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Abbildendes Ferndetektionssystem zur Identifikation, Quantifizierung und Visualisierung von Gefahrstoffwolken Roland Harig, Gerhard Matz, Peter Rusch, TU Hamburg-Harburg, Arbeitsbereich Messtechnik, 21079 Hamburg 1 Einleitung Obwohl die sicherheitstechnischen Vorkehrungen in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert wurden, werden bei Unfällen bei der Produktion, dem Transport und bei der Verarbeitung von Chemikalien immer wieder Gefahrstoffe freigesetzt. Außerdem ist es in der Vergangenheit zur Freisetzung von gefährlichen Stoffen im Rahmen oder als Folge von Kriegshandlungen oder terroristischen Anschlägen gekommen. Zur Einschätzung der Gefahrenlage sind Informationen über die freigesetzten Stoffe und die betroffenen Gebiete erforderlich. Zur schnellen Analyse vor Ort werden verschiedene analytische Methoden eingesetzt. Neben einfachen Verfahren und Sensoren wie zum Beispiel Prüfröhrchen oder Photoionisationsdetektoren werden Verfahren zur Stoffidentifikation, wie zum Beispiel Gaschromatographie/Massenspektrometrie [1] oder extraktive Infrarotspektrometrie eingesetzt. Diese Verfahren erfordern jedoch eine Probenahme, die mit Gefahren verbunden sein kann. Die Ferndetektion mittels Infrarotspektrometrie ermöglicht die Identifikation und Ortung einer Gefahrstoffwolke aus großen Entfernungen und kann zur schnellen und richtigen Einschätzung der Gefahrenlage beitragen. Diese ist die Voraussetzung für die Einleitung geeigneter Gegenmaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt. 2 Grundlagen der Ferndetektion mittels Infrarotspektrometrie Die Methode der Ferndetektion mittels Infrarotspektrometrie basiert auf der spektralen Analyse von Strahlung, die von den Molekülen einer Gaswolke absorbiert und emittiert wird. Abbildung 1 illustriert das Prinzip der Ferndetektion mittels Infrarotspektrometrie. Die Strahlung, die vom Spektrometer detektiert wird, enthält die spektralen Signaturen des Hintergrunds, sowie die Signaturen der Moleküle der Wolke und der Atmosphäre zwischen dem Hintergrund und dem Spektrometer.

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Abbildendes Ferndetektionssystem zur Identifikation, Quantifizierung und Visualisierung von Gefahrstoffwolken

Roland Harig, Gerhard Matz, Peter Rusch,

TU Hamburg-Harburg, Arbeitsbereich Messtechnik, 21079 Hamburg

1 Einleitung

Obwohl die sicherheitstechnischen Vorkehrungen in den letzten Jahrzehnten erheblich

verbessert wurden, werden bei Unfällen bei der Produktion, dem Transport und bei der

Verarbeitung von Chemikalien immer wieder Gefahrstoffe freigesetzt. Außerdem ist es in der

Vergangenheit zur Freisetzung von gefährlichen Stoffen im Rahmen oder als Folge von

Kriegshandlungen oder terroristischen Anschlägen gekommen. Zur Einschätzung der

Gefahrenlage sind Informationen über die freigesetzten Stoffe und die betroffenen Gebiete

erforderlich. Zur schnellen Analyse vor Ort werden verschiedene analytische Methoden

eingesetzt. Neben einfachen Verfahren und Sensoren wie zum Beispiel Prüfröhrchen oder

Photoionisationsdetektoren werden Verfahren zur Stoffidentifikation, wie zum Beispiel

Gaschromatographie/Massenspektrometrie [1] oder extraktive Infrarotspektrometrie

eingesetzt. Diese Verfahren erfordern jedoch eine Probenahme, die mit Gefahren verbunden

sein kann. Die Ferndetektion mittels Infrarotspektrometrie ermöglicht die Identifikation und

Ortung einer Gefahrstoffwolke aus großen Entfernungen und kann zur schnellen und

richtigen Einschätzung der Gefahrenlage beitragen. Diese ist die Voraussetzung für die

Einleitung geeigneter Gegenmaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt.

2 Grundlagen der Ferndetektion mittels Infrarotspektrometrie

Die Methode der Ferndetektion mittels Infrarotspektrometrie basiert auf der spektralen

Analyse von Strahlung, die von den Molekülen einer Gaswolke absorbiert und emittiert wird.

Abbildung 1 illustriert das Prinzip der Ferndetektion mittels Infrarotspektrometrie. Die

Strahlung, die vom Spektrometer detektiert wird, enthält die spektralen Signaturen des

Hintergrunds, sowie die Signaturen der Moleküle der Wolke und der Atmosphäre zwischen

dem Hintergrund und dem Spektrometer.

2.1 Strahlungstransportmodell

Die Ausbreitung elektromagnetischer Strahlung in absorbierenden, emittierenden und

streuenden Medien wird durch die Theorie des Strahlungstransports [2, 3] beschrieben.

1 2 3

T1,τ1

L3

T2 τ2Spektrometer

Hintergrund

Abbildung 1: Illustration des Strahlungstransportmodells mit drei Schichten.

