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Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung

www.hessen-nanotech.de

Additive FertigungDer Weg zur individuellen Produktion

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Additive Fertigung Der Weg zur individuellen Produktion

Band 25 der Schriftenreihe der Technologielinie Hessen-Nanotech

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Additive Fertigung

Band 25 der Schriftenreihe der Technologielinie Hessen-Nanotechdes Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung

Erstellt vonDr. Sascha PetersHAUTE INNOVATION – Agentur für Material und TechnologieFidicinstraße 1310965 Berlin

RedaktionSebastian Hummel(Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung)Dr. David Eckensberger(Hessen Trade & Invest GmbH, Hessen-Nanotech)

HerausgeberHessen Trade & Invest GmbHKonradinerallee 965189 WiesbadenTelefon 0611 95017-8326Telefax 0611 95017-8620www.htai.de

Der Herausgeber übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit, die Genauigkeit und die Vollständigkeit der Angaben sowie für die Beachtung privater Rechte Dritter. Die in der Veröffentlichung geäußerten Ansichten und Meinungen müssen nicht mit der Meinung des Herausgebers übereinstimmen.

© Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und LandesentwicklungKaiser-Friedrich-Ring 7565185 Wiesbadenwww.wirtschaft.hessen.de

Vervielfältigung und Nachdruck – auch auszugsweise – nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung.

Titelbild: EDAG Genesis (Quelle: EDAG)Lektorat: Gabriele KopfGestaltung: Piva & Piva, DarmstadtDruck: A&M Service GmbH

www.hessen-nanotech.de

April 2015

ADDITIVE FERTIGUNG

Impressum

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Inhalt

Vorwort und Motivation 1

1. Einleitung: Die additive Fertigung –

Potenziale im Kontext der vierten industriellen Revolution – Die Vision 2

2. Additive Technologien und Fertigungsverfahren 4

2.1 Grundprinzipien und Verfahren 4

2.2 Datenerzeugung und Prozesskette der additiven Fertigung 22

2.3 Prozessketten unter Integration additiver Fertigungsverfahren 24

3. Neue Wertschöpfung mit additiver Fertigung 26

3.1 Markteinschätzung 27

3.2 Qualitative Wirtschaftlichkeitsbetrachtung 29

3.3 Anwendungsszenarien und Branchen 30

3.4 3D-Druckdienstleister und Content-Plattformen 45

3.5 Rechtsfragen im Kontext der additiven Fertigung 48

4. Additive Fertigung: Ausgewählte Erfolgsgeschichten, Potenziale und Projekte aus Hessen 50

4.1 Adam Opel AG: Montagehilfen aus dem 3D-Drucker für die Endfertigung 51

4.2 EDAG Genesis / Light Cocoon: Additive Technologien für die Fertigung

eines Fahrzeug-Skelettrahmens 52

4.3 FKM Sintertechnik: Fabrik der Zukunft für das Zeitalter der Additiven Fertigung 54

4.4 sauer product: Schnellere Markteinführung dank additiver Fertigung 56

4.5 Philipps-Universität Marburg: Additive Fertigung von individuellem Zahnersatz

und Kieferknochen 57

4.6 4D Concepts: Mit Generativer Fertigung zur ‚Customized‘ Sportschuh-Einlage 58

4.7 Universität Kassel: 3D-Druck zementgebundener Formteile 59

4.8 Technische Universität Darmstadt: CAD/CAM Prozesskette für die digitale Fertigung 60

4.9 Fab Lab Darmstadt: Digitales Produzieren und Gründen 61

4.10 Fraunhofer LBF: Polymerisierbare Drucktinten für den porenarmen 3D-Druck und

Piezo-Aktoren mit SLM-Gehäuse 62

4.11 Hochschule für Gestaltung Offenbach: Projekte rund um additive Technologien 64

4.12 3D Scaper: Selfies in der dritten Dimension 66

4.13 Europäische Weltraumbehörde: Lunare Raumstationen aus gedrucktem Gestein 67

5. Unternehmen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Verbände zum Themengebiet

der additiven Fertigung aus Hessen 68

6. Literatur 71

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ADDITIVE FERTIGUNG

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Vorwort

Sie stehen am Freitagabend unter der Dusche und heraus kommt nur eiskaltes Wasser. Der Notdienst kommt zwar sofort, aber das notwendige Ersatzteil kann erst nächste Woche bestellt werden. Wie schön wäre es, hätte der Installateur einen 3D-Drucker zur Hand, mit dem er das Teil an Ort und Stelle ausdrucken könnte.

Was jetzt noch wie Zukunftsmusik klingt, ist in einigen Bereichen schon sehr nahe an der Wirklichkeit. Hat man vor einigen Jahren das Potenzial des 3D-Drucks noch alleine im Prototypenbau gesehen, lässt die technische Entwicklung diese Geräte immer weiter vordringen – bis hinein in Privathaushalte. Heute arbeiten sie sogar in den anspruchsvollsten Anwendungsfeldern, etwa in der Luftfahrttechnik. So verbaut etwa Airbus im A350 Teile aus additiver Fertigung, zu der auch der 3D-Druck gehört.

Ein in der öffentlichen Wahrnehmung noch nicht genü-gend gewürdigter Vorteil ist Ressourceneffizienz. Wird beim klassischen Zerspanen von einem großen Material-block so lange Material abgetragen, bis nur noch die angestrebte Form übrig bleibt, geht der 3D-Druck den umgekehrten Weg: Er platziert das Material genau an der Stelle, an der es benötigt wird, ähnlich einem natürlichen Wachstumsprozess. Deshalb lassen sich bei diesem Ver-fahren Aufbauprinzipien der Natur wesentlich leichter auf technische Systeme übertragen – ein großes Potenzial für bionische Entwicklungen, deren Möglichkeiten bisher mangels geeigneter Fertigungsmethoden noch vielfach ungenutzt bleiben.

Mit der zu erwartenden Verbreitung additiver Fertigungs-techniken werden aber auch bestehende Wertschöpfungs-ketten in Frage gestellt und neue Geschäftsmodelle und Logistikprozesse denkbar. So soll in Zukunft die direkte Erzeugung von Ersatzteilen in der Kfz-Werkstatt eben-so möglich werden wie der Ausdruck individualisierter Produkte in Geschäften für Elektrogeräte oder Design-artikel. Die digitalen Baupläne könnten auf Plattformen im Internet zur Verfügung stehen.

Ein Anwendungsbereich, in dem ebenfalls ganz neuartige Produkte und Anwendungen realistisch erscheinen, ist die Medizintechnik. Individuelle Implantate und Zah-nersatz sind bereits am Markt erfolgreich. Jetzt hoffen Mediziner auf das Bioprinting, den „Druck“ menschlichen Gewebes, etwa von Hautpartien zur Behandlung von Brandverletzungen.

Ich blicke gespannt auf eine Entwicklung, die in den letzten Jahren deutlich an Dynamik gewonnen hat und noch so viel verspricht. Wir hoffen, Ihnen mit der vorlie-genden Broschüre Denkanstöße für innovative Vorhaben geben zu können.

Tarek Al-WazirHessischer Minister für Wirtschaft, Energie,Verkehr und Landesentwicklung

. VORWORT: DIE ADDITIVE FERTIGUNG 1

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2 ADDITIVE FERTIGUNG

1. Einleitung: Die additive Fertigung – Potenziale im Kontext der vierten industriellen Revolution – Die Vision

Mit der Entwicklung additiver Fertigungsverfahren seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden einige wichtige Grundlagen für die nächste und damit vierte industrielle Revolution geschaffen. Während die erste industrielle Revolution seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Überführung handwerklicher Tätigkei-ten in mechanisierte Abläufe mithilfe von Wasser- und Dampfkraft meint, wurde mit der zweiten industriellen Revolution arbeitsteilige Massenfertigung an elektrisch betriebenen Fließbändern möglich. Der dritte große Entwicklungssprung industrieller Prozesse ging auf den Einsatz der Informationstechnologien zur Automatisierung der Produktion zurück. Die intelligente Organisation dezentraler Fertigungseinheiten durch Verknüpfung von Informations- und Produktionstechnologie im Internet der Dinge wird die Grundlage bieten für die vierte indust-rielle Revolution, in der Experten große Potenziale für die deutsche Wirtschaft im globalen Wettbewerb sehen.

Es wird erwartet, dass Kunden in Zukunft über Inter-net-Portale den Kauf eines Produkts auslösen, die Daten für Bauteile abrufen, beeinflussen und archivieren so-wie den Status eines Produktionsauftrags überwachen können. Der Herstellungsprozess wird mit dezentralen Produktionseinheiten dort stattfinden, wo es aus Sicht der räumlichen Verortung des Kunden und der Auslastung der Fertigungseinheiten sinnvoll erscheint. Nicht die Produkte werden um den Globus geschickt, sondern lediglich die Dateien für ihre Fertigung – individuell anpassbar bis weit in den Produktionsprozess hinein. Die digitalen Fabriken werden sich nicht mehr nur in Fernost befinden, sondern aus dezentralen Produktionseinheiten in regionaler Nähe bestehen, die ‚Einzelstücke vom Band‘ zu vergleichbaren Preisen wie bei der Massenproduktion möglich machen.

