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Zahnärztliche Radiologie

Friedrich Anton Pasler†

6., unveränderte Auflage

569 Abbildungen11 Tabellen

Georg Thieme VerlagStuttgart · New York

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Zeichnungen: Roland Geyer, WeilerswistUmschlaggestaltung: Thieme VerlagsgruppeSatz: Ziegler und Müller, text form files,KirchentellinsfurtDruck: Druckhaus Götz GmbH, Ludwigsburg

ISBN 978-3-13-241691-8 1 2 3 4 5 6

Auch erhältlich als E-Book und ePub:eISBN (PDF) 978-3-13-241692-5eISBN (ePub) 978-3-13-241693-2

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Anschrift

Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Friedrich A. Pasler†Ancien Professeur Ordinaire à la Facultéde Médecine de lʼUniversité de GenèveSollrütistrasse 383098 Schliern b. KönizSchweiz

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Vorwort

Es kannwohl keinen Zweifel darüber geben, dass die Zahnmedizin als eigenständi-ge Disziplin der Humanmedizin in besonderen Fällen auch mit anderen Fächernder Medizin kommunizieren muss, um ihren Patienten eine ganzheitliche medizi-nische Betreuung zu gewährleisten. Ob es – kurz zusammengefasst – um Zahn-erhaltung, Zahnersatz, Kieferchirurgie oder Orthodontie geht, die orale Gesund-heit und die ästhetische Rehabilitation nach Zahnverlust sind von essentieller so-zialer Bedeutung in unserer modernen Gesellschaft.

Das letztlich gewählte therapeutische Vorgehen basiert auf der Anamnese undder klinischen Befunderhebung, die durch bildgebende Untersuchungsmethodenmit dem Einsatz von ionisierenden Röntgenstrahlen oder signalgebenden nicht io-nisierenden Verfahren zu ergänzen ist.

Um bei Untersuchungen mit Röntgenstrahlen die Expositionsdosis für die Pa-tienten auf das zur Bildgebung notwendige Minimum zu reduzieren, ist es einmalerforderlich, die für die Zielsetzung der Praxis gewählten Geräte und Verarbei-tungsmodalitäten laufend zu überprüfen. Laufend zu überprüfen ist auch die ange-wandte Aufnahmetechnik als Grundlage der Bildqualität, von der die Sicherheitder diagnostischen Auswertung entscheidend beeinflusst wird. Die Indikation zurAnwendung bildgebender Untersuchungsverfahren wird durch die klinischeFragestellung determiniert. Sie muss vomAuftraggeber präzisiert werden, ummit-hilfe einer gezielten Aufnahmetechnik optimale Ergebnisse mit minimalerExpositionsdosis zu erreichen.

Das vorliegende Taschenbuch erscheint als 5. Auflage der Zahnärztlichen Radio-logie von 1981 und ist im bewährten und bekannten Stil verfasst. Es wurde als Ein-führung in die Grundlagen der bildgebenden Verfahren für Studenten und Praxi-spersonal zumüberwiegendenTeil mit neuenTexten und neuemBildmaterial aus-gestattet. Das Buch befasst sich in der Hauptsache mit der Problematik desStrahlenschutzes, der Aufnahmetechnik, der Röntgenanatomie und bietet eine ers-te Anleitung zur Lösung von Fragestellungen der Röntgendiagnostik, dieausführlich im Taschenatlas der Zahnärztlichen Radiologie von F. A. Pasler undH. Visser, 2003, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, abgehandelt ist.

Mein Dank für das sorgfältig gestaltete Layout dieser Ausgabe gebührt ein wei-teres Mal den Mitarbeitern des Georg Thieme Verlags in Stuttgart und vor allemden Herren Dr. Christian Urbanowicz und Matthias Elm, die meine Arbeit mit vielVerständnis und großem Engagement begleitet haben, sowie der Firma Zieglerund Müller, bei der das reich illustrierte und schwierige Werk gesetzt wurde.

Schliern F.A. Pasler

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Abkürzungen

CBCT dentale Volumentomographie(Cone Beam Computed Tomography)

CT Computertomographie

DNS Desoxyribonukleinsäure

DRL digitale Lumineszenzradiographie

DVT dentale Volumentomographie

FPD Flachbilddetektor

ICRP internationale Kommission für Strahlenschutz

IEC internationales Normierungsgremium für Normenim Bereich der Elektrotechnik und Elektronik(International Electrotechnical Commission)

JCP juvenile chronischen Polyarthritis

LET linearer Energietransfer (Linear Energy Transfer)

MRT bzw. MRI Magnetresonanztomographie

OK Oberkiefer

OPG Orthopantomographie

PSA Panoramaschichtaufnahme

PVA Panoramavergrößerungsaufnahme

QS Qualitätssicherung

QS‑RL Qualitätssicherungs-Richtlinie

RBW relative biologische Wirksamkeit

RöV Röntgenverordnung

TLD Thermolumineszenz-Dosimeter

UK Unterkiefer

UNSCEAR Komitee der Vereinten Nationen über die Wirkungder atomaren Strahlung

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Inhaltsverzeichnis

Strahlenarten, Wechselwirkungen und Strahlenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . 1Strahlenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1Natürliche Strahlenquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1Künstliche Strahlenquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Atomstrukturen und Wechselwirkungen mit Röntgenstrahlen . . . . . . . . . 4Wechselwirkungen zwischen Strahlen und Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Eigenschaften und Wirkungen der Röntgenstrahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7Unsichtbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7Durchdringungsfähigkeit und Strahlenschwächung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7Photochemischer Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8Lumineszenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9Biologische Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15Dosiswerte, Dosismessungen, Minimierung der Strahlendosis . . . . . . . . . . . . . . . 25

Erzeugung von Röntgenstrahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38Aufbau und Funktion von zahnärztlichen Röntgenröhren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38Der Weg des Röntgenphotons vom Fokus zum Bildempfänger . . . . . . . . . . . . . . . 43

Zahnärztliche Röntgengeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44Der Zahnröntgenapparat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44Einstellgeräte für intraorale Zahnaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44Tomographie und Panoramaschichtgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

Bildentstehung und Bildverarbeitungkonventionell und digital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60Vom Bildempfänger unabhängige bildgestaltende Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 60Filmabhängige bildgestaltende Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62Verarbeitung der Röntgenfilme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66Digitale Verarbeitung von Röntgenaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

Aufnahmetechnik und Röntgenanatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85Einführung in die Aufnahmetechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85Allgemeine Projektionslehre unter besondererBerücksichtigung der intraoralen Aufnahmetechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85Die praktische Anwendung der Projektionslehre zurintraoralen Darstellung der Zähne und des Alveolarkammesmit konventionellen und digitalen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

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Einführung in die Röntgenanatomie des Zahnesund der ihn umgebenden Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98Röntgenanatomie in Schichtaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

Spezielle Aufnahmetechnik bei Zahn- undPanoramaaufnahmen mit Röntgenanatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111Bildbeispiele der intraoralen apikalen Aufnahmetechniknach den Normen eines 14-Bilder-Status . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111Der intraorale Röntgenstatus der Zähne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149Bissflügelaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158Aufbissaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162Extraoral verwendete Bildempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171Fehlerquellen bei der intraoralen Aufnahmetechnikund qualitätssichernde Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173Panoramaaufnahmen und Zusatzprogramme in der Zahnmedizin . . . . . . . . . . 180Lagebestimmung von retinierten oderüberzähligen Zähnen und Speichelsteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244Dentale Volumentomographie (DVT)oder Cone Beam Computed Tomographie (CBCT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

Schädelaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258Konventionelle Schädelaufnahmen,Aufnahmetechnik und Röntgenanatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258Computertomographie, Dental-CTund Oberflächenrekonstruktion . . . . . . . . . 277Magnetresonanztomographie oder Kernspintomographie . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

Fremdkörper und forensische Bedeutungbildgebender Untersuchungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

Röntgenverordnung, Qualitätssicherungund Richtlinien nach europäischen unddeutschen Normen in der Bundesrepublik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288Röntgenverordnung in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288Qualitätssicherung in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291Richtlinien nach deutschen und europäischen Normen DIN und EN . . . . . . . . 294

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302

Inhaltsverzeichnis IX

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Strahlenarten, Wechselwirkungen und Strahlenschutz

Strahlenarten

Alles Leben auf unserem Planeten ist einer Exposition durch natürlicherweise vor-kommende Strahlenarten ausgesetzt. Dazu treten die von Menschen im Verlaufder zivilisatorischen Entwicklung künstlich erzeugten Strahlenarten.

