ACADEMIA TRANSSYLVANIA - Kulturgeschichtliche Reiserouten Durch Das Burzenland

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ACADEMIA TRANSSYLVANIA GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DER DEUTSCH-RUMÄNISCHEN VÖLKERVERSTÄNDIGUNG DAS BURZENLAND TARA BIRSEI TEIL 5 AUSGEWÄHLTE KULTURGESCHICHTLICHE REISEROUTEN DURCH DAS BURZENLAND Münster 1996 INHALT 1. Einleitung 3 2. Moeciu de Sus - ein Bergdorf im Bucegi-Gebirge 4 3. Reserouten 11

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ACADEMIA TRANSSYLVANIA

GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DER DEUTSCH-RUMÄNISCHEN VÖLKERVERSTÄNDIGUNG

DAS BURZENLAND

TARA BIRSEI

TEIL 5

AUSGEWÄHLTE KULTURGESCHICHTLICHE REISEROUTEN DURCH DAS BURZENLAND

Münster 1996

INHALT

1. Einleitung 3

2. Moeciu de Sus - ein Bergdorf im Bucegi-Gebirge 4

3. Reserouten 11

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3.1 Moeciu de Sus - Moeciu de Jos - Bran -

Risnov -Christian 11

3.2 Moeciu de Sus - Brasov 20

3.3 Moeciu de Sus - Feldioara - Prejmer - 30

Harman

3.4 Moeciu de Sus - Sinaia - Schloß Peles 35

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1. Einleitung

Über viele Urlaubsziele dieser Welt findet der Reiselustige jede Menge Zeitschriften, Bücher oder sonstige Informationen. Anders sieht es über Rumänien aus.

Wirklich hilfreiche Reisetips sind über dieses Land zur Zeit in Deutschland nicht zu bekommen. Einige Neu-erscheinungen, die Rumänien als Ganzes präsentieren möchten, sind, wie alle anderen Bücher, die über ein bestimmtes Land ein Bild oder einen Eindruck vermitteln möchten, zum Scheitern verurteilt - sie sind zu oberflächlich. Einheitsbilder gibt es nicht, nicht einmal in Deutschland, wo immerhin die meisten Bewohner den gleichen einheitlichen Massen-High-Tech-Lebensstandard erstreben.

Rumänien ist ein sehr vielfältiges Land. Der Reisende, der sich für mehr als nur schöne Landschaften, die sich gut auf Dias oder Videofilmen darstellen lasssen, interessiert, kann in Rumänien eine der letzten noch existierenden echten Bauernkulturen Europas kennenlernen, erleben und lieben lernen.

Nicht das äußere, kommunistisch-bedingte Bild des Verfalls, der überall in den Städten zu beobachten ist, ist eine Reise nach Rumäninen Wert. Nein, es sind die idyllischen Dörfer Transsylvaniens, der Walachei und der Moldau, die eine ganz bestimmte Lebensart ausstrahlen, die uns "Westlern" wie verzaubert anziehen. Erst hier entdecken wir was bei uns bereits vergangen und wie schön es einst gewesen ist.

Das moderne, industriell-geprägte Leben ist bereits jetzt im Begriff im Osten Europas das zu zerstören, wozu nicht einmal 50 Jahre Kommunismus in der Lage gewesen sind: das dörfliche Leben in den Bergregionen.

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Für all diejenigen, die durch ihr Handeln etwas "sinnvolles" bewirken wollen, möchten wir im nun folgenden Beitrag eine kleine Wissenslücke über eine der wahrscheinlich nicht nur schönsten Regionen Rumäniens sondern ganz Europas - das Burzenland - schließen und dem Leser etwas näherbringen.

2. Moeciu de Sus - ein Bergdorf im Bucegi-Gebirge

Moeciu de Sus ist eines der vielen Bergdörfer der Bran-Gegend, das am Fuße der Westwand des Bucegi-Gebirges liegt.

Die Bran-Gegend, also die gesamte Landschaft zwischen dem Bucegi-Gebirge (im Osten), dem Königstein-Gebirge (im Westen) und dem Leaota-Gebirge (im Süden), ist durch eine Schollenstruktur, die durch tektonische Prozesse entstanden ist, charakterisiert.

Tief eingeschnittene, schmale Täler wechseln sich dabei mit weiträumigen Bergrücken ab.

Amtlich ist die Bran-Gegend in drei Gemeinden unterteilt: die Gemeinde Bran, zu der die Siedlungen Poarta, Simon und Sohodol auf der Seite des Bucegi-Gebirges und die Siedlungen Pestera und Magura auf der Piatra-Craiului Seite gehören, die Gemeinde Moeciu mit Moeciu de Jos, dem Weiler Cheia und dem Bergdorf Moeciu de Sus und schließlich die Gemeinde Fundata, mit der Streusiedlung Fundata, Fundatica und Sirnea, die die höchstgelegenen Ortschaften der Bran-Gegend sind.

Die jeweiligen Siedlungen sind sehr unterschiedlich aufgebaut. Die Art der Siedlungen hängt meistens davon ab, ob sie in den tiefen, engen Tälern oder auf den flachen Bergrücken angesiedelt sind. Es dominiert aber der Typ der Streusiedlung. Fundata kann hierfür als typisches Beispiel aufgeführt werden. Moeciu de Sus oder Simon stellen den anderen Dorftypus, der in den schmalen Tälern entlang der glasklaren Bergflüsse liegt, dar.

Das Bild von Moeciu de Sus ist, wie das der anderen Dörfern auch von den freundlichen, meist von Gemüse-gärtchen und Bäumen umgebenen Einzelgehöfte der Bergbewohner geprägt.

Aus kulturgschichtlicher Sicht stellt die Bran-Gegend eine der schönsten und interessantesten Regionen von ganz Europa dar. Eine alte, traditionsreiche Bergbauern-volkskultur ist hier bis heute lebendig erhalten geblieben.

Der industrilell-materielle Fortschritt zieht allerdings auch an dieser Gegend nicht spurlos vorbei.

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Autos sind fast genauso selbstverständlich geworden wie Pferde und Esel, und Satellitenantennen beginnen die Dächer der gemütlichen Holzhäuser immer mehr zu "schmücken".

Wirtschaftswachstum im "westlichen" Verständnis tritt auch hier seinen Siegeszug an - ein Phyrrussieg ??

Deswegen sind die traditionellen, stabilen Lebens- und Wirtschaftsformen der Bergdörfer, die seit vielen Jahr-hunderten nur geringfügige Veränderungen erfahren haben und dennoch so lebendig geblieben sind, heute mehr gefährdet denn je.

Die nachhaltige, dauerhaft-umweltgerechte Lebensweise, also die traditionelle Lebensweise, die in Moeciu und den anderen Siedlungen der Bran-Gegend noch eine Selbstverständlichkeit ist, ist im Begriff von der uns - westlichen Industriestaatbewohnern - bekannten ver-schwenderischen und rücksichtlos-umwelt-zerstörenden Lebensweise überrannt zu werden.

Bedingungslose industriewirtschaftliche Entwicklung im herkömmlichen Sinn schafft die Grundlage für eine mögliche, unkontrollierbare Entfaltung der Profit- und Machtgier der wirtschaftlich Tätigen, die notgedrungen zur Zertörung des Lebensraumes führen muß.

Sich der Vorstellung hinzugeben industrielle Entwicklung sei ohne Naturzerstörung möglich, ist nicht nur eine Illusion, sondern ein Verbrechen an die folgenden Generationen.

Ob Manchester-Kapitalismus, Stalin-Kommunismus oder moderne Sozial-Marktwirtschaft, all' diese Wirtschafts-formen leben von der Plünderung der Naturressourcen.

Um dieser Plünderung entgegenzuwirken erscheint es deswegen besonders wichtig die traditionelle Lebensweise und Kultur mit allen Möglichkeiten und Mitteln, die die Menschenwürde beachten, aufrecht zu erhalten und zu fördern.

Kehren wir aber nun nach diesem kleinen wirtschafts-politischen Exkurs zur Beschreibung des Dorfes zurück !!

Mittelpunkt der Beschäftigung der Bergbewohner ist die Schaf-und Viehzucht und die Holzwirtschaft.

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Die Schafzucht ist direkt mit der Almwirtschaft, die in dieser Gegend bis auf über 2400 m anzutreffen ist, verbunden. Im Bucegi-Gebirge findet man unzählige Sommeralmen, die den jeweiligen Gemeinden dieser Region gehören oder von ihnen gepachtet sind.

Die Milcherzeugnisse (brinza, urda, caSONDZEICHEN 213 \f "WP MultinationalA Roman" oder telemea) werden von den Bauern direkt (nach Anfrage) in den Dörfern oder auf den Märkten der umliegenden Städte zum Kauf angeboten.

Die Überwinterung der Schafe stellt für die Bergler eine der größten Sorgen dar. Da es im Winter sehr kalt wird (oft werden Temperaturen von -30SONDZEICHEN 176 \f "Symbol"C gemessen) füttern die Bergler die Schafe ausschließlich mit Heu, das im Sommer durch harte Sensarbeit auf den saftigen, grünen Wiesen gewonnen wird. Die jeweils zur Verfügung stehenden Heuwiesen bilden auch eine natürliche, selbstregulierende Grenze für die maximale Anzahl von Schafen, die von einer Bauernfamilie gehalten werden kann. Die Schafe und Kühe überwintern in den speziell dafür vorgesehenen Heu-schobern, die meistens in der Nähe des Hauses gebaut sind.

Die Wälder stellen die Grundlage der Rohstoffbeschaffung für das Holzverarbeitungsgewerbe dar.