Produkte, Maschinen und Transportboxen sind über Mik-rochips mit dem Web verbunden. Das Internet der Dinge wird die Selbstorganisation intelligenter Produktionsab-läufe ermöglichen und eine Steigerung der Produktivität von bis zu 50 Prozent nach sich ziehen. Zudem wird die Speicherung von Rohstoffinformationen im Produkt die Rezyklierbarkeit fördern und geschlossene Materialkreis-läufe ermöglichen. Experten gehen dabei mittelfristig von Einsparpotenzialen an Energie und Ressourcen in der Größenordnung von 20 bis 25 Prozent aus.

Den additiven Fertigungsprozessen wird im Kontext der vierten industriellen Revolution eine entscheidende Rolle beigemessen. Denn durch den aufbauenden Charakter wird das bisherige Verständnis konventioneller, Materi-al abnehmender zerspanender Techniken wie Fräsen, Bohren oder Drehen vollständig revidiert. Dabei werden nicht nur Ressourcen eingespart und Produktionsabfälle vermieden, es werden Produktteile mit derart komplexen Geometrien möglich, die auf konventionellem Wege wie mittels Gussverfahren gar nicht umsetzbar wären.

Experten gehen davon aus, dass sich die generative Fertigung zunächst als Ergänzung zu bisherigen Pro-duktionsprozessen etablieren wird. Auffällig ist schon heute die große Anzahl von Unternehmensgründungen im kleingewerblichen Bereich, die durch Weiterentwick-lung der Produktionsverfahren ausgelöst wurde. Die Möglichkeit zum Betrieb von Mini-Fabriken mit neuen Geschäftsmodellen und individualisierten Produkten haben 3D-Druck-Entrepreneure in nahezu allen größeren Städten aktiv werden lassen, die zudem durch Crowd-funding-Kampagnen das nötige Kapital über das Internet und soziale Netzwerke finden konnten (vgl. Horscher, Florian: 3D-Druck für alle – Der Do-it-yourself-guide. München, Wien: Carl Hanser Verlag, 2014).

„Es wird massenhaft Nischen geben“, sagt der Inter-net-Visionär Chris Anderson und blickt in die Zukunft des 3D-Drucks. „Wir werden einfach nur mehr von allem sehen: Mehr Innovation, an mehr Orten, von mehr Menschen, die sich auf mehr und engere Nischen konzentrieren. Gemeinsam werden all diese neuen Produkte die in-dustrielle Wirtschaft neu erfinden, oft mit nur wenigen Tausend Stück auf einmal, aber es werden die genau richtigen Produkte für einen zunehmend anspruchsvollen Konsumenten sein.“ (Quelle: Anderson, C.: Makers. Das Internet der Dinge: die nächste industrielle Revolution. München, Wien: Carl Hanser Verlag, 2013)

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. EINLEITUNG: DIE ADDITIVE FERTIGUNG 3

Diese Entwicklung scheint auch für Länder attraktiv zu sein, die in den letzten Jahrzehnten einen enormen Abbau der industriellen Produktion hin zum Dienstleistungssektor zugelassen haben. Additive Fertigungstechnologien werden als Schlüssel zur Re-Industrialisierung von Volks-wirtschaften erkannt und wahrgenommen.

In seiner Rede zur Lage der Nation im Februar 2013 nannte US-Präsident Barack Obama die additive Fertigung als Grundlage für ein neues Wachstum der US-Produktion. Das Weiße Haus will daher insgesamt eine Milliarde US-Dollar an Fördermitteln bereitstellen und ein Netzwerk aus Förderinstitutionen für die amerikanische Wirtschaft etablieren. Mit dem Forschungsprogramm Horizont 2020 will die Europäische Kommission den Ausbau additiver Fertigung in Europa unterstützen und durch Innovationen in diesem Gebiet stärken. Denn während US-amerikanische Unternehmen vor allem den Bereich der Extrusionsverfahren bestimmen, werden die für die industrielle Produktion im Automobil- und Luftfahrtbe-reich wichtigen Metallsysteme weitgehend von den drei deutschen Anlagenherstellern SLM, Laser Concept und EOS beherrscht.

Doch nicht nur in der westlichen Welt wird eine stärkere Verwendung additiver Fertigungsprozesse angestrebt, auch asiatische Länder bringen sich durch die Bereitstel-lung von Fördermitteln in Stellung. In China und Singapur stehen dreistellige Millionenbeträge bereit, die die dortige Industrie auf den Wandlungsprozess in ein Zeitalter des

Internets der Dinge vorbereiten soll. China geht bereits von einem Umsatz von 1,6 Milliarden US-Dollar aus, der in den nächsten Jahren von chinesischen Unternehmen mit additiven Technologien erwirtschaftet werden wird (Quelle: VDI: Statusreport „Additive Fertigungsverfahren“, Verein Deutscher Ingenieure e.V., September 2014).

Noch ist der Markt rund um die generative Fertigung überschaubar. Dass es einen Wandlungsprozess hin zu einer stärkeren Verwendung additiver Produktionstech-nologien geben wird, ist für einige Anwendungsgebiete und Industriebranchen unbestritten. Die Geschwin-digkeit des Wandlungsprozesses wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst. Noch sind die Verfahren nicht für eine Massenproduktion ausgelegt. Vor allem der meist notwendige Aufwand zur Nachbehandlung generativ erstellter Bauteile macht noch große Entwicklungsan-strengungen notwendig. Für welche Produktbereiche und Anwendungsfelder sich die generative Fertigung am besten eignen wird, ist daher derzeit Gegenstand inten-siver Diskussionen. Ob wir dem Wandel im Nachhinein tatsächlich den Charakter einer industriellen Revolution zuschreiben, bleibt abzuwarten. Die Entwicklungen am Markt in den letzten beiden Jahren lassen jedoch ein großes Potenzial vor allem für die deutschen und auch die hessischen Unternehmen vermuten. Daher werden in den folgenden Kapiteln die wesentlichen technologischen Rahmenbedingungen additiver Fertigungsprozesse und ihre Potenziale für die unterschiedlichen industriellen Branchen näher beschrieben.

Verwendung additiver Techniken für den Bau einer Raumstation auf dem Mond (Quelle: ESA, Foster+Partners)

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2. Additive Technologien und Fertigungsverfahren

4 ADDITIVE FERTIGUNG

In der Science-Fiction-Saga Raumschiff Enterprise bezeich-nete der ‚Replikator‘ eine Anlage, mit der aus einzelnen Atomen ganze Bauteile und Waffen, Speisen und Getränke scheinbar beliebig zusammengesetzt werden konnten. Marshall Burns nannte seine Idee von der digitalen Heimfabrik 1987 ‚Fabber‘, kleine dezentrale Fabrikations-anlagen, mit denen die Vision von der Produktion von Einzelteilen möglich werden sollte. Seitdem sind zwar über 20 Jahre vergangen, doch durch Weiterentwicklung von Produktionstechnologie, Software und Materialien wird das Zukunftsszenario nun immer realistischer (Pe-ters 2011). Die Grundlage für die Entwicklung bilden so

genannte additive Fertigungsprinzipien, die, anders als bei konventionellen Produktionsprozessen üblich, nicht Material abnehmen (wie beim Drehen, Bohren, Sägen, Fräsen) oder Werkstoffe umformen (wie beim Biegen, Ziehen), sondern aufbauen beziehungsweise generieren. In der Fachliteratur haben sich daher die Bezeichnungen additive beziehungsweise generative Fertigungsver-fahren etabliert. Mit den großen Verkaufszahlen von Consumer-Anlagen bis in den privaten Bereich hat sich die Bezeichnung ‚3D-Druck‘ als weitere – wenn auch eigentlich zu knapp gefasste – Alternative etabliert.

Die heute bekannten additiven Herstellungsverfahren und Anlagentypen lassen sich hinsichtlich der verwen-deten Materialien in fünf generative Fertigungsprinzipi-en unterteilen. Dabei geht man von unterschiedlichen Halbzeugen als Ausgangsstoffen und verschiedenen Wirkprinzipien aus, die den schichtweisen Aufbau der

Bauteile bewirken. So kann die Vielzahl der heute genutz-ten Anlagen in die Verfahrensgruppen Stereolithografie, Lasersintern/Lasermelting, 3D-Druck (Three Dimensional

Printing), Schmelzschicht- bzw. Schichtlaminatverfahren eingeteilt werden.Eine Auswahl der einzelnen Technologien erfolgt in aller Regel hinsichtlich der verwendbaren Werkstoffe, der realisierbaren Genauigkeit, der möglichen mechanischen Qualität, des maximalen Anlagenbauraums sowie des

Kostenrahmens. Aufgrund der aktuellen Dynamik im Markt ändern sich die Rahmenbedingungen ständig. Die folgende Tabelle soll als Anhaltspunkt dienen:

2.1 Grundprinzipien und Verfahren

Grundprinzipien additiver Fertigungsverfahren (Quelle: in Anlehnung an: Gebhardt, A.: Generative Fertigungsverfahren: Additive Manufacturing und 3D Drucken für Prototyping – Tooling – Produktion. München, Wien: Carl Hanser Verlag, 4. Auflage, 2013)

FeststoffAggreagat-zustand

Halbzeug

Wirkprinzip

Verfahren

Draht Pulver Folie / Platte Flüssigkeit

Flüssigkeit

Extrusion-Verfahren

Aufschmelzen undErstarren

Aufschmelzen undErstarren

Sintern / Schmelzen

Verkleben durch Binder

3D Drucken

Ausschneiden und Fügen

Schicht-Laminat-Verfahren

Polymerisieren

PolymerisationStereolithographie

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ADDITIVE TECHNOLOGIEN UND FERTIGUNGSVERFAHREN 5

Die Stereolithografi e (SL) wurde Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts an der University of Texas in Austin entwickelt und gilt als ältestes additives Verfahrensprinzip. Ende 1987 hat die Firma 3D-Systems Inc. erstmals eine Anlage präsentiert und kommerzialisiert sie seitdem. Bereits im Jahr 1984 wurde das Stereolithografi ever-fahren von Chuck Hall zum Patent angemeldet. Mit der Stereolithografi e werden aktuell die höchsten Genau-igkeiten erzielt. Sie ist daher die wichtigste Technik zur Erstellung von Urmodellen für den Fein-, Polyamid- und Vakuumguss. 2012 brachte FormLabs die erste SL Desk-Top Anlage auf den Markt.