Als Strahlung bezeichnet man einen räumlich gerichteten Energietransportdurch Wellen- oder Korpuskularstrahlen (Teilchenstrahlung). Alle Strahlenartenpflanzen sich mit Lichtgeschwindigkeit (299792458 m/s) fort und breiten sichbei punktförmiger Strahlenquelle geradlinig in alle Richtungen aus. Ihre Intensität(d.h. die Anzahl der Strahlen pro Flächeneinheit) nimmt durch die Divergenz derStrahlen im Quadrat des Abstands von der Strahlenquelle ab.

In der bildgebenden medizinischen Diagnostik werden Strahlenquellen einge-setzt, die nicht ionisierende und ionisierende Strahlen (S. 3) erzeugen. Bei dennicht ionisierenden Strahlenarten sind der Ultraschall und vor allem auch diewichtige Magnetresonanztomographie (MRT, engl. MRI) zu erwähnen. Letzterekönnen durch die Eigenschaft des Eigendrehimpulses (Kernspin) der Nukleonen(Protonen und Neutronen des Atomkerns) zur Bildgebung genutzt werden.

Elektromagnetische Wellenstrahlung, wie die in der bildgebenden Diagnostikbenutzten Röntgenstrahlen (auch Photonen genannt), löst Wechselwirkungenmit Anregungen und Ionisationen in den atomaren Strukturen der durchstrahltenGewebe aus. Diese führen in der Folge zu physikalischen, chemischen und biolo-gischen Reaktionen, wobei sich in Abhängigkeit von den pro Zeiteinheit erzeugtenRöntgenstrahlen (Strahlenintensität) und der kinetischen (Bewegungs-)Energieder erzeugten Elektronen (Strahlenqualität) kanzerogene und genetische Schädenentwickeln können.

Natürliche Strahlenquellen

Die kosmische Strahlenexposition stammt einmal direkt aus galaktischen sowiesolaren Quellen und indirekt auch aus Wechselwirkungen mit den Atomen derAtmosphäre. Während die galaktische Strahlung kaum variiert, wird die Intensi-tät der solaren Strahlung von Sonneneruptionen und dem Sonnenzyklus beein-flusst. Vor allem die solare Strahlung und die Höhenlage des Messortes bestim-men die aus dem Kosmos empfangene Dosis, die z.B. in der BundesrepublikDeutschland zwischen 0,24 mSv/a in Meereshöhe und 1 mSv/a in rund 2000 mHöhe schwankt. In Zürich z.B. beträgt die Dosis 0,4 mSv/a und erreicht im hochgelegenen St. Moritz 0,75 mSv/a. Auf einem Flug von Zürich nach New York liegtdie Dosis für Flugpassagiere in 10 000 m Höhe bei rund 0,04 mSv, häufig auf dieserStrecke fliegende Besatzungen müssen mit mehreren mSv pro Jahr rechnen.

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Die terrestrische Strahlenexposition stammt aus radioaktiven Materialien derErdkruste, wobei das Kalium-40, das Uran-238 und das Thorium-232 neben wei-teren Radionukliden die wichtigsten Komponenten stellen. Aus der Zerfallsreihedes Urans und des Thoriums stammt das Edelgas Radon (220Rn und 222Rn), dasvor allem durch Diffusion aus dem Boden ins Freie gelangt oder aus granithaltigenBaumaterialien durch Immission in die Räume von Wohnbauten eindringt. Da Ra-don 7 × schwerer ist als Luft, lagert es sich hauptsächlich in Kellern und ungelüf-teten Räumen ab und belastet die Atemluft durch Inhalation. Die Lungendosiskann dabei bis zu einigen 100 mSv/a betragen. Die mittlere Dosis liegt bei1,6 mSv/a mit Differenzen von 0,3– 100 mSv/a. An Aerosole gebunden wird Radonauch vom Wind verbreitet und kann zusammen mit Trinkwasser oder mit demKalium-40 über angepflanzte Nahrungsmittel von Menschen, Haustieren undWild durch Ingestion inkorporiert werden. Gesamthaft wurde 2004 in derSchweiz eine effektive Dosis aus terrestrischer Strahlung im Mittelwert von0,45 mSv pro Jahr gemessen. Sie kann in den Alpen auf bis zu 1,5 mSv/a ansteigen.Abb. 1 zeigt die Verteilung der durchschnittlichen Strahlenbelastung aus natürli-chen und künstlichen Strahlenquellen in der Schweiz (Jahresbericht 2004 desBundesamtes für Gesundheit).

1,6

1,0

0,20,35

0,35

0,45

1,6 mSv Radon und Folgeprodukte

0,2 mSv übrige: Atombomben-Fallout,Tschernobyl-Unfall, Kernanlagen,Industrien und Spitäler, Kleinquellen etc.

0,35 mSv kosmische Strahlung

0,45 mSv terrestrische Strahlung

0,35 mSv Bestrahlung durch Radionuklideim Körper

1,0 mSv medizinische Anwendung

Durchschnittliche Strahlendosis der

Schweizer Bevölkerung 2004

Abb. 1 Durchschnittliche Strahlendosisder Schweizer Bevölkerung (aus demJahresbericht 2004 des Bundesamtes fürGesundheit).

2 Strahlenarten, Wechselwirkungen und Strahlenschutz

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Des Weiteren kann man sowohl bei natürlichen wie auch bei künstlich erzeug-ten Strahlenarten zwischen externen und internen Strahlenexpositionen unter-scheiden.

Künstliche Strahlenquellen

Die künstliche oder zivilisatorische Strahlenexposition entsteht durch Strahlenquel-len, die von Menschen erzeugt und betrieben werden. Die wichtigsten Beiträge andie effektive künstliche Strahlenexposition der Bevölkerung leisten:l Anlagen zur Gewinnung von Kernenergie,l Fallouts nach Atombombentests und Reaktorunfällen mit künstlicher Vermeh-

rung der natürlichen Umgebungs- und Hintergrundstrahlung,l industrielle Anwendungen und Kleinquellen in Technik, Forschung, Haushalt

und Konsumgütern,l berufliche Strahlenexpositionen,l Anwendungen von ionisierenden Strahlen und radioaktiven Materialien in der

Medizin.

Die Anwendung ionisierender Strahlen und radioaktiver Stoffe in der Medizin ver-ursacht in der Bundesrepublik Deutschland eine effektive Dosis (S. 26) von rund1,5 mSv/a. Die Tendenz ist hier wie auch in anderen Industrieländern mit Hoch-technologie trotz Senkung der in der Röntgendiagnostik angewendeten Dosenaufgrund der rasanten technischen Fortschritte steigend. Die Nuklearmedizinpartizipiert an der mittleren Strahlenexposition der Bevölkerung nur mit etwa10%. Die speziellen und dosisintensiven röntgendiagnostischen Anwendungenkommen jedoch überwiegend bei Schwerkranken und Schwerverletzten zum Ein-satz. Daher ist es nicht zulässig, aus der Verteilung dieser Strahlenexpositionenauf die mittlere effektive Dosis der Bevölkerung ein Strahlenrisiko oder gar einKrebsrisiko für den Durchschnittsbürger abzuleiten (BUM, Bericht „Umweltradio-aktivität und Strahlenbelastung im Jahr 1995“). Darüber hinaus ist auch zu beden-ken, dass Krebspatienten meist in höherem Alter untersucht und therapiert wer-den, weshalb eine Altersgewichtung sinnvoll ist.