Zur Beschreibung des Strahlungstransports kann ein Modell, bei dem die Atmosphäre

entlang des optischen Wegs in homogene, planparallele Schichten unterteilt wird,

angewendet werden. Die spektrale Strahldichte in der Austrittsebene einer Schicht i, Li setzt

sich zusammen aus der Strahlung, die von der Schicht i emittiert wird, und der Strahlung die

in Schicht i eintritt, multipliziert mit der Transmission der Schicht:

( ) 11 ++−= iiiii LBL ττ . (1)

Hier ist τi die Transmission der Schicht i, Bi = Bσ (σ, Ti) die spektrale Strahldichte eines

schwarzen Strahlers, der die Temperatur der Schicht i, Ti, besitzt. Li+1 ist die spektrale

Strahldichte, die aus Schicht i+1 in Schicht i eindringt. Die Streuung durch Moleküle und

Partikel nimmt mit abnehmender Frequenz ab und wird in diesem Modell vernachlässigt. Alle

Größen in Gleichung (1) und den folgenden Gleichungen sind frequenzabhängig.

Um die wichtigsten Merkmale der Spektren zu beschreiben, kann ein Modell mit drei

Schichten angewendet werden (Abbildung 1). Schicht 1 ist die Atmosphäre zwischen dem

Spektrometer und der Wolke, Schicht 2 die Wolke und Schicht 3 der Hintergrund. Es ergibt

sich für die aus Schicht 1 austretende Strahldichte L1:

321221111 )1()1( LBBL τττττ +−+−= (2)

Falls die Temperatur der Gaswolke (Schicht 2) gleich der Temperatur der Schicht 1 ist

(T1 = T2), gilt B1 = B2 und es folgt aus Gleichung (2):

[ ]31112221 )1()1( LBBL ττττ +−+−= . (3)

Der Term in den eckigen Klammern beschreibt die Strahldichte, die ohne Gefahrstoffwolke

gemessen werden würde und wird im folgenden als Hintergrundstrahldichte LHg bezeichnet.

Die Änderung der spektralen Strahldichte ∆L, die gegenüber dem Hintergrundspektrum LHg

durch die Wolke (Schicht 2) verursacht wird, ist durch

HgLL 22 )1( ∆−=∆ τ (4)

mit ∆L2Hg = B2-LHg gegeben.

2.2 Apparatefunktion eines FTIR-Spektrometers

Das gemessene Spektrum kann in einem kleinen Bereich des Spektrums um eine Frequenz

σi durch die Faltung des tatsächlichen Spektrums mit der Apparatefunktion des

Spektrometers bei σi, ( )σiA approximiert werden:

)()()( σσσ iALS ∗∆= . (5)

Die Apparatefunktion eines FTIR-Spektrometers mit einem idealen Michelson-Interferometer,

in dem perfekt kollimierte Strahlung moduliert wird, ist die Fourier-Transformierte der

Apodisationsfunktion, ( )σAA . In realen Interferometern wird Strahlung aus einem endlichen

Raumwinkel Ω moduliert und vom Detektor gemessen. Dies bewirkt eine frequenzabhängige

Verbreiterung der Apparatefunktion, sowie eine frequenzabhängige Frequenzverschiebung

[4]. Die Apparatefunktion eines realen FTIR-Spektrometers bei der Wellenzahl σi kann durch

die Faltung

)()()( σσσ iA

i AAA Ω∗= , (6)

beschrieben werden. Hier ist )(σiAΩ die inhärente Apparatefunktion, die die Verbreiterung

und die Frequenzverschiebung beschreibt. Im Fall einer homogen emittierenden Quelle und

einem idealen Interferometer (Twyman-Green Interferometer), ist )(σiAΩ eine Rechteck-

Funktion mit einer Breite von π

σ2

Ωi um π

σσ4

Ω−=∆ ii [5]. iσ∆ ist die resultierende

Frequenzverschiebung. Steel [6] hat die inhärente Apparatefunktion eines Interferometers

ohne Kollimator und Kondensor hergeleitet.

2.3 Signal-Rausch-Verhältnis als Funktion der spektralen Auflösung

Die Differenz zwischen der Temperatur einer Gaswolke und der Strahlungstemperatur des

Hintergrunds liegt in vielen Fällen in der Größenordnung weniger Kelvin. Dies bedingt kleine

Strahldichtedifferenzen, die durch die Wolke hervorgerufen werden, und somit kleine Signal-

Rausch-Verhältnisse.

