahlreiche Checklisten und Formularvordrucke sowie weiterführen-de Adressen-, Bezugsquellen- und Litera-turverzeichnisse.

Mit Erfahrung gegen leere Stuhlreihen

Peter Reifsteck, der seit 1991 im Auftrag freiberufl ich Festivals, Reihen und Ein-zelveranstaltungen vorwiegend im Lite-raturbereich konzipiert und organisiert, hat einen Erfahrungsschatz zusammen-getragen, der jedem Veranstalter für die praktische Arbeit konkrete Hilfestellun-gen bietet. � Wer hat sich bei der Finanzierung eines Literaturfestivals nicht schon mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert gesehen, zahlungsfreudige Sponsoren zu fi nden? � Wer hat sich bei der Organisation ei-ner Lesung nicht schon mit den Tücken in Zusammenhang mit Gema, Auslän-dersteuer, Vertragsformulierung und VG-Wort herumgeschlagen? � Wer kennt nicht die Angst vor leeren Zuschauerreihen, trotz attraktivem Pro-gramm und perfekter Planung?

Auf all diese und auch weitere Fragen fi ndet man in Reifstecks Handbuch de-taillierte Antworten.

Eineinhalb Jahre war das Handbuch zuletzt vergriff en, bevor es im August 2005 aktualisiert und überarbeitet wieder aufgelegt wurde. Über 600 Adres-sen und 200 weiterführende Literatur-hinweise hat Reifsteck überprüft oder neu aufgenommen. Alle rechtlichen und steuerrechtlichen Passagen, viele Kosten-beispiele, sowie Vordrucke und Check-listen wurden auf den neuesten Stand gebracht und die dritte Aufl age des Handbuchs um wichtige Th emen er-gänzt.

Gegen »handgestrickte« Umsetzungen

Vor allem der Bereich Neue Medien spielt dabei eine wesentliche Rolle, der in der zweiten Aufl age noch keine Erwähnung fand, was von der damaligen Fachpresse kritisch vermerkt wurde (zu den beiden Voraufl agen vergleiche die Rezensionen in BuB Heft 4/95, Seite 397 f., sowie Heft 2/01, Seite 127).

Anschaulich vermittelt Reifsteck die Vorteile eines eigenen Internetauftritts, den er als sinnvolle Ergänzung der übli-chen Werbemittel versteht, warnt aber gleichzeitig auch vor allzu »handge-strickten« Umsetzungen, deren schlech-te Qualität in der Regel negativ auf das Veranstaltungsangebot zurückfällt. Darüber hinaus stellt er den Nutzen ei-nes E-Mail-Newsletters vor, erwähnt die Möglichkeiten, eine spezielle Website mit Pressemitteilungen für Journalisten einzurichten oder Publikumsreaktionen und Pressespiegel via Internet der Öff ent-lichkeit zugänglich zu machen.

Reifsteck liefert dabei in gewohnter Weise übersichtlich gegliederte Tipps und Anregungen, ohne dabei aber die Grenzen des Internet, beispielsweise bei der Pressearbeit, unerwähnt zu lassen. Darüber hinaus vervollständigen ein deutlich erweitertes Literaturverzeichnis mit einschlägigen Publikationen aus den letzten Jahren sowie relevante Internet-adressen den aktualisierten Bereich der Presse- und Medienarbeit.

Auch im Kapitel, das sich dem Th e-ma »Vom Layout zum Druck« widmet, hat Reifsteck aktuellen Entwicklungen Rechnung getragen und die in der zwei-ten Aufl age beschriebene, mittlerweile überholte Satzherstellung gegen zeitge-mäße Arbeitsweisen ersetzt. Anschau-lich erläutert er – entsprechend heute gebräuchlicher Bildbearbeitungs- und Layoutprogramme – die Vorbereitung

Beide Rezensentinnen verfügen über eine jahre-lange Erfahrung in der Planung und Durchfüh-rung von Veranstaltungen im Kulturbereich. Jutta Ortelt arbeitet an der Württembergischen Lan-desbühne Esslingen und ist dort zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Renate Luxem-burger betreut in der Stadtbücherei Esslingen un-ter anderem die Bereiche Lesungen und Literatur-veranstaltungen. – Kontakt: Renate Luxembur-ger, Stadtbücherei, Heugasse 9, 73728 Esslingen am Neckar; [email protected]

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163 163Magazin | BuBFachliteratur

und Erstellung von Druckvorlagen für Printmedien.

Das Kapitel »Fahrplan durch den Lesungs-Dschungel«, als Schnellein-stieg in die Veranstaltungsorganisation konzipiert, enthält eine Übersicht der notwendigen Arbeitsschritte bei der Organisation von Lesungen und – neu hinzugekommen – von Lesereihen und Festivals. Von der Initiierungsphase, über die Planungsphase, Feinplanung und Durchführung bis zur Nachberei-tung ist alles genauestens in zeitlicher Folge aufgelistet, Seitenzahlen verweisen auf die ausführlichen Erläuterungen im »Handbuch«.

Viele der Ideen für ungewöhnliche Veranstaltungskonzepte, mit denen ganz neue Publikumskreise gewonnen wer-den sollen, wie zum Beispiel im Kapitel »Andere Orte, andere Zeiten, andere For-men…« aufgeführt, waren beim Erschei-nen der ersten Ausgabe des Handbuches noch innovativ. Einige davon gehören in-zwischen zum Veranstaltungsrepertoire vieler Bibliotheken, sicherlich auch ein Verdienst des Autors und seines gefragten Standardwerks.

Trend zum »Non-Event-Event«

Anderen haftet der Geist einer Zeit an, in der die Erlebniskultur Form und Ort einer Veranstaltung vorgegeben hat, was stets auch die Gefahr barg, das Spekta-kel zum Selbstzweck verkommen zu las-sen. Und so animiert der von Reifsteck zitierte Satz zumindest kurz zum Nach-denken: »Nach der Hochkonjunktur des literarischen Entertainments durch Pop und Posse wird […] wieder vermehrt die Inszenierung der Eigentlichkeit nachge-fragt. So folgt auf den Event-Event der Non-Event-Event.« (»Andere Orte«, Seite 45) Vielfältige Angebote, auch fantasie-voll durchgeführte Veranstaltungen, wie sie Reifsteck vorschlägt, die Gründung von Literaturhäusern und die wachsen-de Zahl an professionell durchgeführten und beworbenen Literaturfestivals haben zu einem deutlich größeren Interesse an Lesungen in den letzten zehn Jahren ge-führt.

Reifstecks »Handbuch« ist eine nach wie vor lohnende Lektüre – auch für rou-tinierte Lesungsveranstalter. Für all jene, die das Handbuch bereits in der zweiten Aufl age besitzen, wäre es auch aus Kos-tengründen wünschenswert, die Aktua-lisierungen und Ergänzungen als Kom-pendium erwerben zu können.

Renate Luxemburger, Jutta Ortelt

»Förderung von Lesekompetenz«

Dokumentation der internationalen Forschung und profunde Analyse der deutschen Situation

Förderung von Lesekompetenz. Experti-se. Cordula Artelt… Unter Mitarbeit von Sintje Holler… [Herausgeber: Bundesmi-nisterium für Bildung und Forschung]. Bonn, Berlin: BMBF, 2005 (Bildungs-reform; 17). 125 Seiten. – broschiert kostenlos (bestellbar oder zum Down-load unter www.bmbf.de/publikatio-nen/2713.php)

Die internationalen Vergleichstu-dien über Leistungen von Schü-lerinnen und Schülern, im Jahr

2000 Pisa für die 15-Jährigen und im Jahr 2003 Iglu (Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung) für die Viertklässler der Grundschule, belegten es unabweis-bar: Mit den Lesefähigkeiten deutscher Schüler – wie mit anderen getesteten Leistungen – ist es nicht zum Besten be-stellt, zumindest nicht im Vergleich zu den skandinavischen Spitzenländern.

