AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird...

50
C. H. BECK Notarenzeitschrift AD NOTAM Jubiläumsausgabe zum 10. Jahrestag der Wiederherstellung des Notariats in der Tschechischen Republik 10.výročí-ID 7.5.2003, 12:39 9-10

Transcript of AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird...

Page 1: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

C. H. BECK

NotarenzeitschriftAD NOTAM

Jubiläumsausgabe zum 10. Jahrestag der Wiederherstellung des Notariatsin der Tschechischen Republik

10.výročí-ID 7.5.2003, 12:399-10

Page 2: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

§

Die tschechisch-slowakische Delegation bei den Salzburger Notariatstagen – April 1991 (Dritter von links – Dr. Leon Richter, Jus-tizminister der Tschechischen Republik).

Die U. I. N. L. – Delegation in Prag – April 1997. Überreichung der Fahne der U. I. N. L. im Sitz der Notarkammer der Tschechischen Republik.

Das internationale Seminar in Prag – Oktober 1997 (Vierter von links Dr. Kessler, Vorsitzender des Verfassungsgerichts der Tschechischen Republik, weiter nach rechts Hugo Perez Montero und Justizministerin Dr.Vlasta Parkanová).

Überreichung der Auszeichnung an Dr. Mar-tin Foukal, die ihm von Dr. Thomas Klestil, dem Präsidenten der Republik Österreich verliehen wurde.Die österreichische Botschaft in Prag – April 1999 (von links nach rechts: Botschaf-ter der Republik Österreich Dr. Peter Niesner, Dr. Otakar Motejl, Justizminister, Dr. Martin Foukal und Dr. George Weismann, Präsident der Österreichischen Notariatskammer).

JUDr. Martin Foukal, Präsident der NotK ČR seit 1993

JUDr. Miloslav Jindřich, Vizepräsident der NotK ČR seit 1993

JUDr. Libor Bitter, Präsidiumsmitglied der NotK ČR in den Jahren 1993 - 1999

JUDr. Petr Bílek, Präsident der NotK in Prag in den Jahren 1993 - 1996, Präsidiumsmitglied der NotK ČR seit 1996

JUDr. Bohuš Buchar, Vorsitzender der Rügekommission der NotK ČRin den Jahren 1993 - 1996

JUDr. Jiřík Fleischer, Präsident der NotK in Brno seit 1999

Miloš Habrman, Präsident der NotK in Hradec Králové seit 1993

JUDr. Jan Hofmann, Präsident der NotK der Hauptstadt Pragin den Jahren 1993 - 1996

JUDr. Ivan Houdek, Präsidiumsmitglied der NotK ČR in den Jahren 1993 - 1996, Präsident der NotK in Prag seit 1996

JUDr. Kamil Hrdina, Präsident der NotK in České Budějovicein den Jahren 1993 - 2002

JUDr. Stanislav Hroch, Präsident der NotK in České Budějovice seit 2002

JUDr. Jiří Chabr, Präsident der NotK in Ústí nad Labem seit 1999

JUDr. Josef Kawulok, Präsident der NotK in Ostrava in den Jahren 1993 - 1996, Präsidiumsmit-glied der NotK ČR in den Jahren 1996 - 2002

JUDr. Václav Kouba, Präsident der NotK der Hauptstadt Prag seit 2002

JUDr. Helena Marková, Präsidentin der NotK in Plzeň seit 2002

JUDr. Vladimír Maurer, Vorsit-zender der Revisionskommission der NotK ČR in den Jahren 1996 - 2002

JUDr. Vladimír Polášek, Präsidiumsmitglied der NotK ČR in den Jahren 1993 - 1996,Präsident der NotK in Ostrava seit 1996

JUDr. Karel Rinke, Vorsitzender der Revisionskom-mission der NotK ČR in den Jahren 1993 - 1996, Präsidi-umsmitglied der NotK ČR seit 2002 (†8.4.2003)

JUDr. Zdeněk Ryšánek, Präsident der NotK in Brno in den Jahren 1993 - 1999

JUDr. Libuše Stehlíková, Präsidentin der NotK in Plzeň in den Jahren 1993 - 2002

JUDr. Jiří Svoboda, Präsi-dent der NotK der Haupt-stadt Prag in den Jahren 1996 - 2002

JUDr. Martin Šešina, Vorsitzender der Rügekom-mission der NotK ČR in den Jahren 1996 - 1999

JUDr. Jiří Škorpík, Präsident der NotK in Ústí nad Labem in den Jahren 1993 - 1999, Vorsitzender der Revisionskommission der NotK ČR seit 2002

JUDr. Jarmila Šléšková, Vorsitzende der Rügekom-mission der NotK ČR seit 1999

JUDr. Karel Wawerka, Präsidiumsmitglied der NotK ČR seit 1999

Präsidiumsmitglieder, Präsidenten der Notarkammern und Vorsitzende der Rüge- und Revisionskommission der NotK ČR

10.výročí-ID 7.5.2003, 12:4011-12

Page 3: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

18. Mai 2003

AD NOTAM

„Je weiter man zurückblicken kann,desto weiter wird man vorausschauen.“

Winston Churchill

Sehr geehrte Freunde,

der Lauf der Zeit lässt sich nicht aufhalten. Ein Blickauf den Kalender, und leider auch in den Spiegel, verrätmir, dass wie im Fluge die 10 Jahre vergangen sind, seitdie Notariatsordnung, die für unser Notariat einen Neu-anfang bedeutete, am 1.1.1993 wirksam geworden war.Damit begann ein neuer Entwicklungsabschnitt des wie-dereingeführten lateinischen freiberuflichen Notariatsals Fortsetzung einer weit zurückliegenden Tradition die-ser Einrichtung mit einer äußerst interessanten und oftbewegten Vergangenheit.Trotz der vielen aktuellen Pflich-ten und Aufgaben,die uns oft zu sehr beanspruchen,halteich es wenigstens aus einem solchen Anlass für ange-bracht, innezuhalten, um über den Sinn unseres Han-delns nachzudenken und um all derer zu gedenken, dievor uns da waren und uns ihr Vermächtnis hinterlassenhaben.

Da sich unser gesellschaftliches Umfeld sehr rasch ent-wickelt und ändert, kann das Notariat nicht nur in derTradition leben. Es muss flexibel sein, und den Heraus-forderungen der Zukunft begegnen können. Diese Son-derausgabe der Notarzeitschrift Ad Notam versucht, diebedeutendsten historischen Augenblicke des tschechi-schen Notariats in gekürzter Form ins Gedächtnis zu ru-fen, dies nicht nur wegen ihrer geschichtlichen Bedeu-tung, sondern vor allem auch deshalb, damit wir dieGelegenheit bekommen, in der Vergangenheit Antwor-ten auf manche Fragen der Gegenwart und Inspirationfür die Weiterentwicklung dieser Einrichtung zu finden.

Die heutige Generation der tschechischen Notare ge-riet in eine besondere und gewissermaßen einzigartigeSituation. Es gibt niemanden bei uns, der das freiberufli-che Notariat erlebt oder gekannt hätte. Nur von den Er-zählungen, bzw. von der Literatur und von Filmen herkonnte sich jeder ein gewisses Bild darüber machen,wieso eine Einrichtung aussehen und funktionieren soll. Esgab zwar einige Notare der früheren Generation,aus de-ren praktischer Erfahrung man ein wenig schöpfenkonnte. Leider war niemand mehr von ihnen im Beruf-salter, als das Notariat als freiberufliche Tätigkeit wie-dereingeführt wurde. So ist es nur der Hilfe ausländischerKollegen, vor allem aus Österreich, der Bereitwilligkeitdes damals bereits pensionierten Staatsnotars JUDr. JiříBrázda, dem Mut, und manchmal auch der „Frechheit“einiger damals noch relativ junger Staatsnotare zu ver-danken, dass bei uns Grundsteine für den Aufbau einesfreien Notariats gelegt werden konnten.Freilich gehörtedas Bisschen Glück dazu.Es war eine Zeit der Suche nachIdentität, Selbstbewusstsein und nach einem Zugang zuMedien und Politikern. Besonders wichtig dabei war so-

wohl eine sich allmählich bildende Einheit der Notarge-meinschaft als auch die Unterstützung der Rechtsan-wälte und der Öffentlichkeit. Alle waren sich der Not-wendigkeit der Änderung der Rolle des Notariats nachder Wende 1989 bewusst, jedoch war keiner der politi-schen Entscheidungsträger fest entschlossen, diese Än-derung zu verwirklichen.Somit war es nicht einfach,diePolitiker und die Gesetzgebung zu überzeugen. Wenn Siedazu kommen, die Zeilen zu lesen, die sich mit der Zeitder Durchsetzung der Wiedereinführung des freiberuf-lichen Notariats befassen, versuchen Sie bitte die politi-sche Spannung,die damals herrschte,nachzuvollziehen.Nur ein starker Geist gepaart mit dem ebenerwähntenGlück brachte Erfolg.Dieser Wille kann jederzeit und fürjeden beispielgebend sein. Erst nach der Erzielung dererwarteten Änderungen in der Rechtsgebung wurdenunsere Vorstellungen über das Notariat greifbar und um-setzbar. Mit viel Enthusiasmus, aber auch mit verständli-cher Naivität wurden nach dem 1.1.1993 die ersten No-tariatskanzleien eröffnet. Die Notariatskammer derTschechischen Republik hatte damals noch keinen ei-genen Amtssitz und arbeitete deshalb im Provisorium derNotariatskanzlei des Präsidenten. Alles musste sozusagenvon Null anfangen. Die Kompetenzen der Notartätigkeitwaren sehr bescheiden, es gab keine Erfahrungen mitder Selbstverwaltung der Notare. „Was oder wer ist dieKammer,“ fragten sich viele Notarkollegen.Die einfacheAntwort,die da lauten würde:„Da sind wir,alle Notare!“,leuchtete nicht immer jedem ein. Wenn wir nun dieseTatsachen mit einem Abstand von zehn Jahren betrach-ten und sie mit dem Notariat von heute vergleichen, istdenn nicht ein Wunder geschehen? Nein, es gibt keineZufälle! Sie sind das Ergebnis einer ehrlichen Arbeit,hin-ter der nur Menschen stecken.

Erlauben Sie mir auch eine persönliche Bemerkung.Es erscheint eine glückliche Fügung zu sein,dass der Ita-liener Henricus de Isernia (Heinrich, tschechisch: Jin-dřich, von Isernia) der erste konkrete Name ist, der inden historischen Dokumenten im Zusammenhang mitdem Notariat in den Böhmischen Ländern auftaucht.Die-ser Notar des Königs Přemysl Otakar II kam im Jahre1270 nach Prag und gründete im ältesten Stadtteil PragsVyšehrad die erste Notariatsschule Mitteleuropas.Es magbeinahe Symbolcharakter haben, dass bei der Wiederge-burt des Notariats die wichtigste Rolle wieder ein Hein-rich gespielt hat, diesmal vom Beruf her Notar aus Be-nešov (Beneschau.) Dank der Lebenschance,die sich unsallen bot, hat JUDr. Miloslav Jindřich seine gesetzgeberi-schen Fähigkeiten entdeckt und in der Praxis nutzenkönnen. Durchdrungen von der Überzeugung vom ge-samtgesellschaftlichen Nutzen eines funktionierendenund unabhängigen Notariats wurde er zur Führungs-person bei der Durchsetzung der Wiedereinführung deslateinischen Notariats und zum Hauptschöpfer der abdem 1. 1. 1993 wirksamen Notariatsordnung sowie wei-terer Gesetze,die eine solche Wiedereinführung möglich

Page 4: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

machten. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dassein erheblicher Einfluss,nicht nur auf seine Haltung undMeinungsbildung,von einem weiteren Beneschauer Kol-legen ausging, nämlich von JUDr. Martin Šešina, der ne-ben dem Fachwissen stets auch die „menschliche Seite“und den „gesunden Menschenverstand“ beisteuerte.Fürmeine Berufslaufbahn war es ein großes Glück, dass ichmeine Praxis als Staatsnotar gerade in Beneschau be-gonnen habe,wohin ich mehrere Jahre lang aus Prag ge-pendelt bin. Die beiden waren meine älteren Berufskol-legen.Mit ihnen zusammen habe ich mehrere Jahre langgearbeitet,wodurch ich mir Gedanken über das Notariatmachen und somit zu einer Denkrichtung gehörenkonnte,die für die Entwicklung unseres Notariats so be-stimmend war.

Es wäre jedoch ungerecht, nur einige zu nennen undzugleich nicht all derer zu gedenken,die sich um die Wie-dergeburt des Notariats und um die Wiederbelebung sei-ner weit zurückliegenden Traditionen verdient gemachthaben. Ihnen allen, die sich daran beteiligten, und deren

Verdienste dennoch nicht namentlich hervorgehobensind, gebührt unser herzlicher und tiefer Dank.

Ich bin fest davon überzeugt, dass Sie den Inhalt die-ser Sonderausgabe der Zeitschrift Ad Notam mit Inter-esse lesen werden. Ich glaube, dass es nicht mehr gelin-gen wird, die historischen Tatsachen so zu erfassen undzu ordnen. Ich danke allen, die sich an dieser Arbeit be-teiligt haben.

Abschließend möchte ich mich im Namen der Nota-riatskammer der Tschechischen Republik auch beim Ver-lag C. H. BECK für die Teilnahme an unserem Jubiläumdurch die kostenlose Herausgabe dieser Nummer be-danken und gratuliere diesem Verlag,der auch sein zehn-jähriges Jubiläum in der Tschechischen Republik feiert,zu seinem Erfolg.

2 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

Page 5: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

Das Notariat,das,zusammen mit dem Richterstand undder Rechtsanwaltschaft, zu den bedeutendsten juristi-schen Berufen gehört, kann auf eine sehr reiche Ge-schichte zurückblicken.

Die Geschichte des Notarwesens – wie der Begriff No-tar auch,abgeleitet vom lateinischen „nota“ (Abkürzung)– hat ihren Anfang im Altertum. Im Mittelalter entsprachder heutigen Auffassung des Notariats das sog. öffentlicheNotariat. Als Notare oder Protonotare wurden allerdingszu jener Zeit auch Personen bezeichnet,die mit dem Kon-zipieren und Schreiben von Urkunden im Rahmen derköniglichen, päpstlichen, erzbischöflichen oder einerstädtischen Kanzlei beschäftigt waren.

Da das tschechische Notariat gegenwärtig in den Kreisdes sog. lateinischen Notariats gehört, wird nachstehendauf die Geschichte des öffentlichen Notariats Nachdruckgelegt.

Das öffentliche Notariat entstand unzweifelhaft auf ita-lienischem Boden. Eine wichtige Rolle bei der weiterenGestaltung dieser Institution spielte die Rezeption des rö-mischen Rechts und der damit einherschreitenden Ro-manisierung der juristischen Denkweise. EntscheidendeFaktoren der Entwicklung des Notariats waren mittelal-terliche,zunächst vor allem italienische Universitäten unddie an ihnen wirkenden Glossatoren und Postglossato-ren. Ihren Einfluß ließen zweifelsohne auch die Kircheund der Unterricht des weiteren sog. gelehrten Rechts,d.h.des kanonischen Rechts,walten. Aus Italien verbrei-tete sich die Institution der öffentlichen Notare nachFrankreich und in die Alpenländer (vor allem nach Süd-tirol). Ende des 13. Jahrhunderts schlug das öffentlicheNotariat im mittelalterlichen Deutschland und in Polen,etwas früher auch im tschechischen Staat,seine Wurzeln.

Anzeichen der Existenz des öffentlichen Notariats in dentschechischsprachigen Ländern sind erstmals währendder Regierung des Königs Přemysl Otakar II. zu beob-achten. Dieser „Eiserne und Goldene König“ war der er-ste tschechische/böhmische Herrscher,dessen politischeund Machtambitionen deutlich über die Grenzen destschechischen Staates hinaus reichten. Zur Zeit seineshöchsten Glanzes regierte er in den tschechischen undin österreichischen Landen (Steiermark, Kärnten undKrain), sein Einfluss reichte von der Ostsee bis zur Adria.Ohne Erfolg bewarb sich Přemysl Otakar II. auch um dieKrone des Heiligen Römischen Reiches.

Unter Přemysls Regierung gewann die königlicheKanzlei an Bedeutung. An ihrer Spitze stand formell derKanzler, der virilerweise seit 1225 der Probst von Vyše-hrad war,in Wirklichkeit wurde sie jedoch von einem derführenden Notare, die in der Regel als Protonotare be-zeichnet wurden, geleitet.

Der Kontakt der in Přemysls Kanzlei wirkenden Per-sönlichkeiten mit italienischem Milieu war entweder di-rekt auf ihre italienische oder alpenländische Herkunftoder auf das Studium an italienischen Universitäten oderwenigstens unmittelbar darauf zurückzuführen, dass in

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 3

der Kanzlei Hilfsmitel italienischer Provenienz verwen-det wurden.Die Möglichkeit, sich mit der Institution desöffentlichen Notariats vertraut zu machen, wurde durchden Umstand vertieft, dass die Kanzlei als Ganzes oderihr Teil den König unterwegs begleitete, an Verhandlun-gen teilnahm und sehr breit territorial angelegt korre-spondierte.

Unter den bekannten Protonotaren und Notaren derKanzlei Přemysl Otakars II.,die ausschließlich für den Kö-nig und die königliche Kanzlei tätig waren,hebt sich ohneZweifel Jindřich Vlach (Henrius Italicus), oder auch Jin-dřich z Izernie (Heinrich von Isernia) genannt, ab, der1273–1278 als Protonotar von Přemysl Otakar II. wirkte.Über die Person dieses Notars werden in der Literaturumfangreiche Streite geführt. Es gibt Ansichten, dass ernicht Italiener gewesen sei,sondern nur in Italien studierthabe,oder umgekehrt,dass er in Isernia südlich von Romgeboren sei. Die Autoren sind sich einig, dass er Anfangder 70er Jahre des 13. Jahrhunderts nach Prag kam,nach-dem er als Anhänger der Ghibellinen aus Isernia vertrie-ben worden war. Eine weitere strittige und nicht ein-deutig geklärte Frage ist das Identischmachen Heinrichsvon Isernia mit Jindřich (Heinrich) von Gars und demschlesischen Notar Jindřich Kras. Für die Geschichte desöffentlichen Notariats ist nicht wesentlich wichtig,Parteieiner der diskutierenden Parteien zu ergreifen. Alle sindsich darin einig, dass Heinrich von Isernia dem öffentli-chen Notariat nahe stand und sich nachweislich für seineweitere Entwicklung in den tschechischen Ländern ein-setzte. „Im Jahre 1270 hat nämlich der Welsche Henricusde Isernia in Vyšehrad die – wohl in Mitteleuropa erste –Schule errichtet,in der er einmal die sog. ars dictandi oderdie Kunst,Urkunden zu verfassen, zum anderen auch dieRedekunst und selbstverständlich auch die Grundlagendes Rechts unterrichtete. Es sei hinzugefügt, dass dieSchule Heinrichs von Isernia offenbar für eine Zeit langdie Bedeutung der Prager Kathedralschule in den Schat-ten stellte”. Die Schule in Vyšehrad war bis 1274 tätig.

Traditionelle Lehrmittel waren in den Schreiberschu-len Urkundensammlungen, sogenannte Diktamina, undFormulariensammlungen. Diese entstanden entweder ausbei einer Institution angesammelten Schriftstücken unterWeglassung konkreter Angaben oder als Stilistik-Lehr-bücher schulischen Charakters. Heinrich von Isernia wirddie Urheberschaft der Formulariensammlungen Instru-menta Henrici Italici oder Formae privilegiorum und Li-ber formularum Henrici Italici zugeschrieben. Seine er-haltenen Diktamina zeugen davon, dass er Werke vonCicero, Horaz, Ovid und Vergil kannte. Heinrich von Iser-nia war auch königlicher Diplomat und Verfasser vonPřemysls Schreiben.Es bleibt hinzuzufügen,dass Heinrichvon Isernia, indirekten Berichten zufolge, in den PragerStädten ein Buch für das Eintragen von Verträgen und pri-vatrechtlichen Rechtshandlungen, wahrscheinlich nachVorbild der königlichen Register, geschaffen hat.

Die politischen und Machtambitionen Přemysl Otakars

„Indem die Geschichte die Menschen mit der Vergangenheit bekannt macht, macht sie ihnen die Beurteilung der Gegenwart möglich.“

Jefferson

Das Notariat in den tschechischen Ländern bis 1949

Page 6: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

II.wurden bereits erwähnt. Auf eine Bemerkung zum ein-heimischen Kontext sei hier auch nicht verzichtet.UnterPřemysls Herrschaft hat sich das Landesgericht in einerausgeprägten Form entwickelt und es wurden die Grund-lagen der heute leider nicht mehr erhaltenen ältesten Lan-destafeln gelegt.Von dem Vorhaben, das Landesrecht imtschechischen Staat zu kodifizieren, hat Přemysl OtakarII. abgesehen.

Das Vorhaben, das Landesrecht zu kodifizieren, hatteauch der tschechische/böhmische König Wenzel (Václav)II.vor Augen.Wenn auch die Tatsache,dass es zum Schlusslediglich bei der Kodifizierung des Bergrechts Ius regalemontanorum bleib, manchmal als Misserfolg des Herr-schers bewertet zu werden pflegt, können die Positivanicht übersehen werden.

Das Berggesetzbuch erwähnt zwar – im Unterschiedzu den Vorgängern der heutigen Rechtsanwälte – keineöffentlichen Notare, für unsere Ausführungen ist jedochwesentlich,dass Wenzel II.in die Fußstapfen seines Vaterstrat, was die Inanspruchnahme von Diensten an italieni-schen Universitäten ausgebildeter Juristen, in diesem Fallnamentlich solchen des bedeutenden Postglossators Go-zzius von Orvieto, betrifft.

Wenzel II.persönlich war dem Notariat sehr zugeneigt.Unter seiner Herrschaft waren öffentliche Notare meistGeistliche. Notare aus dem geistlichen Stand wurden zujener Zeit vom Papst oder in seinem Namen von den vonihm bestellten geistlichen Würdenträgern ernannt.Die Er-nennung durch Papst oder einen von ihm bestellten Ver-treter wurde der Ernennung des öffentlichen Notars vomKönig gleich gestellt. Obwohl vorausgesetzt wurde, dassder Bewerber vor der Ernennung eine Prüfung bestehenund die Zahl der Notare begrenzt sein wird,herrschte inder Praxis eine derartige Willkür, dass sie zur Verschlech-terung des Niveaus und der Rufs des öffentlichen Nota-riats führte.

Die Pflichten des öffentlichen Notars zur Zeit Hein-richs von Luxemburg wurden in der vom Avignoner PapstJohannes XXII. im Jahre 1317 an den Prager ScholastikusOldřich von Paběnice erteilten Ermächtigung zur Ernen-nung eines öffentlichen Notars formuliert.Der Bewerbersollte einer strengen Prüfung unterzogen werden und da-nach den Eid leisten, mit dem er sich unter anderem zurTreue gegenüber dem Papst und der Kirche sowie zu ei-ner treuen und qualifizierten Ausübung des Notaramtes(tabellionatus officium) verpflichtete.

Die Zeit von der Mitte des 13.bis zur Mitte des 14.Jahr-hunderts ist in ganz Europa unter anderem durch eineaußerordentlich hohe Aktivität im Bereich der Rechts-kultur im allgemeinen und im Bereich der Gesetzgebungund der Kodifizierung des Rechtes im besonderen ge-kennzeichnet. Die Periode, die nach der typischstenstaatsmännischen Gestalt hierzulande die Zeit Karls IV.genannt wird,stellt den Gipfel dieser Kodifizierungs- undGesetzgebungsaktivität dar.

Karl IV. hat durch eine Reihe seiner staatsmännischenTaten das vollendet oder realisiert,was Přemysl Otakar II.und Wenzel II.begonnen hatten oder wegen Widerstandsdes Adels nicht verwirklichen konnten.Auf dem Gebietnicht nur der juristischen Bildung und des Rechts stehenunter Karls Taten an vorderen Stellen die Gründung derUniversität, der gesetzgeberische Versuch in Gestalt dersog. Maiestatis Carolinae sowie die Goldene Bulle KarlsIV. von 1356.Interesse um juristische Bildung und ein Auf-

schwung des juristischen Lebens erhielten durch die Er-hebung des Prager Bistums zum Erzbistum neuen Auf-trieb.Karls unentbehrlicher Berater und Helfer,der in die-sem Zusammenhang durchaus erwähnt gehört, war inallen erwähnten Ausrichtungen der erste Prager Erzbi-schof und des Herrschers treuer Freund Arnošt von Par-dubice.

Karl IV. und Arnošt von Pardubice arbeiteten auch imBereich des öffentlichen Notariats zusammen. Grund fürReformbestrebungen war hier bestimmt – wie es im Mai-estas Carolina heißt – der Umstand,dass „in unserem Kö-nigreich Böhmen die Notare oder öffentlichen Notarezahlreich sind,nichtsdestoweniger die Kenntnis der (No-taren-) Kunst äußerst niedrig ist“. Mit der zitierten Be-stimmung des Artikels XL Maj. Car. hat sich Karl IV. fürsich und seine Nachfolger das Recht vorbehalten, die öf-fentlichen Notare zu ernennen,und die notarielle Pflicht-prüfung eingeführt. Gleichzeitig wurde festgelegt, dassvon einem unbefugten bzw. Winkelnotar verfasste Ur-kunden ungültig sind. Demjenigen, der notarielle Tätig-keit ohne Lizenz ausüben würde, drohte dieselbe Bestra-fung wie einem Fälscher. Majestas Carolina wurde zwar– bekanntlich – nicht zum allgemeinen Gesetzbuch fürdas Königreich Böhmen, die das öffentliche Notariat be-treffenden Grundsätze wurden jedoch weiterhin via factiangewandt.

Karl IV. erteilte das Recht, die öffentlichen Notare zuernennen, anderen Personen. 1355 war es zum BeispielDietrich von Portice, Bischof von Minden, diese Berech-tigung genoss selbstverständlich auch Arnošt von Pardu-bice. Ihm und seinen erzbischöflichen Nachfolgern er-teilte Karl IV. 1358 das Recht, öffentliche Notare inBöhmen und auch im Reich zu ernennen.Wenn auch dasRecht,Notare zu ernennen,danach ad hoc einer anderenPerson als dem Prager Erzbischof erteilt wurde, mussteder Bewerber für ein öffentliches Notariat sich im PragerErzbischofsamt vor allem der Prüfung unterziehen. Juri-stische Bildung war keine Bedingung, im Gegenteil wurdedie Kenntnis des Lateinischen gefordert. Des weiterenmusste der ernannte Notar laut der Ermächtigung Arnoštsvon Pardubice zur Ernennung neuer Notare vom 1. Mai1358 den Eid ablegen. Ins Amt wurde der öffentliche No-tar nach dem Votragen des Eides nach italienischem Vor-bild durch Kuss und feierliche Übergabe von Schreibfe-der und Tintenfass eingeführt.

Mit Zeitabstand lässt sich aus heutiger Sicht sagen,dassdie bekannteste Persönlichkeit der Zeit Karls IV., die aufbesagte Weise zum öffentlichen Notar wurde,Jan von Po-muk († 1393), kanonisiert als der heilige Johannes Ne-pomucensis, wurde. Wollen wir uns einige Zusammen-hänge seiner notariellen Wirkung näher ansehen. Janvon Pomuk wurde ungefähr um 1369 öffentlicher Notar.Zu jener Zeit war er in der erzbischöflichen Kanzlei tätig;er war Kleriker niederer Weihe. Die Weihe zum Priesterwar nämlich ein Hindernis,das Priestertum war mit demöffentlichen Notariat unvereinbar. Den Notareid legte Janvon Pomuk unter Erzbischof Jan Očko von Vlašim ab. Eszeigt sich, dass er damals noch nicht juristisch gebildetwar. Bakalar der Rechte wurde er erst 1381, die Jura-Stu-dien beendete er in Padua, wo er als Student 1386 sogarRektor für transalpinische Studenten wurde.

Die Agenda Jans von Pomuk war wahrscheinlich mitdem Führen von Firmungs- und Erektionsbüchern ver-bunden. In den seit 1354 geführten Firmungsbüchern

4 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

Page 7: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

wurde die Besetzung der frei gewordenen Benefizienvom Erzbischof oder seinen Generalvikaren eingetragen,die Erektionsbücher wurden 1358 u. a. zur Erfassung desVermögens der Kirchen und anderen geistlichen Institu-tionen angelegt. In die Erektionsbücher – ähnlich wie indie Landestafeln – wurden Eintragungen über die Er-richtung und Stiftung von Pfarrhäusern, Klöstern, Kapel-len und Altaren sowie verschiedene Rechtshandlungenund Verträge, betreffend allerdings Kirchengüter, einge-legt. Die Einlagen sind meist Abschriften oder Auszüge ausder jeweils originalen oder bestätigenden Urkunde überdas jeweilige relevante Rechtsgeschäft. Als öffentlicherNotar war Jan von Pomuk befugt, Urkunden nach kano-nischem Recht auch in anderen Angelegenheiten zu ver-fertigen.Er konnte auch als Vertreter von Parteien in Ver-fahren vor kirchlichen Gerichten wirken. Bedenkt man,dass zum Redner, d. h. zum damaligen Advokaten, ad hocoder systematisch jedermann werden konnte, so warauch die Vertretung einer Partei durch einen öffentlichenNotar vor weltlichen Gerichten nicht ausgeschlossen. Eswar keine Ausnahme,dass ein öffentlicher Notar Schieds-richter war.

Obwohl zur Zeit weder Karls IV.noch Wenzels IV. eineParallele zum Notariatstarif existierte, kann man sich einBild über die Einnahmen Jans von Pomuk machen.Er ließsich 1376 gemeinsam mit Jan Queras, genannt Katedrál,in Prag für 3 Schock Groschen ein Haus von 11,86 x 4,15 mGrundriss bauen. In der Literatur wurde ein Streit überdie Vermögensverhältnisse und finanziellen Quellen Jansvon Pomuk geführt. Die Behauptungen, dass Jan von Po-muk Vielpfründer und einer der reichsten Prager Prälategewesen sei und Geistlichen wie auch Adeligen unan-ständigerweise,d.h.unter Kirchenbann-Androhung,Geldgeliehen habe, weswegen er häufige Gerichtsverfahrenund Schulden gehabt habe, und dass er in Prag Häusergebaut habe, sind widerlegt. Den 3 Schock Groschen fürdas erwähnte Haus sind zum Vergleich zum Beispiel die40 Schock Groschen, d. h. die Schätzung der Summe, diedie Prager Universitätsstudien gekostet haben,gegenüberzu stellen – ist also diese Summe eine sehr niedrige. Janvon Pomuk scheint tatsächlich Geld geliehen zu haben;es handelte sich jedoch um niedrige und zinslose Darle-hen, ohne gerichtliche Eintreibung. In einem Fall ging esin der Literatur wahrscheinlich um eine Missinterpreta-tion der Quelle,weil die vermeintliche Anleihe eine amt-liche Hinterlegung von Geld im Zusammenhang mit Jansnotarieller Tätigkeit war.

Die mit der Tätigkeit des Notars in jemandes Büro oderSchreiberbüro identische Ausübung der Berufs des öf-fentlichen Notars machte zweifelsohne neben einerguten Kenntnis der äußeren und inneren Urkundenkri-tik auch hohe moralische Qualitäten erforderlich. Aus derGeschichte einschließlich der tschechischen gibt es un-zählige Fälle von Urkundenfälschung; es liegt auf derHand, dass an der Entstehung dieser Falsifikate – wennauch in unterschiedlichem Verschuldungsmaße – geradedas Amt öffentlicher Notare ausübende Personen betei-ligt waren. So begehrte zum Beispiel 1366 in Prag NotarDržko von Plešnice bei der erzbischöflichen Kanzlei eineöffentliche und schriftliche Bescheinigung, dass die Ver-leumdung, er habe eine Urkunde gefälscht, unwahr sei.Auch Notare der Zeit Karls IV.und danach Wenzels IV.be-gingen verschiedene Vergehen gegen die notarielle Ethik.Zur Strafe musste der ertappte Täter Gottesdienste im St.-

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 5

Veits-Dom in einem entehrenden Gewand mit Papier-mütze, auf denen das begangene Vergehen beschriebenwar, absolvieren. Die Zahl solcher Gottesdienste richtetesich nach dem Charakter der Schuld.

Angaben zufolge wirkten in den Prager Städten in denJahren 1378–1380 rund dreißig öffentliche Notare. Öf-fentliche Notare wirkten immerhin auch in anderen Städ-ten bei kirchlichen Institutionen und der Universität.Vonden Prager Notaren seien z.B.Martin von Choceň,MořicPurkrabě, Mikuláš von Hajnov gennant, von den anderenOrtschaften sei demonstrativ der Brünner Notar JanThabrarr erwähnt, bekannt dafür, dass er aus Padua einewertvolle Sammlung meist selbsthändig abgeschriebenerjuristischer Handschriften mitgebracht hat. Offensicht-lich hatten vielbeschäftigte Notare Helfer.Das Amt des öf-fentlichen Notars wurde dort ausgeübt, wo die Teilneh-mer zusammengekommen sind oder wohin der öffent-liche Notar eingeladen wurde. Der öffentliche Notarkonnte leicht entweder am Erzbischofshof oder vor Pra-ger Domen und der St.-Veits-Kathedrale aufgesucht wer-den.

Abschließend sei – was die Zeit Karls IV. betrifft – zurUnterstützung der Behauptung, dass das öffentliche No-tariat am Zenit stand und hohes Ansehen genoss,erwähnt,dass die die Wahl von Karls Sohn Wenzel IV. zum römi-schen Kaiser betreffenden Urkunden sowie die damit zu-sammenhängenden Versprechen Wenzels an den Papst alsnotarielle Niederschriften verfasst wurden,und zwar vonBeamten der königlichen Kanzlei, die zugleich öffentli-che Notare waren.

Es folgte die Zeit eines allmählichen Niedergangs desöffentlichen Notariats. Eine Krise im tschechischen Staatsetzte bereits unter Wenzel IV. ein. In der juristischen Universitätswelt machte sie sich nach dem Erlassen desKuttenberger Dekrets vom Januar 1409 zunächst in ei-nem schrittweisen Erlöschen der Prager Rechtslehre ander Schwelle des Hussitentums bemerkbar.

An der Organisation des öffentlichen Notariats hat sichunter Wenzel IV. formal nichts verändert. Die Personen,die – wenn auch nur teilweise – während ihrer Karriereals öffentliche Notare wirkten, besaßen alle Vorausset-zungen dafür, in die Streitigkeiten zwischen König Wenzel IV. und Erzbischof Jan von Jenštejn bzw. späterZbyněk Zajíc von Házmburk,dem Erzbistum und der Uni-versität oder zwischen den Anhängern und Gegnern derLehren von Wiclif und anschließend von Hus verwickeltzu werden. In jener schweren Zeit nahm Jan von Pomuk,ein Opfer des Streits zwischen Erzbischof Jan von Jenš-tejn und Wenzel IV., ein tragisches Ende. „Wäre der Willeder Zornausbrüche Wenzels in Erfüllung gegangen, wärezweifelsohne Jan von Jenštejn vom Henker ertränkt wor-den.”, schrieb Josef Pekař.

Öffentlicher Notar wurde 1408 auch Magister Jan vonJesenice, der spätere Verteidiger von Magister Jan (Jo-hannes) Hus.Auch Jesenices Schicksal war ein tragisches.1419 verbannte ihn Wenzel IV. aus Prag, ein Jahr späterstarb er im Hungerturm Oldřichs von Rosenberg.

Totale Zerrüttung des Rechtssystems begann am An-fang der Hussitenrevolution. Das Landesgericht tagte inden Jahren 1420–1437 nicht, die Landestafeln wurdennicht geführt und die Generalvikare übten ihre Ge-richtsbarkeit lediglich in den katholischen Gebieten aus.Statt rechtlicher Mittel wurden häufig gewalttätige For-men angewandt, verborgen unter dem Institut der sog.

Page 8: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

Anzeige, d. h. der außergerichtlichen, in der Regel be-waffneten Erledigung der Sache.Zahlreiche Gelehrte emi-grierten.Kein Wunder,dass in der geschilderten Situationweder das öffentliche Notariat noch das Rechtswesen flo-rierten.Die Tätigkeit der öffentlichen Notare kam jedochnicht völlig zum Erliegen,und zwar selbst weder währendder Hussitischen Kriege noch nach ihnen.Die damaligenUmstände waren allerdings im 15. Jahrhundert unter-schiedlich von denen der vorhussitischen Zeit.

Zur Zeit der ständischen Monarchie gelang es KönigWladislaw Jagiello, die Kodifizierung des Landesrechts inder Wladislawschen Landesordnung von 1500 zu erzielen.Die politische und wirtschaftliche Macht der Kirche wurdegeschwächt. Nicht zuletzt änderte sich die Amtierungs-weise,was sowohl in den herrschaftlichen als auch in denständischen Institutionen seinen Niederschlag fand.

Eine grundlegende Veränderung der Amtierungsweisebestand darin, dass seit der Wende vom 14. zum 15. Jahr-hundert Laien in die Büros vordrangen. Während An-gehörige des Klerus die Arbeit im Büro als ein Mittel zurBeschleunigung der eigenen kirchlichen Karriere be-trachteten, sah ein beträchtlicher Teil der Laien in derBüroarbeit Beschäftigung und Einnahmenquelle. Hierdürfte der Keim des Beamtentums und der Erscheinungnamens Bürokratisierung der Behörden liegen.Aus demUmkreis der staatlichen Behörden rekrutierte sich dersog. bürokratische Adel.

