Abschlussbericht Modellprojekt 2010/2011

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SOZIALWERK BERLIN E.V. ALTENSELBSTHILFE- UND BERATUNGSZENTRUM Humboldtstraße 12 14 193 Berlin Telefon: (030) 891 10 51 / 52 Fax: (030) 892 6008 E-Mail: [email protected] Geschäftsstelle: Ladenbergstraße 7 14 195 Berlin Fax: (030) 831 4369 Postbank Berlin Konto-Nr. 33 77 17-102 (BLZ 100 100 10) Bank für Sozialwirtschaft Konto-Nr. 31 771-00 (BLZ 100 205 00) Abschlussbericht über das Modellprojekt (März 2010 bis Februar 2011) Ältere Menschen ermitteln selbst die Situation in stationären Altenund Pflegeeinrichtungen.“ Modellprojekt finanziert durch: Die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (P/S Sparen), Die Deutsche Klassenlotterie Berlin, Den Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Berlin e.V. Eigenmittel seitens des Sozialwerk Berlin e.V. Mitglied im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband - Landesverband Berlin e.V.

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Abschlussbericht über das Modellprojekt (März 2010 bis Februar 2011) „Ältere Menschen ermitteln selbst die Situation in stationären Alten– und Pflegeeinrichtungen.“

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SOZIALWERK BERLIN E.V. ALTENSELBSTHILFE- UND BERATUNGSZENTRUM

Humboldtstraße 12 14 193 Berlin Telefon: (030) 891 10 51 / 52 Fax: (030) 892 6008 E-Mail: [email protected]

Geschäftsstelle: Ladenbergstraße 7 14 195 Berlin Fax: (030) 831 4369

Postbank Berlin Konto-Nr. 33 77 17-102 (BLZ 100 100 10)

Bank für Sozialwirtschaft Konto-Nr. 31 771-00 (BLZ 100 205 00)

Abschlussbericht

über das

Modellprojekt (März 2010 bis Februar 2011)

„Ältere Menschen ermitteln selbst

die Situation in stationären Alten– und

Pflegeeinrichtungen.“

Modellprojekt finanziert durch: Die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (P/S Sparen), Die Deutsche Klassenlotterie Berlin, Den Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Berlin e.V. Eigenmittel seitens des Sozialwerk Berlin e.V.

Mitglied im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband - Landesverband Berlin e.V.

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Impressum:

Herausgeber: Sozialwerk Berlin e.V., Humboldtstraße 12, 14193 Berlin, [email protected] Verlag: Eigenverlag Druck: Copy-Repro-Center Berlin GmbH Filiale Copyshop Ladenbergerstr. 2-4, 14195 Berlin Redaktion: Jean Mangers, Berlin Layout: Gabriele Losse, Berlin Beiträge: Christine Bökel-Striebeck, Dr.-Ing. Hans-Ulrich Litzner, Heidemarie Mangers, Dr. med. Rainer Neubart, Peter Stawenow, Prof. Dr. Herbert Striebeck, Käte Tresenreuter

Redaktioneller Hinweis: In diesem Abschlussbericht wurde aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung bei der Benennung von Personen die männliche Form gewählt; Frauen sind – wo sachlich gegeben – immer mit einbezogen. Sind nur Frauen gemeint, gilt die entsprechende Sprachform.

© 2011 Sozialwerk Berlin e.V.

Jean
Notiz
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Inhaltsverzeichnis

Seite Impressum 2

Inhaltsverzeichnis 3

Vorwort, Käte Tresenreuter 4

Grußwort, Dr. Heidi Knake-Werner, Senatorin a.D. 5

Grußwort, Rainer- Maria Fritsch, Staatssekretär 6

Vorbereitende Überlegungen 7

Die hauptamtlich tätigen Mitarbeiter 10

Die ehrenamtlich tätigen Mitarbeiter 11

Durchführung des Modellprojekts 16

Besuchte Einrichtungen 16

Auswertungen: 1. der Gespräche mit den Einrichtungsträgern, Geschäftsführern 20 Einrichtungsleitern und Mitarbeitern

2. der Ergebnisse der Begehungen der Einrichtungen 21

3. der Gespräche mit den Bewohnern 22

Medizinische Versorgung in stationären Einrichtungen 30

Schlussfolgerungen 31

Forderungskatalog 33

Perspektive des Modellprojekts 34

Öffentlichkeitsarbeit 34

Danksagungen 35

Verkehrte Welt 36

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Vorwort

Vor knapp 40 Jahren wurde das Sozialwerk Berlin als eine der ersten Bürgerinitiativen Berlins von meinem Mann und mir gegründet. Das Motto war: „Ältere Menschen helfen anderen älteren Menschen.“

Als wichtigste soziale Aufgabe ist ein umfangreicher Besuchsdienst in Alten– und Pflege-einrichtungen aufgebaut worden, der heute noch in umfangreichem Maße besteht.

Viele Forderungen zur Situation der Bewohner in den Einrichtungen wurden von uns im Laufe der Jahre bereits gestellt.

Das NUEVA – Projekt für Behinderte u.a. vom Paritätischen Berlin, das anlässlich eines von uns veranstalteten Europaseminars vorgestellt wurde, hat uns besonders ermutigt, auch von älteren für ältere Menschen etwas Sichtbares zu verwirklichen. Wir konnten einige von unseren vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern, die u.a. auch große Erfahrungen im Besuchsdienst für Bewohner in Einrichtungen haben, für dieses Modell gewinnen. Wir wollen in diesem Projekt beweisen, dass ältere Menschen sich selbst über die Situation in Pflegeeinrichtungen informieren können, aber auch sollen.

Hiermit möchte ich allen Mitarbeitern und Verantwortlichen herzlich danken, dass sie dieses unser Modell so erfolgreich durchgeführt haben.

Das Sozialwerk Berlin hat bei seinen anderen wichtigen Modellprojekten, wie die Schaffung, vor 22 Jahren von zwei Koordinierungsstellen für ambulante soziale Rehabilitation und die Grün-dung, vor sechs Jahren des Bundesmodells „Kompetenznetz für das Alter“, bewiesen, dass es in der Lage ist, derartige bedeutende Aufgaben zu übernehmen und zu einem guten Abschluss zu bringen.

Das Sozialwerk Berlin steht auch für die Sicherung der Nachhaltigkeit von umgesetzten Modellprojekten.

Unser Verein ist politisch neutral und betreibt selbst keine entgeltfinanzierte Einrichtung. Er ist somit niemandem verpflichtet und kann in völliger Unabhängigkeit agieren.

Das Sozialwerk Berlin verfügt über sehr gute und kompetente ehrenamtliche Mitarbeiter, die gerne neue Aufgaben und Herausforderungen übernehmen.

Ich wünsche mir, dass unsere Erkenntnisse in den folgenden Modellausführungen eine fruchtbare Wirkung erzielen.

Käte Tresenreuter Vorsitzende des „Sozialwerk Berlin e.V. Schirmherrin des Modellprojekts

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Grußwort von Frau Senatorin a.D. Dr. Heidi Knake-Werner

„Pflege ist ein ganz wichtiges Gegenwartsthema, aber vor allen Dingen auch ein zentrales Zukunftsthema. Es geht darum, dass zunehmend mehr Menschen, die älter geworden sind, die alt sind, auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind. Diese Hilfe und Unterstützung wird aber nicht immer in der Form geleistet, wie man es wünscht, wenn man möchte, dass die Menschen in Würde alt werden.

Wir ahnen zumindest, was sich hinter den Wohnungstüren und in den einzelnen Einrichtungen der Pflege heute abspielt, welche Tragödien dort teilweise stattfinden wegen überforderter Angehöri-ger, unzureichender Betreuung, aber eben auch wegen eines Leistungsangebots, das nicht immer optimal ist, sondern durchaus auch von Defiziten gekennzeichnet ist. Ich möchte das keineswegs abladen auf die vielen Pflegekräfte, die in den Einrichtungen alles tun, um den Bedürfnissen der äl-teren Menschen gerecht zu werden, aber es klemmt an vielen Stellen. Wir wissen, dass es jetzt schon ein Defizit an Fachkräften gibt, die in den Pflegeeinrichtungen dringend gebraucht werden.

Diese Situation ist alles andere als eine gute Voraussetzung dafür, dass Menschen in Würde alt werden. Wir haben diese Diskussion in Berlin schon ein paar Jahre sehr intensiv geführt, und das war mir auch immer ein sehr wichtiges Anliegen. Es ging uns darum mehr Transparenz in die Pflegeeinrichtungen zu bekommen und vor allen Dingen auch mit dazu beizutragen, dass es so etwas wie Qualitätsvergleiche über die Angebote, die in den einzelnen Einrichtungen bestehen, geben wird. Wir haben dafür sehr intensiv gestritten, denn das war ja kein einfacher Prozess. Es war zu Zeiten, als es gesetzlich noch nicht möglich war, dass z.B. die Prüfergebnisse des medizinischen Dienstes veröffentlicht werden durften. D.h. wir haben uns hier auf einem Terrain bewegt, wo das schwierig zu handhaben war, und wir mussten uns darauf verlassen, dass die Einrichtungen sich freiwillig hinter die Türen schauen lassen und offen legen, wie die Situation in ihren Heimen ist. Ich finde es hat ganz gut geklappt, was wir geschafft haben auf diesem Weg, und ich glaube, dass Berlin da durchaus bundesweit Maßstäbe gesetzt hat, wenn es um Transparenz und Qualitätsvergleich in der Pflege geht.

Jetzt gibt es ein Bewertungssystem. Auch das ist nach wie vor umstritten, und hier lohnt es sich durchaus darüber zu diskutieren. Wir haben in diesem Zusammenhang die Anbieter, die Kassen, die Pflegekräfte und die Ärzte befragt. Aber was haben wir nicht getan? Wir haben die älteren Menschen selber nicht befragt, sondern all das, was wir erfahren haben, erfuhren wir ohne ihr Expertenwissen. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die älteren Menschen die Expertinnen und Experten in Fragen der Pflege sind, wo es darum geht: Was bedeutet eigentlich für uns gute Pflege, gute Betreuung?

Insofern freue ich mich natürlich sehr, dass mit diesem Modellprojekt tatsächlich die älteren Menschen zu Wort kommen, dass die Betroffenen selber, die Experten selber, sagen könne, wie sie sich eine Einrichtung vorstellen, wie sie sich die Leistung einer Pflege vorstellen, und was sie jetzt und in der Zukunft erwarten. Deshalb bin ich ungeheuer gespannt auf die Ergebnisse, und ich hoffe sehr, dass auf dieser Grundlage dann die Diskussion so angeregt ist, dass man gar nicht umhin kommt, dieses Projekt auch zu verlängern.

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Grußwort von Herrn Rainer-Maria Fritsch Staatssekretär für Soziales

Pflege, so glauben viele, geht einen ja nichts an. Sich mit den Bedingungen von Pflege, dem Leben

in Wohngemeinschaften und Heimen sei es als Angehöriger oder als Betroffener zu beschäftigen,

beginnt meist erst dann, wenn die Pflegebedürftigkeit eingetreten ist.

Wer auf Pflege angewiesen ist, kann auch häufig seine eigenen Interessen nicht mehr so vertreten,

wie zuvor. Die Medizinischen Dienste der Pflegekassen, die Einrichtungsaufsicht, aber auch die

Qualitätssicherungsbemühungen in den Einrichtungen selbst tragen dazu bei, gute Lebens- und

Pflegebedingungen für die Bewohner/innen zu gestalten. Es bedarf der Zusammenarbeit vieler

unterschiedlicher Akteure, um gute Bedingungen in der Pflege zu erhalten und weiter auszubauen.

Selbstbestimmung, Selbstständigkeit und Selbstverantwortung müssen so umfassend wie möglich

gewahrt bleiben. „Gut Altern in Berlin“, das ist es, was wir erreichen wollen. Nur wer weiß, was

„gut alt werden“ für den einzelnen Menschen wirklich heißt? Wie erfahren wir davon, wer kann uns

das plausibel beantworten? Natürlich unmittelbar und direkt die betroffenen Menschen selbst!

Antworten erwarte ich mir von diesem Modellprojekt, in dem ältere Menschen ältere Menschen

befragen. Ehrenamtliche, die aus vielen Besuchsdiensten in Heimen und aus ihrer eigenen

Lebenserfahrungen sich einfühlen und eine ganz andere Vertrauensbeziehung aufbauen können. So

können die Bewohnerinnen und Bewohner als Expert/innen in eigener Sache zu ihren Erfahrungen

und ihrer Zufriedenheit in ihrer Einrichtung befragt und die Ergebnisse mess- und vergleichbar

gemacht werden.