2.1.1 Stereolithografi e

Werkstück

SpiegelLaser

Wischer

Bauplattform

Harzbehälter

(Flüssiges Polymer)

12

4

3

1 Wischer verteilt Polymer

2 Laser fährt Schnittfläche ab

3 Bauplattform senkt sich

4 Polymer verfestigt durch Laser

Mat

eria

lko

sten

1

Gen

auig

-ke

it1

M

ind

est-

wan

dst

ärke

1

0

0,5 ±mm

±0,15mm ±0,1mm ±0,05mm ±0,1mm

±0,2mm ±0,15mm

0

2 mm

0,2mm 0,4mm 0,1mm 0,1mm 1,5mm

0,05mm

1Quelleninfo: AA

Que

lle: S

trat

asys

Que

lle: 3

DSy

stem

s

Quelle: EOS

Quelle: 3DSystems

Quelle: Helisys

Que

lle: 3

DSy

stem

s

0

1

2 €/cm³ 0,32 €/cm³

(ABS)

0,75 €/cm³ (Polyamid) 0,20 €/cm³

(NE-Metall-Pulver) 0,23 €/cm³ (Photopolymer)

1,05 €/cm³ (Ni-Basis-Leg.)

0,05 €/cm³ (Polyester-Folie)

Material für Stütz- konstruktionen notwendig

Aufgrund thermischer Einwirkung wird loses/stützendes Pulver in Nähe des Bauteils beschädigt und unbrauchbar

Für gesamten Bauraum in xy-Ebene und Höhe des

Bauteils wird Material benötigt Material für Stütz-

konstruktionen notwendig

Fused LayerModeling (FLM)

Selektives LaserSintern (SLS)

Selektives LaserMelting (SLM)

3D-Printing(3DP)

Layer LaminatedManufacturing (LLM)

Stereolitho-graphie (SL)

Grafi k: Verfahrensprinzip der Stereolithografi e

Tabelle: Vergleich generativer Fertigungsverfahren (Quelle: Anderl, R.: Additive Manufacturing oder generative Fertigungsverfahren – vom Prototypen zur Massenfertigung? Vortrag anlässlich der Veranstaltung „Additive Manufacturing“ des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, Hanau,23. September 2014)

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6 ADDITIVE FERTIGUNG

Verfahrensprinzip

Auf Basis von 3D-CAD-Daten entstehen bei der Stereo-lithografie Bauteilgeometrien durch lokales Aushärten eines lichtempfindlichen Fotopolymers mit Hilfe eines Laserstrahls. Zunächst wird Kunstharz in ein Harzbad eingelassen, in dem die Bauteilplattform jeweils um eine Schichtdicke unterhalb der Oberfläche versenkt wird. Durch zeilen- bzw. schichtweises Belichten der Formteil-geometrie mit dem Laser härtet das Fotopolymer aus. Es entsteht die erste Schicht des gewünschten Bauteils. In der Abfolge wird die Bauteilplattform um eine weitere Schichtdicke nach unten gefahren. Das Harz fließt von der Seite auf die Plattform und wird mit einer Wischvor-richtung gleichmäßig auf der bereits gehärteten Struktur verteilt, bevor der Laser die nächste Schicht belichtet. Der Prozess wiederholt sich so lange, bis das Formteil vollständig aufgebaut und die gewünschte Bauteilhö-he erreicht ist. Um das Absinken von überhängenden Schichten im Harzbad zu verhindern, werden dünne Stützstrukturen benötigt, die nach der Entnahme von der Bauteilplattform entfernt werden müssen. Zur voll-ständigen Aushärtung des Materials müssen Stereolitho-grafiebauteile abschließend unter Einfluss von UV-Licht gelagert werden. Alternativ zum Laser arbeiten einige Anlagen mit UV-Licht emittierenden Lampen und einer Maske. Dabei wird auf die aufwendige Spiegeleinrichtung zur Steuerung des Laserstrahls verzichtet.

Materialien

Bei Anlagentypen der Stereolithografie können aus-schließlich flüssige Fotopolymere wie Epoxid- oder Acrylharz verarbeitet werden. Nach der Aushärtung weisen diese eine hinreichende Stabilität und Temperaturbestän-digkeit auf. Unter dünnwandiger Ausführung werden die Bauteile semitransparent, innere Wandstrukturen und Verstärkungen schimmern je nach Lichteinfall hindurch. Es gibt jedoch einige Nachteile dieser Verfahrenstech-nologie. So können bei der klassischen Ausführung samt Harzbad keine unterschiedlichen Materialien in einem Ar-beitsschritt verwendet werden. Auch stellen Harzsysteme in flüssiger Form eine nicht unerhebliche Belastung für die Umwelt dar und sind zudem nicht unbegrenzt haltbar. Bei der Weiterentwicklung der Harze wird vor allem an der Verbesserung der Wärmestabilität gearbeitet.

Bauteilgrößen, Genauigkeit, Nachbearbeitung

Mit Hilfe der Stereolithografie können die höchsten Genauigkeiten bei additiven Fertigungsprozessen erzielt werden. Diese resultieren insbesondere aus den kleinen Schichtstärken mit einer Detailauflösung von 0,02 Milli-meter. Die Bauteile weisen heute sehr gute Oberflächen auf, sie sind glatt und der Schichtenaufbau ist nicht mehr zu erkennen. Standardanlagen haben einen Bauraum zwischen einer Größe von 250 x 250 x 250 Millimeter und 1000 x 800 x 500 Millimeter. Größere Bauteile können aus mehreren kleineren zusammengesetzt werden. Eine anschließende Oberflächenbehandlung durch Lackieren, Streichen oder Metallisieren ist üblich, wodurch allerdings die Semitransparenz des Materials verschwindet. Die Oberflächenqualität kann durch Polieren oder zerspa-nende Bearbeitung weiter verbessert werden.

Transparentes Finish eines Stereolithografie-Bauteils (Quelle: Materialise)

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ADDITIVE TECHNOLOGIEN UND FERTIGUNGSVERFAHREN 7

Anwendung

Die Stereolithografie hat eine große Bedeutung für den Modellbau zur Bereitstellung von Anschauungsobjekten. Durch die sehr guten Qualitäten eignen sich die Bauteile auch für den Einsatz als Funktionsprototypen oder als Urmodelle für den Fein- und Vakuumguss. Durch die geringe Wärmestabilität ist der direkte Gebrauch von Stereolithografie-Bauteilen jedoch meist nicht möglich. Mittlerweile können Verfahrensvarianten auch zur Erzeu-gung von Nano- und Mikrostrukturen eingesetzt werden.

Wirtschaftlichkeit

Aufgrund ihrer Historie ist die Stereolithografie die am häufigsten eingesetzte additive Verfahrenstechnologie. Die Preise für gängige Stereolithografie-Anlagen sind in den letzten Jahren gefallen. Sie liegen aktuell aber immer noch bei über 50.000 Euro. Daher haben sich viele Dienstleister am Markt etabliert. Desk-Top-An-lagen und Bausätze mit geringerer Präzision sind seit 2012 für rund 3.000 Euro erhältlich. Das Material ist allerdings viermal teurer als bei Extrusionsanlagen wie FLM (Fused Layer Modeling; siehe Kapitel 2.1.3). Da nach dem Fertigungsprozess zudem Überschuss im Bauraum bleibt, muss mehr Verbrauchsmaterial als Bauteilvolumen einkalkuliert werden.

Besondere Verfahren und Anlagentypen

Mammut-Stereolithografie Um die steigende Nachfrage nach großen Bauteilen und Modellen bei kurzen Prozesszeiten bedienen zu können, hat der Dienstleister Materialise aus Belgien eine Mammut-Stereolithografieanlage in Gebrauch. Mit dieser können Bauteile mit maximalen Maßen von 2100 x 700 x 800 Millimeter erzeugt und in vier bis acht Tagen geliefert werden. Zur Erstellung von Funktionsbauteilen bietet Materialise zudem eine Metallbeschichtung an. Zur Abbildung verschiedener Qualitäten kann zwischen vier unterschiedlichen Harzsystemen gewählt werden.