Veränderungen erfuhr auch die Gestalt der Schrift-stücke. Zu diplomatischen Grundschriftstücken in denwichtigsten Staatskanzleien wurden amtliche Schriften,Akte, in ständischen Institutionen dann neben Urkundenvor allem Amtsbücher und öffentliche Bücher. Der quan-titative Anwuchs diplomatischen Materials führte zur Ver-drängung des Pergaments und seiner Ersetzung durch Pa-pier. Bereits im 17. Jahrhundert war Papier der nahezuausschließlich verwendete Schreibstoff. Eine Verände-rung vollzog sich schließlich auch im Sprachbereich:dasLateinische wurde von den nationalen Sprachen ver-drängt.

Aus dem, was über die nachhussitische Zeit gesagtwurde, geht hervor, dass sich der Bedarf an öffentlichenNotaren beträchtlich verringerte. Selbst der Gesetzgeberwar unter König Georg von Podiebrad oder den Jagiellosdaran interessiert, das Notariat neu zu regeln. Ein Zeug-nis für diese Interesselosigkeit ist auch Všehrds Einstel-lung gegenüber den juristischen Berufen. Der bedeu-tendste Repräsentant des nationalen Humanismus imRechtsbereich, selbst juristisch ausgebildet an der Uni-versität, erwähnt in seinem Rechtsbuch „Neun Bücherüber die Rechte der böhmischen Lande“ (sog. Neun-bücher-Recht) das öffentliche Notariat nicht.

Ein neuer Impuls für das Notariat wurde erst die WahlFerdinands von Habsburg zum böhmischen König im Ok-tober 1526. Ferdinand I. leitete sehr bald nach seiner Wahl sein erstmals in der neuen Hofordnung vom 1. Ja-nuar 1527 formuliertes Zentralisierungsprogramm inBöhmen und in Ungarn ein.Im Bereich des Notariats wirdder Anfang der Verschmelzung des Schicksals des tsche-chischen/böhmischen und des österreichischen Nota-riats ebenfalls mit Ferdinand I.verbunden.Es liegt auf derHand, dass auch die Übernahme der NotariatsordnungKaiser Maximilians I. von 1512 unter Ferdinand I. in dieböhmische Rechtsordnung ein Teil der Politik der Annä-herung der beiden Länder war.

6 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

Laut der Notarordnung von 1512 war es die „Aufgabeder Notare,Verträge, Urkunden über Rechtshandlungen,letztwillige Verfügungen usw. zu verfertigen, welche Ur-kunden vom Gesetz für öffentlich erklärt wurden.“

Den Niedergang des Notariats konnte jedoch selbst dieerwähnte Rechtsregelung nicht verhindern. Das Niveauder damaligen Vollzieher der juristischen Berufe wurdeübrigens in der Zeit vor der Schlacht am Weißen Berg –was auch die damalige Rednerkunst betrifft – manchmaldurchaus mit Recht bezweifelt. Der unheilvolle Zustanddes Notariats vor dem Weißen Berg wurde auch in derZeit nach dem Weißen Berg nicht verbessert. Dass sichnur wenige dem öffentlichen Notariat als ihrem einzigenBeruf widmeten, davon zeugt zum Beispiel die Steuer-rolle für die Prager Städte. Obwohl diese Quelle eineReihe von Bürobeamten, Schreiber, Richter und Advoka-ten nennt, findet sich hier keine einzige Erwähnung desöffentlichen Notariats. In Zeiten, als nach dem Erlass derVerneuerten Landesordnung 1627 in Böhmen und 1628in Mähren der Grundsatz der Mündlichkeit des Ge-richtsverfahrens vom Schriftlichkeitsgrundsatz abgelöstwurde, muss zwangsläufig Winkelschreiberei aufgewu-chert haben. Dem suchte ziemlich mühsam 1725 KaiserKarl VI. durch seine Verordnung einen Riegel vorzu-schieben. Das Notariat siechte allerdings auch weiterhindahin.So wird in der Prager Altstadt 1770 ein einziger öf-fentlicher Notar erwähnt – Josef Fegertag an der AdresseHaus Konskr.-Nr. 936 am heutigen Altstädter Ring.

Die von Joseph II.durchgeführte und die Krönung desNiedergangs dieser Institution bedeutende „Reform“ desNotariats lässt sich nicht isoliert von den weiteren Auf-klärungsreformen betrachten,insbesondere jener,die diebreitere Justiz betrafen. Die Josephinische Gerichtspro-zeßordnung von 1781 stellte die Krönung der Bestre-bungen um die Bürokratisierung des Gerichtswesens dar.Diesen Bestrebungen war die Vorstellung des Notariatsals eines freien Berufs völlig fremd.Die Josephinische Ge-richtsprozessordnung legte fest, dass lediglich Wechsel-proteste öffentliche Urkunden sind.1782 wurde den No-taren zudem die Befugnis zuteil,Teilnehmer vor Handels-und Wechselgerichten zu vertreten. Im Rahmen der Ver-tretungskompetenz für diese Gerichte erstreckten sichauf die Notare die Bestimmungen über die Advokaten.Mit dem Hofdekret von 1824 wurde jedoch diese Kom-petenz jenen Notaren entzogen,die kein juristisches Dok-torat aufwiesen. Das führte in der Folge dazu, dass sichum das Wechselnotariat weiterhin vor allem Anwälte be-warben, denen auch die Notarprüfung erlassen werdensollte, die sonst die Notariatsbewerber am Appellations-gericht abzulegen hatten. Angesichts der Tatsache, dass1821 für die Advokatur der Numerus clausus eingeführtwurde,war auch die faktische Möglichkeit,den Kreis dersich dem Notarberuf widmenden Personen zu erweitern,eingeschränkt.

Die Bestrebungen des Gesetzgebers um Verschmel-zung des Notariats mit der Advokatur hatten ihre Konse-quenzen auch für die Praxis. So war der „letzte Wechsel-Notar“ Ignác Hauschild (1814–1881) seit 1848 Anwaltund Wechselnotar in Prag zugleich. Die Diskussion dar-über,ob der tschechische romantische Dichter Karel Hy-nek Mácha – mit der heutigen Terminologie ausgedrückt– Anwaltskonzipient (Referendar) oder Notariatskonzipi-ent war, neigt sich, bei Berücksichtigung der oben er-wähnten Tatsachen, eher zugunsten der Anwaltschaft.

Page 9: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

Der Vollständigkeit – was die Regelung des Notariatsangeht – halber sei erwähnt,dass 1788 die Errichtung desNotariats und die Bestellung des Notars statt den Appel-lationsgerichten den Landesstatthaltereien anvertrautwurde. Jeder Notar wurde vereidigt, wählte sich Diplomund Siegel aus und erhielt das Diplom. Sein Wirkungsbe-reich wurde zunächst nicht territorial beschränkt. Erstseit 1804 durfte der Notar den Beruf nur in dem Landausüben, in dem er bestellt wurde. Seit 1821 wurden dieNotare und neu auch die Advokaten vom Obersten Ge-richt bestellt.Da es keine Unvereinbarkeit der Advokaturmit der Ausübung einer Beamtenfunktion gab,konnte einund dieselbe Person theoretisch Beamter, Advokat undWechselnotar gleichzeitig sein.

Probleme ergaben sich auch bei der Verfertigung öf-fentlicher und privater Urkunden. Die Begrenzung dernotariellen Tätigkeit auf Wechselproteste wurde zunächstin der Praxis nicht angewandt, die Notare haben auchweiterhin Urkunden verfasst und beglaubigt.Die Absicht,die Urkundenagenda zwischen die Patrimonialämter unddie Advokaten aufzuteilen, bewirkte einen Anstieg derWinkelschreiberei. Die Situation schien bereits in den20er Jahren des 19. Jahrhunderts untragbar; die Lösungsollte erst 1848 kommen.

Notare als selbständiger Bestandteil der Sozialstrukturexistierten 1848 praktisch nicht. Angesichts der Tatsache,dass es zu jener Zeit der Advokaten ungefähr 80 an derZahl gab, war die Zahl der Notare-Nichtadvokaten undder Notare-Advokaten vernachlässigbar.Dennoch ist ihreBeteiligung am revolutionären Geschehen durchaussichtbar.Der erwähnte Ignác Hauschild wurde 1848 zumNationalausschuss gewählt, war auch Deputierter desReichstags in Kroměříž (Kremsier).

Die Notwendigkeit, das Notariat in moderner Gestalteinzuführen,wurde Kaiser Ferdinand V. bereits 1844 vomObersten Gericht empfohlen, mit der Vorbereitung derNotariatsordnung wurde jedoch erst 1849 nach Abklin-gen der revolutionären Ereignisse begonnen. Zur Entste-hung des modernen Notariats trugen das Erlöschen derPatrimonialämter und die Gesamtreform des Justizsy-stems bei.Der 1849 unter Justizminister Anton Ritter vonSchmerling begonnene Prozess wurde im Notariatsbe-reich erst durch die Notariatsordnung von 1871 definitivvollendet.

In den Jahren 1849 – 1850 wurden die Berufe Notarund Advokat – im Fall der Advokatur ehrlich gesagt pro-visorisch – geregelt.Zum Vorbild für die Regelung des No-tariats wurde die französische Regelung. Den Vorschlag,eine Notariats-ordnung zu erlassen, legte MinisterSchmerling am 30.April 1850 dem Kaiser vor.Kaiser FranzJoseph I. stimmte durch Entscheidung vom 9. Mai 1850zu,und bereits am 27.August 1850 wurde dem Herrscherder Entwurf der Notariatsordnung vorgelegt,dem am 29.September 1850 die Bestätigung des Kaisers zuteilwurde. Das kaiserliche Patent wurde unter Nr. 366/1850Reichsgesetzblatt veröffentlicht.

Das Notariat in den Jahren 1850–1871

Am Anfang dieses Zeitraums befand sich das böhmi-sche Notariat, wie das Notariat in ganz Österreich auch,infolge der damals geltenden Rechtsregelung in einersehr schlechten Lage.Die österreichische allgemeine Ge-

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 7

richtsordnung, noch von 1781, beschränkte die Tätigkeitder Notare lediglich auf Wechselproteste, die weiterenRechtsurkunden wurden gegen dickes Entgelt von denPatrimonial- (herrschaftlichen) Behörden verfertigt,even-tuell auch von Advokaten und zahlreich verbreiteten Win-kelschreibern. Seit 1826 versuchte die Versammlung derWiener Advokaten, eine Verfügung durchzusetzen, dassdie Gültigkeit einiger Rechtsurkunden deren Verfertigunggerade durch einen Advokaten erfordern solle. Ihre wie-derholten Versuche, dieses Vorhaben durchzusetzen, be-wogen das Oberste Gericht dazu, sich Gedanken überden Zustand der Rechtsregelung in diesem Bereich zumachen; sie mündeten in der Empfehlung des OberstenGerichts an den Kaiser, zwecks Verbesserung der Lageund Garantierung der Gerechtigkeit das Institut des No-tariats einzuführen. Diese Überlegungen hingen zwei-felsohne auch mit der Entwicklung des Handels- undWechselrechts in Österreich zusammen, insbesonderemit der Vorbereitung der neuen Wechselordnung fürÖsterreich, die als Patent Nr. 51 Reichsgesetzblatt 1850erlassen wurde, und des die Handelsgesellschaften re-gelnden Bundespatents Nr. 253/1852 Reichsgesetzblatt.Die sofortige Aufnahme der Arbeiten an der Erarbeitungder neuen Rechtsregelung wurde durch die revolu-tionären Ereignisse des Jahres 1848 verhindert,und so be-gannen Überlegungen darüber,ob einige Tätigkeiten,wiez. B. das Verfassen von Verträgen und anderen Urkundendes privaten Rechtes,künftig vom Zuständigkeitsbereichder neuen Richter ausgeschlossen werden sollen,erst imZusammenhang mit der Reorganisierung des Gerichts-wesens. Die Fachkreise waren überzeugt, dass die Aus-übung dieser Tätigkeiten nicht im Einklang mit der Aufgabeder Richter stehe und zu deshalb ein neues Rechtsinstitutgeschaffen werden müsse, das eine qualifizierte Hilfe undBeratung beim Verfassen von Verträgen und anderen Ur-kunden für Rechtsunkundige garantieren würde.

Der Durchsetzung dieser Idee nahm sich faktisch derdamalige Justizminister Dr. Anton Ritter von Schmerling,u.a. Autor des Entwurfs der österreichischen Februar-Ver-fassung vom 26. Februar 1861, an und unterbreitete am30. April 1850 dem Kaiser den Vorschlag,das Notariat zuerrichten. Der Kaiser war angesichts der neuen Organi-sation des Gerichtswesens in einigen Ländern Öster-reichs dieser Idee zugeneigt und ordnete mit seiner Ent-scheidung vom 9. Mai 1850 die Erarbeitung des Entwurfsdes besagten Gesetzes an. Der Entwurf der Notariatsord-nung wurde nach der Untersuchung der das Notariat be-treffenden Gesetze und Konsultationen mit Fachleutenbereits am 27. August 1850 vom Justizminister vorgelegt,und mit kaiserlichem Patent vom 29. September 1850 Nr. 366 Reichsgesetzblatt wurde die neue Notariatsord-nung für Böhmen, Mähren, Schlesien, Ober- und Unterö-sterreich, Salzburg, die Steiermark, Kärnten, Krain, Görzund Gradisca,Istrien,das Gebiet der Stadt Triest,Tirol undVorarlberg eingeführt. Vorbild für die Notariatsordnungwurde vor allem die französische Notariatsordnung.

Diese Notariatsordnung wurde zur Rechtsgrundlagedes Notariats in Österreich, wurde jedoch nicht als ge-lungen bewertet, und zwar aus folgenden Gründen. DiePatrimonialbeamten, die die nunmehr den Notaren an-vertrauten Tätigkeiten bisher ausgeübt hatten,wurden in-folge der neuen Gerichts-Organisation von 1850 und desMangels an anderen geeigneten Adepten zu Gerichtsbe-amten. Dadurch kamen sie um ihren bisherigen Neben-

Page 10: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

verdienst,und deshalb waren sie den neu errichteten No-taren nicht gerade hold gesinnt.Unter den politischen Be-amten herrschte Angst vor der neulich verankerten Un-abhängigkeit der Notare, und die Rechtsanwältebetrach-teten sie in dem Augenblick, als sie selbst der Ar-beit nachjagen mussten, als unerwünschte Konkurrenz.Zu Notaren wurden zudem überzählige Beamte, die imZusammenhang mit der Reform der landesherrlichenBehörden 1850 den Staatsdienst verlassen hatten; ihreFähigkeiten haben die Bevölkerung nicht von der Ver-trauenswürdigkeit des Notarstandes überzeugt. Auch derInhalt der Notariatsordnung von 1850 gab nicht viel Hoff-nung auf eine Verbesserung der Situation. In § 3 der No-tariatsordnung war zwar verankert,dass es zur Einlage inöffentliche Bücher der notariellen Niederschrift oder ei-ner authentischen Ausfertigung,eventuell einer von eineröffentlichen Behörde ausgegebenen Urkunde bedürfe,und in § 4 waren weitere Rechtsgeschäfte aufgezählt, dieder notariellen Niederschrift bedurften, doch durch Arti-kel II. des Einführungsgesetzes zur Notariatsordnungwurde die Gültigkeit dieser beiden die Tätigkeit der No-tare regelnden Bestimmungen faktisch aufgeschoben aufdie Zeit der Annahme besonderer Verordnungen für dieeinzelnen Kronländer, sobald es in ihnen eine ausrei-chende Anzahl von Notaren geben wird. Zu einer dau-ernden Erweiterung der notariellen Tätigkeit kam esaußer Wechselprotesten und Bescheinigungen nach die-sem Gesetz überhaupt nicht, obwohl ein erfolgloserVersuch, diese Verordnung auch in Unterösterreich,Oberösterreich und auch in Salzburg einzuführen, un-ternommen wurde.Das langwierige Vorgehen der Notarebei der Erledigung der Notariatsakte konnte die Unter-stützung der Öffentlichkeit für die Durchsetzung der In-stitution Notariat in der neuen Gestalt auch nicht erlan-gen.

Den Notaren wurde durch die Notariatsordnung dieausschließliche Kompetenz anvertraut, Akte zu verfassen,denen das Gesetz besondere Wirkungen zumaß. Diesenotariellen Akte sollten künftighin die Kraft einer öffent-lichen Urkunde besitzen und eine stärkere Position alsBeweis genießen. Ihr Beweiswert konnte unter der Vor-aussetzung entkräftet werden,dass nachgewiesen wurde,dass die notarielle Akte absichtlich unrichtig verfasst odergefälscht oder eine unechte notarielle Akte vorgelegtworden war oder nicht mit der Urschrift übereinstimmt.Wie oben erwähnt, für die Einlage in öffentliche Bücherforderte die Notariatsordnung eine notarielle Akte odereine authentische Ausfertigung,eventuell musste eine sol-che einlagenpflichtige Urkunde von einer öffentlichenBehörde ausgefertigt sein. Die notarielle Akte war eineunerlässliche Bedingung für die Gültigkeit der Rechtsge-schäfte außer der Wechselproteste und Bescheinigungenbei Heiratsverträgen,Bestätigungen über die empfangeneMitgift,Kauf-,Tausch-,Renten- und Leihverträgen,Schuld-verschreibungen zwischen Eheleuten, Schenkungsver-trägen ohne tatsächliche Übergabe, schriftlichen Verträ-gen, die von blinden, tauben sowie von Personenabgeschlossen wurden, nicht lesen und schreiben konn-ten, Handlungen bei letztwilligen Verfügen von taubenPersonen,sofern diese sie nicht eigenhändig geschriebenund unterschrieben haben.

Die Gültigkeit der notariellen Urkunden war nicht aufden Bezirk beschränkt, in dem der Notar seine Tätigkeitausübte,sondern sie konnten auch außerhalb seines Wir-

8 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

kungsbezirks verwendet werden. Zur Überprüfung derGültigkeit einer notariellen Urkunde war nur das Gerichtkompetent. Die Notare waren nämlich ermächtigt, dieEchtheit von Unterschriften, das Datum von Urkunden,die Richtigkeit von Abschriften und Übersetzungen so-wie das zu beglaubigen,dass jemand lebt.Sie konnten Ur-kunden in Verwahrung nehmen mit Ausnahme von sichselbst ausgefertigter Urkunden, es wurde ihnen jedochnicht das Verwahren von Geld und öffentlichen Schuld-verschreibungen anvertraut. Die Notare sollten künftig-hin auch als Gerichtskommissare in Erbverhandlungs-verfahren und weiteren Streitsachen und außerstrittigenSachen wirken.

Notar konnte nur ein österreichischer Reichsbürgerwerden, der volljährig, voll rechtshandlungsfähig, unbe-scholten, der Sprache des Bezirks, in dem er zu wirkengedachte, mächtig, und zwar nach der erfolgreichenRechtsanwalts- oder Notariatsprüfung,war. Der Beruf desNotars war laut der Notariatsordnung von 1850 grund-sätzlich mit der Ausübung eines belohnten Staatsamtesoder der Advokatur, mit Handel, Vermittlung, Geschäfts-führung oder Kommissionsgeschäft unter Androhung ei-ner Disziplinarstrafe unvereinbar.

Die Zahl der Notariatsämter in den einzelnen Kron-ländern sollte durch Verordnungen festgelegt werden.Die Notariatsamtsbezirke wurden nach dem Bezirksge-richtsbezirk bestimmt; in den Städten waren alle Notareberechtigt, in allen Gerichtsbezirken der Stadt zu wirken,falls dieser mehrere waren. Jedem für einen bestimmtenNotariatsbezirk ernannten Notar wurde unter Berück-sichtigung der Ortsverhältnisse und Einwohnerzahl derSitz zugeteilt, in dem er sich ständig aufzuhalten hatte.Für die frei gewordenen Stellen sollte laut Notariatsord-nung von der örtlich zuständigen Notariatskammer einWettbewerb ausgeschrieben werden.Die Ernennung derNotare oblag dem Justizminister.

Jeder Notar war verpflichtet,vor der Aufnahme der nota-riellen Tätigkeit eine Kaution an die Notariatskammer zuerlegen. Diese Sicherheit sollte zur Besicherung der Er-satzleistungen und Zahlungen dienen, deren Pflichtwährend der Ausübung des Notariatsamts entstünde undvom Notar nicht freiwillig erfüllt würde.

Die Entstehung der Notarsbefugnis war laut Notariats-ordnung an die Eidesleistung und die Übergabe des Amts-siegels sowie die Eintragung in die Liste der Notare, dievon der Notariatskammer geführt wurde, gebunden.Nach der Eidesleistung und der Eintragung in der Listeder Notare wurde dem Notar vom Präsidenten des Ober-sten Gerichts das Bestellungsdekret ausgefertigt.

Die Notariatsordnung von 1850 enthielt ferner detail-lierte Bestimmungen über die Rechte und Pflichten desNotars bei der Ausübung seines Berufs, die Obliegenhei-ten der einzelnen Rechtshandlungen des Notars sowiedie inhaltlichen Erfordernisse der von ihm verfertigtenUrkunden sowie nicht zuletzt die Arten des Erlöschensder Notarsberechtigung.

Ein Sonderkapitel ist dem Honorar des Notars gewid-met, das tariflich festgelegt wurde. Durch die Notariats-ordnung wurde auch die Archivierung der notariellenAkte und Siegel geregelt.Für diese Zwecke wurde im Sitzjedes Oberlandesgerichts ein Notariatsarchiv errichtet,das vom Archivdirektor, eventuell einem Adjunkten oderdessen Vertreter verwaltet wurde.

Die notariellen Angelegenheiten wurden laut Nota-

Page 11: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

riatsordnung von der im Sitz des jeweiligen Oberlandes-gerichts errichteten Notariatskammer verwaltet, die vonden in dem Gerichtskreis ansässigen Notaren gebildetwurde. Die Sitze der Notariatskammern und ihre Vorste-her deckten sich mit den Sitzen der Notariatsarchive undderen Direktoren.Vorsitzender der Notariatskammer undzugleich Direktor des Notariatsarchivs sollte ein ver-dienter Notar werden, in Wirklichkeit waren es jedochRäte der jeweiligen Kollegialgerichte,die nicht immer aus-reichend fundiert die Interessen des Notarstandes ver-traten,wie es notwendig wäre.Verletzungen von Pflichtendes Notars und seines Eides begründeten die Disziplinar-verantwortlichkeit für das Dienstvergehen. Das Schluss-kapitel der Notariatsordnung ist den Tätigkeiten des No-tars als Gerichtskommissars in Nachlasssachen, Schät-zungen,Versteigerungen und gerichtlichen Verkäufen inStreitsachen und außerstrittigen Sachen gewidmet. DenAnhang der Notariatsordnung bildet die Tarifliste der No-tariatsgebühren.

Die Notariatsordnung selbst war die erste moderne Re-gelung des Notarsberufs in den Ländern der BöhmischenKrone. Sie passte in den Kontext der neuen Organisati-onsweise des Gerichtswesens,die eine Errungenschaft derrevolutionären Veränderungen von 1848 war. Seit 1.Juli 1850 begann die neue Gerichtsorganisationsweise zufungieren, es wurde das Gerichtswesen von der Verwal-tung getrennt, die bürgerliche Kontrolle des Gerichtswe-sens bei öffentlichen Verhandlungen und Geschwore-nengerichten eingeführt sowie das Inquisitionsprozessdurch das Anklageprozess ersetzt. Die Notariatsordnungvon 1850 war, ähnlich wie die Advokatenordnung von1849, ein erster Schritt, der den Zugang zu diesen juristi-schen Berufen auch einem breiteren Interessentenkreisermöglichte; sie waren jedoch keine definitiven Regelun-gen. Neue und moderne Ordnungen erlebten die Advo-katen erst 1868 und die Notare, mit Ausnahme der Ord-nung von 1855,erst 1871.Die provisorischen Regelungenwaren jedoch Vorzeichen der weiteren Entwicklung desösterreichischen Rechts hin zur Stärkung der Garantiendes neu in Entstehung begriffenen Rechtsstaates.

Die Notariatsordnung von 1850 hat also die Erwar-tungen nicht erfüllt und keine wesentliche Wende zumBesseren bedeutet. Die Tatsache, dass selbst auf derGrundlage der durch die Notariatsordnung gegebenenneuen und modernen Regelung des Notariats das Nota-riat nicht zu funktionieren begann, wird durch die Über-legungen in den Reihen der Fachöffentlichkeit im Jahre1852, das Notariat aufzuheben, bezeugt.Trotz entgegen-gesetzten,z.B.die bisherige Praxis,als Urkunden vom Ge-richt verfasst wurden,verteidigenden Ansichten,oder Vor-schlägen, dass diese Tätigkeit den politischen Behördenoder den Gemeinden anvertraut werden möge,wurde derGedanke der Beibehaltung des Notariats aufrechterhal-ten, und die Verhandlungen mündeten in der Verab-schiedung der neuen Notariatsordnung vom 21. Mai 1855Nr. 94 Reichsgesetzblatt.

Die neue Notariatsordnung ging von der Konzeptionder Notariatsordnung von 1850 aus und sollte die Stel-lung der Notare und die Interessen ihrer Klienten heben.Dieses Vorhaben wurde jedoch nach der damaligen Be-wertung nicht ganz erfüllt,und zwar vor allem wegen derunzähligen Mängel, die darin gesehen wurden. Diese Mängel wurden nicht einmal durch Vereinfachungen ei-niger Formalitäten ausgewogen.

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 9

Die Notariatsordnung beauftragte die Notare erneutmit der Kompetenz, öffentliche Urkunden über Rechts-geschäfte zu verfassen,Verwahrungen vorzunehmen undurkundliche Bescheinigungen über bestimmte Rechtssa-chen auszustellen. Diese vom Notar verfertigten Urkun-den genossen laut Notariatsordnung den öffentlichenGlauben.

Ferner waren die Notare befugt, auf Verlangen privateUrkunden und Akte in außerstrittigen Sachen ein-schließlich Gerichtsanträge zu verfassen; die Entgeltungfür solche Tätigkeiten sowie die Pflichten des Notars beiihrer Ausübung sollten sich nach den Rechtsanwaltsvor-schriften richten.Unter den Pflichten wurde von der No-tariatsordnung ausdrücklich die Pflicht genannt, dieseRechtstakte ehrlich, fleißig und sorgfältig zu tun, verbo-tene,vorgetäuschte Handlungen und andere Machinatio-nen zu unterlassen,die Kosten der Klienten nicht unnöti-gerweise zu steigern und nicht zuletzt für verursachteSchäden zu haften. In diesem Bereich konkurrierten dieNotare den Advokaten.

Die Notariatsordnung enthielt im Gegensatz zu der No-tariatsordnung von 1850 keine Aufzählung der Handlun-gen, deren es zur Gültigkeit der Notariatsakte bedarf,mehr. Die Vollstreckbarkeit der notariellen Urkundenwurde ebenfalls nicht festgelegt, die Notariatsordnungverwies auf eine Sonderverordnung.

Notar konnte laut der Notariatsordnung von 1855 nurein österreichischer Bürger werden, der mindestens 24Jahre alt, christlicher Religion, voll rechtshandlungsfähigund unbescholten war. Außerdem musste er die im Bezirkder ersten Instanz, für die er bestellt war, benutzte Spra-che beherrschen sowie die Rechtsanwalts- oder Nota-riatsprüfung ablegen, im Fall der Richterprüfung zudemeine einjährige Praxis im Notariat ableisten. Demgegen-über konnte grundsätzlich keine Person Notar werden,die eines Verbrechens und einiger Delikte und Übertre-tungen beschuldigt oder für schuldig erkannt wurde, so-fern nicht Seine Hoheit seine Bewilligung dafür gab.

Die Ausübung der notariellen Tätigkeit war mit demDienst in einem hauptamtlichen staatlichen Amt und mitder Advokatur außer der Ausübung der Advokatur auf demLande und in den Städten,in denen das Landesgericht kei-nen Sitz hatte, unvereinbar. Ferner waren Unternehmenim Handel, Vermitteln und Kommissionsgeschäft sowiesonstige mit dem Notariat unvereinbare Nebenbeschäfti-gungen mit dem Notariat unvereinbar. Einen entlohntenkommunalen oder öffentlichen Dienst durfte der Notarnur annehmen,wenn über das Gesuch des Notars das Ju-stizministerium aufgrund der Stellungnahme des Ober-sten Gerichts entschieden hat.

Der Wirkungskreis des Notars war durch den Bezirkdes Gerichts erster Instanz, für das er ernannt wurde,be-grenzt. In diesem Bezirk war unter Berücksichtigung derörtlichen Verhältnisse und den Bedürfnissen der Bevöl-kerung der Amtssitz festgelegt, in dem sich aufzuhaltener verpflichtet war.

Der Notar wurde laut Notariatsordnung vom Justizmi-nister ins Amt bestellt, und zwar aufgrund eines von derNotariatskammer ausgeschriebenen Wettbewerbs. Derneu ernannte Notar erhielt das Ernennungsdekret undmusste eine Kaution erlegen sowie um die Genehmigungdes Siegels ersuchen. Danach leistete der Notar den Eidan das Oberlandesgericht und hinterlegte seine Unter-schriftsmuster bei den einzelnen Gerichten und Behör-

Page 12: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

den. Hat er innerhalb von drei Monaten nach seiner Er-nennung zum Notar keinen Eid geleistet und kein Büroeröffnet, wurde angenommen, dass er auf seine Nota-riatsstelle verzichtet hat.

Die Notarsbefugnis erlosch, indem der Notar auf sieverzichtet, ein mit dem Notariat unvereinbares Amt an-genommen, die österreichische Staatsbürgerschaft verlo-ren, die Kaution, z. B. im Zusammenhang mit seiner Ver-legung an einen anderen Ort, nicht ergänzt hat, ihm einKurator bestellt oder der Konkurs über das Vermögen desNotars verhängt oder der Notar eines Verbrechens, eini-ger Delikte und Übertretungen u. ä. für schuldig erkanntwurde.Über das Erfülltsein der Bedingungen für die Been-digung der notariellen Tätigkeit entschied das Oberste Ge-richt und der Notar konnte sich zum Justizminister be-rufen.

Ein weiterer Teil der Notariatsordnung ist den Kautio-nen, ihrer Bezahlung und Verwendung gewidmet. DieKautionshöhe war nach der Größe des Sitzes des Notarsvon 1 000 bis 8 000 Fl. abgestuft; sie war vor allem zurBesicherung der Ersätze und Zahlungen des Notars be-stimmt, die während seiner Amtszeit anfallen.

Die Kompetenz des Notars wurde 1855 durch die No-tariatsordnung auf den Bezirk des Gerichts erster Instanz,in dem sein Notariatsamt errichtet wurde,begrenzt.Einevon einem Notar andernorts verfasste Urkunde genosskeinen öffentlichen Glauben. Der Wohnort des Ge-suchstellers war für die Gültigkeit der notariellen Ur-kunde nicht maßgebend.

Ein weiterer wesentlicher Teil der Notariatsordnung istden Obliegenheiten der Notariatsakte und -urkunden,denvor dem Notar oder vom Notar verfassten Testamenten,der Aushändigung von Ausfertigungen, Abschriften,Zeug-nissen und Urkundenauszügen gewidmet. Eine Sonder-kapitel der Notariatsordnung befasst sich mit der notari-ellen Beurkundung von Urkunden, der Legalisierung derUnterschrift, der Bescheinigung von Tatsachen, demZeugnis, dass jemand lebt, dem Mitteilen von Tatsachenan Dritte sowie den Wechselprotesten. Ein untrennbarerBestandteil der notariellen Tätigkeit war auch die Ver-wahrung.

Den Notaren gebührte ein Honorar in der vom Tarif,der einen Anhang der Notariatsordnung bildete, be-stimmten Höhe,weitere, im Tarif nicht aufgeführte Hand-lungen wurden in Vereinbarung mit dem Notar, eventu-ell aufgrund von Gerichtsentscheidung, honoriert.

Im Sitz jedes Gerichts erster Instanz wurde ein Nota-riatsarchiv errichtet, das die Akte und Siegel der nichtmehr tätigen oder nicht mehr lebenden Notare konzen-trierte.

Zur Wahrnehmung der notariellen Selbstverwaltungwurde durch die Notariatsordnung die im Sitz der Ge-richte erster Instanz zur Verwaltung der notariellen An-gelegenheiten in dem so abgegrenzten Bezirk errichteteNotariatskammer bestimmt. Aufgabe der Notariatskam-mern waren die Pflege der Ehre und Würde des Notar-standes, die Organisation der Notarämter, das Unterbrei-ten von Entwürfen von Rechtsvorschriften, das Geneh-migen der Abwesenheit des Notars vom Amt u.ä.Die No-tariatskammer führte die Liste der Notare und Notariat-spraktikanten.

Übergeordnete Organe des Notariats waren die Ge-richte erster und höherer Instanz und der Justizminister,die Aufsicht über das Notariat und die Notare ausübten.

10 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

Pflichtverletzungen durch Notare wurden je nach demGrad des Verschuldens sanktioniert. Das Disziplinarver-fahren war in der Notariatsordnung detaillierter ausge-führt.

Ein besonderes Kapitel der Notariatsordnung,das dannauch in die Regelung der Notariatsordnung von 1871 auf-genommen wurde,regelt die Pflichten des Notars als Ge-richtskommissars. Die unersetzbare Rolle des Notars alsGerichtskommissars in unstrittigen Verfahren wurdegleich unmittelbar nach der Verankerung dieser Rolle inder Notariatsordnung von 1850 deutlich. Die Erledigungder Nachlässe und Waisenangelegenheiten war nämlichdermaßen kompliziert und umfangreich, dass die Ge-richte häufig überlastet und Beschwerden der einzelnenParteien über die Verfahrensdauer ausgesetzt waren.

Die Kompetenz der Notare als Gerichtskommissare inunstrittigen Verfahren war nicht zuletzt ein Argument fürdie Aufrechterhaltung des Notariats zur Zeit seiner größ-ten Bedrohung.

Notare wirkten aktiv in freiwilligen Vereinen profes-sionellen Charakters.1867 wurde aus Initiative des k.u.k.Notars in Prag Dr. Jaroslav Rilke die Union der Notare imKönigreich Böhmen gegründet. Zum Ziel setzte sie sich„bei der wissenschaftlichen Bildung der Mitglieder inihrem Fach zu helfen, Gleichförmigkeit bei der Aus-führung der Arbeiten zu erzielen und zur Förderung derallgemeinen Interessen des Notarsberufs beizutragen,so-fern diese Zwecke nicht von der Notariatskammer er-reicht werden sollen”.

Die Notariatskammern galten als den Behörden unter-worfene Organe, und mit der Gründung der Union er-griffen die Notare eigene Initiative zur Verbesserung derStellung der Notare und zur Förderung ihrer Interessen.Die Notare waren sich der Beschränkungen, die ihrerTätigkeit durch die Rechtsregelung gesetzt wurden, so-wie der ungenügenden Würde und des unzureichendenöffentlichen Vertrauens zum Notarstand bewusst. Mit-glied der Union konnte jeder Notar werden, der seinenamtlichen Sitz in Böhmen hatte,und jeder in der Liste derNotariatskammer für Böhmen eingetragene Notariat-spraktikant mit Notariatsbefähigung.

Auf dem Feld des freiwilligen Vereinigens der Notarewirkte der Verein der Notare für das Königreich Böhmen,dessen aktiver Vorsitzender ebenfalls Dr. Jaroslav Rilkewar. Gemeinsam mit der Notariatskammer in Prag setztesich der Verein für die Verbesserung der Position des No-tarstandes ein. Vorbild für die Gestaltung des Notarwe-sens fanden seine Mitglieder in der französischen Auffas-sung des Notariats nach den Gesetzen vom 6. Oktober1791 und 16. März 1803. Als Hauptgrundsätze, die nichtin das österreichische Gesetz vom 21. Mai 1855 über-nommen wurden und deren Absenz Ursache für denschlechten Zustand des Notariats in Österreich war, sa-hen die Vertreter des Vereins die Selbständigkeit des öf-fentlichen Notariatsamtes, die Erfordernis der Teilnahmedes Notars an bestimmten Handlungen als Bedingung de-ren Gültigkeit sowie die Vollstreckbarkeit der notariellenHandlungen. Der Verein legte eine Reihe konkreter undausgearbeiteter Vorschläge zur Verbesserung der Bedin-gungen für die Ausübung des Notariats und seine würdi-gere Stellung im Rechtsleben vor, und das auch in Formder Vorbereitung neuer Rechtsvorschriften.

1858 datiert die Gründung des Vereins für die Witwenund Waisen der Notare im Königreich Böhmen von Dr.

Page 13: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

Václav Bělský, der auch langjähriger Oberbürgermeisterund aktivstes Mitglied dieses Vereins war.Die Aufgabe die-ses Vereins war die materielle Versorgung der Familie ei-nes Notars nach seinem Tod.

Der im Notarsberuf wirkenden bedeutenden Persön-lichkeiten gab es in dieser Zeit, die den Notaren nichtsehr viel zugeneigt war, nicht viele. Eine Erwähnung inder Zeitschrift Právník (Der Jurist) 1871 im Zusammen-hang mit dem Todesfall ist dem Prager k.u.k.Notar HerrnŠtěpán Ferdinand Hirsch zu verdanken, der sich als Mit-glied des Ausschusses der Prager Notariatskammer unddes Vereins der k. u. k. Notare in Böhmen persönlich in-tensiv um die Verbesserung auch des Notarstands ein-setzte. Er war zudem ein eifriges Mitglied der Juristen-Union in Prag.

In historischen Aufzeichnungen können detailliertereAngaben auch über Karl Czulik,Notar aus Vinohrady,ge-funden werden, der im öffentlichen politischen Lebenaktiv war und für tschechische nationale Interessenkämpfte. Für seine Eigenschaften wurde er zum Vize-präsidenten der Prager Notariatskammer gewählt undmit dem Franz-Joseph-Ritterorden ausgezeichnet. Erwirkte auch im Verein für die Witwen und Waisen derNotare im Königreich Böhmen.

Unerwähnt sei auch Dr.Alois Pravoslav Trojan, k. u. k.Notar in Prag, nicht geblieben, der 1848 zweimal nachWien entsandt wurde, um dem Herrscher die Wünscheder tschechischen Nation zu dolmetschen. Er war Autordes Entwurfs des Patents vom 4. 4. 1848 über die glei-chen Rechte und nahm an den Reichtstagstagungen inWien und in Kroměříž (Kremsier) teil.