Wie in den meisten anderen Waldregionen Europas gibt es auch in Rumänien Bereiche, in denen das Gleichgewicht zwischen Ausbeutung und Regeneration des Waldes gestört worden ist. Die katastrophalen Auswirkungen dieser Störung kennt man aus den zerstörten Wäldern der Alpen (Erhöhung der Lawinengefahr, Verstärkung der Über-schwemmungskatastrophen, allgemeine Verstärkung der Erosion etc.) oder den Mittelgebirgswäldern Zentraleuropas sehr gut.

Glücklicherweise finden sich in Rumänien, im Vergleich zu den meisten anderen Waldregionen Europas, noch ausgedehnte Gebiete, in denen die Umweltzestörung nicht eingesetzt hat. Beispielsweise in Moeciu !

Diejenigen Menschen, die im Laufe der Geschichte das Ökosystem Wald und Boden besonders ausgbeutet und zerstört haben, waren fast immer die außerhalb der Bergregionen lebenden Menschen. Es waren diejenigen, die keinerlei Beziehungen zu diesem empfindlichen Ökosystem hatten - meistens waren es Stadtbewohner. Durch die vorherrschenden gesellschaftlichen Organi-sationsformen hatten diese die Macht, diese empfindlichen Regionen ausbeuten und zerstören zu können. Dagegen hat die Wirtschaftsweise der Bergler nie dieses Ökosystem gefährdet, ganz im Gegenteil, die Vielfalt der Lebensformen ist durch das Einwirken des Berglers sogar vergrößert worden.

Die Aufrechterhaltung der Vielfalt setzt allerdings heutzutage, genauso wie früher, die mühevolle Handarbeit der Bergbewohner voraus.

In der technokratisch-arithmomorph peprägten Denkwelt der sowohl vormals kommunstischen Führung Rumäniens als auch der heutigen sozial-marktwirtschaftlich orientier-ten Sicht, ist dies allerdings als primitiv und unproduktiv angesehen worden. Das ist kein Wunder, denn in einer technokratischen Welt hat "Umwelt" auch keinen wirtschaftlichen Wert.

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Umwelt ist sozusagen kostenlos erhältlich und kann der Verschwendung preisgegeben werden, ohne daß man dafür bezahlen müßte. Vereinfacht gesagt erwächst aus den Ressourcen der Natur sowohl nach dem planwirtschaftlich-kommunistischen- als auch nach dem marktwirschaftlich-liberalen Modell Wohlstand und Reichtum für ALLE.

Anders sieht es in der Denkweise der Bergbewohner aus. Die Umwelt stellt hier ein allgemeines Gut dar, das durch traditionsreiche, alte Überlieferungen selbstverständlich geschützt wird. Aus historisch-kultureller Sicht symbolisiert der Wald die ungestörte Verbindung der Bergbewohner zu ihrer Umwelt und sein Zustand spiegelt die Umgangsform mit ihm wieder. Die Sorgen um den Zustand des Lebensraumes sind daher eigentlich die Sorgen um das eigene Überleben. Man lebt hier nicht in einer künstlichen, naturfernen, industriellen Stadtwelt, sondern in unmittelbarer 'Nähe' zur Natur. Man ist an sie "gebunden", man ordnet sich ihr unter und steht und fällt mit ihr.

Hühner, Kühe, Schweine und Pferde findet man in fast jedem Haushalt. Pferde sorgen für den problemlosen Transport der Lasten auf den unwegsamen Gebirgspfaden zu den weit abseits gelegenen Scheunen und Heuschobern oder zu den Almen. Auf diesem Gelände versagt jedes motorisierte Fahrzeug. Die Tiere sichern in den stark autarken Gehöften die Lebensgrundlage der Bergler.

Es gibt kaum ein Haus, in dessen Nähe sich nicht auch ein Kartoffel- oder Gemüsefeld, mehrere Heuschober und Obstbäume befänden. Die Häuser sind meistens von weiträumigen Heuwiesen umgeben. Stangenzäune grenzen sie voneinander ab und schützen gleichzeitig das wertvolle Gras davor, von Schafen, Lämmern oder Kälbern zertrampelt zu werden.

Allerdings findet man leider nur noch selten die alten, im "klassischen" Stil gebauten Häuser der Bergbewohner.

Bei dieser Hausform umschloss das Wohnhaus und die Stallungen einen kleinen viereckigen Hof, was der gesamten Anlage das Aussehen einer kleinen Festung verlieh (casa ocol). Das liebevoll verziehrte Eingangstor befand sich in der Mitte der Vorderseite der Hausanlage, die noch durch Vorratsräume und Kellerräume vervollständigt wurde.

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Abb1.Casa ocol in Moeciu de Sus (19. Jh)

Diese Bauweise hat man bereits in den vierziger Jahren aufgegeben und angefangen sie durch großzügige, mit vielen Zimmern ausgestattete Häuser zu ersetzen. Das Haupt-baumaterial ist aber immer noch das Holz geblieben. Eines der schönsten Häuser der alten Bauweise befindet sich im Freilichtmuseum in Bran. In Moeciu de Sus gibt es mehrere casa-ocol, die noch bewohnt werden.

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Abb. 2 Moderne Hausarchitektur in Moeciu de Sus (1948)

Die Hausbeschäftigungen der Bergbewohner sind weitere Zeugnisse der schönen und einzigartigen Bauernkultur dieser Region. Früher sind praktisch alle benötigten Gewebe, wie Wäsche, Kleidung, Säcke, Decken oder Teppiche, im Hause von den Frauen gesponnen, gefärbt oder gewebt worden. Heute hat der Umfang dieser Tätigkeiten aber abgenommen. Gesponnen wird nur noch maschinell, lediglich auf die selbstgewebten Wollstoffe, aus denen beispielsweise die besonders warmen Winterhosen der Männer geschneidert werden, wollen die Bergler nicht verzichten. Diese Stoffe sind auf den normalen Märkten selten zu kaufen, da ihre Qualität so hochwertig und die Herstellung so aufwendig sind, daß mit ihnen kaum gehandelt werden kann.

Die Käseherstellung, das Schreinerhandwerk und die Zimmerei sind weitere Beschäftigungen, denen die Bergbewohener seit Jahrhunderten nachgehen.

Moeciu de Sus ist aus zwei schmalen Tälern, die dem Westhang des Bucegi Gebirges entspringen, aufgebaut.

Valea Popii (Tal des Popen) ist das südlichere Tal, das auch die Verbindung zu den Nachbardörfern Fundata und Fundatica herstellt. Von hier aus gelangt man auch in das St.Ilie-Gebirge, ein Teilgebirge des stark bewaldeten Leaota-Massivs.

Das nördliche Tälchen heißt Valea Bangaleasa und stellt den Hauptausgangspunkt für die Wanderungen ins Bucegi-Gebirge, das dieses Tal majestätisch dominiert, dar. Dort wo diese beiden Täler zusammentreffen und die jeweils beiden Gebirgsflüsse den Moecel-Fluß entstehen lassen, befindet sich der Dorfkern.

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Das Gemeindehaus, mehrere Schreinereien, drei miteinander konkurrierende Dorfkneipen, die Schule, die Kirche und der Friedhof sind in unmittelbarer Nähe anzutreffen. Entlang der bereits genannten Täler befinden sich die Häuser der Bergbewohner. Eine Vielzahl von glasklaren, kalten Quellen, die dem Kristallingestein entspringen, gewährleisten die Wasserversorgung der Menschen.

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3. Reiserouten

3.1 Moeciu de Sus SONDZEICHEN 222 \f "Symbol" Moeciu de Jos SONDZEICHEN 222 \f "Symbol" BranSONDZEICHEN 222 \f "Symbol" Risnov SONDZEICHEN 222 \f "Symbol" Christian

Es gibt in Europa wohl keine andere Landschaft mit auch nur annähernd so vielen bäuerlichen Wehrbauten, wie Transsylvanien mit seinen über 300 Kirchenburgen.

Die Wehr- und Kirchenburgen haben im Lauf der Geschichte, die durch unzählige Türken- und Bürgerkriege geprägt gewesen ist, den letzten Zufluchtsort und damit die Rettung für die Siedlungsbewohner dargestellt.

Die folgende Reiseroute führt an einigen der bekanntesten und wahrscheinlich am besten erhaltenen Wehrbauten und deren Gemeinden des Burzenlandes vorbei.

Von Moeciu de Sus (Obermoeciu) fährt man das Moeciu-Tal ca. 8 km bis nach Moeciu de Jos (Untermoeciu) und folgt dann der großen Paßstraße (DN 73), die Transsylvanien mit der Walachei verbindet, in Richtung Brasov (Kronstadt). Die Ortschaft Bran (Törtzburg) schließt sofort an Moeciu de Jos an. Kurz hinter der Post und dem Braner-Lyzeum fährt man am alten Zollgebäude, in dem heute ein Wirtschaftsmuseum untergebracht ist, vorbei. Danach öffnet sich endlich der Blick auf das Burgschloß Bran (Törtzburg), das auf dem Dietrichstein liegt.

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Abb. 3 Die Törzburg

Die Törtzburg ist 1377 von sächsischen Kaufleuten aus Brasov für König Ludwig dem Großen gebaut worden. Dieser hatte den Kaufleuten viele Vergünstigungen von denen die Verbesserung und Sicherung der Handelsstraßen die entscheidende Rolle gespielt hat, erwiesen. Die Burg hatte die Aufgabe diesen wichtigen Karpatenweg zu überwachen und die Maut einzuholen.

Eine zur Burg gehörende, große Gutsherrschaft sorgte für hohe Einkünfte und ihren Unterhalt. Oft war aber das Verhältnis zwischen den Handelsleuten und dem vom König eingesetzten Gutsherren gespannt, da dieser Übergriffe gegen ihre Handelskarawanen verübte.