PolyJet Modeling (PJM)Die Polyjet-Technologie ist vergleichbar mit dem Ink-Jet-Druck. Mit einem Druckkopf wird ein flüssiges Foto-polymer schichtweise auf der Bauteilplattform aufge-tragen und durch UV-Licht direkt verfestigt. Das Harz-bad kann hier entfallen, allerdings müssen zur Reali-sierung von Überhängen Stützstrukturen mitgedruckt werden. Mit dem Polyjet-Modeling werden sehr hohe Genauigkeiten von 16 Mikrometer in Z- und 42 Mikro-meter in X- und Y-Richtung erzielt. Es ist zudem die einzige Anlagentechnologie, mit der drei verschiedene Werkstoffe in einem Prozess zur Realisierung von Multi-materialanwendungen verarbeitet werden können.

Mikro-Stereolithografie (MSL)Mit einem Gewicht von lediglich anderthalb Kilogramm und den Maßen einer Milchverpackung wurde 2013 an der Technischen Universität Wien von Professor Jürgen Stampfl und seinem Team der weltweit kleinste Stereo-lithografie-Drucker entwickelt. Er arbeitet mit flüssigem Harz, welches mit LED-Licht von hoher Integrität punk-tuell ausgehärtet wird. Die Schichtdicken betragen 0,05 Millimeter. Auch an anderen Forschungseinrichtungen wird an der Mikro-Stereolithografie gearbeitet, da hier große Zukunftspotenziale gesehen werden.

Der kleinste Stereolithografie-Drucker der Welt (Quelle: TU Wien, Prof. Jürgen Stampfl)

Samsonite S’cure Prototyp in Mammut-Stereolithografieanlage (Quelle: Materialise)

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Digital Light Processing (DLP)Als weitere Verfahrensvariante der Stereolithografie wird beim Digital Light Processing mit UV-Licht gear-beitet, um das Fotopolymer schichtweise auszuhärten. Das Licht trifft dabei zunächst flächig auf einen Mikro-chip, in dem viele bewegliche Mikrospiegel integriert sind. Die Strahlen werden so auf die auszuhärtenden Bereiche im Bauraum reflektiert und bewirken den suk-zessiven Aufbau der Bauteilstruktur. DLP-Anlagen sind sehr kompakt, vergleichsweise preiswert und werden zum Beispiel bevorzugt im Schmuckbereich eingesetzt.

3D-LaserlithografieAls Ausgründung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat Nanoscribe im Jahr 2008 die Kommerzialisierung der 3D-Lithografie gestartet, mit der Strukturen in Nano-dimension realisiert werden können. Die Technologie basiert auf der Multiphotonen-Polymerisation, womit sich hochauflösende 3D-Strukturen in fotosensitive Materialien einbringen lassen. Ein lichtempfindlicher Lack wird mit Lichtblitzen beschossen und härtet aus. Anschließend wird das überschüssige Material ausgewaschen.

Lithography-based Ceramic Manufacturing (LCM)Als weitere Entwicklung an der TU Wien, ebenfalls in der Forschungsgruppe von Professor Jürgen Stampfl, wurde eine Technologie zur additiven Herstellung von Hochleistungskeramiken entwickelt. Das LCM-Verfah-ren arbeitet auf Basis einer fotosensitiven und zunächst zähflüssigen Kunststoff- und Keramikpartikelmischung (Mischverhältnis 1:1). Dieses wird schichtweise aufge-tragen und mit einem eigens entwickelten LED-Projekti-onssystem zu feinen Strukturen ausgehärtet. Der entste-hende Kunststoff-Keramik-Rohling wird nach dem addi-tiven Prozess in einem thermischen Prozess entbindert. Der Polymeranteil wird dabei vollständig ausgebrannt und die keramischen Partikel versintern miteinander. Die Bauteile weisen eine Dichte von 99,4 Prozent auf und erhalten nach Schwindung, also der Volumenände-rung, ohne dass Material entfernt oder Druck ausgeübt wird, ihre eigentliche Geometrie.

3D-Lithografie in Nanodimension (Quelle: Nanoscribe)

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ADDITIVE TECHNOLOGIEN UND FERTIGUNGSVERFAHREN 9

2.1.2 Selektives Lasersintern

Beim Selektiven Lasersintern (SLS) wird mit pulverför-migen Ausgangsstoffen gearbeitet, die unter Einfl uss eines Lasers aufgeschmolzen werden. Das Verfahren wurde Mitte der 80er Jahre an der University of Texas von Joe Beaman und Carl Deckard entwickelt. Aufgrund der erzielbaren Qualitäten nahe des Serienwerkstoffs hat das Lasersintern in der Industrie ein große Bedeutung. Es wird sowohl für den Prototypen- und Werkzeugbau als auch für die direkte Fertigung von Bauteilen (Direct Digital Manufacturing) genutzt. Anfang 2014 sind einige grundlegende Patente für das Selektive Lasersintern ausgelaufen, sodass das immer noch hohe Preisniveau für Bauteile und Anlagen in den nächsten Jahren sinken könnte. Für die Verarbeitung von Metallpulvern wird mittlerweile die Bezeichnung des Selektiven Laser Mel-tings (SLM) genutzt. Durch den Einsatz mehrerer Laser in einer Anlage wird für die nächsten Jahre die 100 bis 1.000-fache Steigerung der Produktivität erwartet.

Verfahrensprinzip

Das Lasersintern basiert auf dem lokalen Sintern und Verschmelzen pulverförmigen Materials unter Wärmeein-wirkung eines Laserstrahls ausgehend von 3D-CAD-Daten. Mit einer walzenförmigen Beschichtungseinheit wird eine dünne Pulverschicht gleichmäßig auf dem Druckbett verteilt und geglättet. Durch schicht- bzw. zeilenweises Aufschmelzen der entsprechenden Bereiche, anschließen-des Abkühlen und Verfestigen entstehen schichtweise in einem Pulverbett komplexe Formteilgeometrien. Ist die Belichtung einer Bauteilschicht abgeschlossen, fährt das Druckbett um eine Schichtdicke nach unten, es wird erneut Materialpulver aufgetragen (Materialstärke zwischen 0,001 bis 0,2 Millimeter) und der Sinterprozess für die nächste Schichtstruktur wiederholt sich. Da der verfestigte Mate-rialverbund von losem Pulver umgeben ist, wird für die Realisierung von Überhängen keine Stützstruktur benö-tigt. Allerdings sind zusätzliche Strukturen nötig, um das Bauteil beim Arbeiten mit hochenergetischen Lasern in Position zu halten. Zur Reduzierung der Prozesszeit wird der gesamte Druckraum bei den meisten Anlagen auf einen Temperaturbereich unterhalb der Schmelztempe-ratur des zur Anwendung kommenden Materialpulvers erhitzt. Vor der Entnahme des fertigen Bauteils aus dem Pulverbett muss der gesamte Druckraum über mehrere Stunden gleichmäßig abgekühlt sein. Nicht genutztes Pulver kann erneut verwendet werden.

Prozess des Lasersinterns (Quelle: EOS)

Grafi k: Verfahrensprinzip des Selektiven Lasersinterns

Spiegel

Pulvervorrats- bzw. Pulverauffangbehälter

Laser

Walze

Bauplattform

Werkstück

Pulver

1

2

4

3

1 Walze verteilt Pulver

2 Laser fährt Schnittfläche ab

3 Bauplattform senkt sich

4 Pulver verschmilzt durch Laser

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10 ADDITIVE FERTIGUNG

Materialien

Grundsätzlich eignet sich jeder schmelzbare und als Pulver herstellbare Werkstoff für das Selektive Lasersin-tern. Kommerziell verfügbar sind zahlreiche Kunststoffe (zum Beispiel PA 22, PA 12, PS, PEEK, thermoplastische Elastomere), Keramiken, Metalllegierungen (Werkzeug- und Edelstähle, Aluminium, Titan) und Quarz-Sand. Da die Pulver gleichmäßige Korngrößen aufweisen müssen, werden sie meist auf synthetischem Wege erzeugt. Beim Umgang mit Pulvermaterialien mit Korngrößen zwischen 20 und 100 Mikrometer greifen die bestehenden Rechts-vorschriften hinsichtlich Arbeitssicherheit, und Fachleute wie beispielsweise Vertreter der Bundesanstalt für Arbeits-schutz und Arbeitsmedizin BAuA weisen grundsätzlich auf die vorsichtige Handhabung der Pulver hin, da die ultrafeinen Partikel in die menschliche Lunge eindringen können. Daher empfi ehlt sich die Verwendung eines Mundschutzes. Bei der Verarbeitung metallischer Pulver wird zur Vermeidung von Oxidation meist ein Schutzgas (meist Stickstoff oder Argon) im Bauraum verwendet. Forschern am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik (ILT) in Aachen ist es durch Integration eines Lasersystems mit 1.000 Watt Leistung in eine bestehende SLM-Anlage gelungen, Bauteile aus verschiedenen Kupferlegierungen mit einer Dichte von 99,9 Prozent generativ zu fertigen. Außerdem ermöglicht das Verfahren auch die Herstellung von Objekten aus hochfester Zirkonoxid- und Alumini-umoxid-Keramik.