Zwar schneiden die Grundschüler noch relativ passabel ab, »nur« gut ein Drittel eines Jahrgangs wies schwache Leseleistungen auf, während unter den 15-Jährigen ein Viertel nur auf einem ganz elementaren Niveau lesen kann und damit zur gesellschaftlichen wie beruf-lichen Risikogruppe zählt, zumal zehn Prozent nicht einmal diese Stufe errei-chen. Aber in kaum einem anderen Land sind die Zusammenhänge zwischen so-zialer Herkunft, ethnisch-kulturellem Hintergrund und Leseleistung so eng wie hierzulande, andere Länder wie Schwe-den fördern Kinder aus Migrationshaus-halten weitaus besser, als es in Deutsch-land geschieht.

Hochkarätige Experten

Auch der zweite Zyklus der Pisa-Studie aus dem Jahr 2003, der andere Schwer-punkte setzte und immerhin graduel-le Verbesserungen zeitigte, hat an der grundsätzlichen Problematik wenig ge-ändert und den intensiven Förderbedarf bestätigt, weshalb die Kultusministerien an den 2001 beschlossenen Projekten und Maßnahmen festhalten wollen.

Zu ihnen zählt off ensichtlicht auch diese Expertise, die von hochkarätigen Experten aus dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (Berlin) und di-versen Universitäten angefertigt wurde, ohne dass die Autorenschaft im Einzel-nen vermerkt ist. Mit ihr ist der Stand der internationalen Leseforschung nunmehr in einer Dichte und Diff erenziertheit – mit rund 18 Seiten Literaturnachwei-sen – dokumentiert, wie er bislang in deutscher Sprache nicht vermittelt wur-de, allerdings in einer recht komplizier-ten Fachsprache, die selbst einige Lese-leistung abverlangt. Und zu bedauern ist auch, dass die Form der Publikation – in der Schriftenreihe des Ministeriums – wohl kaum besondere öff entliche Auf-merksamkeit auf sich zieht.

Jedenfalls, wer über Lesen künftig wis-senschaftlich arbeitet und auch nur am-bitioniert diskutieren möchte, kann diese

Der Rezensent ist Professor an der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften. – Kontakt: Prof. Dr. Hans-Dieter Kübler, Hoch-schule für Angewandte Wissenschaften, Fakultät Design, Medien und Information, Berliner Tor 5, 20099 Hamburg; [email protected]

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Expertise nicht ignorieren, zumal sie auch unumwunden Forschungslücken und -desiderate einräumt. Auf knapp 60 Seiten werden zunächst theoretische Mo-delle des Lesens und der Lesekompetenz vorgestellt, sodann einzelne Einfl ussfak-toren im Leseprozess wie die Merkmale des Lesers, die Leseanforderungen, die Beschaff enheit des Textes und die diver-sen Aktivitäten des Lesers aufgearbeitet, um im Weiteren sowohl auf die ontogene-tische Entwicklung der Lesekompetenz

bei interaktive, digitale Plattformen und Online-Angebote erheblich zunehmen: Neue Konzepte für den Schulunterricht, Schulbibliotheken und viele Förder-programme, Kooperationen zwischen Schulen und Zeitungen, Bibliotheken sowie mit Autoren, Lesepartnerschaften, -scouts und -mentoren, Familienprojekte und Wettbewerbe, Schreibwerkstatten und Netzwerke fi nden sich off enbar zu-hauf.

Zeitigten sie all die Erfolge, die sie sich vorgenommen haben, dürfte es um die Lesefähigkeit und -lust von Kindern und Jugendlichen nicht so schlecht bestellt sein. Doch die – dafür recht – knappe Zusammenfassung weist auf Schwach-stellen hin: Die meisten Projekte seien darauf ausgerichtet, »die gesellschaftli-che Wertschätzung am Lesen zu erhöhen und Spaß am Lesen zu vermitteln« (Seite 97). Aber sie erscheinen im Lichte der Forschung zu wenig gezielt auf bestimm-te Lern- und Lesedefi zite, insbesondere hinsichtlich der entdeckten Risikogrup-pen, deren Lebensumstände und Bedürf-nisse ausgerichtet.

So fehlen etwa eine frühe Förderung in den Kindergärten und deren Koppe-ration mit den Schulen ebenso wie die Einbeziehung der Jugend(sozial)arbeit in die Leseförderung. Und Lesemotivation müsse durch die Förderung der (kogni-tiven) Lesekompetenz ergänzt werden, denn nur wer fl üssig lesen kann, entwi-ckelt auch Spaß daran. Können und Wol-len lassen sich nicht trennen.

Diagnosefähigkeit verbessern

Wie in der Bildungsdiskussion insgesamt gilt auch für die Leseförderung, deren Perspektiven abschließend umrissen werden: Die Förderung des Lesens muss früher beginnen, sie muss auf die kogni-tiven und operativen Fähigkeiten min-destens ebenso großen Wert legen wie auf die Motivation, vor allem muss sie weiter diff erenziert und hinsichtlich der Risikogrippen sensibilisiert werden bis hin zu individualisierten Maßnahmen. Spektakuläre, punktuelle Event-Insze-nierungen, wie sie die Politik favorisiert und manche Einrichtungen inzwischen um ihrer eigenen Legitimation und ihres eigenen Prestiges willen präferieren, nüt-zen der gezielten Leseförderung wenig.

Deshalb müssten alle beteiligten Be-reiche sich dahingehend abstimmen, wie sie ihre speziellen Potenziale und Anreize bündeln und gemeinsam einsetzen kön-nen. So seien mehr »informellen Lernge-legenheiten« zu schaff en, an denen Fami-

lien und/oder Kinder- und Jugendgrup-pen gemeinsam teilnehmen können. Und die dabei engagierten Personen, vor allem die Erzieherinnen und Lehrerinnen, soll-ten ihre Diagnosefähigkeit verbessern, um mit Rückgriff auf die Leseforschung erkennen zu können, welche Lern- und Lesedefi zite jeweils vorliegen und welche Hilfen zu ergreifen sind.

Entsprechende Aus- und Fortbildung sei mithin dringend nötig. Denn »als grundlegendes Kulturwerkzeug« – heißt es wieder einmal recht emphatisch (Sei-te 6) – »stellt Lesekompetenz […] eine zentrale Bedingung für schulischen und berufl ichen Erfolg und für lebenslanges Lernen dar«.

Fehlende Evaluation

Soweit die theoretische und konzepti-onelle Programmatik. Dem politisch Denkenden und praktisch Handelnden fehlt leider ein Kapitel darüber– nennen wir eines zur Evaluation –, weshalb die zahlreichen Projekte und Maßnahmen seit 2001 bislang doch vergleichsweise wenige Erfolge erbracht haben, wenn Pisa II nun als Parameter herangezogen wird,

Fachliteratur

als auch auf die Lesesozialisation und die Spezifi ka einzelner Gruppen (zum Beispiel nach Geschlecht und Migration) einzugehen.

Die Erforschung und Berücksichti-gung all dieser Faktoren ermöglichen erst, angemessene Ansätze zu fi nden und gezielte Maßnahmen zur Förderung einzuleiten. Denn viele der Programme setzen Lesemotivation bereits voraus, konzentrieren sich mithin auf die, die schon lesebereit und auch -fähig sind. Sie verbessern deren Kompetenzen und sind viel zu selten und zu ungenau an die ge-richtet, die – aus welchen Gründen auch immer, nicht zuletzt wegen mangelnder Lesefähigkeit – keine Lust zum Lesen haben, weil es ihnen schon als kognitive Tätigkeit viel zu anstrengend ist.

Angebote erreichen Zielgruppen nicht

Sicherlich ist dieser erste Teil für die For-schung am interessantesten, während sich Praktiker eher den anderen Teilen zu-wenden werden, die weniger kompliziert verfasst sind. Sie befassen sich zunächst mit der Förderung von Lesekompetenz in Schulen und außerschulischen Ein-richtungen ganz allgemein, beschreiben sodann die zahlreichen Projekte zur Le-seförderung in den Bundesländern und schlagen schließlich Empfehlungen für weitere Maßnahmen vor.

