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31.08.2015 Forschungsbericht Projekt Nr. 617.0 – FP290 Aufladung beim Versprühen von Flüssigkeiten - Voruntersuchungen zur Bestimmung relevanter Parameter DEKRA EXAM GmbH Dinnendahlstraße 9 44809 Bochum Bearbeiter: Dr. Carsten Blum Zeichen: 13EXAM 10756 BVS-Bl Laufzeit: 01.05.2013 bis 31.05.2015

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― 31.08.2015 ―

Forschungsbericht

Projekt Nr. 617.0 – FP290

Aufladung beim Versprühen von Flüssigkeiten -

Voruntersuchungen zur Bestimmung relevanter Parameter

DEKRA EXAM GmbH

Dinnendahlstraße 9

44809 Bochum

Bearbeiter: Dr. Carsten Blum

Zeichen: 13EXAM 10756 BVS-Bl

Laufzeit: 01.05.2013 bis 31.05.2015

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Inhaltsverzeichnis Seite 2 von 26

Inhaltsverzeichnis

  Teilnehmer des Forschungsbeirates .......................................................................... 3 1

  Veranlassung und Grundlagen für das Forschungsvorhaben ................................. 4 2

  Grundlagen .................................................................................................................... 5 3

  Versuchsaufbau ............................................................................................................ 7 4

4.1  Orientierende Vorversuche ............................................................................................. 7 

4.2  Aufbau der Versuchsapparatur ....................................................................................... 7 

4.3  Feldstärkemessung....................................................................................................... 11 

4.4  Ladungsmessung.......................................................................................................... 12 

 Bestimmung der Ladung mittels Spannungsmessungen .............................................. 12 4.4.1

 Direkte Messung der Ladung ........................................................................................ 13 4.4.2

  Evaluierung der Messtechnik .................................................................................... 16 5

5.1  Feldstärkemessung....................................................................................................... 16 

5.2  Ladungsmessung.......................................................................................................... 18 

  Versuchsergebnisse ................................................................................................... 19 6

6.1  Erdung des Behälters ................................................................................................... 19 

6.2  Sprühdruck.................................................................................................................... 19 

6.3  Leitfähigkeit des Sprühmediums ................................................................................... 20 

6.4  Düsengeometrie ........................................................................................................... 21 

6.5  Einbauten ...................................................................................................................... 21 

  Diskussion der Versuchsergebnisse ........................................................................ 23 7

  Zusammenfassung und Ausblick .............................................................................. 24 8

  Abbildungsverzeichnis ............................................................................................... 25 9

  Literaturverzeichnis .................................................................................................... 26 10

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1 Teilnehmer des Forschungsbeirates Seite 3 von 26

Teilnehmer des Forschungsbeirates 1

Björn Poga BG Rohstoffe und chemische Industrie

Dr. Oswald Losert BG Rohstoffe und chemische Industrie

Klaus Schwenzfeuer F. Hoffmann-La Roche AG

Dr. Martin Glor Swiss Process Safety Consulting GmbH

Dr. Ulrich von Pidoll Physikalisch-Technische Bundesanstalt

Dr. Wolfgang Fath BASF SE

Kurt Moritz Merck KGaA

Dieses Forschungsvorhaben wurde finanziell gefördert von der BG RCI. Die Mitglieder des

Forschungsbeirats unterstützten das Vorhaben durch die aktive fachliche. An dieser Stelle

möchten wir uns bei allen Beteiligten herzlich für die tatkräftige Mithilfe bedanken.

Darüber hinaus sei an dieser Stelle der Firma Merck KGaA für Anfertigung des Versuchsbe-

hälters die Bereitstellung des Technikums und der engagierten Hilfe gedankt. Einen herzli-

chen Dank an die Firma Kärcher für die Bereitstellung eines professionellen Hochdruckreini-

gungsgerätes während des Versuchszeitraums.

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2 Veranlassung und Grundlagen für das Forschungsvorhaben Seite 4 von 26

Veranlassung und Grundlagen für das Forschungsvorhaben 2

In zahlreichen verfahrenstechnischen Operationen ist das Versprühen von Flüssigkeiten un-

ter hohem Druck erforderlich. In vielen industriellen Bereichen, z.B. in der chemischen, der

pharmazeutischen, der Mineralöl- oder der Lebensmittelindustrie stellt sich hierbei die Frage

nach der Entzündung explosionsgefährlicher Atmosphäre infolge elektrostatischer Aufladun-

gen. Sicherheitstechnische Festlegungen zur Vermeidung von Zündgefahren durch elektro-

statische Aufladungen sind im deutschen Regelwerk in der TRBS 2153 [1] beschrieben, wel-

che unter der Geschäftsführung der BG RCI von der DGUV erarbeitet und aktualisiert sowie

vom Ausschuss für Betriebssicherheit beschlossen und vom BMAS bekannt gemacht wird.

Die Aussagen der TRBS 2153, z. B. bis zu welchen Maximaldrücken beim Reinigen von Be-

hältern mit verschiedenen Lösemitteln nicht mit gefährlichen Aufladungen zu rechnen ist,

sind mangels belastbarer experimenteller Daten sehr eingeschränkt. Der Grenzbereich zu

kritischen Aufladungen und der Sicherheitsabstand der bestehenden Vorgaben hin zu unsi-

cheren Wertensind unbekannt.

Aus diesem Grund möchte die BG RCI Forschungen durchführen, die die Datenbasis ver-

breitern, auf der Aufladungen beim Versprühen beurteilt werden können. Bevor aber eine

Untersuchung von Aufladungsvorgängen beim Versprühen unter realistischen Bedingungen

möglich ist, müssen die Parameter bekannt sein, die die Höhe der Aufladung wesentlich be-

stimmen, und es muss eine praktikable Messmethode zur Verfügung stehen, die Untersu-

chungen in aerosolhaltiger Atmosphäre erlaubt.

In diesem Bericht werden die Voruntersuchungen näher beschrieben.