• Polyamid Pulver: VESTOSINT® hat eine sehr geringe Wasseraufnahme. Es ist das am

häufi gsten verwendete Material für das Lasersintern. Die mit dem Material erstellten Teile weisen sehr gute mechanische Eigenschaften und eine gute Ober-

fl ächenqualität auf.

• PEBA Pulver: VESTOSINT®Z2611 weist eine im Vergleich zum Standardmaterial um das

Achtfache gesteigerte Flexibilität und das Fünffache der Zugfestigkeit auf.

• PEEK Pulver: VESTAKEEP® PEEK ist für seine hohe Temperaturbeständigkeit und che-

mische Beständigkeit bekannt. Es zeichnet sich durch einen sehr hohen Schmelzpunkt von 340 Grad Celsius aus.

Bauteilentnahme aus dem Pulverbett (Quelle: Evonik Industries)

Tabelle: Materialangebote zum Lasersintern von Evonik (Quelle: Evonik Industries)

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ADDITIVE TECHNOLOGIEN UND FERTIGUNGSVERFAHREN 11

Bauteilgrößen, Genauigkeit, Nachbearbeitung

Beim Lasersintern liegen die Bauräume der Anlagen derzeit zwischen 250 x 250 x 150 Millimeter und 720 x 500 x 450 Millimeter. Die großen Anlagen arbeiten dabei teilweise mit zwei Lasern, um die Prozessdauer zu verkür-zen. Die Aufbaurate für Metallsysteme liegt aktuell bei etwa einem Kubikzentimeter pro Stunde. An Anlagen mit bis zu acht Lasern wird derzeit gearbeitet. Aufgrund der Korngrößen der Pulver weisen lasergesinterte Bauteile raue Oberflächen auf. Die Genauigkeiten liegen stan-dardmäßig bei +/- 0,1 Millimeter. Bei Metallbauteilen werden mittlerweile Werte von +/- 0,02 Millimeter erzielt. Übliche Schichtdicken bei Metallen wie Edel- und Werk-zeugstahl sind 20 Mikrometer oder 40 Mikrometer, bei Aluminium beträgt sie 30 bis 50 Mikrometer. War noch bis vor einigen Jahren für die Realisierung hochdichter Metallbauteile eine Infiltration mit niedrigschmelzenden Metallen erforderlich, werden heute beim Laser-Melting hochdichte Bauteile mit sehr guten mechanischen Quali-täten erzielt. Die Festigkeiten liegen teilweise sogar über denen konventionell produzierter Bauteile. Vor allem beim SLM von Metallteilen muss durch den thermischen Einfluss des Lasers je nach Bauteilgeometrie ein nicht unerheblicher Verzug einkalkuliert werden. Die rauen Oberflächen können bis zum Hochglanz geschliffen werden. Vor dem Start eines neuen SLM-Prozesses muss die Bauteilplattform in der Regel plangefräst werden.

Anwendung

Bis vor einigen Jahren waren lasergesinterte Bauteile vornehmlich als technische Prototypen oder Funktions-prototypen im Einsatz. Heute kann das Lasersintern bzw. Lasermelting für eine direkte Herstellung individualisierter Bauteile und von Kleinserien verwendet werden. Typi-sche Anwendungsbereiche sind die Medizintechnik (zum Beispiel Implantate und Prothesen), der Werkzeug- und Formenbau (zum Beispiel Leichtmetall-Druckguss und Feinguss) sowie der Maschinenbau und die Luftfahrt. So wurde bereits ein Robotergreifer durch Lasersintern realisiert. Im Design- und Schmuckbereich findet das Lasersintern seit knapp einem Jahrzehnt ebenfalls Ver-wendung. GE Aviation baut derzeit einen Standort mit generativen Fertigungsanlagen in Alabama (Fertigstel-lung in 2015), wo Lasersinter-Anlagen zur Herstellung von Treibstoffdüsen für Flugzeugtriebwerke verwendet werden sollen.

Wirtschaftlichkeit

Aufgrund der hohen Anlagenkosten (Durchschnitts-preis einer Industrieanlage: 80.000 US-Dollar; Horscher, Florian: 3D-Druck für alle – Der Do-it-yourself-guide. München, Wien: Carl Hanser Verlag, 2014) muss die Anwendung des Lasersinterns und seiner Verfahrens-varianten gut kalkuliert werden. Die Bauplattform wird

Lasergesintertes Handlingssystem (Quelle: Robomotion, Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA)

Cynara – Lasergesinterte Leuchte (Quelle: CIRP, Design: Sven Eberwein)

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12 ADDITIVE FERTIGUNG

in der Regel dicht bepackt, damit sich der Betrieb einer Anlage finanziell rechnet. Die Kosten für lasergesinterte Bauteile bewegen sich je nach verwendetem Material in einer Größenordnung von wenigen hundert bis hin zu einigen tausend Euro. Damit liegen die Kosten über denen anderer Verfahren, was die Verwendung im klein-gewerblichen Kontext eigentlich ausschließt. Dienstleister sind daher weit verbreitet.

Besondere Verfahren und Anlagentypen

Elektronenstrahlschmelzen (EBM)Zur Erzielung höherer Leistung (10 Kilowatt gegenüber 250 Watt beim Lasersintern) wird in einer Verfahrensvariante anstelle eines Lasers ein Elektronenstrahl verwendet. Damit lassen sich selbst hochfeste Stähle bei verkürzter Prozessdauer verarbeiten. Durch das Elektronenstrahl-schmelzen wird die direkte Herstellung metallischer Bauteile möglich. Daher vermarktet der schwedische Anlagenhersteller Arcam AB seine EBM-Anlagen unter dem Markennamen ‚CAD-to-Metal‘.

Selektives Maskensintern (MS)Als Verfahrensvariante des Lasersinterns befindet sich das Selektive Maskensintern derzeit in der Entwicklung, um die Prozessdauer des Selektiven Lasersinterns deut-lich zu reduzieren. Es arbeitet mit Pulverschichten aus Kunststoffen (zum Beispiel Polyamid), die schichtweise aufgetragen werden. Anders als beim Lasersintern be-

wirkt kein Laser das Verschmelzen der Partikel, sondern eine flächige Infrarotlampe. Über eine Maske lässt diese die Bauteilgeometrie lediglich dort entstehen, wo das Licht die durchlässigen Bereiche der Maske passieren kann. Wie beim SLS werden keine Supportstrukturen benötigt. Das Verfahren ermöglicht ähnlich gute me-chanische Qualitäten, befindet sich derzeit aber noch in der Testphase.

SolarsinternDer deutsche Designer Markus Kayser hat mit dem Solarsinter eine Anlage entwickelt, die für die additive Bauteilherstellung lediglich Sandpartikel und Sonnenlicht benötigt. Mit einer Optik wird die Sonnenstrahlung auf einen Punkt im Sandbett fokussiert. Der Prozess folgt dann dem bekannten Muster. Eine mit Solarenergie betriebene 3D-Druckeinrichtung sorgt für das Absenken der Bauteilschicht und das Aufbringen der jeweils neuen Sandschicht. Wie Tests in der Sahara zeigten, reicht die entstehende Wärmemenge aus, um die Silikatpartikel miteinander zu verschmelzen und als Glas abzukühlen.

SLS Verlängerungskabel ‚Doppelhelix CABLE‘ (Quelle: CIRP, Design: Yusuke Goto)

Der deutsche Designer Markus Kayser mit seinem Solarsinter bei der Arbeit (Quelle: Markus Kayser)

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ADDITIVE TECHNOLOGIEN UND FERTIGUNGSVERFAHREN 13

2.1.3 Schmelzschichtverfahren

Durch das Auslaufen einiger Schutzrechte im Jahr 2009 haben sich so genannte Schmelzschichtverfahren zu den wichtigsten additiven Verfahrensprinzipien für eine Verwendung in Kreativberufen und privaten Kontexten entwickelt. Gründe dafür sind der wenig komplexe Aufbau der Anlagen, das einfache Handling und die Bandbreite der zur Verfügung stehenden Materialien. Auch die guten mechanischen Qualitäten spielen eine Rolle. Da die Anlagen in der Regel mit als Filament vorliegenden Werkstoffen arbeiten, haben sich die Begriffe Fused Fila-ment Fabrication (FFF) und Fused Layer Modeling (FLM) durchgesetzt. Die oftmals genannte Bezeichnung Fused Deposition Modeling (FDM) ist eine vom amerikanischen Unternehmen Stratasys Ltd. geschützte Marke.