Trotz aller technischen Fortschritte muss die individuell notwendige Dosis beiden mit ionisierenden Strahlen durchgeführten Verfahren nach dem ALARA-Prin-zip (As low as reasonably achievable) so klein wie möglich gehalten werden.

Künstliche Strahlenquellen 3

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Atomstrukturen und Wechselwirkungenmit Röntgenstrahlen

1895 entdeckteder Physiker Wilhelm Conrad Röntgen in Würzburg bei Experimen-ten mit Kathodenröhren die von ihm selbst als X-Strahlen und nach ihm benanntenRöntgenstrahlen, die mit energiereicher elektromagnetischer Strahlung Materie zudurchdringen vermögen. Röntgenstrahlen gehören bis heute bildgebend zum un-verzichtbaren Rüstzeug der diagnostischen Medizin aller Fachrichtungen.

Röntgenstrahlen werden gelegentlich auch als Röntgenquanten oder Rönt-genphotonen beschrieben. Die Energie von Wellen- oder Korpuskularstrahlungwird in Elektronenvolt (eV) (S. 39) gemessen. Je nach der durch die Spannungund die daraus resultierende Wellenlänge erreichten Durchdringungsfähigkeitkann man zwischen langwelliger Spannung im Niederenergiebereich (= sichtba-res Licht) oder kurzwelliger Strahlung im Hochenergiebereich (= Röntgenstrah-len) unterscheiden.

Im Rahmen der bildgebenden diagnostischen Medizin interessieren vor allemdie ionisierenden Wechselwirkungen zwischen den benutzten Röntgenstrahlenund den Elektronenhüllen des getroffenen Atoms. Daneben hat heute die Eigen-schaft der Nukleonen mit ihrem Eigendrehimpuls (Kernspin) zur Entwicklungder nicht ionisierenden Bildgebung bei der MRT geführt, die zukunftsweisend anBedeutung gewinnt.

Jedes der allgegenwärtigen Atome (erste Atomtheorie von Demokrit, grie-chischer Philosoph um 460 v. Chr.; erstes noch heute verwendetes Atommodellvon Niels Bohr, dänischer Physiker, 1913, Abb. 2) besteht aus einem Atomkernund einer Elektronenhülle, die je nach Material durch die Zusammensetzung desKerns aus Protonen und Neutronen und die Gesamtzahl der Elektronen in derAtomhülle charakterisiert ist. Den positiv geladenen Protonen des Atomkernssteht eine gleich große Anzahl von negativ geladenen Elektronen der Atomhüllegegenüber, so dass sich das Atom im Normalzustand in einem elektrischenGleichgewicht befindet und neutral reagiert. Die Neutronen sind elektrisch neut-rale Kernbestandteile, ihre Masse entspricht der der Protonen. Die Elektronen derAtomhülle umgeben nach dem Denkmodell von Niels Bohr schalenförmig denAtomkern und weisen eine von der Schale K zur Schale O (Abb. 2) ansteigendeBindungsenergie an den Atomkern auf.

Trifft ein elektromagnetischer Strahl von entsprechender Energie auf die Ato-me von Materie, so treten Wechselwirkungen auf, bei denen ein elektrisch neu-trales Atom nur angeregt oder ionisiert (elektrisch geladen) wird. Je nach Dichteund Dicke des Absorbermaterials wird der Röntgenstrahl auf seinem Weg durchdie Materie absorbiert oder seitlich gestreut und verliert durch BremswirkungenEnergie. In Abhängigkeit vom Energiepotenzial, das sich aus der Strahlenqualitätund der Strahlenquantität des primären Röntgenstrahls ergibt, werden auf sei-nem Weg weitere Ionisationen verursacht.

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In der zahnärztlichen Praxis genügen Röhrenspannungen von bis zu 100 kV.Sie werden als weiche Erzeugerspannung klassifiziert und weisen einen niedrigenLET (linearer Energietransfer, S. 26) mit einer geringen Zahl von Ionisationen (sog.lockerem LET) auf, die eine relativ geringe biologische Strahlenwirkung mit weni-gen irreparablen Schäden zur Folge haben. Die Verwendung von Röntgengerätenmit höherer Erzeugerspannung und dichterem LET sollte aus Gründen der Sicher-heit und des Strahlenschutzes fachkundigen Röntgeninstituten überlassen wer-den.

Wechselwirkungen zwischen Strahlen und Materie

Röntgenstrahlen werden absorbiert oder gestreut. Vereinfacht unterscheidetman:l Anregung,l klassische Streuung (kohärente Streuung),l Compton-Streuung (inkohärente Streuung),l Absorption (Photoabsorption, Photoeffekt),l Paarbildung.

Anregung

Das einfallende Photon (oder der Röntgenquant) prallt im Atom auf einzelne Elek-tronen, die innerhalb der Elektronenhülle des getroffenen Atoms deplatziert wer-den. Das elektrische Gleichgewicht zwischen der Anzahl der Protonen und derElektronen bleibt bestehen und keine Ladungsveränderung (Ionisation) tritt ein.Nach kurzer Zeit fällt das Atom unter Abgabe von Energie (Abregung) in denGrundzustand zurück.

Klassische Streuung (kohärente Streuung)

Das einfallende Photon wird nach elastischem Zusammenprall mit einem Elek-tron der Atomhülle ohne Energieverlust in eine neue Bewegungsrichtung gesto-ßen (gestreut). Das elektrische Gleichgewicht des getroffenen Atoms wird nicht

Atomkern

Elektronenhülle

O N M L K

Abb. 2 Atommodell von Niels Bohr, 1913.

Wechselwirkungen zwischen Strahlen und Materie 5

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gestört, es tritt keine Ionisation ein. Von Bedeutung ist die klassische Streuungnur bei Verwendung niedriger Strahlenenergien (Abb. 3 a).

Compton-Streuung (inkohärente Streuung)

Das einfallende Photon gibt nach Zusammenprall mit einem Elektron einen Teilseiner Energie an dieses ab und bewirkt damit die Entfernung des Elektrons ausdem Atom und eine Ladungsänderung (Ionisation). Das Photon selbst verliert beidem Zusammenprall einen Teil seiner Energie und wird mit einer Richtungsände-rung gestreut. Die dabei kaskadenartig entstehenden weiteren Ionisationen undStreustrahlungen breiten sich im Objekt nach allen Seiten aus und müssen zurOptimierung der Bildqualität durch Raster oder Kollimatoren (S. 41f) eliminiertwerden (Abb. 3 b).

Absorption (Photoabsorption, Photoeffekt)

Das einfallende Photon wird im Atom absorbiert und gibt seine gesamte Energiean ein Elektron ab, das sich aus dem Atom als Photoelektron löst. Das Atom ist da-mit ionisiert und die Elektronenhülle des getroffenen Atoms ordnet sich unterEnergieabgabe in Form einer für seine Ordnungszahl charakteristischen Eigen-strahlung neu (Abb. 3 c).