Die rauschäquivalente spektrale Strahldichte NESR eines FTIR-Spektrometers, bei dem die

Beiträge anderer Rauschquellen gegenüber dem Rauschen des Detektors vernachlässigt

werden können, kann mit der Gleichung

)()(

)NESR(σσσξ

σ∗⋅⋅∆⋅⋅Θ

=Dt

AD . (7)

abgeschätzt werden [7]. Hier ist ∆σ die spektrale Auflösung, ξ die Effizienz des Systems, Θ

die Étendue, t die Messzeit (Belichtungszeit des Detektors), AD die Detektorfläche und D* die

spezifische Detektivität des Detektors. Das Signal-Rausch-Verhältnis SRV bei der

Wellenzahl σi ist (mit Gleichung(5))

)(NESR

)()(SRV

i

ii

S

σσ

σ = . (8)

3 Qualitative und quantitative Analyse der Spektren

3.1 Identifikationsalgorithmus

Der realisierten Identifikationsmethode liegt die Annahme zugrunde, dass sich ein Spektrum

als Summe bekannter Spektren darstellen lässt. Zunächst wird mit der Umkehrfunktion des

Planckschen Strahlungsgesetzes bezüglich der Temperatur das Strahlungstemperatur-

spektrum

kL

hc

hcTSt

+

=1

)(

2ln

)(32

σσσσ (9)

berechnet. Im realisierten Verfahren werden die Basislinienkorrektur und die Anpassung der

Zielstoffe im gleichen Schritt durchgeführt. Neben Referenzspektren werden breite

Gaußfunktionen an das gemessene Spektrum angepasst. Die Basislinie und die

angepassten Spektren aller Stoffe mit Ausnahme des Spektrums des gesuchten Stoffs

werden subtrahiert. Zur Identifikation wird das erhaltene Spektrum mit einem

Referenzspektrum des Zielstoffs verglichen. Die Berechnung erfolgt für drei unterschiedliche

Säulendichten des Zielstoffs. Dieses Verfahren wird für alle in einer Spektrenbibliothek

vorhandenen Zielstoffe sequentiell durchgeführt. Neben der direkten Auswertung von

Strahlungstemperaturspektren kann auch die Differenz zwischen dem gemessenen

Spektrum und dem zuvor aufgenommenen Spektrum analysiert werden. Eine ausführliche

Beschreibung des Algorithmus ist in einem früher erschienenen Artikel [11] enthalten.

3.2 Quantifizierung

Befindet sich die Wolke im thermischen Gleichgewicht mit der Umgebung oder ist die

Transmission der Atmosphäre im betrachteten Spektralbereich groß (τ1 ≈ 1), kann Gleichung

(3) bzw. Gleichung (2) umgeformt werden:

2

212 BL

BL

Hg −−=τ . (10)

Unter der Annahme, dass die atmosphärische Schicht (Schicht 1) und die Gefahrstoffwolke

die gleiche Temperatur besitzen, können die unbekannten Größen in dieser Gleichung, LHg

(die Hintergrundstrahlung) und B2 (d.h. die Temperatur der Wolke) mit Hilfe unterschiedlicher

Methoden ermittelt werden [8, 9, 10, 11]. Die Säulendichte cl kann durch Anwendung des

Lambert-Beerschen Gesetzes berechnet werden:

( ) )exp()( clσαστ −= , (11)

wobei α(σ) der Absorptionskoeffizient (Wirkungsquerschnitt) des Stoffs ist.

Der exponentielle Zusammenhang zwischen der Säulendichte und der Transmission

ermöglicht eine Quantifizierungsmethode, die nicht auf der Annahme basiert, dass die

Temperatur der Atmosphäre entlang des optischen Wegs konstant ist und dass die Wolke

diese Temperatur besitzt. Die Quotienten der Signale im Transmissionsspektrum (d.h. 1-τ)

bei Frequenzen mit unterschiedlichen Absorptionskoeffizienten sind invertierbare Funktionen

der Säulendichte.

Die Quantifizierung erfolgt durch Approximation des gemessenen Spektrums LMess durch ein

mit Hilfe eines Modells berechnetes Spektrum LModell:

( )∑=

=−N

i

iMess

iModell LL

1

!2min . (12)

N ist die Anzahl der Datenpunkte im betrachteten Intervall des Spektrums. Zur Modellierung

des gemessenen Spektrums sind ein Strahlungstransportmodell und ein Modell für das

Interferometer erforderlich. Das Modell enthält die Säulendichte des Stoffs, der quantifiziert

werden soll, als Parameter.

Zur Modellierung des Strahlungstransports wird Gleichung (3) mit einer zusätzlichen Schicht

zwischen der Wolke und dem Hintergrund benutzt. Mit Hilfe der zusätzlichen Schicht wird

Ozon, das neben Wasser der wichtigste „Störstoff“ im atmosphärischen Fenster (800 - 1200

cm-1) ist, modelliert. Die vom Hintergrund emittierte Strahlung wird durch das Spektrum eines

schwarzen Strahlers und durch breite Gauß-Funktionen modelliert. Dies ist möglich, da der

Emissionsgrad vieler Oberflächen, die den Hintergrund einer Messung bilden können, groß

und nur schwach frequenzabhängig ist. Die gemessene Transmission wird durch Faltung der

monochromatischen Transmission mit der Apparatefunktion (Gleichung (6)) modelliert:

)()()(2 σστστ iA∗= . (13)

Die monochromatische Transmission der Wolke τ(σ) wird mit Gleichung (11) berechnet. Falls

der zu analysierende Stoff in der Datenbank HITRAN [12] enthalten ist, werden hierzu

Absorptionskoeffizienten, die mit FASCODE [13] unter den Bedingungen der Standard-

atmosphäre berechnet werden, genutzt [14]. Alternativ kann ein mit hoher spektraler