In solch umfassender und zugleich kompakter Form sind all die Projekte bislang nicht versammelt gewesen, und ohne Frage beeindruckt ihre Zahl, Viel-falt, ihr Fantasiereichtum und das off en-sichtlich dabei gezeigte Engagement, wo-

Viele Programme setzen Lesemoti-vation bereits voraus und sind viel zu selten und zu ungenau an die

gerichtet, die keine Lust zum Lesen haben, weil es ihnen schon als

kognitive Tätigkeit viel zu anstren-gend ist.

aber auch darüber, was seither im Zuge der so genannten Konsolidierung öff ent-licher Haushalte bereits wieder beendet oder gar nicht mehr gestartet worden ist, was außerdem gestrichen oder gekürzt wurde und wie sich künftig unter den ob-waltenden Bedingungen Leseforschung und -förderung vorantreiben lassen.

Dazu sollte die neue Regierung bald-möglichst eine zweite Expertise vorlegen, um es nicht nur bei einem »Ausgangs-punkt« anlässlich der »unbefriedigenden Ergebnisse zur Lesekompetenz von Ju-gendlichen in Deutschland« (Seite 5) zu belassen.

Hans-Dieter Kübler

Spektakuläre, punktuelle Event-Inszenierungen, wie sie die Politik favorisiert und manche Einrichtun-

gen inzwischen aus Prestigegründen präferieren, nützen der gezielten

Leseförderung wenig.

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Lesesaal | BuBAus dem Berufsverband | BuB 165Aus Vorstand und Landesgruppen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

hiermit lade ich Sie sehr herzlich ein zur Mitgliederversammlung des Berufs-verbandes Information Bibliothek e.V. (BIB) im Rahmen des 95. Deutschen Bibliothekartages in Dresden 2006. Die Mitgliederversammlung findet statt am Donnerstag, dem 23. März 2006, von 9 bis 12 Uhr im Saal 5 des ICC Dresden (Internationales Congress Center).

Tagesordnung:

1 Regularien1.1 Genehmigung der Tagesordnung1.2 Wahl der Versammlungsleitung1.3 Bestätigung der Beisitzer1.4 Genehmigung des Protokolls der

Mitgliederversammlung des BIB vom 17. März 2005 in Düsseldorf

2 Jahresbericht des Vorstandes3 Aussprache über den Jahresbe-

richt des Vorstandes4 Bericht der Kassenprüfer5 Aussprache über den Bericht der

Kassenprüfer6 Entlastung des Vorstands7 Anträge8 Wahl des/der Rechnungsprüfe-

rIn für die Geschäftsjahre 2006 bis 2007

9 Berichte aus den Kommissionen 10 Bericht von BuB10.1 Sprecher der Gemeinsamen Kon-

ferenz 10.2 Bearbeiter des BIB-Verbandsteils11 Bericht aus dem Dachverband Bib-

liothek & Information Deutsch-land (BID)

12 Nachträge13 Verschiedenes

BIB-Mitglieder, die nicht zugleich Besu-cher des Bibliothekartages sind, erhal-ten für die Zeit der Mitgliederversamm-lung auch ohne Teilnehmerausweis Zu-tritt zum Gebäude.

Susanne Riedel, Vorsitzende

Einladung zur BIB-Mitgliederversammlung

am 23. März 2006 in Dresden

Aus Vorstand und Landesgruppen

Bibliotheken in Potsdam

Exkursion der Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern

Die BIB-Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern reiste im September letzten Jahres zu einer Exkursion nach Potsdam. Von Rostock ging es zunächst gemein-sam mit dem Auto in die brandenbur-gische Landeshauptstadt. Auf dem Pro-gramm der dreitägigen Fortbildungsrei-se stand der Besuch der Bibliothek der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg, der Bibliothek des Geoforschungszentrums im Albert-Ein-stein-Wissenschaftspark Potsdam sowie der Universitätsbibliothek Potsdam (Be-reichsbibliothek Babelsberg).

Welt des Films und des Fernsehens

Das Gebäude mit der Bibliothek der Hochschule für Film und Fernsehen »Konrad Wolf« (HFF) ist ein Neubau und wie eine kleine Stadt angelegt. Nach Betreten des Hauses gelangt man über die Eingangshalle, den so genannten »Marktplatz«, zur Bibliothek. Der Markt-

platz wird auch für Veranstaltungen der Hochschule genutzt und besitzt aufgrund der Transparenz der Häuser und der vie-len Scheinwerfer ein besonderes Flair. So wurden die Exkursionsteilnehmer schon in der Halle auf die Welt des Films und Fernsehens eingestimmt.

Die Bibliothek der HFF zählt rund 96 000 Medien (Bücher- und Zeitschrif-tenbände, Zeitschriftenabonnements, Videos, DVDs, HFF-Studentenfi lme). Die Bibliothek unterteilt sich in die Buchabteilung, die Mediathek (mit Vi-deothek und Filmarchiv) sowie die Pres-sedokumentation. Einen besonderen Schatz der Bibliothek der HFF stellt der Gesamtbestand der in der ehemaligen DDR publizierten Film- und Medienli-teratur dar. Außerdem verfügt die Hoch-schulbibliothek über die fast vollständige Sammlung der DEFA-Drehbücher sowie originalsprachige Fachliteratur aus Ost-europa und Filmliteratur vor 1945.

Den Benutzern der HFF-Bibliothek steht modernste Multimedia-Technik (unter anderem Multimedia-PCs, Apple Power-Macs) zur Verfügung. In originel-len, eiförmigen Kabinen können sich die Nutzer der Bibliothek die Filme ansehen. Besonders beeindruckt waren die Exkur-sionsteilnehmer von der Pressedokumen-tation, deren Bestand seit 1960 aufgebaut wird. Die Sammlung verfügt derzeit über rund 1,7 Millionen Zeitungsartikel aus der deutschsprachigen Tagespresse zu

Die Kolleginnen und Kollegen aus Mecklenburg-Vorpommern nahmen aus Potsdam viele Anregungen für die eignen Bibliotheksarbeit mit. (Fotos: BIB-LG MV)

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BIB zu Gast im »Hohen Haus«

Landesgruppe Rheinland-Pfalz: Mitgliederversammlung mit Begleitprogramm im Mainzer Landtag / Eine Teilnehmerin berichtet

Am 7. November 2005 fand im Mainzer Landtag die Mitgliederversammlung der BIB-Landesgruppe Rheinland-Pfalz statt. Als Rahmenprogramm lockte eine Führung durch den Plenarsaal sowie die Besichtigung der Landtagsbibliothek. Mit vier weiteren interessierten Kollegin-nen aus Kaiserslautern machte ich mich auf den Weg zur »Ersten Adresse« des Landes, zum Deutschhaus, dem Sitz des Landtages von Rheinland-Pfalz.

Landtag im Deutschhaus

Nach der Begrüßung durch Th eobald Ries, Abteilung Öff entlichkeitsarbeit, und Monika Storm, Leiterin des Referats Archiv, Parlamentsdokumentation und Bibliothek, wurde uns im Medienraum der ehemaligen Bibliothek ein informati-ver Film über die Aufgaben und die Or-ganisation des Landtages vorgeführt.

Die anschließende Führung durch das nahezu 260 Jahre alte Gebäude beleuch-tete seine Geschichte und Gegenwart. Im Plenarsaal trafen wir auf Manfred Geis, einen der 101 Abgeordneten. Er ist Vor-sitzender des Ausschusses für Wissen-schaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur sowie kulturpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Seiner spon-tanen Einladung folgend, ergab sich im Laufe des Tages die Gelegenheit zum Besuch seines Arbeitszimmers im Abge-ordnetenhaus, wo in regelmäßigen Ab-ständen auch Kunstausstellungen statt-fi nden.

In originellen, eiförmigen Kabinen können sich die Bibliotheksnutzer der Filmhoch-schule Babelsberg die Filme vor Ort anse-hen. Von der Funktionalität wollten sich die Exkursionsteilnehmer selbst überzeugen.

den Bereichen Film, Fernsehen und Neue Medien.

Nach einem gemeinsamen Mittages-sen in der Mensa der HFF war das nächs-te Ziel der Wissenschaftspark »Albert Einstein«.