Das Notariat in den Jahren 1871–1949

Die 1871 beginnende Etappe der Notariatsgeschichtekann als die für die Entwicklung des Notariats, insbe-sondere des gegenwärtigen tschechischen Notariats,wichtigste Etappe gewertet werden.Versucht man sie zudefinieren, d. h. abzugrenzen, so kann man ruhig be-haupten, dass die vom Gesetz Nr. 75/1871 Reichsge-setzblatt in die österreichische,also auch die böhmischeRechtsordnung eingebrachte Regelung, bis zur Ein-führung der volksdemokratischen Rechtsverhältnisse1948 bzw.1949 in ihr blieb.Die im Reichsgesetzblatt un-ter der oben erwähnten Nummer veröffentlichte, durchRezeptionsnorm übernommene Notariatsordnung wurdeerst durch das Gesetz vom 14. 6. 1949 über das NotariatNr. 201/1949 Sammlung der Gesetze und Verordnungenaufgehoben.

Die Notariatsordnung Nr. 75/1871 Reichsgesetzblattwurde eigentlich angenommen kurz nachdem die Nota-riatsordnung von 1855 wirksam wurde, der die Nota-riatsordnung von 1850 vorausgegangen war, und zwarvor allem auf Druck seitens der Angehörigen diesesStands selbst. Der Zuständigkeitsbereich und Inhalt derNotariatsordnung, wie die Notariatsordnung von 1850und die von 1855 ihn vorgesehen haben,zeigten sich alsin der Praxis völlig unzureichend und unpassend. Dasbestätigen auch folgende Worte von Dr. Rilke, Grün-dungsmitglied der Union der Notare im Königreich Böh-men, vorgetragen auf der Gründungsvollversammlungdieses Vereins: „… dem Notariatsinstitut und seiner bis-herigen Entwicklung sind nicht eben geringe Grenzen

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 11

gesetzt, worunter die Würde des Standes und auch dasöffentliche Vertrauen sehr leiden …“ Auch einer der wei-teren eifrigen Befürworter der Reform des Notariats,František Fáček, konstatiert, dass „…. dieser Stand, ob-wohl in Österreich vor 20 Jahren errichtet, bisher einverlassenes Kind blieb.“ Davon,dass es sich nicht um ei-nen lediglich für Böhmen und Mähren typischen regio-nalen Unterschied handelte,sondern auf dem Gebiet dergesamten Monarchie eine ungünstige Situation bestand,zeugen auch ähnliche, in der ständischen Zeitschrift derösterreichischen Notare Zeitschrift fuer Notariat undfreiwillige Gerichtsbarkeit häufig veröffentlichte Seuf-zer. Die durch die Notariatsordnung von 1850 und da-nach das Gesetz Nr. 94/1855 eingeführte Regelung botden Notaren keine ausreichende Beschäftigung und an-ständige Unterhaltsquelle; sie sahen sich gezwungen,sich auch auf anderen Gebieten nach Beschäftigung um-zusehen. Auf Kosten der Würde des Standes und der Qua-lität der vom Notar geleisteten Arbeit kamen in die No-tariatsämter häufig nicht qualitativ ausgebildete undmanchmal auch allgemein ungeeignete Menschen. DieNotare selbst waren sich dieser unschmeichelhaften Tat-sache bewusst,und so wurde wiederholt zum Thema vonSitzungen notarieller Vereine die Suche nach Antwortenauf die Frage, wie nun ordentlich gebildete und gewis-senhafte Bewerber in die eigenen Reihe zu lockenwären. Die Situation war für den Notarstand dermaßenungünstig, dass seine Angehörigen nicht nur um Erwei-terungen ihrer Kompetenzen und Befugnisse baten,son-dern sogar die Existenz des Notariats schlechthin recht-fertigen mussten.

Die größte Bedeutung der neuen Regelung – außer,dass es sich um eine sehr hochwertige und im Grundegenommen vollständige Vorschrift handelte – bestandvor allem darin, dass durch die Bestimmungen von § 3der Notariatsordnung den unter Einhaltung aller Anfor-derungen verfassten Notariatsakten – öffentlichen Ur-kunden – die Vollstreckbarkeit zugemessen wurde.

Davon, dass das Notariat seine Sympathisanten wieauch die praktische Verwendung fand, zeugt sicherlichauch die Tatsache, dass nach der Verabschiedung derneuen Notariatsordnung die Zahl der an diesem BerufInteressierten wuchs und die Reihen der Notariatskan-didaten breiter wurden. Mit gut ausgebildeten Nota-riatskandidaten, die ihr Amt wie es sich gehörte ausüb-ten, wurden dann die neuen Notariatsstellen in einemständig steigenden Verhältnis besetzt.Immerhin,wer No-tar wurde, der wurde es... „nicht aus materiellen Be-weggründen, weil der Notarberuf nicht eben benei-denswert war. Er wurde es, weil er überzeugt war, dassder Notar ein Instrument des Friedens im Zivilrecht ist,ein wahrer Freund und Berater des Volkes und Vermitt-ler zwischen Parteien, dessen Aufgabe es ist, für eine ru-hige Entwicklung der privatrechtlichen Verhältnisse imEinvernehmen der Parteien Sorge zu tragen, dadurchRechtsdisharmonien zu verhindern, die sich in Ausein-andersetzungen verschiedener Ansprüche manifestie-ren, und so freiwillig und ohne Druck die Verfestigungder gegenseitigen Rechte der Parteien, Ruhe, Ordnung,Frieden und absolute Gerechtigkeit zu erzielen.“

Die Annahme der neuen Notariatsordnung wurde vonden Notaren mit Dank quittiert. In dem in Právník ver-öffentlichten Aufruf der österreichischen Notare,als Ein-ladung zur ersten Tagung der österreichischen Notare im

Page 14: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

September 1872 in Prag geltend, ist diese unverhohleneFreude und zugleich Stolz nicht zu übersehen: „… dasNotariatsinstitut,das seit zwanzig Jahren dahinsiechte,so-zusagen nur dem Namen nach ins Leben gerufen,erlangtedurch die Gesetze vom 25. 7. 1871 seinen, wenn auchnoch ziemlich begrenzten Wirkungsbereich und gelangtetatsächlich unter die führenden wichtigsten Rechtsinsti-tute, indem es dazu berufen ist, durch seine Wirkung inder juristischen Praxis herauszuragen …“ „… auf uns be-ruht das Rechtsinstitut,dessen erste und höchste Aufgabees ist, sich jederzeit und überall für Wahrheit und Rechteinzusetzen, der Wahrheit und dem Recht zu Recht undSieg zu verhelfen!“

Trotz dieses Aufrufs blieb das Notariat bis zum Anfangdes neuen Jahrhunderts ein eine eifrige Verteidigung er-forderndes Aschenputtel unter den juristischen Berufen:„Jedesmal also,wenn es um ein Rechtsverhältnis geht,stehtder Notar über den Parteien, der Advokat bei einer Partei,und der Richter erteilt ihnen das unter Zutun des Notarsentstandene und vom Advokaten verteidigte Recht“.

Erst am Anfang des 20.Jahrhunderts lassen sich in denzeitgenössischen Periodika zufriedenere und ermun-terndere Worte finden:„Auf harten steinernen Stufen derallmählichen Vordringung gelangte die juristischeEntwicklung zur Anerkennung des öffentlichen Be-scheinigens als eines im Rechtsleben unerlässlichen Faktors.“. Ihr Autor war einer der am häufigsten hervor-gehobenen Angehörigen des tschechischen Notarstan-des des beginnenden 20. Jahrhunderts Karel Batěk, undzwar in seinem Beitrag, mit dem er 1919 das Herausge-ben der tschechischen notariellen StändezeitschriftČeské právo eröffnete.

Diese stabilisierte Situation war jedoch von keiner lan-gen Dauer.Angriffen auf sein eigentliches Wesen und Exi-stenz musste das Notariat kurz darauf im Zusammenhangmit den Veränderungen, die vom Februar-Putsch von1948 und der daraus folgenden Notwendigkeit hervor-gerufen wurde, die Rechtsordnung den Interessen undBedürfnissen der volksdemokratischen Ordnung zu un-terstellen, standhalten.

Die durch Gesetz vom 25. 7. 1871, Nr. 75 Reichsge-setzblatt eingeführte Notariatsordnung wurde in StückXXXII. des Reichsgesetzblatts verkündigt, das am 1. 8.1871 erschien und am 1. 11. 1871 in Kraft trat. Gleich-zeitig mit der Notariatsordnung wurde auch das GesetzNr.76/1871 Reichsgesetzblatt verkündigt,die die Rechts-handlungen definierte, deren Gültigkeit der Form einernotariellen Niederschrift bedurfte, über die Notwendig-keit der Notariatsakte bei einigen Rechtshandlungen,de-ren Ziel es war,die berechtigte Existenz des Notariats zugarantieren.Für das Gebiet Zisleithaniens wurde das Ge-setz Nr. 75/1871 Reichsgesetzblatt zur ausschließlichenNotariatsordnung; es hob, außer der genannten Fragen,sämtliche vorangegangene relevante Regelungen auf.Weiterhin gültig blieben die Rechtsregelung des Einsat-zes von Notaren als Gerichtskommissaren (Kapitel XIII.der Notariatsordnung von 1855), deren Dauer nur eine vorübergehende sein sollte, bis zur Annahme derneuen Regelung; die Verordnung des Justizministers Nr. 120/1860 über die Zahl der Notare und ihre Sitze inden einzelnen Königreichen,die Verordnung Nr.266/1854über die Notariatsprüfung sowie einige weitere Aus-führungsvorschriften,die jedoch in der Folgezeit schritt-weise aufgehoben und durch neue Vorschriften ersetzt

12 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

wurden. Die Notariatsordnung ließ die bereits ernann-ten Notare in ihren Ämtern und die Bestimmung ihrerSitze gelten, auch an der Organisation des Notariats än-derte sie betreffend die Sitze der Notariatskammern,diedie Bedingungen der einzuführenden Rechtsregelung er-füllten, nichts.

Die Notariatsordnung von 1871 (nachstehend „Nota-riatsordnung“ genannt) beruhte auf dem Numerus-clau-sus-Prinzip; der Zugang zum Notarstand stand damalsnicht offen. Notar konnte nur eine Person sein, die denvorgeschriebenen Bedingungen gerecht und die vom Ju-stizminister ins Amt ernannt wurde. Dem Justizministerstand es ferner zu, durch Verordnung die Zahl der Nota-riatsstellen und ihre Sitze zu bestimmen.

Die damalige Rechtsregelung definierte den Notar imGrunde als Verwalter des staatlichen Notariatsamtes (kö-niglich-kaiserlicher Notar), nicht jedoch als Staatsbe-diensteten. So hielt sie die Konzeption des Notars als öf-fentlichen Beamten aufrecht, dem der Staat bzw. derKaiser abgegrenzte Kompetenzen anvertraut und zu de-ren Realisierung einen Teil seines Majestats auf ihn über-trägt, nicht jedoch die eines Staatsbeamten.

Vergleicht man die Stellung des Notars und des öster-reichischen (d. h. böhmischen) Staatsbeamten, so findetman zahlreiche gemeinsame Züge wie auch eine Reihevon Unterschieden. Auf die Person und vor allem dieTätigkeit des Notars bezog sich eine ganze Reihe die Ge-richtsbeamten betreffender Regeln: so unterlag der No-tar dem gerichtlichen Disziplinarverfahren, war bei sei-ner Tätigkeit als Gerichtskommissar an die Einhaltungder Regeln des Gerichtsverfahrens gebunden, konntewegen für Staatsbeamte typischer Straftaten verfolgtwerden, zugleich konnte er auch zum Gegenstand einesAngriffs auf einen Staatsbeamten werden. Die Garantieder staatlichen Verantwortlichkeit für die Tätigkeit desNotars war auch in der Haftung des Staates für vom No-tar als Gerichtskommissar verursachte Schäden gegeben.Demgegenüber war der Notar nicht berechtigt, die Vor-teile der Pension zu nutzen, verdiente seinen Unterhaltselbst, von seiner notariellen Tätigkeit, unterlag dabeinicht dem Gewerbegesetz, dafür aber der Gewerbe-steuer, und musste auf eigene Verantwortung eine Si-cherheit leisten, die zum Ersatz eines durch notarielleTätigkeit eventuell entstandenen Schadens dienen sollte.

Die in der Notariatsordnung von 1871 angenommeneKonzeption des Notariatsamtes geht im Grunde von dengleichen Prämissen wie die gegenwärtige tschechischeRechtsregelung aus. Die Hauptaufgabe des Notariatsam-tes war es, ein höheres Maß an Rechtssicherheit bei de-finierten Rechtshandlungen, die ihrer Bedeutung nacheine Verschärfung der Bedingungen für die Gültigkeit derjeweiligen Rechtshandlung erforderte, zu garantierenund in diesem Zusammenhang die notwendige Rechts-hilfe zu gewähren.Entsprechend diesem Vorsatz sieht dieNotariatsordnung als primären Inhalt des Notariatsam-tes die Wirkung des Notars bei seiner - selbständigen oderaufgetragenen – Amtstätigkeit – vor. Bei der Ausübung derZuständigkeit im Rahmen der selbständigen Amtstätig-keit kam es zum konkurrenzartigen Zusammentreffen vonTätigkeiten,zu denen die Notare oder andere (staatliche)Organe befugt waren: Gerichte (Verfassen letztwilligerVerfügungen, Beglaubigung von Abschriften und Unter-schriften, Verfassen von Wechselprotesten) oder Dol-metscher (Beglaubigung von Übersetzungen). Die aus-

Page 15: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

schließliche Zuständigkeit des Notars schloss das Ver-fassen von öffentlichen Urkunden über Verträge undRechtshandlungen, vollstreckbaren notariellen Nieder-schriften,Wechselprotesten,die Verwahrung u.a.m.(ausheutiger Sicht also klassische Tätigkeiten des Notars) ein.

Die Amtstätigkeit des Notars schloss ferner laut Nota-riatsordnung Tätigkeiten des Notars in Beauftragungdurch das Gericht (anvertraute Kompetenz) und dieTätigkeit des Notars als Gerichtskommissars ein. DieAusübung der Kompetenzen des Notars im Rahmen die-ser Zuständigkeit unterlag der Disziplinäraufsicht, unddie Notare waren verpflichtet,sich ihrer Verpflichtungenanzunehmen.

Die Notariatsordnung vertraute dem Notar neben derBefugnis zur Amtstätigkeit die Berechtigung zum Betrei-ben weiterer Tätigkeiten und zum Erbringen weitererDienste an.

Die Notare waren laut der Notariatsordnung von 1871neben der Amtstätigkeit (zu der sie verpflichtet waren)berechtigt (gemäß der in § 5 der Notariatsordnung ent-haltenen deklarativen Aufzählung), Privaturkundenschlechthin zu verfassen; außer Streitverfahren ver-schiedenste Eingaben zu Gerichten und Verwaltungs-behörden zu verfassen.Daneben wurde den Notaren dieBerechtigung zuerkannt, die Eintragung in die Liste derVerteidiger im Strafverfahren zu beantragen und als Ver-teidiger nach § 39 Strafprozessordnung zu vertreten so-wie als Dolmetscher zu wirken.Die Notare konnten wei-ter zu Konkursverwaltern bestimmt werden.

Unter der Bedingung,dass sie es weder erwerbs- nochgewerbsmäßig tun werden,waren die Notare befugt,Ein-wendungen gegen Wechselzahlungsbefehle zu verfas-sen; Klagen in Summar-, Miet-, Mandats-, Mahn- und Ba-gatellverfahren wie auch in Besitzstörungsstreitfällen zuverfassen;Einwände gegen Miet- oder Pachtkündigungenund Einwendungen gegen die Anordnung der Rückgabeoder Annahme des Miet- oder Pachtgegenstands, Ein-spruch gegen den Zahlungsbefehl im Mahnverfahren zuverfassen. Auch die Vertretung des Teilnehmers durch ei-nen Notar in strittigen Summar-, Bagatell- und Mahnver-fahren war zulässig, die Vollmacht für den Notar als Be-vollmächtigten durfte dabei nicht als allgemeineVollmacht für einen Advokaten, sondern nur für einenbestimmten Streitfall und bestimmte Handlungen erteiltwerden. Unzulässig war ferner die Substitutionsvertre-tung eines solchen Notars durch seinen Konzipienten.

Im Rahmen der Verletzung aus Befugnissen in § 5 derNotariatsordnung, wie sie oben präzisiert sind, resultie-render Verpflichtungen wurden Notare mit Disziplinar-verantwortlichkeit nur verfolgt,wenn sie mit ihrer Hand-lung zugleich auch die Ehre und Würde ihres Standesgeschädigt haben. Sonst war der Notar lediglich im Rah-men der privat- und strafrechtlichen Verantwortlichkeitverantwortlich. Zur Aufsicht über diese Handlung des No-tars war die Selbstverwaltung berufen.

Die Ausübung des Notariatsamtes war laut Notariats-ordnung unvereinbar mit der Ausübung der Advokatur(mit der untenstehend genannten Ausnahme) und jegli-ches entlohnten Amtes (außer des Lehreramtes).

Unvereinbar war laut Notariatsordnung die Ausübungvon Notariatsamt und Advokatur.Eine Ausnahme regeltendie Bestimmungen von Artikel IV. des Einführungsgeset-zes zur Notariatsordnung und die Bestimmungen von § 20 und 40 der Advokatenordnung,die die Berechtigung,

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 13

beide Berufe auszuüben, den Notaren beließen, die dazuin der Zeit, als die Notariatsordnung in Kraft trat, kompe-tent waren und die in ihrem ursprünglichen Sitz blieben.

Angesichts der Forderung, die Ehrlichkeit, Ehre undWürde des Notarstands zu wahren,war den Notaren jedeBeschäftigung untersagt,die an sich oder deren dauerndeAusübung mit den genannten Forderungen unvereinbarwäre.Unzulässig waren das Betreiben von Kaufläden,Bör-senspekulationen und Vermittlungstätigkeit, Immobilien-spekulationen, An- und Verkauf von Forderungen. DieAusübung von Funktionen in (hauptberuflichen oder eh-renamtlichen) Selbstverwaltungen und ehrenamtlicherStaatsämter war zulässig.

Wohl jeder der Notare, auf deren Namen man in denQuellen stößt,war als ein tüchtiges und anerkanntes Mit-glied der Gemeinde-Selbstverwaltung (in bedeutendstenFunktionen) und Ehrenbürger seines Wirkungsortes tätig;eine Reihe von Notaren engagierte sich auch in der„höheren Politik”. Die erwähnten Interessen der An-gehörigen des Notariats, ihr politisches Engagement, ihreLaientheater-Begeisterung oder Zugehörigkeit zur Sokol-Idee (Sport), wurden von den Zeitgenossen keineswegsnegativ bewertet noch als im Widerspruch mit dem obenzitierten Grundsatz der Ehre und Würde des Standes ste-hend empfunden – eher umgekehrt.

Wie gesagt, war der Zugang zum Notarstand nicht of-fen. Notar konnte nur eine Person werden, die die vorge-schriebenen Voraussetzungen (siehe untenstehend) er-füllte und die vom Justizminister ins Amt ernannt wurde.Der Bewerber für ein Notariatsamt musste das Heimats-recht (auch den Nachweis der Staatsbürgergschaft einschl-ießend) in einer Gemeinde der Länder, für die dieNotariatsordnung galt, das Alter von 24 Jahren, Unbe-scholtenheit,volle Rechtsgeschäftfähigkeit,vollendete Stu-dien der Rechts- und Staatswissenschaften, eine erfolg-reich abgelegte Notariatsprüfung und eine vierjährigePraxis, von denen 2 Jahre als Praxis beim Notar vorge-schrieben waren,nachweisen. Im Unterschied zu der No-tariatsordnung von 1855 enthielt diese Notariatsordnungkeine Forderung nach christlichem Glauben des Bewer-bers, nachdem entsprechend dem in der Zwischenzeit(1867) verabschiedeten Reichsgesetz sämtliche öffentli-chen Ämter allen Staatsbürgern ohne Rücksicht auf ihrereligiöse Zugehörigkeit zugänglich gemacht wurden.

Die Bedingung der Ablegung der Notariatsprüfungkonnte der Bewerber durch den Nachweis einer abge-legten Rechtsanwalts- oder Richterprüfung ersetzen.Die-ser Grundsatz galt jedoch nicht reziprok – die Notariats-prüfung wurde Bewerbern für den Richtertalar und denAnwaltsberuf nicht anerkannt – und die Bestrebungendes Notarstandes um die Beseitigung dieser Dispropor-tion kamen zunichte.

Die Auswahl des geeignetsten Kandidaten für die Er-nennung zum Notariatsamt erfolgte aufgrund eines vonder Notariatskammer, in deren Bezirk sich das zu beset-zende Amt befand, ausgeschriebenen Wettbewerbs. DasErgebnis des Wettbewerbs bzw.der Vorschlag auf die Be-setzung des Notariatsamtes mit dem Wettbewerbssiegerwurde dem Kollegialgericht I. Instanz zugesandt, das ihnsamt seiner Stellungnahme an das Oberlandesgericht,die-ses dann samt dessen Stellungnahme an den Justizmini-ster weiterleitete.

Der ernannte Notar war vor dem Amtsantrittverpflichtet, die Erlegung einer Geldkaution für seine

Page 16: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

Tätigkeit nachzuweisen, um die Genehmigung des Amts-siegels zu ersuchen und den Eid im Rat des Oberlandes-gerichts oder Kollegialgerichts an den ermächtigten Prä-sidenten oder seinen Stellvertreter zu leisten.

Der Notar schwor,„...dem Kaiser treu zu sein und ihmzu gehorchen”, dass er „... das Staatsgrundgesetz unver-brüchlich einhalten und sein Amt als k.u.k.Notar so aus-üben will, wie das Gesetz es gebietet, präzise und gewis-senhaft.“ Zu den – im Eid implizit enthaltenen –Grundpflichten des Notars zählte die Verpflichtung, ei-nen Amtsakt nicht vorzunehmen über … untersagte odersolche Handlungen, bei denen begründeter Verdacht be-steht, dass die Teilnehmer sie nur scheinbar tun, um dasGesetz zu umgehen oder in jemands Rechte einzugrei-fen.Des weiteren ist dem Notar untersagt,einen Amtsaktmit denjenigen vorzusehen, bei denen weiß oder mitRecht annehmen muss, dass sie wegen Minderjährigkeitoder aus anderer Ursache nicht des Rechtsgeschäfts fähigsind, das sie vornehmen wollen.“ Zu den weiteren, stetsklassischen Pflichten des Notars zählten dann die Pflicht,sich vor einem möglichen Interessenkonflikt zu hüten,und die Schweigepflicht einzuhalten.

Der Notar war berechtigt, sein Amt nur im Bezirk desKollegialgerichts I. Instanz,für das er ernannt wurde,aus-zuüben, die von einem Notar außerhalb dieses Bezirksverfaßten Urkunden verloren (auch wenn sie alle sonstvorgeschriebenen Obliegenheiten erfüllten) den Cha-rakter einer öffentlichen Urkunde.Der Notar gehörte derjeweiligen Notariatskammer entsprechend dem Sitz sei-nes Notariatsamts an.Diese wurde primär für den Bezirkjedes Kollegialgerichts erster Instanz gegründet, für denwenigstens 15 Notariatsstellen geschaffen worden wa-ren.Wurden im jeweiligen Kollegialgerichtsbezirk nichtso viele Stellen errichtet, konnte der Justizminister aufVorschlag der Notariatskollegien eine solche Vereini-gung von Bezirken anordnen,dass ein gemeinsames No-tariatskollegium gebildet und die Notariatskammer ge-schaffen wird. Wurde ein solcher Vorschlag von demNotariatskollegium einstimmig gebilligt, war der Justiz-minister verpflichtet, ihm zu entsprechen. Dort, wo eskeine Notariatskammer gab,wurden ihre keineswegs un-wesentlichen Funktionen vom Kollegialgericht I.Instanzausgeübt, der Notariatskammer stand dabei unter ande-rem zu, das Notariatskollegium gegenüber dem Staat zuvertreten, Disziplinaufsicht auszuüben, Wettbewerbeauszuschreiben, Zustimmung zur Freigabe von Nota-riatskautionen zu geben u.a.Den Notariatskammern ob-lag ferner – wenn auch nicht ausschließlich – die Beauf-sichtigung der Tätigkeit der Notare.

Bereits 1871 erschien in Právník eine Informationüber den Aufruf des Vereins der Notare in Böhmen, mitdem dieser Verein appellierte, eine Notariatskammer fürdas ganze Königreich Böhmen zu schaffen,als es in Böh-men bloße 3 Notariatskollegien gab; eine Kammer ent-sprechend diesen Bedingungen konnte im Bezirk desPrager, des Egerer und des Kuttenberger Gerichts er-richtet werden. Dieser Aufruf ging zwar nicht in Erfül-lung, zu einer schrittweisen Vereinigung von Notariats-kollegien (ein Kollegium bestand aus den Notaren mitAmt im Bezirk desselben Kollegialgerichts I.Instanz) kames dennoch.1878 fungierten auf böhmischem Gebiet diePrager, die Brüxer – Leitmeritzer, die Táborer Kammer,die Kammer von Böhmisch-Leipa und Leitmeritz,die vonJungbunzlau – Gitschin, die von Písek – Pilsen, die Bud-

14 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

weiser,die von Königgrätz – Chrudim,die Egerer und dieKuttenberger Kammer. Seit 1906 fielen in den Zustän-digkeitsbereich der Prager Kammer auch die Bezirke derehemaligen Kammern von Gitschin, Jungbunzlau,Táborund Kuttenberg.Zwei Jahre später schloss sich auch dasNotariatskollegium der ehemaligen Pilsner Kammer an.Eine einzige Kammer für das Gebiet Böhmens wurde erst durch die neue Rechtsregelung des Gesetzes Nr. 138/1946 der Provisorischen Nationalversammlungüber die Regelung einiger Fragen betreffend das Nota-riaterrichtet,die nur zwei Kammern errichtete – die Pra-ger und die Brünner. Veränderungen erfolgten selbst-verständlich im Zusammenhang mit der Besetzung derSudeten und der Erklärung des Protektorats.

Die Notare unterlagen zum einen der Kontrolle durchihren Stand – also die Notariatskammer, die unter ande-rem regelmäßige Kontrollen der Notariatsakte vornahm,zum anderen der Kontrolle seitens der Staatsgewalt mit-tels Kollegialgerichte I. Instanz und Oberlandesgerichte;die Oberaufsicht gebührte laut Gesetz dem Justizmini-ster.War das Verhalten eines Notars – im amtlichen oderprivaten Leben – der Würde des Notarstandes abträglich,so wurde der Notar mit Ordnungsstrafen (Mahnung andie Pflichten des Standes, schriftliche Rüge) seitens derNotariatskammer verfolgt. Beging ein Notar eine Verlet-zung von der Notariatsordnung auferlegter Pflichtenoder eine „Bloßstellung“ der Würde des Standes, wurdeer mit Disziplinarstrafen bestraft – mit schriftlicher Rüge,Geldstrafe,Aussetzung der Amstausübung auf bis 1 Jahrsowie der Abberufung als Notar –,die von dem nach demSitz des Notars zuständigen Oberlandesgericht in einemnach Gesetz Nr. 46/1868 über die Gerichtsbeamten-Dis-ziplin geführten Verfahren auferlegt wurde. Wurde einNotar seines Amtes enthoben, so erloschen auch die Be-rechtigungen für seine weiteren Tätigkeiten nach § 5 No-tariatsordnung. Aus der Praxis sind Beispiele bekannt,da Notare wegen der Versäumnis der Pflicht, sich vonder Identität der Parteien bei einer Amtshandlung zuüberzeugen, wegen Verletzung des Verbots, Angestelltedes Büros als Zeugen zuzuziehen,u.a.betroffen wurden.

Die Notare kassierten für Amtshandlungen, also fürHandlungen nach § 1 Notariatsordnung und Hauptstück13 der Notariatsordnung von 1855 (die die Tätigkeit derNotare als Gerichtskommissare regelte und,wie oben er-wähnt, gültig blieb), kassierten Gebühren nach dem an-gehängten Notariatstarif (der unterstützend auch zur Be-stimmung des Honorars für die Verfassung privaterUrkunden gedacht war).Die Entgeltung für andere Tätig-keiten des Notars sollte durch Verdienungsverträge be-stimmt werden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass dieNotariatsordnung von 1871 in die Rechtsordnung desösterreichisch-ungarischen Staates eine Rechtsregelungeingebracht hat, die der zur Zeit in der TschechischenRepublik geltenden Rechtsregelung sehr ähnlich ist. Eineinziger deutlicherer Unterschied – außer dessen, dassdie Pflichten des Notars und die Führung seines Bürosdetaillierter geregelt sind – besteht im Maß der Selbst-verwaltung sowie der Stellung und Aufgabe der Nota-riatskammern, die im modernen Staat an Bedeutung ge-wannen und wesentlich stärker wurden.

Nach der Verabschiedung der Notariatsordnung von1871 kam es in der Rechtsordnung des österreichisch-ungarischen Staates zur Annahme keiner Rechtsnorm,

Page 17: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

die die von der Notariatsordnung eingeführte Regelungeinschneidenderweise novelliert hätte. Der Entwurf ei-ner neuen Regelung wurde seit 1910 vorbereitet und mitVertretern der Notariatskammern konsultiert. Eine realeGestalt, die jedoch keinen begeisterten Widerhall in denReihen der Notare fand,erhielt sie 1912.Mit Worten vonDr. Čulík: „Dieses ganze Neujahrsgeschenk an den No-tarstand mutet an wie eine schlecht verdauliche,mit dün-ner Zuckerschicht überzogene Süßigkeit aus hartem Tra-gantengummi, sorgfältig in glänzendem Stanniol ein-gewickelt.“ Der wundeste Punkt der ganzen Vorlage waraus der Sicht der Notare die vorgeschlagene Bestimmungvon § 59, der zufolge (obwohl das Gesetz Nr. 76/1871Reichsgesetzblatt über die Zwangsform der notariellenNiederschrift ohne Änderungen gültig blieb) eine nota-rielle Urkunde durch eine vom Notar solennisierte pri-vate Urkunde wirksam ersetzt werden könnte. Ände-rungen sollten allerdings auch interne ständischeInteressen berühren:eingeführt werden sollten (parallelwie bei den Advokaten) Bürogemeinschaft, Teilnahmevon Notaren in Disziplinarsenaten und überhaupt eineStärkung des Elements der notariellen Selbstverwaltungim Disziplinarverfahren, aufgehoben werden sollte dieNotariatsprüfung, die durch eine einheitliche Richter-prüfung ersetzt werden sollte. Die in Vorbereitung be-findliche Novelle war Gegenstand einer sehr breiten undunruhigen Diskussion, die durch den Beginn des Welt-kriegs beendet wurde.Realisiert wurde auch die Novelledes Notariatstarifs nicht, die gleichzeitig mit dem Kon-zept der Notariatsordnung vorgelegt worden war.

Auch nach der Entstehung der TschechoslowakischenRepublik 1918 erfuhr das Notariat – was seinen gesetz-lichen Rahmen betrifft – keine wesentliche Veränderung,obwohl die gesetzgebende Gewalt und die Brancheselbst es anstrebten. Durch Rezeptionsnorm wurdenauch die Notariatsordnung und Regelungen übernom-men, die aus der tschechoslowakischen Gesetzgebungübernommen wurden und lediglich Fragen des Notarei-des, des Siegels und weiterer eher organisatorischen An-gelegenheiten (Zahl der Kammern und ihrer Bezirke) be-trafen. Alle während der Dauer der Monarchie für dasGebiet der Tschechoslowakischen Republik ernanntenNotare wurden nach Artikel 5. des Gesetzes Nr.155/1919Slg.verpflichtet, innerhalb eines Monats ab Inkrafttretendes Gesetzes (angenommen am 18. 3. 1919) den Eid andie Tschechoslowakische Republik abzuleisten. Die An-nahme des neuen gesetzlichen Rahmens wurde zwarvorbereitet, und zwar bereits seit 1919, als die Hinweisedes Notarstandes eingesammelt wurden und der Regie-rungsentwurf der Notariatsordnung bereits 1924 erar-beitet war, in den notariellen Kreisen fand er jedoch eineher negatives Echo. Der von der Prager Notariatskam-mer und dem Verein der tschechoslowakischen Notare,d.h.von ständischen Organisationen,vorgelegte Entwurfzählte 210 Paragraphen,und obwohl er sich auf den 1911dem österreichischen Reichsrat vorgelegten Entwurf,na-mentlich auf die Idee einer Erweiterung der Kompeten-zen der Selbstverwaltung nach dem Vorbild der Organi-sation eines weiteren juristischen Berufs – der Advokatur– stützte,so ging er weit über diesen hinaus.Der den No-taren 5 Jahre später vorgelegte Regierungsentwurf hatzwar einige in der Stellungnahme des Standes enthalteneThesen (Teilnahme der Notariatskandidaten in derSelbstverwaltung, Schaffung von nur 4 großen Kam-

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 15

mern, Erweiterung der Vollstreckbarkeit der Notariats-akte und Verzicht auf die Erlegung der Notariatskautio-nen) übernommen,doch es blieb bei der Konzeption desNotars als Organs der öffentlichen Verwaltung, was sichauch im Umfang der Autonomie des Notariats (die Auf-sicht über die Notare wurde dem Kollegialgericht zwei-ter Instanz überlassen) niederschlug.

Die Notare der Zeit des Endes der österreichisch-un-garischen Monarchie und des Beginns des eigenständi-gen tschechoslowakischen Staates waren in der Mehr-zahl sehr ausgeprägte Persönlichkeiten, denen gesell-schaftliches und häufig auch politisches Engagementund ein breiter Rundblick in anderen als nur juristischenFachbereichen eigen waren.Unerwähnt bleiben soll kei-neswegs die Tradition der Familie Czulik,sei es Karel Czu-lik (1822–1912),der,ernannt bereits 1856,Vizepräsidentder Prager Notariatskammer wurde, sei es sein Sohn Ja-roslav Čulík, dessen Nachname sich schon mit dem An-fangsbuchstaben „Č“ schreibt, der an das Vermächtnisseines Vaters angeschlossen hat (obwohl er zunächst alsAdvokaturkonzipient eingetragen wurde); er wurdezunächst zum Vizepräsidenten und später zum Präsi-denten der Prager Notariatskammer, zum Vizevorsitzen-den des Vereins der tschechoslowakischen Notare undMitglied des Staatlichen statistischen Beirats für denStand der Notare gewählt.Unberücksichtigt bleiben sollauch seine Veröffentlichungstätigkeit – zahlreiche in al-len notariellen Periodika veröffentlichte Fachartikel –nicht, wie es im Laufe der Zeit z. B. Zeitschrift fuer No-tariat, Právník, České právo, deren verantwortlicher Re-dakteur und Redaktionsmitglied er war, waren. Der No-tarstand war ferner mit der Notarsfamilie Batěk ver-bunden,von denen besonders Karel Batěk (1860–1924),an seinen Vater – den Präsidenten der Kammer von Hra-dec Králové – anknüpfte und das böhmische (bzw. öster-reichische) Notariat als Mitglied des ständigen interna-tionalen Kongresses der Notare und als Vizevorsitzenderdes Österreichischen Notariatsvereins repräsentierte;„das Notariat hat er sich nicht ausgewählt, um bloß indie Fußstapfen seines Vaters zu treten, sondern aus derÜberzeugung von der schönen Mission des Notariats her-aus, das, wie er selbst zu sagen pflegte, der Idee der Si-cherheit und der Friedenserhaltung folgt.“ Er war als Vor-sitzender der Prager Notariatskammer tätig und wurdezum Mitglied der Kommission für Staatsprüfungen an derKarls-Universität ernannt.Von 1904 bis 1919 (als er auseigenem Willen die Wahl nicht angenommen hat) war erVorsitzender des Prager Bereichs des Notarvereins, inden Jahren 1904–1922 Prüfkommissar für Notariatsprü-fungen, 1898–1923 Mitglied des Ausschusses der Unionder Notare und Notariatskandidaten, 1906 wurde erMitglied des Zentralausschuss des Österreichischen No-tariatsvereins und zum Präsidenten der Prager Nota-riatskammer gewählt, an deren Spitze er bis zu seinemTod stand. Keineswegs vernachlässigbar ist seine litera-rische und wissenschaftliche Tätigkeit, er war häufigerBerichterstatter der Notariatszeitung, der Právník undder České právo; letztere Zeitschrift hat ihm im Zusam-menhang mit seinem Tod nahezu den ganzen Inhalt ge-widmet, einschließlich der vom Präsidentenbüro, demSenat der Nationalversammlung,den höchsten Gerichts-instanzen, aber auch einzelnen Angehörigen des Notar-standes aus der ganzen Tschechoslowakischen Republikeingegangenen Kondolenzen. Unter den weiteren be-

Page 18: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

deutenden Repräsentanten des Notarstandes seien er-wähnt: die Prager Notare Gustav Kreiml, Antonín undOtakar Mokrý, Čeněk Feyerfeil, Josef Štolba, Jan Strakatýoder die „Ländlichen“ Eduard Pinz oder Václav Šediva.Er-wähnenswert ist,dass der Notarstand die erste Tschechinin seine Reihen aufnahm – die Juristin Anděla Kozáková-Jírová, die als Kandidatin des Notariats eingetragen undals erste Frau zur Notariatssubstitutin bestellt.