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3 Grundlagen Seite 5 von 26

Grundlagen 3

Beim Versprühen von Flüssigkeiten können sich feine Tröpfchen infolge von Trennprozessen

an der Phasengrenzfläche elektrostatisch aufladen. Dieser sog. Lenard Effekt ist umgangs-

sprachlich auch als „Wasserfall-Elektrizität“ bekannt. Durch das Aufreißen der Grenzflächen

von Tropfen beim Zerstäuben findet eine Ladungstrennung statt. Die neuen entstehenden

kleinen Tröpfchen laden sich hierbei negativ auf, größere Tröpfchen weisen eine positive

Überschussladung auf. Aufgrund der schnelleren Sinkgeschwindigkeit der größeren Tröpf-

chen tritt eine räumliche Trennung der unterschiedlich geladenen Tröpfchen auf. Die in

Schwebe verbleibenden Kleinsttröpfchen können eine negativ hoch aufgeladene Ladungs-

wolke bilden.

Dass eine solche Trennaufladung beim Zerstäuben von Wasser eine ursächliche Zündquelle

für explosionsfähige Brennstoff-Luft-Gemische sein kann, zeigte sich im Dezember 1969, als

sich innerhalb weniger Wochen drei verheerenden Explosionsereignisse auf Supertankern

bei der Hochdruckreinigung der leeren Tanks mit Seewasser ereigneten (Sprühdruck ca.

10bar bis 12 bar; Volumen der Tanks ca. 20.000 m³). Durch umfangreiche Untersuchungen

wurde postuliert, dass sog. „water slugs“ zu Funkenentladungen innerhalb der extrem gro-

ßen Tanks führten. Als Konsequenz aus diesen Ereignissen wurde die Hochdruckreinigung

von solch großen Tanks nur unter inerten Bedingungen zugelassen [2].

1989 hat eine deutsche Arbeitsgruppe [3]. Untersuchungen zur Behälterreinigung durchge-

führt. Ziel der Untersuchungen war es zu klären, ob auch bei industriell üblich praktizierten

Reinigungsprozessen unter höheren Sprühdrücken in kleineren Behältern mit gefährlich ho-

hen Aufladungen zu rechnen ist. Es wurden Grenzwerte für verschiedene Parameter wie

Druck, Behältergröße, etc. festgelegt, die heute noch die Basis für die Regelungen in Ab-

schnitt 4.12 der TRBS 2153 zur Beurteilung von Sprühprozessen bilden.

Die zugrunde liegenden Untersuchungen sind jedoch unzureichend, um Aussagen zu den

Grenzbedingungen für einen sicheren Betrieb zu treffen, da sie nur Ergebnisse im akzep-

tablen Bereich angeben. Man hat nicht ermittelt, wo der Grenzbereich mit kritisch zu bewer-

tenden Aufladungen liegt oder ob der Grenzbereich durch Extrapolationen ermittelt werden

kann.

In nachfolgender Tabelle sind die Ergebnisse aus den oben genannten Versuchen sowie die

Erkenntnisse zur Reinigung von großen Tanks und die derzeitig gültigen Einschränkungen

für das Reinigen von Behältern tabellarisch dargestellt:

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3 Grundlagen Seite 6 von 26

Tabelle 1: Elektrostatische Zündgefahren bei der Behälterreinigung

In den Voruntersuchungen, über die im Rahmen dieses Forschungsprojektes berichtet wird,

sollen Parameter und Methodik für die Untersuchung praxisrelevanter Szenarien ermittelt

werden und mögliche Messverfahren getestet werden, um Aussagen zu Aufladungshöhen zu

erhalten. Ebenfalls soll geklärt werden, ob die Höhe der Aufladung einer Sprühnebelwolke

durch die Ladungstrennung an der Düse oder ggf. erst beim Aufprall auf eine Wand ent-

scheidend beeinflusst wird. Um eine gute Handhabbarkeit und unkomplizierte Umbauten

sicherzustellen, sollte die Größe des Versuchsbehälters nicht größer als 1 m³ sein.

Reinigungs-medium

Behälter-volumen

Behälter-durchmesser

Druck Durchsatz Anteil einer 2. Phase

Geschlosse-ner Kreislauf

zulässig Wasser ≤ 100 m³ ? ≤ 12 bar ? ? ? Wasser ? ≤ 3 m³ < 500 bar < 5 l/s ? ?

isolierende Lösungsmittel

? ? ≤ 12 bar ? 1 Gew.-% ja

Kohlenwasser-stoffhaltige

Lösungsmittel ? ? < 50 bar < 1 l/s 1 Gew.-% nein

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4 Versuchsaufbau Seite 7 von 26

Versuchsaufbau 4

4.1 Orientierende Vorversuche

In orientierenden Vorversuchen sollte zunächst geklärt werden, ob sich auch mit einem han-

delsüblichen Hochdruckreinigungsgerät, Typ Kärcher HD 650, aussagekräftige Ergebnisse

erzielen lassen. Hierzu wurde Trinkwasser mit einem Sprühdruck von maximal 150 bar in

das Innere eines isolierenden 1000-l-Kunststoff-IBC gesprüht. Oberhalb der Einfüllöffnung

wurden mittels eines Influenz-Feldstärkemessgerätes Messungen durchgeführt, ohne dass

unzulässig viele Wassertröpfchen den Sensor beeinflussen konnten. Es konnte keine Aufla-

dung festgestellt werden. Lediglich das direkte Besprühen einer isolierten PTFE- Platte aus

einer Entfernung von 10 cm war mit messbaren Feldstärken verbunden (ca. 20 kV/m).

Aus den orientierenden Vorversuchen resultierte, dass es notwendig ist, in einem 1m³-Be-

hälter mit höheren Sprühdrücken als 150 bar zu arbeiten. Die Messtechnik für Feldstärke-

messungen innerhalb eines Versuchsbehälters muss spritzwassergeschützt ausgeführt sein.

4.2 Aufbau der Versuchsapparatur

Auf dem Werksgelände der Merck KGaA wurden im April 2014 die Sprühversuche durchge-

führt. Der prinzipielle Versuchsaufbau ist in Abbildung 1 schematisch dargestellt.