Servicezentrum auf dem Telegrafenberg

Die Exkursionsteilnehmer nutzten das traumhafte Wetter für einen Spazier-gang durch den Park und besichtigten den Einsteinturm. Eingebettet in den schönen Campus, liegt die Bibliothek des Wissenschaftsparks »Albert Einstein« auf dem Telegrafenberg in Potsdam.

Die Bibliothek versteht sich als ko-operatives Servicezentrum für die wis-senschaftliche Arbeit der dort versam-melten Forschungseinrichtungen: das Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ), das Potsdam-Institut für Klimafolgen-forschung (PIK) und die Stiftung Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeres-forschung Potsdam (AWI).

Die von der ekz eingerichtete Biblio-thek befi ndet sich in einem neo-klassizis-tischen Backsteinbau aus dem Jahre 1892 und zählt insgesamt über 100 000 Bände, rund 430 laufende Zeitschriftenabonne-ments und etwa 40 000 Karten. Die um-fangreichen historischen Bestände sind im so genannten »Pendelsaal« aufgestellt. Dieser repräsentative Raum beeindruck-te durch die Wandmalerei der zwölf Sternbilder und seinen Lichthof. Im Pendelsaal wurde übrigens der Wert für die Erdanziehungskraft, der so genannte »Potsdamer Schwerewert«, gemessen, der von 1909 bis 1971 als internationaler Re-ferenzwert galt.

Bereichsbibliothek Babelsberg – Russische »Kolonie Alexandrowka«

Am zweiten Tag der Exkursion, einem Samstag, stand ein Besuch der Bereichs-bibliothek Babelsberg der UB Potsdam auf dem Programm. In der Bereichsbib-liothek Babelsberg am Griebnitzsee sind vorrangig die Wirtschafts- und Sozial-wissenschaften sowie die Rechtswissen-schaft vertreten. Seit 2001 arbeiten und lehren auf dem Campus Babelsberg auch Wissenschaftler des Hasso-Plattner-In-stituts für Softwaresystemtechnik, dem ersten komplett stiftungsfi nanzierten Universitätsinstitut der Bundesrepublik.

Im Norden Potsdams liegt die im russi-schen Stil erbaute »Kolonie Alexandrow-ka«. Inmitten großer Obstgärten wur-den 1826 dreizehn Gehöfte von König Friedrich Wilhelm III. in Gedenken an

die Freundschaft zu Zar Alexander I. er-richtet. In den Häusern lebten russische Sänger, die dem preußischen König zum Geschenk gemacht wurden. Die Exkur-sionsteilnehmer nutzten die Gelegenheit, russische Spezialitäten zu probieren.

Sommerhaus Albert Einstein – Exkursion mit Gewinn

Am Samstagnachmittag besuchten wir das Sommerhaus von Albert Einstein. Es steht im nahe gelegenen Caputh. In dem Sommerhaus des Architekten Konrad

Wachsmann wohnte Einstein von 1929 bis 1932. Sehr interessant dabei war der Einblick in das private Leben Albert Ein-steins. Am späten Nachmittag teilte sich die Gruppe. Einige Kollegen besuchten den Potsdamer Töpfermarkt im Hollän-dischen Viertel. Die anderen Exkursions-teilnehmer zogen bei herrlichem Wetter den Park von Sanssouci vor.

Der Sonntagvormittag war für eine Dampferfahrt auf dem Jungfernsee reser-viert. Bei einer Berliner Weiße hatten die Teilnehmer eine schöne Aussicht auf die am See gelegenen Sommerresidenzen.

Der Besuch der verschiedenen Biblio-theken mit ihren individuellen Profi len war für alle Teilnehmer überaus interes-sant. Die zusätzlichen Angebote lenkten den Blick auch über das rein Bibliotheka-rische hinaus, die gemeinsam verbrach-ten Abende in ausgesuchten Lokalen des

historischen Potsdam boten umfassend Gelegenheit zum kollegialen Austausch.

Mit dem Rückblick auf eine gelunge-ne Exkursion nahmen die Teilnehmer viele Anregungen für die eigene Biblio-theksarbeit mit nach Hause. Natürlich ist Potsdam mit seinen Schlössern, Parks und Residenzen auch sonst immer ein Reise wert.

Olivia Diehr (Landesvorstand Mecklenburg-Vorpommern)

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Landtagsbibliothek unter Sparzwang

Zunächst stand aber die Besichtigung der Landtagsbibliothek auf dem Programm. Seit dem Umzug in die neuen Räumlich-keiten befi ndet sich die Bibliothek ge-meinsam mit Archiv und Dokumentation in einem Gebäude. Das hat rein organisa-torisch den Vorteil, dass sich das Personal gegenseitig vertreten kann, und verhin-dert zudem, dass Anfragen oder Recher-chen doppelt bearbeitet werden.

Bernhard Moll, der engagierte Leiter der Bibliothek, schilderte die aktuelle Haushaltslage, die mit Haushaltssperren und Stellenrückgang verbunden ist. Fak-ten, die den teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen überaus bekannt vorkamen.

Der Sparzwang macht also auch nicht vor der Bibliothek des Landtages halt.

Der Bestand der Präsenzbibliothek wird überwiegend von den Abgeordne-ten genutzt, steht jedoch ebenso der Öf-fentlichkeit zur Verfügung. Neben zahl-reichen Nachschlagewerken, laufenden Zeitschriften, Zeitungen und Loseblatt-sammlungen zählen Parlamentsdruck-sachen sowie Gesetz- und Verordnungs-blätter zum Bestand.

Kunst im Abgeordnetenbüro

Seit 2000 werden die RAK-WB ange-wandt, als Bibliothekssoftware ist Lars im Einsatz. Beeindruckend war der Blick in die Datenbanken »Parlamentsdoku-mentation« und »Parlamentsspiegel«,

die Informationen zu parlamentarischen Vorgängen, Drucksachen, Plenarde-batten und Ausschussberatungen ver-schiedener Wahlperioden und Do-kumente zu den Landesparlamenten beinhalten (siehe dazu auch im In-ternet unter www.landtag.rlp.de/Landtag/index.asp sowie www.parlamentsspiegel.de/portal/Parlamentsspiegel_neu/Webmaster/anfang.jsp).

Wir hätten sicher noch mehr Zeit in der Bibliothek verbringen können, woll-ten uns allerdings die »Besichtigung« des Abgeordnetenbüros nicht entgehen lassen. Das Abgeordnetenhaus befi ndet sich in unmittelbarer Nähe zum Landtag. Dort, im 22 Quadratmeter großen Ab-geordnetenzimmer von MdL Manfred

»Das Wort hat…« – als Ort für die letzte Mitgliederversammlung hatte sich die BIB-Landes-gruppe Rheinland-Pfalz den Landtag ausgesucht. Dabei stand auch ein Besuch der Parla-mentsbibliothek auf dem Programm. (Foto: BIB-LG RP)

Geis, konnten wir uns vor der offi ziellen Eröff nung die Ausstellung der Werke von Friederike Zeit, »Plastiken aus Ton, Eisen und Bronze«, ansehen. Wer mehr wissen möchte über »Kunst im Abgeordneten-büro« kann sich im Internet informieren (www.manfred-geis.de).

Bericht über BIB-Sommerkurs

Nach der Mittagspause erwarteten wir gespannt den Bericht von Marion Straßer, die am BIB-Sommerkurs 2005 »Selbst-marketing für Bibliothekare/innen: Soft Skills in harten Zeiten« teilgenommen hatte. Selbstmarketing wird auch in un-serem Beruf immer wichtiger, so ihr Re-sümee. Es reiche nicht mehr aus, einfach »nur« gute Arbeit zu leisten.

Ein Profi l zu haben und authentisch zu sein treten als wichtige Faktoren ebenso hinzu wie sicheres Auftreten und äußeres Erscheinungsbild. Ein gewisses Know-how über Kommunikationsmodelle und Konfl iktlösungsstrategien sei notwendig, um Konfl ikte und schwierige Situationen besser meistern zu können. Unser Image entscheide mit über unsere berufl iche Zukunft.