Außer der Pflicht- bzw. gesetzlichen Mitgliedschaft derNotare in Notariatsvereinen und -kammern haben sichNotare freiwillig in dem (bereits vor dem Inkrafttretender Notariatsordnung von 1871 gegründeten) Verein derböhmischen Notare vereinigt, der später (1881) in denVerein der österreichischen Notare aufgenommenwurde, und nach der Entstehung der Tschechoslowaki-schen Republik im Verein der tschechoslowakischenNotare,der am 19.12.1918 zur Gründungsversammlungzusammentraf und auf dieser seiner Gründungsver-sammlung das Herausgeben der ständischen ZeitschriftČeské právo beschloss. Eine deutliche personale Ver-flechtung mit diesem Verein wies die Union der Notareim Königreich Böhmen (später Union der Notare undNotariatskandidaten) auf, weil ihr Vorstand zu einemGroßteil von führenden Repräsentanten gerade desböhmischen Zweiges des Vereins der österreichischenNotare gebildet wurde. Außer in diesem „Berufs“-Vereinwaren eine Reihe von Notaren Mitglieder weiterer Fach-vereinigungen, wie z. B. Všehrd, oder Wohltätigkeitver-eine – dem bereits 1858 gegründeten Verein für die Wit-wen und Waisen der Notare im Königreich Böhmen. MitFragen aus der Problematik der notariellen Praxis be-schäftigten sich die österreichische Zeitschrift fuer No-tariat und freiwillige Gerichtsbarkeit und die tschechi-sche Právník. Právník war allerdings keine ständischeZeitschrift,mit Fragen des Notariats befasste sie sich eheram Rande und zufällig, sie war aber eine tschechischeZeitschrift. Die Zeitschrift fuer Notariat und freiwilligeGerichtsbarkeit widmete sich dem Notariat als berufso-rientiertes Periodikum. Sie befasste sich mit Fragen ausder Praxis, es wurden hier auch theoretische Analysenaktueller Probleme und Bewertungen des Gesamtzu-stands des Notariats, seiner Zukunft sowie der Notwen-digkeit von Reformen publiziert. Über diese Zeitschrift,ihre Annoncenrubrik, suchten Kandidaten des Notariatsnach freien Stellen, die Zeitschrift informierte über dieernannten und versetzten Notare und Kandidaten. DieZeitschrift fuer Notariat und freiwillige Gerichtsbarkeiterschien auch nach der Entstehung der Tschechoslowa-kei für den Verein der deutschen Notare der Tschecho-slowakischen Republik.Die tschechischen Notare gabenseit 1919 ihre Zeitschrift České právo heraus,die mit Un-terbrechungen bis 1947 erschien. Es handelte sich umein rein ständisches Periodikum, in dem außer umfang-reicher thematischer Abhandlungen und Diskussions-beiträge insbesondere von Angehörigen des NotariatsVereinsnachrichten,zahlreich Judikatur,Anzeigen frei ge-wordener Notariatsämter, Angebote von Bewerbern undfreie Stellen, Tagesnachrichten und Annotationen vonFachpublikationen veröffentlicht wurden. Häufige Be-richterstatter der Zeitschrift České právo waren die be-reits erwähnten G. Kreiml, K. Batěk, J. Čulík, A. Mokrý,E. Svoboda und V. Svoboda.

Die Übersicht der Zahl der Notare und Notariatsstel-len wurde regelmäßig im Anzeiger des Justizministeri-

16 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

ums veröffentlicht, wo die Gesamtzahl der systemisier-ten Stellen,die Zahl der tatsächlich besetzten Stellen (mitder Angabe, seit wann der jeweilige Notar sein Amt aus-übt), die Zahl der alljährlich in ganz Zisleithanien, deneinzelnen Ländern und den Bezirken der einzelnen Kam-mern ernannten Notare angegeben wurden. Der Anzei-ger diente auch zum Ausschreiben von Wettbewerben,dem Mitteilen der Errichtung neuer Stellen u.a.Die Zahlder Notariatsämter auf dem Gebiet Zisleithaniens lag umrund 245 – 250 in Böhmen, 91 – 94 in Mähren und 26in Schlesien. Alljährlich erschien eine vom Justizmini-sterium herausgegebene gemeinsame Liste der Notareund Advokaten in ganz Zisleithanien.

Der Zeitraum von 1871 bis zur Mitte der 20er Jahredes 20. Jahrhunderts beginnt in der Geschichte des tschechischen Notariats mit der Eroberung der Positio-nen und endet mit dem Erreichen dieses, in der An-fangszeit sicherlich keineswegs leichten Ziels. Den No-taren wurde die wohlverdiente Anerkennung zuteil, seies als Angehörigen eines bedeutenden und notwendigenjuristischen Standes, sei es, in den meisten Fällen, als be-deutenden Fachleuten oder politischen Persönlichkei-ten des Lebens des tschechischen Staates.

Die nachfolgende Periode kann als eine Verfallszeit be-zeichnet werden, zwangsläufig hervorgerufen von denhistorischen Ereignissen, die zwar einerseits sicherlicherhöhte Anforderungen an die moralische Befähigungder Angehörigen des Notarstandes mit sich brachten,an-dererseits diejenigen entlarvten, die die mit ihrem Amtverbundene Mission vergessen haben. Bei dieser uner-freulichen Zeit braucht nicht extra in Erinnerung ge-bracht zu werden, dass auf die Angehörigen des Notar-standes sich die Verordnung Nr.136/1940 der Regierungdes Protektorats Böhmen und Mähren über die Rechts-stellung der Juden im öffentlichen Leben, die Regie-rungsverordnung Nr. 51/1943 der Regierung des Pro-tektorats Böhmen und Mähren über jüdische Mischlingeim Notarsberufs und die Regierungsverordnung Nr.54/1943 der Regierung des Protektorats Böhmen undMähren über Disziplinarmaßnahmen gegen politischunverläßliche Notare, Kandidaten des Notariats, Vertei-diger in Strafsachen,Patentanwälten und Kandidaten derPatentanwaltschaft erstreckt haben und viele von ihnenOpfer des nazistischen Regimes wurden.

Leider ist auch die Zeit nach dem Ende des zweitenWeltkriegs keine für das Notariat eben erfreulichste,dennsie ist der Anfang einer tiefen Degradation des Notarsbe-rufes und der Verneinung seines traditionellen Sinns, in-dem das Notariat begann, in die sog.volksdemokratischeRechtsordnung einbezogen zu werden,für die die Werte,die der Rechtsstaat anerkennt und zu deren Erhaltungauch das Notariatsamt berufen ist,nicht relevant sind.Lei-der war die Zeit der volksdemokratischen Ordnung nichtnur dem zeitgenössischen Notariat,sondern auch der not-ariellen Vergangenheit abgeneigt, die aus dem Gedächt-nis der Notare und der Notariatsarchive förmlich auszu-radieren sie suchte. Und so bleibt den gegenwärtigenInteressenten der Aufdeckung der Geheimnisse und derGeschichte dieses juristischen Berufes im tschechischenGebiet,die mit schüchternen Schritten – aber doch – vor-anschreiten (siehe Arbeiten von Studenten der Juristi-schen Fakultät der Westböhmischen Universität), nichtanderes übrig,als sich mit umso größeren Anstrengungenan die Arbeit zu machen.

Page 19: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

Das Jahr 1949 stellt den grundlegenden Meilenstein inder Geschichte des tschechischen Notariats dar. DieVeränderungen in den vorherigen unheilvollen Jahren1781 und 1824 hatten zwar eine fundamentale und ziem-lich langwierige, allerdings eine „lediglich“ spürbare Ab-schwächung der Bedeutung des Notariats in den böhmi-schen Ländern zur Folge, wurde im Jahre 1949 in dervolksdemokratischen Tschechoslowakei das Notariat inseiner klassischen Auffassung faktisch abgeschafft. Un-mittelbar nach dem „siegreichen Februar 1948“ wurdedie Frage gestellt, wie mit einer Institution umgegangenwerden soll, die vom Inhalt her für das Totalitätsregimeunnötig und natürlich auch ziemlich unbequem ist. Eswar ja unerwünscht, dass der unabhängige Notarstandden Bürgern im Rechtsbereich behilflich ist. Zuletztwurde dann entschlossen das Notariat auch unter denneuen Umständen durch eine Anpassung nach sowjeti-schem Muster zu nutzen.Die Grundidee war das freie No-tariat durch ein Staatsorgan zu ersetzen,mit dessen Hilfeder Staat selbst die notarielle Tätigkeit ausüben würdeund somit der Kontrolle vollständig unterworfen hätte.

Bei der „Verstaatlichung“ des Notariats stellt das Ge-setz Nr. 201/1949 Slg. über das Notariat vom 14. 7. 1949eine gewisse Zwischenstufe dar, das die Notariatsord-nung aus dem Jahr 1871 sowie weitere damit zusam-menhängende Vorschriften aufgehoben hatte. Der Tagdes Inkrafttretens dieses Gesetzes, der 21. 8. 1949, warder wirkliche schwarze Tag in der Geschichte des tsche-chischen Notariats. Die Notarkammern wurden alsselbstverwaltende Notarorganisationen abgeschafft.DasGesetz ersetzte die Notarkammern zwar durch Bezirks-notarversammlungen sowie eine aus den Bezirksnotar-versammlungen gebildete zentrale Notarversammlung,aber während der gesamten Wirkung dieses Gesetzes bis1951 wurden diese Notarversammlungen nicht konsti-tuiert und ihre Rolle erfüllten die vom Justizminister alsOrgane der Staatsmacht gebildete Verwaltungskommis-sionen. Die neue im Gesetz über das Notariat beinhal-tete Regelung hat zwar die Notare als selbständigen, aufeigene Rechnung agierenden Berufsstand noch nichtvollständig annulliert, aber beendete die wirtschaftlicheUnabhängigkeit der Notare. Jeder Notar musste jeglicheEinnahmen aus seiner Tätigkeit der Bezirksnotarver-sammlung, also der Verwaltungskommission abgeben,die ihm dann „periodisch“ eine Entlohnung „den aus-geübten Arbeiten entsprechend“ zahlte. Bezeichnendwar, dass das Gesetz durch seine Verlautbarung in Krafttrat und in seinen 50 Paragraphen nur einige Angele-genheiten des Notariats festlegte,wobei zahlreiche wich-tige Fragen der notariellen Tätigkeit (z. B.Verfassen vonnotariellen Urkunden) lediglich in der Durchführungs-anordnung des Justizministers aus dem gleichen Jahr ge-regelt wurden. Angesichts der Ausgangsthese sowie demdamaligen politischen Klima war es offensichtlich, dassauch die eingeschränkten Notariate nicht lange beste-hen werden können. Die Gesamtstimmung kennzeich-net die Feststellung aus einer damaligen Analyse des Ju-stizministeriums,dass „obwohl es aufgrund des GesetzesNr. 201/1949 Slg. über das Notariat schon zu bedeuten-den Veränderungen kam, muss dem Notariat vorgewor-fen werden, dass es seinen ehemaligen privatwirtschaft-

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 17

lichen Charakter nicht völlig aufgab. Einige Notare wa-ren nicht im Stande die richtige Einstellung zur Arbei-terklasse einzunehmen und befassten sich intensiv mitVermögensfragen von reicher Einzelpersonen aus denReihen der ehemaligen Bourgeoisie.“

Es folgte dann die vollständige Verstaatlichung des No-tariats, zu der es am 1. 1. 1952 kam, dem Tage des In-krafttretens des Gesetzes Nr. 116/1951 Slg. über dasStaatsnotariat vom 20. 12. 1951 sowie seiner Komplet-tierung durch die Verordnung des Justizministeriums Nr.117/51 Slg.und weiter durch die Anordnung des Finanz-ministers Nr. 118/51 Slg. über die Notargebühren, kam.Die Funktion des einen freien Beruf ausübenden Notarsist erloschen. Die Notare mussten dem Staat ihre zurAusübung des Notariats dienenden Einrichtungen undAusstattungen vollständig aushändigen und diejenigen,denen es ermöglicht wurde,sind in den Staatsdienst auf-genommen worden. Im Geltungsbereich der Bezirksge-richte wurden Staatsnotariate als staatliche Justizorganeerrichtet und die Notare sowie deren Mitarbeiter wur-den zu Staatsbediensteten.Die Ausübung des staatlichenNotariats überwachte der Vorsitzende des Bezirksge-richtes und die oberste Aufsicht übte das Justizministe-rium aus. Das Gesetz Nr. 116/51 Slg. machte einen Un-terschied von Tätigkeiten im eigenen Wirkungskreis desStaatsnotariats – insbesondere das Verfassen von notari-ellen Urkunden – und der Tätigkeiten im gerichtlichenAuftrag – besonders Behandlung von Verlassenschafts-fragen. Angesichts dessen, dass die gesellschaftlicheNachfrage nach notariellen Urkunden infolge desZurückdrängens von privatrechtlichen Vermögensbezie-hungen und dass das Rechtsbewusstsein allgemein sehrgering waren, befand sich das Notariat in dieser Gestaltund zu dieser Zeit am Rande des Interesses und der Be-ruf eines Staatsnotars verlor an Attraktivität. Zudem wa-ren die Löhne der Staatsnotare wesentlich niedriger alsdie damals schon sehr niedrigen Löhne der Richter.

Nichtsdestoweniger und obwohl die Politik und dieMachtorgane einschließlich der Justizorgane selbst dasStaatsnotariat stark verachteten,ging der Vorgang der an-gekündigten Umwandlung des Notariats weiter. Immermehr Geschäftsbereiche mit Entscheidungscharakterwurden den Notariaten anvertraut und somit stieg seineBedeutung als Machtorgan des Staates,was allerdings dieklassischen urkundlichen Tätigkeiten immer mehr in denHintergrund gedrängt hatte. Die Staatsnotariate began-nen allmählich den Charakter von „kleinen Gerichten“zu haben.

Die erste wichtige Veränderung in der Organisationund den Befugnissen des Staatsnotariats im oben ange-führten Sinne brachte das am 1.1.1955 in Kraft tretendeGesetz Nr. 52/1954 Slg.Angesichts dessen, dass sich dasNotariat im Grundsatz bewährt hatte, wurden seine imAuftrag der Gerichte ausgeübten Tätigkeiten aufgehobenund somit die Doppelgleisigkeit abgeschafft, indem ei-nige Entscheidungsagenden in unstrittigen Verfahrenund insbesondere die Verlassenschaftsagenda unmittel-bar in die Kompetenz des Staatsnotariats übertragen wur-den. Mit der direkten Aufsicht wurden die Bezirksge-richte beauftragt. In diesem Gesetz wird schon über dieEntscheidungsbefugnisse und andere Tätigkeiten der No-

Das Notariat von 1949 bis 1992 (Staatsnotariat)

Page 20: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

tariate gesprochen, wobei die Entscheidungstätigkeiteneine eindeutige Priorität erhielten.

Eine weitere Veränderung in den Befugnissen desStaatsnotariats brachte das Gesetz Nr. 26/1957 Slg., dasdurch die Durchführungsverordnung Nr. 30/1957 Slg. am1. 7. 1957 in Kraft trat. Das Gesetz regelte die Erbschafts-,Schenkungs- und Übertragungssteuern einschließlichder Notargebühren für Handlungen, bezeichnete dieSteuern und Notargebühren für Handlungen als Notar-gebühren und übertrug deren Bemessung sowie Ein-treibung in den Kompetenzbereich des Staatsnotariats.Die etwas sonderbare Bestimmung dieses Gesetzes be-züglich der Gültigkeit der Rechtshandlung der Vermö-gensübertragung trug zur höheren Bedeutung des Staats-notariats bei. Zur Rechtsgültigkeit dieser Handlungforderte das Gesetz eine Eintragung im Gebührenregi-ster beim Staatsnotariat und setzte fest, dass die Rechts-handlung nur in dem Umfang und Inhalt entsprechenddieser Registereintragung gültig ist.Wenn am Staatsnota-riats keine Registereintragung der Gebühren nach die-sem Gesetz vorlag,ist der Vertrag über den Grunderwerbnicht in Kraft getreten und das Eigentum ist nicht aufden Erwerber übergangen. Es handelte sich allerdingsnur um die sog.Gebühreneintragung,deren einziger Sinndie Gewährleistung der Zahlungspflicht für eine Rechts-handlung war.

Die Absicht aus dem Staatsnotariat ein „kleines Ge-richt“ zu machen,ist erst in den sechziger Jahren tatsäch-lich umgesetzt worden, die am Anfang infolge des „So-zialismusaufbaus“ und der Annahme der neuen„sozialistischen“ Verfassung im Jahr 1960 durch hekti-sche Bemühungen praktisch alle Rechtszweige zu kodi-fizieren gekennzeichnet worden waren. Zeitgleich mitdem neuen Zivilgesetzbuch und der Zivilprozessord-nung trat am 1. 4. 1964 das Gesetz Nr. 95/1963 Slg. überdas Staatsnotariat sowie die Verfahren vor dem Staats-notariat in Kraft. Aufgrund dieses Gesetzes wurden demStaatsnotariat Entscheidungen in weiteren Geschäftsbe-reichen übertragen und somit die ursprüngliche Ände-rungsrichtung des Notariats bestätigt. So hat das Staats-notariat über Verlassenschaftsverfahren, Verfahren derVertragsregistrierung, Verwahrungsverfahren, Verfahrenüber Kraftloserklärungen von Urkunden und über Voll-streckungen durch Grundveräußerungen entschlossen.Die Regelung der Erbschaftsverfahren wurde aus der Zi-vilprozessordnung in die Notariatsordnung übertragen,was ebenfalls die Rolle des Notariats als staatliche Insti-tution unterstrich. Das Staatsnotariat händigte im Rah-men der Erbschaftsverfahren nicht nur einzelne Erbent-scheidungen aus, mit denen der Erwerb im Erbwegebestätigt wurde und billigte die Vereinbarung über denErbausgleich,sondern entschied im Sinne der damaligenBestimmung des Zivilgesetzbuches und der Notariats-ordnung selbst über den Erbausgleich zwischen den Er-ben. Bei diesen Entscheidungen hatte das Staatsnotariatdie gleiche Stellung wie ein Gericht bei Entscheidungenüber den Ausgleich von Miteigentumsanteilen einge-nommen.Die gleiche Stellung hatte das Staatsnotariat beiEntscheidungen über Streitigkeiten im Sinne desberühmten § 18 der Notariatsordnung in den Fällen, indenen die Teilnehmer eines Erbschaftsverfahrens in ge-gebener Frist keine Rechtsklage über strittige Tatsachenzwischen den Verfahrensparteien einlegten. Die offen-kundigste Neuigkeit des neuen Gesetzes war die Ent-

18 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

scheidung des Staatsnotariats über die Eintragung vongegenseitigen Immobilienübertragungen zwischen ein-zelnen Bürgern und Übertragungen von sog. sozialisti-schen Organisationen auf Bürger. Im Unterschied zu derfrüheren Gebühreneintragung begutachtete das Staats-notariat in den Registerverfahren die Gültigkeit vonKauf-, Schenkungs- und weiteren Verträgen, die zum Im-mobilienübertragen führten.Der Staat bedingte zwar un-ter gewissen Voraussetzungen die Gültigkeit dieser Über-tragungen durch verschiedene Zustimmungen derStaatsorgane und sozialistischer Organisationen, seineAufsicht schien allerdings nicht vollkommen zu sein. Zudieser Zeit stieg die Bedeutung von Immobilien, da sichdie Vermögensverhältnisse im Rahmen des einge-schränkten sog. persönlichen Eigentums verbesserten,wozu unter anderem auch Einfamilienhäuser und Wo-chenendhäuser gehörten. Besonders intensiv hat sichder Bau von privaten Wochenendhäusern mit staatlicherUnterstützung zum Zwecke einer Vereinheitlichung derFreizeitnutzung entwickelt. Mit dem Bau von Einfamili-enhäusern übertrug der Staat auf die Einzelbürger mit-unter auch die Lösung von Wohnungsbauproblemen.Der Staat begann Grundstücke „aufzukaufen“,um sie aus-gewählten Interessenten in deren sog. persönliche Nut-zung zum Bau von Einfamilienhäusern,Wochenendhäu-sern oder zu Gartengründungen zuzuweisen. DieseImmobilien konnten dann als persönliches Eigentumauch übertragen werden.Unter diesen Umständen muss-te die Rolle des totalitären Staates in diesem Bereich ge-stärkt werden. Die ursprünglichen Zustimmungen sindzwar beibehalten worden, aber der Überprüfungsvor-gang wurde noch durch die Eintragung beim Staatsnota-riat vollendet.

Das aufgrund des Gesetzes Nr. 95/1963 Slg. geregelteStaatsnotariats bestand dann mit einigen unwesentlichenVeränderungen bis zur Aufhebung des besagten Geset-zes im Jahre 1992. Im Jahr 1964 ist es gelungen die un-abhängige und unparteiische Institution im öffentlichenDienste in ein Organ zu modifizieren,das der totalitärenMacht dienen sollte. Durch die Implantation von demNotariat fremden Entscheidungsagenden sollte neben-bei allmählich seine eigene Aufgabe abgeschwächtwerden, die Rechtsberatung und das Verfassen von öf-fentlichen Urkunden sowie das Bezeugen von rechtsre-levanten Tatsachen. Das Notariat wurde zu einem Zwit-ter mit unvereinbaren Befugnissen. Es nahm dieverfassungsmäßig nicht verankerte Stellung eines Ge-richtes ein, erbrachte Rechtsleistungen ohne an derenQualität und Geschwindigkeit interessiert zu sein undobwohl es als ein Justizorgan aufgefasst wurde, trieb esfür den Staat Steuern ein.Diese Unvereinbarkeit von Be-fugnissen kann am besten am Beispiel des Vorganges ei-ner Immobilienübertragung demonstriert werden. DasStaatsnotariat hatte auf Antrag den Vertrag über die Im-mobilienübertragung (allerdings ohne Ausschließlich-keit) zu verfassen, dann überprüfte es im Rahmen desEintragungsverfahrens die Gültigkeit des von ihm ge-schriebenen Vertrages, traf eine entsprechende Ent-scheidung und bemiss danach die aus der Immobilien-übertragung für den Staat hervorgehende Gebühr,wobeies noch vor der Vertragsverfassung den Steuerzahler imRahmen seiner Beratungstätigkeit über die Folgen derÜbertragung bezüglich der Gebührenpflicht beratensollte. Obwohl das Staatsnotariat als ein Machtorgan ge-

Page 21: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

bildet wurde, hatte es trotzdem niemals das Vertrauender Staatsmacht erlangt. Angesichts der Verbindungenzum historischen Notariat, der personellen Besetzungund der überlieferten, obwohl vernachlässigten, klassi-schen Tätigkeit, schien das Staatsnotariat immer eine po-tentiell gefährliche Institution zu sein. Aus diesem Grundhatte es seit seiner Verstaatlichung keine eigene Rechts-subjektivität und Hierarchie.Das Staatsnotariat arbeiteteim Rahmen von Gerichtskreisen. Es war wirtschaftlichvon den Kreisgerichten abhängig und dem Bezirksge-richt unterordnet. Das Staatsnotariat wurde vom einemleitenden Staatsnotar geführt, der über keine Befugnisseim personellen und wirtschaftlichen Bereich verfügteund lediglich neben seinen Pflichten eines ordentlichenStaatsnotars die Arbeit in der Dienststelle leitete und or-ganisierte.

Berücksichtigen wir den konzentrierten Druck politi-scher Kräfte seit der Verstaatlichung des Notariats biszum November 1989 auf den Abbau der ursprünglichenAuffassung des Notariats sowie die Bemühung die in Jahr-hunderten bewährten Ideen in Vergessenheit zu treiben,ist es fast ein Wunder, das der Geist des Notariats auchdiese Zeit überlebte. Sicher ist es dank dessen, dass derStaat zwar eine gewisse Form vorgab, aber ihren Inhaltim Grunde nicht wie vorausgesetzt füllte. In der über-wiegenden Mehrheit wurden nämlich auch die neuenEntscheidungsbefugnisse nicht aus der Machtpositionher, sondern eher im Geiste der notariellen Traditionenals eine Dienstleistung ausgeübt, die so weit wie mög-lich den Empfängern dieser Dienstleistung zugute ka-men. Es war besonders dank den in den Schicksalsjah-ren der Abschaffung des Notariats in den Staatsdienstaufgenommenen Notaren, die sich niemals mit der Posi-tion eines die Staatsmacht im totalitären Land ausüben-den Staatsbeamten abgefunden haben und die nachihren Kräften und Möglichkeiten besonders der Öffent-lichkeit dienlich waren. Es war besonders dank den No-taren, die noch als Notaranwärter oder Notarnachfolgerdie Atmosphäre des ursprünglichen Notariats kennenlernten und in diesem Geiste dann in den Staatsnotaria-ten tätig waren. Für alle diese „Herren Notare“ sei we-nigstens Dr. František Janatka,Vorsitzender des Redakti-onsrates der Zeitschrift Tschechisches Recht und Notarin Prag, Dr. Richard Bébr, Dr. Miroslav Mikoláš oder Dr.Ladislav Svoboda,alle Notaranwärter,zu nennen.Dr. Richa-rd Bébr arbeitete in der Notarabteilung des Justizmini-steriums sowie im Notarsenat des Tschechischen Ober-sten Gerichtes. Von den damals jüngsten ist dann derunlängst verstorbene Ehrenpräsident der Notarkammerder Tschechischen Republik und ursprünglich Notaran-wärter, Dr. Jiří Brázda zu nennen, der dann sein ganzesLeben lang als Staatsnotar in Mělník tätig war. Eine be-deutende Rolle für die Entwicklung des Notariats spiel-ten die Notare aus der heutigen Region Mittelböhmen,zu denen neben dem schon erwähnten Dr. Brázda be-sonders Dr.Václav Jeřábek,Staatsnotar in Kladno und da-nach zuständig für den Bezirk Prag-West, Dr.Vasil Temel,ursprünglich Notar in Kraslice und später Staatsnotar inBenešov,Dr.Otto Černý,Notar in Prag und danach Staats-notar in Říčany und zuletzt in Benešov, Dr. JaromírVaníček, Staatsnotar in Mladá Boleslav, Dr. Josef Klán,Staatsnotar in Beroun,Dr.Pavel Šimek,Notar in Nymburkund Dr. Jaroslav Tvrdý, Notar und danach Staatsnotar inJílové bei Prag.Diese Staatsnotare und einige weitere aus

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 19

Mittelböhmen und Prag trafen sich sogar im Rahmen desinformellen Vereins „Konkláve“ regelmäßig in der Wein-stube „Makarská“ auf der Kleinseite. In diesem „Verein“,dessen langjähriger Magister Dr.Václav Jeřábek war unddessen Existenz die spätere Generation mittelböhmi-scher Notare bis zur Wiedergeburt des freien Notariatserhielt (der letzte Magister war J. U. D. Martin Šešina),wurden die alten notariellen Traditionen bewahrt.Unterden weiteren Staatsnotaren von diesem Format aus an-deren Regionen seien noch Dr. Břetislav Šmíd, Notar inOlomouc, Dr. Zdeněk Sellák, Notar in Louny, Dr. ZdeněkSedláček, Notar in Uherské Hradiště oder Dr. Luděk Vo-jíř, Staatsnotar in Žďár nad Sázavou genannt. Nur dankder durch die Einstellung dieser Notare zu ihrem Berufgünstigen Atmosphäre in den Staatsnotariaten konnte diespätere junge Generation von Staatsnotaren die Traditionerhalten, die Ideen des Notariats weiter tragen und spä-ter auch das tschechische Notariat in seiner ursprüngli-chen Auffassung wiederbeleben.

Infolge der wachsenden Bedeutung wurde das Staats-notariat allmählich gezwungenermaßen auch von denpolitischen Machtkreisen geachtet. Beim Justizministerwurde ein notarieller Beratungskörper gebildet, an des-sen Tätigkeiten eine Reihe der oben genannten Notareälterer Generation teilnahm. In der Sammlung von An-leitungen und Mitteilungen des Justizministeriumswurde regelmäßig eine Spalte „Beratungen der Staats-notariate“ veröffentlicht. Der Notarproblematik wurdenzahlreiche Publikationen des Rechtsinstitutes des Justiz-ministeriums gewidmet. Im Jahre 1968 wurde eine um-fangreiche Veröffentlichung „Das Kommentar der Nota-riatsordnung“ vom Autorenkollektiv unter der Leitungvon Dr. Jiří Mikeš herausgebracht. Es ist nicht zu ver-nachlässigen, dass auch die Stimmung des „Reformjah-res“ 1968 dem Notariat eine gewisse materielle Aner-kennung brachte, denn der damalige Justizminister Dr.Kučera glich die Löhne der Notare den Richterlöhnenan. Leider folgte keine neue Notargeneration, denn im-mer noch herrschte eine absichtlich verbreitete allge-meine Verachtung dieses Berufsstandes. Das Staatsnota-riat war zu dieser Zeit mit Staatsnotaren besetzt, diemeistens schon ihr Rentenalter erreichten. Die negati-ven Folgen der in den siebziger Jahren eingeleiteten sog.politischen Normalisation nach dem „Reformjahr“ 1968hatten für das Staatsnotariat paradoxerweise auch etwasgutes gebracht. Einerseits verliefen angesichts der nichtallzu großen politischen Bedeutung dieses Staatsorgansdie Säuberungsaktionen nicht in dem Umfang wie zumBeispiel bei den Gerichten und andererseits wurden Re-formrichter und andere Persönlichkeiten,so zu sagen als„Abschaum der Justiz“ zu Staatsnotaren. Zudem kam esendlich zur natürlichen Wiederbelebung der Staatsnota-re durch die neue Generation,die die noch durch das re-formierte Studium am Ende der sechziger Jahre, aberauch durch die Normalisationsstimmung am Anfang der70. Jahre gekennzeichneten Rechtsfakultäten verließ undneue Berufe suchte, in denen sie einerseits ihre Rechts-fähigkeiten gut anwenden könnte und andererseits weitentfernt von den Machtpraktiken der damaligen Zeitwäre. Diese Generation hat in ihrer Auffassung des No-tarberufes an die nun scheidenden Staatsnotare ange-knüpft. Ebenfalls in der Zeit der strengen Normalisationbemühte sie sich den notariellen Beruf im Geiste seinerTraditionen auszuüben und die Staatsnotariate wurden

Page 22: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

bis auf einige Ausnahmen nicht zur zuverlässigen Stützedes Regimes beim Umsetzen seiner totalitären Politik.Nicht einmal diese komplizierte Zeitspanne konnte dieVerfassung und Herausgabe so eines Werkes verhindern,das in den tschechischen Bedingungen bisher am voll-ständigsten die Geschichte und Gegenwart des Notariatsin Tschechien und der Welt wiederspiegelte. Es geht umdas Werke „Über das Notariat, seine Entwicklung, Orga-nisation und Befugnisse“, dass 1976 im Verlag Academiaveröffentlicht wurde und an dem gemeinsam mit Dr.Richard Bébr und Dr. Pavel Šimek besonders Dr. JiříBrázda Verfasser beteiligt war, der nach der Wiederauf-nahme des freien Notariats jahrelang der Ehrenpräsidentder Notarkammer der Tschechischen Republik war. Dr.Jiří Brázda hielt als Verehrer des notariellen Berufes auchin dieser missgünstigen Zeit fast illegale Kontakte mit No-taren aus der ganzen Welt aufrecht und öffnete somit dentschechischen Notaren das Fenster in das weltweite No-tariat. In diesem Zusammenhang ist auch ein weiteresWerk von Dr. Jiří Brázda zu erwähnen, sein zweiteiliges„Notarpitaval“, das in den achtziger Jahren herauskamund eine ganze Reihe von humorvollen sowie poeti-schen Erzählungen aus dem Berufsleben eines Staats-notars enthielt. Kein Wunder, dass gerade dieses Buch inden neunziger Jahren so ein Interesse als deutsche Wie-derauflage der tschechischen Herausgabe aus den 80.Jahren bei den deutschen Kollegen weckte. Das Notar-pitaval wurde sogar als Fernsehfilm verarbeitet und trugzur näheren Kenntnis dieses Berufsstandes in der brei-ten Öffentlichkeit bei.

In den siebziger Jahren wurden im Rahmen einer stär-keren Aufsicht der Staatsnotariate Funktionen speziali-sierter stellvertretender Vorsitzender an Bezirksgerich-ten für das Notariat errichtet. Die tatsächliche fachlicheLeitung der Notararbeit in den Bezirken gewährten al-lerdings notarielle Berufungssenate der Bezirksgerichte.Einige ihrer Mitglieder haben durch ihre höchst fachli-che und unpolitische Einstellung bei den Staatsnotarengroßes Ansehen gewonnen.Nennen wir nur Dr. AntonínMokrý und Dr.Muzikář am Stadtgericht in Prag,Dr.Krausam Bezirksgericht in Prag,Dr.Hůdová und Dr.Hrdina amBezirksgericht in České Budějovice, Dr. Pešek, Dr. Röschund Dr. Sladká am Bezirksgericht in Pilsen, Dr. Fleischer,Dr. Sladký und Dr. Pekárková am Bezirksgericht in Brno.

20 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

Die berufliche Entwicklung dieser Richter war oft mitdem Notariat verbunden (in vielen Fällen ging es um ehe-malige oder künftige Staatsnotare) und aus diesen Grün-den hatten sie eine enge Beziehung zum Notariat.

Nicht zu vernachlässigen war auch der Einfluss derspezialisierten Notarabteilung im Justizministerium aufdie Staatsnotariate, die jahrelang ein bekannter Fach-mann im Bereich des Zivilrechtes – heute Mitglied desLehrstuhles für Zivilrecht der Rechtsfakultät der Karls-universität – Doc. J. U. D. Jiří Mikeš leitete, langjährigerLeiter der Notarabteilung des Justizministeriums, der inden fünfziger Jahren als Staatsnotar in Nordböhmen tätigwar.Am Obersten Gericht war ein spezialisierter Notar-senat tätig, der zuerst ein ehemaliger Notar, Dr. RichardBébr und später jahrelang Dr.Libuše Kučerová und dannletztendlich Dr. Jan Soukup führten.

Im Jahr 1986 wurde dann die neue Geschäftsordnungfür Staatsnotariate veröffentlicht, die die gleiche Vor-schrift aus dem Jahre 1964 ersetzte.An der langjährigenVorbereitung der Geschäftsordnung war eine Reihe vonausgezeichneten Fachleuten, Notaren und Richtern dernotariellen Berufungssenate beteiligt (besonders Dr.Mar-tin Šešina, Staatsnotar in Benešov und Dr. Antonín Mo-krý, Mitglied des notariellen Senats am Stadtgericht inPrag und nach 1989 Vorsitzender des Obersten Gericht-es der Tschechischen Republik und später des OberenGerichtes). Dank der hohen Qualität dieser Vorschriftkonnten am Anfang der neunziger Jahre einige Teile beimAusarbeiten neuer Notarvorschriften genutzt werden.

Am Ende der Tätigkeit des Staatsnotariats nach demNovember 1989 wurde ihm die Befugnis erteilt die Ab-kommen über die Rückerstattung von Gütern im Rah-men des Gesetzes Nr. 403/1990 Slg. über die Wiedergut-machung des Vermögensunrechts sowie des Gesetzes Nr. 87/1991 Slg. über die außergerichtlichen Rehabili-tierung zu registrieren.Dank dem zuvorkommenden undopferbereiten Vorgang der Staatsnotare schon währendder hektischen Vorbereitungen auf die Wiederaufnahmedes Notariats,konnte das Staatsnotariat diese Agenda be-wältigen und am Ende seines Bestehens zur Wiedergut-machung von Vermögensunrecht aus der Zeit behilflichsein, die es leider durch sein Entstehen gleichzeitig re-präsentierte.

Die Erneuerung des freien Notariats (1989–1992)

Die Ereignisse des Jahres 1989 ereilten die Staatsnotarenicht unvorbereitet. Schon am 12. Dezember 1989 trafsich in der schon legendären Weinstube „Makarská“ eineGruppe von zwanzig Staatsnotaren aus Mittelböhmen undPrag. Sie legte den Initiativausschuss der Notare für Ver-handlungen mit dem Justizministerium fest und formu-lierte in ihrer Erklärung an das Justizministerium eine klareForderung ein Organ der notariellen Selbstverwaltung zubilden,die Staatsnotariate aufzuheben und das Notariat imZustand vor 1949 wieder zu erneuern.Von den damaligenTeilnehmern dieser Sitzung sind die zu nennen, die sichauch später prägend an der Notariatserneuerung verdientgemacht haben, insbesondere Dr. Jiří Brázda, Dr. MiloslavJindřich, Dr. Martin Foukal, Dr. Martin Šešina, Dr. OndřejHolub, Dr. Petr Bílek, Dr. Ivan Houdek und nicht zuletztDr. Cyril Svoboda, der heutige Minister des Auswärtigen.

Aufgrund dieses und besonders des weiteren Doku-mentes „Auswertung der Entwicklung und des Zustan-des des Notariats als Institution sowie Vorschläge zurVeränderung seiner Konzeption…“, das aus einer ge-meinsamen Initiative von Dr. Miloslav Jindřich, Dr. Mar-tin Šešina und der Staatsnotare im Staatsnotariat in Be-nešov sowie von Dr. Martin Foukal, Staatsnotar imStaatsnotariat für Prag-Ost, ausgearbeitet wurde und derdamaligen Justizministerin Dr. Dagmar Burešová über-reicht wurde,wurden im Justizministerium dank dem da-maligen stellvertretenden Justizminister, Dr. Jiří Balaštík,die ersten Schritte auf dem Wege zur Regeneration desNotariats unternommen. J. U. D. Martin Šešina wurde indas Justizministerium berufen, in dessen Auftrag wurdenBezirksnotarkörperschaften an den Bezirksgerichten so-wie eine Notarkörperschaft am Justizministerium gebil-

Page 23: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

det.Die Mitglieder der Bezirksnotarkörperschaften wur-den in den einzelnen Staatsnotariaten gewählt und diesewählten dann je zwei Bezirksvertreter in die ministeri-elle Notarkörperschaft. Allen Staatsnotaren wurden vierVarianten der Veränderung des Staatsnotariats von derBeibehaltung des Staatsnotariats ohne der unvereinba-ren Agenden bis zur Aufhebung des Staatsnotariats undWiedergeburt des Notariats in seiner klassischen Auffas-sung zur breiten Diskussion vorgelegt. Bei der am 19. 4.1990 stattfindenden Tagung der Notarkörperschaft amJustizministerium sollte über die Änderungsvariante desStaatsnotariats entschieden werden. Nach einer uner-wartet verwickelten Diskussion wurde die Entscheidungauf die nächste Tagung vertagt. In der Zwischenzeitwurde eine Anleitung des Justizministeriums über dienotariellen Beratungsgremien sowie die an diesen Bera-tungsgremien tätigen Notarkammern vorbereitet.Bei dernächsten Tagung der Notarkörperschaft am Justizmini-sterium vom 28. bis 30. 5. 1990 wurde endgültig darü-ber entschlossen, dass von den vorgelegten Alternativender künftigen Entwicklung die Rückkehr zum klassi-schen Notariat der lateinischen Auffassung durchgesetztwerden wird. Die Notarkammer wurde aus Mitgliedernder Notarkörperschaft konstituiert, die zu ihrem Präsi-denten Dr. Miloslav Jindřich wählte.