König Wladislaw II., ein notorisch unter Geldmangel leidender König, borgte sich oft von den kronstädter Kaufleuten Geld. 1489 verpfändete er ihnen dafür die Burg. Als er danach seine Schulden, die im Laufe der Zeit immer größer wurden, nicht mehr abbezahlen konnte ging die Burg und die dazugehörigen Gemeinden - Sacele, Apata und Crizbav - in rechtmäßigen Besitz der Stadt Brasov über. Endlich war es mit der Willkühr des Braner Gutsherren vorbei. Die Kaufleute konnten nun selbst bestimmen wer Gutsherr werden würde, mußten sich allerdings dafür verbürgen den guten Zustand der Burg aufrecht zu erhalten, diese mit Waffen zu versorgen und den Paß zu verteidigen.

Das Burgschloß hat in der langjährigen Geschichte des Burzenlandes eine wichtige Rolle gespielt und dabei den Feinden erbittert getrotzt. Der Streit um die ungarische Königskrone zwischen Ferdinand von Österreich und Johann Zapolya im Jahre 1529 ist dafür ein gutes Beispiel. Ein Teil der kronstädter Sachsen, der auf Seite des deutschen Königshauses stand, verschantzte sich in der Törtzburg, die von den Truppen des walachischen Fürsten, der mit Zapolya verbündet war, belagert wurde. Die walachischen Truppen konnten die Burg aber nicht einnehmen. Ein Jahr später versuchte es sogar der türkische Heerführer Mehmet Beg vergeblich.

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Eine andere wichtige Episode in der Geschichte der Törtzburg ereignete sich während des türkisch-russischen Krieges zwischen 1877 und 1878. Die österreichische Seite befürchtete damals den Einbruch der russisch-rumänischen Armee in Transsylvanien und deswegen mußten die Kronstädter das Burgschloß der kaiserlichen Führung überlassen. Die kaiserlichen Truppen trugen die Dächer der Törtzburg ab und ersetzten diese durch Erde und Schanzkörbe. Der alte Zustand des Burgschlosses wurde aber nach der Rückgabe an die Stadt wieder hergestellt.

1919, nach der Vereinigung Transsylvaniens mit dem Rumänischen Königreich, schenkte Kronstadt die Törtzburg der rumänischen Königin Maria, die sich hier eine Sommerresidenz einrichtete. Der Zustand der Burg wurde durch die von der Königin veranlaßte Renovierung erheblich verbessert.

Heute beherbergt die Schloßburg ein Museum für Geschichte und mittelaterliche Kunst.

Der unregelmäßige Grundriß der Burg ist auf die Form des Dietrichsteins, auf dem sie gebaut ist, zurückzuführen. Dabei stellen die drei Türme, der Innenhof und der über 50 m tiefe Brunnen die Hauptbestandteile des Bauwerks dar.

Einige Historiker behaupten, daß das Schloß Bran an der Stelle einer noch älteren, von dem Deutschen Ritterorden erbauten Burg liegt. Diese Theorie konnte aber bis heute noch nicht genau belegt werden.

Am Fuße des Burgschlosses befindet sich ein Freilicht-museum für Ethnographie. Hier wird die reiche und schöne Volkskultur der Bran-Gegend illustriert. Interessant ist ein ausgestelltes wassergetriebenes Sägewerk. Vergleichbare Sägewerke befanden sich noch vor ca. 20 Jahren in den vielen Bergdörfern in Betrieb. Erst durch die kommunistisch-verordnete Zentralisierung der Holz-verarbeitung und deren Industrialisierung sind diese abgeschafft worden.

Im Zuge der sich verstärkenden massentouristischen Entwicklung am Bran-Burgschloß hat sich am Haupt-eingang ein Markt, der viele traditionelle Erzeugnisse der Bergbewohner, so z. B. selbstgehäckelte Tischdecken, selbstgestrickte Wollpullover mit herrlichen Mustern, selbstgewebte Teppiche u.v.m.anbietet, entwickelt.

Für den gesamten Besuch sollte man grundsätzlich 2 bis 3 Stunden veranschlagen. Nach dem Besuch bieten einige in unmittelbarer Nähe zum Schloß neu errichtete Cafes, die Möglichkeit zur Erholung.

Um den nächsten Punkt der Route zu erreichen, die Bauernburg aus Risnov, muß man wie bisher der Paßstraße (DN 73) weiter in Richtung Brasov folgen. Zunächst fährt man durch Tohanu Nou (Neutrauchen oder Törtzdorf) hindurch. Hier kann man links in Richtung Zarnesti abbiegen, um zur Westseite des Königsteins zu gelangen. Plaiul Foii ist der Hauptausgangspunkt für Wanderrouten auf der Westflanke des Kalkmassivs des Königsteins.

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Wir fahren aber weiter Richtung Risnov (1992: 16.347 Einwohner). Nach wenigen Kilometern erblickt man die Burg, die auf einen Kalkfelsen, der über Risnov aufragt, gebaut ist.

Die Gemeinde Risnov (Rosenau) gehört zusammen mit den Ortschaften Feldioara (Marienburg), Brasov (Kronstadt), Codlea (Zeiden) und Prejmer (Tartlau) zu den Siedlungen, die der Deutsche Ritterorden in seiner kurzen, aber sehr wirkungsvollen Herrschaft (1211-1225) im Burzenland gegründet hat.

In Risnov (Rosenau) fallen als erstes die typischen 'Sachsenhäuser', die man in fast allen sächsischen Dörfern Transsylvaniens wiederfindet, auf. Sie sind ein Zeugnis für die einheitliche Planung der Kolonistensiedlungen, die bereits im 12. Jh. gegründet worden sind.

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Abb. 4 Sachsenhaus

Den Dörfern liegt das Konzept der geschlossenen Dorfanlage zugrunde. Die Gehöfte sind auf beiden Seiten der Dorfstraße dicht aneinandergereiht gebaut. Die Häuser stehen meistens auf einen Steinsockel, ihr Oberbau ist aus Ziegelsteinen gemauert. Fast immer ist die Giebelseite der Straße zugewandt. Sie wird durch zwei oder drei Fenster mit Klappläden, Luken, Stuckornamenten, Inschrift des Besitzers und des Baujahres, sowie eine Hausinschrift, gegliedert.

Die Walmdächer sind immer mit Ziegeln bedeckt. Die Hofstellen werden zur Straße hin durch gemauerte, bogenförmig überwölbte Toreinfahrten abgeschlossen. Diese typisch sächsische Straßenfront ist allerdings auf eine 'Modeerscheinung' des 18. Jh. zurückzuführen, als geschmückte Giebel und hohe Tore gern gebaut worden sind.

An das längs des Hofes gebaute Wohnhaus schließen die Wirtschaftsgebäude (Ställe, Werkstätten etc.) an. Quer zum Haus gestellte Scheunen lassen rechteckige Höfe entstehen, die mit vielen Blumen beschmückt und oft mit Weinreben überdacht sind und so eine ungewöhnlich angenehme, wohnliche Athmosphäre entstehen lassen.

Der Anteil am Acker und sogar an den Hofstellen ist in der Gründerzeit dieser sächsischen Dörfer durch Los zugeteilt worden. Neben den persönlichen Feldern, die meistens direkt an die Scheune anschlossen, verfügten die Bauern auch über ein Nutzungsrecht an der 'Allmende', der Gemeinerde, die den Dorfgenossen gemeinsam gehörte. Das Hattert (die Gemarkung) der Dörfer wurde durch natürliche Grenzen (Flußläufe, Bergrücken etc.) festgelegt. Dazu gehören neben den Äckern auch Wiesen, Wälder und Seen.

Nachdem der Deutsche Ritterorden das Land verlassen mußte, brachte der ungarische König einen anderen Orden ins Land. Es war der Orden der Kreuzträger, der sich nicht durch militärische Aktionen, sondern durch humanitäre Aktionen hervortat. Durch den Bau des ersten Kranken-hauses in Risnov erfüllten sie ihre Pflicht, Kranke zu pflegen (In jüngerer Zeit hat man bei Bauarbeiten am Fuße der Burg einige Mauerreste dieses Spitals und einen Silberbecher mit der Aufschrift 'Ave Maria, Gott hilf, Gott hilf' gefunden).

Die Risnov-Burg ist eine typisch transsylvanische Bauern-burg. Ihre erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1335, als sie und die Brassoviaburg (in Brasov) als einzige Burgen, den Tatareneinfall unbeschadet standhielten. Die Burg hat eine starke, mit mehreren Türmen umwehrte Ringmauer.

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Sie ist nie Wohnsitz adliger Herschaften gewesen. Das sieht man auch sofort, sobald man den Innenhof der Burg betritt. Er ist von vielen kleinen Häuschen, die heutzutage nur zum Teil vollständig erhalten sind, geprägt. Hier lagerten die Dorfbewohner die für die oft sehr langen Belagerungszeiten notwendigen Vorräte an Speck, Korn und sonstigen Lebensmitteln.

Zur Wasserversorgung diente seit 1640 ein 146 tiefer Brunnen, dessen Aushub 11 Jahre gadauert hat. Vor dem Bau des Brunnes mußten die Dörfler während der Belagerungen unter höchster Gefahr Wasser aus einer nahe gelegenen, geheimen Wasserquelle holen.

Bei günstigen klimatischen Bedingungen, die hier keine Seltenheit sind, bietet der Ausblick von der Burg eine herrliche Aussicht auf den südöstlichen Teil des Burzenlandes. Man erkennt im Süden die Ortschaften Zarnesti, Tohanul Nou und Tohanul Vechi (gehört heute zu Zarnesti), die Streusiedlungen der Brangegend und im Hintergrund die mächtigen Massive des Bucegi-Gebirge und des Königsteins. Im Westen sieht man den Grat der Magura (Magura-Codlei), in weiter Ferne das Fagaras-Gebirge, und im Norden die Gemeinde Christian, die das nächste Ziel unserer Route sein wird.