Hier entsteht vielfältiger Nutzen: Die Bewohner/innen kommen selbst zu Wort, sie werden mit ihren

Vorstellungen und ggf. ihrer Kritik ernst genommen. Die Heime haben eine gute Grundlage für ihr

eigenes Qualitätsmanagement und die Angehörigen, die Betroffenen selbst werden in ihren

Möglichkeiten der Auswahl einer Einrichtung gestärkt. Auch die Einrichtungsaufsicht beim

Landesamt für Gesundheit und Soziales wird die Ergebnisse in ihre Arbeit einbeziehen.

Dieses Modellprojekt stärkt die Selbsthilfe und Selbstorganisation älterer Menschen. Hier war in

den letzten 40 Jahren das Sozialwerk Berlin e.V. mit seinen vielen, vielen ehrenamtlichen

Mitarbeiter/innen immer wieder Motor neuer Ansätze und Entwicklungen.

Dieses Modellprojekt ist ein beredtes Beispiel wie das Sozialwerks Berlin e.V. aktuelle

Problemlagen aufgreift und mit konstruktiven Ansätzen und Ideen das Finden nachhaltiger

Lösungen befördert. Ich hoffe und will das Meine tun, dass wir dieses Modellprojekt fortführen und

nach und nach ausweiten können.

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Vorbereitende Überlegungen

Braucht die Gesellschaft eine Ermittlung über die Nutzerzufriedenheit

in den stationären Pflegeeinrichtungen?

Ausgehend von den Bestrebungen zur Qualitätsentwicklung in Pflegeeinrichtungen mit dem Ziel nach Transparenz wird auf der Grundlage der Pflegereform vom 1. Juli 2008 verstärkt daran gearbeitet, wie Qualität der Arbeit messbar, vergleichbar und für Interes-senten zugänglich gemacht werden kann. Dabei wird unseres Erachtens zu sehr Wert auf „technische und administrative" Kriterien, die auch unbedingt erforderlich sind, gelegt und der Nutzerzufriedenheit noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Was wollten wir mit diesem besonderen Modellprojekt erreichen?

Wir wollten mit diesem neuen Modellprojekt der Komponente Nutzerzufriedenheit einen höheren Stellenwert und mit unserem Vorhaben der aktiven Einbeziehung der älteren Menschen selbst in dem für sie so bedeutungsvollen Lebensabschnitt einen größeren Raum für Mitverantwortung, Mitentscheidung und Mitsprache geben, da sie selbst am besten wissen, was für sie gut ist. Durch diese Initiative erlangt die von den Kassen und der Politik angestrebte Transpa-renzoffensive in Pflegeeinrichtungen ein umfassenderes Bild, welches künftigen Nutzern eine objektivere Wahl der für sie am geeignetsten erscheinenden Pflegeeinrichtung, die nicht nur in Abhängigkeit von Ausstattungsmerkmalen getroffen werden kann, ermöglicht. Neben der Erstellung eines Kriterienkataloges zur Ermittlung der Nutzerzufriedenheit wurde in diesem Modellvorhaben besonderer Wert auf dessen Handhabbarkeit gelegt, in dem ältere Menschen ehrenamtlich in den Pflegeeinrichtungen vor Ort die Interviews mit Bewohnern durchführen, die Ergebnisse für die einzelnen Einrichtungen zusammenstellen und öffentlich zugänglich machen. Bei den Befragungen wurde deutlich gemacht, dass wir nicht kontrollieren: Wir sind auf der Seite der Einrichtungen und spürten lediglich Schwach-stellen auf. Es ging darum auszuloten, wie weit sich die von den stationären Einrichtungen gebotene Qualität auf die Zufriedenheit der Bewohner auswirkt.

Wie muss die Ermittlung der Nutzerzufriedenheit erfolgen?

Dazu gibt es vier Aspekte: - Gespräche führen einerseits mit dem Träger oder der Geschäftsführung der Einrich-tung, um zu erfahren, wie diese entstanden ist, was sie für Besonderheiten aufweist, wel-ches Unternehmensleitbild ihr zu Grunde liegt, und andererseits mit der Einrichtungslei-tung, der Pflegedienstleitung, den Sozialarbeitern und den Mitarbeitern, welche das Pflegekonzept als Basis ihrer täglichen Arbeit festlegen und umsetzen, denn sie sind die-jenigen, die jeden Tag mit den Bewohnern in Kontakt kommen, sie pflegen, sie betreuen. - Begehungen in den stationären Pflegeeinrichtungen durchführen, um verschiedene relevante Bereiche unter diversen Aspekten, wie z.B.: Baulicher Zustand, Atmosphäre, Sauberkeit usw. zu begutachten. - Als entscheidende Komponente sind die Gespräche mit den Bewohnern der Einrich-tung selber anzusehen, denn es ist ein Grundprinzip des Sozialwerks Berlin, dass man nicht nur über ältere Menschen spricht, sondern mit ihnen, und dass ältere Menschen selber bestimmen und ihre Verantwortung wahrnehmen können. Hier können gegebenen-falls auch Angehörige oder rechtliche Betreuer zur Ergänzung zu den Gesprächen herangezogen werden.

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- Die vierte Ebene betrifft die ärztliche Versorgung, wobei wir uns selbstverständlich nicht mit der Pflegedokumentation oder mit pflegerischen Maßnahmen befassen, sondern wir wollen anhand der persönlichen Gesprächen mit den Bewohnern herausbekommen, wie u. a. die ärztliche Versorgung in den stationären Einrichtungen sichergestellt ist.

Wie lautete das Führungskonzept zur Umsetzung des Modellprojekts?

Folgende Phasen wurden durchlaufen: Vorbereitungen, haupt- und ehrenamtliche Mitarbeit, Fragenkataloge, Durchführung, Auswertungssystematik, Auswertungsergeb-nisse, Veröffentlichungen, Wissenschaftliche Begleitung, Forderungen an die Politik, Projektverwaltung, Projektausstattung.

Was wurde während der Vorlaufphase als erstes unternommen?

Es fanden Treffen und Gespräche in Berlin und Wien mit Vertretern des Vereins a tempo statt, die ein besseres Kennenlernen des NUEVA-Projekts, das in Deutschland auf dem Gebiet der Behindertenhilfe schon funktioniert, ermöglichten und die zum Ziel hatten, das NUEVA – Konzept - einer Anregung von Frau Tresenreuter entsprechend - eventuell auf die Altenarbeit zu übertragen. Daraufhin wurde ein erster Fragebogen entworfen, der später in der Testphase zur Anwendung kam.

Wie wurde die Politik eingebunden?

Es wurden Vorgespräche geführt mit: Frau Dr. Heidi Knake-Werner, der damaligen Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales,

Herrn Rainer-Maria Fritsch, Staatssekretär für Soziales, Frau Minka Dott, Vorsitzende des Ausschusses für Integration, Arbeit und Soziales im Berliner

Abgeordnetenhaus und den sozialpolitischen Sprechern der im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien.

Alle angesprochenen Persönlichkeiten zeigten sich interessiert bzw. stellten hohe Erwar-tungen an diese neueste Initiative des „Sozialwerk Berlin e.V.“ Frau Dr. Heidi Knake-Werner erklärte sich bereit, das Modellprojekt maßgeblich zu unterstützen.

Welche Sicherungsmaßnahmen sind zu ergreifen?

* Zur Sicherung der Neutralität ist ein gemeinnütziger Träger prädestiniert, der nicht selbst Träger von entgeltfinanzierten Einrichtungen ist bzw. im Finanzierungs- oder Kostensatzprozedere involviert ist.

* Zur Sicherung der Vergleichbarkeit (landes- bzw. bundesweit) werden die Kriterien für gleiche Einrichtungstypen einheitlich angewandt und den Trägern vorher bekannt gegeben.

* Zur Sicherung der Objektivität werden die Erfassungen von ehrenamtlichen älteren Menschen durchgeführt, da sie selbst für Menschen in ihrem Lebensabschnitt ein Höchstmaß an Verständnis mitbringen und kein finanzielles Eigeninteresse verfolgen.

* Zur Sicherung der Transparenz werden die Ergebnisse öffentlich zugänglich gemacht und können künftig den Pflegestützpunkten und anderen Beratungseinrichtungen zur Verfügung gestellt werden.

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* Zur Sicherung der Verständlichkeit wird bei der Aufstellung der Kriterien zur Nutzerzufriedenheit und der Darstellung der Ergebnisse weitgehend auf „fachchinesische" Begriffe und Formulierungen verzichtet.

* Zur Sicherung der Vielfältigkeit werden Alten-und Pflegeeinrichtungen unabhängig davon, ob sie sich in staatlicher, privater oder gemeinnütziger Trägerschaft befinden, in das Modellvorhaben einbezogen.

* Zur Sicherung der Kompatibilität ist das Evaluationskonzept inhaltlich und technisch mit Akteuren der Qualitäts- und Transparenzoffensive abzustimmen.

* Zur Sicherung der Übertragbarkeit und Nachhaltigkeit ist eine Modellprojektdoku-mentation anzufertigen, sowie Vorschläge zur Übertragung dieser Nutzerzufriedenheits-komponente auch auf weitere Bereiche der ambulanten und teilstationären Betreuung und der offenen Altenselbsthilfearbeit zu unterbreiten.

* Zur Sicherung der Aktualität der Zufriedenheitsanalyse ist diese jährlich zu wieder-holen. Dabei ist auf die Umsetzung der Veränderungshinweise der vorangegangenen Befragung zu achten.

Auf welche Kontakte konnte das Sozialwerk Berlin zurückgreifen?

Das Sozialwerk Berlin e.V. unterhält seit über 35 Jahren gute partnerschaftliche Bezie-hungen zu Alten- und Pflegeeinrichtungen durch regelmäßige Veranstaltungen, wie Weih-nachtsfeiern oder Dampferfahrten, wozu Bewohner aus den Einrichtungen abgeholt werden. Umgekehrt organisiert der Besuchsdienst in den Einrichtungen Gesprächsrunden, hält Vorträge, musiziert usw. Es besteht somit schon eine Vertrauensbasis. Zur Durchführung der Zufriedenheitsanalysen - zunächst mit dem stationären Bereich beginnend - konnte das Sozialwerk Berlin auf seine umfangreiche Sach- und Fachkom-petenz, auf seine Verankerung in den vielfältigen seniorenrelevanten Gremien, auf die geschaffenen ehrenamtlichen Strukturen und vielfältigen Verbindungen zu Vertretern aus Politik, Wissenschaft, Trägern der Wohlfahrtspflege und der Wirtschaft zurückgreifen. Das Sozialwerk Berlin, selbst nicht Träger von entgeltfinanzierten Leistungen, erfüllte somit alle nötigen Voraussetzungen für das Modellprojekt. Als Projektstandort diente sein Altenselbsthilfe- und Beratungszentrum, Humboldt-straße 12, 14193 Berlin, welches über die geeigneten technischen und räumlichen Voraussetzungen verfügt, die bei einer Mitnutzung einen zügigen Modellprojektstart und durch moderate Nutzungsentgelte die Finanzierung des Modellprojektes in einem akzep-tablen Rahmen ermöglichte.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband LV Berlin, dessen Fachgruppe „Ältere Menschen“ seit 38 Jahren von Frau Tresenreuter geleitet wird, unterstützte ebenfalls das Modell-projekt. Der Geschäftsführer des Paritäters, Herr Oswald Menninger, setzte sich mit großem Engagement für die Durchführung des Projektes ein.

Welches Personal wurde für den Aufbau, die Organisation und die Durchführung des Modellprojekts benötigt?

Die Behandlung des Modellprojekts oblag sowohl einigen hauptamtlich Tätigen als auch einer Reihe von ehrenamtlichen Akteuren. Zur Leitung, Koordinierung und Unterstützung des Modellvorhabens waren 2 (1+0,5+0,5) hauptamtliche Personalstellen vorgesehen, deren Inhaber, den Gepflogenheiten des Sozialwerks Berlin entsprechend, partnerschaft-lich mit den eingeplanten 15 ehrenamtlichen tätigen älteren Menschen zusammenarbeiten.