Da diese erste, auf eine gewisse Art und Weise unvoll-kommene Selbstverwaltung der Staatsnotare im Prinzipim Rahmen der Notarkörperschaften der Bezirksgerichteund dem Justizministerium und noch zudem ohne eineGründungsanweisung des Justizministeriums errichtetwurde, konnte sie außerhalb des Justizministeriumsselbständig keine rasantere Politik zur Durchsetzung ih-rer Botschaft verfolgen. Justizminister in dieser Zeit warschon Dr. Leon Richter,der der Wiederbelebung des No-tariats positiv zugeneigt war und sich später bei ihrerDurchsetzung engagierte,aber am Anfang er eine andereVariante als die Notarselbstverwaltung verfocht. Bei derTagung der Notarkörperschaft am Justizministerium vom10. bis 14. 9. 1990 in Javorník in Anwesendheit des stell-vertretenden Justizministers Dr.Zoulík wurde unter demEinfluss des Justizministeriums entschieden, dass diePrivatisierung zeitgleich mit der Rekodifizierung des Zi-vilgesetzbuches verlaufen wird. Angesichts der unter-schiedlichen Standpunkte der Vertreter des Notarstan-des und der Leitung des Justizministeriums bezüglich derGeschwindigkeit des Privatisierungsvorganges wurdefestgestellt, dass es notwendig ist eine vom Justizmini-sterium unabhängige Notarrepräsentation zu bilden.DerJustizminister hat den Entwurf der vorbereiteten Anlei-tung über die Notarkörperschaften sowie die an dieStaatsverwaltung gebundenen Notarkammern nicht un-terzeichnet.Aus diesen Gründen entstand die autonomeNotarselbstverwaltung als ein Verein.Laut der Eintragungim Register des Innenministeriums am 9. 11. 1990 ent-stand die Vereinigung der Notare der Tschechischen Re-publik, wobei fast alle Staatsnotare zu deren Mitgliedergeworden sind. Zum Präsidenten der Zentralen Notar-kammer – des höchsten Exekutivorgans der „Vereini-gung“ – wurde Dr. Miloslav Jindřich, zum Vizepräsiden-ten Dr. Vladimír Polášek und zum Sekretär Dr. OndřejHolub, gewählt. Bei der ersten Tagung am 3. 1. 1991 hatdie Zentrale Notarkammer einen Beschluss gefasst, derzur beschleunigten Entstaatlichung der Notariate auf-forderte und zwar in Verbindung mit der beabsichtigten

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 21

Novelle des Zivilkodexes sowie der Zivilprozessord-nung, die am 1. 1. 1992 in Kraft treten sollten. Somitwurde der Beschluss der Tagung von Javorník sowie dieoffizielle Linie der Regierung abgelehnt,die in einer Ver-tagung der Lösung bis zur Rekodifizierung des Zivilge-setzbuches beruhte. Die benötigten Novellen des Zivil-gesetzbuches und der Zivilprozessordnung und der ersteEntwurf der Notariatsordnung gingen von den Grundsät-zen aus,die Dr. Miloslav Jindřich vorlegte und die bei derTagung der Notarversammlung in Javorník angenommenwurden. Inzwischen wurde die Anleitung des Justizmi-nisters genehmigt, die mit Wirkung ab dem 10. 1. 1991die notariellen Beratungsgremien des Ministers sowieder Vorsitzenden von Bezirksgerichten errichtete. Auf-grund der ausdrücklichen Anleitungsbestimmung solltenneben den Mitarbeitern des Justizministeriums und wei-terer Mitglieder dem Beratungsgremium des Ministersauch mindestens zwei Staatsnotare beitreten,die die Zen-trale Notarkammer aus ihrer Mitte vorschlug. Zu diesenMitgliedern des Beratungsgremiums des Ministers wur-den Dr. Miloslav Jindřich,Dr. Vladimír Polášek,Dr.ZdeněkRyšánek und Dr. Ivan Houdek ernannt. Am 11. 1. 1991entstand ebenfalls als Verein die Notarkammer der Slo-wakei, die die slowakischen Staatsnotare vereinigte.Beide Vereine koordinierten dann in enger Kooperationihren Vorgang beim Durchsetzen gemeinsamer Interes-sen.Es wurden mehrere gemeinsame Verhandlungen ab-gehalten zum Beispiel im Februar 1991 in Martin undvom 24. bis 26. 7. 1991 in Bratislava. Die Zentrale Notar-kammer hat am 5. 3. 1991 einem Memorandum an diehöchsten Verfassungsvertreter der föderalen und der Re-publikregierungen, der Föderalversammlung sowie desTschechischen Nationalrates zugestimmt. In diesem Me-morandum wurde auf die unvertretbare Bedeutung desNotariats, die Unhaltbarkeit der Ausübung des Notariatsdurch die Staatsnotariate in den neuen gesellschaftlichenund wirtschaftlichen Bedingungen hingewiesen und inden beigefügten Entwürfen der Notariatsordnung sowieden Novellen entsprechender Vorschriften eine Lösungvorgeschlagen. Die Mitglieder der Notarvereinigung derTschechischen Republik nahmen an zahlreichen Ver-handlungen mit Verfassungsvertretern und Abgeordne-ten teil,bei denen sie die Bedeutung der Notariate in denneuen politischen und wirtschaftlichen Bedingungenund die Notwendigkeit deren Entstaatlichung erklärtensowie Lösungsvorschläge einschließlich der Entwürfeeinzelner Rechtsvorschriften machten. Dr. Miloslav Jin-dřich wurde zum Mitglied der Kommission für Justizfra-gen am Tschechischen Nationalrat ernannt,die ebenfallsFragen der „Privatisierung“ des Notariats behandelte.

Vom 27. bis 28. 6. 1991 fand in Trenčianské Tepliceeine gemeinsame Beratung beider Justizministerien, desTschechischen Landesvermessungs- und Kartographie-amtes sowie des Slowakischen Landesvermessungs- undKartographieamtes statt, bei der entschieden wurden,dass die Registrierung der Verträge über die Immobili-enübertragung sowie weiterer Verträge über Sachrechtedurch Entscheidungen der Katasterämter über die Billi-gung von Einverleibungen der Sachrechte in das Grund-kataster aufgrund der neuen Rechtsregelung ersetztwird.Ausgehend vom Gesetz über die Abschaffung derStaatsnotariate sowie den Veränderungen einiger Vor-schriften insbesondere im Zivilgesetzbuch und der no-vellierten Zivilprozessordnung, wurde ein Konzept zur

Page 24: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

Erneuerung der Notariate aufgestellt, das zur Übertra-gung der Entscheidungsbefugnisse der Staatsnotariate –außer der Vertragsregistrierung – dienen wird mit derMaßgabe,dass im Rahmen der Verlassenschaftsverfahrendie Gerichte zur Behandlung von Erbschaften Notare alsGerichtskommissare beauftragen werden und zwar auf-grund der neuen Gesetze über das Grundkataster,in demdie Registeragenda auf eine andere Art und Weise auf dieneu errichteten Katasterämter übertragen wird.

Vom 28. bis 30. 8. 1991 wurden bei der Behandlungdes Handelsgesetzbuches und der grundsätzlichen No-velle des Zivilgesetzbuches auf dem Boden der Födera-len Versammlung die Vorschläge der Notarvereinigungder Tschechischen Republik abgelehnt, die im Zusam-menhang mit diesen Novellen schon eine Entstaatli-chung des Notariats ermöglicht hätten.Dank dem Druckder „Vereinigung“ ist es aber wenigstens durchzusetzengelungen, dass die verfassungswidrige autoritative Erb-schaftserledigung abgeschafft wird. Obwohl die Initia-tive zur Erneuerung des Notariats zusammen mit den ge-nannten, später angenommenen und ab dem 1. 1. 1992in Kraft getretenen Novellen kein Erfolg brachte,trug siezur ständigen Behandlung dieser Frage bei und letzt-endlich auch zur Ablehnung des Konzeptes einer verzö-gerten „Privatisierung“ des Notariats mit der Rekodifi-zierung des Zivilgesetzbuches, die sowieso bis heutenoch nicht stattgefunden hat.

Der Tschechische Nationalrat hat in seinem Beschlussvom 8.7.1991,an dessen Annahme und allgemein an derErneuerung des Notariats die Abgeordnete AnnaRöschová einen großen Verdienst hat,die Regierung derTschechischen Republik aufgefordert bis zum 31. 12.1991 einen Entwurf der gesetzlichen Regelung der „Pri-vatisierung“ des Staatsnotariats vorzulegen. Die Regie-rung hat daraufhin das Justizministerium beauftragt inder gegebenen Frist alle notwendigen Vorschriften vor-zubereiten. Dieser Beschluss war der endgültige Impulszur Entstaatlichung des Notariats. Das Justizministeriumhat somit endlich Anfang Herbst eine systematische Ar-beit an den entsprechenden Vorschriften eingeleitet.Beider Beratung im Justizministerium vom 30. 9. bis 2. 10.1991 wurde in Anwesendheit des Justizministers der Slo-wakischen Republik und der Vertreter weiterer betrof-fener Fachressorts beider Länder und unter der Teil-nahme beider Notarvereine endgültig entschlossen,dassdie Notariatsordnungen als Republikgesetze und die wei-teren Gesetze als Föderalgesetze herausgegeben werdenmit der Maßgabe, dass die Gesetze in Paragraphenstruk-tur im Rahmen des Vorbereitungsverfahrens im Laufe dernächsten Monate vorgelegt werden.Dr.Miloslav Jindřichwurde in das Justizministerium gebeten,damit er an derAusarbeitung der Notariatsordnung sowie der Novelleder Zivilprozessordnung teilnimmt. Alle notwendigenGesetze wurden ausgearbeitet und nach Abschluss desVorbereitungsverfahrens den Regierungen und späterder Föderalversammlung, dem Tschechischen National-rat und dem Slowakischen Nationalrat präsentiert.

Die Notarvereinigung der Tschechischen Republikhatte beim Durchsetzen der Erneuerung des Notariatseine starke Unterstützung von Seiten der Internationa-len Union des Lateinischen Notariats (U. I. N. L.) sowieder Notariatskammern der Nachbarstaaten und insbe-sondere der Österreichischen Notariatskammer erhal-ten. Eine ausgiebige Unterstützung und Inspiration wa-

22 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

ren besonders die Salzburger Notartage im April jedenJahres, an denen seit 1990 die tschechischen Notare re-gelmäßig teilnahmen und wo sie erst allmählich die No-tarwelt entdeckten. Im Jahre 1991 nahm auch der Ju-stizminister Dr. Leon Richter teil.Vom 20. bis 22. 9. 1991besuchte eine offizielle Delegation der ÖsterreichischenNotariatskammer unter der Leitung ihres Vizepräsiden-ten Dr. Kasa die Tschechische Republik, um Gesprächemit den Vertretern der Notarvereinigung und den Ver-fassungsvertretern zu führen.Einen bedeutenden Beitragzur Unterstützung auf dem Wege zur Erneuerung des No-tariats leistete auch der Justizminister der RepublikÖsterreich,Dr.Nikolaus Michalek,ehemaliger Notar undPräsident der Österreichischen Notariatskammer, Dr.Georg Weissmann, Präsident der Österreichischen Nota-riatskammer, Dr. Klaus Woschnack, heutiger Vizepräsi-dent der Österreichischen Notariatskammer und Dr.Uwe Kirschner, Leiter der Österreichischen Notaraka-demie. Unvergesslich war das Erstaunen des Justizmini-sters,als Dr.Nikolaus Michalek bei seinem offiziellen Be-such in der Tschechischen Republik als Justizminister beiallen seinen Verhandlungen mit dem tschechischen Ju-stizminister, Dr. Leon Richter, die Teilnahme des Präsi-denten der Notarvereinigung der Tschechischen Repu-blik anmahnte und als Hauptthema der Gespräche dieFrage der Erneuerung des tschechischen Notariats auf-tischte.

Auf Einladung der Notarvereinigung der Tschechi-schen Republik besuchte vom 2. bis 4. 2. 1992 eine U. I.N.L.-Delegation unter der Leitung ihres PräsidentenGilles Demers die Tschechische Republik. Zu dieser De-legation zählten weiter die Herren Paul Chardon, Vize-präsident für Europa, Jesus Led Capaz, C. A. E. M.-Präsi-dent,André Schwachtgen, künftiger U. I. N. L.-Präsidentund der schon erwähnte Dr. Uwe Kirschner. Zweck die-ses Besuches war die Unterrichtung der Parlamente so-wie der Verfassungsvertreter über die Stellung, Bedeu-tung und Unvertretbarkeit der notariellen Institution alsfreier Beruf in allen vergleichbaren Rechtssystemen.DieDelegation wurde von dem Vorsitzenden der Ausschüssefür Verfassungsrecht der Föderalversammlung und desTschechischen Nationalrates, dem Vorsitzenden beiderObersten Gerichte, dem Vizepremierminister derFöderalregierung und dem stellvertretenden Bundesfi-nanzminister empfangen. Dieser Besuch war eine be-deutende Unterstützung für die Billigung entsprechen-der Gesetze.Zu dieser Zeiten lagen diese Gesetze schonder föderalen Regierung zur Behandlung vor und solltendanach der Föderalversammlung unterbreitet werden.

Die Föderalversammlung sollte bei ihrer letzten April-tagung vor den Parlamentswahlen im Juni die Gesetzeannehmen, die das Gesetz über das erneuerte Notariatbedingten, das in die Kompetenz der Nationalräte dereinzelnen Republiken gehörte. Eine Gruppe slowaki-scher HZDS-Abgeordneter verließ allerdings demonstra-tiv diese Sitzung und angesichts dessen, dass es Freitagwar und viele andere slowakische HZDS-Abgeordneteschon zum Wochenende abgereist waren, war eine derParlamentskammer – die Volkskammer – nicht be-schlussfähig und die Tagung wurde abgebrochen. Dankdem damaligen Vorsitzenden dieser Versammlung, Dr.Villági, der die erneute Behandlung dieser Gesetze aufden folgenden Dienstag,den 28.4.1992,den letzten Sitz-ungstag der Föderalversammlung setzte und infolge un-

Page 25: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

ermesslicher Bemühungen der slowakischen Notare imLaufe dieses Samstages und Sonntages, ist zum gegebe-nen Versammlungstag eine ausreichende Anzahl von Ab-geordneten eingetroffen,die alle vorgelegten Gesetze bil-ligten.Genehmigt wurden das „Gesetz Nr.264/1992 Slg.über die Veränderungen und Ergänzungen des Zivilge-setzbuches,das das Gesetz über das Staatsnotariat sowiedas Gesetz über Verfahren vor dem Staatsnotariat (No-tariatsordnung) außer Kraft setzte und einige weitere än-derte und ergänzte“, so dass die Staatsnotariate abge-schafft und ihre Entscheidungsbefugnisse auf andereBehörden übertragen wurden,das „Gesetz Nr.263/1992Slg. über die Änderung und Ergänzung der Zivilprozess-ordnung“, durch das die Verlassenschaftsverfahren miteinem Notar als Gerichtskommissar neu geregelt wur-den sowie weitere Verfahren, die von den Staatsnotaria-ten auf die Gerichte überführt wurden und weiter das„Gesetz Nr. 265/1992 Slg. über die Eintragung der Ei-gentumsrechte und weiterer Sachrechte zu Immobilien“,dank dem anstatt der ursprünglichen Registrierung imStaatsnotariat das neue Einverleibungsverfahren bezüg-lich der Einverleibung von Sachenrechten in das Grund-kataster bei den Katasterämtern geregelt wurde, die auf-grund der Republikgesetze über die Grundkatastererrichtet werden sollten. Es war offensichtlich, dasswenn am 28. 4. 1992 diese Gesetze nicht behandelt undgebilligt wären,wäre die Erneuerung des Notariats nachden Parlamentswahlen im Juni,die faktisch über die spä-tere Trennung des Bundesstaates entschieden haben,lange nicht mehr auf der Tagesordnung erschienen.

Infolge der Billigung der Föderalgesetze wurde alsodas Staatsnotariat zum 31.12.1992 abgeschafft, aber bis-her wurde keine neue Notariatsordnung für das erneu-erte Notariat angenommen, die in die Befugnisse desBöhmischen Nationalrates und in der Slowakei in dieKompetenz des Slowakischen Nationalrates gehörte.

Bei der Behandlung dieses Gesetzes im BöhmischenNationalrat hörte man von Seiten einiger Abgeordnetersogar,dass es nach der Abschaffung von Staatsnotariatenüberhaupt keine Notariate mehr geben muss.Nach kom-plizierten und langwierigen Verhandlungen und mit ei-ner Reihe von Änderungsvorschlägen insbesondere ausdem Ausschuss für Verfassungsrecht wurde dann letzt-endlich am 7. 5. 1992 das Gesetz Nr. 358/1992 Slg. überdas Notariat und seine Tätigkeiten (Notariatsordnung)angenommen, mit dem in der Tschechischen Republiknach dreiundvierzig Jahren das Notariat lateinischer Auf-fassung wiederbelebt wurde. Die Wirkung dieses Geset-zes wurde in Übereinstimmung mit den Föderalgesetzenzum 1.1.1993 festgesetzt.Durch ein Zusammenspiel ver-schiedener Umstände wurde dieser Tag gleichzeitig zumTag des Zerfalls des gemeinsamen Föderalstaates und derEntstehung der Tschechischen Republik und der Slowa-kischen Republik.

Es muss gesagt werden, dass der Weg zu diesem er-folgreichen Ende sehr schwierig war, da die politischeRepräsentation bei weitem diesem Gedanken nicht zu-

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 23

geneigt war. Diese Veränderung war noch dazu ange-sichts der Vielfalt von Tätigkeiten des Staatsnotariats ver-bunden mit Änderungen zahlreicher Vorschriften. DieLeitung der Notarvereinigung der Tschechischen Repu-blik musste in Zusammenarbeit mit der Notarkammerder Slowakei die ganze Zeit lang ständigen organisiertenDruck auf die zuständigen exekutiven sowie legislativenOrgane ausüben, um die Frage der Erneuerung des No-tariats am Leben zu erhalten, damit die für die Privati-sierung der Staatsnotariate benötigten Vorschriften, anderen Verfassung sie entscheidend mitbeteiligt war, aus-gearbeitet und gebilligt werden. Sie musste auch dieseÄnderung, die zwar im Finale als Regierungsvorschlagvorgelegt wurde,ohne allerdings von der Regierung mitbesonderer Intensität als wirklich notwendig und be-gründet zu sein, ständig verteidigen, argumentieren undLösungen für die beim Behandeln der entsprechendenRechtsvorschriften entstehenden Problem- und Krisen-situationen vorlegen.

Nach der Billigung aller zur Erneuerung des Notariatsbenötigten Gesetze widmete sich die Notarvereinigungder Tschechischen Republik in der restlichen Zeit desJahres 1992 insbesondere der Vorbereitung auf die Über-tragung der Entscheidungsagenden von den Staatsnota-riaten auf die Gerichte, Katasterämter und Finanzämter,der Vorbereitung des Notartarifes sowie der internen Vor-schriften der notariellen Selbstverwaltung – der Kanz-leiordnung, der Disziplinarordnung, der Organisations-ordnung, der Wahlordnung und den Vorgangsregeln beider Veröffentlichung und beim Veranstalten von Aus-schreibungen zur Besetzung der Notarämter sowie beider Vorbereitung der Staatsnotare auf die Ausübung desfreien Notariats. Bei der Sitzung der Zentralen Notar-kammer am 31.8.1992 ist Dr.Miloslav Jindřich vom Amtdes Präsidenten der Zentralen Notarkammer zurückge-treten und zum Präsidenten wurde Dr.Ondřej Holub ge-wählt. Der Entwurf der Kanzleiordnung und der Wahl-ordnung, die zeitgleich mit dem Inkrafttreten derNotariatsordnung ihre Wirkung erlangen mussten,wurdedem Justizministerium vorgelegt, das diese Vorschriftenim Rahmen der Ermächtigungsnorm der Notariatsord-nung am Anfang 1993 angenommen hat. Das Justizmini-sterium hat schon im Dezember 1992 die VerordnungNr. 612/1992 Slg. über die Entlohnung von Notaren undErbverwaltern mit Wirkung ab dem 1.1.1993 herausge-geben.

Durch die Entstehung der Notarkammer der Tsche-chischen Republik am 26. Januar 1993 ist die Notarver-einigung der Tschechischen Republik satzungsgemäß er-loschen. Die in ihrer Entstehungserklärung zumAusdruck gebrachte Botschaft dieser Vereinigung vonStaatsnotaren ist restlos erfüllt worden. Das freie Nota-riat wurde erneuert. Ab dem 1. 1. 1993 begann die neu-zeitige Geschichte des Notariats, in der es seine Stellungin unserem Rechtssystem mit Erfolg verteidigte und dankder Fähigkeit sich den Anforderungen der modernen Zeitständig anzupassen, steigt seine Bedeutung auch weiter.

Page 26: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

Jahr 1993

Dieses erste Jahr des freiberuflichen Notariats standim Zeichen der Bildung der Organe der Notarselbstver-waltung,Verabschiedung weiterer interner Vorschriftenund vor allem in der Errichtung und Stärkung der Nota-riatskanzleien.

Mit dem 1. 1. 1993 wurden mehrere Gesetze der Bun-desversammlung wirksam. Es handelt sich um das Ge-setz Nr. 264/1992 Slg., wodurch das Bürgerliche Gesetz-buch ergänzt und abgeändert wird, das Gesetz über dasStaatsnotariat und über das Verfahren vor dem Staats-notar (Notariatsordnung) aufgehoben wird und weitereGesetze abgeändert oder ergänzt werden,weiter um dasGesetz Nr. 263/1992 Slg., wodurch die Zivilprozessord-nung abgeändert und ergänzt wird,Gesetz Nr.265/1992Slg. über die Einverleibung von Eigentumsrechten undsonstigen Sachenrechten an Liegenschaften und fernerum das Gesetz des Tschechischen Nationalrats Nr.358/1992 Slg.über Notare und ihre Tätigkeit (Notariats-ordnung.) Aufgrund dieser Notariatsordnung wurdenmit dem Tag der Wirksamkeit dieses Gesetzes die bishe-rigen Staatsnotare mit ihrer Zustimmung freiberuflicheNotare im Sprengel desjenigen Bezirksgerichts, wo siedas Amt des Staatsnotars bis zu diesem Zeitpunkt aus-geübt hatten. Zugleich hat der Justizminister im Spren-gel eines jeden Bezirksgerichts entsprechend der Anzahlder in den Notarenstand freiwillig eingetretenen Staats-notare Notariate errichtet. Die Notare wurden dann am4. 1. 1993 vor dem Justizminister feierlich angelobt undhaben über ihre Ermächtigung zum Notar ein Dekret er-halten.

Im Laufe des Monats Januar fanden konstituierendeSitzungen der Notariatskollegien regionaler Notariats-kammern statt,in denen die Präsidenten,die übrigen No-tariatskammerorgane und die Delegierten für die kon-stituierende Versammlung der Notariatskammer derTschechischen Republik gewählt wurden.Es wurden fol-gende Notariatskammern errichtet: NotariatskammerBrno (Brünn),Notariatskammer České Budějovice (Bud-weis), Notariatskammer Hradec Králové (Königgrätz),Notariatskammer Ostrava (Ostrau), Notariatskammer Pl-zeň (Pilsen),Notariatskammer Prag,Notariatskammer fürdie Hauptstadt Prag und Notariatskammer Ústí nad La-bem (Aussig). Die konstituierende Versammlung der dieregionalen Notariatskammern vereinigenden Notariats-kammer der Tschechischen Republik fand in Anwesen-heit des Justizministers in der Zeit von 26. bis 27. Januar1993 statt.Die Versammlung wählte den Präsidenten,denVizepräsidenten, die gewählten Mitglieder des Präsidi-ums, die Mitglieder der Revisionskommission und derDisziplinarkommission sowie die Vorsitzenden dieserKommissionen und legte das Programm für ihre Akti-vitäten für das laufende Jahr fest. In dieser Versammlunghat Dr. Klaus Woschnak eine Spende der Österreichi-schen Notariatskammer als finanzielle Unterstützung fürden Bau des Amtssitzes der Kammer überreicht.

Im Februar hat das Kammerpräsidium die Rechts-kommission und die Internationale Kommission als seineArbeitskommissionen eingerichtet. Die Kammer hat ei-nen Rahmenvertrag über die Haftpflichtversicherungdes Notars für jene Schäden abgeschlossen, die infolge

24 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

seiner Tätigkeit eintreten können. Es begannen Verhand-lungen über eine Anmietung von Büroräumlichkeiten imHoftrakt des Hauses Nr. 11 in der Gasse Ječná (Gersten-gasse), Prag 2 zur Einrichtung des Amtssitzes der Nota-riatskammer der Tschechischen Republik. Nach demAbschluss des Mietvertrages wurden die Renovierungs-arbeiten an dem Hofgebäude, wo früher Clubräumlich-keiten der Genossenschaft Fotografia untergebracht wa-ren, aufgenommen. Die notwendigen Arbeiten amGebäude waren sehr umfangreich und bis zur Inbe-triebnahme der angemieteten Räumlichkeiten haben dieAngestellten der Kammer, damals war es der Kammer-sekretär und seine Sekretärin, unter den provisorischenBedingungen der Notariatskanzlei des Kammerpräsi-denten JUDr. Martin Foukal, Prag 2, Ladova- Gasse Nr. 1gearbeitet. Hier fanden auch regelmäßige Sitzungen desKammerpräsidiums statt.

Die am 16. 6. 2993 abgehaltene II. Versammlung derNotariatskammer der Tschechischen Republik erließ in-terne Kammervorschriften – Prüfungsordnung, Diszipli-narordnung und Regeln für die Ausschreibung und Be-setzung einer Notarstelle, die im nachhinein vomJustizministerium bestätigt wurden.

Die Notariatskammer der Tschechischen Republik (imfolgenden nur „Kammer“) hat nach ihrer Konstituierungeine Anmeldung für die Mitgliedschaft in der Internatio-nalen Union des Lateinischen Notariats (im folgenden nur„U. I. N. L.“) eingereicht, die eine internationale Berufsor-ganisation der Notare ist und selbstverwaltende Notaror-ganisationen einzelner Staaten der ganzen Welt mit einemauf dem Kontinentalrecht basierenden Rechtssystem ver-einigt. Da die Mitgliedschaft in der U. I. N. L. die Erfüllungfestgelegter Anforderungen voraussetzt, vor allem im Hin-blick auf die Einhaltung von Hauptprinzipien des Notariatsder lateinischen Art, fand in der Zeit zwischen 30.6.bis 2.7.1993 in Prag unter der Leitung des Präsidenten der Kom-mission für die Internationale Zusammenarbeit der NotareVittorio di Cagno ein Besuch der U. I. N. L. Kontrollkom-mission statt.Die Kontrollkommission hat, ausgehend vonden Ergebnissen der anspruchsvollen Kontrolle der Kam-mer, der Arbeitsweise der Notariatskanzleien und der ein-schlägigen Rechtsvorschriften,die Aufnahme der Kammerin die U. I. N. L. empfohlen.

In der Zeit zwischen 20. und 22. 9. 1993 fand unterdem Ehrenschutz und Ehrenvorsitz des Präsidenten derTschechischen Republik Václav Havel in Kroměříž(Kremsier) das vom Justizministerium der Tschechi-schen Republik in Zusammenarbeit mit dem Europaratveranstaltete „Justizforum“ statt, an dem auch Vertreterder Kammer teilnahmen. In seiner Rede entwickelteVáclav Havel den Gedanken „Tschechische Republik –Datenbank europäischer Vorschriften.“ Für die Kammer,die an den Gesprächen der Arbeitsgruppe der Notarezum Thema „Liegenschaftsrecht und Länder Europas“teilnahm, stellte dies eine der ersten Möglichkeiten derPräsentation in der Laien- und Fachöffentlichkeit dar.

Am 15. 12. 1993 tagte die III.Versammlung der Kam-mer, die unter anderen die Organisationsordnung der Notariatskammer der Tschechischen Republik und derregionalen Notariatskammern erließ,und die sowohl dieEntwicklung des Notariats als auch die Tätigkeit der Kam-mer bewertete.

Wiedereingeführtes Notariat (1993–2002)

Page 27: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

Bereits im ersten Jahr des wiedereingeführten freibe-ruflichen Notariats begann in Stockerau bei Wien die Tra-dition der Teilnahme des Fußballclubs der tschechischenNotare am alljährlichen internationalen Fußballturnier –der inoffiziellen Europäischen Meisterschaft der Fuß-

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 25

ballmannschaften der Notare, wo Mannschaften ausÖsterreich, Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlan-den, Spanien, Belgien und seit 1993 auch aus der Tsche-chischen Republik vertreten sind.

Hauptereignisse 1993

1. 1. 1993 – es werden wirksam: Gesetz Nr. 264/1992 Slg., wodurch das Bürgerliche Gesetzbuch ergänzt undabgeändert wird, das Gesetz über das Staatsnotariat und über das Verfahren vor dem Staatsnotar (Notariatsord-nung) aufgehoben wird und weitere Gesetze abgeändert oder ergänzt werden, Gesetz Nr. 263/1992 Slg. wo-durch die Zivilprozessordnung abgeändert und ergänzt wird, Gesetz Nr. 265/1992 Slg. über die Einverleibungvon Eigentumsrechten und sonstigen Sachenrechten an Liegenschaften und Gesetz des Tschechischen Na-tionalrats Nr. 358/1992 Slg. über Notare und ihre Tätigkeit (Notariatsordnung)

4. 1. 1993 – Notare leisten vor dem Justizminister den in der Notariatsordnung festgelegten, feierlichen Eid

4.–25. 1. 1993 – konstituierende Kollegien regionaler Notariatskammern und Gründung folgender Notariats-kammern: Notariatskammer Brno, Notariatskammer České Budějovice, Notariatskammer HradecKrálové, Notariatskammer Ostrava, Notariatskammer Plzeň, Notariatskammer Prag, Notariatskam-mer für die Hauptstadt Prag und Notariatskammer Ústí nad Labem.

26. und 27. l. 1993 – konstituierende I. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Re-publik Wahlergebnisse:Präsidium: JUDr. Martin Foukal, Präsident

JUDr. Miloslav Jindřich,Vizepräsident JUDr. Libor Bitter – Mitglied des PräsidiumsJUDr. Ivan Houdek – Mitglied des PräsidiumsJUDr.Vladimír Polášek– Mitglied des Präsidiums

– weitere Mitglieder des Präsidiums wurden per Gesetz die von den Notariatskollegien gewählten Präsidentenregionaler Kammern:

JUDr. Zdeněk Ryšánek, Notariatskammer BrnoJUDr. Kamil Hrdina, Notariatskammer České BudějoviceMiloš Habrman, Notariatskammer Hradec KrálovéJUDr. Josef Kawulok, Notariatskammer OstravaJUDr. Libuše Stehlíková, Notariatskammer PlzeňJUDr. Petr Bílek, Notariatskammer PragJUDr. Jan Hofmann, Notariatskammer für die Hauptstadt PragJUDr. Jiří Škorpík, Notariatskammer Ústí nad Labem

Revisionskommission: JUDr. Karel Rinke,Vorsitzender JUDr. Jiří ChabrJUDr. Olga BednářováJUDr. Luboš MašekJUDr.Vladimír Maurer

Disziplinarkommission: JUDr. Bohuš Buchar,Vorsitzender JUDr. Zdeněk KratochvílJUDr. Ladislav KuldanJUDr. Martin ŠešinaEva Velcová.

23. 2. 1993 – Schaffung der Rechtskommission und der Internationalen Kommission als Arbeitskom-missionen des Präsidiums der Notariatskammer der Tschechischen Republik

21.–24. 5. 1993 – Teilnahme der Fußballmannschaft tschechischer Notare am Internationalen Fußballtur-nier der Fußballmannschaften der Notare – Stockerau

16. 6. 1993 – II. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik und Verabschiedungder Disziplinarordnung,Prüfungsordnung und der Regeln für die Ausschreibung und Besetzung einer Notarstelle

Page 28: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

26 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

30. 6.–2. 7. 1993 – Besuch de U. I. N. L. Kontrollkommission zur Erteilung der U. I. N. L. Mitgliedschaft andie Notariatskammer der Tschechischen Republik

20.–22. 9. 1993 – Teilnahme der Notariatskammer der Tschechischen Republik am Justizforum Krem-sier

15. 12. 1993 – III. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik – Bewertung derTätigkeit der Kammer für das Jahr 1993 und Verabschiedung der Organisationsordnung der Notariatskammerder Tschechischen Republik und der regionalen Notariatskammern.

Jahr 1994

In der Zeit zwischen 9. und 11. 2. 1994 tagte in Wiendie Versammlung der Mitgliedsnotariate der U. I. N. L., inwelcher der Notariatskammer der Tschechischen Repu-blik die ordentliche Mitgliedschaft in dieser internatio-nalen Notarorganisation erteilt wurde, was der übrigenWelt signalisierte,dass die Tschechische Republik im Be-reich der Notardienstleistungen einen bestimmtenRechtsstandard erreicht hat.

Am 3. 5. 1994 fand in Anwesenheit bedeutender Gä-ste die feierliche Eröffnung des Amtssitzes der Kammerim Hoftrakt des Gebäudes in Prag 2, Ječná 11 statt.

Im ersten Halbjahr dieses Jahres wurde im Rahmender gesetzlichen Aufsichtspflicht der Kammer über dieNotariatskammern, Notare, und Notariate eine methodi-sche Leitlinie zur Durchführung von Kontrollen über dieTätigkeit der Notariatskammern, Notare, und über dieLeitung der Arbeit der Notariate erlassen und eine wei-tere Arbeitskommission des Kammerpräsidiums einge-richtet: Die Aufsichtskommission. Die Kammer stellteden Notaren auch Notarausweise aus.

Im Laufe des Jahres kam es zur Zusammenarbeit mitdem Versicherungsmaklerunternehmen GreCo Interna-tional s. r. o. und zum Abschluss eines Rahmenvertragesmit dem Versicherungsunternehmen Česká kooperativaa. s. über eine Notarhaftpflichtversicherung mit einerDeckungssumme im Rahmen von 5 bis 20 Millionen CZKfür das Jahr 1994.

Während des ganzen Jahres musste die Kammer in Zu-

sammenarbeit mit anderen Berufskammern einemgrundsätzlichen Angriff seitens der Regierung standhal-ten, der vom Wirtschaftsministerium und vom MinisterDoc. Ing. Karel Dyba persönlich ausging und gegen dieSelbstverwaltung der freien Berufe und gegen die Rechts-stellung der Kammern gerichtet war.

In der Zeit zwischen 8. und 10. 9. 1994 fand in Prageine von der Kammer in Zusammenarbeit mit dem Deut-schen Notarverein veranstaltete internationale Tagungzum Thema „Hilfe an Beitrittsländer,die sich um die Ein-führung oder Wiedereinführung des lateinischen Nota-riats und um den Beitritt zur U. I. N. L. bemühen“ statt.An dieser Konferenz nahmen Vertreter der Justizmini-sterien und der Notariatskammern Russlands, derUkraine, Litauens, Lettlands, Estlands, Kroatiens, Polens,Ungarns, Österreichs, Deutschlands und der Tschechi-schen Republik teil. Die Bedeutung dieser Konferenzwurde durch Anwesenheit der Vertreter des Europaratsund des U. I. N. L. Präsidenten Andre Schwachtgen ver-stärkt.

In der Zeit vom 2. bis 3. 12. 1994 hat die Kammer un-ter dem Ehrenschutz des Justizministers JUDr. Jiří Novákdie I. gesamtstaatliche Fachtagung der Notare zumHauptthema „Berufsethik der Notare“ veranstaltet. Un-vergesslicher Vortrag zu diesem Thema wurde vom Prä-sidenten der Österreichischen Notariatsakademie Dr.Uwe Kirschner gehalten. Aus diesem Anlass erschien dienullte Ausgabe der Notarzeitschrift Ad Notam, die seit-her von der Kammer und vom Verlag C. H. Beck ge-meinsam herausgegeben wird.

Hauptereignisse 1994

9. –11. 2. 1994 – anlässlich der Versammlung der Mitgliedsnotariate der U. I. N. L. in Wien: Aufnahme der No-tariatskammer der Tschechischen Republik als vollwertiges U. I. N. L. Mitglied

3. 5. 1994 – feierliche Eröffnung des Amtssitzes der Notariatskammer der Tschechischen Republik in Prag 2,Ječná 11

1. 6. 1994 – Erlass der methodischen Leitlinie zur Durchführung von Kontrollen über die Tätigkeit derNotariatskammern, Notare, und über die Leitung der Arbeit der Notariate und Einrichtung einer Aufsichts-kommission als Arbeitskommission des Präsidiums der Notariatskammer der Tschechischen Republik

8.–10. 9. 1994 – von der Kammer in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Notarverein veranstaltete interna-tionale Tagung zum Thema „Hilfe an Beitrittsländer, die sich um die Einführung oder Wiedereinführung des la-teinischen Notariats und um den Beitritt zur U. I. N. L. bemühen“

2.–3. 12. 1994 – I. gesamtstaatliche Fachtagung der Notare, die von der Kammer unter dem Ehrenschutzdes Justizministers zum Hauptthema „Berufsethik der Notare“ veranstaltet wird.