Verfahrensprinzip

Die Schmelzschichtverfahren arbeiten mit einem unter Wärmeeinfl uss erweichbaren Material, das vergleichbar mit einer Heißklebepistole durch eine erhitzte Düse gepresst und entweder linien- (zum Beispiel FLM) oder tröpfchenförmig (zum Beispiel Freeformer) aufgebracht wird. Ein Steuermechanismus regelt die schichtweise Verteilung des Materials auf der Bauteilplattform oder der bereits entstandenen Struktur, wo der Werkstoff dann unmittelbar abkühlt und erstarrt. Das Bauteil entsteht suk-zessive durch das Verschmelzen der jeweiligen Schichten. Das Druckbett wird nach jeder Schicht um den Bruchteil eines Millimeters abgesenkt, die Schichtdicke durch Glättung mit der Düse bestimmt. Übliche Schichtdicken liegen zwischen 0,025 und 1 Millimeter. Hinterschnitte und Hohlräume können mit diesem Verfahrensprinzip allerdings nur bedingt realisiert werden. Daher sind für die Umsetzung steil ausragender Bauteilgeometrien feine Stützkonstruktionen erforderlich. Bei neuen Anlagentypen wird das Supportmaterial gleich auf einer zweiten Spule mitgeführt und aufgetragen. Nach Beendigung des Drucks muss die Stützkonstruktion dann entfernt werden. Hilfreich ist die Verwendung eines wasser- (zum Beispiel Polyvinylalkohol) oder laugenlöslichen Thermoplasten (zum Beispiel Belland).

Extrusionsverfahren im Betrieb (Quelle: Delta Tower, Thorsten Franck)

Bauplattform

RolleBaumaterial

RolleStützmaterial

Stützmaterial

Werkstück

1

3

4

1 Stütz- und Baumaterial wird in Druckkopf eingezogen

2 Extrusionskopf erwärmt Stütz- und Baumaterial

3 Bauplattform senkt sich

4 Bau- und Stützmaterial wird aufgebracht

2

ExtrusionsdüsenExtrusions-

kopf

Grafi k: Verfahrensprinzip der Extrusionsverfahren

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14 ADDITIVE FERTIGUNG

Materialien

Lange Jahre waren die für das Fused Layer Modeling verwendbaren Materialien auf wenige thermoplastische Kunststoffe wie ABS, Polyester oder Polycarbonat bzw. auf verschiedene Wachssorten begrenzt. Mit dem Aufkommen von Biokunststoffen kam PLA als neues Standardmaterial hinzu. Aufgrund der starken Verbreitung von additiv arbeitenden Extrusionsanlagen unter Kreativen hat der Markt mit neuen Materialien und Verbundwerkstoffen reagiert und damit dem Wunsch nach vielfältigeren Gestaltungsmöglichkeiten entsprochen. Mittlerweile sind Filamente erhältlich, mit denen holzartige (zum Beispiel LAY-Wood), keramische (zum Beispiel LAY-Ceramic) oder sandsteinartige Oberflächen (zum Beispiel LAY-Brick) erzeugt werden können oder die elektrisch leitfähi-ge Eigenschaften haben. Auch für die Umsetzung von 3D-Membranen und porösen Filtern bzw. biegsamen und gummiartigen Objekten sind 2014 Filamentinnovationen am Markt erschienen. Im Projekt BioFabNet werden seit Ende 2013 biobasierte Werkstofflösungen insbesondere für Drucker im Konsumentenbereich entwickelt. Als weltweit erstes Unternehmen hat das deutsche Startup twoBEars ein Filament entwickelt, das biologisch abbaubar ist. Bio-Fila mit den beiden Varianten linen und silk wird aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen und geht vollständig auf Lignin zurück. Im Herbst 2014 hat der US-Amerikaner Mark Forged aus Boston den weltweit ersten Carbonfaserfilament-Drucker vorgestellt.

Bauteilgrößen, Genauigkeit, Nachbearbeitung

Durch ein robotergesteuertes Verfahren des Extruders ist die Verfahrenstechnologie grundsätzlich nicht auf einen Bauraum begrenzt. Die Größen auf dem Markt befindli-cher Anlagen reichen von wenigen Quadratzentimetern bis hin zu mehr als einem Quadratmeter. Da in der Regel thermoplastische Kunststoffe zum Einsatz kommen, ist eine Nachbearbeitung aufwendig. ABS-Oberflächen können beispielsweise mit Aceton bedampft, angelöst und geglättet werden. Vor allem bei kleinen Bauteilen muss wegen des Düsendurchmessers eine Ungenauigkeit in Z-Richtung einkalkuliert werden. Hier kann es auch zum Lösen einzelner Schichten kommen.

Lay-Wood Holzfilament (Quelle: ccproducts)

Kleinanlage für den Privatbereich (Quelle: 3D Systems)

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ADDITIVE TECHNOLOGIEN UND FERTIGUNGSVERFAHREN 15

Anwendung

Wurden generativ arbeitende Extrusionsanlagen vor-nehmlich zur Erstellung von Anschauungsmodellen genutzt, finden diese immer mehr Einzug in die direkte Produktherstellung und den Privatbereich. Immer mehr Unternehmen steigen in den Markt für bürotaugliche Systeme ein. Durch die Entwicklung höherwertiger Ma-terialien wird die Nutzung derzeit für die Möbelindustrie und das Interiordesign getestet. Mit dem Cube-Shop hatte 3D-Systems die Möglichkeiten bereits auf der EuroMold 2012 präsentiert.

Wirtschaftlichkeit

Die Preise für filamentbasierte Drucker sind seit der Erwerbsmöglichkeit von Bausätzen im Internet enorm gesunken. Mittlerweile können sie im Fachhandel für einen Preis von 600 bis 700 Euro bezogen werden. Bausätze sind für unter 400 Euro erhältlich. Allerdings werden mit den günstigen Anlagen keine hohen Genauigkeiten erzielt. Für höherwertige Systeme muss im Consumer-Bereich ein Anschaffungspreis von 2.000 bis 3.000 Euro und für die Industrie ein Preis von 10.000 Euro kalkuliert werden. Die Filamente werden je nach Sorte für 30 bis 40 Euro je Kilogramm angeboten.

Besondere Verfahren und Anlagentypen

BigRep: Der größte Serien-3D-Drucker der WeltMit einem Bauraum von 1,3 Kubikmetern (1,5 x 1 x 1,2 Meter) und einem Gewicht von 240 Kilogramm ist der BIG-REP One der derzeit größte Serien-3D-Drucker der Welt. Er wurde von Marcel Tasler und Lukas Oehmigen entwickelt, um Objekte in Lebensgröße herstellen zu können. Der Druckkopf ist als Doppelextruder ausgelegt und verarbeitet den Baustoff (PLA oder ABS) und das Stützmaterial bei Auflösungen zwischen 100 Mikrometer und 1 Millimeter. Die Anlage wird von Berlin-Kreuzberg aus vermarktet und kostet in der Grundversion etwa 30.000 Euro.

FFF-Großgerät mit mehreren ExtrudernAuf der EuroMold 2014 hat der deutsche Anlagenhersteller German RepRap, eine Ausgründung der TU Darmstadt, eine neue Anlage vorgestellt, die mit einem Bauraum von 100 x 80 x 60 Zentimeter zu den Großanlagen der FFF-Technologie zu zählen ist. Die Ansteuerung mehrerer Extruder und ein neues Filament-Management macht das Arbeiten mit mehreren unterschiedlichen Materialien möglich. Große Bauteile lassen sich mit Schichthöhen von bis zu 0,5 Millimetern in einem realistischen Zeitfenster umsetzen.

Fiber Additive ManufacturingDas US-amerikanische Unternehmen Markforg3D hat Ende 2014 die weltweit erste FLM-Anlage präsentiert, mit der faserverstärkte Bauteile hergestellt werden können. Die Anlage arbeitet sowohl mit Carbon- als auch mit Glasfa-serverstärkung und hat einen maximalen Bauraum von 305 x 160 x 160 Millimeter. Sie wird für 5.000 US-Dollar auf der Webseite des Herstellers angeboten. Nach Angaben des Entwicklers sollen die carbonfaserverstärkten Bauteile eine 20-mal höhere Steifigkeit aufweisen als vergleichbare aus ABS und zudem bessere mechanische Festigkeiten haben als Bauteile aus Aluminium.

BigRep in der Anwendung (Quelle: BigRep)

Gedruckter Tisch (Quelle: BigRep)

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16 ADDITIVE FERTIGUNG

FreeformerDer Spritzgussanlagenhersteller Arburg ist mit dem so genannten Freeformer Ende 2013 in den Markt generativer Fertigung eingestiegen. Das Maschinenbauunternehmen ist dabei der erste Hersteller, der handelsübliches Material in Form von Standardgranulaten verwendet. Dieses wird in einem beheizten Plastifizierzylinder aufgeschmolzen und als Kunststofftröpfchen aufgetragen. Der paten-tierte Düsenverschluss ermöglicht unter Verwendung hochfrequenter Piezotechnik ein schnelles Öffnen und Schließen und einen präzisen Materialauftrag. Unter Verwendung des Serienmaterials werden 70 bis 80 Pro-zent der Festigkeiten vergleichbarer Spritzgießbauteile erzielt. Der Freeformer hat einen Bauraum von 130 x 130 x 250 Millimeter.