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Welcher der Zeitrahmen stand für das Modellprojekt zur Verfügung?

Das Modellprojekt war ursprünglich für eine Laufzeit von 2 Jahren angelegt, bewilligt wurde es für 1 Jahr, und zwar vom 1. März 2010 bis 28. Februar 2011.

Was soll mit den ermittelten Aussagen geschehen?

Die erstellten Ergebnisse - dienen älteren Menschen und Angehörigen bei der Auswahl der für sie am geeignetsten Einrichtung - ergänzen und unterstützen die Arbeit der Heimaufsicht und des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen - illustrieren die Wirkung von Gesetzgebungen, wie sie bei den Menschen ankommt - nutzen den Trägern von Einrichtungen für ihre Öffentlichkeitsarbeit, geben Hinweise für Veränderungen - dienen der Wissenschaft und Forschung mit dem Ziel der Verdeutlichung des aktiven älteren Menschen - begründen für die Politik und die Wirtschaft die Notwendigkeit der Einbeziehung älterer

Menschen bei der Gestaltung der gesetzlichen Grundlagen für die Altenarbeit.

Die hauptamtlich tätigen Projektmitarbeiter

V.l.n.r.: Heidemarie Mangers, Peter Stawenow, Christine Bökel-Striebeck

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Wer waren diese hauptamtlichen Mitarbeiter und was war ihr Aufgabengebiet?

Peter Stawenow, Diplom-Lehrer, oblag die Leitung des Modellprojekts. Zusammen mit Frau Käte Tresenreuter war er verantwortlich für die Beziehungen zu den Behörden sowie zu den Heimträgern, Geschäftsführern und Heimleitern, des Weiteren für die Erstellung und Beachtung des Führungskonzeptes des Modellprojekts. Heidemarie Mangers, ist examinierte Altenpflegerin mit Zusatzausbildung in Geronto-psychiatrie und Sozialmanagerin E.D.E. Neben ihrer beruflichen Tätigkeit ist sie seit 21 Jahren auch ehrenamtliche Mitarbeiterin im Sozialwerk Berlin und leitet dessen Besuchs-dienst in den stationären Pflegeeinrichtungen. Sie war mit der Projektkoordinierung, d.h. mit der Koordinierung und Begleitung der Einsätze der ehrenamtlichen Mitarbeiter, aber auch mit deren gezielten Wissens- und Kenntnisvermittlung sowie mit deren individuellen Begleitung beauftragt. Christine Bökel-Striebeck, gelernte Stenokontoristin und Auslandskorrespondentin, u.a. Arbeit als Beschäftigungstherapeutin in Altenpflegeheimen während des Pädagogik-studiums, 28 Jahre Lehrerin an einer Gesamtschulte mit gymnasialer Oberstufe, sowie seit 8 Jahren ehrenamtliche Mitarbeiterin im Sozialwerk Berlin, fungierte als Sachbearbeiterin des Modellprojekts.

Die ehrenamtlich tätigen Projektmitarbeiter

Wie wurden die ehrenamtlichen Mitarbeiter für das Projekt gewonnen?

Es hatten sich nach individuellen Gesprächen 15 ältere ehrenamtliche Mitarbeiter des Sozialwerks Berlin, hauptsächlich aus den Bereichen: Besuchsdienst in den stationären Einrichtungen, Rezeption, Tagesdienst, aber auch aus dem Kompetenznetz für das Alter, aus der Redaktion und aus sonstigen Bereichen des Sozialwerks Berlin bereit erklärt, im Projekt mitzuarbeiten.

Welchen Unterschied gibt es zwischen Besuchsdienst in den Einrichtungen

und der Interviewtätigkeit?

Das Hauptbetätigungsfeld der im Besuchsdienst tätigen Ehrenamtlichen liegt in der Kontaktpflege auf der Kommunikations- und Begleitungsebene. Dort bringen sie ihre Lebenserfahrung mit ein. Voraussetzungen für den Umgang mit älteren Menschen sind Herzensgüte und gut zuhören können. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass die Ehrenamtlichen für die Bewohner eine verlässliche und vertrauenswürdige Bezugsperson darstellen, mit der diese ihre Ängste und Probleme besprechen können.

Der große Unterschied zwischen den regelmäßig stattfinden Besuchen der Ehren-amtlichen in den Einrichtungen einerseits und der Durchführung von Befragungen andererseits liegt darin, dass diese Interviews mit unbekannten Heimbewohnern geführt werden und nur ein einmaliges Ereignis, eine sogenannte Momentaufnahme, darstellen.

Was hat die ehrenamtlichen älteren Menschen zu dieser Mitarbeit motiviert?

- Die Aufgabenstellung und Zielsetzung des Modellprojekts empfanden sie als nützlich und interessant.

- Sie erhoben den Anspruch zu beweisen, dass ältere Menschen fähig sind, eine derartige Aufgabe zu erfüllen.

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- Sie wollten die Situation der älteren Menschen in stationären Einrichtungen erkunden, deren Nutzerzufriedenheit feststellen und zur Verbesserung deren Lage beitragen.

- Sie unterlagen dem Reiz, wieder etwas Neues auszuprobieren. - Das Modellprojekt bot die Chance, auch die eigene Lebensqualität der Interviewer im

Alter zu verbessern.

Um welche ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter handelte es sich?

V.l.n.r.: sitzend: Kirsten Litzner, Lore Nitzschke, Adrienne Pickert, Helga Rohrlack, Rosi Schäfer stehend: Claus Eckhold, Dr.-Ing. Hans-Ulrich Litzner, Dagmar Grün, Gabriele Losse, Prof. Dr. Herbert Striebeck, Karin Schmidt, Jean Mangers, Christa Fischer

Schirmherrin: Käte Tresenreuter, Vorsitzende des Sozialwerks Berlin

Interviews: Dagmar Grün, Examinierte Altenpflegerin, Kirsten Litzner, Erzieherin Lore Nitzschke, Lehrerin Adrienne Pickert, Kauffrau Helga Rohrlack, Damenmaß-Schneidermeisterin Rosemarie Schäfer, Verwaltungsangestellte (Sachbearbeiterin – Versorgungsamt) Karin Schmidt, Industriekauffrau

Begehung der Einrichtungen: Dr.–Ing. Hans-Ulrich Litzner, Sprecher des Arbeitsaus- schusses „Wohnen im Alter“ im Kompetenznetz für das Alter, Sozialwerk Berlin e.V.

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Wissenschaftliche Begleitung: Prof. Dr. Herbert Striebeck, Universitätsprofessor a.D., Freie Universität Berlin

Finanzen: Christa Fischer, Schatzmeisterin Sozialwerk Berlin e.V. und Vorstandsmitglied des Förderkreises Harry Tresenreuter, stellv. Vorsitzender, Sozialwerk Berlin e.V.

Logistik: Claus-Dieter Eckhold, Assistent beim Vorstand Sozialwerk Berlin e.V.

Redaktion: Jean Mangers, Dipl.-Ing., Vorstandsmitglied Sozialwerk Berlin e.V.

Layout und Computerarbeiten: Gabriele Losse, Fotografin

Unterstützt wurde die Projektarbeit punktuell durch weitere ehrenamtliche Mitarbeiter des Sozialwerks Berlin.

Wie wurden die ehrenamtlichen Mitarbeiter an das Modellprojekt gebunden?

Sie schlossen mit dem Sozialwerk Berlin e.V. eine Ehrenamtsvereinbarung ab, worin ihre Aufgaben definiert wurden, und sie verpflichteten sich, die ihnen gegebenen Informationen jeglicher Art, auch nach Beendigung des Modellprojekts, vertraulich zu behandeln.

Welche Eigenschaften und Fähigkeiten zeichneten

die ehrenamtlichen Interviewer aus?

Die Ehrenamtlichen brachten unterschiedliche Voraussetzungen mit. Sie sollten möglichst über folgende Eigenschaften verfügen: - Kontaktfreudigkeit, keine Berührungsängste - Zuhören und Aufmerksamkeit schenken können - Lebenserfahrung einbringen, auf Augenhöhe mit den Bewohnern sprechen - Kommunikativ sein - Gutes Beobachtungsvermögen, so objektiv wie möglich werten können - Vorurteilsfrei und offen sein (Weltanschauungen, Religionen, Nationalität, geschlechtliche

Orientierung usw.) - Unvoreingenommenheit gegenüber Menschen und Situationen - Eigene Lebenszufriedenheit - mindestens sollte es einem gut gehen, wenn man für

andere Menschen da sein möchte.

Über welche Kenntnisse sollten die ehrenamtlichen Interviewer verfügen?

Um ihrer Rolle als Interviewer gerecht zu werden, sollten sie u. a. zu folgenden Themen Grundkenntnisse haben:

- Überblickswissen über den Verein bzw. den Träger der jeweiligen Einrichtung, in der der Einsatz erfolgt

- Bestimmte Techniken der Kommunikation und der Gesprächsführung - Handhabung des Fragebogens - Alterserkrankungen (Demenz, Multimorbidität) - Datenschutz, Haftungsfragen sowie Versicherungsschutz, - Betreuungsgesetz - Wohnteilhabegesetz mit seinen Rechtsverordnungen - Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen - Grundkenntnisse über die Sozialgesetzbücher Die Vermittlung der Kenntnisse war mit praktischen Übungen verbunden.

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Wie kamen die ehrenamtlichen Mitarbeiter zu diesen notwendigen Kenntnissen?

Einigkeit bestand zwischen den ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern darüber, dass eine solide Wissensvermittlung die Basis für die Mitarbeit im Projekt bildet. Daraus ableitend wurde nach einem festgelegten Jahresplan einmal im Monat Schulungen zu den vorgenannten Themen durchgeführt. Diese monatlichen Treffen fanden in einer sehr offenen, aufgeschlossenen und vertraulichen Atmosphäre statt. Sie dienten gleichzeitig zum Erfahrungsaustausch zu Fragen und Problemen, die anlässlich der Besuche in den Einrichtungen aufgetreten sind. Individuelle Beratung, professionelle Begleitung und Betreuung der ehrenamtlichen Mitarbeiter wurden ebenfalls wahrgenommen. Gemeinsam gelang es immer besser, die fachlichen Fragen mit den emotionalen Belangen in Einklang zu bringen.

Welche Aufgaben wurden von den Projektmitarbeitern wahrgenommen?

- Interviews als Hauptbetätigungsfeld - Überarbeitung des vorgegebenen Kriterienkataloges (Fragebogens) - Vorbereitung und Durchführung des ersten Projektseminars im September 2010, wobei

Ehrenamtliche tageweise auch selbst moderierten - Teilnahme an der Präsentation der Zwischenergebnisse am 3. November 2010 und

Darstellung der eigenen Aufgabenfelder - Erstellung des Abschlussberichtes gemeinsam mit den Hauptamtlichen - Vorbereitung und Durchführung des zweiten Projektseminars im Februar 2011 - Mitwirkung an der Abschlussveranstaltung vom 22. Februar 2011 mit Eigenbeitragen

Wie wirkte sich ihre Mitarbeit am Projekt auf die ehrenamtlichen Mitarbeiter

aus?

- Die Befragungen liefen aus der Sicht der Ehrenamtlichen zufriedenstellend bis gut. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass sie sich diese Aufgabe zutrauen konnten.

- Die Ehrenamtlichen, die an den Vorbesprechungen mit den Einrichtungsträgern bzw. -Leitern teilgenommen haben, erfuhren eine Menge über Rechtsverordnungen auf den Gebieten der Personalplanung, der baulichen Gegebenheiten und der Brand- und Hygienevorschriften, sowie der unterschiedlichen Rechtsformen der Träger.

- Die Bewohner waren unseren Ehrenamtlichen gegenüber sehr nett und machten gerne mit. Sie erzählten so manches aus ihrem Leben und einige fragten nach dem Gespräch: Kommen Sie auch wieder?

- Durch die Interviews haben die Mitarbeiter des Besuchsdienstes einen erweiterten Blickwinkel auf das Leben in einer Einrichtung für ältere Menschen erhalten. Das „Heim“ entspricht heutzutage gar nicht mehr den früheren Horrorvorstellungen. Aber auch gute Einrichtungen stoßen an ihre Grenzen.

- Die Ehrenamtlichen konnten immer besser die Sichtweise der Bewohner akzeptieren und ihre eigene relativieren.