Beginn der Herausgabe der Notarzeitschrift Ad Notam

Page 29: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 27

Jahr 1995

Am 12. 1. 1995 tagte die IV. Versammlung der Nota-riatskammer der Tschechischen Republik, welche dieTätigkeit der Kammer im Jahre 1994 bewertete.

Im Jahre 1995 begannen regelmäßige Kontrollen der Auf-sichtskommission über die Tätigkeit der Notariatskammern,Notare und über die Leitung der Arbeit der Notariate.

In der Zeit von 28. 5. bis 30. 6. 1995 tagte der XXI.U. I. N. L. Kongress, diesmal in Berlin, auf dem Hugo Pe-rez Montero zum U. I. N. L. Präsidenten für die nächsteAmtszeit gewählt wurde.In diesem obersten,alle 4 Jahreeinberufenen U. I. N. L. Organ war erstmals eine Delega-tion tschechischer Notare unter dem Vorsitz des Ehren-präsidenten der Kammer JUDr. Jiří Brázda vertreten.

Hauptereignisse 1995

12. 1. 1995 – IV. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik – Bewertung der Tätig-keit der Kammer für das Jahr 1992

8. 5.–30. 6. 1995 – XXI. U. I. N. L. Kongress in Berlin

Beginn regelmäßiger Kontrollen der Tätigkeit der Notariatskammern, Notare und der Leitung der Ar-beit der Notariate seitens der Aufsichtskommission im Rahmen der gesetzlichen Aufsichtspflicht der Nota-riatskammer der Tschechischen Republik

Jahr 1996

Da die erste Wahlperiode der Organe regionaler No-tariatskammern und der Kammer abgelaufen war, wähl-ten die Notariatskollegien neue Organe dieser Kammernund Delegierte für die am 22. 1. 1996 stattgefundene V.Versammlung der Notariatskammer der TschechischenRepublik. Die Versammlung bewertete sowohl die Tätig-keit der Kammer für das Jahr 1995 als auch die Ent-wicklung des Notariats in der vergangenen Periode, be-stellte neue, gewählte Mitglieder der Organe derKammer, den Präsidenten, Vizepräsidenten und verab-schiedete eine Teilnovelle der Regeln für die Ausschrei-bung und Besetzung einer Notarstelle.

Die Kammer schloss weitere Rahmenverträge übereine über die Berufsversicherung hinausgehende Versi-cherung der Notare ab.

Die Kammer legte dem Justizministerium den Entwurfeines Notariatstarifs (Notargebührenordnung) vor. ImMinisterium passierte der Entwurf im Rahmen der Recht-setzung das Stellungnahmeverfahren, stand für die In-kraftsetzung durch Verordnung des Justizministeriumsbereit, jedoch haben weder der Minister JUDr. Jiří No-vák, noch sein Amtsnachfolger Minister Jan Kalvoda, janicht einmal die spätere Justizministerin JUDr. Vlasta Parkanová die entsprechende Verordnung des Justizmi-nisteriums über den Notartarif in diesem Jahr unter-zeichnet.

Die Kammer führte ein Berufsbildungssystem für No-tare, Notariatskonzipienten, Notariatskandidaten undBürokräfte ein. Es wurde eine weitere Arbeitskommis-sion des Kammerpräsidiums eingerichtet, nämlich dieErziehungskommission. Das System der Aus- und Weiter-bildung beruht auf den von den regionalen Notariats-kammern in Internatform veranstalteten regelmäßigenSchulungen der Notare,auf den von der Kammer für No-tariatskonzipienten und Notariatskandidaten in Inter-

natform abgehaltenen Seminaren und auf den von denregionalen Notariatskammern organisierten Schulungenfür die übrigen Notarfachkräfte.

Ab dem 1. 4. 1996 wurde von der Staatsdruckerei fürWertsachen ein neuer Typ der Notarausweise eingeführt.

In der Zeit von 20. bis 22. 9. 1996 fand auf Initiativedes Präsidenten der Österreichischen NotariatskammerDr. Georg Weismann das erste Treffen österreichischerund tschechischer Notare in Wien unter der Bezeich-nung Moldau–Donau statt. Seither finden diese Zusam-menkünfte jedes Jahr regelmäßig abwechselnd in derTschechischen Republik und Österreich statt.

Die Kammer führte Verhandlungen zur Verbesserungdes Schutzes der Amtsstempel der Notare,unter anderenmit dem Justizministerium, Innenministerium und Fach-unternehmen für die Stempelproduktion. Leider ohnedas gewünschte Ergebnis. Die Lösung, welche die Si-cherheit der Unmöglichkeit des Missbrauchs und der Fäl-schung eines Notarstempels bringen würde,wurde nichtgefunden. Die Strafgesetznovelle löste wenigstens teil-weise das Problem der unbefugten Herstellung und Nut-zung von Dienstsiegeln mit Hoheitszeichen.

Das Parlament der Tschechischen Republik beschlossmit dem Gesetz Nr. 142/1996 Slg. die erste umfangrei-che Novelle des Handelsgesetzbuchs. Diese wurde mitdem 1.7.1996 wirksam und brachte die erste Anpassungdes Rechts der Handelsgesellschaften an die Richtliniender Europäischen Union und somit erstmals eine Aus-dehnung des Notariatsaktzwangs im Recht der Kapital-handelsgesellschaften.

Am 22. 11. 1996 veranstaltete die Kammer in Prag dieII. gesamtstaatliche Fachtagung unter dem Motto „Rolledes Notars im Handelsrecht“.

In der Zeit von 6.bis 7.12.1996 fand in Rom die Tagungder Ständigen Konferenz der Notariate der EuropäischenUnion statt, zu der erstmals Vertreter des tschechischenNotariats als Beobachter eingeladen waren.

Page 30: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

28 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

Hauptereignisse 1996

12. 1. 1996 – V. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik – Bewertung der Tätig-keit der Kammer für das Jahr 1995 und Bestellung gewählter Mitglieder der Organe der Notariatskammer derTschechischen Republik. Novellierung der Regeln für die Ausschreibung und Besetzung einer Notarstelle.Wahlergebnisse:Präsidium: JUDr. Martin Foukal, Präsident

JUDr. Miloslav Jindřich,Vizepräsident JUDr. Petr Bílek – Mitglied des PräsidiumsJUDr. Libor Bitter – Mitglied des PräsidiumsJUDr. Josef Kawulok – Mitglied des Präsidiums

– weitere Mitglieder des Präsidiums wurden die von den Notariatskollegien gewählten Präsidenten regionalerKammern:

JUDr. Zdeněk Ryšánek, Notariatskammer BrnoJUDr. Kamil Hrdina, Notariatskammer České BudějoviceMiloš Habrman, Notariatskammer Hradec KrálovéJUDr.Vladimír Polášek, Notariatskammer OstravaJUDr. Libuše Stehlíková, Notariatskammer PlzeňJUDr. Ivan Houdek, Notariatskammer PragJUDr. Jiří Svoboda, Notariatskammer für die Hauptstadt PragJUDr. Jiří Škorpík, Notariatskammer Ústí nad Labem

Revisionskommission: JUDr.Vladimír Maurer,Vorsitzender JUDr. Josef BurdaJUDr. Jiří ChabrJUDr. Jarmila Šléšková JUDr. Luboš Mašek

Disziplinarkommission: JUDr. Martin Šešina,VorsitzenderJUDr. Bohuš Buchar JUDr. Zdeněk KratochvílJUDr. Ladislav KuldanJUDr. Martin ŠešinaJUDr. Eva Vágnerová.

Einführung eines Berufsbildungssystems für Notare, Notariatskonzipienten, Notariatskandidaten undBürokräfte. Einrichtung einer Arbeitskommission des Präsidiums der Notariatskammer der Tschechischen Re-publik – Erziehungskommission.

20.–22. 9. 1996 – erstes Treffen österreichischer und tschechischer Notare in Wien unter der BezeichnungMoldau–Donau

1. 7. 1996 – Das Gesetz Nr. 142/1996 Slg., wodurch das Handelsgesetzbuch geändert wird, wird wirksam

22. 11. 1996 – II. gesamtstaatliche Fachtagung, die von der Notariatskammer der Tschechischen Republikzum Thema „Rolle des Notars im Handelsrecht“ veranstaltet wird

6.–7. 12. 1996 – Tagung der Ständigen Konferenz der Notariate der Europäischen Union in Rom –Notariatskammer der Tschechischen Republik nimmt erstmals als Beobachter teil

Jahr 1997

Die am 23. 1. 1997 in Anwesenheit der Justizministe-rin JUDr.Vlasta Parkanová abgehaltene VI.Versammlungder Notariatskammer der Tschechischen Republik be-wertete die Tätigkeit der Organe der Kammer für das Jahr1996 und legte Aufgaben für die nächste Periode fest.

Im April wurde die Kammer von einer U. I. N. L. Dele-gation unter der Leitung des Präsidenten Hugo PerezMontero besucht,deren Hauptziel es war,ein Programmfür das Internationale Seminar vorzubereiten, das in die-sem Jahr in Prag stattfinden sollte. Der Delegation wurde

auch ein offizieller Empfang beim Senatsvorsitzendendes Parlaments der Tschechischen Republik JUDr. PetrPithart und bei weiteren Verfassungsträgern gewährt.

Im Juni fand in der Hohen Tatra das erste Treffen derPräsidien der Notariatskammer der Tschechischen Re-publik und der Notariatskammer der Slowakischen Re-publik statt. Diese Zusammenkünfte finden seitdem all-jährlich, abwechselnd in der Tschechischen Republikund in der Slowakei statt.

Im Oktober fand in Prag, im Kloster Strahov im Rah-men des Themis-Programms zum Thema „Streitvorbeu-gende Rolle des Notars“ ein bedeutendes internationa-

Page 31: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

les Seminar statt, das von der Notariatskammer derTschechischen Republik und vom Europarat veranstal-tet wurde.

Aus diesem Anlass wurde dem Ehrenpräsidenten JUDr.Jiří Brázda vom Präsidenten der Österreichischen Nota-riatskammer Dr. Georg Weissmann persönlich eine Aus-zeichnung für seine Verdienste um das österreichischeNotariat verliehen.

Außerdem brachte dieses Jahr:– Im Interesse der Verhinderung eventueller Verzöge-

rungen im Abhandlungsverfahren und im Interesse ei-ner Übersicht über den Umfang dieser Amtsgeschäftedes Notars und über die Verhältnismäßigkeit der Aus-

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 29

Jahr 1998

Die am 14. 1. 1998 abgehaltene VII.Versammlung derNotariatskammer der Tschechischen Republik bewer-tete die Tätigkeit der Kammerorgane für das Jahr 1997und die Entwicklung des Notariats in diesem Jahr.

Im Laufe des Jahres fanden in Brünn und Prag Semi-nare zum Thema „Treuhand und Notar“ unter der Lei-tung des Wiener Notars und Präsidenten der Öster-reichischen Notariatsakademie Dr. Uwe Kirschner statt.Dieser sprach darüber, wie in Österreich der Liegen-schaftskauf abgewickelt und der Kaufpreis durch Ban-ken finanziert wird, indem dabei dem Notar als Treuhän-der des ihm anvertrauten Geldes eine wichtige Rollezukommt.

Da es zu einer allmählichen Erweiterung der Agendaauf diesem Gebiet kam, wurden Verhandlungen mit derVersicherung Kooperativa a. s. über eine Versicherungdes anvertrauten Geldes aufgenommen. Es kam auch zueiner Änderung des mit der Versicherung Kooperativa a. s.abgeschlossenen Rahmenversicherungsvertrages und zueiner Ausdehnung des Versicherungsschutzes auch aufmögliche Geltendmachung der Regressansprüche desStaates. Das Parlament der Tschechischen Republik hatnämlich am 17. 3. 1998 das Gesetz Nr. 82/1998 Slg. ver-abschiedet,womit die Verantwortung für Schäden in Voll-ziehung der Gesetze durch eine Entscheidung oderdurch ein unrichtiges behördliches Vorgehen geregeltund die Notariatsordnung abgeändert wird und das mitdem 15.5.1998 wirksam geworden ist. Als behördlichesVorgehen im Sinne dieses Gesetzes gelten sowohl die

Tätigkeit des Notars als Gerichtskommissär im Abhand-lungsverfahren als auch hinsichtlich der eigentlichen No-tartätigkeit die Aufnahme von Notariatsakten überRechtshandlungen. Aufgrund dieses Gesetzes haftet derStaat für den vom Notar durch seine Tätigkeit in denobengenannten Bereichen verursachten Schaden,wobeider Staat einen vollen Regressanspruch gegen den No-tar hat. Dadurch wurde eine wesentliche Stärkung derBedeutung vor allem der Notariatsakte über Rechts-handlungen erreicht, weil ihre Parteien sich sicher seinkönnen, dass ihnen ein vom Notar durch seine Tätigkeiteventuell verursachter Schaden auch dann ersetzt wird,wenn die Leistung aus der Haftpflichtversicherung desNotars und sein Vermögen zu seiner Deckung nicht aus-reichen würde.

Im Rahmen der Vorbereitung der Einführung einesZentralen Testamentsregisters fanden einerseits infor-mative Besuche der Delegation der Kammer in Wien undBudapest statt, andererseits beteiligte sich die Kammeraktiv an der Vorbereitung einer umfassenden Novelle derZivilprozessordnung hinsichtlich jenes Teils, der die Re-gelung des zentralen Testamentsregisters und die Voll-streckbarkeit der Notariatsakte betraf.

Es wurde eine Zusammenarbeit mit der Rechtswis-senschaftlichen Fakultät der Karlsuniversität bezüglichdes Unterrichts im Notarwesen vereinbart und im No-vember fand die erste Vorlesung von JUDr. Karel Wa-werka statt.

Das Parlament der Tschechischen Republik beschlossam 3. 4. 1998 das Gesetz Nr. 91/1998 Slg., wodurch dasFamiliengesetz in der zuletzt gültigen Fassung ergänzt

lastung einzelner Notare – Gerichtskommissäre wurdeeine Leistungsstatistik für Notare bei Erbschaftsange-legenheiten eingeführt,

– Verlängerung des Mietvertrages mit dem Stadtteil Prag2 über die als Amtssitz der Kammer verwendetenBüroräumlichkeiten um weitere 5 Jahre,

– Verhandlungen mit der Rechtswissenschaftlichen Fa-kultät der Karlsuniversität über die Einführung von Vor-lesungen über das Notarwesen,

– Die Kammer überwies auf das Hochwasserkonto derStaatlichen Umweltstiftung den Betrag von 100 000 Kč(Hochwasserkatastrophe in Mähren),

– Die Kammer wurde ans Internet angeschlossen

Hauptereignisse 1997

23. 1. 1997 – VI. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik – Bewertung der Tätig-keit der Kammerorgane für das Jahr 1996

7. 2. 1997 – Ehrung des Ehrenpräsidenten Dr. Jiří Brázda in Wien für seine Verdienste um das öster-reichische Notariat

13.–16. 4. 1997 – Besuch der U. I. N. L. Delegation mit dem Präsidenten Hugo Perez Montero an derSpitze

5.–8. 6. 1997 – 1. Treffen der Präsidien der Notariatskammer der Tschechischen Republik und derNotariatskammer der Slowakischen Republik in der Hohen Tatra

22.–24. 10. 1997 – Die Notariatskammer der Tschechischen Republik und der Europarat veranstaltendas Internationale Seminar zum Thema „Streitvorbeugende Rolle des Notars“

Page 32: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

und abgeändert wird und weitere Gesetze abgeändertund ergänzt werden. Dieses Gesetz wurde mit dem 1. 8. 1998 wirksam und führte zu einer Neugestaltungder Vermögensverhältnisse zwischen den Ehegatten. Füralle Ehepakte zwischen den Ehegatten und oder Verlob-ten, welche den Umfang der gesetzlichen Gütergemein-schaft der Ehegatten erweitern oder einschränken,wurde die Notariatsaktform zwingend vorgeschrieben.

Im November fand die VIII. Versammlung der Nota-riatskammer der Tschechischen Republik statt, die eineneue Kanzleiordnung erließ und die Disziplinarordnungnovellierte. Diese internen Vorschriften wurden am 12. Dezember desselben Jahres vom Justizministeriumgenehmigt.

In diesem Jahr fand das traditionelle internationaleFußballturnier der Notarmannschaften in Prag statt undwurde von den tschechischen Veranstaltern erfolgreichorganisiert.

Zum Vertreter der Kammer im Internationalen Insti-tut für Geschichte des Notariats (GNOMON) wurde

30 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

JUDr. Svatomír Helešic ernannt, der später auch zum Vi-zepräsidenten dieses Instituts gewählt worden ist.

In der Zeit von 27. 9. bis 2. 10. 1998 tagte in BuenosAires, in Argentinien der XXII. U. I. N. L. Kongress, dies-mal im Jahr des fünfzigjährigen Gründungsjubiläums die-ser internationalen Notarorganisation,an dem neben deroffiziellen Kammerdelegation bereits eine Gruppe tsche-chischer Notare teilnahm. Auf diesem Kongress wurdeDr. Helmut Fessler zum U. I. N. L. Präsidenten für die nächste vierjährige Amtszeit gewählt.

Auf Initiative des Präsidenten der ÖsterreichischenNotariatskammer Dr. Georg Weissmann wurde im No-vember in Wien die Tradition des Treffens der Präsiden-ten nationalen Kammern Österreichs, Sloweniens, Un-garns, Kroatiens, der Slowakei und der TschechischenRepublik, die sogenannte Hexagonale, begründet.

Gegen Jahresende fanden Wahlen in Organe der re-gionalen Notariatskammern und der Delegierten zur dieJanuarversammlung der Kammer im Jahre 1999 statt.

Hauptereignisse 1998

14. 1. 1998 – VII. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik – Bewertung derTätigkeit der Kammerorgane für das Jahr 1997 und der Entwicklung des Notariats

15. 5. 1998 – Gesetz Nr. 82/1998 Slg., womit die Verantwortung des Staates für Schäden in Vollziehung derGesetze durch eine Entscheidung oder durch ein unrichtiges behördliches Vorgehen geregelt wird, wird wirk-sam

1. 8. 1998 – Gesetz Nr.91/1998 Slg.,wodurch das Familiengesetz in der zuletzt gültigen Fassung ergänzt und ab-geändert wird und weitere Gesetze abgeändert und ergänzt werden, wird wirksam – Neugestaltung der Ver-mögensverhältnisse zwischen den Ehegatten

21. 9. 1998 in Brünn und 26. 10. 1998 in Prag – Seminare zum Thema „Treuhand und Notar“ unter der Leitung des Wiener Notars und Präsidenten der Österreichischen Notariatsakademie Dr.Uwe Kirschner

27. 9.–2. 10. 1998 – XXII. U. I. N. L. Kongress in Buenos Aires, Argentinien

18.–19. 11. 1998 – Wien: Treffen der Präsidenten der nationalen Kammern Österreichs, Sloweniens, Ungarns,Kroatiens, der Slowakei und der Tschechischen Republik – sogenannte Hexagonale

9. 12. 1998 – VIII.Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik – Verabschiedung neuerKanzleiordnung und einer Novelle der Disziplinarordnung

Dezember 1998 – Wahl der Organe der Notariatskammern und ihrer Delegierten zur IX. Versamm-lung der Notariatskammer der Tschechischen Republik

Jahr 1999

Die am 20. 1. 1999 abgehaltene IX.Versammlung derNotariatskammer der Tschechischen Republik bewer-tete die Tätigkeit der Kammer für das Jahr 1998, die Ent-wicklung des Notariats im vergangenen Zeitraum undlegte die Aufgaben für das laufende Jahr fest. Es wurdeunter anderen der Aufbau eines Zentralen Informations-systems der Kammer auf der Basis einer elektronischenDatenübertragung zwischen der Kammer und den No-taren als Grundlage für die Einrichtung des Zentralen Te-stamentsregisters bzw. weiterer Register beschlossen.

Da bereits die zweite Wahlperiode zu Ende war,wähltedie Versammlung neue gewählte Organe der Kammer,den Präsidenten und den Vizepräsidenten.

Für den Bedarf des Zentralen Informationssystemswurde der Mietgebrauch des Amtssitzes der Kammer umweitere Räumlichkeiten im Haus Nr. 11 in der JečnáGasse erweitert.

Im April veranstaltete die Kammer die III. gesamt-staatliche Fachtagung der Notare zu den Themen „Voll-streckbarkeit des Notariatsakts“ und „Treuhand und No-tar,“ an der auch der Justizminister JUDr. Otakar Motejlteilnahm.

Page 33: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

Die Kammer trat dem NEMOFORUM Vertrag bei, derdie Zusammenarbeit der staatlichen Organe und Ein-richtungen im Liegenschaftsbereich bezweckt.

Im Rahmen der Aufsicht über die Verfügbarkeit der No-tardienstleistungen und der Auslastung der Notare wurdeeine Leistungsstatistik der Notare bei Beurkundungeneingeführt.

Im Internet wurde die offizielle Webseite der Kammerveröffentlicht, wozu auch ein Verzeichnis der Notare intschechischer und französischer Version gehört.

JUDr. Martin Foukal wurde zum Mitglied des Wissen-schaftlichen Beirats der Rechtswissenschaftlichen Fa-kultät der Karlsuniversität ernannt.

Am 9. 4. 1999 wurde JUDr. Martin Foukal in der öster-reichischen Botschaft Prag vom Botschafter der Repu-blik Österreich das Große Silberne Ehrenzeichen für Ver-dienste um die Republik Österreich überreicht, das ihmauf Vorschlag des Präsidenten der Österreichischen No-tariatskammer Dr. Georg Weissmann vom Bundespräsi-denten der Republik Österreich Dr.Thomas Klestil ver-liehen worden ist.

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 31

Die X.Versammlung der Notariatskammer fand am 17.12.1999 statt und verabschiedete eine Novelle derOrganisationsordnung, die unter anderen Bestim-mungen beinhaltet, womit ein zentrales Informati-onssystem und als dessen erste Anwendung ein Regi-ster der von den Notaren in Verwahrung oder imRahmen einer Treuhandschaft in Verwaltung über-nommenen Geldmittel eingeführt werden.Außerdemerließ die Versammlung eine Novelle der Kanzleiord-nung, die an die Bestimmungen der Organisations-ordnung zum obengenannten Register anknüpft undaußerdem eine Skartierungsordnung (Kassationsord-nung) beinhaltet.

In der Zeit von 7. bis 9. 10. 1999 tagten im Hotel Hil-ton in Prag die U. I. N. L. Fachausschüsse CAUE und CAEM. Diese bewerteten die Entwicklung des Notariatsin Europa und behandelten Themenvorschläge für denin Vorbereitung stehenden XXIV. U. I. N. L. Kongress inMexiko im Jahre 2004.

Hauptereignisse 1999

20. 1. 1999 – IX. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik – Bewertung der Tätig-keit der Kammer für das Jahr 1998,Beschluss über die Einführung eines zentralen Informationssystems (CIS) undBestellung gewählter Organe der Notariatskammer der Tschechischen Republik

Wahlergebnisse:Präsidium: JUDr. Martin Foukal, Präsident

JUDr. Miloslav Jindřich,Vizepräsident JUDr. Petr Bílek – Mitglied des PräsidiumsJUDr. Josef Kawulok – Mitglied des PräsidiumsJUDr. Karel Wawerka – Mitglied des Präsidiums

– weitere Mitglieder des Präsidiums wurden die von den Notariatskollegien gewählten Präsidenten regionalerKammern:

JUDr. Jiřík Fleischer, Notariatskammer BrnoJUDr. Kamil Hrdina, Notariatskammer České BudějoviceMiloš Habrman, Notariatskammer Hradec KrálovéJUDr.Vladimír Polášek, Notariatskammer OstravaJUDr. Libuše Stehlíková, Notariatskammer PlzeňJUDr. Ivan Houdek, Notariatskammer PragJUDr. Jiří Svoboda, Notariatskammer für die Hauptstadt PragJUDr. Jiří Chabr, Notariatskammer Ústí nad Labem

Revisionskommission: JUDr.Vladimír Maurer,Vorsitzender JUDr. Josef BurdaJUDr. Blanka ČechováMgr. Zuzana Geroldová JUDr.Alena Konečná

Disziplinarkommission: JUDr. Jarmila Šléšková,VorsitzendeJUDr. Ivana Kondrová JUDr. Zdeněk KratochvílJUDr. Svatopluk ProcházkaJUDr. Eva Vágnerová.

9. 4. 1999 – JUDr.Martin Foukal wird mit dem Großen Silbernen Ehrenzeichen für Verdienste um die Re-publik Österreich,das ihm vom Bundespräsidenten der Republik Österreich Dr.Thomas Klestil verliehen wird,geehrt

Page 34: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

19. 4. 1999 – III. gesamtstaatliche Fachtagung der Notare zu den Hauptthemen „Vollstreckbarkeit desNotariatsakts“ und „Treuhand und Notar“

17. 12. 1999 – X. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik – Novellierung so-wohl der Organisationsordnung, unter anderen mit Bestimmungen zur Einführung eines zentralen Informati-onssystems, als auch der Kanzleiordnung, die eine Kassationsordnung beinhaltet

7. –9. 10.1999 – Tagung der U. I. N. L. Fachausschüsse CAUE und CAEM im Prager Hotel Hilton

32 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

Jahr 2000

Die am 25.1.2000 stattgefundene XI.Versammlung derNotariatskammer der Tschechischen Republik bewer-tete die Tätigkeit der Kammer für das Jahr 1999 und dieEntwicklung des Notariats in der vergangenen Periodeund legte die Aufgaben für das laufende Jahr fest.

Das Parlament der Tschechischen Republik beschlossam 12. 1. 2000 durch das Gesetz Nr. 30/2000 Slg., wo-durch die Zivilprozessordnung, Gesetz Nr. 99/1963 Slg.in der zuletzt gültigen Fassung und einige weitere Ge-setze abgeändert werden, mit Wirksamkeit ab dem 1. 1.2001 eine umfangreiche Novelle der Zivilprozessord-nung, die auch eine Novellierung der Notariatsordnungmit sich brachte. Einerseits führte das Gesetz als Be-weismittel den Notariatsakt über die Bezeugung einesSachverhalts oder eines Zustandes einer Sache ein, an-dererseits wird im Sinne der Tradition der Notariatsord-nung des Jahres 1871 die Aufzählung der Erfordernisseeines, mitunter auch vollstreckbaren Notariatsakts ausder Zivilprozessordnung entfernt und in die geltende No-tariatsordnung übertragen. Außerdem wird eine aus-führlichere Regelung der Vollstreckbarkeit eingeführt,die auf dem Prinzip einer beiderseitigen Prozessverein-barung zwischen dem Verpflichteten und dem Berech-tigten über die Erfüllung der Verbindlichkeit mit der Zu-stimmung des Verpflichteten zur Vollstreckbarkeit einessolchen Notariatsakts beruht.Weiter wird mit diesem Ge-setz und mit dieser Novelle der Notariatsordnung dieFührung des Registers der Testamente und der Enter-bungsverfügungen grundsätzlich geändert. Anstelle derbisherigen, unvollkommenen Teilaufzeichnungen, dievon den Bezirksgerichten nach dem Wohnsitz des Er-blassers geführt wurden, wird ein zentrales Testaments-register eingeführt, dessen elektronische Führung derKammer übertragen wird, indem der Umstellungspro-zess von den Aufzeichnungen der Bezirksgerichte auf dasvon der Kammer geführte zentrale Testamentsregister ge-regelt wird.

Das Parlament der Tschechischen Republik verab-schiedete am 18.1.2000 das Gesetz Nr.26/2000 Slg.überöffentliche Versteigerungen,das mit dem 1.5.2000 wirk-sam geworden ist, und unter anderen außergerichtlicheZwangsversteigerungen, sogenannte „unfreiwillige öf-fentliche Versteigerungen“ einführt, die der Auktionatorauf Vorschlag des Pfandgläubigers gegen den Willen desPfandschuldners vornimmt. Die Versteigerung ist nur aufgrund eines Exekutionstitels zulässig, worunter auchder Notariatsakt gehört,worin der Gläubiger in seine Voll-streckbarkeit eingewilligt hat.Werden als das geringsteGebot mehr als CZK 1 000 000 festgelegt, bedarf es zurFesthaltung des Verlaufs der außergerichtlichen Verstei-gerung eines Notariatsakts.

Im April tagte in Františkovy Lázně (Franzensbad)außerhalb des Amtssitzes das Kammerpräsidium,das un-ter anderen gemeinsam mit den geladenen Gründungs-mitgliedern der Notariatsvereinigungen, mit den Mit-gliedern ihrer Organe und mit weiteren bedeutendenGästen, denen die Wiedereinführung des Notariats zuverdanken ist,der Anfänge des zehn Jahre dauernden We-ges zur Wiedereinführung des freiberuflichen Notariatsgedachte.

In der Zeit von 24. bis 25. 6. 2000 veranstaltete dieKammer in Prag das Treffen der Präsidenten der Nota-riatskammern der mitteleuropäischen Länder (die Hexa-gonale.).

Das Parlament der Tschechischen Republik hat am 14.9.2000 mit dem Gesetz Nr.370/2000 Slg.,wodurch dasHandelsgesetzbuch in der zuletzt gültigen Fassung undweitere Gesetze abgeändert werden, eine umfangreicheHGB-Novelle verabschiedet,die unter anderen den zwin-genden Gebrauch der Notariatsaktform im Recht derHandelsgesellschaften erheblich erweitert. Dieses Ge-setz stellt einen weiteren Schritt zur Anpassung desRechts der Handelsgesellschaften an die Richtlinien derEuropäischen Union dar. Nebenbei führte dieses Gesetzzu einer grundsätzlichen Stärkung der Stellung des No-tars in unserem Rechtssystem. Denn zugleich mit diesemGesetz wurde auch eine Novelle der Notariatsordnungverabschiedet und damit eine andere Rolle des Notarsbei der Beglaubigung der Beschlüsse der Organe juristi-scher Personen eingeführt. Im Unterschied zu der bis-herigen Auffassung muss der Notar bei einer derartigenBeglaubigung seine Rechtsansicht darüber äußern, obbei der Fassung eines solchen Beschlusses alle vorge-schriebenen Formalitäten erfüllt wurden, ob der Be-schluss rechtmäßig gefasst wurde und ob sein Inhaltnicht im Widerspruch zu den Rechtsvorschriften undGründungsurkunden der juristischen Person steht.

Im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme des erstenAnwendungsmoduls des Zentralen Informationssystemsmit dem 1. 7. 2000, es handelt sich um das Register dervom Notar in Verwahrung übernommenen Geldmittel,wurden den Notaren Bescheinigungen für den Zugriffauf das Zentrale Informationssystem ausgestellt.

In der Zeit von 30. 9. bis 1. 10. 2000 veranstaltete dieKammer in Prag – Eden in Anwesenheit des Justizmini-sters Dr.Otakar Motejl ein gesamtstaatliches Seminar fürNotare zur verabschiedeten HGB-Novelle.Der Leiter desSeminars war der Universitätsprofessor Jan Dědič.

Am 10. 11. 2000 fand in Anwesenheit des Justizmini-sters JUDr. Pavel Rychetský die XII. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik statt. Die Versammlung erließ Ausführungsvorschriften zu denobengenannten gesetzlichen Bestimmungen, die alles-amt ab dem 1.1.2001 wirksam sind.Namentlich handelt

Page 35: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 33

es sich um die Vorschrift,wodurch das Vorgehen bei derFührung, Verwaltung und beim Betrieb des Zentralen Te-stamentsregisters festgelegt wird, Vorschrift, wodurchdie Kanzleiordnung abgeändert und ergänzt wird, Vor-schrift, wodurch die Organisationsordnung abgeändertund ergänzt wird,und weiter um Vorschrift,wodurch dieVorschrift für die Ausschreibung und Besetzung einerNotarstelle abgeändert und ergänzt wird.

In diesem Jahr unterzeichnete die Kammer einen Ver-trag mit dem Justizministerium über die Anmietung einesRaums im Gebäude des Justizministeriums zur Unter-bringung des Hauptservers des Zentralen Informations-systems der Kammer. In Anlehnung daran wurden Be-

dingungen für einen besseren und leistungsstärkeren An-schluss des Systems vereinbart.

Mit der Versicherung Kooperativa pojišťovna a. s.wur-den im Jahre 2000 für das Jahr 2001 im Rahmen der Haft-pflichtversicherung der Notartätigkeit neue Bedingun-gen vereinbart, die eine Versicherung mit einerDeckungssumme von bis zu 200 Millionen CZK, in Ein-zelfällen auf Ersuchen auch darüber, ermöglichen.

Von den einzelnen Notariatskammern wurden Mu-sterfälle für das Recht der Handelsgesellschaften ausge-arbeitet,deren Musterlösungen den Notaren im Rahmendes zentralen Informationssystems zur Verfügung gestelltwurden.

Hauptereignisse 2000

25. 1. 2000 – XI. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik bewertet die Tätig-keit für das Jahr 1999 und die Entwicklung des Notariats im vergangenen Zeitraum und legt Aufgaben für daslaufende Jahr fest

12. 1. 2000 – Verabschiedung einer Novelle der Zivilprozessordnung durch das Gesetz Nr. 30/2000Slg., wodurch die Zivilprozessordnung, Gesetz Nr. 99/1963 Slg. in der zuletzt gültigen Fassung und einige wei-tere Gesetze abgeändert werden. Diese Novelle führt mit Wirksamkeit ab dem 1. 1. 2001 sowohl zur Novellie-rung der Notariatsordnung als auch unter anderen zur Einrichtung des von der Kammer betriebenen, Zen-tralen Testamentsregisters

18. 1. 2000 – Verabschiedung des Gesetzes Nr. 26/2000 Slg. über öffentliche Versteigerungen, das mitdem 1. 5. 2000 wirksam wird und weitere Kompetenzen des Notars einführt

12.–13. 4. 2000 – Franzensbad – Aus Anlass eines zehnjährigen Jubiläums seit den Anfängen des zur Erneue-rung des freiberuflichen Notariats führenden Weges Treffen von Persönlichkeiten, die sich an der Wie-dereinführung des freiberuflichen Notariats beteiligten

24.–25. 6. 2000 – Regelmäßiges Treffen der Kammerpräsidenten der mitteleuropäischen Länder (Hexagonale),in diesem Jahr in Prag

14. 9. 2000 – Verabschiedung einer HGB-Novelle durch das Gesetz Nr. 370/2000 Slg., wodurch das Han-delsgesetzbuch in der zuletzt gültigen Fassung und weitere Gesetze abgeändert werden – Erweiterung des Auf-gabenbereichs und der Verantwortung des Notars im Recht der Handelsgesellschaften

30. 9.–1. 10. 2000 – Gesamtstaatliches Seminar für Notare zur verabschiedeten HGB-Novelle in Prag –Eden

10. 11. 2000 – XII. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik – mit Wirksamkeitab dem 1. 1. 2001:Verabschiedung der Vorschrift, wodurch das Vorgehen bei der Führung,Verwaltung und beimBetrieb des Zentralen Testamentsregisters festgelegt wird, Vorschrift, wodurch die Kanzleiordnung abgeändertund ergänzt wird,Vorschrift, wodurch die Organisationsordnung abgeändert und ergänzt wird, und weiter derVorschrift, wodurch die Vorschrift für das Vorgehen bei der Ausschreibung und Besetzung einer Notarstelle ab-geändert und ergänzt wird

Jahr 2001

Ab dem 1. 1. 2001 läuft das Zentrale Testamentsregi-ster, das vorläufig nur diejenigen letztwilligen Verfügun-gen betrifft, die von den Notaren nach diesem Tag abge-fasst oder in Verwahrung übernommen wurden. Erstnach der Übernahme des gerichtlichen Testamentsregi-sters in der vorgeschriebenen Frist wird dieses Registerseinen komplexen Betrieb aufnehmen.

Am 3. Januar 2001 verstarb im 80. Lebensjahr derEhrenpräsident der Notariatskammer der TschechischenRepublik JUDr. Jiří Brázda.

Die am 17. 1. stattgefundene XIII. Versammlung derNotariatskammer der Tschechischen Republik, an wel-cher der Staatssekretär des Justizministers JUDr. Baxaund der damalige Vorsitzende des OberlandesgerichtsPrag und künftige Justizminister JUDr.Bureš teilnahmen,bewertete die Tätigkeit der Kammer für das Jahr 2000und die Entwicklung des Notariats in der vergangenenPeriode und legte die Aufgaben für das laufende Jahrfest.

Aufgrund des Gesetzes Nr.370/2000 Slg.,das mit dem1. 1. 2001 wirksam geworden ist, organisierte die Kam-mer am 19. 2. 2001 im Prager Kulturhaus Eden eine ge-

Page 36: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

samtstaatliche Schulung der Notare zum Thema „HGB-Novelle und Stellung des Notars“. An diesem Seminarnahmen auch Richter der Handelsregister und als Vor-tragende der Universitätsprofessor Jan Dědič, der Leiterdes Instituts für Handelsrecht an der Rechtswissen-schaftlichen Fakultät der Westböhmischen UniversitätPilsen Universitätsdozent Karel Eliáš, und die Senatsvor-sitzende des Obersten Gerichtshofs der TschechischenRepublik JUDr. Ivana Štenglová teil.

In der Zeit zwischen 21.und 23.2.2001 besuchte eineDelegation der Kammer die Ungarische Notariatskam-mer in Budapest, um Erfahrungen mit dem Betrieb desPfandregisters zu sammeln, das von der dortigen Kam-mer seit dem Jahr 1997 geführt wird.