Abbildung 1: Schematische Darstellung der Versuchsapparatur

Als Versuchsbehälter diente ein modifizierter zylindrischer 1-m³-IBC aus Edelstahl

(Abbildung 2). Mittels eines gewerblichen Hochdruckreinigungsgerätes, Typ Kärcher

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HD9/50-4 (Abbildung 3) wurden Sprühversuche mit Drücken bis zu 500 bar durchgeführt. Als

Flüssigkeit wurde sowohl Trinkwasser1 als auch VE-Wasser2 untersucht.

Abbildung 2: Modifizierter IBC aus Edelstahl

Abbildung 3: Hochdruckreinigungsgerät, Typ

Kärcher HD9/50-4

Der Versuchsbehälter wurde im Rahmen einer Umbaumaßahme vor Versuchsbeginn so

vorbereitet, dass ggf. im Rahmen eines Folgeprojektes weitere Parameter untersucht werden

können. In den Behälter wurden insgesamt drei Rohrflansche DN 120 eingeschweißt. Zwei

Flansche waren für Feldstärkemessungen in unterschiedlichen Positionen vorgesehen

(Abbildung 4), ein dritter Flansch wurde für eine optionale Tröpfchenanalyse verbaut. Die für

die Versuche nicht benötigten Flansche wurden mit Sichtscheiben aus Polycarbonat dicht

verschlossen.

Die Feldmessung mittels Influenzfeldmeter wurde am oberen Flansch durchgeführt

(Abbildung 5). Das Feldmeter wurde hierzu in einer PTFE-Platte gefasst, und mit einer Kon-

struktion aus PP zum Behälter isoliert abgestützt. Hierdurch sollte vermieden werden, dass

im Inneren erzeugte Ladungen über das Gehäuse und die Messtechnik des E-Feldmeters

zur Erde abgeführt werden.

1 Leitfähigkeit Trinkwasser: 6,6 *10-2 S/m 2 Leitfähigkeit VE-Wasser: 9,2 *10-5 S/m

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4 Versuchsaufbau Seite 9 von 26

Abbildung 4: Rohrflansche zur Einbringung der

Messtechnik

Abbildung 5 Am Behälter montierter Messkopf

des Influenz-Feldstärkemessgerätes

Durch einen Bediener wurde die Flüssigkeit mit der Sprühlanze des Hochdruckreinigungsge-

rätes über den Mannlochdeckel des Behälters eingedüst (Abbildung 6).

Anfallendes Wasser wurde kontinuierlich über das Bodenventil abgelassen. Der angeschlos-

sene Ablaufschlauch sowie der Auffangbehälter, wurden gegen Erde isoliert.

Neben dem Sprühdruck des Hochdruckreinigers wurde auch der Einfluss der Düsengeomet-

rie an unterschiedlichen Sprühdüsen untersucht. So wurde neben einer Rundstrahldüse

auch eine Flachstrahldüse eingesetzt, die den Wasserstrahl in einen Flachstrahl mit einem

Sprühwinkel von 15 ° auffächert. Als dritte Düse wurde eine sog Rotordüse verwendet, die

die Wirkung von Rund- und Flachstrahldüse vereinigt.

.

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Abbildung 6: Isolierte Standfläche am Mannloch-

deckel für den Bediener der Sprühlanze

Abbildung 7: Isolierter Auslauf

Um zu klären, ob die Aufladung wesentlich durch die Düse erfolgt oder ob der Aufprall des

Sprühstrahls auf eine Behälterwand maßgeblich die Aufladungshöhe beeinflusst, wurden

neben dem reinen Versprühen in den leeren Behälter auch Sprühversuche mit Prallplatten

aus Polypropylen (Abbildung 8) und aus Edelstahl (Abbildung 9) durchgeführt. Um Wechsel-

wirkungen mit dem Behältergehäuse zu vermeiden, konnten die beiden Prallplatten isoliert

am Behälterboden montiert werden. Die metallische Platte wurde entweder über ein Er-

dungskabel durch das Auslaufventil geerdet, oder die Metallplatte wurde an einen La-

dungsverstärker angeschlossen, um den Aufladestrom der Platte zu messen.

Abbildung 8: Prallplatte aus PP

Abbildung 9:Vom Behälter isolierte, geerdete

Prallplatte aus Edelstahl

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Während des Sprühvorgangs wurde in der Nähe der Behälterwand entweder die elektrische

Feldstärke (kV/m) oder die auf den Behälter aufgebrachte Ladung (µC) gemessen.

4.3 Feldstärkemessung

Die Auswahl eines geeigneten Feldstärkemessgerätes gestaltete sich schwierig, da das

Messsignal des in den Behälter einzubauenden Gerätes nicht durch auftreffende Was-

sertröpfchen oder den Sprühnebel beeinträchtigt werden darf. In der Vergangenheit wurden

Geräte gebaut, die mittels einer radioaktiven Strahlungsquelle die Luft zum Messgerät ioni-

sieren. Prinzipiell wäre ein solches Messprinzip für Feldstärkemessungen in extrem feuchter

Umgebung geeignet, jedoch wurde diese Messmethode aus Strahlenschutzgründen ver-

worfen. Mittlerweile sind auch keine Messgeräte mehr am Markt verfügbar, die nach diesem

Prinzip arbeiten.

Daher wurde die elektrische Feldstärke mithilfe eines Influenz-E-Feldmeters untersucht

(Abbildung 10). Hierzu wird der Effekt der Ladungsverschiebung infolge von Influenz genutzt

[4]. Hinter einem rotierenden Abschirmflügel befindet sich eine Influenz-Elektrode, die mit

dem Verstärkereingang verbunden ist. Die Feldlinien enden je nach Stellung des rotierenden

Flügels entweder auf diesem selbst oder auf der Influenzelektrode. Das verursacht am Ver-

stärkereingang einen der Feldstärke proportionalen Wechselstrom, der nach Gleichrichtung

eine Anzeige der Feldstärke ermöglicht.