- Das Personal in den Einrichtungen war sehr aufgeschlossen. - Das Modellprojekt schlug erneut eine Brücke zwischen ehrenamtlichen und haupt-

amtlichen Mitarbeitern, und es entwickelte sich eine fruchtbare Teamarbeit. Es hat den Zusammenhalt im Sozialwerk Berlin noch weiter verstärkt.

- Die Projektmitarbeiter sind stolz auf dieses Gemeinschaftswerk und auf das gute Ergebnis. Sie haben ihre Projektkollegen noch besser kennen gelernt.

- Es ist aber auch klar geworden, dass die Ehrenamtlichen heute anders gefordert werden als das früher der Fall war. Sie legen daher großen Wert auf Schulung und Begleitung für ihre ehrenamtliche Tätigkeit.

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Wie gestaltet sich das Zusammenwirken zwischen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern im Projekt?

- Eine vernünftige Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen muss sich als flexibles System ausgestalten.

- Die Ehrenamtlichen brauchen eine Einarbeitungsphase und einen festen Ansprech-partner.

- Supervision bei Bedarf. - Respekt und Wertschätzung der ehrenamtlichen Arbeit - Die Ehrenamtlichen möchten als gleichberechtigte Partner ernst genommen werden. - Für die Ehrenamtlichen ist ein Aufwandersatz erforderlich, denn man muss sich ein

Ehrenamt leisten können. - Bei der organisatorischen Vorbereitung und Durchführung von Austausch- bzw. Fortbil-

dungstreffen müssen Ehrenamtliche aktiv mit einbezogen werden. Ein Beispiel soll das verdeutlichen: Themenwünsche zu Fortbildungen werden gemeinsam ausgewählt.

- Transparente Arbeitsweise: So werden z.B. Terminabsprachen mit den Einrichtungen sofort mit den Ehrenamtlichen abgestimmt, um danach die Zustimmung an die Einrich-tungen geben zu können.

- Unsere Seminare wurden unter Einbeziehung der Ehrenamtlichen vorbereitet und durchgeführt.

Dies sind Beispiele, wie Ehrenamtliche und Hauptamtliche auf gleicher Augenhöhe miteinander arbeiten können.

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Durchführung des Modellprojektes

Wie gingen wir nun konkret vor?

Als erstes erfolgte eine Kontaktaufnahme mit den Geschäftsführern bzw. Leitern der zu besuchenden Einrichtungen durch Frau Käte Tresenreuter, die an ihre langjährigen Beziehungen zu den Heimen anknüpfen konnte.

Welche Einrichtungen wurden besucht?

- Anvisiert wurden Einrichtungen mit guten Kontakten zum Sozialwerk Berlin. - Das gesamte Spektrum der Einrichtungsträgerschaften wurde in Betracht gezogen, gemeinnützige und private Träger, aus dem Ostteil sowie aus dem Westteil der Stadt, mit unterschiedlichen konzeptionellen Ausrichtungen. - Es wurden größere und kleinere Einrichtungen besucht. - Die Rechtsformen der verschiedenen Einrichtungen, wie Stiftungen, GmbHs usw. wurden berücksichtigt.

Besuchte Einrichtungen

Träger Einrichtung Gesprächspartner

Pflegewerk Senioren Centrum GmbH

HausKurfürstendamm Kurfürstendamm 126/127 10711 Berlin

Fr. Wallbaum

Haus Wisbyer Straße Wisbyer Str. 16/17

Fr. Perduß

Seniorenstiftung Prenzlauer Berg

Seniorenheim Gürtelstraße 32 10407 Berlin

Clemens Schulze-Beiring Einrichtungsleiter

Seniorenheim Gürtelstraße 32a 10407 Berlin

Clemens Schulze-Beiring Einrichtungsleiter

Seniorenheim Gürtelstraße 33 10407 Berlin

Wilfried Brexel Vorstandsvorsitzender Joachim Baur Vorstand Wohnmanagement Lilian Weber Vorstand Pflegedirektion

Seniorenstiftung Wilmersdorf

Seniorenheim Königsallee 15 14193 Berlin

Fr. Dortmann Fr. Mühlhaupt Leiterin Sozialdienst

Seniorenheim Lentzeallee 2-4 14195 Berlin

H. Prenzel Geschäftsführer Fr. Pfeil Assistentin GF Fr. Wagner PDL Fr. Mühlhaupt Leiterin Sozialdienst

Sozialdienste der Volkssolidarität Berlin gGmbH

Seniorenheim „Alfred Jung“ Alfred-Jung-Str. 17 10367 Berlin

Gabriele Haack Einrichtungsleiterin Katharina Wetzel Assistenz Pflegedirektion Birgit Kirchner Sozialarbeiterin

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17

Seniorenheim Buckower Ring 62 12683 Berlin

Ines Dubitzky PDL Kerstin Müller QS-Beauftragte

Seniorenheim Woldegker Str. 5 13059 Berlin

Uwe Mahrla Geschäftsführer Sybille Schmitz Einrichtungsleiterin Fr. Svoboda Plegedirektorin Petra Trzetziak PDL

Union Hilfswerk Senioren – Einrichtungen gGmbH

Richard Sorge Str. 21a 10249 Berlin

H. Neumann

Pflegewohnheim „Altglienicke“ Venusstr. 28 12524 Berlin

Tina Rodenwald Einrichtungsleiterin

Pflegewohnheim Stallschreiberstraße 12 10969 Berlin

Kerstin Rodebusch PDL

Senioren-Einrichtung Hoffmannstr. 10 12435 Berlin

H. Schüler Fr. Strecke Fr. Solas

Unternehmensgruppe Burchard Führer

Herthasee Seniorenzentrum Delbrückstr. 4a 14193 Berlin

Ulrich Haarhaus Einrichtungsleiter

Altenzentrum „Erfülltes Leben“ gGmbH

„Haus Abendsonne“

Volkradstr. 28

10319 Berlin

H. Böhlke Geschäftsführer und Einrichtungsleiter Fr. Naydenova-Otto PDL Hr. Meister Sozialarbeiter

Allgemeiner Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin e.V.

Blindenwohnstätten Haus Weißensee Berliner Allee 193-197 13088 Berlin

Herr Weber Einrichtungsleiter Frau Bennewitz PDL

Elsbeth-Seidel-Stiftung Elsbeth-Seidel-Haus Wernerstr. 9-11 14193 Berlin

H. Steenbock Einrichtungsleiter Ursula Grohmann Sozialdienst

Privat Haus Teplitz Teplitzer Str. 10 14193 Berlin

Sonja Pietrzyk Geschäftsführung Einrichtungsleiterin

Privat Senioren- und Pflegeheim Wallotstr. 14 14193 Berlin

Bettina Haß Einrichtungsleiterin Astrid Baumgart PDL

X Vitanas Senftenberger Ring 51

X Jüdische Gemeinde zu Berlin Seniorenzentrum Berlin Jeanette Wolff Heim Dernburgstraße 36-38 14057 Berlin

Sigrid Wolff Leiterin Bert Wolff

X Konnten erst nach Redak-tionsschluss abgeschlossen werden.

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Nach welchem Schema erfolgten die Vorgespräche mit den Einrichtungsträgern

bzw. Geschäftsführern, Einrichtungsleitern, Pflegedienstleitern?

Gesprächsdauer: maximal 2 Stunden

Teilnehmer: Vertreter des Projektes (Frau Tresenreuter, Herr Stawenow, Frau Mangers) Vertreter der Einrichtungsträgerschaft, Geschäftsführung, Einrichtungsleitung

Schwerpunkte des Gespräches: Information zur Entstehungsgeschichte der Einrichtung, aktuelle Rahmenbedingungen und kon-zeptionelle Besonderheiten, gegenwärtige Situation und perspektivische Vorhaben, Veränderungs-bedarf aus Trägersicht (Anregungen/Hinweise)

Fortsetzung des Gespräches mit Erweiterung des Teilnehmerkreises um Vertreter der Pflegedienstleitung mit den folgenden Schwerpunkten:

Auslastungssituation, Personalsituation, Einsatz von ergänzenden Kräften, Zusammenwirken mit

Ärzten, Kliniken…

Am Ende des Gespräches wurden organisatorische und terminliche Absprachen zur Durchführung der Begehung, der Bewohnergespräche und ggf. der stillen Teilnahme an Bewohneraktivitäten getroffen.

Grundsätzlich war zu beachten, dass der Betrieb in den Einrichtungen so minimal wie nötig durch die Evaluation beeinträchtigt wird.

Dauer dieses Gesprächsteils: ca. 1,5 Stunden Es bestand auch die Möglichkeit, diesen Gesprächsteil gesondert zu einem anderen Zeitpunkt zu führen.

Alle Inhalte der beiden Gesprächsteile wurden vertraulich behandelt, anonymisiert und nicht veröffentlicht. Die Gesprächsinhalte dienten der Projektleitung ausschließlich zur Vorbereitung und Durchführung der Evaluation. Weiterreichende Schlussfolgerungen wurden im Abschlussgespräch zwischen der Projektleitung und dem Einrichtungsträger gemeinsam abgestimmt.

Wie wurden die Begehungen

in den stationären Pflegeeinrichtungen durchgeführt?

Begehungsdauer: Ca. 1-2 Stunden

Teilnehmer: Vertreter des Projektes (Frau Tresenreuter, Herr Stawenow, Frau Mangers) Für die Begehung und die Bewohnerbefragung vorgesehene ehrenamtliche Mitarbeiter

Vertreter der Geschäftsführung bzw. Heimleitung der Einrichtung

Zu begehende Bereiche, wie: Foyers, Eingangsbereiche, Gemeinschaftsräume, Tagesräume, Speisesäle, Veranstaltungsräumlichkeiten, einige Bewohnerzimmer, Sanitäreinrichtungen, PDL- bzw. Mitarbeiterräumlichkeiten und Garten- bzw. Außenanlagen Begutachtung unter den Aspekten: Baulicher Zustand, Sicherheit, Ausgestaltung, Atmosphäre, Bewohnerfreundlichkeit, Ordnung, Sauberkeit, Hygiene

Das Ergebnis der Begehung wurde anonymisiert und nicht veröffentlicht. Es diente für das Auswertungsgespräch mit dem Einrichtungsträger und der Leitung, um Anregungen bzw. Empfehlungen zu geben. Verallgemeinerungswürdige Schlussfolgerungen wurden durch die Projektleitung aufbereitet und an Entscheidungsträger herangetragen.

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Die Gespräche mit den Bewohnern

Welche Kriterien wurden für die Auswahl der Bewohner zu Grunde gelegt?

Es gab verschiedene Möglichkeiten, mit diesen Gesprächspartnern in Kontakt zu treten: Die Auswahl der Bewohner für das Gespräch erfolgte unter Beachtung der o.g. Grund-lage der Freiwilligkeit in Absprache mit der Pflegedienstleitung. Dabei war die Bewohner-struktur auch hinsichtlich der Pflegestufen zu berücksichtigen. Die Auswahl geschah durch die Einrichtungsleitung oder Pflegedienstleitung auf Grund einer vorgegebenen Liste. Beim Besuch von Veranstaltungen ergaben sich persönliche Kontakte, die spontan zur Bereitschaft einzelner Bewohner führten, als Interviewpartner zu Verfügung zu stehen. Wo dies nicht möglich war, gab es Gespräche mit dem Bewohnerbeirat. Bei Bedarf standen teilweise auch Angehörige zur Informationsergänzung zur Verfügung.

Worauf wurde bei er Auswahl der Einrichtungen noch Wert gelegt?

- Bei den Bewohnern mit einer Demenz sollte gegebenenfalls das Einverständnis der rechtlichen Betreuer vorliegen. Schwerdemente wurden nicht befragt.

- Gespräche mit Angehörigen geschahen eher zufällig. Sie waren meistens konflikt- beladen, daher eher abzuraten.

- Mit dem Bewohnerbeirat konnte ein offenes Gespräch geführt werden. - Von dem Angehörigenbeirat konnte man auch Informationen erhalten. - Vorgespräche mit den Bewohnern waren nicht nötig. Diese wurden aber von der

Einrichtungsleitung darauf eingestimmt, dass Gesprächspartner/Befrager kamen. - Die Gespräche wurden mit den Bewohnern immer persönlich unter vier Augen geführt.

Wie gestalteten sich die Gespräche?