Paarbildung

Photonen, deren Erzeugungsenergie höher ist als rund 1 MeV (Megaelektronen-volt) und deren Bahn in das elektrische Feld das Atomkerns (Kernfeld) gelangt,werden absorbiert und es entsteht ein negativ geladenes Elektron (e–) und ein po-sitiv geladenes Positron (e+). Diese Paarbildung spielt jedoch in der zahnärztlichenRöntgendiagnostik keine Rolle, weil die dafür nötige Energie gar nicht erzeugtwerden kann (Abb. 3 d).

+–

a

+

d

e–

e+

+

b

+

c

Abb. 3 KlassischeStreuung (a), Comp-ton-Streuung (b),Absorption (c),Paarbildung (d).

6 Atomstrukturen und Wechselwirkungen mit Röntgenstrahlen

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Eigenschaften und Wirkungen der Röntgenstrahlen

Zusammengefasst kann man folgende Eigenschaften und Wirkungen der Rönt-genstrahlen unterscheiden:l Unsichtbarkeit,l Durchdringungsfähigkeit und Strahlenschwächung,l photochemischer Effekt,l Lumineszenz und Wirkung auf Halbleiter zur digitalen Bildgebung,l biologische Veränderungen durch Ionisationseffekte.

Unsichtbarkeit

Im Gegensatz zu langwelligen Lichtstrahlen sind die kurzwelligen, energierei-chen, zu diagnostischen Zwecken dienenden Röntgenstrahlen, aber auch kosmi-sche, terrestrische und andere künstlich erzeugte Strahlenarten unsichtbar. Es istdie Eigenschaft der Unsichtbarkeit, die besonders bei höheren Dosen die damitverbundenen Gefahren vergessen lässt.

Durchdringungsfähigkeit und Strahlenschwächung

Die Durchdringungsfähigkeit der Röntgenstrahlen hängt von der Röhrenspan-nung ab, die je nach Dichte und Dicke des durchstrahlten Gewebes gewählt wer-den muss. Hohe Spannung (in Kilovolt, kV) erzeugt Strahlen im kurzwelligendurchdringungsfähigen Bereich, niedere Spannung im langwelligen und daherweniger durchdringungsfähigen Bereich. Es ist anzumerken, dass eine zu hoch ge-wählte Spannung den Bildkontrast vermindert. Die Röhrenspannung entscheidetüber die kinetische Energie der von der Kathode emittierten Elektronen (Abb. 20,S. 39) und bestimmt die nach unterschiedlichen Bremsvorgängen (Abb. 26, S. 43)entstehende heterogene Zusammensetzung des primären Strahlenbündels. Derdurch Abbremsung der Kathodenstrahlung im Anodenmaterial (und im Weiterenauch durch Dicke und Dichte des durchstrahlten Gewebes) entstehende Verlustan kinetischer Energie (Durchdringungsfähigkeit) wird als Strahlenschwächungbezeichnet.

Durch Eliminierung der weichen Strahlen des heterogenen Primärstrahls mitFiltern (Abb. 26, S. 43) aus Aluminium wird der Strahl homogenisiert und damitaufgehärtet, um die Bildqualität und den Strahlenschutz zu verbessern. Schon ult-raviolette Strahlen können dank ihrer kurzen Wellenlänge in die Haut eindringenund damit ein Hauterythem mit „Bräunungseffekt“ hervorrufen oder bei Abususeine kanzerogene Wirkung zur Folge haben.

7

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Aufgrund ihrer niedrigen Amplitude sind energiereiche Photonen geeignet,auch dicke und dichte Materie zu durchdringen. Die jeweilige Dichte der durch-strahlten Gewebe wird durch die Zahl der Atome pro Volumeneinheit bestimmt.Luft und Weichteile sind daher leichter zu durchdringen als Knochen oder garBlei. Je höher die Ordnungszahl der betreffenden Materie im periodischen Systemder Elemente ist, desto energiereicher muss der Röntgenstrahl sein, um sie zudurchdringen. So weist z. B. Wasserstoff die Ordnungszahl 1 und Blei die Ord-nungszahl 82 auf.

Je dicker ein beliebiges Material ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit,dass Photonen auf ihrem Weg mit Atomen der betroffenen Materie kollidierenund dabei geschwächt oder absorbiert werden.

Die unterschiedliche Dichte oder Dicke der durchstrahlten Gewebe (Beispiel:Darstellung der Zähne und der Zunge auf einem Bild bei Panoramaschichtaufnah-men) erzeugt ein Strahlenrelief mit unterschiedlichen, weil dosisabhängigenGrauwerten. Zunehmende Röhrenspannung bewirkt eine Verminderung und ab-nehmende Spannung eine Erhöhung des Bildkontrasts.

Durch die kegelförmige Ausbreitung der Röntgenstrahlen im Raum wird dieAnzahl der Röntgenphotonen – in Analogie zum sichtbaren Licht – pro Flächen-einheit vermindert (S. 61). Die Reichweite eines Röntgenphotons kann im Gegen-satz zur Korpuskularstrahlung nicht messbar nachgewiesen werden.

Die Durchdringungsfähigkeit der Röntgenstrahlen wird – kurz zusammenge-fasst – beeinflusst von:l der durch die Röhrenspannung erzeugten Energie,l der Dichte des Absorbermaterials, d.h. Anzahl der Atome in der Volumen-

einheit,l der Dicke der durchstrahlten Gewebe,l dem Fokus-Objekt-Abstand.

Photochemischer Effekt

Genau wie das sichtbare Licht sind auch Röntgenstrahlen imstande, Silberverbin-dungen wie z.B. Silberbromid (AgBr) zu reinem Silber zu reduzieren (Abb. 4) – mitdem Unterschied, dass Röntgenstrahlen dank ihrer Durchdringungsfähigkeit auchlichtdicht verpackte Filme belichten können.

In der Emulsionsschicht des Films (Abb. 5) liegen die Silberbromidmoleküle inPlättchenform eingebettet und man hat es hier mit einer Ionenverbindung zu tun.Das Silberatom hat auf seiner äußersten Schale nur ein einziges Elektron, das esleicht abgibt. Das Bromatom dagegen besitzt in der äußersten Schale 7 Elektronenund kann zur Stabilisierung ohne Weiteres 1 Elektron aufnehmen. Der energierei-che Röntgenstrahl kann nun dem Bromion ein Elektron entziehen und damit dasAgBr-Molekül in seine ursprünglichen atomaren Bestandteile zerlegen, zumal dasSilberion sein an das Bromion verlorenes Elektron zurückerhalten kann. Bei dieserdurch den Röntgenstrahl verursachten Abspaltung von Brom werden kleinste

8 Eigenschaften und Wirkungen der Röntgenstrahlen

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Mengen von metallischem Silber frei, die erst durch die Filmverarbeitung (Ent-wicklung) als „Schwärzung“ sichtbar werden. Die durch Röntgenstrahlen bewirk-te und vor der Entwicklung unsichtbare chemische Veränderung in der nur etwa0,2 mm dicken Emulsionsschicht des Films nennt man ein „latentes Bild“.

Lumineszenz

In der Radiologie bezeichnet man als Lumineszenz einen Vorgang, bei dem be-stimmte Materialien durch Röntgenstrahlen zur Lichtemission angeregt werden.

Tritt die Lichtemission nur während der Bestrahlung auf, so spricht man vonFluoreszenz. Typische Beispiele dafür sind Stoffe, die in der Radiologie für Verstär-kerfolien benutzt werden, um die Expositionsdosis im Sinne des Strahlenschutzeszu senken. Die bekanntesten der heute benutzten Stoffe sind vor allem die selte-nen Erden mit grüner oder violettblauer Lichtemission.

Ein weiteres Beispiel sind die heute zum Bildempfang verwendeten Halbleiter-sensoren. Ihre Photodioden schlüsseln das während der Exposition durch Rönt-genstrahlen erzeugte Strahlenrelief in Bildpunkte mit unterschiedlichen Grautö-nen auf und liefern nach Verstärkung, Analog-Digital-Wandlung und einem Re-chenprozess das digitale Bild.