Alle Teilnehmer/innen erhielten eine Literaturliste sowie einen Fragebogen, um das Th ema nochmals für sich selbst refl ektieren zu können. Nach der Mit-gliederversammlung, in der uns unter anderem noch Informationen und Hin-weise auf die nächsten Fortbildungsver-anstaltungen mitgeteilt wurden, fuhren wir mit vielen neuen Informationen und Eindrücken versorgt wieder nach Hause.

Cornelia Romanakis (UB Kaiserslautern)

»Montags und im Raum Stuttgart«

Ergebnisse einer Umfrage der Landesgruppe Baden-Württem-berg zu Fortbildungswünschen und -bedürfnissenUm zukünftig noch zielgerichteter arbei-ten zu können, führte die BIB-Landes-gruppe Baden-Württemberg im Herbst letzten Jahres eine Umfrage zu Fortbil-dungsveranstaltungen durch. Alle 1 271 Mitglieder erhielten einen Fragebogen mit dem regelmäßigen Rundbrief. Zu-sätzlich stand er zum Download auf der Landesgruppen-Homepage zur Verfü-gung. Als Anreiz zum Mitmachen konn-ten die Teilnehmer drei Bücherschecks in Höhe von jeweils 30 Euro gewinnen.

170 Fragebögen kamen zurück, davon 17 anonym. Grob vereinfacht könnte man zusammenfassen: Der/die typische Fortbildungswillige ist meist weiblich, arbeitet in einer Öff entlichen Bibliothek und möchte montags eine Fortbildungs-veranstaltung in Stuttgart besuchen.

Information und Kommunikation vorne

Der erste Punkt des Fragebogens behan-delte den thematischen Ansatz. Mehr-fachnennungen waren dabei zulässig. Aufschlussreich ist unter anderem, dass bei den Fortbildungswünschen die Be-reiche Informationsvermittlung und Kommunikation ganz oben auf der Liste

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stehen, obwohl zu beiden Th emen in der Vergangenheit bereits mehrfach Veran-staltungen angeboten worden waren. Es folgen weiter die Komplexe Kinder-bibliothek, Exkursionen (Studienreisen der BIB-Landesgruppe), Arbeitsorgani-sation, Internet, Öff entlichkeitsarbeit, Mitarbeiterführung sowie Strategisches Management.

Nahezu gleich in der Bewertung stufen die Befragten die Bereiche Be-standsaufbau, Förderverein, Sponsoring, Rechtsfragen, Jugendbibliotheksarbeit, Schulbibliotheken, Arbeit mit älteren Mitbürgern, EDV-Programme, Verän-derungsmanagement und Beschwer-demanagement ein. Die Schlusslichter bilden die Vorschläge Ehrenamt und Ausbildung.

Montag ist Fortbildungstag

Bei der Wahl des Wochentages (hier waren ebenfalls Mehrfachnennungen möglich) ist der Montag klarer Favorit, gefolgt vom Mittwoch. Die anderen Tage wurden annähernd gleichviel genannt. Erstaunlicherweise liegt der Samstag noch vor dem Dienstag oder Donnerstag. Unter Umständen liegt das daran, dass OPL-Kolleg(inn)en besondere Schwie-rigkeiten mit der Organisation von Ver-tretungen haben.

Bedauerlicherweise haben sich aus dem Bereich der wissenschaftlichen Bibliotheken nur wenige Kolleginnen und Kollegen beteiligt. Vermutlich hätte das gerade bei den ersten beiden Fragen ein anderes Ergebnis erbracht. Fast zwei Drittel der Befragten können sich vor-stellen, gelegentlich auch eine zweitägige Veranstaltung zu besuchen.

Längere Anreise kein Problem

Für die An- beziehungsweise Abreise sind fast alle der Befragten bereit, bis zu zwei Stunden in Kauf zu nehmen. Nur Weni-ge würden höchstens eine oder mehr als zwei Stunden Fahrzeit akzeptieren.

Mehrfachnennungen waren auch zulässig bei der Frage nach dem bevor-zugten Veranstaltungsort. Fast 240 Mal wurde hier die Stadt oder Region Stutt-gart (separate Abfrage) genannt, mehr als 60 Mal die Region Karlsruhe. Obwohl die Verkehrsanbindungen relativ gut sind, spielen die Regionen Mannheim, Ulm, Freiburg und der Bodensee kaum eine Rolle. Die Dauer der Anreise/Ab-reise ist demnach sehr wichtig bei der Entscheidung für oder gegen den Besuch einer Fortbildungsveranstaltung.

Erfreulicherweise erfolgte der Rück-lauf der Fragebogenaktion sehr schnell, oft noch durch Hinweise und Vorschläge ergänzt. Dadurch wurde die Auswertung zwar zeitaufwändiger als gedacht, aber viele dieser Zusatzinformationen haben letztlich den Nutzeff ekt der Aktion noch beträchtlich erhöht.

Der Landesvorstand dankt allen Teil-nehmerinnen und Teilnehmern an der Umfrage und beglückwünscht die Ge-winnerinnen der Bücherschecks: Rose Berstecher (Herrenberg), Ulrike Dahl (Tübingen) und Heike Schepp (Esslin-gen).

Elisabeth Sträter (Landesgruppen-vorsitzende Baden-Württemberg)

Aus den Kommissionen

Kommission Eingruppierung und Besoldung

Überleitung des Entgelts in den TVöD und Ausschlussfrist

Nach § 37 des neuen Tarifvertrages für den öff entlichen Dienst (TVöD) ver-fallen Ansprüche aus dem Arbeitsver-hältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht worden sind. Nach Ablauf der Frist ver-fällt der Anspruch. Dabei ist es unerheb-lich, ob der Betroff ene die Ausschlussfrist gekannt hat oder nicht.

Die Ausschlussfrist gilt für Arbeit-nehmer und Arbeitgeber gleichermaßen. Ihr Zweck ist die alsbaldige Klärung, ob noch Ansprüche aus dem Arbeitsver-hältnis geltend gemacht werden. Von der Ausschlussfrist erfasst werden alle Ansprüche, die in einem sachlichen Zu-sammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen.

Der häufi gste Fall der Geltendma-chung durch den Arbeitgeber ist wohl die Rückforderung von Gehaltsbestand-teilen, die ohne Rechtsgrund gezahlt worden sind. Seitens des Arbeitnehmers kommen vor allem nicht gezahlte Vergü-tungsansprüche in Betracht.

KEB-Handreichung zur Überleitung

Mit dem 1. Oktober 2005 ist für die Beschäftigten im Geltungsbereich des TVöD der Anspruch auf Überleitung ihres Gehalts in den TVöD entstanden. Der Anspruch auf Auszahlung des Ar-beitsentgeltes wird am Zahltag des Mo-nats, in dem der Anspruch entsteht, fäl-lig. Daraus ergibt sich, dass ein Beschäf-tigter, der eine unzutreff ende Vergütung aus einer fehlerhaften Überleitung erhal-ten hat, diesen Vergütungsanspruch bis spätestens zum Zahltag im April 2006, das ist in der Regel der 30. April 2006, bei seinem Arbeitgeber schriftlich gel-tend machen muss. Anderenfalls sind die Zahlungsansprüche aus dem Monat Ok-tober 2005 verfallen.

Zur Feststellung, ob die Überleitung der Vergütungsansprüche in den TVöD korrekt vollzogen wurde, kann die »Anlei-tung zur Überleitung in den Tarifvertrag für den öff entlichen Dienst (TVöD)« von Wolfgang Folter, Mitglied der BIB-Kom-mission Eingruppierung und Besoldung (KEB), verwendet werden. Diese ist auf der BIB-Website verfügbar unter www.bib-info.de/komm/kbt/kbt.htm.

Dazu gibt es alle wichtigen Texte zum Tarifvertrag im Wortlaut unter den »Links für Angestellte, Beamtinnen und Beamte in Bibliotheken« ebenfalls auf den Internetseiten der Kommission.