- Die beste Zeit war vormittags ab 10.30 Uhr, da war die Aufmerksamkeit am größten. - Auch der Nachmittag, nach dem Kaffee, war eine recht günstige Zeit. - Bei Dementen musste auf deren Tagesrhythmus geachtet werden. - Es kam nicht auf die Länge des Gesprächs an. Ein Gespräch dauerte im Durchschnitt 30 Minuten, d.h. das kürzeste war 10 und das längste 60 Minuten. - Pro Einrichtung wurden ca. 10% der Bewohner befragt. - An einem Tag wurden höchstens 3 Gespräche pro Interviewer durchgeführt.

Wo fanden die Gespräche statt?

- Die Gespräche fanden meistens in den Zimmern statt - auf Einladung der Bewohner, die ihre Zimmer gerne zeigen mochten. - Andere Orte waren auch möglich, z.B. der Flur, oder die Geschäftsräumlichkeiten.

Wann und wie wurden die Fragebögen ausgefüllt?

- Die Fragebögen wurden nicht während des Gesprächs abgearbeitet.

- Sie wurden entweder sofort nach dem Gespräch oder zuhause ausgefüllt.

- Um zu vermeiden, dass einige Fragen nicht gestellt wurden, wurde eine kleine Liste mit den Hauptüberschriften als Gedächtnisstütze benutzt. - Die Antworten waren Momentaufnahmen! Stellte man dreimal die gleiche Frage, so konnte es vorkommen, dass man drei verschiedene Antworten bekam. - Die Lebensgeschichte des Befragten floss mit ein. - Es wurde empfohlen, ein paar Eindrücke vom Gespräch aufzuschreiben und als Beiblatt hinzuzufügen.

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Auswertungen

1. Auswertung der Gespräche mit den Einrichtungs-trägern, Geschäftsführern, Leitern und Mitarbeitern

Was konnten wir diesen Vorgesprächen entnehmen?

Sie gaben sehr detailliert Aufschluss über die bestehenden Probleme der Einrichtungen: - Mangel an Fachpersonal und damit ständige Überforderung der Mitarbeiter, was u. a. zu

einem hohen Krankenstand führt. - Unbefriedigende ärztliche Versorgung - Schwierigkeiten mit den Brandschutzbestimmungen und daraus entstehend Einschrän- kung der Wohnqualität…

um hier nur die wichtigsten Schwierigkeiten zu nennen.

1. Die Gespräche mit Einrichtungsträgern, Geschäftsführern, Leitern, Pflegedienstleitern verliefen in einer offenen und ehrlichen Atmosphäre. Man hatte schnell festgestellt, dass man nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeitet, um im Interesse der älteren Menschen etwas zu bewirken. Wir erfuhren etwas zur Historie der Häuser, über die Träger und Einrichtungen und ebenso zur deren Rechtsform und konnten somit die Entwicklungs-prozesse besser einordnen.

2. Wenn wir uns die Situation allgemein anschauen, dann wird deutlich – nicht nur hier in Berlin, sondern in der gesamten Bundesrepublik -, dass auf der einen Seite immer kargere Ressourcen zur Verfügung stehen, auf der anderen Seite aber qualitativ immer mehr Anforderungen gestellt werden. Auch bezogen auf die quantitativen Aspekte – sprich wachsende ältere Bevölkerungsgruppe – wird diese Situation immer weiter verschärft.

3. Was die Rahmenbedingungen zur Verbesserung der Lebenssituation der Bewohner in den stationären Einrichtungen anbelangt, muss man folgendes berücksichtigen: Die jetzige Generation an Bewohnern ist noch sehr bescheiden, weil sie die Nachkriegszeit erlebt hat und weiß, was Hunger ist und wie wichtig eine Wohnung ist. Die folgenden Generationen werden ganz andere Ansprüche an die stationären Einrichtungen artiku-lieren.

4. Was heute saniert oder gebaut wird, muss auch in 10, 15 oder 20 Jahren den Ansprüchen genügen, und man muss schauen, mit welcher Tragweite gesetzliche Bestimmungen im Baubereich verbunden sind.

5. Es gibt gesetzliche Bestimmungen, die mit dem Wohnteilhabegesetz einzuhalten sind, oder andere, die entsprechend in der Bearbeitung sind, um diese zu verändern und weiter zu entwickeln.

6. Was die Bewohner anbelangt, so wurde bestätigt, dass deren Durchschnittsalter immer höher wird. Die Verweildauer der Bewohner in den stationären Einrichtungen wird immer kürzer, denn jeder versucht, solange wie möglich in seinen eigenen vier Wänden zu bleiben. Die Pflegestufen und die Anzahl der Härtefälle werden höher, wobei die Einstufung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung immer strenger wird und Höherstu-fungen immer komplizierter werden und zu lange in der Bearbeitung bleiben. Die prozentuale Anzahl der Bewohner mit Demenzen steigt ebenso wie die der mobilitäts-eingeschränkten Bewohner.

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Die Zahl der Suchterkrankten und der Menschen mit Depressionen ist am Steigen begriffen. Angehörige sind immer weiter entfernt, und wenn noch vorhanden, dann oft selbst über 70 Jahre alt, und diese wählen in vielen Fällen den Platz in der stationären Einrichtung für ihre pflegebedürftigen Angehörigen aus. Deshalb ist bei der Befragung die Frage nach der Aufnahme in die Einrichtung noch mal wichtig. Von den Bewohnern und deren Angehörigen wird nicht die Pflege am kritischsten gesehen, sondern es geht ums Essen, um die Betreuung und um die kommunikativen Aspekte.

2. Ergebnisse der Begehungen der Einrichtungen Die Einrichtungen, in denen Pflegeleistungen im Sinne des neuen Wohnteilhabegesetzes erbracht werden, befinden sich in einem Spannungsfeld von Interessen und Erwartungen, die in bestimmten Bereichen zuwider laufen.

Der Träger der stationären Pflegeeinrichtung ist an einem wirtschaftlichen Erfolg inter-essiert, der in hohem Maße von den baulichen Gegebenheiten abhängt. Zudem ist seine Einrichtung für das Pflegekonzept seiner Einrichtung von Bedeutung.

Die Bewohner der Pflegeeinrichtung erwarten bewusst oder unbewusst eine „heimelige“ Atmosphäre. In vielen Fällen leiden sie an einem Bruch in ihrer Biografie, darin bestehend, dass sie die eigenen „vier Wände“ aufgeben und den letzten Lebensabschnitt in einer Pflegeeinrichtung verbringen müssen. Die stationären Pflegeeinrichtungen versuchen dieser Situation durch die Gestaltung ihres Hauses entgegenzuwirken. Beispiele sind die eigenen Möbel der Bewohner, die in der Regel mitgebracht werden können, „Erinnerungs-zimmer“ oder eine auf die Bewohner abgestimmte Möblierung und Dekoration der gemein-schaftlichen Einrichtungen.

Den dritten Interessenbereich bilden Gesetze und Verordnungen (z.B. Landesbauord-nung für Berlin, Heimmindestbauverordnung), die dem Schutz von Leib und Leben dienen.

Vor diesem Hintergrund wurden im Rahmen des Modellprojektes Pflegeeinrichtungen aufgesucht, die sich durch folgende Merkmale unterscheiden:

- Lage (Bezirke im Osten, in der Mitte und im Westen von Berlin) - Größe (Zahl der Pflegeplätze zwischen 40 und 200) - Alter (Ersatzneubau oder Bestandsbau, zum Teil aus dem frühen 20. Jahrhundert) - Rechtsform (Mietverhältnis, Rechtsform des Trägers)

Eine wesentliche Erkenntnis aus den bisherigen Begehungen ist, dass die besichtigten Pflegeeinrichtungen aufgrund ihrer baulichen Gegebenheiten die eingangs erwähnten Erwartungen bzw. Vorschriften in unterschiedlichem Maße erfüllen können. Beispielsweise kann ein Gebäude aus dem frühen 20. Jahrhundert nicht alle aktuellen Forderungen an die Barrierefreiheit in Sinne der neuen DIN 18040 erfüllen. Daher werden zahlreiche sta-tionäre Pflegeeinrichtungen unter Bestandsschutz betrieben. Dieser ist nach WIKIPEDIA wie folgt definiert: „Der Begriff „Bestandsschutz … beschreibt allgemein im öffentlichen Recht das Phänomen (Anm.: das Recht), dass eine Genehmigung in ihrer ursprünglichen Form weiter gilt, obwohl neuere Gesetze schärfere Anforderungen stellen und heute zur Erlangung einer gleichen Genehmigung eine höhere Hürde zu erklimmen wäre. Der Begriff ist verfassungsrechtlich mit der Eigentumsgarantie des Artikels 14 des Grundgesetzes verknüpft.“

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Anders ausgedrückt sind stationäre Pflegeeinrichtungen gezwungen, zwischen den bauli-chen Gegebenheiten und den Forderungen aus Gesetzen einen ständigen Kompromiss zu finden, der in der Regel mit Investitionen oder anderen Maßnahmen verbunden ist.

Diese Aussage gilt insbesondere für den baulichen Brandschutz, der in einschlägigen Gesetzen wie zum Beispiel in § 14 der Bauordnung für Berlin geregelt ist. Dessen Forderungen zielen darauf ab, Leib und Leben der Bewohner im Brandfall zu schützen. Aus diesem Grunde werden u.a. automatische Brandmelder, Fluchtwege mit Notbeleuch-tung, eine totale Freihaltung der Fluchtwege sowie nichtbrennbare oder schwer entflamm-bare Materialien, z.B. für Bilder oder Ausstattungsstücke, gefordert.

Diese Forderungen lassen sich vor allem bei älteren Einrichtungen aufgrund der baulichen Gegebenheiten nicht erfüllen. Die Freihaltung von Fluchtwegen bedeutet, dass bei kleine-ren Einrichtungen die Flure nicht für den Aufenthalt von Personen genutzt werden können. Die konsequente Verwendung von nicht brennbarem Material für Bilder, Wanddekoration oder für eine etwaige Möblierung ist wirtschaftlich oft nicht darstellbar. In einem Fall waren sogar Küchenzeilen in der Nähe von Fluchtwegen, die für das pflegerische Konzept genutzt wurden, zurückzubauen. Interessant ist auch, dass die Forderungen in den Berli-ner Bezirken unterschiedlich ausgelegt werden.

Die bereits angesprochene Heimmindestbauverordnung enthält in § 16 Forderungen für die Mindestgröße von Gemeinschaftsräumen (1 qm pro Bewohner, mindestens aber 20 qm), die sich aufgrund der baulichen oder betrieblichen Gegebenheiten nicht erfüllen lassen, oder die, z.B. bei der Betreuung in Wohngruppen, unangebracht sind. In § 14 dieser Verordnung ist die Mindestzimmergröße geregelt (12 qm bei Einzelzimmern, 18 qm bei Doppelzimmern). In einem Fall entstanden Schwierigkeiten dadurch, dass von der tatsächlich vorhandenen Fläche, die diese Forderungen erfüllte, einige Bereiche abge-zogen werden mussten, die unter Dachschrägen lagen. Diese Schrägen waren jedoch für die Nutzung vollkommen unerheblich.

Das Ziel einer Pflegeeinrichtung sollte die Zufriedenheit der Bewohner sein. Dies sollte bei der Formulierung und Anwendung von Gesetzen und Verordnungen, wie z.B. in Verbindung mit dem Wohnteilhabegesetz, angemessene Berücksichtigung finden.

3. Auswertung der Gespräche mit den Bewohnern

1. Vorbemerkungen

Im Rahmen der „Transparenzoffensive Pflegequalität” stellte die Untersuchung Fragen zur sog. „Bewohnerzufriedenheit” bzw. „Nutzerzufriedenheit” auch unter dem Aspekt der im Berliner „Wohnteilhabegesetz” geforderten Möglichkeiten der Mitverantwortung, Mitent-scheidung und Mitsprache. Alle diese Aktivitäten zur Evaluation der Bewohnerzufriedenheit basierten auf dem Prinzip der Freiwilligkeit und konnten jederzeit vorzeitig beendet werden. Alle ehrenamtlichen Projektmitarbeiter haben sich zur Verschwiegenheit über die Inhalte der Gespräche verpflichtet. Alle persönlichen, datenschutzrelevanten Informationen der Bewohner wurden auch von der Projektleitung vertraulich behandelt und nur anonymisiert in die Evaluationsauswertung auch gegenüber dem Einrichtungsträger einbezogen.