Muss jedoch die absorbierte Strahlenenergie durch Leuchtstoffe über einenZeitraum gespeichert werden, wie z.B. bei den heute vielfach verwendeten Digi-talsystemen mit Speicherfolien, so wird ein solcher Vorgang im Allgemeinen alsPhosphoreszenz, als Storage Phosphor oder als digitale Lumineszenzradiographie(DRL) bezeichnet. Als Leuchtstoff wird hier meist Bariumfluorid verwendet.

Abb. 4 Röntgenstrahlen durchdringen ein Medium ent-sprechend dessen Dicke und Dichte und erzeugen so ein„Strahlenrelief“ der dargestellten Gewebe. Verschattun-gen oder Opazitäten (hell) entstehen dort, wo der Rönt-genstrahl den Film (Bildempfänger) nicht belichten kann.Aufhellungen oder Transparenzen (dunkel) sieht manüberall dort auf dem Film, wo Röntgenstrahlen dieAgBr-Verbindung in der Emulsionsschicht zu reinem Sil-ber zu reduzieren vermögen.

Lumineszenz 9

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Verstärkerfolien

Fluoreszierende Stoffe werden vor allem durch den Photoeffekt (S.11) der Rönt-genstrahlen zur Emission langwelligen Lichts angeregt. Sie verstärken die photo-chemische Wirkung der Röntgenstrahlung im Moment der Exposition, so dass derAnteil ionisierender Strahlen gesenkt werden kann. Dies besorgen mit Leuchtstoffbeschichtete Verstärkerfolien, die als Vorder- und Hinterfolien dem Folienfilmdurch den Druck der umschließenden Filmkassette angepresst werden. Je nachihrer Lichtempfindlichkeit (Sensibilität) werden solche Verstärkerfolien eingeteiltin:l Universalfolien, das sind wenig sensible, aber sehr fein zeichnende Folien mit

geringem Anteil an Leuchtstoffen und dementsprechend höherer Expositions-dosis.

l Verstärkerfolien mit erhöhter Strahlenempfindlichkeit und höherem Anteil anLeuchtstoffen, wodurch eine Senkung der Expositionsdosis erreicht werdenkann.

l Hochverstärkende Folien sind Folien mit hoher Strahlenempfindlichkeit undstark verminderter Dosis zur höchstmöglichen Verminderung der Strahlenex-position bei noch ausreichender Bildqualität und diagnostischer Sicherheit.

Die Wirksamkeit der Verstärkerfolien wird durch den Verstärkungsfaktor ausge-drückt, der jedoch nicht als exakter Wert, sondern nur als ungefährer Anhalts-punkt angesehen werden darf. Der Dosiswert für eine ausreichende Filmschwär-zung wird durch Anwendung der Universalfolie des jeweiligen Erzeugers be-stimmt und vereinbarungsgemäß als Verstärkungsfaktor 1 akzeptiert. Bei einemVerstärkungsfaktor über 1 ist eine geringere Dosis nötig, während bei einem Ver-stärkungsfaktor unter 1 die gleiche Schwärzung nur mit einer höheren Dosis er-reicht werden kann.

Aus Gründen des Strahlenschutzes werden heute Folien aus seltenen Erdenmit einem sehr hohen Verstärkungsfaktor bevorzugt. Dabei wird allerdings derAnteil der Röntgenphotonen derart vermindert, dass ein „Quantenrauschen“,d.h. ein gleichmäßig graues und körniges Bild, entstehen kann. Diese körnigeund graue Struktur des Bildes ist eine Folge der statischen Verteilung der Rönt-genphotonen, die bei niedrigen Dosen nicht mehr ausreichend an der Bildgebungbeteiligt sind. Die verwendeten seltenen Erden werden meist aus Cadmium ge-wonnen, gehören zur Gruppe der Lathanide und sind als Yttrium, Terbium, Gado-linium oder Europium bekannt.

Kassetten- oder Folienfilme bilden zusammen mit den Verstärkerfolien dasFilm-Folien-System, das in Empfindlichkeitsklassen eingeteilt ist. Für den Ge-brauch des Systems bei Panoramaschicht- oder Fernröntgenaufnahmen empfiehltsich für Erwachsene die Empfindlichkeitsklasse 200 und für Kinder die Klasse 400(DIN 6867 Teil 1, s. S. 296).

Den Vorteilen der Verstärkerfolien stehen jedoch auch Nachteile gegenüber.Die Emission von langwelligem Licht führt in den Schichten des Film-Folien-Sys-

10 Eigenschaften und Wirkungen der Röntgenstrahlen

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tems zu Reflektionen und Streustrahleneffekten, die Unschärfen hervorrufen undin ihrer Gesamtheit als „Cross-over-Effekt“ beschrieben werden (Abb. 5). Diese Fo-lienunschärfe kann technisch durch die Dicke der Verstärkerfolie beeinflusst wer-den. Dünnere Vorderfolien erzeugen kleinere Streustrahlenkegel und damit weni-ger Unschärfen.

Film und Folie müssen durch elastische Unterlagen und den Schließmechanis-mus der aus Aluminium oder Kunststoff bestehenden Filmkassetten aneinander-gepresst werden, um Unschärfen zu vermeiden. Es empfiehlt sich, die Funktiondes Schließmechanismus von Zeit zu Zeit zu überprüfen. Dies kann mit einem ander Vorderfläche der Kassette befestigten Gitternetz aus Metall geschehen, ummit einer Leeraufnahme die gleichmäßige Bildschärfe zu testen.

Verstärkerfolien müssen regelmäßig kontrolliert und gepflegt werden, dennBeschädigungen und Verunreinigungen sind sonst in jeder Aufnahme an dersel-ben Stelle störend zu sehen. Zur Reinigung verwende man ein nicht faserndesweiches Tuch und ein spezielles Folienputzmittel. Niemals versuche man, die Fo-lien mit Wasser und Seife zu reinigen.

Halbleitersensoren

Für die Anforderungen der zahnärztlichen Röntgendiagnostik sind intraoral ver-wendbare Flächensensoren für Zielaufnahmen der Zähne und extraoral einsetzba-re Zeilensensoren für Panoramaschicht- und Schädelaufnahmen entwickelt wor-den. Mit ihrer Hilfe ist es gelungen, die Expositionsdosen für die Patienten deut-lich zu senken und die Verarbeitungsmöglichkeiten zu vereinfachen und zuerweitern.

1

KassetteVorderfolie

Hinterfolie

EmulsionFilmträgerEmulsion

Kassette

2 3 4 5

Abb. 5 Verstärkende Wirkung von Leuchtstofffolien. Einmal trifft der Röntgenstrahl direktdie Emulsionsschichten (1 und 2) des doppelt beschichteten Films. Zum anderen regendie Röntgenstrahlen gleichzeitig die fluoreszierenden Kristalle der Vorder- und Hinterfolie(3 und 4) zur Emission von langwelligem Licht an, so dass die Wirkung der Röntgenstrahlen„verstärkt“ wird. Dabei entsteht ein mehr oder minder starker Cross-over-Effekt (5), der dieBildschärfe beeinträchtigt.