Kristina Lippold (Kommission Eingruppierung und Besoldung)

Kommission zur Information von Fachangestellten und Assistenten

Linkliste zum Fachangestellten für Medien- und Informations-dienste (FaMI) online

Als besonderen Service für alle an der Ausbildung der Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste In-teressierten bietet die BIB-Kommission zur Information von Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste und Assistenten (KIFA) ab sofort eine Linkliste auf den Internetseiten des BIB an (siehe unter www.bib-info.de/komm/kifa/linkliste.htm).

Die Linkliste enthält die Adressen der für den Beruf des FaMI zuständigen Stellen gemäß der §§ 71 bis 75 des Be-rufsbildungsgesetzes (BBiG) sowie die

Aus den Kommissionen

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Anschriften der Berufsschulen. Es folgen Links zum Rahmenlehrplan, zur Ausbil-dungsverordnung, zum Berufsbild, zu den Berufsverbänden aller fünf Fachrich-tungen und zur Fachliteratur.

Den Abschluss bilden Links zu Erfah-rungsberichten, zu einzelnen Einrich-tungen aus den verschiedenen Fachrich-tungen sowie zu Mailing-Listen für die Jobsuche. Adressen zu Ausbildungsein-richtungen und Praktikumsplätzen sind in der im Aufbau befi ndlichen BIB-Aus-bildungsdatenbank (DAPS) zu fi nden, die ebenfalls auf den Seiten des Berufs-verbandes zur Verfügung steht.

Die Linkliste wurde ursprünglich von Mitgliedern der Fachkommission begonnen und im Rahmen eines Schul-projektes am Oberstufenzentrum für Bürowirtschaft und Verwaltung in Ber-lin aktualisiert und gestaltet. Damit die KIFA die Linkliste aktuell halten kann, benötigt sie Unterstützung und Hilfe aus dem Berufsstand. Probleme mit den an-gegebenen Links oder nötige Änderun-gen sollten direkt an die KIFA gemeldet werden ([email protected]).Wiltraut Zick (Kommission zur Informa-

tion von Fachangestellten und Assistenten)

Fortbildungstermine

März

Nordrhein-Westfalen

Workshop »Kontaktarbeit in One-Person Libraries (OPL)«

Inhalt und Lernziel: Wer sich in ei-ner One-Person Library der Lethar-gie hingibt und sein Schicksal anderen überlässt, der ist verloren. Die Kon-taktarbeit auf verschiedenen Ebenen – Vorgesetzte, Entscheidungsträger, Gleichgesinnte, Unterstützer – spielt bei der täglichen Aufgabenerfüllung eine große und entscheidende Rolle. Ziel dieses Workshops ist es, mit den Teilnehmer(inne)n gemeinsam die ein-zelnen Facetten möglicher Kooperati-onspartner und »Verbündeter« genau-er zu betrachten und erste Strategien zu entwickeln, diese Gruppierungen und Akteure für die Bibliothek zu ge-winnen.

Veranstalter: BIB-Kommission für One-Person Librarians (KOPL)Zielgruppe: Bibliotheksmitarbeiter/in-nen in One-Person Libraries (WB und ÖB)Referent: Frank Merken, Stadtbüche-rei Wipperfürth (BIB-Kommission für One-Person Librarians) Termin: Dienstag, 7. März 2006, 10 bis 17 UhrOrt: Bibliothek im Seminar für Finanz-wissenschaft der Universität zu Köln, Albertus-Magnus-Platz, 50923 KölnKosten: BIB-Mitglieder 15 Euro, Nicht-Mitglieder 30 Euro Teilnehmerzahl: 20 (max.)Anmeldung bis 24. Februar 2006 bei Werner Tussing, c/o Statistisches Lan-desamt Saarland (Bibliothek), Vir-chowstraße 7, 66119 Saarbrücken; Telefon 06 81/5 01-59 01, Telefax -59 21; [email protected].

Schleswig-Holstein

»Best Practice – von anderen Biblio-theken lernen« / 2. BIB-Bibliotheks-forum Schleswig-Holstein

Inhalt: In Zeiten einer rasanten techni-schen Entwicklung und immer knapper werdender Ressourcen ist es schwer, den wachsenden Anforderungen der Bibliothekskunden gerecht zu werden. Ein »Blick über den Tellerrand« zeigt, wie andere Bibliotheken diese Proble-me lösen. Beim 2. BIB-Bibliotheksfo-rum Schleswig-Holstein in Kiel kön-nen die Teilnehmer/innen innovative Ideen aus deutschen und ausländi-schen Bibliotheken kennen lernen, die später in der eigenen Bibliothek umge-setzt werden können. Kolleginnen und Kollegen aus der Bundesrepublik und aus Dänemark werden herausragen-de Konzepte vorstellen und erläutern, welche Überlegungen und Verände-rungen zur Profilierung des eigenen Dienstleistungsangebotes notwendig sind. Veranstalter: BIB-Landesgruppe Schleswig-HolsteinZielgruppe: Alle interessierten Kolle-ginnen und Kollegen Termin: Mittwoch, 8. März 2006, 9.30 bis 17 UhrOrt: Kiel, Neues RathausAnmeldung bei Karen Verweegen, Stadtbücherei Preetz; Telefon 0 43 42/80 07-19, Telefax -20; [email protected].

Rheinland-Pfalz

»Fernleihe im HBZ-Verbund«

Inhalt: Die Teilnehmer/innen erhalten einen aktuellen Überblick der Aktivi-täten des Hochschulbibliothekszent-rums Nordrhein-Westfalen, insbeson-dere der Angebote und Dienstleistun-gen im Bereich Online-Fernleihe des HBZ-Verbundes (Ist-Zustand, Stand der verbundübergreifenden Fernleihe, geplante Weiterentwicklungen). Die Teilnehmer/innen haben zudem Gele-genheit zum Meinungsaustausch und zur fachlichen Diskussion. Veranstalter: BIB-Landesgruppe Rheinland-PfalzZielgruppe: Beschäftigte aus rhein-land-pfälzischen Bibliotheken (WB und ÖB), bevorzugt aus dem Arbeitsbereich FernleiheReferent: Peter Kostädt, HBZ, KölnTermin: 8. März 2006 (nähere Infos zu Beginn/Ende nach der Anmeldung) Ort: Speyer, Landesbibliothekszen-trum Rheinland-Pfalz/Pfälzische Lan-desbibliothekKosten: Für Beschäftigte rheinland-pfälzischer Bibliotheken kostenlosTeilnehmerzahl: 16 (max.)Anmeldung bei Petra Tremmel, UB Kaiserslautern, Paul-Ehrlich-Stra-ße 32, 67663 Kaiserslautern; Telefon 06 31/205-22 89; [email protected]. Besonderheiten: Beschäftigte aus Rheinland-Pfalz haben Vorrang, Inte-ressenten aus anderen Bundesländern werden nur bei einer BIB-Mitglied-schaft berücksichtigt.

Bayern

»Lebendige Bibliotheksführungen für Vorschule und Erstklässler«

Inhalt: Der erste Eindruck ist entschei-dend – aber wenn die Bibliotheksfüh-rung schon langweilig ist… Für Kin-dergarten- und Vorschulkinder ist es wichtig, dass sie ihre Kinderbibliothek als einen freundlichen und interes-santen Ort erleben, einen Ort, wo sie Spannendes oder Lustiges zu hören und zu sehen bekommen und an den sie später immer wieder gern zurück-kehren. Die Referentin sammelt ge-meinsam mit den Teilnehmer(inne)n Methoden und Spiele für Bibliotheks-führungen, die sich auch für kleine

Fortbildungstermine

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ihre Anwendbarkeit in Bibliotheksfüh-rungen diskutiert.Veranstalter: BIB-Landesgruppe Bayern Zielgruppe: Alle interessierten Kolle-ginnen und Kollegen Referentin: Tina Kemnitz, Eventilator, BerlinTermin: 15. März 2006, 14 bis 17.30 UhrOrt: Münchner Stadtbibliothek, Ro-senheimer Straße 5, Raum 4030Kosten: BIB-Mitglieder 15 Euro, Nicht-Mitglieder 30 EuroTeilnehmerzahl: 25 (max.)Anmeldung bis zum 13. Februar bei Sabine Guhl, Regionalbibliothek Wei-den, Scheibenstraße 7, 92637 Weiden; [email protected] (Anmeldungen bitte mit Name und Dienststelle, Adresse, BIB-Mit-gliedschaft ja/nein, Telefon/-fax, E-Mail. Es erfolgt eine Anmeldebestäti-gung.)Besonderheiten: Teilnehmer, die auch die Veranstaltung »Lebendige Biblio-theksführungen für Vorschule und Erstklässler« am Vormittag (siehe oben) besuchen, erhalten einen Rabatt von 5 Euro.