Das Problem bei diesem Messprinzip besteht allerdings darin, dass die Spaltmaße zwischen

den rotierenden und den statischen Bauteilen sehr eng sind, so dass durch Wassertropfen

Abbildung 10: Schematische Darstellung Influenz-E-Feldmeter

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4 Versuchsaufbau Seite 12 von 26

der Drehflügel und die Sektorelektroden kurzgeschlossen werden können, so dass keine

Messsignale detektierbar sind. Daher wurde für die Versuche ein aufwendig konstruiertes

Influenz-Feldstärkemessgerät der Firma Chilworth Technology Ltd., Typ JCI 131 verwendet

(Abbildung 11). Dieses Gerät wurde speziell für den Außeneinsatz konstruiert, um unter un-

günstigen atmosphärischen Bedingungen, z.B. bei direkter Regenbeaufschlagung als Blitz-

Warnsystem, elektrische Feldstärken zu bestimmen. Um die o.g. Kurzschlussphänomene

durch Wassertropfen zwischen den Elektroden zu verhindern, beträgt die Spaltweite zwi-

schen der drehenden und der statischen Elektrode (Abbildung 12) die Spaltweite 7 mm.

Die Steuereinheit des JCI 131 gibt analog zur gemessenen Feldstärke ein Spannungssignal

aus. Mithilfe eines PC-Oszilloskops, Typ picoscope 2204, wurden die zeitlichen Verläufe der

Feldstärken innerhalb des Behälters aufgezeichnet.

Der Messfehler des kalibrierten Influenz-E-Feldstärkemeters (Prüfmittel-Nr. E 2411) beträgt

0,4 %

Abbildung 11: Influenz-E-Feldmeter, Typ Chil-

worth JCI 131 [5]

Abbildung 12: Messkopf JCI 131 [5]

4.4 Ladungsmessung

Neben der Messung der elektrischen Feldstärke wurden der zeitliche Verlauf der Ladungs-

akkumulation im Behälter zu gemessen.

Hierzu sind prinzipiell zwei Messverfahren möglich, die nachfolgend erläutert werden:

Bestimmung der Ladung mittels Spannungsmessungen 4.4.1

Bei einmaliger Messung der Kapazität C des isoliert aufgestellten Versuchsbehälters und der

Messung der Spannung U am Behälter während der Versprühversuche lässt sich die Ladung

Q über die Gleichung

Q = C · U

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4 Versuchsaufbau Seite 13 von 26

bestimmen. Der Nachteil bei diesem Messverfahren besteht jedoch darin, dass die Span-

nung des gegen Erde isolierten Behälters mittels eines statischen Voltmeters bestimmt wer-

den muss. Da mitunter sehr hohe statische Spannungen auftreten, ist eine gute Isolation des

Behälters Voraussetzung. Auf diese Messmethode wurde verzichtet, da beim Versprühen

von Wasser unter hohem Druck auch im Außenbereich der Apparatur mit Feuchtigkeit zu

rechnen ist, die einen Erdschluss verursachen kann.

Direkte Messung der Ladung 4.4.2

Zur direkten Ladungsmessung wurde ein Ladungsverstärker, Typ 5011B, der Fa. Kistler

verwendet. Ein solcher Ladungsverstärker wird üblicherweise eingesetzt, um die meist ge-

ringen Ladungen, die von piezoelektrischen Messwertsensoren (z.B. Drucksensoren bei Ex-

plosionsversuchen) abgegeben werden, in proportionale Spannungssignale umzuwandeln.

Die Eingangsstufe eines Ladungsverstärkers besteht aus einem kapazitiv rückgekoppelten

Differenzverstärker [6]. Das Ladungssignal am Eingang wird durch das rückgekoppelte La-

dungssignal kompensiert. Die am Ausgang anliegende Spannung ist ein Maß für die einge-

speiste Ladung. Die folgende Abbildung 13 zeigt schematisch den Aufbau einer solchen La-

dungsverstärkerstufe:

Abbildung 13: Schematischer Aufbau eines Ladungsverstärkers [6]

Die Eingangsladung qinp liegt am Summenpunkt an, dem invertierenden Eingang des Diffe-

renzverstärkers. Diese Ladung verteilt sich auf die Kabelkapazität Cc, die Eingangskapazität

des Verstärkers Cinp und den Rückkoppelkondensator Cf. Je nach Messbereich wird im ver-

wendeten Ladungsverstärker nur einer von fünf Bereichskondensatoren angesteuert.

Da im Rahmen dieses Projektes zunächst nur das Messverfahren getestet werden sollte und

der Messbereich unbekannt war, wurde auf eine aufwendige Werkskalibrierung des La-

dungsverstärkers für alle Bereichskondensatoren verzichtet. Die Messgenauigkeit des La-

dungsverstärkers wird herstellerseitig mit ± 1% angegeben.

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4 Versuchsaufbau Seite 14 von 26

Im Rahmen dieses Projektes wurde in einer Reihe von Vorversuchen festgestellt, dass ein

Ladungsverstärker auch zur direkten Aufzeichnung von zeitlichen Ladungsverläufen an ei-

nem Faraday-Becher verwendet werden kann. Somit können auch Ladungsansammlungen

in dem zu untersuchenden IBC detektiert werden, wenn dieser gegen Erde isoliert ist.

Der Vorteil dieser Messmethode liegt darin, dass die entstehenden Ladungen einen Konden-

sator im Ladungsverstärker aufladen. Hierdurch entspricht die Spannung, auf die der Ver-

suchsbehälter aufgeladen wird, nur dem Ausgangssignal des Ladungsverstärkers von ± 10

Volt. Im Gegensatz zu dem unter 4.4.1 beschriebenen Messverfahren, ist daher nicht mit

gravierenden Isolationsproblemen zu rechnen.

Das Kabel für das Eingangssignal des Ladungsverstärkers kontaktiert den isoliert aufge-

stellten Behälter am Rahmen. Um Störeinflüsse zu minimieren wurde die Messleitung mög-

lichst kurz gehalten und der Ladungsverstärker in ein Kunststoffgehäuse als Spritzwasser-

schutz eingebracht (Abbildung 14).