Aufgrund des Gesetzes Nr.120/2001 Slg.,über die Ge-richtsvollzieher und ihre Tätigkeit ist ein neuer Stand ei-nes Rechtsberufes entstanden,nämlich der Stand der Ge-richtsvollzieher.Das Gesetz ermöglichte die Anfertigungvon Niederschriften eines Gerichtsvollziehers, die es zuöffentlichen Urkunden erklärt hat. Es handelt sich umdie Niederschrift eines Gerichtsvollziehers über die Ver-einbarung der Vollstreckbarkeit der Niederschrift einesGerichtsvollziehers und um die Niederschrift eines Ge-richtsvollziehers über den Zustand einer Sache oder übereinen Sachverhalt mit demselben Inhalt wie beim Nota-riatsakt über eine solche Vereinbarung oder Beglaubi-gung.

Am 1.7.2001 wurde die Verordnung Nr.196/2001 Slg.,über Gebühren und Aufwandsersatz für Notare undNachlassverwalter wirksam,welche die ab dem 1.1.1993wirksame Verordnung Nr.162/1992 Slg.,über Gebührenund Aufwandsersatz für Notare und Nachlassverwalterersetzte.

Das Parlament der Tschechischen Republik beschlossam 8. 8. 2001 mit dem Gesetz Nr. 317/2001, wodurch das Bürgerliche Gesetzbuch, Gesetz Nr. 40/1964 Slg. inder zuletzt gültigen Fassung und weitere Gesetze ab-geändert werden, mit Wirkung vom 1. 1. 2002 eine No-velle des Bürgerlichen Gesetzbuches,die Regelungen desPfandrechts und das Pfandregister betraf,was auch zu ei-ner Novellierung der Notariatsordnung unter erhebli-cher vorheriger Mitwirkung der Kammer führte. DiesesGesetz schreibt vor,dass die Notariatskammer der Tsche-chischen Republik ein elektronisches Pfandregister zuführen hat, dass für Verträge über die Bestellung einesPfandrechts an Liegenschaften, die im Liegenschaftska-taster nicht registriert werden,an Gesamtsachen einsch-ließlich Unternehmen, an Sachverbindungen und be-weglichen Sachen,die weiterhin in der Gewahrsame desPfandschuldners bleiben,die zwingende Form eines No-

34 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

tariatsakts vorgeschrieben ist, und dass das aus diesenVerträgen resultierende Pfandrecht durch die vom No-tar unverzüglich nach dem Abschluss des Pfandbestel-lungsvertrages vorzunehmende elektronische Eintra-gung ins Pfandregister begründet wird. Weiter wurdendie Notare mit der Vornahme der Löschung des Pfand-rechts, von Auszügen und Abschriften aus dem Pfandre-gister sowie mit der Ausstellung von Bescheinigungendarüber betraut, dass eine konkrete Sache im Registernicht als Pfand geführt wird. Aufgrund dieses Gesetzeswird die Notariatskammer der Tschechischen Republikins Pfandregister außerdem die durch Pfändung im Ge-richts- und Verwaltungswege,vor allem durch die Finanz-behörden begründeten Pfandrechte eintragen.

In der Zeit zwischen 1. und 5. 10. 2001 tagte in Athender XXIII. Internationale Kongress des Lateinischen No-tariats,auf dem Dr. Francisco Arias aus Mexiko zum neuenU. I. N. L. Präsidenten gewählt wurde. Durch die Entsch-ließung des Ständigen Rates von U. I. N. L. vom 14. 6.2000 wurde auf diesem Kongress Dr. Jiří Brázda in memo-riam ein Orden für Verdienste um die U. I. N. L. verliehen.

In der Zeit von 7. bis 8. 11. 2001 wurde Prag von ei-ner Delegation der Notariatskammer Spaniens mit demPräsidenten Alfonso Bolas an der Spitze besucht.Das Tref-fen mit den tschechischen Notaren wurde zusammenmit dem Justizministerium veranstaltet und war auf ver-gleichende Betrachtung der rechtlichen Regelungen die-ser Länder im Bereich des Pfandrechts an beweglichenSachen ausgerichtet.

Das Parlament der Tschechischen Republik verab-schiedete am 15. 12. 2001 das Gesetz Nr. 501/2001 Slg.,wodurch das Handelsgesetzbuch und weitere Gesetzeabgeändert werden. Das mit dem 31. 12. 2001 wirksameGesetz trug die Arbeitsbezeichnung „Technische Han-delsgesetzbuchnovelle“ Diese Novelle führte auch zurÄnderung der Notariatsordnung infolge der Einführungder zwingend vorgeschriebenen Notariatsaktform fürden Beschluss des Vorstands der Aktiengesellschaft dar-über, dass die Einlagen auf die gezeichneten Aktien beieiner Erhöhung des Grundkapitals rechtmäßig zur Gänzegeleistet worden sind.

Am 21. 12. 2001 fand die XIV. Versammlung der No-tariatskammer der Tschechischen Republik statt,die Vor-schriften über die Verwaltung, den Betrieb und dieFührung des Pfandregisters sowie sowohl über die Artund das Verfahren bei der Löschung von Eintragungen,bei der Ausstellung von Auszügen, Abschriften und Be-stätigungen als auch über die sich daraus ergebende No-vellierung der Organisations- und der Kanzleiordnungerließ.

Hauptereignisse 2001

1. 1. 2001 – Inbetriebnahme des von der Notariatskammer der Tschechischen Republik elektronisch geführtenZentralen Testamentsregisters

3. 1. 2001 – Todestag des Ehrenpräsidenten der Notariatskammer der Tschechischen Republik JUDr. Jiří Brázda

17. 1. 2001 – XIII. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik – Bewertung derTätigkeit der Kammer für das Jahr 2000

Page 37: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

l. 7. 2001 – Die neue Verordnung Nr. 196/2001 Slg. über Gebühren und Aufwandsersatz für Notare undNachlassverwalter (Notariatstarif) wird wirksam

8. 8. 2001 – Verabschiedung des mit dem 1.1.2002 wirksamen Gesetzes Nr. 317/2001 Slg. wodurch das Bür-gerliche Gesetzbuch, Gesetz Nr. 40/1964 Slg. in der zuletzt gültigen Fassung und weitere Gesetze geän-dert werden – Einführung des von der Notariatskammer der Tschechischen Republik geführten Pfan-dregisters

1.–5. 10. 2001 – XXIII. Internationaler Kongress des Lateinischen Notariats in Athen 2001. Dr. MartinFoukal wird zum Mitglied des Ständigen Rates der U. I. N. L. gewählt. Dr. Jiří Brázda wird in memoriam der Ordenfür Verdienste um die U. I. N. L. verliehen

15. 12. 2001 – Verabschiedung des Gesetzes Nr. 501/2001 Slg., wodurch das Handelsgesetzbuch und weitereGesetze abgeändert werden, das mit dem 31. 12. 2001 wirksam wird und als „technische“ Novelle des Handels-gesetzbuchs bezeichnet wird

21. 12. 2001 – XIV. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik erlässt Vorschrif-ten über die Verwaltung, den Betrieb und die Führung des Pfandregisters sowie sowohl über die Art unddas Verfahren bei Löschung von Eintragungen, bei der Ausstellung von Auszügen,Abschriften und Bestätigungenals auch über die sich daraus ergebende Novellierung der Organisations- und der Kanzleiordnung

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 35

Jahr 2002

Da bereits die dritte Wahlperiode der Organe sowohlder Kammer als auch der regionalen Notariatskammernzu Ende war, wählten die Notariatskollegien neue Or-gane der regionalen Kammern und die Delegierten fürdie am 23. 1. 2002 stattgefundene XV.Versammlung derNotariatskammer der Tschechischen Republik. Die Ver-sammlung bewertete die Tätigkeit der Kammer für dasJahr 2001 und die Entwicklung des Notariats in der ver-gangenen Periode und legte als Hauptpriorität die Stär-kung der Stellung des Notars im Rahmen der ihm über-tragenen Befugnisse fest.

Die Versammlung wählte neugewählte Organe derKammer, den Präsidenten und den Vizepräsidenten.

In der Zeit von 13. bis 14. 1. 2002 veranstaltete dieKammer in Eden, in Prag unter dem Ehrenschutz undEhrenvorsitz des Justizministers JUDr. Jaroslav Bureš fürNotare, Vertreter von Banken und Leasinggesellschaftenein Seminar zum Thema „Pfandregister und Pfandbe-stellungsverträge in Notariatsaktform.“

Am 1. 2. 2002 traten sowohl die Verordnung des Ju-stizministeriums Nr. 42/2002 Slg. über eine Novelle desNotariatstarifs als auch die Vorschriften der Kammerüber die Novellierung der Kanzleiordnung und Führungdes Pfandregisters in Wirksamkeit. Am selben Tag gingdas von der Notariatskammer der Tschechischen Repu-blik geführte Pfandregister in Betrieb.

Das Parlament der Tschechischen Republik verab-schiedete am 13. 3. 2002 das Gesetz Nr. 125/2002 Slg.,wodurch einige Gesetze im Zusammenhang mit dem be-

schlossenen, ab dem 1.1.2003 wirksamen Zahlungsver-kehrgesetz abgeändert werden.Dieses Gesetz führt in ei-ner HGB-Novelle die zwingende Notariatsaktform für dieErteilung einer Vollmacht des Kontoinhabers zur Dispo-sition über das Konto ein.

JUDr.Miloslav Jindřich wurde vom Justizminister zumMitglied des Beirates der Justizakademie ernannt.

Die Kammer beteiligte sich an der Veranstaltung einesSeminars für Richter der Handelsregisterabteilungen undNotare, welches das Justizministerium in der Zeit zwi-schen 4.–5. 4. 2002 in Kutná Hora (Kuttenberg) abhielt,und an dem auch der Justizminister Dr. Jaroslav Burešteilnahm.

In der Zeit von 6. bis 8. 6. 2002 fand in Velehrad dastraditionelle Treffen der Präsidien der Notariatskammerder Tschechischen Republik und der Notariatskammerder Slowakischen Republik statt, auf dem die Kollegenaus der Slowakei ein Projekt des Zentralen Informati-onssystems präsentierten,das ab Januar 2003 eingeführtwerden soll.

Es wurde eine neue Prüfungsordnung vorbereitet undder Versammlung der Kammer zur Billigung vorgelegt.Diese Prüfungsordnung ändert die Organisation der Ein-reichung von Prüfungsanmeldungen und macht es mög-lich, für den schriftlichen Prüfungsteil die EDV-Technikder Kammer zu nutzen.

JUDr.Miloslav Jindřich wurde von der Regierung zumMitglied des Legislativen Regierungsbeirats ernannt.JUDr. Karel Wawerka und JUDr. Svatopluk Procházka wurden zu Mitgliedern der Arbeitskommissionen des Le-gislativen Regierungsrats bestellt.

Hauptereignisse 2002

23. 1. 2002 – XV. Versammlung der Notariatskammer der Tschechischen Republik Bewertung der Tätig-keit der Kammer für das Jahr 2001 und die Entwicklung des Notariats im vergangenen Zeitraum und Wahl neuergewählter Mitglieder der Organe der Kammer, des Präsidenten und Vizepräsidenten

Page 38: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

Wahlergebnisse:Präsidium: JUDr. Martin Foukal, Präsident

JUDr. Miloslav Jindřich,VizepräsidentJUDr. Petr Bílek – Mitglied des PräsidiumsJUDr. Karel Rinke – Mitglied des PräsidiumsJUDr. Karel Wawerka– Mitglied des Präsidiums

– weitere Mitglieder des Präsidiums wurden die von den Notariatskollegien gewählten Präsidenten regionalerKammern:

JUDr. Jiřík Fleischer, Notariatskammer BrnoJUDr. Stanislav Hroch, Notariatskammer České BudějoviceMiloš Habrman, Notariatskammer Hradec KrálovéJUDr.Vladimír Polášek, Notariatskammer Ostrava JUDr. Helena Marková, Notariatskammer PlzeňJUDr. Ivan Houdek, Notariatskammer PragJUDr.Václav Kouba, Notariatskammer für die Hauptstadt Prag JUDr. Jiří Chabr, Notariatskammer Ústí nad Labem

Revisionskommission: JUDr. Jiří Škorpík,Vorsitzender JUDr. Pavel Huták JUDr. Hana KantorováJUDr. Jana MichálkováJUDr. Jana Pražáková

Disziplinarkommission: JUDr. Jarmila Šléšková,VorsitzendeJUDr.Vlasta AudyováJUDr.Aleš BřezinaJUDr. Ladislav KuldanJUDr. Svatopluk Procházka

14. 1. 2002 – Seminar in Prag, Eden für Notare, Vertreter von Banken und Leasingunternehmen zum Thema„Pfandregister und Pfandbestellungsverträge in Notariatsaktform“

1. 2. 2002 – Inbetriebnahme des von der Notariatskammer der Tschechischen Republik elektronisch geführtenPfandregisters, Beginn der Wirksamkeit der Verordnung des Justizministers Nr. 42/2002 Slg. über die Notariats-tarifnovelle

13. 3. 2002 – Verabschiedung des Gesetzes Nr. 125/2002 Slg.,wodurch einige Gesetze im Zusammenhang mitdem beschlossenen Zahlungsverkehrgesetz abgeändert werden – unter anderen mittels einer HGB-Novelle Ein-führung der zwingenden Notariatsaktform für die Erteilung einer Vollmacht des Kontoinhabers zur Dispositionüber das Konto

4.–5. 4. 2002 – Vom Justizministerium gemeinsam mit der Notariatskammer der Tschechischen Republik in KutnáHora (Kuttenberg) veranstaltetes Seminar für Richter der Handelsregisterabteilungen und Notare

36 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

Page 39: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

„Wo es kein Erkennen der Vergangenheit gibt,kann es keine Zukunftsvision geben.“

Sabatini

Schlusswort

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 37

Bei den Überlegungen zu möglichen Themen der Kon-ferenz, die die Notariatskammer der Tschechischen Re-publik anlässlich des 10. Jahrestages der Erneuerung des Notarberufes veranstalten möchte, klang auch fol-gende Frage an: „Wie wäre es, wenn wir nicht nur aufdie vergangenen zehn Jahre zurückblicken, sondern aufdie ganze, für viele wenig bekannte Vergangenheit desNotarberufs in den böhmischen Ländern?“ Genau das istein Thema für einen solchen Anlass. Der Blick zurück indie Geschichte ist lehrreich für die Lösung der Problemeder Gegenwart und eine Quelle neuer Möglichkeitenund Wege. Er ist stets die beste Inspiration für einenneuen Blick und neue Schlussfolgerungen.Zu diesem ge-wählten Thema trägt auch die Notarzeitschrift Ad Notammit dieser Sondernummer bei, die nicht nur den wich-tigsten Ereignissen im Leben des Notariats der abgelau-fenen zehn Jahre gewidmet ist,sondern auch einen weit-reichender Exkurs in die Geschichte des Notariats in denböhmischen Ländern darstellt, vom Beginn der Verbrei-tung des Notarberufs unter der Herrschaft von PrzemyslOttokar II. bis zur Verstaatlichung des Berufs und seinerWiedererneuerung in der historischen Form.

Der Blick zurück in die Geschichte macht deutlich,dass immer dann, wenn es der Staatsmacht ermöglichtwurde, sich an der Gestaltung der gesellschaftlichen Be-ziehungen zu beteiligen, insbesondere der vermögens-rechtlichen Verhältnisse,allgemeine Sicherheit und Ruhein diesen Beziehungen herrschte, was auch im gesamt-gesellschaftlichen Maßstab von Vorteil war. Es darf nichtübersehen werden, dass das Notariat zur Erreichung so-zialen Friedens beiträgt.Bezeichnend ist,dass fast immerdann, wenn der Staat, das moralische Bewusstsein unddas Rechtsbewusstsein einen Niedergang erleben, auchdie Leistung des Notariats zurückgeht. Durch die Ge-schichte zieht sich wie ein roter Faden die Hauptaufgabeund die Bedeutung des Notariats. Ja, das Notariat ist einDamm gegen die Entstehung von Streitfällen, die ihremWesen nach destruktiv auf die positive Entwicklung derGesellschaft einwirken. Das Wirken als vorbeugendesElement gegen Streitfälle ist der tatsächliche Sinn unddie Daseinsberechtigung des Notariats. Daher ist dasHauptprinzip für die Ausübung des Notarberufs die Un-parteilichkeit. Dieser Grundsatz ist neben der Unabhän-gigkeit eine Grundsäule des Berufsstands. Jeder Notarmuss ihn immer wieder neu verwirklichen, in jederRechtshandlung muss er verankert werden.Nur so kannder Notar seinen positiven Einfluss auf die Gestaltungder zwischenmenschlichen Beziehungen zur Geltungbringen, auf ihre innere Ausgewogenheit und Gerech-tigkeit. Nur so kann vermieden werden, dass unbewussteinseitige Begünstigungen mit ihrem Potenzial an Un-stimmigkeiten und Uneinigkeiten entstehen. Zu betonenist auch, dass die hohe, ständig steigende und komple-mentäre Fachkompetenz der Notare eine selbstver-ständliche Voraussetzung sein muss und deshalb als Be-dingung für die Ausübung der schwierigen Aufgabe des

Notarberufs nicht eigens betont zu werden braucht.Das tschechische Notariat konnte sich nach seiner Er-

neuerung keinen Augenblick lang dem Feiern und derGenugtuung hingeben.Das neue System musste von An-fang an hohen Anforderungen genügen und wurde nichtmehr in der alten Form, sondern in seiner modernen,pulsierenden Form eingeführt, in der natürlich auch dieFrage zur Sinnhaftigkeit und Bedeutung des Notariats fürdas bestehende Rechtssystem und die Gesellschaft alsGanzes ihren Platz hat – insbesondere im Verhältnis zursteigenden Bedeutung der elektronischen Datenüber-tragung und dem steigenden Anteil der elektronischenMedien in ganz unerwarteten Gebieten.Auf den erstenBlick scheint dieser Trend dem Notariat entgegenzuwir-ken, läuft er doch dem Schwerpunkt der Notartätigkeitzuwider: der Erstellung von Urkunden. Die Urkunde istjedoch nur eine Form.Wesentlich ist der Inhalt der Ausü-bung des Notarberufs im oben angeführten Sinn. Heutesuchen wir nach neuen Antworten auf neue Fragen. Ge-rade heute müssen nicht nur die Organe der Selbstver-waltung des Notarberufs im Geiste seiner Tradition,aberauch mit modernen Methoden von der Bedeutung undUnerlässlichkeit des Notarberufs und seiner Ausübungdurch unabhängige und unparteiische Notare überzeu-gen. Der Notarberuf darf auch theoretisch und gedank-lich keine Bremse für die heutigen dynamischen Ent-wicklungen werden. Einerseits müssen wir die Schwer-punkttätigkeit des Notars vervollkommnen, die Erstel-lung öffentlicher Urkunden, unter Umständen auch inanderer als der bisherigen Form, und andererseits müs-sen wir das große Potenzial des Notarberufs nutzen undauch auf anderen als den traditionellen Gebieten unsereFähigkeiten und Möglichkeiten zunutze machen.

Im Hinblick auf die grundsätzliche Unparteilichkeitder Notare gäbe es zum Beispiel auch die Möglichkeit,den Beruf in die immer wichtiger werdende Mediationeinzubinden. Arbeiten nicht auch heute bereits Notareals Mediatoren in komplizierten Erbschaftsfragen? In un-zähligen Fällen führte das Wirken des Notars außerhalbdes rein rechtlichen Bereichs zum Abschluss von Ver-einbarungen über die Auseinandersetzung von Erb-schaften, um den natürlichen Miteigentumsproblemenvorzubeugen und damit letztlich Streitfällen und tiefenZerrüttungen in familiären und anderen Beziehungen.Auch die bisherige Tätigkeit des Notars in Erbschafts-verfahren, die sich voll bewährt hat, kann als Inspirationfür die Ausnutzung der Berufsmöglichkeiten auch in an-deren Nichtstreitverfahren vor Gericht bzw. zur Über-tragung dieser Agenden vom Gericht direkt auf den No-tar dienen.Warum sollte in einem Fall, der kein Streitfallist, das Gericht belastet werden, dessen eigentliche Auf-gabe ja die Entscheidung in strittigen Fällen ist, warumsollte der Staat als Souverän in friedfertige gesellschaft-liche Beziehungen eingreifen?

Die derzeitige Ausnahmerechtsregelung der Zustän-digkeiten des Notars im Recht der Handelsgesellschaf-

Page 40: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

ten als erstem Hüter der Übereinstimmung von Rechts-handlungen der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter mitdem Gesetz und den internen Gesellschaftsvorschrifteneinerseits, und die elektronische Vernetzung der Notareund der Notarkammer der Tschechischen Republik imRahmen des Zentralen Informationssystems sowie dieErfahrungen mit der Führung der zentralen Testaments-evidenz und vor allem der Pfandevidenz andererseits bie-ten sich als Lösungen für die aufgeworfenen Fragen derHandelsregistereintragung und der zu Recht gefordertendynamischen, flexiblen Führung des Handelsregisters als Instrument zur Weiterentwicklung unternehmeri-scher Tätigkeit an.Durch die Nutzung der Möglichkeitendes Notarberufs kann auch die Aufgabenstellung gemässder Richtlinien der Europäischen Union ohne gerichtli-che Ingerenz und unter Einhaltung einer qualifiziertenPrüfung der eingetragenen Tatsachen gewahrt werden.Welche Entlastung dies für die Gericht und den Staats-haushalt bedeuten würde,braucht wohl nicht betont zuwerden.Als Vorbild kann hier die bereits bestehende ita-lienische Regelung des Handelsregisters und der Zu-ständigkeiten italienischer Notare in diesem Bereich dienen. Dank der elektronischen Vernetzung und flä-chendeckenden Standortverteilung der Notare im ge-samten Staatsgebiet kann auch die Erstellung qualifi-zierter Handelsregisterauszüge ins Auge gefasst werden.Als Vorbild kann hier wiederum die österreichische Re-gelung dienen.

Viele andere ausländische Regelungen können uns alsInspiration dienen. Dazu zählen die Erstellung von Aus-zügen aus dem Liegenschaftskataster oder Grundbuch,der Einsatz des Notars als „Schiedsrichter“ oder die Er-hebung der Immobilienübertragungssteuer direkt durchden Notar bei Vertragsabschluss. Aus der jüngsten Ge-schichte wissen wir,dass Notare – als Staatsnotare – Steu-ern für den Staat einhoben. In diesem Zusammenhangkann nach dem Vorbild bestimmter ausländischer Rege-lungen der Notar, aber auch der Anwalt mithelfen, un-gesetzliche Praktiken und Winkelzüge verschiedensterArt einzudämmen, die in ihren Auswirkungen für dieStaatsfinanzen verheerende Folgen haben können undleider auch heute in noch nie dagewesenen Formen gras-sieren und sich vor allem im Bereich der Liegen-schaftsübertragungen weiter ausbreiten.

Aus einem breiteren Blickwinkel betrachtet, findensich noch weitere Impulse zur vollen Nutzung des Be-rufspotenzials zum Wohl des Rechtsstaats und der Ge-

38 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

sellschaft. Stets ist dabei jedoch von den jahrhunderte-lang bewährten Berufsgrundsätzen auszugehen,und not-arfremde Elemente sind zu vermeiden. Dieses Prinzipdarf auch im Interesse der Ausweitung der Zuständig-keitsbereiche des Notars nicht verletzt werden. Die Be-deutung des Notariats liegt in seiner Einzigartigkeit.Bleibt es einzigartig, so wird es in diesem Rechtssystemauch unersetzlich bleiben. Diese Einzigartigkeit ist frei-lich weiter zu entwickeln und den Bedürfnissen der Zeitanzupassen. Wir stellen mit Genugtuung fest, dass dastschechische Notariat seit seiner Erneuerung im Jahr1993 nicht erstarrt ist und sich in den von der gesell-schaftlichen Entwicklung vorgegebenen Grenzen wei-terentwickelt, was bereits aus dem Überblick über dieEreignisse des Jahrzehnts seit der Wiedereinführung desBerufsstands deutlich hervorgeht. Wir müssen im Augebehalten, dass die Bemühungen der notariellen Selbst-verwaltung um eine beständige, positive Weiterentwick-lung des Notariats nicht nur vom Begreifen der Mög-lichkeiten und des Sinns des Notariats durch den Staatund seine positive Rezeption in der Öffentlichkeit ab-hängt, sondern auch und vor allem von der Unterstüt-zung durch die Mitglieder des Berufsstands selbst.DieseUnterstützung brauchen wir nicht nur verbal, sondernin erste Linie in einer Berufsausübung im Geist der Tra-dition, der Grundprinzipien und ethischen Grundsätzedes Berufs. Nur wenn die Notare ihren Beruf nicht alsGewerbe, als Geschäft begreifen, sondern vor allem alsDienst an der Öffentlichkeit, und in diesem Geist ihreNachfolger – Konzipienten und Kandidaten – heranbil-den,dann erfüllt das Notariat seine ureigene Aufgabe undwird sich auch weiterhin und in noch größerem Massegesellschaftlicher Anerkennung erfreuen. Ich erlaube mirhiermit, allen jenen Notaren dafür zu danken, und somanche liebe Kollegin weiß,dass ich damit vor allem siemeine, dass die Erneuerung des tschechischen Notarbe-rufs ein Erfolg war, dass sich die Stellung des Berufs ge-festigt hat, und dass wir im Bewusstsein unserer Reser-ven zuversichtlich in die Zukunft blicken können undunsere Berufung und Aufgabe in der Gesellschaft nichtnur wahrnehmen, sondern auch hin zu neuen Horizon-ten tragen können.

Page 41: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

*29. 5. 1921 † 3. 1. 2001

Im Rahmen des zehnten Jahrestages der Wiederauf-nahme des freien Notarberufes und der Notarselbstver-waltung kann die Persönlichkeit von Herrn J. U. D. JiříBrázda, des verstorbenen Ehrenpräsidenten der Notar-kammer der Tschechischen Republik, nicht unerwähntbleiben.

J. U. D. Jiří Brázda ist in der Familien eines PragerRechtsanwalts zur Welt gekommen.Aus diesem Umfeldstammten seine grundlegenden gesellschaftlichen sowieberuflichen Einstellungen. Die Zeit war ihm allerdingsnicht zugeneigt. Zwei totalitäre Regime haben die Errei-chung seiner Lebensziele stark behindert.Den Abschlussder akademischen juristischen Ausbildung musste ernach dem Schließen der Hochschulen im Jahre 1939 bisauf die Nachkriegszeit verschieben. Im Laufe des Krie-ges hat er den sog. Totaleinsatz bei Zwangsarbeiten inDeutschland wortwörtlich überlebt. Er erlebte das Endedes Naziregimes, beendete sein Studium und strebte alsNotaranwärter seinem weiteren Lebensziel zu, dem No-tarberuf. Allerdings auch da hat der Zeitlauf eingegriffen.Das freie Notariat wurde vom kommunistischen Regimeverstaatlicht und Dr. Brázda verbrachte sein beruflichesLeben als Staatsnotar in Mělník. Auch dieses Totalitäts-regime hat er überlebt und sein Ende erlebt.Die meistenZeitgenossen haben sich mit diesem Dasein zufrieden-gestellt oder resignierten schon längst.

Für Dr. Brázda ist aber kennzeichnend, dass die er-

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 39

wähnten Schicksalsprüfungen sein Lebensoptimismusund Elan nicht beeinträchtigt haben.Freien Raum für dieUmsetzung seines Interesses am freien Notarberuf, sei-ner Geschichte sowie dessen philosophisch-rechtlicheGrundlagen fand er beim Anknüpfen fachlicher Kontaktemit ausländischen Notariaten und beim Sammeln aus-ländischer Notarliteratur und -dokumentation. Das Er-gebnis dieser damals fast konspirativen Tätigkeit warauch die Mitverfassung einer bisher einmaligen verglei-chenden Veröffentlichung „Das Notariat, seine Entwick-lung, Organisation und Befugnisse“, die 1976 herausge-geben wurde. Außer der Kenntnisse über das Funktio-nieren des freien Notariats führten seine Aktivitäten fastnebensächlich zum Anknüpfen von persönlichen Bezie-hungen. Dr. Brázda kannte wohl als einziger Repräsen-tant des „Ostblocks“ die internationale Notarumweltund sie kannte wiederum ihn.

Diese Kenntnisse und Informationen spielten einegrundsätzliche Rolle bei der Erneuerung des freien No-tariats nach 1989 sowie im Prozess der internationalenIntegration der tschechischen Notarselbstverwaltung.Das bestehende Prestige der Notarkammer der Tsche-chischen Republik im internationalen Bereich schöpftimmer noch aus diesen Grundlagen. Die Objektivität dieser Verdienste wird auch dadurch nachgewiesen,dassdie Bedeutung des Beitrages von Dr.Brázda im Jahr 2001vom Ständigen Rat der Internationalen Union des latei-nischen Notariats (U. I. N. L.) durch die Erteilung des U. I. N. L. -Verdienstordens belohnt wurde.

Man kann sicher einwenden,dass die heutige Positionder Notarberufes und somit auch die internationale Po-sition der Notarkammer der Tschechischen Republikauch ohne dem Beitrag von Dr. Brázda erreicht wordenwäre,denn es geht um das Ergebnis eines objektiven Pro-zesses im Rahmen einer gesamtgesellschaftlichen Er-neuerung,bei der die Aufgabe eines Einzelnen nicht ent-scheidend sein kann.

Vielleicht stimmt das, aber es wäre komplizierter ge-wesen und es hätte länger gedauert. Für diese „Be-schleunigung“, die unbestreitbar das Ergebnis derBemühungen von Dr. Brázda ist, muss bei dieser Gele-genheit nochmals ein Dankeschön gesagt werden.

Wir danken.

Gewidmet J. U. D. Jiří Brázda,Ehrenpräsident der Notarkammer der Tschechischen Republik

Page 42: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

Die Internationale Union des lateinischen Notariatswurde auf dem 1. Internationalen Kongress des lateini-schen Notariats gegründet,der am 2.10.1948 in BuenosAires tagte und die geistige Einheit aller Notariate latei-nischen Typs repräsentierte.

Die U. I. N. L. ist eine Nichtregierungsorganisation, diesich zum Ziel setzt, die Einheit und institutionelle Kraftdes lateinischen Notariats zu repräsentieren, die notari-elle Tätigkeit im internationalen Bereich zu unterstützen,sie so zu koordinieren und weiterzuentwickeln,dass ihreEhre und Unabhängigkeit gewährleistet werden. DerHauptsitz der U. I.N.L. ist Buenos Aires, für Europa wirktdas Administrationssekretariat der U. I. N. L. in Rom.

Die Satzung der U. I. N. L. legt ihren Zweck und ihreZiele fest,zu denen unter anderem das Vertreten der No-tariate lateinischen Typs durch eigene ausgewählte Ver-treter aus den Reihen bedeutender internationaler Or-ganisationen, z. B. UNO, Europarat, Europäisches Parla-ment, FAO, Haager Konferenz für internationales Pri-vatrecht,Organisation der amerikanischen Staaten u.s.w.,die Zusammenarbeit zwischen diesen Organisationenund weiteren nationalen Organisationen, Studium desRechts unter Berücksichtigung der notariellen Tätigkeit,Unterscheiden der für das lateinische Notariat charak-teristischen Grundsätze, Anknüpfen von Beziehungenmit bisher nicht entwickelten Notariaten in den Nicht-mitgliedsländern und Fachhilfe jenen Mitgliedsnotaria-ten,die,gleichgültig,aus welchem Grund,in eine schwie-rige Situation geraten, zählen. Mit einigen weiterenOrganisationen, wie z. B. der UNESCO, unterhält die U. I. N. L. eine vertragliche Zusammenarbeit.

Die U. I. N. L. wird von den einzelnen Mitgliedsnota-riaten (nationalen Notariatskammern) gebildet,deren esheute 70 an der Zahl gibt, wobei bei der letzten Tagungder Versammlung der Mitgliedsnotariate der U. I. N. L. inParis im März 2003 die Aufnahme eines weiteren Nota-riats, und zwar der Assoziation der chinesischen Notare(der Volksrepublik China),gebilligt wurde.Die Aufnahmein die U. I.N.L. ist ein ziemlich komplizierter Prozeß,der

40 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

die Erfüllung einer Reihe von Voraussetzungen vorsieht.Die Notarkammer der Tschechischen Republik wurdeauf der Tagung des Ständigen Rates der U. I. N. L. im Fe-bruar 1994 in Wien als Mitglied aufgenommen.

Jedes dritte Jahr findet unter der Teilnahme aller Mitglieder der Internationale Kongress des lateinischenNotariats statt. Organe der U. I. N. L. sind die Versamm-lung der Mitgliedsnotariate und der Ständige Rat,der dasExekutivorgan ist.Der Ständige Rat wird zweimal im Jahreinberufen; die Zahl seiner Mitglieder stellt stets dasZweifache der Zahl der U. I. N. L.-Mitgliedsländer dar.Mitglied des Ständigen Rates ist seit 2002 auch JUDr.Martin Foukal, Präsident der Notarkammer der Tsche-chischen Republik. Für ihre Tätigkeit bildet die U. I. N. L.eine Reihe kontinentaler und interkontinentaler Kom-missionen sowie einige Arbeitsgruppen zum Lösen ak-tueller Aufgaben. Die Notarkammer der TschechischenRepublik entsendet regelmäßig ihre Verteter zu den Ta-gungen der Kommissionen CAUE (Kommission für dieEuropäische Union) und CAEM (Kommission für FragenEuropas und des Mittelmeerraums). Die Tätigkeit der U. I. N. L. wird aus den Mitgliedsbeiträgen der einzelnenMitgliedsnotariate finanziert.

Die Versammlung der Mitgliedsnotariate wird einmalim Jahr einberufen, ihre im Rahmen des internationalenKongresses abgehaltene Tagung wählt ihren Präsidenten,die Vizepräsidenten für die einzelnen Kontinente, denSchatzmeister und weitere Funktionäre für die jeweilsnachfolgende dreijährige Amtsperiode. Es ist zur Regelgeworden,dass der neue Präsident immer von einem an-deren Kontinent als der zurücktretende Präsidentstammt.

Für die Periode 2002–2004 wurden auf dem XXIII. in-ternationalen Kongress, der im Oktober 2001 in Athenstattfand, zum Präsidenten der U. I. N. L. Dr. FranciscoArias, Notar aus Veracruz (Mexiko), und zum Vizepräsi-denten für Europa Dr. Nicolas Stassinopoulos, Notar ausAthen,gewählt.Der nächste,bereits XXIV. internationaleKongress findet im Oktober 2004 in Mexico City statt.

Internationale Union des lateinischen Notariats (U. I. N. L.)

Page 43: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 41

Lis

te d

er M

itgl

ieds

nota

riat

e de

r U

INL

:A

lban

ien,

Arg

entin

ien,

Bel

gien

, Ben

in, B

oliv

ien,

Bra

silie

n, B

urki

na F

aso,

Chi

le, C

hina

, Cos

ta R

ica,

Deu

tsch

land

, Dom

inik

anis

che

Rep

ublik

, Ecu

ador

, Elf

enbe

inkü

ste,

El

Salv

ador

, Est

land

, Fra

nkre

ich,

Gab

un, G

riec

henl

and,

Gua

tem

ala,

Gui

nea,

Hai

ti, H

ondu

ras,

Indo

nesi

en, I

talie

n, J

apan

, Kam

erun

, Kan

ada,

Kol

umbi

en, K

ongo

(B

razz

avill

e), K

roat

ien,

Kub

a, L

ettla

nd, L

itaue

n, N

otar

e vo

n L

ondo

n (G

roßb

rita

nien

), L

ouis

iana

(U

SA),

Lux

embu

rg, M

azed

onie

n, M

ali,

Mal

ta, M

arok

ko, M

exik

o, M

olda

u, M

onac

o, N

icar

agua

,N

iede

rlan

de, N

iger

, Öst

erre

ich,

Pan

ama,

Par

agua

y, P

eru,

Pol

en, P

orto

Ric

o, P

ortu

gal,

Rum

änie

n, R

ußla

nd, S

an M

arin

o, S

chw

eiz,

Sen

egal

, Slo

wak

ei, S

low

enie

n, S

pani

en, T

ogo,

Tsc

had,

Tsc

hech

ien,

Tür

kei,

Ung

arn,

Uru

guay

, Vat

ikan

, Ven

ezue

la, Z

entr

alaf

rika

nisc

heR

epub

lik.

Lis

te d

er L

ände

r, d

ie d

ie A

ufna

hmne

in d

ie U

INL

bea

ntra

gt h

aben

:B

ulga

rien

, Geo

rgie

n, M

aure

tani

en.

Wei

tere

Not

aria

te, d

ie m

it d

er U

INL

in d

ie V

erbi

ndun

g st

ehen

:A

laba

ma

(USA

), A

lger

ien,

Bri

tisch

Kol

umbi

en (

Kan

ada)

, Flo

rida

(U

SA),

Illi

nois

(U

SA),

Ind

iana

(U

SA),

Ira

n, K

alif

orni

en (

USA

), K

ambo

dsch

a, K

asac

hsta

n, L

aos,

Mad

agas

kar,

Mau

ritiu

s, N

euse

elan

d, O

rego

n (U

SA),

Sey

chel

len,

Süd

afri

ka, S

üdko

rea,

Tex

as(U

SA),

Tun

esie

n,U

krai

ne, V

eitn

am, W

eißr

ußla

nd.

Page 44: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

42 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

Vom 13. bis 16.April 1997 wurde mir das Privileg zu-teil, zum ersten Mal Prag zu besuchen, wohin michfreundlicherweise Präsident Martin Foukal eingeladenhat und wo ich in situ die Entwicklung des tschechi-schen Notariats kennen lernen konnte, das zum k 1. Ja-nuar 1993 privatisiert wurde, nachdem es seit 1949 dasstaatliche Regime hatte dulden müssen; die tschechi-schen Notare wurden 1994 auf der Generalversamm-lung in Wien in die Internationale Union der lateini-schen Notare aufgenommen.