Die Anzahl der Bewohnergespräche richtete sich nach der Einrichtungsgröße und wurde im gemeinsamen Gespräch der Projektleitung, des Einrichtungsträgers und der Leitung abgestimmt. Die für das Gespräch zur Evaluation der Bewohnerzufriedenheit relevanten Fragen wurden dem Einrichtungsträger vorab zur Kenntnis gegeben.

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Die Auswahl der Bewohner für das Gespräch erfolgte unter Beachtung der o.g. Grundlage der Freiwilligkeit in Absprache mit der Pflegedienstleitung. Dabei war die Bewohnerstruktur auch hinsichtlich der Pflegestufen zu berücksichtigen. Beim Besuch von Veranstaltungen ergaben sich persönliche Kontakte, die spontan zur Bereitschaft einzelner Bewohner führten, als Interviewpartner zu Verfügung zu stehen. Wo dies nicht möglich war, gab es Gespräche mit dem Bewohnerbeirat. Bei Bedarf standen teilweise auch Angehörige zur Informationsergänzung zur Verfügung.

Der Fragenkatalog berücksichtigte die Bereiche: Aufnahme in die Einrichtung, Pflege-personal, Mahlzeiten/Essen, Körperpflege, Medizinische Versorgung, selbstbestimmte Lebensführung, Veranstaltungen, Feste, Aktivitäten, Religionsausübung sowie Kontakte zu den Angehörigen. In einem längeren Prozess mit Veränderungen und Ergänzungen entwickelten die Projektteilnehmer einen Fragebogen mit mehreren Einzelfragen zu den verschiedenen Bereichen.

Die Interviewer der Bewohner waren überwiegend ältere langjährige ehrenamtliche Mitarbeiter des Sozialwerks Berlin, die regelmäßig Bewohner in ihren Einrichtungen besuchen. Diese Mitarbeiter sind wegen ihrer ständigen Kontakte zu Bewohnern in einem besonderen Maße für eine Befragung im Rahmen des Modellprojekts geeignet. Das gegenseitige Verstehen und das Hineinfühlen und Hineindenken in einen anderen älteren Menschen wie auch die Bereitschaft, sich einem anderen gegenüber zu öffnen und Meinungen und Gefühle mitzuteilen, werden durch Ähnlichkeiten zwischen dem Frager und dem Befragten z.B. in der Sprache, in der Lebensgeschichte, beim Alter sowie bei den Problemen der Alltagsbewältigung verbessert.

Dieser Untersuchungsansatz macht das Modellprojekt in einem besonderen Maße für die Beantwortung der gestellten Fragen geeignet und hebt sich dadurch von anderen Befragungen von Bewohnern ab.

Zur Sicherung der Aussagefähigkeit der Gespräche mit den Bewohnern hatten die ehrenamtlichen Mitarbeiter die Möglichkeit, mit Angehörigen des Bewohners und gegebenenfalls mit den gesetzlichen Betreuern bzw. mit dem zuständigen Pflegepersonal zu sprechen und als stille Beobachter an Gruppenaktivitäten der Bewohner teilzunehmen.

Die Vorbereitung der Interviewer erfolgte unter den folgenden Gesichtspunkten: Eingangsfragen, Reihenfolge der Fragestellungen, Antwortbereitschaft der Bewohner wecken, den sog. Ausstrahlungseffekt beachten, Misstrauen abbauen, Emotionen und Verstimmungen der Bewohner beachten, Protokollierung und Dokumentation der Befragungsergebnisse.

Rahmenbedingungen des Modellprojekts des Sozialwerk Berlin e.V. vom 1. März 2011 bis zum 28. Februar 2010

Das Projekt „Ältere Menschen ermitteln selbst die Situation in Alten- und Pflegeein-richtungen“ sollte ursprünglich in einem Zeitrahmen von 24 Monaten durchgeführt werden. Es wurden jedoch für die Durchführung nur 12 Monate bewilligt, was die Erhebung sowohl der quantitativen als auch der qualitativen Ergebnisse der Befragungen erheblich einschränkte.

Während dieser 12 Monate arbeiteten 15 ehrenamtliche und drei hauptamtliche Mitarbeiter sowohl „hinter” als auch „vor den Kulissen”, wobei acht Interviewerinnen/Interviewer insgesamt in 19 stationären Pflegeeinrichtungen 168 Befragungen durchführten. Die jüngste Interviewerin war 61, die älteste 91 Jahre alt. Die übrigen Mitarbeiter beschäftigten

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sich mit Planung und Organisation, Sachbearbeitung und Finanzen, Schulung, Beratung und Dokumentation.

Die Testphase dauerte von März bis Mai 2010. In dieser Zeit gab es in fünf stationären Pflegeeinrichtungen 48 Befragungen, wobei ein Fragebogen des österreichischen Behin-dertenprojekts (NUEVA verwendet wurde, der sich bald als ergänzungsbedürftig erwies. Deshalb entwickelten die Mitarbeiter des Sozialwerkprojekts einen neuen Fragebogen mit insgesamt 25 Kriterien zur Messung der „Nutzerzufriedenheit”. Mit diesem Kriterienkatalog wurden vom 1. Juni 2010 bis Mitte Februar 2011 in 14 stationären Pflegeeinrichtungen 120 Interviews durchgeführt. (Eine Aufstellung der besuchten Alten- und Pflegeeinrichtungen ist in dieser Broschüre enthalten.)

Die Rahmenbedingungen dieser 120 Befragungen sind die folgenden:

- Die Interviews dauerten im Durchschnitt 36 Minuten (das kürzeste 10, das längste 110 Minuten ). - Das Durchschnittsalter der befragten 90 Bewohnerinnen und 30 Bewohner betrug 84 Jahre, der jüngste war 19, die älteste 98 Jahre alt. - Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Befragten in der jeweilige Einrichtung betrug ein Jahr und 8 Monate. - Von den 120 befragten Bewohnern haben 87 die Einrichtung selbst bzw. mithilfe der

Kinder oder Ehepartner ausgewählt. 29 Bewohner sind ohne eigene Zustimmung eingewiesen worden, durch Krankenhäuser oder durch Angehörige. Zwei Bewohner konnten hierzu keine Angaben machen.

Das Modellprojekt will Aussagen über die Nutzerzufriedenheit von Bewohnern in statio-nären Einrichtungen machen. Die grundlegende Frage lautet: Wie misst man die Zufrie-denheit? Ist der Kriterienkatalog des Fragebogens „valide”, d.h. misst er das, was er messen soll? Zur Beantwortung dieser Frage wurden Voruntersuchungen und Vortests durchgeführt, die auch die Frage nach der Zuverlässigkeit der Messungen beantworten sollten. Die Kriterien, die die Mitarbeiter des Modellprojekts als „wichtig” für die Zufrieden-heit ansahen, konnten durch die Bewohner selbst evaluiert werden. Aus diesen Überle-gungen und Ergebnissen konnte ein geeignetes Messinstrument für die Messung der Bewohnerzufriedenheit gewonnen werden.

Entgegen dem großen Fragenaufwand des Medizinischen Dienstes der Krankenversi-cherung enthält unser Fragebogen nur so viel Fragen wie nötig. Sie kreisen um die Frage-stellungen:

Was ist wichtig für den Bewohner einer Einrichtung wichtig? Was kann den Einrichtungsbetreiber interessieren?

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2. Ergebnisse aus den Gesprächen mit den Bewohnern

Ziel der Gespräche war festzustellen, inwieweit die Kriterien für die Nutzerzufriedenheit zutreffen, wichtig oder unwichtig sind. NR. KR ITERIEN Prozentwerte

Ja Nein Wichtig Unwichtig I AUFNAHME IN DIE EINRICHTUNG

I.1. Die Einrichtung liegt in der Nähe meiner bisherigen Wohnung oder von Angehörigen / Bekannten.

63

37

64

36

I.2. Bei der Aufnahme in die Einrichtung wurde ich nach meinem Lebensweg gefragt.

65

35

49

51

I.3. Bei der Aufnahme in die Einrichtung wurden mir alle Räumlichkeiten gezeigt.

66

34

65

35

I.4. Ich wurde mit dem Leiter/der Leiterin sowie mit dem Pflegepersonal bekannt gemacht.

83

17

80

20

II PFLEGEPERSONAL II.1. Ich habe beim Pflegepersonal eine feste

Ansprechperson, die Zeit für mich hat und die nicht oft ausgewechselt wird.

56

44

63

37

II.2. Das Pflegepersonal respektiert mich und behandelt mich höflich und freundlich.

96

4

99

1

II.3. Die Leitung sowie das Pflegepersonal nehmen meine Anregungen und Wünsche ernst.

88

12

87

13

III MAHLZEITEN/ESSEN III.1. Den Zeitpunkt und Ort der Mahlzeiten

kann ich innerhalb bestimmter Zeiträume selbst bestimmen.

61

39

40

60

III.2. Die Portionsgrößen der Mahlzeiten sowie deren Darbietung (klein geschnittenes oder passiertes Essen) kann ich selbst bestimmen.

95

5

79

21

III.3. An meinem Geburtstag kann ich mir ein bestimmtes Essensangebot wünschen.

51

49

38

62

IV KÖRPERPFLEGE IV.1. Beim Waschen, Baden und Duschen

werden meine persönlichen Wünsche berücksichtigt.

92

8

67

33

IV.2. Bei der Mund- und Zahnpflege wird auf Sauberkeit und Hygiene geachtet.

92

8

79

21

V MEDIZINISCHE VERSORGUNG V.1. Ein von mir gewünschter Arztbesuch

innerhalb oder außerhalb der Einrichtung ist jederzeit möglich.

79

21

84

16

Page 26: Abschlussbericht Modellprojekt 2010/2011

26

VI SELBSTBESTIMMTE

LEBENSFÜHRUNG

VI.1. Mein Zimmer kann ich nach eigenen Vorstellungen und Wünschen einrichten und ausschmücken.

97

3

82

18

VI.2. Meine Privatsphäre wird beachtet. (Anklopfen, Verschließen meines Zimmers nach meinen Wünschen)

95

5

82

18

VI.3. Ich kann die Zubettgeh- und Weckzeiten selbst bestimmen.

85

15

74

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VI.4. Ich kann meine Kleidung selbst auswählen.

97

3

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15

VI.5. Bei einer Verkaufsstelle in der Einrichtung oder bei einem mobilen Händler kann ich tägliche Bedarfsartikel erwerben.

54

46

54

46

VII VERANSTALTUNGEN, FESTE, AKTIVITÄTEN

VII.1. Ich werde angeregt, an Beschäftigungs-möglichkeiten in der Einrichtung als Einzelperson oder in einer Gruppe täglich teilzunehmen.

98

2

77

23

VII.2. Mir wird ermöglicht, an Spaziergängen oder am Besuch kultureller Veranstal-tungen innerhalb sowie außerhalb der Einrichtung teilzunehmen bzw. mitzuwirken.

88

12

85

15

VII.3. Zu Veranstaltungen (Musik, Theater, Lesungen, Tiervorführungen) werden Personen von außen wie z.B. Schulklassen, Kindergartengruppen, Chöre eingeladen.

80

20

67

33

VIII RELIGIONSAUSÜBUNG VIII.1

. Die Ausübung religiöser Handlungen (Gottesdienstbesuche, seelsorgerische Betreuung) und Rituale (Beten, Essensangebote, Fasten, Waschungen usw.) werden ermöglicht /organisiert.

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21

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66

IX KONTAKT ZU ANGEHÖRIGEN IX.1.

Ich kann jederzeit Besuch in meinem Zimmer oder einer anderen Räumlichkeit in der Einrichtung empfangen.

98

2

95

5

IX.2. Meine Besucher können in der Einrichtung Mahlzeiten zu sich nehmen (mit mir zusammen oder allein).

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29

54

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IX.3. Das Pflegepersonal unterstützt mich bei meinen Kontakten zu meinen Angehörigen (Telefonate, Briefe).