Neben der Bauernburg stellen auch die evangelische Kirche, die aus dem 13. Jh. stammt, mit ihren Renaissance-Deckenfresken aus dem 16. Jh., und die orthodoxe Sfintul-Nicolae-Kirche, die erstmals 1384 erwähnt wird, weitere sehenswerte Baudenkmäler dar. Die orthodoxe Kirche befindet sich im sehr alten, rumänischen Dorfteil Risnovs, der sich am oberen Teil des Ghimbav-Flusses und an einigen Seitentälern entlangzieht.

Heute sind, bedingt durch Industrieansiedlungen, neue häßliche und heruntergekommene, von Plattenbauten geprägte Gemeindeteile, in denen die meistens aus der Moldau zwangsangesiedelte Industriearbeiter wohnen, entstanden.

Vom Gemeindezentrum führt an der Valea-Cetatii eine Straße entlang, die zur Poiana Brasov führt. Poiana Brasov ist Rumäniens Skizentrum Nr. 1 und Brasovs Nah-erholungsraum mit vielen Hotels, Pensionen und Restaurants.

Folgen wir aber weiter der DN 73 in Richtung Brasov und nähern uns so dem letzten Ziel unserer Route: Cristian (Neudorf).

Hier fällt erneut die typisch sächsische Dorfstruktur auf. Von der Hauptstraße zweigt eine Straße nach links ab. Wenn man ihr folgt, kann man sofort die befestigte sächsische Kirchenburg (Wehrkirche) Cristians erreichen.

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Abb. 5 Die Wehrkirche aus Cristian

Die Gemeinde liegt unter den westlichen Ausläufern des Postavaru-Gebirges (Schuler), wird genauso wie Risnov von dem Ghimbav-Fluß durchflossen und ist nur ca. 10 km von Brasov entfernt.

Die Landwirtschaft steht auch heute noch im Mittelpunkt der Beschäftigung der Gemeindebewohner. Insbesondere nach der Neuordnung des 1949 verstaatlichen Bodens sind vielen Menschen kleine Ackerflächen zuerkannt worden.

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Mit einfachsten Mitteln versuchen sie heute, beispielsweise durch Kartoffelanbau, dem Boden einige Erträge abzuringen. Das Bild der Äcker, das sich dem Durch-reisenden während der Erntezeit bietet, hat viel mehr mit einer Volksfeststimmung, als mit der uns bekannten industriellen Erntepraxis zu tun. Ganze Familien, von den Enkelkinder bis zu den Großeltern, versammeltn sich, um in mühevoller Handarbeit die Kartoffelsäcke zu füllen, die dann auf den Märkten in Brasov oder anderswo verkauft werden. Mittags suchen die Menschen im Schatten der Bäume Zuflucht vor der heißen Sonne und genießen die leckeren Speisen, die von der Großmutter zubereitet werden.

Tonwarenfabriken, Steinbrüche, die die Kalksteine für die Zementherstellung gewinnen, aber auch aufgelassene Kohlegruben findet man noch in Cristian.

Am östlichen Dorfrande der Gemeinde befindet sich die Hutweide der 'Lichten Eichen', die die wohl ältesten Eichen des Burzenlandes beherbergt.

Aber nun zurück zur Kirchenburg. Wie viele andere Kirchenburgen Transsylvaniens ist auch die aus Cristian im Laufe der Jahrhunderten immer wieder umgebaut, zerstört und verändert worden. In der Bautätigkeit der Kirchenburgen spiegeln sich die unterschiedlichen Notwendigkeiten der Bewohner wieder sich vor drohenden Gefahren zu verteidigen. Die anfangs ohne Wehranlagen ausgestatteten Kirchen wurden zuerst mit Zwingermauern oder Ringmauern ergänzt. Später versah man die Ringmauern mit Wehrgängen, Schieß- und Gußscharten oder man errichtete Wehrtürme.

An der Stelle der heutigen Kirche stand in Cristian zuerst eine 1270 erbaute spätrömische Pfeilerbasilika. Von ihr ist heute allerdings nur noch der Kirchturm mit dem schönen romanischen Westportal erhalten. Sie wurde nämlich 1841 wegen Baufälligkeit abgerissen und durch eine geräumige Hallenkirche mit Emporen ersetzt. In der Vorhalle des sehr breiten Kirchturmes sind alte Wandmalereien der Burzenländer Gemeindewappen zu sehen.

Die Kirche ist von einer ca. 2 m dicken und 6-10 m hohen Ringmauer und von einer schwächeren und nur 3-4 m breiten Zwingermauer umgeben, die insgesamt die eigentliche Burg darstellt. Von den ehemaligen neun Türmen sind noch acht gut erhalten. Sie sind durch verschiedene Formen und unterschiedliche Höhen gekennzeichnet.

Kirche und Burg sind, trotz unterschiedlicher Bau-perioden, nicht als getrennte Baukörper zu sehen, sie bilden vielmehr eine aufeinander bezogene Anlage, die zu einem einheitlichen Ganzen zusammengefaßt werden kann. Gerade diese Wechselbeziehung verleiht den trans-sylvanischen Kirchenburgen diesen typischen ästhetischen Wert.

Ein weiteres sehenswertes Baudenkmal ist die orthodoxe Kirche, die 1795 in klassizistischem Stil errichtet wurde und deren Gewölbe über dem Kirchenschiff und dem Chor vollständig mit Fresken bedeckt ist. Bewundernswert sind auch die wundervollen Holzikonen aus dem Jahre 1770 und der von Benker, dem Goldschmied des walachischen Fürsten Constantin Brincoveanu, 1793 verfertigte Silberkelch.

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3.2. Moeciu de Sus SONDZEICHEN 222 \f "Symbol" Brasov

Brasov kann man entweder mit dem PKW erreichen, oder, was viel angenehmer ist, mit dem täglich mehrmals aus Moeciu de Sus fahrenden Bus.

An der ersten Ampelkreuzung verläßt man die DN 73 im brasover Ortsteil Bartholomeu (Altstadt) und folgt rechts den Hinweisschildern, die den Weg in die Innenstadt zeigen. Kurz vor dieser Kreuzung erblickt man schon die Kirche Bartholomeu, die gleichzeitig auch die älteste Kirche Brasovs ist und auf keinen Fall aus einer Brasov-Besichtigungstour weggelassen werden sollte (Beschreibung folgt).

Aufbau Brasovs:

Die befestigte, mittelalterliche Stadt (Corona) liegt in einer NO-SW gerichteten Talmulde zwischen den nördlichen Ausläufern des Postavaru-Gebirges, dem Dealul Timpa (Zinne - 955 m) und dem Dealul Melcilor (Schneckenberg - 713 m) einerseits und dem Dealul Stejeris (711 m) andererseits, die Brasov zum Süden hin abgrenzt.

Zum Norden hin, hinter dem Dealul Cetatii (Schloßberg - 644 m) und dem Dealul Morilor (Mühlenberg), öffnet sich die weite Burzenländer Ebene. In mittelalterlicher Zeit war Brasov noch von drei anderen Vorstädten umgeben. Es waren die Vorstädte Bartolomeu (Altstadt), BlumSONDZEICHEN 124 \f "WP MultinationalA Roman"na (Blumenau) und Scheii (Obere Vorstadt), die heute Ortsteile von Brasov sind.

Wie bereits erwähnt liegt Bartolomeu nördlich von der Innenstadt. Blumana befindet sich nordöstlich in unmittelbarer Nähe zur befestigten Inneren Stadt und Scheii schließt südwestlich, in der immer schmaler

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werdenden Talmulde, an ihr an. Weitere alte Stadtteile sind die Ortsteile Noua und Dirste, die im Südosten liegen.

Im Zuge der Industrialisierung sind leider weitere, neue Plattenbausiedlungen entstanden, wie zum Beispiel das Hauptbahnhof-Viertel, das Traktorenwerk-Viertel oder das Astra-Viertel, die nachträglich das Stadtbild nicht gerade verschönert haben.

Brasovs Naturraum besteht aus Jurakalken und Kreide-Konglomeraten. Darauf konnte sich eine besonders vielfältige und kalkliebende Pflanzenwelt entwickeln, die in der Mischung aus feucht-gemäßigtem, westeuropäischen Klimat und osteuropäischem Kontinentalklimat besonders gut gedeihen konnte.

Da ein Großteil der Geschichte der Stadt Brasov bereits in der Broschüre 'Skizzierte Geschichte Transsylvaniens und des Burzenlandes' abgehandelt wurde, sollen hier nur einige der wichtigsten Etappen der Stadtgeschichte in Erinerrung gebracht werden.

Auf dem Dealul Melcilor (Schneckenberg) und auf dem Dealul Sprenghi (Gesprengberg) sind die ältesten menschlichen Niederlassungen aus dem ganzen Burzen-land gefunden worden. Sie stammen aus dem Neolitikum.

Im Mittelalter (ca. 12. Jh.) siedeln sich die ersten Deutschen an. Im nächsten Jahrhundert (1211 bis 1225) wird dann der Deutsche Ritterorden ins Land gerufen, der die vier Siedlungen am Fuße der Zinne aufbaut (bzw. weiterentwickelt).

Die Lage Brasovs an mehreren Karpatenpässen begünstigt die Entwicklung des Handelsverkehrs eben wie die Vergabe von Handelsprivilegien seitens der ungarischen Könige, sowie der moldauischen oder walachischen Fürsten. Brasov ist in der gesamten Geschichte Transsylvaniens eine der bedeu-tendsten Handwerker- und Kaufmannsstädte.

Im 15. Jh stellte die Stadt einen der wichtigsten Handels-posten im levantinischen Handel dar. Im 16. Jh. führt der Reformator Johannes Honterus (1496-1549) die Stadt zur kulturellen Vollblüte. Er ist es, der die Reformation in Transsylvanien einleitet. Honterus richtet in Brasov die zweitälteste Druckerei Transsylvaniens ein und schafft so die Möglichkeiten wertvolle Werke zu drucken. 1546 wird auch die erste Papiermühle gegründet, die die Druckerei versorgt.