Mai

Sachsen-Anhalt

»Fahrt nach Hamburg« (Fortbildungs-reise mit Bibliotheksbesichtigungen)

Inhalt: Ziel der jährlichen Fortbil-dungsreise der BIB-Landesgruppe Sachsen-Anhalt ist vom 17. bis 21. Mai 2006 die Hansestadt Hamburg. Geplant sind Führungen im Verlags-haus Gruner + Jahr, den Öffentlichen Bücherhallen sowie der Bucerius Law School. Der gemeinsame Stammtisch mit Kolleg(inn)en der BIB-Landesgrup-pe Hamburg bietet Möglichkeiten zum fachlichen Austausch. Ein kulturelles Rahmenprogramm rundet die Reise ab. Die Details erfahren die Teilneh-mer/innen rechtzeitig vor der Reise.Veranstalter: BIB-Landesgruppe Sachsen-AnhaltTermin: 18. bis 21. Mai 2006Ort: HamburgTreffpunkt: 6 Uhr: Busbahnhof Ka-miethplatz Halle; 7.30 Uhr: Zentraler Busbahnhof Magdeburg

Kosten: Übernachtung mit Frühstück DZ 45 Euro bzw. EZ 65 Euro; Fahrtkos-ten je nach Teilnehmerzahl für BIB-Mitglieder ca 40 Euro, für Nicht-Mit-glieder ca. 80 EuroAnmeldung bis 31. März bei Kath-rin Todt-Wolf, ULB Sachsen-Anhalt, August-Bebel-Straße 13, 06098 Hal-le; Telefon 03 45/55 22-168; [email protected].

Kinder eignen und die die notwendi-gen Bibliotheksregeln eindrücklich, aber spielerisch vermitteln. An prak-tischen Beispielen werden literarische Einstiegsspiele vorgestellt, die mit wechselnden Medien arbeiten, un-terschiedliche Sinne ansprechen und nicht nur Kindern Spaß machen. Au-ßerdem gibt es Tipps zum Vorlesen und Geschichten erzählen.Veranstalter: BIB-Landesgruppe BayernZielgruppe: Alle interessierten Kolle-ginnen und KollegenReferentin: Tina Kemnitz, Eventilator, BerlinTermin: 15. März 2006, 9 bis 12.30 UhrOrt: München, Stadtteilbibliothek Pasing, Bäckerstraße 9 (Südausgang Pasinger Bahnhof)Kosten: BIB-Mitglieder 15 Euro, Nicht-Mitglieder 30 EuroTeilnehmerzahl: 25 (max.)Anmeldung bis zum 13. Februar bei Sabine Guhl, Regionalbibliothek Wei-den, Scheibenstraße 7, 92637 Weiden; [email protected] (Anmeldungen bitte mit Name und Dienststelle, Adresse, BIB-Mit-gliedschaft ja/nein, Telefon/-fax, E-Mail. Es erfolgt eine Anmeldebestäti-gung.)Besonderheiten: Am Nachmittag fin-det in der Zentralbibliothek eine spe-zielle Veranstaltung zu Bibliotheksfüh-rungen für Jugendliche statt (siehe im Folgenden).

»Null Bock auf Bibliothek? – Biblio-theksführungen für Jugendliche«

Inhalt: Eingebettet in eine Musterfüh-rung, wie sie in der Münchner Stadt-bibliothek praktiziert wird, entwickelt die Referentin Ideen und Aktionen, die auf eine jugendliche Zielgruppe zuge-schnitten sind und deren Leselust we-cken soll. Behandelt werden dabei fol-gende Fragen: Welche Möglichkeiten gibt es, Jugendliche in Bibliotheksfüh-rungen und Buchvorstellungen einzu-binden? Wie verwickelt man Jugend-liche in ein Gespräch über Literatur? Welchen Ton sollte man anschlagen, um Jugendliche zu erreichen? Wie stellt man auf unterhaltsame Art Bü-cher vor? Die Referentin zeigt an drei praktischen Beispielen, wie sie selbst mit Jugendlichen arbeitet. Die vor-gestellten literarischen Einstiegsspie-le werden ausprobiert, analysiert und

Mitglieder

BIB-FortbildungenDie aktuelle Gesamtübersicht der vom Berufsverband Information Bibliothek angebotenen Fortbildungsveranstal-tungen sowie weitere Informationen und Links zur beruflichen Weiterbildung finden Sie auf der BIB-Website unter www.bib-info.de/event.htm. Fortbil-dungen anderer Anbieter sind in jeder BuB-Ausgabe in der Rubrik »Termine« aufgeführt.

Mitglieder

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Impressum »Aus dem Berufsverband«

Herausgeber: BIB . Berufsverband Information Bibliothek e.V., Postfach 13 24, 72703 Reutlingen

Redaktion: Jörg Sämann, Stadtbibliothek Merzig,Hochwaldstraße 47, 66663 MerzigTelefon 0 68 61/79 06-92/-93Telefax 0 68 61/79 [email protected]

Redaktionsschluss für Verbandsmitteilungen BuB Heft 4/2006: 13. Februar

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173173Summary | BuB

Summary of the Main Articles

The Other Side of the Coin: Academic Li-braries in Singapore (Rafael Ball, Bernhard Mittermaier) (pp. 120–123)

The library situation in Singapore is conside-red one of the best in the world. The libraries owe their reputation not only to the extensi-ve funding for public libraries but also to the fundamental strategic and structural decisi-ons taken to develop the sciences. But even this librarians’ dreamland has some short-comings due to a dichotomy in the way li-brarianship has developed. The public sec-tor, as represented by the National Library and its many regional branches, is notable for its high level of automation in technical areas -- which even goes so far as enabling a no-staff library (Sengkang Community Li-brary) – as well as a clear and understand-able organization of the collections and the facilities.

The situation in the academic libra-ry world differs significantly from this. It is more highly dominated by a traditional style of library management, a shortage of staff, and the low-level qualifications of its emp-loyees. There seems to be a distinct problem in having library staff accepted and respec-ted by their academically higher-status and better-paid clientele (teachers and profes-sors). Subject specialists, i.e. librarians with an academic degree in addition to library training, are not known here. Only the li-brary of the Nanyang Technological Univer-sity seems to satisfy the expectations of a modern academic library in terms of both management and the range of services, while still not being exceptional. The predo-minance of computers available for student use and the presence of automated lending and book return stations make it easy to overlook the lack of high-level service by li-brarians, which is apparently not available in any library.

The Search for a Model Library of the Fu-ture: The University Library as a Learning Center / A Study Tour of England (Lindsey Fairhurst, Doris Marek, Jutta Nafzger-Glö-ser) (pp. 124–130)

What does the future of German universi-ty libraries look like? One possible role mo-del may be the English learning centres and their special focus on information services, eLearning and information literacy. In the lear-ning centre all information resources – whe-

ther conventional, electronic, or teaching-related – are bundled together as eLearning and offered as a permanent, centralized ser-vice with optimal conditions for access. This new scheme involves several previously se-parate fields in as much as the conventional library offerings and the information tech-nology (IT) services are now jointly presen-ted, organized and maintained. Closer inter-action not only with students but also with staff and faculties plays a considerable role. Only in this way was it possible for effec-tive agreements about new goals, changing degree programs and curricula to be made. The provision and the development of new platforms for learning are new task areas for libraries and this involves a variety of train-ing and counselling programs, especially for the teaching staff.