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19

55

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27

Zusammenfassung (Prozentwerte)

Kriterien Ja Nein Wichtig Unwichtig

I,1 63 37 64 36

I,2 65 35 49 51

I,3 66 34 65 35

I,4 83 17 80 20

II,1 56 44 63 37

II,2 96 4 99 1

II,3 88 12 87 13

III,1 61 39 40 60

III,2 95 5 79 21

III,3 51 49 38 62

IV,1 92 8 67 33

IV,2 92 8 79 21

V,1 79 21 84 16

VI,1 97 3 82 18

VI,2 95 5 82 18

VI,3 85 15 74 26

VI,4 97 3 85 15

VI,5 54 46 54 46

VII,1 98 2 77 23

VII,2 88 12 85 15

VII,3 80 20 67 33

VIII,1 79 21 34 66

IX,1 98 2 95 5

IX,2 71 29 54 46

IX,3 81 19 55 45

1. Die ersten Ergebnisse betreffen die Validität des Kriterienkatalogs zur Messung der Bewohner-/Nutzerzufriedenheit. Von den 25 im Fragenkatalog angesprochenen Kriterien wurden 21 Kriterien von über 50% der Bewohner als „Wichtig” eingestuft, 18 Kriterien von über 60% und 13 Kriterien von über 70% der Bewohner.

Reihenfolge der als “Wichtig” benannten Kriterienfür die Nutzerzufriedenheit

1. Verhalten des Pflegepersonals 99 % 2. Besuch im eigenen Zimmer u .ä. 95 3. Anregungen / Wünsche beachten 87 4. Kleidung selbst auswählen 85 5. Teilnahme an Spaziergängen u. ä. 85 6. Arztbesuch 84 7. Zimmer selbst ausschmücken 82 8. Anklopfen, Verschließen des Zimmers 82 9. Kennenlernen Leitung/Pflegepersonal 80 10. Essensportionen selbst bestimmen 79 11. Mund- und Zahnpflege 79 12. Beschäftigungsmöglichkeiten 77 13. Zubettgeh- und Weckzeiten selbst bestimmen 74 14. Eigene Wünsche Waschen, Baden 67 15. Personen von außen 67

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28

Als „Unwichtig” benannten über 50% der Bewohner nur 4 Kriterien von 25 Kriterien des Fragenkatalogs (I.2 / III.1 / III.3 / VIII.1) und über 60% nur die Fragen III.1 / III.3 und VIII.

Reihenfolge der als “Unwichtig” benannten Kriterien für die Nutzerzufriedenheit 1. Religionsausübung 66 % 2. Geburtstagsessen auswählen 62 3. Zeitpunkt/Ort d. Mahlzeiten selbst bestimmen 60 4. Frage nach Lebensweg bei Aufnahme 51 5. Verkaufsstelle in der Einrichtung 46 6. Mahlzeiten v. Besuchern in d. Einrichtung 46 7. Unterstützung bei Telefon, Post u. a. 45 8. Feste Ansprechperson 37 9. Einrichtung in d. Nähe der Wohnung 36 10.Bei der Aufnahme die Räumlichkeiten kennenlernen 35 11.Eigene Wünsche beim Waschen/Baden 33

Die hohen Zustimmungswerte zeigen, dass der Fragebogen überwiegend Kriterien enthält, die für die Bewohner wichtige Bereiche ihrer Zufriedenheit abbilden. (Die Kennzeichnungen und Zahlenwerte beziehen sich auf den ausgefüllten Kriterien-katalog.)

2. Die folgenden Ergebnisse beantworten die Frage, ob die von den Bewohnern für ihre Zufriedenheit als “Wichtig” benannten Kriterien in den jeweiligen Einrichtungen angeboten bzw. berücksichtigt werden. Zur Beantwortung dieser Frage werden die Zahlenwerte der Rubriken „Wichtig” und „Ja” miteinander verglichen. Niedrigere Werte bei „Ja” finden sich nur bei vier Kriterien: I.1 (63% zu 64%); II.1 (56% zu 63%); II.2 (96% zu 99%) und V (79% zu 84%).

Bei allen anderen 21 Kriterien übertreffen die „Ja” - Zustimmungen bei weitem die „Wichtigkeits”-Nennungen. (Abweichungen zwischen einem bei I.3 / II.3 und 45 Prozent-punkten bei VIII).

3. Zur Kontrolle der unter 2. aufgeführten Ergebnisse wurde die Auswertung durch die Frage ergänzt, welche von den Bewohnern als „Wichtig” für ihre Zufriedenheit genannten Kriterien in den jeweiligen Einrichtungen nicht erfüllt wurden. Bei den Kriterien, die von mehr als 50% der Bewohner als “Wichtig” benannt wurden, gab es nur bei vier Kriterien „Nein” - Bewertungen über 30%: I.1 (37%); I.3 (34%); II.1 (44%) und VI.5 (46%). 4. Zusammenfassende Bewertung

Die Ergebnisse des Modellprojekts des Sozialwerks Berlin e.V. zur Situationsfeststellung in Alten- und Pflegeeinrichtungen zeigen insgesamt und auch in den einzelnen im Fragen-katalog angesprochenen Bereichen gute Ergebnisse in Hinsicht auf die Zufriedenheit der Bewohner in den in diesem Projekt besuchten Einrichtungen. Problemfelder und Schwachstellen konnten nur in einem sehr geringen Ausmaß durch den verwendeten Kriterienkatalog festgestellt werden. (siehe unter 2. und 3.) Diese Schwachstellen könnten insbesondere durch eine bessere Personalausstattung und ärztliche Betreuung in den Alten- und Pflegeeinrichtungen gemildert werden. Hier besteht ein notwendiger politischer Handlungsbedarf.

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Statistische Darstellung einiger Ergebnisse

ja

nein

Wichtig unwichtig

I.3 Bei der Aufnahme in die 66 34 65 35

Einrichtung wurden mir alle

Räumlichkeiten gezeigt.

ja

nein

Wichtig unwichtig

II.1 Ich habe beim 56 44 63 37

Pflegepersonal eine feste

Ansprechperson, die Zeit

für mich hat und die

nicht oft ausgewechselt wird.

ja

nein

Wichtig unwichtig

V.1 Ein von mir gewünschter 79 21 84 16

Arztbesuch innerhalb oder

außerhalb der Einrichtung

ist jederzeit möglich.

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Medizinische Versorgung in stationären Einrichtungen

Woran krankt die medizinische Versorgung in stationären Einrichtungen?

Während des Projektseminars im September 2010 verständigten sich die Projektmit-arbeiter über die (fach)ärztliche Versorgung. Herr Dr. med. Rainer Neubart, Chefarzt im SANA-Klinikum Lichtenberg Innere Medizin III: Geriatrie, stand als Gesprächspartner zur Verfügung und fasste folgende Schwerpunkte zusammen: - Defizit in der geriatrischen Kompetenz, Seltene Präsenz von Ärzten in den stationären

Einrichtungen - Keine schnelle Hilfe in Akutsituationen - Keine umfassende Teamarbeit mit der Pflege und den Therapeuten - Keine Koordination unter den verschiedenen Ärzten - Selbst einfache Diagnostik und Interventionen müssen in Kliniken durchgeführt werden. - Eine umfassende medizinische Dokumentation fehlt meistens. - Die charakteristischen medizinischen Probleme älterer Menschen in Pflegeeinrich-

tungen führen oft zu unnötigen Krankenhausaufenthalten mit Drehtüreffekt.

Was brauchen Bewohner für ihre medizinische Versorgung?

Dr. Neubart verwies in dem auf den vom „Kompetenznetz für das Alter“ aufgestellten diesbezüglichen Forderungskatalog. Er empfahl, die großen Entwicklungspotentiale, die Pflegeeinrichtungen aus der Sicht der Geriatrie bieten, zu nutzen: - Optimierung der medizinisch-geriatrischen Kompetenz - Optimierung der pflegerisch-geriatrischen Kompetenz - Autorisierung der Pflege für medizinische Aktivitäten (Wundversorgung, Infusionen etc.) - Ausbau der Pflegeeinrichtung zu einer Institution der niederschwelligen geriatrischen

Komplettversorgung - Reduzierung der Klinikeinweisungen auf wirkliche Notfälle - Stärkung des Selbstbewusstseins der Institution Pflegeeinrichtung

In diesem Zusammenhang ist das Berliner Projekt zur Präsenz von Heimärzten in den stationären Einrichtungen zu erwähnen. In Berlin gibt es als Modellprojekt 35 stationäre Pflegeeinrichtungen, in denen ein Heimarzt angestellt ist, der auf Grund seiner Kenntnisse dem Bewohner schon eine Diagnose mitgeben kann, wenn dieser zwingend ins Krankenhaus muss. Ein Heimarzt kann eine niederschwellige ärztliche Versorgung durchführen und ist kompetent, um 70 % des Morbiditätsspektrums abzudecken, wie z.B. Flüssigkeitsmangel, Wundversorgung, Hilfsmittelverordnung, Eintrittsuntersuchung usw.

Durch die generalisierte Einführung von Heimärzten könnte eine Kostenersparnis von 17 % bei einer verbesserten ärztlichen Versorgung erreicht werden, und die Kapazitäten könnten in den Kliniken zurückgefahren werden. Leider zeichnet sich die Tendenz ab, dass die Präsenz von Ärzten in den Pflegeeinrichtungen wieder abzubröckeln beginnt. Wichtig wäre auch, für die nötige Aus- und Weiterbildung der Ärzte in Geriatrie zu sorgen. Hierzu wies Dr. Neubart auf den Basis-Kurs „Altersmedizin“ (BKA) sowie auf den Kurs „Aktivierende Pflege für Pflegekräfte“ hin.

Fazit:

1. Die Pflegebedürftigkeit ist immer die Folge einer schweren Krankheit. 2. Der Einzug in eine Pflegeeinrichtung ist immer die Folge von Krankheit. 3. In eine Pflegeeinrichtung geht man immer aus sozialen Erwägungen. 4. Einsamkeit ist keine Krankheit an sich, verursacht aber Krankheiten, wie z.B. depressive Syndrome, Depressionen.

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5. Wir müssen alle für die Ausweitung des Systems der Heimärzte eintreten. 6. Der u.a. vom Sozialwerk Berlin e.V. ehrenamtlich durchgeführte Besuchsdienst wirkt sich positiv auf die Bewohner aus, denn soziale Kontakte sind wichtig. 7. Die Belegschaft einer Einrichtung bildet an sich schon eine große Selbsthilfegruppe. 8. Die Alten von morgen werden anders (anspruchsvoller) sein als die Alten von heute. 9. Die ältere Generation muss ihre Belange selbst in die Hand nehmen und mehr Nachdruck üben. 10. Das geriatrische Zentrum im SANA-Klinikum Lichtenberg stellt einen Idealfall geriatri- scher Betreuung und Pflege dar.

Schlussfolgerungen

Überlegungen und Vorschläge zur Verbesserung der Situation

der Bewohner und zur Empfehlung an die Einrichtungsträger Folgende Problemfelder sind in den oben genannten Gesprächen deutlich geworden:

Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser! Oder: Wir haben eine gute Kontrolle und Vertrauen ist besser!

Wie oft werden Einrichtungen für Kontrollen und Begehungen aufgesucht – ob angemeldet oder unangemeldet – (vom MdK, von der Heimaufsicht, was Brandschutz oder Hygiene anbelangt, von der Bundesinitiative der Angehörigen usw.) Dabei wird sichtbar, dass wir uns in Richtung eines Kontrollwahns begeben, wobei oft Doppelbefragungen entstehen, deren Inhalte ebenfalls mit einander abgeglichen werden müssten. Könnten nicht im Sinne unseres Modellprojektes motivierte qualifizierte ehrenamtlich tätige ältere Menschen diese Befragungen durchführen, in Kombination mit dem MdK, der Heimaufsicht oder separat, und die Ergebnisse dann in Zusammenhang gebracht werden, weil wir mit unseren Ehrenamtlichen nachgewiesen haben, dass sie auf Augenhöhe ohne Zeitdruck die Gespräche führen können und so eine Verständigung besser möglich ist?

Andererseits haben hier in Berlin von über 300 Einrichtungen nur 15 die Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen unterschrieben.