Bereits im März jenes Jahres sagte uns Präsident Fou-kal:“Ich bin überzeugt, dass die Bedeutung der Notarein der Tschechischen Republik ständig größer wird, vorallem im Bereich des Wirtschaftsrechts, wo das Funktio-nieren und die Fundamente der Gesellschaft und derUnternehmen in ihre Zuständigkeit fallen.”

Als ich ankam,habe ich erklärt,dass ich glücklich bin,in Prag zu sein,die Wiedergeburt der “privaten und tech-nisch unabhängigen Notare zu sehen, die erfahrene Ju-risten, Berater, unparteiische Versöhner der Interessenverschiedener Lager und Verfertiger der besten öffentli-chen Dokumente privaten Ursprungs sind, welche überBeweis- und Vollzugsgewalt verfügen, die das gesell-schaftliche Bedürfnis der richtigen Anwendung des Ge-setzes bei jedem Rechtsakt befriedigt, der zustandekommt, damit die Rechtssicherheit und somit auch diegesellschaftliche Ruhe garantiert werden.”

Das führt uns zu Überlegungen über die Erfordernis,die notarielle Funktion zu integrieren, um die Skala derprofessionellen Dienste zu erweitern, die der Notar deslateinischen Systems seinen Klienten oder Kunden an-bieten kann. Mit anderen Worten, damit die Beglaubi-gung,wie wichtig sie auch sein mag,nicht von den übri-gen Berufsaufgaben, die der Notar als Jurist zu erfüllenhat, getrennt werden kann.Der Notar ist zugleich Trägerder öffentlichen Beglaubigungsfunktion, die er alsRechtsexperte höchsten Ranges verkörpert. Und es istder Bürger, wem diese Nichttrennung am meisten zu-gute kommt.

Die Stellung des Notars als unparteiischen Juristenhebt ihn deutlich von den Rechtsdienstleistungen ab,die die Rechtsanwälte anbieten, und charakterisiert ihnals Träger des einzigen Rechtsdienstes, der nicht “strit-tig” ist. Das macht die notarielle Arbeit besonders nütz-lich in Fragen der Verträge und anderen Rechtsge-schäfte, wo es zu Interessenkonflikten kommen kann,und selbstverständlich ist sie weit wirtschaftlicher alsmanch andere Lösung, die ähnlich zu sein scheinenkann, aber zweifelsohne nicht ist.

Wir müssen darauf bestehen, dass die notarielle Tätig-keit, und vor allem die vom Gesetz anvertraute “Beglau-bigung” mit ihrer wertvollen Beweiskraft eines öffentli-chen Instruments, kein Zauberstab ist, der alles, was derermächtigte Notar schreibt, in “offizielle Wahrheit” ver-wandelt,sondern dass die Ausübung des öffentlichen Ver-trauens, das uns anvertraut wurde, ein “formativer Pro-zess” ist, der weit mehr umfasst als das Beglaubigen undder nicht von diesem getrennt werden kann, ohne dassGefahr besteht,dass das,was die Notare der Gesellschaftbieten können, ungerecht verringert und gelähmt wird.

Man muss bedenken, dass keine Funktion sich entfal-ten kann, die nicht ein gesellschaftliches Bedürfnis be-friedigt. Gibt man zu, dass gegenwärtig das positiveRecht immer komplizierter, technischer, mannigfaltigerund der Bedarf an seiner Anwendung immer dringlicherwird, so gelangt man zu dem Schluss, daß der Bürgermehr denn je jemanden braucht, der ihm hilft, die Vor-schriften auf freiwillige und spontane Art und Weise zuerfüllen.

Auch sollten wir zulassen, dass das Prinzip, das dieVerbindlichkeit und Gültigkeit jedes Gesetzes regelt,dasbesagt:“das Gesetz wird als bekannt angenommen”oder“Rechtsunkenntnis entschuldigt nicht” (Artikel 2 Bür-gerliches Gesetzbuch in Uruguay), völlig notwendig ist,damit gewährleistet wird,dass das Recht keine bloße ge-schriebene, rein theoretische Norm ist, dass es jedochmoralisch ungerecht ist, weil es einem völlig unerreich-baren Fakt entspricht, und das umso mehr in der Ge-genwart wegen der oben erwähnten Umstände.

Wir sollten auch die Tatsache hinnehmen, dass derStaat die friedliche Anwendung seiner Normen derzwingenden Form, das gleiche Ergebnis durch gerichtli-chen Streit zu erzielen,vorzieht.Das Gerichtssystem giltfür alle Bürger gleichermaßen, selbst für jene, die sichnicht streiten, und das bedeutet für den Staat, eine ad-ministrative Struktur zu unterhalten, die, je mehr sie ge-braucht wird, umso langsamer, schwerfälliger und kost-spieliger werden kann.Als Beispiel sei erwähnt, was inden Vereinigten Staaten von Amerika geschieht, wo daslateinische Notariat fehl; die dortige Gesellschaft wurdeselbst von Präsident William Clinton treffend als „unzu-rechnungsfähige Gesellschaft“ bezeichnet – ein Ge-richtsprozess entfällt im Schnitt auf alle zehn Einwoh-ner, die Träger von Rechten und Pflichten sind.

Auch ist eine unwiderlegbare Tatsache, dass Perso-nen, die an einem Rechtsgeschäft teilnehmen, in demMoment, in dem sie es verfertigen, gutgläubig denken,dass sie ihren Pflichten nachkommen und das Ergebnisdessen annehmen werden, was ihnen bekommt.Außerpathologischer Fälle ist sehr schwer, sich vorzustellen,daß jemand einen Vertrag mit der Absicht unterzeichnet,ihn nicht zu erfüllen. Die Differenzen, die zu einemStreit führen können, entstehen also nach der Ausferti-gung des Grunddokuments und ergeben sich meist ausder unterschiedlichen Interpretierung dessen, was imgegebenen Moment freiwillig und mit der erwähntenAbsicht vereinbart wurde. An diesem Punkt gewinnendie Art und Weise, wie die Verhandlungen vor dem Aus-stellen der Urkunde geführt wurden, die gewährte Be-ratung, die Verarbeitung des Textes, der die Wil-lensäußerungen jeder Partei festhält,und schließlich diebeglaubigte, beweiskräftige Vollzugsgewalt des erarbei-teten Dokuments wesentlich an Bedeutung. Und esstimmt, dass ein privates Dokument ein jeder verfassenkann, auch ohne die benötigten Rechtskenntnisse, daßes von jedem der Unterzeichner gut oder schlecht in-terpretiert werden kann,mehr oder weniger in Eile,unddass diese unzureichende Verarbeitung zu den meistenStreitigkeiten führt, die vor Gericht enden.

Nichtsdestoweniger müssen wir zugeben, dass der

Hugo Pérez Montero zum 10. Jahrestag der Wiederherstellung des Notariats in der Tschechischen Republik

Page 45: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 43

Staat als eine den Bürgern dienende Organisation keineStreitigkeiten wünscht bzw. sich bemüht, sie zu verhin-dern. Der Staat ist sich ferner der erwähnten Tatsachebewusst, dass es unmöglich ist, alle normativen Texte zukennen, um das Gesetz spontan anwenden zu können.In Anbetracht dieses Bewusstseins und seiner Verant-wortung stellt der Staat den Bürgern Organe und Struk-turen juristischer Informationen zur Verfügung, zu de-nen die Notare des lateinischen Systems gehören.

Mit Recht heisst es, daß die lateinischen Notare „Ge-richtsbeamte des Rechtsfriedens“ darstellen,die a priorieingreifen, im Unterschied zu anderen Gerichtsbeam-ten, die a posteriori – nach den Ereignissen – erschei-nen. In der richtigen Formulierung der Rechtsakte undder Kraft des Dokuments, das sie enthält, liegt dieGrundlage der unstrittigen Funktion der Notare, diedurch den klassischen Spruch des Notars Joaquín Costa:„Bei geöffnetem Notariat geschlossenes Gericht“ cha-rakterisiert wird.

Anzunehmen, dass der Notar lediglich zur Besiege-lung der Akte dient, bei denen das Gesetz seineTeilnahme vorschreibt, bedeutet, unsere Funktion auf„formales Rechtsmandat“ zu beschränken, das ver-schwinden kann, sofern es nicht auf die Befriedigungdes tatsächlichen gesellschaftlichen Bedürfnisses, wiedas oben erwähnte es ist, reagiert, das wir unter zweiGesichtspunkten zusammenfassen können:

a) Aus der Sicht des Staats: Es wird eine freiwillige An-wendung des Rechts erzielt und Gerichtsstreitenausgewichen, die eine offizielle Struktur erforder-lich machen,die ständig kostenintensiver wird unddie zurückbleibt und das Lösen der Differenzenzwischen den Parteien verlangsamt.

b) Aus der Sicht der Anwender oder Verbraucher:Dank dem unstrittigen Charakter der beglaubi-gungstechnischen Tätigkeit des Notars gelingt esihnen, eines der Hauptmenschenrechte zu ver-wirklichen, das gegenwärtig sehr hoch geschätztwird,nämlich die Rechtssicherheit,und zwar unterZeit- und Geldeinsparung.

Wie der große italienische Notar Aristóteles Morelloin seinem Werk „Das Notariat: ein Beruf der Traditionund der Zukunft“ sagte, ist diese Bemühung noch spür-barer in der modernen Gesellschaft, wo die Geschwin-digkeit und der Umfang der menschlichen Tätigkeit inZeit und Raum immer wichtiger werden und dieAnnäherung zu Sicherheit und Glaubwürdigkeit dasfeste und unverwechselbare Ziel ist.

Infolge dessen sollte die notarielle Funktion nicht alsbloße „beglaubigende“, sondern als eine zugleich kom-plexe und komplette betrachtet werden. Komplex da-durch,wie der lateinische Notar sie ausüben muss,wenner dem Verbraucher das „Menü“ der angebotenen Dienst-leistungen vorlegt, um ihn rechtlich zu beraten und ihnzu führen; ich mache darauf aufmerksam,dass es sich umunterschiedliche Dienste handelt, weil derjenige rät, derüber das auf einen konkreten Fall anzuwendende Rechtinformiert und die Wahl der Lösung dem Klienten über-lässt, während derjenige führt, der außer des Ratschlagsdie juristische Lösung vorschlägt und empfiehlt, die sei-ner Ansicht nach die für die Interessen der Parteien gün-stigste ist. Das schließt, vor allem im Fall bilateraler odermultilateraler Beziehungen, eine ergänzende Arbeit der

Mediation und Vermittlung zwischen den Interessen, dieim Spiel sind, eine Art Arbitrage, was rein rechtliche Lö-sungen betrifft, und danach eine genaue, technische,klare und kurzgefasste Erarbeitung einer öffentlichen Ur-kunde samt allen wertvollen Konsequenzen ein. Es istauch eine komplette Funktion,dank den Ergebnissen,die– wie bereits erwähnt – bei diesem „formativen und be-glaubigenden“ Prozess erreicht werden.

Wie Antonio Rodríguez Adrados richtig behauptet,„der Notar beschränkt sich nicht auf das Dokument,son-dern dehnt seine Wirkung auf das in dem Dokument er-wähnte Geschäft,welches ein privates Geschäft ist,aus“.Deshalb kommt eine notarielle Teilnahme zur bloßenBestätigung oder „Bevollmächtigung“ der Unterschrif-ten auf einem privaten Dokument der Verstümmelungder notariellen Funktion gleich, zum Schaden und zurTäuschung der Klienten, die das Recht haben anzuneh-men, dass die notarielle Teilnahme ihnen Nutzen bringt,auf den sie Anspruch haben, falls diese Teilnahme „kom-plex und komplet“ ist.

Die vorausgesetzte Lösung,dass Rechte und Pflichtendurch private Dokumente durch ihre bloße notarielleBeglaubigung der Unterschriften übertragen werden, isteine aus dem angelsächsischen Notariatssystem stam-mende Bremse, das keine Garantie bietet und eine Täu-schung jedes Bürgers bedeutet, die so wertvolle Rechts-sicherheit zu erhalten, und nur ein ungewisses Ergebnismit einer hohen Wahrscheinlichkeit der strittigen End-lösung bietet, die in niemands Interesse steht.

Denken wir nun kurz an die Rechtssicherheit und diegesellschaftliche Ruhe, die in der Frage des Bodenbesit-zes in den Ländern des lateinischen Notariatssystemsbesteht, wo es notarielle Pflichtteilnahme und ihr höch-ster Ausdruck – die öffentliche Urkunde – gibt. In unse-ren Ländern existieren keine ernsthaften Streitigkeitenin diesem Immobilienbereich. Das ist der beste Beweisdafür, dass Interessenten pflichtig oder freiwillig diefachliche Teilnahme eines Notars verlangen.

Eine weitere Sache, die bereits erwähnt wurde, im-merhin jedoch eine Betonung als Essenz dieses Berufesverdient, ist die Unparteilichkeit des Notars als einesRechtsdienstes, das allen Klienten gleichermaßen ge-währt wird. Es handelt sich um eine Rechtspflicht, miteinem hohen ethischen Wert,die die notarielle Funktiondem Berufs des Richters zur Seite stellt. Diese Unpartei-lichkeit ist außer durch Rechtsvorschrift durch dieBemühungen gesichert, den Notar jenseits sämtlicherInteressen und Gefühle zu stellen,die im Spiel um seineWirkung sind; das rechtfertigt die Verbote, an einem Fallbeteiligt zu sein, in dem jener Grundwert in Gefahr seinkönnte, wie es zum Beispiel bei nahen Verwandten, derAusübung öffentlicher Ämter,bei Unternehmen, im Han-del, oder von Bestimmungen zu Gunsten oder Ungun-sten des Begläubigers, oder von solchen Bestimmungender Fall wäre, die ihn in eine abhängige Position stellenwürden, wie z. B. Soldaten, Klerusmitglieder usw., wasein Risiko für einen der Grundfaktoren der fachlichenWirkung des Notars bedeuten würde. Es existierenRechtskontrolleure, die eine effektive Erfüllung dieserSchlüsselbedingung der notariellen Arbeit beaufsichti-gen,was zum allgemeinen Vertrauen der Gesellschaft zuden Notaren und dem Grundprodukt ihrer Tätigkeit,welches das notarielle Dokument ist, beiträgt. Dieses„gesellschaftliche Vertrauen“ stellte stets das Fundament

Page 46: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

44 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

für das jahrhundertlange Bestehen des über die Rechts-vorschriften hinaus reichenden professionellen Notars-berufs dar. Die Notare werden gewöhnlich „Hüter desöffentlichen Glaubens“ genannt. Ich persönlich würdevorziehen, dass man uns “Hüter des öffentlichen Ver-trauens”nennen möchte und dass wir diesem Titel Ehreerweisen.

Und schließlich ist auch die persönliche, direkte unduneingeschränkte Verantwortlichkeit des ermächtigen-den Notars für sämtlich Schäden, die er bei der Ausüb-ung seines Amtes verursacht hat, hervorzuheben; dieseVerantwortlichkeit kann im zivil-, straf-, verwaltungs-und steuerrechtlichen Bereich gleichzeitig geltend ge-macht werden; erschwerend ist der Umstand, dass derNotar eine ähnliche Stellung wie eine Amtsperson hat.Das stellt eine weitere Garantie zugunsten des Verbrau-chers der notariellen Rechtsdienstleistung dar.

Vergessen wir ferner nicht das freie Handeln bei derWahl des ermächtigenden Notars, dem das Gesetz die-ses Recht einräumt, unter Verweis auf die Theorie des„größeren geschützten Interesses“, sowie die Kontroll-funktion nicht nur was die Gesetzmäßigkeit des Han-delns der Parteien, der Teilnehmer und des Notarsselbst, sondern auch den Schutz der Grundrechte allerim Bereich der Meinungsfreiheit, der Entscheidung, derfreiwilligen Ermächtigung und der Erhaltung der Matrixund des freien Umlauf des Dokuments,das er an die Teil-nehmer aushändigt, betrifft; dies fördert den Rechtsver-kehr.

Gegenwärtig ziehen wir beim Studium der notariel-len Funktion noch einen Umstand in Betracht, der mitden Instrumenten bzw. Mitteln zusammenhängt, die derNotar anwenden soll, um seine Tätigkeit mit der glei-chen Reichweite, dem gleichen Gewinn und den gutenKonsequenzen weiterzuentwickeln, die er bisher mit-tels der erwähnten Verfahren erzielt hat. Ich denke hieran die Entwicklung der Technologien in den Kommuni-kations- und Informationsbeziehungen zwischen denMenschen und das Prüfen ihrer Anpassung an die Reali-sierung der rechtlich relevanten Beziehungen mit demgleichen Umfang an Sicherheit, von dem wir gespro-chen haben.

Wie die französische Soziologin Viviane Forrester be-hauptet: „Nicht überwacht seitens der Politik, gelangtedie Kybernetik nahezu heimlich in die Ökonomie, ohneNachdenken und ohne sekundäre strategische oder ma-chiavellistische Interessen, auf ,unschuldige‘ Weise, mitder praktischem Absicht und ohne Theorien, als bloßes,anfangs nützliches und schnell unentbehrlich geworde-nes Instrument. Sie brachte es zustande, zu einem Fak-tor von unermesslicher Reichweite zu werden, der dieÜberhand behält und die Verantwortlichkeit für eine Re-volution planetarischer Größe trägt.“

Diese Technologie veränderte die Arzt und die Nor-men der Rechtsbeziehungen zwischen Personen undtrug wirksam zum riesigen wirtschaftlichen und gesell-schaftlichen Aufschwung bei, der zu größeren juristi-schen, finanziell-technischen, steuerlichen und finanzi-ellen Kenntnissen mit Bezug zum internationalenPrivatrecht weltweiter Reichweite zwingt, auf das sichdie häufig erwähnte „Globalisierung“ bezieht,zu der dielateinischen Notare mit ihrer Bildung, Ausstattung undnotwendigen Änderungen beigetragen haben,um so diegleiche Rechtssicherheit zu bieten und sich im „Cyber-

raum“ zu bewegen, mit den gleichen Möglichkeiten,welche sie in den vergangenen Jahren mit Hilfe von Pa-pier erfolgreich realisierten.

Belügen wir uns selbst nicht und lassen wir auch dieVerbraucher notarieller Dienste nicht irreführen! In die-ser neuen Modalität des Verkehrs und der elektronischenDokumentation sind wir Notare nach wie vor die einzi-gen, wer eine “komplette und komplexe Tätigkeit” zu-gunsten einer stärkeren Anwendung des Rechts und desbestmöglichen Rechtsergebnisses der durch unsere Ver-mittlung dokumentierten Beziehungen erbringen kann.Den neuen kybernetischen Beziehungen kann sich nichtallein ein Fachmann für Computer oder ähnliche Pro-dukte widmen. Selbst ein im Grunde ehrlicher Einzel-mensch nicht.Auch weiterhin bedarf es, wie Morello zusagen pflegte, des Notars als „Dolmetschers, Rechtsdie-ners, Beraters direkt des Richters des Rechtsfriedens(Modestino); des Richters der freiwilligen Rechtspre-chung oder auch nichtprozessualen Richters, oder desSchöpfers des notariellen Verfahrens zur Bildung ei-nes (elektronischen) notariellen Dokuments vonBeweiskraft (Morello, Ferrari-Sorgato), des wirklichenUrhebers des Dokuments, ob er nun als der bloße Re-dakteur betrachtet wird,oder als Räderwerk im Rahmender Ziele des Staates, das eine bestimmte gesellschaftli-che Funktion erfüllt.“

Es ist sehr wohl angebracht, dass die notariellen Or-ganisationen daran denken, dass wir bei der Erbringungdieser neuen Dienstleistungen mit einer unerbittlichenKonkurrenz auf Werbung und Public spezialisierter tech-nischer supranationaler Gesellschaften werden kämpfenmüssen, die schnell symmetrische und asymmetrischeSchlüssel oder andere Errungenschaften anbieten wer-den, die in Zukunft auftauchen können und die Gebor-genheit und Sicherheit der Übertragung elektronischerDokumente versprechen werden,was angeblich den „si-cheren und bekannten Autor“ garantieren wird;die Wich-tigkeit des Notars ergibt sich jedoch aus der Simulta-neität der technischen Rechtsdienste zugunsten desVerbrauchers.

Sprechen wir von der Technik der Dokumente,so wol-len wir daran erinnern, was der ehrwürdige spanischeMeister Rafael Núňez Lagos über das Beglaubigen zu sa-gen pflegte:„Der Notar ist wie der Fotoapparat;die Tech-nik der Fotografie kann sich ändern, aber er wird immerdas wirkliche Bild der Realität vorlegen, deren er Zeugewar.“.

Der letzte Bericht von Präsident Foukal für die jüngsteGeneralversammlung der U. I. N. L., den der europäischeVizepräsident gebilligt hat, bewies, dass die notwendigeHarmonisierung der tschechischen Rechtsnormen mitdem Legislativwerk der Europäischen Union – der dieTschechische Republik beitreten will – Gesetze gebrachthatte,wie zum Beispiel das Gesetz Nr.124/2002 und wei-tere,die die Kompetenzen der Notare im Bereich der elek-tronischen Zahlungen und ähnlicher Geschäfte erweiterthaben,so dass ich mit Stolz erklären kann,dass zehn Jahrenachdem die tschechischen Notare in das lateinische Sy-stem zurückgekommen sind,sie auch die „komplexe undkomplette Funktion“ erfüllen. Ich gratuliere!

Hugo Pérez MonteroEhrenpräsident der U. I. N. L.

Montevideo, April 2003

Page 47: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 45

Bei der Versammlung von 20 Vertretern aus den Reihen der heutigen und ehemaligen leitendenStaatsnotare und der Staatsnotare im Zuständigkeitsbereich des Stadtgerichtes in Prag und desBezirksgerichtes in Prag wurde am heutigen Tage der Initiativausschuss der Notare bestellt, der

entsprechend dem allgemeinen Konsens der Anwesenden folgende Beschlüsse fasst und folgende

E r k l ä r u n g

abgibt:

Der Initiativausschuss hat die Entwicklung und den Zustand der Institution des Staatsnotariats, sowie ihre Posi-tion in der Gesellschaft reflektiert und ist zu dem Schluss gekommen, dass grundsätzliche Änderungen durchzu-führen sind. Deshalb schlägt der Initiativausschuss folgende Maßnahmen vor:

1. Es ist ein Organ der notariellen Selbstverwaltung zu bilden – die Zentrale Notarversammlung.2. Die bestehende Auffassung des Notariats ist grundsätzlich zu ändern, weil sie seine traditionelle und internatio-

nal anerkannte Position deformiert.Das Notariat muss zu einer unabhängigen,selbst verwaltenden und sich selbstfinanzierenden Institution werden, in der der Notar in seinem Namen handelt, als ein Träger eines unabhängigenöffentlichen Amtes.

3. Es sind die notwendigen legislativen Regeln durchzusetzen, angefangen bei der Verfassung, oder man muss sichdaran aktiv beteiligen.

Um das Selbstverwaltungsorgan bilden und diese Absichten besprechen zu können,hält es der Ausschuss für not-wendig, die Versammlung von allen in der Tschechischen sozialistischen Republik tätigen Notare einzuberufen. Zudieser Versammlung wären dann eventuell auch Vertreter der Staatsnotare aus der Slowakischen sozialistischen Re-publik einzuladen. Diese Versammlung würde der Zentralen Notarversammlung das Mandat zur Umsetzung der ge-nannten Ziele erteilen.

Der Initiativausschuss hat aus seinen Reihen folgende Vertreter bestellt, die diese Themen mit der Frau Justizmi-nisterin der Tschechischen sozialistischen Republik, JUDr. Dagmar Burešová besprechen:

JUDr. Martin Šešina, Staatsnotar des Staatsnotariats in Benešov,JUDr. Jiří Brázda, ehemaliger leitender Staatsnotar des Staatsnotariats in Mělník,JUDr. Ondřej Holub, leitender Staatsnotar des Staatsnotariats für Prag 4,JUDr. Petr Bílek, Leiter des Lehrstuhls für Staatsnotariat des Institut des Justizministeriums der Tschechischen so-

zialistischen Republik.

Prag, den 12. 12. 1989 vom Initiativausschuss Beauftragte:Unterschriften: Ondřej Holub

Petr Bílek

Page 48: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

46 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

ÚNK 2/91

Die Zentrale Notarkammer als höchstes gewähltes Organ der Vereinigung der Notare der Tschechischen Re-publik hat auf ihrer Tagung am 3. 1. 1991 den gegenwärtigen Zustand an den Arbeitsstätten der staatlichen Nota-riate sowie die bisherige Stellungnahme der verfassungsmäßigen Organe und Institutionen zur Umwandlung desstaatlichen Notariats in ein öffentliches Amt bewertet, die Diskussion auf der am 11. 12. 1990 vom Ministerium derJustiz der Tschechischen Republik veranstalteten Versammlung der Mitarbeiter des staatlichen Notariats und denWillen der staatlichen Notare berücksichtigt und folgenden

Beschluss

angenommen.

Die Zentrale Notarkammer

1. konstatiert,a) dass das staatliche Notariat angesichts ihrer gegenwärtigen Gestalt eines staatlichen Organs mit Entschei-

dungskompetenz, das zugleich eine Steuerbehörde ist und Rechtsdienste gewährt, die ihm nach 1948 gewalt-sam von der politischen Macht gegeben wurden, selbst bei beträchtlichen Anstrengungen und gutem Willender Notare nicht imstande ist, die Aufgabe eines vollkommenen Rechtsdienstes, in dem es unersetzbar ist undder von der demokratischen Gesellschaft mit Marktwirtschaft verlangt wird und die die Notare in den aller-meisten Rechtsstaaten erfolgreich erfüllen, zu erfüllen,

b) dass die gegenwärtige Stellung dieser Institution es nicht ermöglicht, beim Aufbau des Rechtsstaats die be-trächtlichen einzigartigen Kenntnisse der Notare im Bereich der Wiederherstellung der Priorität der Eigen-tumsverhältnisse, insbesondere betreffend die Liegenschaften, zu nutzen,

c) dass der bereits früher signalisierte Prozess der Abwanderung von Notaren in heute für sie lukrativere Berufebegonnen hat,

2. bewertet die Situation als sehr ernst, wobei der gegenwärtige kritische Zustand in einen Zerfall des Notariatshinüberwachsen kann, und deshalb:

3. hält sie für notwendig, den legislativen Prozess so zu beschleunigen, dass zeitgleich mit dem Inkrafttre-ten des Handelsgesetzbuches, der Novelle des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Zivilprozessordnung das Ge-setz über das Notariat in Kraft tritt, aufgrund dessen die Umwandlung des staatlichen Notariats in ein vom vomStaat bestellten Notar als juristischen Freiberuf ausgeübtes öffentliches Amt erfolgen und somit dem No-tariat noch 1991 seine Identität zurückgegeben würde, und

4. zu diesem Ziel wird sie auf der Grundlage der bereits erarbeiteten Entwürfe des Vorbereitungsausschusses derVereinigung der Notare der Tschechischen Republik bis 31.1.1991

a) den Entwurf des Gesetzes über das Notariatb) die Bemerkungen zur Novelle des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Zivilprozessordnung erarbeiten

und diese Dokumente dem Ministerium der Justiz der Tschechischen Republik und den zuständigen Legislativ-räten und -kommissionen vorlegen.

In Prag am 3. 1. 1991

Sekretär der Zentralen Notarkammer Vorsitzender der Zentralen NotarkammerJUDr. Ondřej Holub JUDr. Miloslav Jindřich

Page 49: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

AD NOTAM Jubiläumsausgabe 47

Zentrale Notarkammer ÚNK 15/91Vereinigung der Notare der Tschechischen Republik

Die Zentrale Notarkammer der Vereinigung der Notare der Tschechischen Republik verkündigt folgendes

M e m o r a n d u m

Angesichts der demokratischen Veränderungen in unserem Staat und der Folgen des Beitritts der TschechischenRepublik und der Slowakischen Republik zum Europarat wird unserer Rechtsordnung beschleunigt den Rechtssy-stemen der anderen Länder dieser Rechtsstaatengemeinschaft angepasst.

Unser Recht geht vom kontinentalen Rechtssystem aus, dem vorherrschenden System der Staaten des Europara-tes. In den Rechtsstaaten dieses Systems hat bei der Ausübung des Rechts im zivilrechtlichen Bereich neben denGerichten und der Advokatur auch das Notariat eine unabkömmliche und wesentliche Stellung. Das Notariatist mit seiner Urkunden-, Bescheinigungs- und Beglaubigungstätigkeit bei Rechtsgeschäften mit daran beteiligt, dassdie aus ihnen hervorgehenden Rechte und Pflichten nicht mit Erfolg angefochten werden können und festigt da-mit die Rechtsverhältnisse und die Rechtssicherheit und beugt Streitigkeiten vor.

Das Notariat kann diese seine unersetzbare Funktion nicht erfüllen,da es nach 1948 durch das Gesetz Nr.116/51Sb.verstaatlicht wurde und dem staatlichen Notariat schrittweise Gerichtskompetenzen aufgetragen wurden,und zwar nicht nur im außerstrittigen Gerichtswesen, sondern auch im Erbverfahren und der Entscheidung vonStreitigkeiten, sowie auch Kompetenzen einer Steuerbehörde bei der Bemessung der Immobilienübertra-gungssteuer, der Erbschafts- und der Schenkungssteuer. Die Übertragung der Entscheidungskompetenzen des Ge-richts sollte offensichtlich der Entlastung der Gerichte dienen, um Raum für die Betonung ihrer repressiven Funk-tion zu gewinnen und andererseits den Freiraum für die klassische notarielle Tätigkeit, die im öffentlichen Glaubenden Status einer Rechtsdienstes genießt, einengen und somit die Rechtssicherheit und das Rechtsbewusstsein derÖffentlichkeit herabsetzen. So wurde diese Institution zu einem Organ der Staatsgewalt umgewandelt, und seineursprüngliche Tätigkeit wurde faktisch lediglich auf die Beglaubigung und das Verfassen von Verträgen zur Immo-bilienübertragung reduziert.

Das Notariat besitzt zur Zeit drei miteinander unvereinbare Stellungen:a) die verfassungsmäßig nicht verankerte Stellung eines Gerichts,b) die Stellung einer Steuerbehörde, die ihm als Justizorgan begrifflich überhaupt nicht gebührt,c) die Stellung eines Rechtsdienste erbringenden Organs, das an der Qualität und Schnelligkeit dieser Rechts-

dienste keineswegs interessiert ist.Die Unvereinbarkeit kann am besten am Beispiel des Immobilienübertragungsprozesses demonstriert werden.

Das staatliche Notariat verfasst auf Ersuchen einen Immobilienübertragungsvertrag,überprüft dann im Rahmen desRegistrierungsverfahrens die Gültigkeit dieses Vertrages und entscheidet darüber, bemisst für den Staat die Über-tragungsgebühr, nachdem es vor dem Verfassen des Vertrages im Rahmen seiner Beratungstätigkeit den Steuerzah-ler darüber informiert hat, wie die Übertragung zu verwirklichen ist, damit sie für den Steuerzahler am günstigstenausfällt.

Die Entscheidung durch das Notariat und nicht durch ein unabhängiges Gericht im Bereich zivilrechtlicherBeziehungen über Rechte und Pflichten von Bürgern (im Erbverfahren Entscheidung über strittige Tatsachennach § 18 Notariatsordnung und autoritative Erbschaftsauseinandersetzung nach § 484 Bürgerliches Gesetzbuch ge-gen den Willen der Erben) steht in völligem Widerspruch zur Charta der Grundrechte und Grundfreihei-ten.

Aus praktischer Sicht wurde bereits kurz nach dem Umsturz des totalitären Systems offensichtlich, dass das No-tariat in der gegenwärtigen Gestalt trotz des guten Willens und der Bemühungen der staatlichen Notare objektivnicht mehr imstande ist, zum einen die ihm in der Entscheidungstätigkeit aufgegebenen Aufgaben, dienun zudem um die Erfassung von Verträgen nach den Restitutionsgesetzen wesentlich erweitert wurden, im Ein-klang mit den nach wie vor geltenden Rechtsvorschriften des vergangenen Regimes zu erfüllen, und zum anderendie ständig steigende Zahl berechtigter Begehren an die Urkunds- und Beglaubigungstätigkeit zu be-friedigen, insbesondere im Zusammenhang mit der Novelle des Wirtschaftsgesetzbuches und dem in Vorbereitungbefindlichen Handelsgesetzbuch. Zudem ist infolge der ständig steigenden Bedeutung und dem ständig steigendenPreis von Immobilien, insbesondere von Grundstücken, sowie der starken Unübersichtlichkeit der Eigentümerver-hältnisse in diesem Bereich ein wesentlicher, anhaltender Anstieg der Beratungstätigkeit der staatlichen No-tare zu verzeichnen, da die staatlichen Notare faktisch die einzigen wirklichen Kenner der Grundver-hältnisse in diesem Staat sind und außerdem der Staat, im Unterschied zu den anderen gegenwärtigen Subjektendes Rechtsdienstes, diese Beratungstätigkeit als unentgeltlich festgesetzt hat. Bedenkt man alle diese Faktoren so-wie den ständigen Stress der Notare wegen des drohenden Kollapses jeder Arbeitsstelle, die wachsenden Lebens-haltungskosten und andererseits die derzeit unbegrenzten Betätigungsmöglichkeiten der Notare in anderen, heutefür sie um ein Mehrfaches lukrativeren Berufen, praktisch ohne größere Verantwortlichkeit, so lässt sich (und die-ser Prozess hat bereits begonnen) eine massenhafte Abwanderung insbesondere erfahrener Notare aus dem staat-lichen Organ erwarten.

Von all diesen Gesichtspunkten aus betrachtet ist es unerlässlich, unverzüglich Abhilfe für diesen krisenhaftenZustand durch eine Erneuerung und ein Wiederaufleben der Identität des Notariats zu schaffen, und so auch das

Page 50: AD NOTAM - nkcr.cz · 18. Mai 2003 AD NOTAM „Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.“ Winston Churchill Sehr geehrte Freunde, der Lauf der Zeit

48 Jubiläumsausgabe AD NOTAM

historische Unrecht zu beseitigen, das an dieser Institution in der Vergangenheit durch die vorange-gangene politische Macht verübt wurde, für die das Notariat selbst in dieser aufgezwungenen Gestalt wegenseines bis auf einige Ausnahmen andauernden Vertrauens seitens der Öffentlichkeit ständig ein potentiell gefährli-ches Gebilde blieb, wovon auch die Tatsache zeugt, dass es über keine eigene Rechtssubjektivität verfügt und hier-archisch den Gerichten unterstellt ist.

Angesichts der Tatsache, dass die Rückgabe der Identität dem Notariat mit Änderungen von Rechtsvorschriften,namentlich des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Zivilprozessordnung, verbunden ist und angesichts dieses un-haltbaren Zustands schlägt die Zentrale Notarkammer als das höchste gewählte Organ der Vereinigung der No-tare der Tschechischen Republik, das bis auf wenige Ausnahmen alle staatlichen Notare vereinigt, vor, dass dieseÄnderung der Stellung nicht mit der Kodifizierung des Zivilrechts, sondern bereits im Zusammenhang mit derin Vorbereitung befindlichen Novelle des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Zivilprozessordnung ver-wirklicht wird und gleichzeitig eine neue Notariatsordnung erlassen wird, aufgrund derer die Veränderung desstaatlichen Notariats in eine öffentliche Behörde erfolgt, die von einem staatlich bestellten Notar als frei-beruflichem Juristen ausgeübt wird, womit die Stellung dieser Institution in Einklang mit den Staaten des Eu-roparates gebracht wird.

Die bisherige Entscheidungsagenda des staatlichen Notariats muss wieder auf das Gericht übertragen werden,das sich bei diesen Agenden des Notars als Gerichtskommissar bedienen wird, und die Bemessung der Gebührenbzw. Steuern wird zwangsläufig von den Finanzämtern übernommen. Die Notare werden dann voll ihrer uner-setzbaren Aufgabe gerecht werden können und voll an der Ausbildung neuer eigentumsrechtlicher Verhält-nisse, insbesondere im Immobilienbereich, beteiligt sein; insbesondere werden sie auch in den Resti-tutions- und Privatisierungsprozessen eingesetzt werden können, da so Freiraum für ihre Beratungs- undUrkundentätigkeit entsteht,ein schöpferischer Freiraum,der nicht für Überprüfungen von Erfassungen z.B.von Ver-trägen laut Restitutionsvorschriften genutzt wird, die meist nicht den Gesetzen entsprechen und im Registrie-rungsverfahren berichtigt oder sogar abgelehnt werden müssen, wodurch der Privatisierungsprozess faktisch er-schwert wird.

Zur Abhilfe für den gegenwärtigen Zustand, der in letzter Konsequenz jene beeinträchtigt, die notarielle Dienstezur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer Rechte in zivilrechtlichen und Handels- bzw. unternehmerischen Ak-tivitäten benötigen, legt die Zentrale Notariatskammer folgende Unterlagen vor:

1. Kommentare zur Novelle des Bürgerlichen Gesetzbuches 2. Kommentare zur Zivilprozessordnung3. Entwurf der Novelle des Gesetzes Nr. 146/84 Sb. über Notariatsgebühren (mit der Verabschiedung dieser Novelle

muss nicht auf die Reform des Steuersystems gewartet werden)4. Entwurf der Notariatsordnung (des Notariats-Gesetzes).

Diese Dokumente bilden die Anlage dieses Aktes.

Verabschiedet auf der Tagung der Zentralen Notariatskammer in Prag am 5. 3. 1991.

JUDr. Miloslav JindřichVorsitzender der Zentralen Notariatskammer

An den:

Vorsitzenden der Föderativen Versammlung Vorsitzenden des Tschechischen NationalratesVorsitzenden der Regierung der Tschechischen Republik und der Slowakischen RepublikMinister der Finanzen der Tschechischen Republik und der Slowakischen RepublikRegierungsvorsitzenden der Tschechischen Republik Justizminister der Tschechischen RepublikFinanzminister der Tschechischen Republik