Lumineszenz 11

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Der erste funktionsfähige intraorale Flächensensor wurde auf dem 1. Europäi-schen Kongress für dentomaxillofaziale Radiologie von F. Mouyen (Genf,18.-19. September 1987, Chairman F.A. Pasler) vorgestellt. Damals wies der CCD-Sensor die für intraorale Verhältnisse äußerst unbequeme Dicke von 1,4 cm auf.Wohl hat sich dieser Wert zwischenzeitlich deutlich verringert. Den Außen-abmessungen z. B. eines Full-Size-Sensors steht aber technisch bedingt nur eineaktive Nettofläche von 26 × 34 mm gegenüber und man muss mit wenigen Senso-renformaten (im Gegensatz zu den zahlreichen den oralen Verhältnissen ange-passten Filmformaten) das Auslangen finden. Die aufnahmetechnischen Schwie-rigkeiten der intraoralen Positionierung des Sensors und des Zentralstrahls sindauch mit Sensorhaltern keineswegs geringer geworden. Man muss sich bei jederAufnahme darüber im Klaren sein, dass die diagnostische Sicherheit des verarbei-teten digitalen Bildes nahezu zur Gänze von der Qualität der aufnahmetechni-schen Vorgaben abhängt.

Der wichtigste Teil eines Sensors ist die Empfangsfläche mit einer Vielzahl vonPhotodioden (Halbleiterchips), die die auftreffenden Röntgenstrahlen registrierenund zu Bildpunkten (Pixel) aufschlüsseln. Im Vergleich zur konventionellen Ver-stärkerfolie werden hier die Röntgenstrahlen durch einen vorgeschalteten Szintil-lator verstärkt, der im Moment der Exposition zusätzlich sichtbares Licht emit-tiert. Für jeden Bildpunkt wird ein analoges Intensitätssignal gesetzt, das punktu-ell den einfallenden Röntgenstrahlen entspricht. Die elektrischen Signale desSensors werden mit einem Szintillator verstärkt, durch einen Analog-Digital-Wandler digitalisiert, mit einem Rechenprozess verarbeitet und erscheinen als di-gitales Bild auf der Arbeitsfläche des PC oder der Röntgenbox (Abb. 6).

Extraorale Zeilensensoren werden bei Panoramaschichtaufnahmen (PSA) undSchädelaufnahmen, wie z.B. Fernröntgenaufnahmen, verwendet. Bei digitalen Pa-noramaschichtgeräten wird die hinter der Sekundärblende montierte konventio-nelle Filmkassette durch einen Zeilensensor mit Szintillator ersetzt, dessen Um-

Bilddarstellungam Monitor

sichtbaresLicht

Röntgen-strahlung

Szintillator Halbleiterchip Signalaufbereitung

A/D

Standard-PC

Abb. 6 Direkte digitale Bildgebung mit intraoralem Sensor (aus Pasler FA, Visser H. Farb-atlanten der Zahnmedizin, Zahnmedizinische Radiologie, 2. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2000).

12 Eigenschaften und Wirkungen der Röntgenstrahlen

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laufgeschwindigkeit mit der Röhrenbewegung abgestimmt ist. Es handelt sich umeine Slottechnik mit vertikalen Zeilensignalen.

Bei Schädel- und Fernröntgenaufnahmen werden der durch eine Sekundär-blende verschmälerte Röntgenstrahl und der anstelle einer Kassette verwendeteZeilensensor gleichsinnig horizontal oder vertikal bewegt. Das Bild wird aus Zei-lensignalen mit Slottechnik aufgebaut (Abb. 7).

Im Übrigen ist es nach Meinung des Autors nicht gerechtfertigt, die direkte undauch die indirekte digitale Bildgebung als digitale Aufnahmetechnik zu bezeich-nen. Sie dienen allein der Verarbeitung von elektrischen Signalen und latentenBildern, die auf der Basis der am Objekt auszuführenden Aufnahmetechnik ent-stehen.

Speicherfolien

Die in der deutschsprachigen Literatur als digitale Lumineszenzradiographie be-zeichnete Verarbeitungstechnik basiert auf einer Halbleiterfolie, die mit einerlichtstimulierbaren phosphoreszierenden Emulsion aus Schwermetall-Haloge-nid-Phosphor beschichtet ist (Abb. 8).

Sensor

Prinzip des horizontalen Scans:

Fokus

Röntgenstrahl

Schlitzblende

Abb. 7 Zeilensensor mit horizontalemScan. Der Röntgenstrahl mit Schlitzblendeund der Sensor tasten das zwischen Fokusund Schlitzblende liegende Objekt ab.Dieser Vorgang dauert je nach Gerätetypbis zu 16 Sekunden an. Dies wird gernemit der Belichtungszeit der Speicherfolieverglichen, wobei vergessen wird, dass essich beim Sensor um eine eingeblendeteAbtastung und nicht um eine Vollbelich-tung handelt.

Schutzschicht

Speicherschicht

leitfähige Schicht

TrägerschichtLichtschutzschichtRückseite

Abb. 8 Aufbaueiner Speicherfolie(aus Farbatlantender Zahnmedizin,ZahnmedizinischeRadiologie).

Lumineszenz 13

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Die lichtdicht und mit einem Hygieneschutz verpackte Folie wird während derExposition mit Röntgenstrahlen belichtet. Der in der Emulsion befindlicheLeuchtstoff wird darauf zusätzlich mit Laserlicht aktiviert und verstärkt die mög-lichst niedrig gehaltene Belichtung durch Röntgenstrahlen. In einem nächstenSchritt kann nun das damit in der Folie entstehende latente Bild durch einen La-ser-Scanner ausgelesen werden, gibt über einen Photomultiplier elektrische Sig-nale an den Analog-Digital-Wandler ab, wird der Pixelmatrix zugeordnet und er-scheint mit Verzögerung im Minutenbereich auf dem Bildschirm (Abb. 9).

Einer der Vorteile der Speicherfolientechnik ist die große Dynamik, d.h. dieDarstellungsbreite zwischen noch gut erkennbaren maximalen und minimalenAbsorptionsstufen, was Fehlbelichtungen wegen des größeren Belichtungsspiel-raums verhindert. Bei den durch die zusätzliche Wirkung der Leuchtstoffe ver-wendeten niedrigen Expositionsdosen ist allerdings ein Quantenrauschen mitgleichmäßig grauem und „körnigem“ Bild (S.10) häufig nicht zu vermeiden.

Speicherfoliegelöscht undgebrauchsfertig

Röntgenstrahlentreffen Speicherfolie

Fotomultiplier

Laserlicht aktiviertLeuchtstoffe. Daslatente Bild wirdgespeichert.

Regenerationder Speicherfoliemit sichtbaremLicht.

Speicherfolie imgebrauchsfertigenGrundzustand.

Das latente Bild wirdmit einem Laser-scanner ausgelesen.

elektrisches Signal

Analog-Digital-Wandler

Pixelmatrix

Bildschirm

Abb. 9 Funktionsschema der Speicherfolie und ihrer Verarbeitung.

14 Eigenschaften und Wirkungen der Röntgenstrahlen

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Aufgrund der lieferbaren verschiedenen filmähnlichen und dünnen Abmes-sungen sowie der (allerdings mit Vorsicht zu handhabenden) Biegsamkeit bietetdie kabellose Speicherfolie besonders bei der Anwendung der intraoralen Aufnah-metechnik etwas mehr Komfort für Patienten und Anwender. Allerdings ist auchhier der Einsatz eines brauchbaren Bildempfängerhalters dringend zu empfehlen.

Biologische Wirkungen

Ionisierende Strahlen aller Art setzen durch den Energietransport und den Ener-gieabbau entlang ihres Weges unphysiologische Veränderungen in den atomarenGrundstrukturen biologischer Systeme.