Im 17. Jh., d.h. genau im Jahre 1689, brennt fast die gesamte Stadt nieder. Seitdem heißt die im Zentrum gelegene Marienkirche, die bei dem Brand teilweise zerstört und stark verrußt wird, 'Die Schwarze Kirche'. Sie ist das Wahrzeichen der Stadt.

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Der Frühkapitalismus erfaßt Brasov im 19. Jahrhundert, als eine Vielzahl von Industrieunternehmen gegründet werden. Die erste Sparkasse wird 1835 gegründet, das erste Tele-graphenamt wird 1854 errichtet und in den Jahren 1873 bzw. 1874 werden Bahnlinien nach Wien und Bukarest fertiggestellt.

Gleichzeitig entwickelt sich die Stadt sehr stark auf kulturellem Niveau. Der Philarmonische Verein wird 1878 ins Leben gerufen, der Deutsche Turnverein ist bereits seit 1862 gegründet und der Siebenbürgische Alpenverein seit 1873. Zeitungen, wie das Siebenbürgische Wochenblatt (seit 1863) erscheinen in Hülle und Fülle. Seit 1832 existiert bereits die Gazeta Transilvania und seit 1849 die Brassoi Lapok.

In der Zwischenkriegszeit findet ein weiterer allgemeiner Aufschwung statt, der aber durch das Ende des 2. Weltkrieges und der damit verbundenen Stalinisierung abrupt abgebrochen wird. Es fängt die 'Aufbauphase des glorreichen Sozialismus' und der erzwungenen Industria-lisierung an.

Zwischen 1950 und 1960 wird Brasov Stalinstadt genannt. Ende der sechziger Jahre fängt der endgültige wirtschaftliche Abstieg an. Ceausescu will nicht nur ein verstärktes Industrialisierungsprogramm durchziehen, sondern Rumänien von einem Agrarland in ein wirtschaftlich unabhängigen und politisch autarken Staat verwandeln. Durch Zuzug, bzw. Zwangsumsiedlung, von Menschen aus dörflichen Regionen versucht die kommunistische Führung den Mangel an Fabrikarbeitern auszugleichen. Gleichzeitig sollen die Dorfstrukturen zerstört und neue agro-industrielle Zentren errichtet werden. Brasov wird dadurch, nach Bukarest, Rumäniens zweitgrößte Stadt (über 320.000 Einwohner).

1987 finden in Rumänien Kommunalwahlen (Volks-ratswahlen) statt. In Brasov kommt es unterdessen zu einem der wenigen Aufstände gegen Ceausescu. Es sind hauptsächlich Arbeiter der LKW-Fabrik Steagu Rosu, die die miserablen wirtschaftlichen Zustände nicht mehr aushalten und demonstrieren wollen. Dieser Aufstand wird selbstverständlich von der Polizei und der Armee niedergeschlagen. Seine Anführer werden verhaftet.

Seit der `89er Dezember-"Revolution", in der die Beseitigung Ceausescus glückte, dafür aber eine andere neo-kommunistische Macht die Führung ergreift, versuchen nun die Menschen in Brasov und im umgebenden Burzenland den mühsamen Weg in die Marktwirtschaft zu bestreiten.

Die meisten Sehenswürdigkeiten befinden sich in Corona und Scheii, so daß sie zu Fuß sehr gut und leicht zu erreichen sind.

Der Bau der Befestigungsmauern der Stadt (siehe Karte) hat im 14. Jh. begonnen und bis ins 17. Jh. hinein gedauert. Sie waren teilweise 12 m hoch und hatten eine Breite von 1,70 m bis 2,20 m. Insgesamt umschlossen sie die Stadt auf einer Länge von über 3 km.

Die Festung war mit Wassergräben und Teichen umgeben. Erst im 18. Jh., als die Festung ihren Zweck verloren hatte, wurde die Instandhaltung der Mauern vernachlässigt. Teilweise ist sie abgetragen

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worden, was dazu geführt hat, daß die Mauer (1) heute nur noch im südlichen Bereich, entlang der Timpa (an der Promenade), vollständig erhalten geblieben ist. Es sind aber auch noch weitere Basteien, Türme und Tore erhalten geblieben. So das Katharinentor (2), das sich auf der Westseite der Inneren Stadt befindet und die Hauptverbindung mit Schei (Obere Vorstadt) darstellt. Sie ist eines der schönsten und besterhaltensten Tore der Stadt und wurde 1559 erbaut. Direkt daneben befindet sich das 1828 gebaute Poarta Schei (Waisenhausgässer-Tor) (3). Dieses Baudenkmal zeigt eine klassizistische Architektur.

Geht man nun von der Poarta Schei weiter an der Stadtmauer entlang, gelangt man, noch bevor man auf die Promenade trifft, am Bastionul Tesatorilor (Weber-bastei)(4). Weitere Basteien, die noch besichtigt werden können, sind Bastionul Postavarilor (Tuchmacherbastei) (5), ein mächtiger runder Turm von 16 m Durchmesser, oder die beiden Türme an der nordwestlichen Seite der alten Inneren Stadt, der Weiße Turm (7) und der Schwarze Turm (8).

Der Rathausplatz, an dessen Stelle eine dakische Siedlung gewesen sein soll, stellt den Mittelpunkt der Inneren Stadt dar. Er wird urkundlich 1420 zum ersten Mal erwähnt. Hier fanden die wichtigsten Jahrmärkte statt an denen Zünfte und Händler aus allen Regionen des Landes teilnahmen. Der Rathausplatz wird von 'Zeilen' abgegrenzt, die früher den Namen der dort verkauften Waren trugen: Sirul Griului (Kornzeile), Sirul Inului (Flachszeile), Sirul Dogarilor (Böttcherzeile), weiter Tirgul Cailor (Rossmarkt), Tirgul Vitelor (Kühmarkt), Sirul Florilor (Blumenzeile) oder Tirgul Merelor (Apfelmarkt).

Der viereckige Platz ist von Häusern, die im Renaissance-, Provinzialbarock- oder Neoklassizismus-Stil errichtet sind, umgeben. In den Erdgeschossen der Häuser befanden sich Geschäftslokale und Warendepots.

Heute ist der Rathausplatz die touristische Attraktion Nr.1. Er ist in letzter Zeit vollständig restauriert worden und so bietet er jetzt die Möglichkeit, in einem der vielen Restaurants oder Cafes, die Atmosphäre der alten mittelalterlichen Stadt zu genießen und sich zu entspannen.

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Abb. 6 Das Kronstädter Rathaus

Das Rathaus (7) (s. Abb. ist das zentrale Gebäude und besteht aus einem Hauptgebäude und einem Turm. Der 58 m hohe Turm ist der älteste Teil des Gebäudes und wird bereits 1420 urkundlich erwähnt. Er hat mehrere Bauphasen hinter sich. In der letzten, die um ca. 1520 erfolgte, wurde er erhöht und mit einer Schäßburger Turmuhr versehen. Damals bekam der Turm sein heutiges Aussehen.

Vom Turm aus konnte der Marktrichter gemeinsam mit einem bewaffneten Marktknechten für Ruhe und Ordnung sorgen. Jahrhundertelang wurde vom Rathaus aus das gesamte Burzenland regiert und die Entwicklung der Stadt bestimmt. Seit 1950 befindet sich hier das Kreismuseum für Geschichte, das nach Möglichkeit besucht werden sollte, da hier der treffendste Überblick über die Geschichte des Burzenlandes geliefert wird.

Ein weiteres, besonders wertvolles Gebäude am Rathausplatz ist das sogenannte Kaufhaus, in dem sich heute das Restaurant 'Cerbul Carpatin' befindet. Es ist im Jahre 1545 von Appolonia Hirscher, der Witwe des Stadtrichters Lukas Hirscher, zu Gunsten der kronstädter Handwerker und Kaufleute gebaut worden. Sie sollten an dieser Stelle ihre Waren geschützt vor Regen und Schnee verkaufen können. Die Benutzung des Stockwerks war für die Zünfte vorgesehen. Wann genau das Kaufhaus im Besitz der Stadt überging, ist nicht nachzuvollziehen.

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Dieses Gebäude ist als Zeugnis der städtischen Architektur des 16. Jh. erhalten geblieben. Von hier aus kann man die Schwarze Kirche, unser nächstes Ziel, sehen. Da sie das bedeutendste Baudenkmal Brasovs darstellt, soll an dieser Stelle eine sehr ausführliche Beschreibung erfolgen.

Die evangelische Stadtpfarrkirche ist das südöstlichst gelegene Denkmal germanischer Kirchenbaukunst in Europa. Mit einer Länge von 89 m und einer Breite von 38 m ist sie auch Rumäniens größte Kirche. Ursprünglich waren zwei Türme vorgesehen, von denen nur der südliche Turm errichtet wurde und eine Höhe von 65,5 m erreicht.

Die Schwarze Kirche ist an der Stelle erbaut, an der Mönche - zur Zeit des Deutschen Ritterordens - eine kleine romanische Klosterkirche errichtet hatten. Diese wurde aber während des ersten Mongolensturm (1242) zerstört.

Der Bau der Schwarzen Kirche begann 1383 und dauerte mehr als ein Jahrhundert. Sie ist hauptsächlich aus Sandsteinquadern, die aus einem Steinbruch aus dem oberen Timistal gefördert wurden, gebaut. Der Große Brand von 1689 beschädigte die Kirche sehr stark. Es wurden insbesondere das Gewölbe und der innere Bereich der Kirche zerstört. Das Gewölbe wurde erst 1761-1772 wieder neu errichtet.