Da bei den elektrostatischen Versuchen mit wesentlich höheren Ladungssignalen zu rech-

nen ist als bei piezoelektrischen Messwertsensoren, wurde dem Ladungsverstärker ein sog.

Ladungsteiler 1:100 der Firma Kistler vorgeschaltet. Ein solcher Ladungsteiler besteht aus

zwei hochisolierenden Kondensatoren, von denen einer parallel zum Eingang liegt (Parallel-

kapazität), während der andere zwischen Eingang und Ausgang geschaltet ist (Serienkapa-

zität) [7]. Dadurch wird der Messbereich des Ladungsverstärkers, Typ 5011B, um den Tei-

lungsfaktor vergrößert. Hierdurch ließ sich der Messbereich des verwendeten Ladungsver-

stärkers von maximal 1 µC auf 100 µC erweitern.

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4 Versuchsaufbau Seite 15 von 26

Das Ausgangssignal des Ladungsverstärkers ist ein Spannungssignal (± 10 Volt), das ana-

log zur gemessenen Ladung ist. Durch das PC-Oszilloskop, Typ picoscope 2204, wird so der

zeitliche Verlauf der Ladungsansammlung im Behälter aufgezeichnet.

Ein weiterer Vorteil der direkten Ladungsmessung ist die Möglichkeit, den Aufladestrom ein-

fach zu ermitteln. Da die Aufladungshöhe in allen Fällen mit der Dauer des Sprühvorgangs

linear ansteigt, wird für die Auswertung die Steigung dq/dt [µC/s] verwendet. Der Quotient

aus Ladung/Zeit ist der Aufladestrom.

Abbildung 14: Anschluss des Ladungsverstärkers an den IBC

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5 Evaluierung der Messtechnik Seite 16 von 26

Evaluierung der Messtechnik 5

5.1 Feldstärkemessung

Das eingesetzte Influenz-Feldstärkemessgerät der Firma Chilworth Technology Ltd., Typ

JCI 131 hat sich zur Feldstärkemessung in stark aerosolbelasteter Atmosphäre bewährt.

Auch unter einer starken Beaufschlagung mit Flüssigkeitströpfchen konnten aussagekräftige

Messungen durchgeführt werden. In Vorversuchen konnten selbst dann verlässliche Feld-

stärkemessungen durchgeführt werden, wenn das Messgerät in den Sprühstrahl der Rota-

tionsdüse gehalten wurde (Abbildung 15).

Abbildung 15: Influenz-E-Feldmeter JCI 131 bei starker Beaufschlagung mit Sprühnebel

Die nachfolgende Abbildung 16 zeigt den zeitlichen Verlauf der Feldstärke bei einem Ver-

such im Freigelände. Hierzu näherte sich eine Testperson aus einer Entfernung von ca. 15 m

der Rotationsdüse des Hochdruckreinigers bis auf eine Distanz von ca. 2 m (Sprühmedium

VE-Wasser, Sprühdruck 300 bar)

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5 Evaluierung der Messtechnik Seite 17 von 26

Abbildung 16: Feldstärkemessung im Freigelände (VE-Wasser, Rotationsdüse, 300 bar Sprühdruck)

Bei den Feldstärkemessungen im Freigelände wurden deutlich höhere Feldstärken gemes-

sen als im Versuchsbehälter, da sich im Freien eine großvolumige Wolke des Sprühnebels

ausbilden kann. Treten die gemessenen hohen Feldstärken von ca. 400 kV/m in geschlos-

senen Behältern mit einer explosionsfähigen Atmosphäre auf, ist mit gefährlich hohen Aufla-

dungen zu rechnen.

Bei den Sprühversuchen im Versuchsbehälter hat sich gezeigt, dass eine gleichzeitige Feld-

stärke- und Ladungsmessung nicht möglich ist, da wegen des Sprühnebels bereits kurz nach

Versuchsstart zwischen dem Gehäuse des Messkopfes des Influenz-E-Feldmeters und dem

Versuchsbehälter keine wirkungsvolle Isolation mehr besteht. Über die Messleitung des In-

fluenz-E-Feldmeters konnten so Ladungen abfließen, bzw. der Behälter inklusive des Kon-

densators im Ladungsverstärker wurde geerdet. Durch den Erdschluss sank dann das Aus-

gangssignal des Ladungsverstärkers schlagartig wieder auf 0. Auch eine galvanische Tren-

nung des Influenz-E-Feldmeters mit zugehöriger Steuerung zeigte hier keine Wirkung. Ein

solcher zeitlicher Verlauf der Feldstärke und der Ladung ist in nachfolgender Abbildung 17

dargestellt:

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5 Evaluierung der Messtechnik Seite 18 von 26

Abbildung 17: Zeitlicher Verlauf von Feldstärke und Ladung

5.2 Ladungsmessung

Es hat sich gezeigt, dass das Verfahren zur Messung der eingebrachten Ladung mittels La-

dungsverstärkern geeignet ist. Durch den linearen Anstieg der Ladung mit der Zeit entspricht

die Steigung dem Aufladestrom an der Düse.

Wie bereits in Kap. 5.1 erwähnt wurden die Ladungsmessungen aufgrund des Störeinflusses

des Influenz-E-Feldmeters separat durchgeführt. Unter diesen Bedingungen wurden valide

Ergebnisse erhalten.

Bei Versuche mit einer metallischen Prallplatte (siehe Abbildung 9), die nicht geerdet war,

sondern mit einem Ladungsverstärker verbunden wurde, ergab sich bei VE-Wasser ein un-

erwartet hoher Aufladestrom an der Prallplatte von 114 µA, , dass der Eingangstransistor

(MOSFET) des Ladungsverstärkers trotz Nutzung eines Ladungsteilers 1:100 zerstört wor-

den ist. Es ist daher bei den Ladungsmessungen unbedingt darauf zu achten, dass während

der Versuchsdauer der Grenzwert für die maximale Ladung des Ladungsverstärkers, ggf. in

Kombination mit dem Ladungsteiler, nicht überschritten wird.