Energiereiche Strahlung tritt also in Wechselwirkung zu biologischen Struktu-ren, wobei es zur Absorption (Photoeffekt) oder zu Streuungen der Energie in dergetroffenen Materie kommt. Dementsprechend unterscheidet man eine kohären-te (klassische) Streuung und eine inkohärente (Compton-)Streuung (S. 5 f). DerCompton-Effekt ist gerade im mittelharten Energiebereich der Röntgenstrahlung,also im Bereich der zahnärztlichen Röntgendiagnostik, die am häufigsten vor-kommende Wechselwirkung und kann Kettenreaktionen von weiteren Ionisatio-nen hervorrufen. Die durch Absorptionen und Streuungen gesetzten Ionisationenund deren Verteilung in den getroffenen Zellen sind je nach Strahlenart und Ener-gie von unterschiedlicher Intensität und Dichte. Sie werden mit dem Begriff deslinearen Energietransfers (LET = Linear Energie Transfer) gekennzeichnet (S. 26).Röntgenstrahlen, wie sie in der zahnärztlichen Röntgendiagnostik Verwendungfinden, weisen einen niedrigen oder lockeren LET und daher eine relativ geringebiologische Wirksamkeit mit vergleichsweise wenigen irreparablen Schäden auf.Der biologische Bewertungsfaktor q (S. 26) für die Berechnung von Äquivalent-dosen bei verschiedenen Strahlenarten ist für Röntgenstrahlen dimensionslosgleich 1 gesetzt. Die Nennwerte in Gray (Gy, S. 25) für Energiedosis und in Sievert(Sv, S. 26) für Äquivalentdosis sind daher bei Dosisangaben in der zahnärztlichenRöntgendiagnostik zahlenmäßig gleichwertig.

Die Vielfalt der molekularen Veränderungen, die eine Zelle durch die Einwir-kung ionisierender Strahlen erfährt, hängt neben anderen Faktoren besondersvom Differenzierungsgrad und der proliferativen Kapazität der betreffenden Zell-linie ab. So ist bekannt, dass Wechselgewebe im Unterschied zu Dauergewebeneine deutlich höhere Strahlensensibilität aufweisen. Blutkörperchen, Darmepi-thelien oder auch die Augenlinse haben strahlensensible Vorläuferzellen, wäh-rend die Endzellen strahlenresistenter sind. Dementsprechend zeigen Gewebe,Organe und Organsysteme eine hohe, mittlere oder geringe Strahlenempfindlich-keit, die mithilfe von Wichtungsfaktoren (Wr) eine grobe, aber vergleichsfähigeBerechnung der effektiven Dosis (Deff) gemäß ICRP 60 (früher effektive Äquiva-lentdosis) ermöglicht (S. 26f).

Über das Ausmaß der biologischen Wirkung einer ionisierenden Strahlungentscheiden zusammengefasst folgende Faktoren:

Biologische Wirkungen 15

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l Strahlensensibilität des bestrahlten Gewebes,l Dosishöhe und ihre zeitliche Verteilung,l relative biologische Wirksamkeit der verwendeten Strahlung,l Feldgröße, z.B. bei Ganzkörper- oder Teilkörperexpositionen.

Die aus Laubenberger (1990) übernommenen und modifizierten Tab. 1 – 3 gebenRichtwerte für Ganzkörper- und Teilkörperexpositionen sowie deren Folgen wie-der. Sie sollen einen groben Vergleich mit den in der zahnmedizinischen Röntgen-diagnostik verwendeten Dosen ermöglichen.

Durch Strahlungsenergie verursachte Veränderungen im Atomaufbau bewir-ken durch Elektronenverlust und Hyperthermie die Auflösung normaler Bin-dungsenergien und die Zerstörung der chemischen Grundstrukturen der Mole-küle. Dies führt zur Freisetzung kurzlebiger, aber äußerst reaktionsfreudiger „frei-er Radikale“, wie sie vor allem bei der Radiolyse des fast überall im Gewebevorhandenen Wassers (mit 95% Hauptbestandteil einer organischen Zelle) oderauch bei der sensibilisierenden Anwesenheit von O2 als „Sauerstoff-Effekt“ beob-achtet werden kann.

Bei der Radiolyse des Wassers (H2O) entstehen wegen des radiogenen Elektro-nenverlustes positive, äußerst kurzlebige Wasserionen (H2O+) und OHl -Radikale.

Tabelle 1 Einzeitige Ganzkçrperbestrahlung und ihre Folgen (nach Laubenberger T.Technik der medizinischen Radiologie, 5. Auflage. Kçln: Dtsch. �rzte-Verlag; 1990, modi-fiziert wiedergegeben)

empfangene Dosis in Gy Folgen einzeitig empfangener Ganzkörperdosen

0,3 keine nachweisbaren Sch�den

0,5 schnell reparable Depression des Knochenmarks

1,0 kritische Dosis (Strahlenkrankheit)

vereinzelte Todesf�lle, schwere Knochenmarks-sch�digung mit Granulozytopenie, An�mie

4,0 mittlere letale Dosis

Tod von 50 % der Bestrahlten

Begriff: LD50 (60) = letale Dosis bei 50 % der Bestrahlteninnerhalb von 60 Tagen

7,0 letale Dosis

Tod aller unbehandelten Bestrahlten

Begriff: LD100 = letale Dosis bei 100 % der Bestrahlten

15,0 absolut letale Dosis

bewirkt in jedem Fall den Tod

16 Eigenschaften und Wirkungen der Rçntgenstrahlen

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Angeregte Wassermoleküle können Hl und OHl Radikale freisetzen, die unter Mit-wirkung von Sauerstoff, also aus H und O2, das Radikal HO2

l entwickeln können.Das herausgeschleuderte Elektron e– kann mit einem weiteren H2O-Molekül rea-gieren und neben OH– das Radikal Hl freisetzen. Der Elektronenbedarf solcherkurzlebiger Radikale (Lebensdauer etwa 10–6 s) wird aus Molekülen mit schwa-chen Bindungsenergien gedeckt, die dadurch ihre Funktionsfähigkeit im biologi-schen System einbüßen. Die aggressiven und reaktionsfreudigen Radikale setzenbei Verwendung einer ionisierenden Strahlung von niedrigem LET etwa 70% desbiologischen Schadens durch indirekte Strahlenwirkung an den molekularenStrukturen. Unabhängig von der Anwesenheit von H2O oder O2 können energie-reiche ionisierende Strahlen natürlich auch durch direkte Treffer Bindungsener-gien lösen und damit eine direkte Strahlenwirkung erzielen. Dies kann allerdingsbei der im zahnärztlichen Bereich verwendeten Strahlenqualität mit niedrigemLET und dementsprechend hohem Anteil von Compton-Effekten eher selten vor-kommen. Steigt jedoch die Dosis an, so überfordert ihre Wirkung zunehmend diephysikalischen und chemischen Bindungsenergien sowie die biochemischenSchutz- und Reparaturmechanismen. Die Zahl der irreparablen Schäden an denBiomolekülen nimmt zu.