Die Schwarze Kirche ist eine gotische Hallenkirche, die durch die gleiche Höhe von Seitenschiffen und Hauptschiff kennzeichnet ist. An der südlichen Turmseite sind die noch vorhandenen Fundamente der romanischen Kirche benutzt worden. Im Inneren der Kirche fällt die Größe des Chores, der breiter ist als das Hauptschiff der Kirche ist, auf. Der Chor ist im spätgotischen Stil gebaut und durch die sechs eng gestellten, schlanken Säulen, die das Chorgewölbe tragen, nochmals in drei Schiffe unterteilt. Das Licht dringt durch die herrlich verarbeiteten Kirchenfenster ein und verleiht ihm eine besondere Helligkeit.

Im Jahre 1543 führt der Reformator Johannes Honterus die evangelische Messe ein. An der östlichen Wand des südlichen Seitenschiffes befindet sich ein Bild des Malers Fritz Schullerus (1866-1898), das den Schwur der kronstädter Ratsherren auf das Reformationsbuch Honterus, im Jahr 1543 darstellt.

Der 'Haupteingang' an der Westseite und die 'Goldene Pforte' an der Nordseite sind die zwei schönsten der insgesamt sechs Portale der Schwarzen Kirche. Zwei kleinere Eingänge an der Südseite führen jeweils zum Turm bzw. über eine Wendeltreppe zur Orgel. Die 1839 von dem berliner Meister Buchholz gebaute Orgel ist mit ihren über 4000 Pfeifen und der berühmten Klangfarbe eine der größten in Südosteuropa. Ursprünglich hatte die Kirche sechs Glocken, drei davon sind allerdings im 2. Weltkrieg eingeschmolzen worden. Die größte Glocke wiegt über 6.300 kg.

Betritt man nun die Vorhalle der Kirche durch das gegenüber dem Pfarrhaus sich befindende Portal, so sieht man über der inneren Tür ein schönes Freskengemälde aus dem 15. Jh., das den großen Brand von 1689 überstanden hat. Es stellt Maria mit dem Jesusknaben und die heilige Katharina mit der heiligen Barbara, die beide an Marias Seite stehen, dar. In den unteren Ecken des Bildes sind die Wappen des ungarischen Königs Mathias Corvinus (1458-1490) und seiner Gemahlin Beatrix von Aragon zu sehen. Corvinus war zur damaligen Zeit bei den Kronstädtern sehr angesehen, da er 'Das Andreanum' auch auf das Burzenland ausgedehnt und so die Kronstädter den Herrmanstädtern, die im Andreanum

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vorgesehenen Privilegien bereits seit über zwei Jahrunderten genossen, gleichgestellt hatte. Auf Corvinus kräftige finanzielle Unterstützung geht auch die Vollendung der Kirche im 15. Jh. zurück.

Von den Statuen, die früher alle Strebepfeiler des Chores schmückten, sind nur noch wenige erhalten geblieben. Sie stellen unter anderem Maria mit dem Jesuskind, St. Nikolaus (Schutzpatron Transsylvaniens), andere Heilige und Apostel und den Erbauer der Kirche (vielleicht den Meister Conradus Lapicida) mit einem Kirchenmodell dar.

Das heutige Altar der Schwarzen Kirche stammt aus dem Jahre 1866 und ist im spätgotischen Stil gebaut.

Die ältesten Kirchenstühle aus den Seitenschiffen stammen aus dem Jahre 1696, die anderen aus der Mitte des 18. Jh. und sind mit schönen Barockschnitzereien verziehrt. Die Bemahlungen der Kirchenstühle der ehemaligen Zünfte zeigen interessante folkloristische Motive. Die spätgotischen Kirchenstühle aus dem Chor stammen aus dem Jahr 1866, während die Eichenbänke aus dem Hauptschiff erst im Jahre 1937 aufgebaut worden sind.

Zu den besonders wertvollen Schätzen der Kirche zählen die 119 anatolischen Teppiche, die aus dem 17 Jh. bis 18 Jh. stammen und eine der reichhaltigsten Sammlungen solcher Teppiche aus Europa darstellen. Fast alle Knüpfmuster anatolischer Teppicharten aus den weltweit berühmten Teppichherstellungsregionen Brussa, Usak und Ghiordes sind hier vertreten. Die Teppiche sind der Kirche von den städtischen Zünften, von Händlern oder anderen Bürgern der Stadt, gestiftet worden.

Der Kirchenschatz besteht aus 33 goldenen und silbernen Einzelstücken. Er zeugt von der hohen Goldschmiedekunst der siebenbürgischen Handwerker. Auf einen Kelchdeckel ist die Zahl 1636 und auf einen anderen die Zahl 1690 eingraviert. Ein kleiner, schlichter gotischer Kelch heißt 'Malefikantenkelch', da aus ihm die zum-Tode-Verurteilten das letzte Abendmahl empfingen.

Verlassen wir nun die Schwarze Kirche und wenden unsere Aufmerksamkeit ihrer unmittelbaren Umgebung zu.

Ihr gegenüber (Honterus Hof Nr. 2) befindet sich das evangelische Stadtpfarrhaus und die Gebäudegruppe mit dem Alten Gymnasium, der Realschule, der Bibliothek und dem Predigerhaus, in der gegenwärtig Ämter der evangelischen Kirchengemeinde untergebracht sind.

Von dem Honterus-Hof kann man die Innere Stadt in südwestliche Richtung über die Poarta Schei verlassen und die kleine Erkundungstour im alten, rumänischen Viertel Schei (Obere Vorstadt) beginnen.

Das unter Denkmalschutz stehende Viertel füllt das Tal oberhalb der Inneren Stadt bis zu den Salomonfelsen (Pietrele lui Salomon), wo das Tal in eine enge Schlucht übergeht. Dort haben Archäologen nicht nur prähistorische Funde gemacht, sondern auch eine dakische Siedlung gefunden.

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Die alte Siedlung Schei stand im engen Zusammenhang mit der vormals auf der Timpa (Zinne) gelegenen Brassovia-burg, deren Mauerreste man heute immer noch erkennen kann.

Dieses von Gebirgshöhen und Wäldern umgebene Gebiet diente den Kronstädtern im 13. und 14. Jh als Weideland. 1392 kamen viele Bulgaren nach Kronstadt, um als Tagelöhner oder Handlanger beim Bau der Schwarzen Kirche Geld zu verdienen. Der Stadtrat siedelte sie in der Region des heutigen Stadtviertels Schei an. Damals hieß diese Siedlung Belgerey, nach dem deutschen Wort 'Bulgare'. Die rumänische Bezeichnung Schei(u) stammt aus dem Slawischen und heißt ebnfalls 'Bulgare'.

Die orthodoxe Pfarrkirche Sfintul Nicolae, kann leicht über die Str. Prundului am Unirii-Platz erreicht werden.

Der rechts vom Haupteingang liegende Teil der Kirche ist im 16. Jh. von dem Fürsten Neagoe Basarab gebaut worden. Der Hauptbau der Kirche ist erst im 18. Jh. dank der Hilfe der russischen Kaiserin Elizabetha fertiggestellt worden. Sie ist an der Stelle einer Holzkirche, die Ende des 14. Jh. erwähnt wird, entstanden.

In diesem Bau vereinigen sich byzantinisch-rumänische und west-europäische Bauformen. Das langgestreckte Schiff und der schlanke Turm mit den vier Ecktürmchen entsprechen der siebenbürgisch-sächischen Bauweise. Die Kuppeln und die Ausgestaltung des Inneraumes sind byzantinisch. Der älteste Teil der Kirche hat sehr reiche, wertvolle Wandmalerein aus dem 16. Jahrhundert.

Direkt neben der Sf. Nicolae-Kirche steht die erste rumänische Schule, die aus dem 14. Jh. stammt. Der heutige Bau erhielt seine Form in den Jahren 1597-1766. Davor stand an derselben Stelle ein aus Holz gebautes Schulgebäude. Heute befindet sich hier ein Schulmuseum, das die Tätigkeit des orthodoxen Diakons Coresi veranschaulicht wird. Coresi zählt zu den Begründern der rumänischen Schriftsprache. In Brasov druckte er eine Reihe kirchenslawischer und rumänischer Texte, die zum Wertvollsten der rumänischen Kulturgeschichte zählen (so z.B. ein Tetraevangeliar, das erste rumänische Neue Testament).

Die letzte Etappe der Brasov-Besichtigung ist der Besuch der anfangs bereits erwähnten evangelischen Bartholomäuskirche, die sich am Ende der Str. Lunga befindet und auf dieser Stadtbesichtigungstour nicht fehlen sollte. Sie kann am besten auf dem Rückweg nach Moeciu de Sus besichtigt werden.

Bartholomeu (Altstadt) liegt am Fuße des 600 m hohen Dealul Sprenghi (Gesprengberges). Im Laufe der letzten Jahrzenten ist seine nordwestliche Seite, wegen des begehrten Kalksteins, fast vollständig abgetragen worden. Auf dem noch existierenden Gipfel findet man Reste der alten Gesprengburg, die im Laufe der Geschichte, zusammen mit der Brassoviaburg (auf der Zinne), die wichtigste

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Zufluchtsmöglichkeit der Kronstädter gewesen ist. In Bartolomeu hat man auch Funde einer Siedlung aus der jüngeren Steinzeit, die im Geschichtsmuseum ausgestellt sind, gemacht.

Nachdem der Deutsche Ritterorden ins Burzenland kam, entwickelte sich Bartholomeu zu einer Dorfsiedlung. Dazu gehörte die ummauerte Kirche, die wahrscheinlich mit der darüberliegenden Burg verbunden war.

Die Bartolomäuskirche ist die älteste Kirche des Burzenlandes und eine der ältesten Transsylvaniens. Der Bau ist vermutlich im Jahre 1223 begonnen worden. Der Grundriß mit dem Querschiff und den zwei Türmen an der Westseite ist romanisch.