Anti-Gravity Object ModelingIn einem Forschungsprojekt am Institute for Advanced Architecture of Catalonia IAAC in Barcelona haben Petr Novikov und Saša Jokić im Jahr 2013 eine robotergestützte Technologie für die neigungsunabhängige Erzeugung architektonischer Strukturen ohne Verwendung einer zusätzlichen Tragstruktur entwickelt und patentiert. Der Düsenkopf wird mit einem Roboterarm geführt, der die Platzierung des Materials im freien Raum ermöglicht, ohne durch einen Bauraum begrenzt zu sein. Anders als bei anderen Verfahren kommt ein duroplastisches anstelle eines thermoplastischen Materials zum Einsatz. Dieses härtet kurz nach Düsenaustritt aus, so dass nahezu kein schwerkraftbedingter Verzug festzustellen ist.

3D-Printing PenAnfang 2013 ist mit dem Doodle der erste 3D-Printing-Stift auf den Markt gekommen, der freies Modellieren räumlicher Skizzen ermöglicht. Er arbeitet mit einem Draht aus dem thermoplastischen Kunststoff ABS und wurde in Boston vom Spielehersteller WobbleWorks entwickelt. Im Kopf des Stiftes wird der Draht soweit erhitzt, dass man die zähflüssige Masse leicht im Raum verteilen kann. Das Material kühlt dabei ab, erstarrt und erhält eine für Skizzen hinreichende Stabilität. Der Nutzer hat über eine Dosiereinheit die Möglichkeit, die Vorschubgeschwindigkeit selbst einzustellen.

faserverstärkter 3D-Druck (Quelle: Mark Forged)

Freeformer in der Anwendung (Quelle: Arburg)

Robotergestützter Extrusionsprozess (Quelle: Advanced Architecture of Catalonia IAAC)

3D-Printing Pen (Quelle: WobbleWorks)

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ADDITIVE TECHNOLOGIEN UND FERTIGUNGSVERFAHREN 17

ColorJet Druck – 3D-Druck-Anlage (Quelle: Materialise)

4D-Drucken mit FormgedächtnismaterialDem Forscherteam um Skylar Tibbits ist es am Self Assembly Lab des Massachusetts Institute of Techno-logy erstmals gelungen, das so genannte 4D-Drucken durchzuführen. Dabei verwendeten die Wissenschaftler ein eigens vom US-amerikanischen Anlagenhersteller Stratasys entwickeltes Formgedächtnismaterial, wel-ches unter Einfl uss von Temperatur, Licht oder Wasser seine Geometrie verändert. Die Forscher versprechen sich von der Entdeckung, das Verfahren könne bei sich selbst aufbauenden Strukturen im All, bei Wasserrohren oder Möbeln vorteilhaft Anwendung fi nden. Am Laser Zentrum Hannover wird bereits an Einsatzmöglichkeiten des 4D-Druckens in der Medizintechnik gearbeitet, zum Beispiel für Implantate, die individuell an den Körper angepasst werden und bei Kindern sogar mitwachsen können.

4D-Drucken (Quelle: MIT/Stratasys)

Das 3D-Druck-Verfahren wurde Anfang der 1990er Jahre von Emanuel Sachs und Michael Cima am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA mit dem Ziel entwickelt, eine Technologie für den Einsatz in Büroum-gebungen bereitzustellen. Aufgrund der Kostenstruktur kommen für diese Einsatzumgebungen heute wohl eher Anlagen mit dem Extrusionsprinzip in Frage. Wegen der Möglichkeit zum Einfärben der gedruckten Bauteile hat das 3D-Druck-Verfahren im letzten Jahr eine Vielzahl von Einsatzzwecken für private Nutzer gefunden, zum Beispiel für die Herstellung menschlicher Abbilder.

2.1.4 Dreidimensionales Drucken

Pulvervorrats- bzw. Pulverauffangbehälter

Walze

Bauplattform

Werkstück

Pulver

1 2

4

3

1 Walze verteilt Pulver

2 Binderauftrag erfolgt durch Druckköpfe

3 Bauplattform senkt sich

4 Pulver verklebt durch Binder

Druckköpfe

5 Druckköpfe für die Farben Schwarz, Klar, Cyan, Magenta, Gelb

Grafi k: Verfahrensprinzip des 3D-Druckens

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18 ADDITIVE FERTIGUNG

Verfahrensprinzip

Das Verfahrensprinzip ähnelt dem des Lasersinters und basiert auf dem Verkleben von Partikeln miteinander. Diese werden allerdings nicht wie beim Selektiven Laser-sintern mit einem Laser aufgeschmolzen, sondern unter Einsatz eines Bindemittels örtlich verklebt. Hierzu kommt ein Druckkopf zum Einsatz, der mittels einer Steuerungs-einheit schichtweise über das Pulverbett fährt und die Klebesubstanz tröpfchenweise über der jeweils neu ausgebrachten Pulverlage einbringt. Das Bindemittel dringt bis zur darunterliegenden Lage vor und verbin-det die neue Pulverschicht mit der bereits gedruckten Geometrie. Vor dem Start der nächsten Schichterstellung wird das Druckbett um eine Schichtstärke abgesenkt und der Prozess beginnt von neuem. Da das Bauteil bei der Herstellung vollständig von Pulver umgeben ist, werden zur Realisierung von Überhängen wie beim Lasersintern keine Stützkonstruktionen benötigt. Zur Steigerung der mechanischen Belastbarkeit der gedruckten Bauteile können diese mit Harzen bzw. Wachsen infiltriert werden.

Da Anleihen aus der konventionellen Drucktechnik Ver-wendung finden, können mit dem dreidimensionalen Drucken im Vergleich zu anderen generativen Techniken sehr hohe Geschwindigkeiten erzielt werden. Außerdem ist das Einfärben von Bauteilen in über 16 Millionen Farben möglich. Im Bauraum befindliches, nicht verwendetes Pulver kann erneut genutzt werden.

Materialien

Standardmäßig werden beim dreidimensionalen Dru-cken Werkstoffe auf der Basis von Stärke oder Gips bzw. keramischen Verbundlösungen verwendet. Einige Anla-genhersteller bieten zusätzlich auch Pulver verschiedener Metalle für Anwendungen in der Zahnmedizin an oder haben Mischungen für industrielle Anwendungen und Gussformen im Programm. Beim Arbeiten mit Keramik- oder Metallpulvern erfolgt nach dem Druck des Objekts ein Sinterprozess im Brennofen, der die Partikel bis auf eine Strukturdichte von rund 60 Prozent nochmals mitei-nander verschmilzt. Durch anschließende Infiltration mit niedrig schmelzenden Metallen (zum Beispiel Bronzen) werden die Poren aufgefüllt und die Dichte auf bis zu 95% erhöht.

Bauteilgrößen, Genauigkeit, Nachbearbeitung

Das dreidimensionale Drucken zählt aufgrund der aus-gereiften Inkjet-Druckköpfe zu den schnellsten additiven Verfahrensprinzipien. Mittlerweile sind Anlagen mit einem Bauraum von bis 4 x 2 x 1 Metern erhältlich. Es werden Genauigkeiten von 600 dots-per-inch erzielt. Aufgrund der Korngröße der verwendeten Pulver weisen gedruckte Bauteile allerdings stets eine raue Oberfläche mit sichtbaren Drucklinien auf. Diese können durch eine mechanische Nachbehandlung reduziert werden. Aktuelle Forschungsarbeiten zielen deshalb auf die Verbesserung der mechanischen Qualitäten gedruckter Bauteile ab. Durch Arbeiten am Fraunhofer-Institut für Betriebsfes-tigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF) in Darmstadt konnten neue Materialsysteme und druckbare Tinten soweit verbessert werden, dass beim dreidimensionalen Drucken ähnliche mechanische Festigkeiten wie beim Spritzgießen erzielt werden.

Gedruckte Selfies mit eingefärbten Bindemitteln (Quelle: 3D-Scaper)

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ADDITIVE TECHNOLOGIEN UND FERTIGUNGSVERFAHREN 19

Anwendung

Bislang haben die meisten kleineren Anlagen mit der Möglichkeit zum Einfärben in über 16 Millionen Farben vor allem für die schnelle Visualisierung im Entwurfspro-zess Anwendung gefunden. Mit den großen Bauräumen erhalten 3D-Drucker mittlerweile Einzug in industrielle Anwendungsbereiche und können in der Serienproduktion eingesetzt werden. Durch 3D-Druck erstellte und anschlie-ßend gesinterte Metall- und Keramikformen werden zum Beispiel im industriellen Formenbau genutzt. Aufgrund des leisen Fertigungsprozesses sind 3D-Drucker für die Verwendung in Büroumgebungen geeignet

Wirtschaftlichkeit

Die Anlagenpreise bewegen sich zwischen knapp 20.000 Euro bis hin zu Werten im sechsstelligen Bereich. Die Nutzung im privaten oder kleingewerblichen Umfeld ist somit weitgehend ausgeschlossen. Es sind daher zahlrei-che Dienstleister am Markt tätig, die die Umsetzung von Bauteilen zu realistischen Preisen ermöglichen.