Die Entstehung reaktionsfreudiger freier Radikale führt in der Folge durchHydroxylierungen, Decarboxylierungen, Reduktionen und Oxidationen zu bioche-mischen Veränderungen der Moleküle und insbesondere der Makromoleküle, wiez.B. der DNS (Desoxyribonukleinsäure) als Trägerin der Erbmasse. In dieser Phasetreten aber auch Schutz- und Reparaturmechanismen in Aktion. Gewisse Zell-kernkomponenten entwickeln die Fähigkeit, mit freien Radikalen zu reagierenund so diese unschädlich zu machen (sog. „Radical Scavengers“). Zu diesen ge-hören neben Sulfhydrylgruppen auch Hydrochinon wie die Vitamine E und K.Elektronendonatoren und Wasserstoffspender können die radiogen geschädigtenchemischen Strukturen wiederherstellen und damit ihre Funktionsfähigkeit si-chern. Solche biochemischen Reaktionen und eine in ihrem Schutzeffekt und ih-ren auslösenden Faktoren noch nicht zur Gänze erforschte adaptive Antwort(Adaptive Respons) bestimmter Zellsysteme auf protrahierte Strahlendosen zei-gen bei geringer Dosis mit niederem LET eine signifikant effizientere Wirkung.Die bis heute bekannt gewordenen Schutzmechanismen erlauben den Schluss,dass kleine Dosen – mit niedriger Energie verabreicht – sogar zu biopositiven Re-aktionen führen können. Zumal bekannt ist, dass z.B. die einmalige Ganzkörper-bestrahlung von Mäusen mit etwa 0,25 Sv oder auch eine tägliche Dosis von0,1 cGy eine Lebensverlängerung und Gewichtszunahme bewirkt. Dieses auchaus der Pflanzenwelt bekannte Phänomen wird allgemein als Hormesis-Effekt be-zeichnet. Ein Nachweis für biopositive Effekte kleiner Strahlendosen am Men-schen ist bis heute jedoch noch nicht gelungen. Als kleine Dosen gelten heuteWerte von 0,0 –0,2 Gy (UNSCEAR 1986).

Am Ende der strahlenbiologischen Wirkungskette steht der biologische Effekt.In Abhängigkeit von der Dosis oder von zufälligen (stochastischen) Treffernkommt es zur Schädigung der molekularen Strukturen, der Zellen und Organe,

Biologische Wirkungen 17

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wobei deren Radiosensibilität eine besondere Rolle spielt. Insbesondere führendie an den Genen (den Trägern der Erbinformation) gesetzten Schäden schon beigeringer Dosis durch Einzeltreffer zu stochastischen Schädigungen, weshalb fürsolche Ereignisse auch kein Schwellenwert angegeben werden kann. Zellen, dienach einem Treffer noch teilungsfähig sind, können jederzeit noch stochastischrelevante Effekte produzieren.

Die Makromoleküle der DNS sind Histonfäden aufgesetzt. Die Gene als Trägerder Erbinformation oder des genetischen Codes sind durch den Bau der DNS-Ket-ten determiniert. Ihre Aufgabe ist einmal die Merkmalsauslösung des Körperbausund seiner Funktionen, die identische Reduplikation durch die Generationenab-folge und die Mutation, die Veränderung der Erbinformation.

Der helicoidale Aufbau der DNS in Form einer „Wendelleiter“ ist aus einer Rei-he von Desoxyribonukleotiden zusammengesetzt. Die Wendelleiter besteht aus 2„Holmen“ (Seitensträngen) mit Desoxyribose (Zucker) und Phosphorsäure. Diebeiden Holme werden durch „Sprossen“ aus 2 räumlich und energetisch aufei-nander abgestimmten organischen Basen verbunden, von denen das Guanin nurzu Cytosin und das Adenin nur zu Thymin passt, die jeweils durch eine Wasser-stoffbrücke zusammengehalten werden (Abb. 10).

1

1

1

1

1

22

2

33

455

2

3

Cytosin-Guanin Adenin-Thymin

4

2

a d eb c

2 3 4 5

Abb. 10a Histonfaden (1) bildet mit DNS (2) das Nukleosom.b Wendelleiter der DNS mit Holmen (1) und Sprossen (2).c Doppelstrang (Desoxyribonukleotid) der DNS mit Zucker (Desoxyribose) (1),

organischen Basen (2) mit Cytosin-Guanin und Adenin-Thymin (4) und Phosphors�ure (3).d Br�che der Nukleotidkette: Reparabler Einzelstrangbruch (1), irreparabler Doppelstrang-

bruch (2), reparabler Doppelstrangbruch (3). Basensch�den einseitig reparabel (4) unddoppelseitig irreparabel (5).

e Reparable Sch�digung von 2 Basen einseitig (1). Das Zellenzym Endonuklease schneidetdie besch�digten Teile heraus (2), die Exonuklease erweitert die Schadenstelle (3), dieDNS-Polymerase erg�nzt die fehlenden Basen durch Ersatz mit den komplement�renBasen des Gegenstrangs (4), die Ligase verbindet die Str�nge und schließt die Reparaturab (5).

18 Eigenschaften und Wirkungen der Rçntgenstrahlen

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Direkte und indirekte radiogene Schäden an der DNS können nun einseitigeZerstörungen (Brüche) an den Seitensträngen oder an einer (oder mehreren) Ba-sen der gleichen Seite oder auch das Aufbrechen der Wasserstoffbrücken bewir-ken. Solche Schäden können wegen der noch vorhandenen komplementären undals Matrize dienenden Strukturen durch die entsprechenden Enzyme fehlerlos re-pariert werden (UNSCEAR 1993). Doppelseitige Brüche der Seitenstränge und derSprossen sowie ausgedehnte Vernetzungen (bei hohem LET häufiger als bei nied-rigem) können nicht fehlerlos repariert werden. Die an sich komplexen Repara-turmechanismen sind mit der Wiederherstellung der Bruchstücke ohne Vorbildeiner Matrize überfordert und Reparaturversuche können daher nicht gelingen.Im Übrigen sind nicht alle derartigen Schäden an der DNS radiogen bedingt, siekönnen auch durch andere Agentia verursacht worden sein (z.B. durch Rauchen).

Man denke stets daran, dass schon ein einzelnes Photon ein sekundäres Elek-tron freisetzen kann, dessen Bahn im Zellkern risikorelevante Läsionen an derDNS auslösen kann. Diese Gefahr ist zwar bei zahnmedizinischen Dosen wegender geringen (und durch Schwächung im Objekt noch rasch abnehmenden) Dich-te der so weit auseinanderliegenden Ionisationen gering, aber es gibt dennochkeine Dosis, die kein Risiko darstellt.

Irreparable, weil doppelseitige Schäden an der DNS können zu mutagenenoder kanzerogenen Effekten führen. Die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretenswächst mit zunehmender Dosis.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen stochastischen und nicht stochas-tischen (oder deterministischen) Strahlenschäden:l Stochastische Strahlenschäden entstehen durch den Zufall eines entsprechend

wirksamen Treffers, wobei deren Anzahl dem Gesetz der Wahrscheinlichkeitfolgt. Da schon ein einzelner Treffer an einem einzigen Molekül kanzerogeneoder mutagene Veränderungen auslösen kann, ist nach dem gegenwärtigenStand der Wissenschaft keine Schwellendosis für stochastische Schäden anzu-geben. Der eintretende Schaden ist deshalb unabhängig von der Dosis, derenErhöhung lediglich die Wahrscheinlichkeit für die Anzahl der Treffer ver-mehrt. Solche zufälligen Treffer können auch bei den in der Röntgendiagnostiküblichen Expositionsdosen immer auftreten. Eine spontane Inzidenz durch na-türliche oder künstlich erzeugte Strahlenwirkungen aller Art ist nicht schlüssigwiderlegt.

l Nicht stochastische oder deterministische Strahlenschäden entstehen nichtdurch Zufallstreffer. Sie treten erst ab einem Dosis-Schwellenwert ein, der dieGrenzen der Reparaturfähigkeit der betroffenen Zellen überschreitet. DieSchwere des gesetzten Schadens nimmt mit der Dosishöhe zu, wobei auchdas Risiko von zusätzlichen Zufallstreffern steigt. Stochastische und nicht sto-chastische somatische Strahlenschäden gehen praktisch ineinander über undsind nur theoretisch voneinander zu differenzieren. Infolge der für nicht sto-chastische Schadensereignisse nötigen Dosis können Schäden wohl nur in derRadiotherapie, aber nicht in der Röntgendiagnostik und schon gar nicht beizahnärztlichen Röntgenaufnahmen auftreten.

Biologische Wirkungen 19