Von den beiden geplanten Türmen ist allerdings nur einer gebaut worden. Das Hauptschiff hat eine Länge von 55 m, die Querschifflänge beträgt 25 m. Das Hauptportal an der Westseite imponiert mit einer Höhe von 6 m und einer ebenso großen Breite. Besonders schön geformte Gewölbe-rippen überspannen das Chor, welches, bedingt durch die Rund- und Längsfenster, sehr hell wirkt. In dem nördlichen Querschiff stützen sich die Gewölberippen auf einen Männerkopf mit geschlossenen Augen und langem Schnurrbart. Man vermutet, daß diese Skulptur den reichen Sachsen Fulkun, dem König Andreas große Besitztümer geschenkt hatte, darstellen könnte. In der Nordkapelle kann man das sich dort befindende steinerne Sakramenthäuschen und mittelalterliche Wandmalereien sehen.

Der Marktplatz in Bartholomeu befindet sich direkt gegenüber der Kirche. Er ist heute nicht mehr besonders stark besucht. Dafür sind während der Woche die Bushaltestellen, von denen die Menschen aus den umliegenden Gemeinden die Busse nehmen, völlig überfüllt.

Wir verlassen nun Brasov und kehren mit vielen, neuen Impressionen aus dieser mittelalterlichen, faszinierenden Stadt, nach Moeciu de Sus zurück.

3.3 Moeciu de Sus SONDZEICHEN 222 \f "Symbol" Feldioara SONDZEICHEN 222 \f "Symbol" Prejmer SONDZEICHEN 222 \f "Symbol" Harman

Die erste Etappe dieser Tour ist die Ortschaft Feldioara (Marienburg), die weniger durch imposante und spektakuläre Bauten beeindruckt, als vielmehr durch ihre geschichtliche Bedeutung während der Zeit des Deutschen Ritterordens.

Feldioara erreicht man über die DN 13, die nördlich von Brasov über den Geisterwald (Padurea Bogatii) in Richtung Sighisoara führt. Die vom Homorod-Bach umschlossene Ortschaft ist ca. 19 km von Brasov entfernt. Sie liegt auf einer Olt-Terasse.

Diese Gemeinde war die Verwaltungs- und Wirtschafts-zentrale des Burzenlandes zur Zeit des Deutschen Ritterordens. Ihr war sogar Brasov untergeordnet. Sie hieß damals Castrum St. Mariae.

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Die Burg befand sich auf einer Bergkuppe, östlich der Ortschaft. Heute sieht man nur noch eine Ruine. Die gesamte Anlage bestand aus vier Türmen und einem Burgring, der der Morphologie des Hügels angepaßt war und dessen Mauern eine Dicke von bis zu 4 m erreichten.

Im Jahre 1420 befahl der ungarische König die Erhöhung der für Verteidigungszwecke viel zu niedrigen Mauern. Zu dieser Arbeit mußten Arbeiter aus allen umliegenden Dörfern heranrücken, da zur Zeit der Türkenkriege die Marienburg ihnen als Zufluchtsort diente.

Der Westturm, der noch aus der Bauphase des Deutschen Ritterordens stammt, ist von den vier Türmen am besten erhalten. Der Stelle an der der Nordturm stand ist kaum zu erkennen. Von dem Ostturm sind nur noch die Fundamente übriggeblieben, da im Jahre 1838 ein sehr starkes Erdbeben die Burg beschädigte. Die Bauern ließen seitdem die Burg verfallen. Wenn die Verwaltungsbehörde im Jahre 1898 die Festigung der Reste der Burg nicht angeordnet hätte, wäre wahrscheinlich dieses wichtige Denkmal der Burzenlandgeschichte für immer verschwunden.

Erwähnenswert erscheint es mir, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß der Deutsche Ritterorden, der trotz der extrem kurzen Zeit, in der er im Burzenland gewirkt hat, die geschichtliche Entwicklung dieser Region für die nachfolgenden Jahrhunderte geprägt hat. Nach Verlassen des Burzenlandes zog der Ritterorden weiter ins Kumlerland, um von dort aus die Eroberung Preußens zu beginnen.

Von Feldioara fahren wir nun weiter in südöstliche Richtung über Ariusd und Bod zur nächsten Station: Harman (Honigberg).

Diese Ortschaft befindet sich inmitten der Burzenland-Ebene und ist dementsprechend allen klimatischen Einflüssen, die solch eine exponierte Lage mitsichbringt, ausgesetzt.

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Abb. 7 Kirchenburg in Harman

Ziel dieses Exkurses ist die Harmaner-Kirchenburg, die eine der besterhaltensten und größten des Burzenlandes ist und im Mittelpunkt der Ortschaft liegt. Sie ist im 15. Jh. gebaut worden. Die mächtigen, ovalen Ringmauern (2 m dick und bis zu 10 m hoch) sind mit 7 Türmen ausgestattet. In einem der Türme, der früher als Kapelle diente, sind heute noch mittelalterliche Wandmalereien zu sehen. Sie stellen unter anderem die Auferstehung der Toten, den Zug der Verdammten in die Hölle, den Einlaß der Seeligen in den Himmel und die Apostel Petrus und Paulus dar. Außerhalb des Burgrings verläuft die niedrigere Zwingermauer. Vor dieser Mauer existierte früher ein breiter und tiefer Wassergraben.

Im Burghof selbst sieht man noch zahlreiche Frucht- und Wohnhäuser, die den Bauern als Refugium während der Belagerungszeit dienten.

Die Kirche stammt aus dem 13. Jh.. Der alte romanische Chor der Kirche ist im Vergleich zu den anderen Kirchen des Burzenlandes noch besonders gut erhalten geblieben. Nach einem Brand im Jahre 1593 ist das 19 m lange und 8,5 m breite Schiff im gotischen Stil umgebaut worden.

Im Jahre 1710 stifteten die aus der Türkei heimreisenden schwedischen Offiziere der Kirche einen Altar. Dieser wird aber im Jahre 1787 durch den heutigen ersetzt. Der Harmaner Kirchturm ist mit seinen 52 m der höchste des Burzenlandes.

Diese Kirchenburg hat eine außerordentlich erfolgreiche Verteidigungsgeschichte hinter sich. Weder der moldauische Fürste Petru Rares (1552), noch der berühmte Mihai der Tapfere, der zum ersten Mal die drei rumänischen Länder vereinigen konnte (1600), waren bei ihren Versuchen die Burg zu erobern erfolgreich. 1612 belagerte der transsylvanische Fürst Gabriel Bathory die Wehranlage erfolglos. Weder die mächtigen Türken, noch die Tatren oder die Kurutzen konnten sie jemals einenehmen.

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Reizvoll ist auch die Umgebung Harmans. Nördlich und östlich erstrecken sich weit ausgedehnte Feuchtwiesen, die im Sommer die Herberge vieler Störche darstellen. Die Sumpfwiesen, die sich bis zum Olt-Fluß erstrecken, beher-bergen eine Vielzahl besonderer Pflanzen. Am Fuße des Lempesch-Hügels blüht im Frühjahr im Flachmoor die Mehlprimel und im Sommer die Burzenländer Grasnelke.

Die 5 km weiter südlich liegende Ortschaft Prejmer (Tartlau) stellt die letzte Etappe unserer Tour dar. Die Gründung dieser Ortschaft geht, wie die der meisten Gemeinden im Burzenland, auf den Deutschen Ritterorden zurück.

Aufgrund seiner besonderen Funktion, als Marktort für die umliegenden Gemeinden, hat Prejmer zur Zeit des Deutschen Ritterordens in seiner Geschichte eine besonders erfolgreiche Entwicklung durchgemacht.

Prejmer lag an der besonders wichtigen mittelalterlichen Straße zum Buzau-Paß, die die Verbindung mit dem Fürstentum Moldau darstellte, auf dem die Händler aus weit entfernten Regionen nach Brasov fuhren. Auf dem Marktplatz steht die stärkste Kirchenburg Osteuropas, die wir nun besichtigen wollen.

Die Prejmer-Burg ist durchaus mit der aus Harman zu vergleichen. Sie umschließt eine vom Ritterorden erbaute Kreuzkirche, die mit einen Flügelaltar aus dem Jahr 1450 bestückt ist. Der Turm der Kirche steht in der Mitte des Kirchenbaus. In ihrer heutigen Gestalt existiert die Kirchenburg seit dem 15. Jh.. Sie besteht aus 10 bis 12 m hohen und 3 bis 4 m dicken, sehr beeindruckenden Mauern, die eine Art Galerie, auf der die Wachen entlanggingen, bilden. Man kann ganz gut die unterschiedlich geformten Schießscharten, die sowohl den Einsatz von Pfeilbögen als auch von Feuerwaffen zuließen, betrachten.

In Prejmer ist auch noch die sogenannte 'Orgel des Todes' erhalten. Damit sind mehrere Kanonen, die gleichzeitig betätigt werden konnten und von den Feinden stets gefürchtet waren, gemeint. An der Innenseite dieser Mauern sind über 200 Wohnungen, die in 3 bis 4 Stockwerken angeordnet sind, eingebaut. Sie dienen einigen Bauern heute noch als Speckvorratskammern. Vier halbrunde Türme ragen nur wenig über die Mauer hinaus. An der südlichen Seite der Innenburg befindet sich eine Torwehr und eine Vorburg mit vier Reihen Schießscharten und vielen Pechnasen. Im Verbindungsgang zwischen der Vorburg und der Innenburg ist noch ein hölzernes Falltor zu sehen.

Früher exisitierte noch eine Zugbrücke, die über einen Wassergraben, der sich um die gesamte Wehranlage zog, führte. Den Bewohnern Prejmers reichten diese Sicherheits-vorkehrungen nicht. Nach der Fertigstellung der Wehrburg, bauten sie einen weitere Befestigungsmauer um die ganze Gemeinde. Aus dem Ort führten fünf Tore, die mit Wach-türmen versehen waren, hinaus.