The large role played by libraries within the context of teaching and learning – even in the academic world – has a long tradi-tion in England. For a long time there was nothing comparable in Germany. Only in the past few years has the role of libraries and librarians as information specialists in facilitating information competency within the university gained in significance. With the introduction of the bachelor degree pro-grams which proximate those of the English system of higher education system with its career-oriented approach and subsequent inclusion of key professional competencies within the curricula, this process may be-come even stronger in Germany in the fu-ture. Hence, the English idea of the learning centre may well be able to provide impor-tant impulses for the continuing develop-ment of German university libraries.

Where Culture and Education Are Still Allowed to Cost Something: The German Central Library in Apenrade, Denmark (Hei-ke Wienholz) (pp. 135–138)

In recent years Denmark has implemented cost-saving measures everywhere except in its cultural and educational programs. The 22 staff members of the German Central Li-brary in Apenrade have also benefited from this trend. They are all employed with inde-finite employment contracts. The ten pro-fessional librarians, of whom six work in the main branch in Apenrade, were all trained in Germany and are not Danish native spea-kers. The library collection is almost exclusi-vely German-language and is designed for use by the German minority, though explici-tly open to the Danish majority as well. Print media are well used and at 78 percent rep-resent the lion’s share of the collection. In light of the 350,000 loans per year, the tra-

ditional book program remains highly suc-cessful, but the new media do not get short-changed. Altogether seven media items are purchased per inhabitant each year, with CDs and DVDs steadily on the increase. These are used, of course, especially often by teenagers and young people, as is also true for the eight PC work stations with in-ternet access.

In light of the history of this German-Danish border region, it could by no means to be taken for granted that the German cul-tural agencies would now exist peacefully in the Danish half of Schleswig and be used and accepted by the Danish population. The present-day border has been in existence since 1920 and runs right through the for-mer Duchy of Schleswig. Before a public re-ferendum brought this about, it had been hotly contested for decades. In the northern half there is a minority population of 20,000 German nationals who have, in addition to their library, also their own schools and even a daily newspaper.

Translated by Martha Baker

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Résumé des principaux articles

L’envers de la médaille: Bibliothèques uni-versitaires à Singapour (Rafaël Ball, Bern-hard Mittermaier) (pp. 120–123)

Le système des bibliothèques de Singapour est considéré comme l’un des meilleurs au monde. Ce n’est pas seulement la promoti-on massive des bibliothèques de lecture pu-blique, mais aussi les décisions structurelle fondamentales et stratégiques en faveur du développement du savoir qui sont à l’origine de cette réputation. Cependant, même au pays rêvé des bibliothécaires, une dichoto-mie existe. Le domaine public, représenté par la Bibliothèque Nationale et ses nombreuses branches régionales est remarquable de par son degré très élevé d’automatisation allant jusqu’à la »bibliothèque sans personnel« (Sengkang Community Library) et aussi de par une organisation claire et compréhen-sible des collections et des espaces.

Le paysage des bibliothèques universi-taires est très différent. Celles-ci se carac-térisent par un management bibliothécono-mique traditionnel, le manque de personnel et un déficit de qualification de ce personnel. L’acceptation des bibliothécaires par leurs clients scientifiquement supérieurs et mieux payés (professeurs et chargés de cours) semble poser problème. Les bibliothécaires spécialisés, c’est à dire ceux qui disposent non seulement d’une formation bibliothé-conomique mais aussi universitaire, sont in-connus. Seule la bibliothèque de la Nanyang technological University semble répondre aux défis d’une bibliothèque universitaire moderne, de par sa direction et son offre de services, sans être toutefois excellente. La domination des PC utilisés par les étudiants, ainsi que la mise en place d’automates de prêt et de retour sont trompeurs, et mas-quent le manque de services bibliothécono-miques qui apparemment ne peuvent être proposés dans aucune bibliothèque.

A la recherche d’un modèle pour le futur: La bibliothèque universitaire centre d’ap-prentissage / Voyage d’étude en Angleter-re (Lindsey Fairhurst, Doris Marek, Jutta Nafzger-Glöser) (pp. 124–130)

Comment se dessine l’avenir des bibliothè-ques universitaires allemandes? Les centres d’apprentissage (Learning Centres) anglais, qui proposent en particulier des services d’information, de l’apprentissage électro-nique (e-learning) et des fonds spécialisés

sur l’information pourraient être un modèle. Dans ces »learning centres«, toutes les sour-ces d’information, qu’elles soient tradition-nelles, électroniques ou supports de cours sont reliées à travers l’e-learning et propo-sées en tant que service central permanent avec une accessibilité maximale. Ce nou-veau concept concerne plusieurs domaines jusqu’ici séparés dans la mesure où dans ces »learning centers« l’offre traditionnelle et les services électroniques sont présentés, or-ganisés et traités ensemble. En plus du con-tact avec les étudiants, un échange régulier avec les enseignants et les domaines de spé-cialité est très important. De cette maniè-re seulement, des accords stratégiques effi-caces peuvent être conclus sur des objectifs nouveaux, des changements de cursus et de plans de cours. La mise en place des pla-tes-formes d’apprentissage est une nouvelle mission des bibliothèques, liée à des offres de conseil et de formation, qui s’adressent aussi aux enseignants.

Le rôle majeur des bibliothèques dans le contexte d’apprendre et de former, y com-pris dans l’environnement académique, est une forte tradition en Angleterre. Longt-emps, il n’y avait pas l’équivalent en Al-lemagne. Depuis quelques années seule-ment, l’importance des bibliothèques et des bibliothécaires en tant que spécialistes dans le domaine de la transmission de compé-tences en information croît dans le cadre de la formation universitaire. Avec l’introduction de cursus de »bachelor«, qui, par leur ori-entation professionnelle et l’intégration de qualifications fondamentales dans les curricula, se rapprochent des cursus de la »higher education« anglaise, ce processus pourrait encore se renforcer dans l’avenir. Ainsi le concept anglais de »learning centre« peut donner une impulsion intéressante au développement des bibliothèques universi-taires allemandes.

Là où la culture et la formation peuvent en-core coûter de l’argent: La Bibliothèque Centrale Allemande à Apenrade au Dane-mark (Heike Wienholz) (pp. 135–138)

Au cours de ces dernières années, au Da-nemark, l’économie était de rigueur, sauf dans le domaine de la culture et de la for-mation. Les 22 collaborateurs de la biblio-thèque centrale allemande d’Apenrade ont eux aussi profité de cette évolution. Ils sont tous embauchés à durée indéterminée. Les 10 bibliothécaires, dont 6 travaillent à la bi-bliothèque centrale d’Apenrade, ont tous été formés en Allemagne, personne par-mi eux n’à la langue danoise pour langue maternelle. L’offre documentaire de la bi-

bliothèque est presque exclusivement en langue allemande et s’adresse à la minori-té allemande, même si l’on est ouvert à la population danoise majoritaire. Les impri-més sont bien utilisés et représentent avec 78 % la part du lion au sein des collections. Avec 350 000 prêts par an, on considère que le prêt de livres traditionnel est toujours un succès. Les nouveaux supports ne sont pas négligés pour autant: En tout, on achète 7 documents par an et par habitant, parmi lesquels de plus en plus de CD et de DVD. Cette offre est particulièrement appréciée des jeunes, tout comme les 8 places de tra-vail informatisées avec accès à internet.

Pourtant, si l’on s’en réfère à l’histoire de cette région frontalière, il ne devrait pas al-ler de soi que des institutions culturelles al-lemandes existent de manière aussi paisible dans la partie danoise du Schleswig, qu’elles soient utilisées par les Danois et de ce fait acceptées. La frontière germano-danoise actuelle date de 1920, elle traverse en son milieu le duché de Schleswig. Avant sa re-connaissance à la suite d’un plébiscite, elle a fait l’objet de combats acharnés. Au nord de cette frontière vivent encore aujourd’hui 20 000 membres de la minorité alleman-de. Les Allemands du Schleswig du Nord disposent, en dehors de leur bibliothèque, d’écoles allemandes, et même d’un quoti-dien.

Traduit par Suzanne Rousselot