0

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6 Versuchsergebnisse Seite 19 von 26

Versuchsergebnisse 6

6.1 Erdung des Behälters

Wie in Kapitel 4.4.2 beschrieben, muss zur Ladungsmessung der Versuchsbehälter isoliert

werden, um die erzeugten Ladungen überhaupt detektieren zu können. Beim Versuch der

gleichzeitigen Messung von Ladung und Feldstärke muss der Behälter somit ebenfalls iso-

liert sein. Jedoch nimmt dann die Feldstärke höhere Werte an als bei reinen Feldstärkemes-

sungen an einem geerdeten Behälter. Da in der betrieblichen Praxis davon auszugehen ist,

dass metallische Behälter immer geerdet sind, sind auch für die sicherheitstechnische Be-

wertung, ob aufgrund hoher Feldstärken Zündungen zu erwarten sind, die Versuche im ge-

erdeten Behälter heranzuziehen.

Um den Einfluss der unterschiedlichen Parameter zu verdeutlichen, boten sich jedoch Ver-

suche im nicht geerdeten Behälter an.

6.2 Sprühdruck

Wie zu erwarten ist, steigt mit zunehmendem Sprühruck die Aufladungshöhe sowohl bei

Verwendung von VE-Wasser als auch bei Trinkwasser deutlich an. Bei Messungen des Auf-

ladestroms im leeren Behälter mit Trinkwasser zeigt sich, dass dieser bei Erhöhung des

Sprühdruckes von 100 bar auf 500 bar nahezu linear um den Faktor 3 bis 4 ansteigt. Das

nachfolgende Diagramm (Abbildung 18) zeigt die Abhängigkeit des Aufladestroms und der

Feldstärke vom Sprühdruck. Hierzu wurde Trinkwasser mit einer Flachstrahldüse versprüht.

Im Behälter befanden sich keine Prallteller. In diesen Versuchen war der Versuchsbehälter

notwendigerweise bei den Ladungsmessungen gegen Erde isoliert. Auch bei der Messung

der Feldstärke wurde der Behälter nicht geerdet, wodurch auch beim Versprühen von Trink-

wasser relativ hohe Feldstärken erzielt werden.

Page 20: Abschlussbericht Versprühen Endversion...deckel für den Bediener der Sprühlanze Abbildung 7: Isolierter Auslauf Um zu klären, ob die Aufladung wesentlich durch die Düse erfolgt

6 Versuchsergebnisse Seite 20 von 26

Abbildung 18: Abhängigkeit des Aufladestroms und der Feldstärke vom Sprühdruck

Befinden sich Einbauten im Behälter, steigt der Aufladestrom bei Erhöhung des Sprüh-

druckes im leeren Behälter von 100 bar auf 500 bar um den Faktor 3 bis 6 an.

6.3 Leitfähigkeit des Sprühmediums

Der Einfluss der Leitfähigkeit des Sprühmediums ist von entscheidender Bedeutung für die

Aufladungshöhe. Bei ansonsten gleichen Parametern kann der Aufladestrom bei Verwen-

dung von VE-Wasser ca. das 8-fache gegenüber Trinkwasser betragen. Es wurde festge-

stellt, dass die Leitfähigkeit der Flüssigkeit gegenüber den anderen Parametern den größten

Einfluss hat.

Beim Vergleich der Feldstärken im geerdeten Behälter wird deutlich, dass überhaupt erst bei

Verwendung von VE-Wasser an Stelle von Trinkwasser eine merkliche Aufladung der

Sprühwolke festzustellen ist.

Daher kann die Aussage getroffen werden, dass bei Reinigung eines geerdeten 1000-l IBC

mit VE-Wasser oder Trinkwasser bei Drücken bis zu 500 bar nicht mit gefährlich hohen Auf-

ladungen beim Versprühen zu rechnen ist.

0

5

10

15

20

25

30

0

5

10

15

20

25

30

500400300200100

Au

flad

estr

om

A]

Fel

dst

ärke

[kV

/m]

Druck [bar]

Elektrische FeldstärkeAufladestrom

Page 21: Abschlussbericht Versprühen Endversion...deckel für den Bediener der Sprühlanze Abbildung 7: Isolierter Auslauf Um zu klären, ob die Aufladung wesentlich durch die Düse erfolgt

6 Versuchsergebnisse Seite 21 von 26

6.4 Düsengeometrie

Im leeren Behälter zeigt sich, dass der Aufladestrom an der Behälterinnenwand durch einen

Flachstrahl geringfügig höher ist als beim Punktstrahl. Entscheidend ist hier vermutlich, dass

bei Verwendung der Flachstrahldüse mehr Tröpfchen auf die Behälterwand treffen als beim

Punktstrahl. Deutlicher ist der Unterschied hinsichtlich der Feldstärke. So zeigt insbesondere

die Rotationsdüse gegenüber der Flachstrahl- und der Punktdüse deutlich höhere Feld-

stärke. Dies lässt sich mit der räumlichen Ausdehnung des Sprühstrahls begründen. So wird

durch die Rotationsdüse (wie in Abbildung 15 zu sehen) der Sprühstrahl stark aufgeweitet,

so dass die Ladungswolke im Versuchsbehälter ein größeres Volumen einnehmen kann als

beim Einsatz der Flachstrahl- bzw. Punktstrahldüse (vgl. Abbildung 20).

6.5 Einbauten

Gegenüber dem leeren Behälter verringern Einbauten den Aufladestrom an der Behälter-

wand. In Abbildung 19 sind die Aufladeströme in Abhängigkeit vom Sprühdruck bei einer

Flachstrahldüse dargestellt. Zur Ermittlung des Einflusses bei Verwendung der metallischen

Prallplatte wurde sowohl die Metallplatte, als auch die Behälterwand mit einem Ladungsver-

stärker verbunden. Die Summe aus beiden Werten ist in Abbildung 19 dargestellt.