Auflösung gemessenes Spektrum genutzt werden. Da der nutzbare Spektralbereich durch

das atmosphärische Fenster gegeben ist, wird die Apparatefunktion durch eine

frequenzunabhängige Funktion approximiert. Um die Rechenzeit zu minimieren, erfolgt die

Berechnung der anderen Schichten mit der spektralen Auflösung der Messung. Die

effektiven Absorptionskoeffizienten werden durch eine Faltung der monochromatischen

Absorptionskoeffizienten mit der Apparatefunktion berechnet. Für das realisierte Modell

ergibt sich also

( )∑=

=−N

i

iMessPStHgMMi

iModell LbbTclcllTTL

1

!2

1211 min)..,,..,,..,(σ , (14)

wobei M die Anzahl atmosphärischer Schichten ist. Tj ist die Temperatur von Schicht j, l1 ist

die effektive Länge von Schicht 1, clj ist die Säulendichte von Schicht j, TStHg ist die mittlere

Strahlungstemperatur des Hintergrunds und b1..bP sind die Koeffizienten von P Gauß-

Funktionen. Die optimalen Parameter werden mit der Levenberg-Marquardt-Methode

bestimmt. Im realisierten Datenanalyseprogramm wird diese Quantifizierungsmethode nur

angewendet, wenn der Stoff identifiziert wurde und die maximale Strahlungstemperatur-

differenz, die durch die Wolke hervorgerufen wird, einen Grenzwert übersteigt (zur Zeit 1 K).

Die Startwerte werden mit Hilfe des linearen Modells, das zur Identifikation genutzt wird,

bestimmt (siehe Abschnitt 3.1). Außerdem sind Methoden zur Optimierung der Parameter

der Apparatefunktion und zur Frequenzkalibrierung entwickelt worden. Da diese Methoden

mehr Rechenschritte erfordern als die Berechnung mit konstanter Apparatefunktion, werden

sie nur eingesetzt, wenn eine Korrektur erforderlich ist, z.B. nach einer Modifikation des

Interferometers.

Die hier beschriebene Methode basiert auf der Analyse der Verhältnisse der Signale bei

Frequenzen, bei denen der Zielstoff unterschiedliche Absorptionskoeffizienten aufweist. Für

große Transmission (τ2 ≈ 1) im gesamten Spektralbereich ergeben sich jedoch annähernd

konstante Quotienten (e-x ≈ 1-x). Wenn die mit dem Modell berechnete minimale

Transmission τ2min über einem stoffspezifischen Grenzwert liegt, wird daher im realisierten

Datenanalyseprogramm eine Methode eingesetzt, die auf der Annahme des thermischen

Gleichgewichts basiert [15]. Für Ammoniak wird zur Zeit ein Wert von τ2min = 0.85 genutzt.

Interferometer

Teleskop

Spiegel

Videokamera

PCQualitative undquantitativeAnalyse

Visualisierung

InterferometerBruker OPAG

ScannerFTIRDSP

SystemADSP21061

VideoDSP

SystemADSP21061

Video- oder IR-Kamera

Abbildung 2: Das abbildende Ferndetektionssystem (links), Blockbild des Systems (rechts).

4 Abbildendes Ferndetektionssystem zur Identifikation, Quantifizierung und Visualisierung von Gefahrstoffwolken

Das abbildende Ferndetektionssystem besteht aus einem Interferometer, einem Scanner-

System mit einem um zwei Achsen beweglichen Spiegel, einem Steuer- und

Auswertungssystem mit einem digitalen Signalprozessor (FTIR-DSP), einem Video-

Datenverarbeitungssystem (Video-DSP) und einem PC. Das Interferometer (Bruker OPAG,

Bruker Saxonia, Leipzig) wurde im Rahmen eines Forschungsvorhabens des Bundesamts

für Zivilschutz, jetzt Zentralstelle für Zivilschutz, entwickelt. Abbildung 2 zeigt das

Ferndetektionssystem in einem Rettungswagen der Hamburger Feuerwehr.

Mit dem beweglichen Spiegel werden alle Peilrichtungen eines vom Bediener festgelegten

Beobachtungsfelds sequentiell abgetastet. Die Fourier-Transformation der Interferogramme

wird vom FTIR-DSP-System (Abbildung 2) durchgeführt. Das Spektrum wird zum PC

übertragen und mit dem Identifikationsalgorithmus analysiert. Die Ergebnisse des

Algorithmus werden in einem Videobild visualisiert. Hierzu wird das Videobild mit Falschfarb-

Bildern überlagert. Es werden Bilder des Korrelationskoeffizienten, des Signal-Rausch-

Verhältnisses, der Strahlungstemperatur des Hintergrunds, des Betrags der Differenz

zwischen der Umgebungstemperatur und der Strahlungstemperatur des Hintergrunds und

der rauschäquivalenten Säulendichte [11] erstellt. Mit dem Bild der rauschäquivalenten

Säulendichte kann die Nachweisgrenze für alle Peilrichtungen des Beobachtungsfelds

abgeschätzt werden. Das Bild des Korrelationskoeffizienten wird zur Anzeige der

Identifikation genutzt: Einer Peilrichtung wird im Videobild nur dann eine Farbe zugeordnet,

wenn der Zielstoff identifiziert wurde (Abbildung 3). Während der Auswertung durch den DSP

und den PC wird jeweils das Interferogramm der nächsten Peilrichtung gemessen. So wird

die maximale Spektrenrate des Interferometers ausgenutzt. Es werden Interferogramme von

ca. 6 Peilrichtungen pro Sekunde aufgenommen, ausgewertet und im Videobild visualisiert.