Ein weiterer Aspekt sind die Pflegenoten, die hier in Berlin im Durchschnitt 1,9 betragen. Die beabsichtigte Verrechnung der Noten untereinander ist einem Diskussionsprozess unterworfen, denn der MdK will sein Benotungssystem überprüfen. Man soll weniger günstige Noten in wichtigen Pflegebereichen nicht durch relativ nebensächliche gute Noten kompensieren dürfen. Diese Auffassung wird von den Einrichtungsträgern mit getragen. Dokumentation muss sein, aber so wenig wie nötig und nicht so viel wie möglich

Der Aufwand für die Dokumentation beträgt schon bis zu 20 % der insgesamt für die Pflegekräfte verfügbaren Zeit. Dabei fehlen Anleitungen, welche Dokumente, welche Checklisten wie zu handhaben sind. Das alles führt zur Verunsicherung des Personals. Auch hier soll das Ziel der Mensch und nicht die Bürokratie sein. Personalschlüssel – examiniertes Fachpersonal, Pflegehilfskräfte – Ehrenamt

Alle Träger haben begrüßt, dass, im Zusammenhang mit § 87 b für Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf, Möglichkeiten zu einer individuellen Betreu-

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ung und zur Gruppenbetreuung geschaffen worden sind. Die Bearbeitung der diesbezüg-lichen Beantragung, die zunächst reibungslos verlief, wird jetzt stringenter gehandhabt, weil die Anzahl der Heimbewohner, die dafür in Frage kommen, immer größer wird. Das steht natürlich im Widerspruch zum Kostenfaktor. Dieses stringentere Vorgehen wirkt sich auch negativ auf die Personalsituation aus. Einerseits hat das Bezugspersonal einen großen Stellenwert, auf der anderen Seite wissen wir, dass der Rückgriff auf Leiharbeits-firmen notwendig ist, um durch Urlaub oder Krankheit bedingte Abwesenheiten des Stammpersonals zu kompensieren.

Des Weiteren muss die öffentliche Anerkennung der Pflegeberufe einfach anders wider-gespiegelt werden als das bisher geschieht, sonst wird es sehr schwer werden, junge Menschen für einen Pflegeberuf zu begeistern.

Angehörige so wie Ehrenamtliche in den Einrichtungen erleichtern die Aufgabe des Personals. Dazu sollten der Status der Ehrenamtlichen und die entsprechenden Schulungen und Qualifizierungen näher definiert werden. Auch die Rolle der Sozialarbeiter, die in größeren Einrichtungen arbeiten, soll eindeutiger festgelegt werden. Facharztversorgung – Heimarztmodell – Entwicklung der Pflegeheime zu nieder-

schwelligen medizinischen Einrichtungen?

Seit 2007 existiert das Modell des Heimarztes, und 37 von 300 Pflegeeinrichtungen machen davon Gebrauch. Dort wird akkurate und gewissenhafte Arbeit geleistet, und es wurde nachgewiesen, dass dadurch die Krankenhauseinweisungen in diesen Einrichtungen um 50 % und mehr gesunken sind, weil die leichten Fälle vor Ort in der Einrichtung behandelt werden können Es wird auch eine Reihe von Fachärzten besonders nachgefragt, die die Patienten in den Pflegeeinrichtungen aufsuchen sollten.

Aufstellung von Hinweisen und Forderungen zu den

anstehenden Rechtsverordnungen zum Wohnteilhabegesetz Das Wohnteilhabegesetz wird durch vier Rechtsverordnungen ergänzt:

1. Rechtsverordnung zum Personal

2. Heimmindestbauverordnung

3. Mitwirkungsverordnung

4. Verordnung zum Beschwerdemanagement und Vorschlagswesen

Mit den Erfahrungen aus diesem Modellprojekt werden Anregungen und Hinweise gegeben sowie Forderungen gestellt, die in die Einarbeitung der Rechtsverordnungen einfließen sollten.

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Forderungskatalog

Diese Forderungen sind ein Ergebnis aus dem Modellprojekt „Ältere Menschen informieren sich selbst über die Situation in stationären Pflegeeinrichtungen“ des Sozialwerk Berlin e.V.

1. Ältere Menschen wissen selbst am besten, was für sie gut ist und sind selbst in der Lage, ihre Wünsche und Vorstellungen zu artikulieren. Darum sind ältere Menschen künftig ehrenamtlich nach diesem erprobten Modell bei den MDK-Kontrollen in den stationären Pflegeeinrichtungen für die Bewohnergespräche und Begehungen einzu-beziehen.

2. Ohne ehrenamtliches Engagement wird im Wissen um die demographische Entwick-lung die Pflege und Betreuung in stationären Einrichtungen nicht weiter verbessert werden können. Darum sind alle Voraussetzungen zu schaffen, die eine ehrenamtliche Tätigkeit ermöglichen, wie Schulung, Qualifizierung, Kostenerstattung, Versicherungs-schutz, festen Ansprechpartner, Achtung der Ehrenamtlichen als Partner.

3. Eine gewissenhafte und exakte Pflegedokumentation mit Handlungsleitfaden muss sein, aber so wenig wie nötig und nicht so viel wie möglich, um mehr Pflegezeit am und mit dem Bewohner zur Verfügung zu haben und das Pflegepersonal nicht zu demotivieren.

4. Kontrollen müssen sein, sollten jedoch inhaltlich, zeitlich und organisatorisch besser auf einander abgestimmt werden, um Doppelbefragungen zu vermeiden und Betriebs-abläufe in den Einrichtungen nicht unnötig zu beeinträchtigen. Es sollte eine Projekt-gruppe mit Vertretern aus allen zu Kontrollen verpflichteten Institutionen gebildet werden, die die bisherigen Kontrollinhalte und –verfahren auf einander abstimmt. Daran sind Einrichtungsvertreter und ältere Menschen selber zu beteiligen.

5. Zur weiteren Transparenz der Kostensätze in stationären Pflegeeinrichtungen für die Bewohner und Angehörigen, sollte die Verwendung des Investionskostenanteils durch die Einrichtungsträger jährlich offengelegt werden.

6. Zur Sicherung der Gleichstellung der Lebensumstände der Bewohner in stationären Pflegeeinrichtungen im Westteil der Stadt ist ein Investitionsförderprogramm vom Land Berlin unter Einbeziehung der Kreditanstalten und Eigenanteile der Träger aufzulegen, da die unterschiedlichen Investionskostenanteile monatlich bis zu 500 Euro je Platz in Einrichtungen, die nicht nach Art. 52 Pflege-Versicherungsgesetz 1a saniert werden konnten, betragen.

7. Die Bewohner und Träger der stationären Pflegeeinrichtungen erwarten von der Politik eine klare Orientierung und Aussagen zur zukünftigen Entwicklung der stationären Pflegeeinrichtungen als Häuser mit Wohncharakter oder als niedrigschwellige medizi-nische Einrichtungen.

8. Die öffentliche Anerkennung, Wertschätzung sowie Bezahlung der Pflegekräfte ist weiter zu befördern, um dem Fachkräftebedarf künftig besser gerecht zu werden. Dazu gilt es ebenfalls neu entstandene Tätigkeitsbilder von Pflegehilfskräften nach Bezeich-nung, Mindestausbildungsdauer und –inhalten eindeutig zu definieren und deren Einsatzmöglichkeiten und Befugnisse klar zu bestimmen.

9. Zur Vermeidung von unnötigen Krankenhauseinweisungen von Bewohnern stationärer Pflegeeinrichtungen sollte das sich bewährte „Berliner Heimarztmodell“ unbedingt fortgesetzt und auch auf alle Einrichtungen übertragen werden. Entsprechende

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Festlegungen könnten in der Rechtsverordnung „Personal“ des Berliner Wohnteilhabe-gesetzes getroffen werden. Klare Erweiterung der Befugnisse und Kompetenzen der examinierten Pflegefachkräfte in den stationären Pflegeeinrichtungen würden ebenfalls dazu beitragen und darüber hinaus wirtschaftlich sinnvoll sein und bestehenden bürokratischen Verwaltungsaufwand senken.

10. Die Durchführung unseres Modellprojektes hat die fachärztliche Versorgung in den stationären Pflegeeinrichtungen als ein gravierendes Problem herausgestellt, welches die Bewohner und die Träger der Einrichtungen vor große Herausforderungen stellt. Darum halten wir es erforderlich, dass ein Bundesmodellprojekt „Facharztmobil für stationäre Pflegeeinrichtungen“ ins Leben gerufen wird.

Käte Tresenreuter Peter Stawenow Vorsitzende Projektleiter Berlin, 22.02.2011

Perspektive des Modellprojekts Die Aussagen des Modellprojekts sind wichtig für ältere Menschen, die sich Gedanken darüber machen, ob sie nicht dann und wann doch einen Platz in einer Pflegeeinrichtung brauchen, und dass sie sich das auch auswählen können. Es ist auch wichtig zu erfahren, was so ein Einrichtungsplatz kostet, und nach welchem Konzept die Pflege dort durchgeführt wird. Dann ist es auch wichtig für Angehörige, sich informieren zu können. Bisher haben sie sich immer bei den Koordinierungsstellen „Rund ums Alter“ informiert – auch eine Erfindung des Sozialwerks Berlin -, die jetzt Pflegestützpunkte heißen. Aber es soll auch die Aufgabe der älteren Menschen selber sein. Das Modellprojekt wird an den Paritätischen Wohlfahrtsverband LV Berlin übergeben und könnte entsprechend dem Forderungskatalog bundesweit eingeführt werden.

Öffentlichkeitsarbeit

Wann und wo wurde über das vorliegende Modellprojekt berichtet?

- In Pressemeldungen - Vom 9.-14. Mai 2010 beim Europaseminar auf Schwanenwerder - Am 19. Mai 2010 bei einer Präsentation im Abgeordnetenhaus (Wohnteilhabe-

gesetz und Mitwirkung des Sozialwerks Berlin) - Vom 6. – 9. September 2010 anlässlich des ersten Projektseminars - Am 3. November 2010 bei der Präsentation der Zwischenergebnisse - Im Dezember 2010 durch einen Bericht in der Schlösschen-Post - Vom 8. bis 10. Februar 2011 anlässlich des zweiten Projektseminars - Am 22. Februar 2011 bei der Abschlussveranstaltung - Vom 15. bis 20. Mai 2011 beim Europaseminar auf Schwanenwerder - In verschiedenen Gremien, wie z.B. ABS, LSB, Seniorenwoche, Bezirk usw. - Anlässlich der Teilnahme an Veranstaltungen, Tagungen und Kongressen - Im Internet - Eden Institut in Wien

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Danksagungen Wir danken sehr herzlich:

Den Bewohnern der besuchten Einrichtungen, die allesamt zu offenen Gesprächen bereit waren.

Den Trägern und Verantwortlichen der Pflegeeinrichtungen, die uns günstige Rahmenbedingungen zur Durchführung der Projektarbeit in ihren Einrichtungen geschaffen haben,

Dem Sozialwerk Berlin e.V. für die Bereitstellung ehrenamtlicher Mitarbeiter sowie der benötigten Infrastruktur und für das schöne Ambiente,

Den ehrenamtlichen Mitarbeitern für ihre Bereitschaft, mit Begeisterung am Projekt mitzuarbeiten.

Dem Paritätischen Wohlfahrtsverband LV Berlin e.V., insbesondere Frau Prof. Barbara John, Herrn Oswald Menninger und Herrn Reinald Purmann für die gewährte inhaltliche und finanzielle Unterstützung,

Der Politik für das bekundete große Interesse und dem damit verbundenen Nachhaltigkeitsversprechen

Dem Land Berlin P/S Sparen und der Deutschen Klassenlotterie Berlin, die die Durchführung unseres Modellprojektes erst möglich gemacht haben

Den Vertretern von A tempo, Wien für die Anschubunterstützung

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Verkehrte Welt

Verkehrte Welt – Ich lebe hier, ihr erkennt keinen Sinn mehr in mir,

für mich ist das reale Sein nicht mehr als ein trüber Schein.

Ihr redet nur über meinen Verstand,

nehmt doch einfach meine Hand. Ich seh die Welt mit anderen Augen,

ihr sagt, ich würde nichts mehr taugen.

Ihr sagt: “Deine Welt ist doch verkehrt“, und in dieser Welt sei ich nichts mehr wert.

Ihr lebt in der jetzigen Zeit, doch ich lebe in der Vergangenheit.

Kommt doch mal mit in meine Welt hinein, dann bin ich nicht mehr so allein.

Die Erinnerung an den vergangenen Augenblick

kehrt nicht mehr in mein Gedächtnis zurück, denn ich lebe in der Vergangenheit,

ein Nebel legt sich auf die jetzige Zeit. Als ob es kein klares Sein mehr gäbe

und ich in einer Welt aus Schatten lebe.

Wenn ich weine, nimm meine Hand und läst`re nicht über meinen Verstand.

Und wenn ich mal versunken bin, dann setz dich einfach zu mir hin,

gib mir Trost und geh hinein in meine eigene Welt vom Sein.

Dann ergibt alles einen Sinn

und du weißt endlich wer Ich bin.

Unbekannter Verfasser