Abbildung 19: Aufladestrom mit/ohne Einbauten

0

4,5

9

13,5

18

100 200 300 400 500

Au

flad

estr

om

A]

Druck [bar]

Keine Prallplatte

Prallplatte PE

Summe Aufladestrom Metallplatte+Aufladestrom Wand

Page 22: Abschlussbericht Versprühen Endversion...deckel für den Bediener der Sprühlanze Abbildung 7: Isolierter Auslauf Um zu klären, ob die Aufladung wesentlich durch die Düse erfolgt

6 Versuchsergebnisse Seite 22 von 26

Interessant ist, dass der Aufladestrom durch die Metallplatte (Summe des Aufladestroms an

der Metallplatte und an der Behälterwand) und an der Kunststoffplatte die gleichen Werte

liefert, so dass offensichtlich das Material der Prallplatte den Aufladestrom nicht beeinflusst.

Trifft der Strahl zielgerichtet zunächst auf eine Prallplatte, verbleibt entweder eine höhere

Ladung auf den zurückprallenden und in Schwebe befindlichen Tröpfchen oder die Tröpf-

chen werden in ein feineres Aerosol zerteilt, das eine höhere Raumladung aufweist als wenn

der Sprühstrahl in dem leeren Behälter eingesetzt wird.

Diese Annahme wird dadurch bestätigt, dass die elektrische Feldstärke durch den Einbau

der Prallplatten erhöht wird, im Vergleich zum Versprühen in den leeren Behälter. In Abbil-

dung 20 sind die Ergebnisse von Feldstärkemessungen im geerdeten Behälter dargestellt.

Es wird deutlich, dass die Feldstärke unabhängig von der Düsengeometrie durch den Ein-

satz einer Prallplatte deutlich erhöht wird.

Abbildung 20: Einfluss der Düsengeometrie

0

5

10

15

20

25

30

Flachstrahl

Fel

dst

ärke

[kV

/m]

Düsengeometrie

VE-Wasser - keine Prallplatte VE-Wasser - Prallplatte PE - 500 bar

VE-Wasser - Prallplatte PE - 300 bar Trinkwasser - keine Prallplatte - 500 bar

Trinkwasser - keine Prallplatte - 300 bar Trinkwasser - PE-Prallplatte - 500 bar

Trinkwasser - PE-Prallplatte - 300 bar

R

RundstrahlFlachstrahl Rotationsdüse

Page 23: Abschlussbericht Versprühen Endversion...deckel für den Bediener der Sprühlanze Abbildung 7: Isolierter Auslauf Um zu klären, ob die Aufladung wesentlich durch die Düse erfolgt

7 Diskussion der Versuchsergebnisse Seite 23 von 26

Diskussion der Versuchsergebnisse 7

Während der Ladungsmessungen wurden beim Versprühen durch das Aufreißen der Flüs-

sigkeit an der Phasengrenzfläche oder beim Aufprall auf die Behälterwand Aufladungen er-

zeugt. Da das Wasser in einem gegen Erde isolierten Gefäß aufgefangen wurde und der

Versuchsbehälter ebenfalls gegen Erde isoliert war, lässt sich aus dem gemessenen Aufla-

destrom (C/s) des Behälters die spezifische Ladung (C/kg) der Flüssigkeit abzüglich der La-

dung der Tröpfchenwolke ermitteln. So erhält man aus dem gemessenen Aufladestrom von

17,8 µA und dem Volumenstrom von 15l /min eine spezifische Aufladung der Flüssigkeit von

71 µC/kg (Trinkwasser, Flachstrahldüse, 500 bar Sprühdruck, keine Prallplatte). Gegenüber

den Ergebnissen aus [3] (50 bar Sprühdruck) lag die spezifische Aufladung etwa eine Grö-

ßenordnung höher. Der im Rahmen dieses Projektes gemessene Wert korreliert jedoch gut

mit dem Literaturwert, da berücksichtigt werden muss, dass gegenüber der Literaturangabe

neben dem höheren Sprühdruck auch eine andere Düsengeometrie vorlag.

Auch die Feldstärkemessungen korrelieren gut mit den o.g. Literaturergebnissen. So wurden

am geerdeten Versuchsbehälter unter den gleichen o.g. Parametern (Trinkwasser, Flach-

strahldüse, 500 bar Sprühdruck, keine Prallplatte) Feldstärken von 4 kV/m gemessen.

Aus der an der Behälterwand gemessenen Feldstärke lässt sich unter der Annahme einer

gleichmäßigen Ladungsverteilung im Behälter die spezifische Raumladung der Sprühwolke

im zylindrischen Behälter ermitteln.

Für die elektrische Feldstärke E an der Zylinderwand gilt:

2

Mit r = Behälterradius, = Permittivität des Vakuums (8,854 · 10-12 C/Vm)

Bei einer Feldstärke von 4 kV/m ergibt sich eine Raumladungsdichte von 133 nC/m³.

Der so erhaltene Wert ist um den Faktor 2 kleiner als die in [3] gemessenen Werte von

240 nC/m³ in einem 24 m³-Behälter und 2 Sprühdüsen.

Der gemessene Wert für die Raumladungsdichte von 133 nC/m³ korreliert ebenfalls gut mit

der oben ermittelten spezifischen Aufladung der Flüssigkeit von 71 µC/kg. Demnach sollten

sich rechnerisch ca. 2 g Wasser in Form von Tröpfchen in einer idealisierten Wolke von 1m³

befinden. Dies erscheint hinsichtlich der Größenordnung nicht unrealistisch.

Page 24: Abschlussbericht Versprühen Endversion...deckel für den Bediener der Sprühlanze Abbildung 7: Isolierter Auslauf Um zu klären, ob die Aufladung wesentlich durch die Düse erfolgt

8 Zusammenfassung und Ausblick Seite 24 von 26

Zusammenfassung und Ausblick 8

Im Rahmen dieses Forschungsberichtes wurde Voruntersuchungen durchgeführt, um die

Datenbasis zu verbreitern, auf der elektrostatische Aufladungen beim Versprühen beurteilt

werden können. Hierzu wurde eine 1 m³ große Apparatur entwickelt, in der die Sprühversu-

che mit einem professionellen Hochdruckreinigungsgerät durchgeführt wurden. Es wurde ein

geeigneter Messkopf erprobt, mit dem sich die elektrische Feldstärke im Behälter auch bei

starker Beaufschlagung durch Sprühnebel messen lässt. Ebenfalls wurde eine Messmethode

entwickelt, mit der sich die Aufladung an der Behälterwand, bzw. der Aufladestrom messen

lässt. Die gemessenen Werte korrelieren gut mit Literaturwerten, so dass sich diese Mess-

verfahren als geeignet erwiesen haben.