Die Aufnahme eines Gefahrstoffbildes mit 15 × 6 Peilrichtungen dauert ca. 14 s. Nach

Beendigung der Messung des Gefahrstoffbilds kann der in Abschnitt 3.2 beschriebene

Quantifizierungsalgorithmus angewendet werden. Die Ergebnisse werden in weiteren

Falschfarb-Bildern visualisiert.

BildauswahlAuswahl Zielstoff

Freisetzung von SF6 Bild der SF6-Wolke

Richtung des Scanner-Spiegels

Methanolidentifiziert

Abbildung 3: Das Visualisierungsfenster des PC-Programms. Links: Anzeige bei einem Freisetzungsexperiment mit SF6. Rechts: Anzeige des Programms im Modus zur schnellen Suche einer Gefahrstoffwolke.

Im oben beschriebenen Messmodus zur Erstellung eines Gefahrstoffbildes wird der

Zielbereich mit Hilfe des Scanner-Systems zeilenweise abgetastet. Zur schnellen Suche

einer Gefahrstoffwolke, z.B. von einem Fahrzeug oder einem Hubschrauber aus, sind

Messmodi realisiert worden, bei denen der Zielbereich entlang verschiedener, vom Bediener

wählbarer Spuren abgetastet wird (Abbildung 3). Zum Beispiel ist ein Suchmodus für den

Einsatz an Bord eines Hubschraubers realisiert und im Rahmen von Messungen von einem

Hubschrauber aus getestet worden, bei dem der Scanner nur zur Abtastung einer Richtung -

senkrecht zur Flugrichtung - eingesetzt wird.

Tabelle 1: Eigenschaften des Ferndetektionssystems.

Spektralbereich 680 – 1500 cm-1

Spektrale Auflösung 4 cm-1

Étendue Θ 0,008 sr cm2

Gesichtsfeld / mit Teleskop 30 mrad/7,5 mrad

NESR (∆σ=4 cm-1, 0.1 s, Dreiecksapodisation)

3,3×10-9 W / cm2 sr cm-1

Spektrenrate (∆σ = 4 cm-1) 6 Spektren / s

Beobachtungsfeld 285° × 80°

Minimale Winkelauflösung des Scanners

0,1°

Leistungsaufnahme 60 W (ohne PC)

Abbildung 4: Aufbau des Experiments zur Quantifizierung von Ammoniak.

5 Messungen und Ergebnisse

5.1 Labormessungen

Zur Verifikation des Quantifizierungsalgorithmus und zur Untersuchung des Signal-Rausch-

Verhältnisses als Funktion der spektralen Auflösung wurde eine Küvette vor das

Eintrittsfenster des Interferometers montiert, die mit Gemischen von Ammoniak und Luft mit

unterschiedlichen Säulendichten von Ammoniak gefüllt wurde (Abbildung 4). Ammoniak

wurde gewählt, da Ammoniak ein häufig verwendeter Stoff ist und daher bei vielen Unfällen

freigesetzt wurde. Eine beheizbare, annähernd schwarze Oberfläche ist zur radiometrischen

Kalibrierung eingesetzt worden. Die Säulendichten werden, wie im Fachgebiet der

Umweltmesstechnik üblich, als äquivalente Konzentrations-Weglängenprodukte in ppm m

angegeben (288.15 K, 101325 Pa).

5.1.1 Messung des Signal-Rausch-Verhältnisses als Funktion der spektralen Auflösung

Zur Ermittlung des Signal-Rausch-Verhältnisses SRV bei verschiedenen spektralen

Auflösungen ist ein Experiment durchgeführt worden, bei dem eine Probe Ammoniak mit

einer Säulendichte von 300 ppm m gemessen wurde. Den Hintergrund bildete eine

annähernd schwarze Fläche. Es wurde jeweils ein doppelseitiges Interferogramm gemessen.

Die gemessenen Interferogramme entsprechen einer spektralen Auflösung von 0,6 cm-1. Als

spektrale Auflösung wird hier die nominelle spektrale Auflösung eines FTIR Spektrometers

∆σ = 1/L angegeben, wobei L der maximale optische Gangunterschied im Interferometer ist.

Interferometer

Schwarze Oberfläche

Küvette

VideokameraSpiegelDSP-System

PC

Spektren mit unterschiedlicher spektraler Auflösung sind durch Fourier-Transformation der

entsprechenden Anzahl von Datenpunkten der Interferogramme berechnet worden.