Nach Brasov war Prejmer im Mittelalter der am stärksten befestigte Ort des Burzenlandes. Die bereits erwähnte Lage an der Straße zum Buzau-Paß machte dies allerdings auch erforderlich. Im Verlauf der Geschichte ist die Ortschaft Prejmer fast 50 mal von einfallenden Mongolen, Tataren, Türken, Kosaken oder Moldauern zerstört worden. Dagegen fiel die Kirchenburg nur ein einziges Mal. Es war im Jahre 1611, als Gabriel Bathory die Burg erobern konnte.

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Seit 1990 ist auch ein Kirchenburgmuseum, in dem alte Schriften zur Geschichte Prejmers, alte Waffen, Werkzeuge, Haushaltsgeräte und alte Trachten ausgestellt sind, entstanden. Eine Besichtigung sollte man sich nicht entgehen lassen.

Die Rückfahrt nach Moeciu de Sus erfolgt jetzt über Brasov und die inzwischen bekannten Ortschaften Christian, Risnov und Tohanu Nou.

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3.4 Moeciu de Sus SONDZEICHEN 240 \f "Wingdings" Sinaia und Schloß PeleSONDZEICHEN 213 \f "WP MultinationalA Roman"

Die hier vorgestellte Route beginnt mit einer ca. einstündigen Autofahrt, die uns in einem nördlichen Bogen an das Bucegi-Gebirge führt. Unser Ziel ist das Schloß Peles in Sinaia.

Man fährt von Moeciu über Bran, Tohanu Nou bis kurz vor Risnov und folgt rechts dem Abzweig nach Bukarest (DN 73A). Entlang des Risnoavei-Flusses erreicht man nach kurzer Zeit und vielen Serpentinen den Piriul Rece-Paß (960 m). Nach weiteren Kilometern trifft man auf die DN 1, die links nach Predeal,

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eine bekannte Skisportregion in Rumänien, und rechts nach Bukarest führt. Man folgt der DN 1 in Richtung Bukarest.

Wie an einer Perlenschnur aneinander gereiht liegen die alten Erholungs- und Luftkurorte des Prahova-Tals: Azuga, Busteni, Poiana Tapului und Sinaia. Das durchfahrene Tal markiert die Grenze zwischen dem Bucegi-Gebirge und dem Baiului -Gebirge.

In Sinaia angelangt kann man sofort einen Parkplatz suchen, ad man fast alle Sehenswürdigkeiten dieses Ortes zu Fuß erreichen kann.

Zum Schloß Peles gelangt man, indem man einem der vielen Hinweisschildern folgt. Den Besuch des Schlosses sollte man auf jeden Fall mit einem ausgedehnten Spaziergang entlang des Pelisor-Tales und des herrlichen Schloßparks verbinden.

Kommen wir aber nun zum Schloß:

Die Geschichte des Schlosses Peles ist unweigerlich mit der Unabhängigkeit Rumäniens vebunden. Seit 1768 kämpften Rußland und das Osmanische Reich um die Vorherrschaft in Südosteuropa. Viele dieser Kämpfe sind auf dem Gebiet der Moldau und der Walachei ausgetragen worden. Die Russen versuchten die Türken aus diesen Gebieten zu verdrängen. 1821 kam es zum Aufstand der rumänischen Bevölkerung gegen die von den Türken eingesetzten griechischen Fanarioten, die die rumänischen Länder regiert hatten. Schließlich wurden unter der stillschweigenden Duldung der Türken die Fanarioten gegen rumänische Fürsten "eingetauscht". 1848 packte das Revolutionsfeuer erneut die rumänische Bevölkerung. Diesmal ging es gegen die vorherrschenden feudalen Ordnungsverhältnisse, die sich die Bevölkerung nicht mehr länger gefallen lassen wollte. Die Rechnung ging aber nicht auf; mit vereinten Kräften metzelten die diesmal vereinten russischen und türkischen Truppen die Aufständischen nieder. Im Krimkieg wurden die rumänischen Länder auch noch von den österreichischen Truppen besetzt worden. 1859 war es dann endlich soweit: sowohl die Moldau als auch die Walachei wählten den Fürsten Alexandru Ioan Cuza zum Herrscher, was gleichbedeutend mit der Proklamation der Vereinigung zum Fürstentum Rumänien war.

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Abb. 8 Schloß Peles in Sinaia

Cuzas Regierungszeit hielt nicht lange. Mit Hilfe der Bojaren, die unzufrieden über seine Reformen waren (Verstaatlichung der Kirchengüter, Befreiung der leibeigenen Bauern, Bodenvergabe etc.), wurde er in der Nacht zum 11 Februar 1866 gestürzt.

Die fieberhafte diplomatische Tätigkeit der ausländischen Großmächte konzentriert sich auf die Suche nach einem geeigneten Herrscher, der ihre Machtinteressen in dieser Region gewährleisten konnte. Auf Empfehlung Napoleons II. und Fürst Otto von Bismarck entschieden sich die Bojaren den deutschen Prinzen Karl von Hohenzollern-Sigmaringen für die Autonomie und die europäische Anerkennung Rumäniens sorgen zu lassen. Zur Krönung des Prinzen zum König von Rumänien kam es aber erst 1881, nachdem die Türken, die den russisch-türkischen Krieg verloren hatten, ihren Anspruch auf Rumänien aufgeben mußten.

Rumänien hatte mit Carol I. den ersten König.

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Carol I. war es, der schon vor seiner Krönung eine Sommerresidenz oberhalb von Sinaia, im Prahova-Tal, errichten wollte. 1873 fingen die Vorarbeiten für das geplante Schloß an. 1875 fand die Grundsteinlegung für ein Monumentalbau, nach den Plänen des Wiener Architekten Wilhelm Doderer, statt. Später wurden diese Pläne dem König allerdings zu kostspielig, so daß Doderers Gehilfe, der Architekt Johann Schultz, die Planung und Bauaufsicht übernehmen konnte. Aus den Erinnerungen der Prinzessin Elizabeta geht hervor, daß auf der Baustelle ein buntes Völkergemisch von Maurern, Zimmermännern, Steinmetzten oder Tagelöhnern gearbeitet haben muß: "... trafen sich hunderte von Nationaltrachten und wurden vierzehn Sprachen gesprochen; gesungen und beleidigt in allen Dialekten und in allen Tonarten...". Erst am 7. Oktober 1883 konnte das Bauwerk fertiggestellt werden, denn der russisch-türkische Krieg verzögerte die Arbeiten im beträchtlichen Maß.

13 Jahre später gab es schon die ersten Umbauarbeiten durch den tschechischen Architekten Liman. In dieser Zeit erhielt das Schloß sein heutiges Aussehen.

Das Gebäude ist dem deutschen Renaissance Stil nachempfunden. Das Schloß besitzt 160 Zimmer, die natürlich nicht alle auf einer Besichtigungstour gesehen werden können. Zur Vorführung gehören die Eingagngshalle, der Saal mit der großen Waffen-sammlung, dsas königliche Arbeitszimmer, die Bibliothek (die Bestände sind nach Bukarest gebracht worden), der Thronsaal, der türkische und der maurische Saal, das kleine Theater u.a..

Zur gesamten Schloßanlage gehören noch zwei andere kleinere Schlößchen: Castelul Pelisor und Foisor.

Pelisor ist von Carol I. gebaut worden und ist von seinem Neffen Ferdinand und seiner Familie als Residenz benutzt worden. Das kleine, mit nur 70 Zimmer ausgestattete Schlößchen ist im Jugendstil gebaut. Königin Maria, die Nichte der Queen Victoria und des Zaren Alexander II, sammelte Arbeiten der Wiener Sezessionisten und des Art Nouveau.

Ceausescu benutzte dieses Schlößchen zeitweilig auch als Aufenthaltsort und als Gästehaus für einige Staatsgäste.

Diese Funktion übernimmt heute aber viel mehr das dritte Schloß, das sich im Park befindet - das Foisor. 1931 wurde es von Ferdinands Sohn Carol II. gebaut.

Öffnungszeiten:

Außer Montags und Dienstags ist das Schloß täglich von 9 bis 15 Uhr geöffnet. Wer das Pelisor-Schlößchen besichtigen möchte, muß eine zweite Eintrittskarte kaufen. Für Fotos und Videokameras werden gesonderte Eintrittsgelder verlangt. Ausländische Touristen müssen einen höheren Eintrittspreis bezahlen, können dafür aber eine der französisch- oder englischsprachigen Führungen mitmachen.

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Empfehlung: Falls Sie nach der Schloßbesichtigung noch genügend Zeit haben sollten sie einen Spaziergang durch die vielen kleinen, idyllischen Straßen Sinaias nicht auslassen. Sie können die vielen prächtigen Villen der Belle Epoche sehen, die heutzutage Zeugnis eines längst vergangenen Wohlstands sind.

Ein Besuch im Sinaia-Kloster und eine ausgiebige Mahlzeit im Furnica-Restaurant können genüßlich diesen Tagesausflug abschließen.

Gute Heimfahrt nach Moeciu de Sus!!

Abb. 3 Die Törzburg

Abb. 4 Sachsenhaus

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Abb. 5 Die Wehrkirche aus Cristian

Abb. 6 Kirchenburg in Harman

Abb. 7 Schloß Peles

diese Bezeichnung wird heute, nach den letzten Beschlüssen der internationalen Umweltkonferenz von Rio de Janeiro (1992), für Wirtschaftsweisen benutzt, die besonders naturschonend, ja sogar naturfördernd, agieren. Diese Wirtschaftsweise wird auch für die zukünftige Entwicklung der Industriegesellschaften gefordert.

siehe Broschüre über "Umwelt und Montaner -Torismus"

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Früher exisitierte noch eine Zugbrücke, die über einen Wassergraben, der sich um die gesamte Wehranlage zog, führte. Den Bewohnern Prejmers reichten diese Sicherheits-vorkehrungen nicht. Nach der Fertigstellung der Wehrburg, bauten sie einen wei€ ‚ š â rü - �