Es konnte gezeigt werden, dass die Leitfähigkeit der Flüssigkeit gegenüber anderen Para-

meter den größten Einfluss auf die Aufladungshöhe hat. Mit zunehmendem Sprühdruck

steigt die Aufladungshöhe nahezu linear an.

Durch die Düsengeometrie wird die räumliche Aufweitung des Strahls und somit die Feld-

stärke im Behälter beeinflusst.

Durch den Einbau von Prallplatten in den Behälter konnte gezeigt werden, dass dadurch die

Feldstärke im Inneren des Behälters bei Einbauten ebenfalls ansteigt. Das Material der Plat-

te, vorausgesetzt, sie besteht nicht aus einem geerdeten leitenden oder ableitfähigem Mate-

rial, scheint die Aufladungshöhe der Sprühwolke nicht zu beeinflussen.

Da alle gemessenen Feldstärken im geerdeten Behälter weit unterhalb der Durchbruchfeld-

stärke der Luft von 3 MV/m liegen, sind in der betrieblichen Praxis beim Versprühen unter

den gegebenen Bedingungen keine zündfähigen Entladungen zu erwarten.

Diese Voruntersuchungen haben gezeigt, dass belastbare Aussagen zur Aufladungshöhe

beim Versprühen getroffen werden können. Daher bietet es sich an, dass in nachfolgenden

Untersuchungen mit der erprobten Messtechnik auch Sprühversuche mit größeren Behältern

durchgeführt werden. So können belastbare Aussagen zu Grenzwerten für zulässige Aufla-

dungsprozesse beim Versprühen von Flüssigkeiten erhalten werden, die auf die Verhältnisse

bei ausgewählten industriellen Anwendungen übertragbar sind. Wären der Auflademecha-

nismus und die Tröpfchenverteilung auch in größeren Behältern bekannt könnte ggf. die Auf-

ladungshöhe für Behälter unterschiedlicher Geometrien mittels Simulationsrechnungen vor-

hergesagt werden

Page 25: Abschlussbericht Versprühen Endversion...deckel für den Bediener der Sprühlanze Abbildung 7: Isolierter Auslauf Um zu klären, ob die Aufladung wesentlich durch die Düse erfolgt

9 Abbildungsverzeichnis Seite 25 von 26

Abbildungsverzeichnis 9

Abbildung 1: Schematische Darstellung der Versuchsapparatur ............................................ 7 

Abbildung 2: Modifizierter IBC aus Edelstahl ........................................................................... 8 

Abbildung 3: Hochdruckreinigungsgerät, Typ Kärcher HD9/50-4 ............................................ 8 

Abbildung 4: Rohrflansche zur Einbringung der Messtechnik ................................................. 9 

Abbildung 5 Am Behälter montierter Messkopf des Influenz-Feldstärkemessgerätes ............ 9 

Abbildung 6: Isolierte Standfläche am Mannlochdeckel für den Bediener der Sprühlanze ... 10 

Abbildung 7: Isolierter Auslauf ............................................................................................... 10 

Abbildung 8: Prallplatte aus PP ............................................................................................. 10 

Abbildung 9:Vom Behälter isolierte, geerdete Prallplatte aus Edelstahl ................................ 10 

Abbildung 10: Schematische Darstellung Influenz-E-Feldmeter ........................................... 11 

Abbildung 11: Influenz-E-Feldmeter, Typ Chilworth JCI 131 [5] ............................................ 12 

Abbildung 12: Messkopf JCI 131 [5] ...................................................................................... 12 

Abbildung 13: Schematischer Aufbau eines Ladungsverstärkers [6] .................................... 13 

Abbildung 14: Anschluss des Ladungsverstärkers an den IBC ............................................. 15 

Abbildung 15: Influenz-E-Feldmeter JCI 131 bei starker Beaufschlagung mit Sprühnebel ... 16 

Abbildung 16: Feldstärkemessung im Freigelände (VE-Wasser, Rotationsdüse, 300 bar

Sprühdruck) ........................................................................................................................... 17 

Abbildung 17: Zeitlicher Verlauf von Feldstärke und Ladung ................................................ 18 

Abbildung 18: Abhängigkeit des Aufladestroms und der Feldstärke vom Sprühdruck .......... 20 

Abbildung 19: Aufladestrom mit/ohne Einbauten ................................................................... 21 

Abbildung 20: Einfluss der Düsengeometrie .......................................................................... 22 

Page 26: Abschlussbericht Versprühen Endversion...deckel für den Bediener der Sprühlanze Abbildung 7: Isolierter Auslauf Um zu klären, ob die Aufladung wesentlich durch die Düse erfolgt

10 Literaturverzeichnis Seite 26 von 26

Literaturverzeichnis 10

[1] TRBS 2153, Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischerAufladungen, 2009.

[2] H. J. a. M. B. Bright a W, Journal of Electrostatics, Bd. 1, pp. 37-46.

[3] L. Post, M. Glor, G. Lüttgens und B. Maurer, „Vermeidung von Zündgefahren infolge

elektrostatischer Aufladungen beim Versprühen von Flüssigkeiten unter hohem Druck,“

Die BG, pp. 370-374, 1983.

[4] G. Lüttgens, Statische Elektrizität begreifen - beherrschen - anwenden, expert Verlag,

2014.

[5] Chilworth Technology Ltd., User Manual JCI 131 / JCI 131F.

[6] IDS Innomic GmbH, „www.innomic.com,“ [Online]. [Zugriff am 07 07 2015].

[7] Firma Kistler AG, „Technisches Datenblatt: Ladungsteiler Typ 5361A“.