Messung ∆LMess

Simulation ∆LSim

Differenz ∆LMess- ∆LSim- 2×10-6 W/(cm2 sr cm-1)

900 910 920 930 940 950

2 10 6

1.5 10 6

1 10 6

5 10 7

0

Wellenzahl (cm-1)

∆L (

W/(

cm s

r))

∆σ = 2 cm-1

900 910 920 930 940 950

2 10 6

1.5 10 6

1 10 6

5 10 7

0

Wellenzahl (cm-1)

∆L (

W/(

cm s

r))

∆σ = 15 cm-1

900 910 920 930 940 950

2 10 6

1.5 10 6

1 10 6

5 10 7

0

Wellenzahl (cm-1)

∆L (

W/(

cm s

r))

∆σ = 1 cm-1

900 910 920 930 940 950

2 10 6

1.5 10 6

1 10 6

5 10 7

0

Wellenzahl (cm-1)

∆L (

W/(

cm s

r))

∆σ = 8 cm-1

900 910 920 930 940 950

2 10 6

1.5 10 6

1 10 6

5 10 7

0

Wellenzahl (cm-1)

∆L (

W/(

cm s

r))

∆σ = 0,6 cm-1

900 910 920 930 940 950

2 10 6

1.5 10 6

1 10 6

5 10 7

0

Wellenzahl (cm-1)

∆L (

W/(

cm s

r))

∆σ = 4 cm-1

Abbildung 5: Aus einem gemessenen Interferogramm berechnete Spektren unterschiedlicher spektraler Auflösungen von Ammoniak (300 ppm m, ∆T = 17,9 K, durchgezogen), simulierte Spektren (gestrichelt), sowie die Differenz zwischen der Messung und der Simulation (durchgezogen, Konstante subtrahiert). Nur zur Berechnung des Spektrums mit ∆σ = 0,6 cm-1 ist eine Anpassungsrechnung vorgenommen worden.

Abbildung 5 zeigt Spektren unterschiedlicher spektraler Auflösung, sowie simulierte

Spektren, die durch Faltung eines Spektrums von 300 ppm m Ammoniak und einem

schwarzen Strahler als Hintergrund (Gleichung (3)) mit der jeweiligen Apparatefunktion

berechnet wurden (Gleichung (5)). Für die inhärente Apparatefunktion wurde ein Modell

genutzt, das die inhärente Apparatefunktion des idealen Twyman-Green Interferometers als

Grenzfall beinhaltet und die Apparatefunktion des idealen Interferometers ohne Kollimator

und Kondensor in Näherung enthält (Abschnitt 2.2). Die Strahlungstemperatur des

Hintergrunds und die Temperatur des Ammoniaks wurden mit dem in Abschnitt 3.2

beschriebenen Quantifizierungsalgorithmus für das Spektrum mit ∆σ = 0,6 cm-1 bestimmt.

Darüber hinaus ist keine weitere Anpassungsrechnung vorgenommen worden. Die gute

Übereinstimmung der Spektren zeigt, dass die Apparatefunktion des Spektrometers in guter

Näherung durch Faltung der idealen Apparatefunktion mit einer nicht von der spektralen

Auflösung abhängigen inhärenten Apparatefunktion gegeben ist (siehe Abschnitt 2.2).

0 4 8 12 16 20 24 28 320

5 10 9

1 10 8

1.5 10 8

∆σ (cm-1)

NE

SR

(W

/(cm

sr)

)

∆σ (cm-1)

Sig

nal-R

ausc

h-V

erhä

ltnis

0 4 8 12 16 20 24 28 320

100

200

300

400

500

Abbildung 6: Rauschäquivalente spektrale Strahldichte NESR (links) und Signal-Rausch-Verhältnis (rechts) bei Messung eines Scans als Funktion der spektralen Auflösung ∆σ (300 ppm m Ammoniak, ∆T = 17,9 K, σi ≈ 931 cm-1, Fehlerbalken: Standardabweichung).

Die NESR wurde durch Berechnung der Standardabweichung im Bereich 900 – 1000 cm-1

der Differenz von zwei unter gleichen Bedingungen gemessenen Spektren ermittelt.

Abbildung 6 zeigt die gemessene NESR und das gemessene Signal-Rausch-Verhältnis für

σi ≈ 931 cm-1 als Funktion der spektralen Auflösung. Die erhaltene NESR ist proportional zu

∆σ-1/2, da die Messzeit t proportional zu ∆σ-1 ist (Gleichung (7)). Das im Vergleich zu den

anderen Spektren mit niedriger spektraler Auflösung kleinere SRV bei ∆σ = 15 cm-1 ist auf

die Lage des Maximums des betrachteten Übergangs relativ zur Position der Datenpunkte

zurückzuführen (siehe Abbildung 5). Die Messungen und die Berechnungen zeigen, dass

sich bei dem hier untersuchten Übergang das SRV mit sinkender spektraler Auflösung

(steigendem ∆σ) verbessert, obwohl die Messzeit umgekehrt proportional zur spektralen

Auflösung ist. Der Zusammenhang zwischen SRV und der spektralen Auflösung ist vom

betrachteten Spektrum abhängig, da durch die Faltung mit der Apparatefunktion viele Linien

zu einem Datenpunkt des gemessenen Spektrums beitragen können.

Das hier beschriebene Experiment ist mit konstanter Étendue durchgeführt worden. Da die

maximale, zur Erzielung einer spektralen Auflösung ∆σ mögliche Étendue proportional zu ∆σ

ist [4], kann das SRV bei niedriger spektraler Auflösung durch Vergrößerung der Étendue

erhöht werden.

Die Wahl der spektralen Auflösung ist ein Kompromiss zwischen niedriger Nachweisgrenze

und hohem Signal-Rausch-Verhältnis einerseits und hoher Selektivität andererseits. Zur

Identifikation und Quantifizierung wird eine im Vergleich zu vielen Laborspektrometern

niedrige spektrale Auflösung von 4 cm-1 verwendet.

0 100 200 300 400 500300

310

320

1Messung

TS

tHg (

K)

0

500

1000

cl (

ppm

m)

0

0 500 1000 1500 2000 2500 30000

500

1000

1500

2000

2500

3000

clNH3 (ppm m)

Gem

esse

ne

Säu

lend

icht

e cl

(ppm

m)

Abbildung 7: Links: Mit dem Quantifizierungsalgorithmus ermittelte Säulendichte als Funktion der wahren Säulendichte (Fehlerbalken: Standardabweichung der Einzelmessung). Rechts: Ergebnisse von 500 Messungen von 750 ppm m Ammoniak bei unterschiedlichen Temperaturen des Strahlers. Oben: Ermittelte Säulendichte. Unten: Strahlungstemperatur des Hintergrunds TStHg.

5.1.2 Quantifizierung von Ammoniak

Zur Verifikation des Quantifizierungsalgorithmus sind Messungen von unterschiedlichen

Säulendichten von Ammoniak durchgeführt worden. Die inhärente Apparatefunktion

(Gleichung (6)) wurde durch eine Rechteck-Funktion modelliert. Abbildung 7 zeigt die

gemessene Säulendichte als Funktion der tatsächlichen Säulendichte (100 Messungen,

jeweils 1 Scan, THg = 305 K). Zur Berechnung der Säulendichte wurde die

Anpassungsrechnung im Bereich 775 – 1250 cm-1 durchgeführt. Die Temperatur der Probe

war gleich der Raumtemperatur und veränderte sich daher im Laufe des Experiments leicht.

Die gemessenen Differenzen zwischen der Temperatur der Probe und der

Strahlungstemperatur des Hintergrunds waren ∆T300ppmm = (-2.97 ± 0.35) K,

∆T450ppmm = (-2.52 ± 0.20) K, ∆T750ppmm = (-3.52 ± 0.13) K, ∆T1500ppmm = (-3.91 ± 0.07) K, und

∆T3000ppmm = (-3.06 ± 0.04) K. Abbildung 7 zeigt außerdem die Ergebnisse von Messungen

der Probe mit clNH3 = 750 ppm m und TNH3 = 301 K bei verschiedenen Temperaturen der

schwarzen Platte. Die Standardabweichung nimmt mit steigendem Betrag der Differenz

zwischen der Strahlungstemperatur des Hintergrunds und der Temperatur der Probe ab. Die

ermittelte Säulendichte ist annähernd konstant.

0

Säulendichte cl (ppm m)

1200 6 8 10 12 14 16 18 20 220

200

400

600

800

1000

1200

∆T2Hg (K)

cl (

ppm

m)

Abbildung 8: Ergebnisse von 600 Messungen von 750 ppm m Ammoniak mit unterschiedlichen Peilrichtungen. Links: Videobild mit überlagerter Falschfarb-Darstellung der ermittelten Säulendichte. Rechts: Gemessene Säulendichte aufgetragen über der gemessenen Differenz zwischen der Temperatur der Probe und der Strahlungstemperatur des Hintergrunds ∆T2Hg. Beide Größen wurden mit dem Quantifizierungsalgorithmus ermittelt.

Mit dem in Abbildung 4 dargestellten Aufbau sind Messungen von Ammoniak mit

unterschiedlichen Peilrichtungen durchgeführt worden. Das abgetastete Beobachtungsfeld

enthielt sowohl Peilrichtungen, bei denen der Himmel den Hintergrund bildete, als auch

Richtungen, bei denen Hauswände unterschiedlicher Materialien und Vegetation den

Hintergrund bildeten. Die Auswertung wurde im Bereich 900 – 1000 cm-1 durchgeführt.

Abbildung 8 zeigt die Ergebnisse des Quantifizierungsalgorithmus. Die ermittelte

Säulendichte betrug clNH3 = (710 ± 36) ppm m und ist nur schwach von der Peilrichtung

abhängig.

5.2 Feldmessungen

Im Rahmen eines Freisetzungsversuchs mit Schwefelhexafluorid sind Messungen mit dem

ersten Funktionsmodell des Systems (ohne Videokamera und Teleskop) aus einer

Entfernung von d ≈ 2,5 km durchgeführt worden. Schwefelhexafluorid ist mit einem Fluss von

ca. 3 m3/h freigesetzt worden. Pro Peilrichtung sind 4 Interferogramme gemessen worden.

Mit dem Scanner-System ist ein Beobachtungsfeld mit 15 × 6 Peilrichtungen abgetastet

worden (Abbildung 9).

160

Wind: 4-6 m/s

Abbildung 9: Schwefelhexafluorid-Wolke, gemessen aus einer Entfernung von ca. 2,5 km. In den Peilrichtungen, in denen Schwefelhexafluorid identifiziert wurde ist das Signal-Rausch-Verhältnis gemäss der abgebildeten Farbskala dargestellt.

273Strahlungstemperatur Hintergrund TStHg (K)

301 0.03Temperaturdifferenz |∆T | (K)

15.3

0Korrelationskoeffizient

1 0Säulendichte cl (ppm m)

250

Abbildung 10: Ergebnisse von Messungen von Ammoniak, das durch Ausbringung von Gülle auf der Wiese freigesetzt wurde. Im Bild des Korrelationskoeffizienten wird der Koeffizient nur angezeigt, wenn Ammoniak identifiziert wurde.

In Abbildung 10 sind Ergebnisse von Messungen von Ammoniak dargestellt, das durch

Ausbringung von Gülle auf einer Wiese freigesetzt wurde. Pro Peilrichtung wurden 4

Interferogramme aufgenommen. Dargestellt sind Bilder der Strahlungstemperatur des

Hintergrunds, des Betrags der Differenz zwischen der Temperatur der Luft und der

Strahlungstemperatur des Hintergrunds |∆T|, des Korrelationskoeffizienten und der

Säulendichte. Die Strahlungstemperatur des Hintergrunds wurde durch Analyse der

Basislinie des Strahlungstemperaturspektrums im atmosphärischen Fenster bestimmt, die

Temperatur der Luft durch Berechnung des Mittelwerts dieses Spektrums im Bereich 680 –

690 cm-1. Ammoniak wurde in allen Peilrichtungen der beiden unteren Zeilen identifiziert. Die

mit dem Quantifizierungsalgorithmus ermittelte Temperatur des Ammoniaks betrug

T2 = (282.2 ± 1.4) K. Dieses Ergebnis stimmt gut mit dem Mittelwert des Strahlungstem-

peraturspektrums im Bereich 680 – 690 cm-1 (T1 = (282.01 ± 0.84) K) und der Temperatur

der Luft, gemessen mit einem konventionellen Thermometer TLuft = 282.6 K überein.

6 Zusammenfassung

Das abbildende Ferndetektionssystem ermöglicht die Identifikation, Quantifizierung und

Visualisierung von Gefahrstoffwolken. Die Überlagerung des Bildes einer Videokamera mit

dem Bild der Gefahrstoffwolke erlaubt eine schnelle Einschätzung der Gefahrenlage z.B. bei

einem Chemieunfall. Der Quantifizierungsalgorithmus basiert nicht auf der Annahme einer

konstanten Temperatur entlang des optischen Wegs zwischen dem Spektrometer und der

Wolke. Da der Einfluss des Spektrometers auf die gemessenen Spektren berücksichtigt wird,

ist der lineare Bereich, d.h. der Bereich, in dem der Mittelwert der gemessenen Säulendichte

gleich der tatsächlichen Säulendichte ist, groß. Die scheinbare Abweichung vom Lambert-

Beerschen Gesetz, die bei Berechnung der Absorbanz mit Hilfe von Spektren mit niedriger

spektraler Auflösung beobachtet wird, tritt nicht auf. Wenn die Apparatefunktion des

Spektrometers und die Absorptionskoeffizienten des Zielstoffs bekannt sind, ist abgesehen

von der radiometrischen Kalibrierung des Spektrometers keine weitere Kalibrierung

erforderlich.

Mit Hilfe von Messungen von mehreren Positionen aus kann eine Gefahrstoffwolke lokalisiert

werden. Hierzu ist das System kürzlich durch einen Kompass und einen GPS-Empfänger

erweitert worden. Es ist ein Programm entwickelt worden, das die Bereiche, in denen ein

Gefahrstoff identifiziert wurde in eine Landkarte einträgt. Der neue

Quantifizierungsalgorithmus ermöglicht in Kombination mit einem tomographischen

Algorithmus die Berechnung von Konzentrations-Karten, die ebenfalls in der Landkarte

visualisiert werden könnten.

Neben der Ferndetektion von Gefahrstoffen kann das System zur Suche von Leckagen in

Pipelines eingesetzt werden Das System kann außerdem zur Sonnen-Absorptions-

Spektrometrie, d.h. zur Verfolgung der Sonne oder anderer Strahlungsquellen, eingesetzt

werden. Das System ist hierzu bereits in Zusammenarbeit mit dem Institut Sistema Poseidon

(Nicolosi, Italien) am Vulkan Ätna, wo die emittierten Gase mit dem Ziel der Früherkennung

der Aktivität des Vulkans untersucht werden [16, 17], eingesetzt worden. In Zusammenarbeit

mit dem Institut für atmosphärische Umweltforschung IFU, jetzt IMK, Forschungszentrum

Karlsruhe, ist ein System entwickelt worden, mit dem die Emissionen von

Flugzeugtriebwerken mit einem vom IFU entwickelten Verfahren [18] ortsaufgelöst

gemessen werden können.

7 Danksagung

Die Autoren danken der Zentralstelle für Zivilschutz, insbesondere Frau Dr. Braun und Herrn

Dr. Marzi für die kontinuierliche Unterstützung dieses Projekts, sowie Herrn Dr. Beil, Bruker

Saxonia Analytik GmbH für die stets gute Zusammenarbeit.

8 Literatur

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