Besondere Verfahren und Anlagentypen

Ex One – Großdrucker für Sand und MetallEiner der größten Anbieter für 3D-Drucker mit einem besonders großen Bauraum für die additive Produktion von Formteilen aus Sand oder Metallen ist ExOne. Der mögliche maximale Bauraum beträgt für den 3D-Druck von Sand 1.800 x 1000 x 700 Millimeter, bei Metallen 780 x 400 x 400 Millimeter. Sandformen und Kerne können heute im Rahmen einer vollständigen digitalen Prozess-kette werkzeuglos hergestellt werden. Zur Erzielung der gewünschten Festigkeit bei metallischen Bauteilen ist ein nachgelagerter Brenn- und Sinterprozess notwendig.

voxeljet – kontinuierliche BauteilproduktionAuf der EuroMold 2012 hat voxeljet erstmals einen kon-tinuierlich arbeitenden 3D-Drucker mit einem neuartigen Aufbau und einem horizontal liegenden Förderband vorgestellt. Der Druckprozess erfolgt am Eingang des Bandes auf einer zur Horizontalen gekippten Ebene. Die Bauteile entstehen mit einer Auflösung von 600 dots-per-inch und einem möglichen Bauraum von 850 x 500 Millimeter. Das Förderband transportiert die fertig gedruckten Bauteile zur Seite weg, sodass Bauen und Entpacken zeitgleich möglich ist, ohne den Prozess unter-brechen zu müssen. Auf diese Weise fallen laut Hersteller die Betriebs- und Anschaffungskosten niedriger aus als bei alternativen Anlagen.

VXC800: Kontinuierliches 3D-Drucken mit schräg angestelltem Druck-bett (Quelle: voxeljet)

Gedruckte Architektur-säule mit den inneren Hohlräumen aus Sand in Epoxiharz infiltriert (Quelle: Daniel Büning)

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20 ADDITIVE FERTIGUNG

Zu den Schicht-Laminat-Verfahren (Layer Laminate Manufacturing – LLM) zählen alle Anlagentypen, die auf der Verwendung einzelner Folien oder Papierlagen basieren. Sie haben sich in den letzten Jahren nicht so positiv entwickelt wie die anderen Anlagentypen, da die Realisierung von Hohlräumen schwierig ist und die Ent-fernung von überschüssigem Material händisch erfolgen muss. Die am Markt geläufi ge Bezeichnung Laminated Object Manufacturing LOM ist die geschützte Marke des amerikanischen Herstellers Helisys Inc., der die ersten Anlagen seit Mitte der 1990er Jahre am Markt vertreibt. Für das Arbeiten mit Papier ist die Bezeichnung Paper Lamination Technology PLT ebenfalls geläufi g.

Verfahrensprinzip

Bei den LLM-Anlagen entstehen Bauteile durch schicht-weises Verkleben einzelner Folien oder dünner Platten miteinander. Zunächst wird die erste Lage auf die Bau-teilplattform aufgelegt und die Kontur der Schicht mit einem Laser, einer scharfen Messerschneide oder einem Heißdraht eingebracht. Die Plattform verfährt nach un-ten und eine neue Materialfolie wird aufgelegt und mit einer Thermowalze bei etwa 300 Grad Celsius mit der unterliegenden Schicht verklebt. Der nächste Zuschnitt der Kontur entsteht und der Prozess wiederholt sich von neuem. Um die Entnahme des Bauteils am Ende des Prozesses zu erleichtern, wird das überschüssige Folienmaterial in kleine rechteckige Teile geschnitten. Die entstandenen Würfel können auf einfache Weise entsorgt werden. Gleichzeitig dient das überschüssige Material zur Abstützung ausladender Bereiche, so dass für diese keine zusätzlichen Stützkonstruktionen notwendig sind. Zur Integration von Funktionselementen oder zur Entfernung überschüssigen Materials in Hohlräumen kann der Prozess angehalten werden. Aufgrund des Verfahrensprinzips sind Schicht-Laminat-Verfahren zwar additive Prozesse, weisen aber verglichen mit anderen Prozessen des Additive Manufacturing weniger Vorteile auf, gerade im Hinblick auf Ressourceneinsparung.

Materialien

Für Schicht-Verfahren sind verschiedene Folienwerkstoffe und beschichtete Papiere am Markt erhältlich. Diese reichen von einer Vielzahl verschiedener Kunststoffe (zum Beispiel Polyester) bis hin zu faserverstärkten Ver-bundmaterialien. In Testläufen wurden darüber hinaus bereits Keramik- und Metallfolien erfolgreich verarbeitet. Beim Arbeiten mit metallischen Werkstoffen werden die einzelnen Schichten nicht verklebt, sondern verschweißt. Obwohl bei der Verarbeitung von Papieren bereits der optische Eindruck von Holz entsteht, wurde für die Erzeu-gung von Holzbauteilen ein besondere Anlagenvariante entwickelt, bei der die Bauteilplattform oben angeordnet ist und der Zuschnitt mit einem Fräskopf erfolgt. Mit dieser Anordnung lassen sich Hohlräume leichter realisieren, da überschüssige Späne unter Einfl uss von Schwerkraft aus dem Bauraum herausfallen.

2.1.5 Schicht-Laminat-Verfahren

Spiegel

Rollen mit kleberbeschichtetem Material

Laser

Heizwalze

Bauplattform

Werkstück

1 1

2

4

3

1 Endlosband mit klebebeschichtetem Material

2 Laser fährt Schnittfläche ab

3 Bauplattform senkt sich

4 Material wird durch Heizwalze verklebt

Grafi k: Verfahrensprinzip beim Layer Laminate Manufacturing

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ADDITIVE TECHNOLOGIEN UND FERTIGUNGSVERFAHREN 21

Bauteilgrößen, Genauigkeit, Nachbearbeitung

Die mit LLM-Anlagen verarbeitbaren Schichtdicken lie-gen zwischen 0,08 und 0,25 Millimeter, üblich sind 0,1 Millimeter. Einige Hersteller geben die Materialdicke verwendeter Standardpapiere auch in den üblichen Flächengewichten an. Typisch sind 80 Gramm pro Qua-dratmeter. Am Markt erhältliche LLM-Anlagen haben einen maximalen Bauraum von 800 x 600 x 550 Millime-ter, bei einer Genauigkeit von +/- 0,15 Millimeter. Die mechanische Belastbarkeit der Bauteile ist abhängig von der Baurichtung. Bei der Nachbearbeitung ist daher auf die Laminierrichtung zu achten. Bei der Verwendung von Papier müssen die Oberflächen wegen deren hygrosko-pischen Eigenschaften abschließend mit einem Klarlack versiegelt werden.

Anwendung

Aufgrund der bauteilunabhängigen Prozessgeschwindig-keit haben LLM-Verfahren vor allem für die Realisierung besonders großer Teilegeometrien mit eingeschränkter Komplexität Vorteile. Beim Verkleben der Schichten entstehen keine Spannungen, so dass weitgehend ver-zugsfreie Formenteile entstehen. Diese haben vielfach im Modellbau (zum Beispiel für Gießereimodelle) Anwendung gefunden. Da Hohlraumkonturen nur bedingt umgesetzt werden können, weisen die Verfahren allerdings klare Nachteile gegenüber anderen Verfahrensprinzipien auf. Mittlerweile ist eine papierbasierte Schicht-Laminat-An-lage für den Bürobetrieb am Markt erhältlich.

Wirtschaftlichkeit

LLM-Anlagen sind im Vergleich zu anderen Anlagentypen relativ kostenintensiv und starten bei einem Preis von 4.000 Euro. Bei den günstigen Anlagen ist der Gebrauch allerdings an besondere Folienmaterialien gebunden.

Besondere Verfahren und Anlagentypen

MCor Papierbasierte Schicht-Laminat-AnlageDas 2005 in Irland gegründete Unternehmen MCor stellt Schicht-Laminat-Drucker her, die mit konventionellem DIN A4-Briefpapier arbeiten. Im Vergleich zu anderen additiven Fertigungstechnologien fallen somit die Betriebskos-ten um einiges niedriger aus. Die Papierlagen werden aufeinander geklebt, die Schichtkonturen geschnitten und mit konventioneller Drucktechnologie eingefärbt. Da mehr als eine Million Farben zur Verfügung stehen, lassen sich fotorealistische Objekte umsetzen. Die Farben durchdringen die einzelnen Papierlagen und sorgen für eine satte Farbwirkung. Die Farbauflösung entlang der Bauteilachsen beträgt 5760 x 1440 x 508 dots-per-inch (x-y-z). Eine maximale Bauteilgröße von 25,6 x 16,9 x 15 Zentimeter kann realisiert werden.

Bauraum einer MCor-Anlage nach dem Schicht-Laminat Verfahren (Quelle: 3D-Picture, Foto: Dieter Bielert)

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22 ADDITIVE FERTIGUNG

PlattenpresslötenBei der Neue Materialien Bayreuth GmbH wurde mit dem Plattenpresslöten (PPL) ein neues generatives Ver-fahren entwickelt. Es basiert auf der Kombination von Fräsen und Löten und bietet die Option, großflächige Werkzeugeinsätze mit komplizierten inneren Strukturen wie konturnahen Kühlkanälen zu erzeugen. Als Grund-werkstoff dienen mit einem Messinglot beschichtete, vier Millimeter dicke Metallbleche. Die Schichtgeometrie wird in das jeweilige Blech gefräst, die Bleche anschlie-ßend passgenau gestapelt und durch Kontaktlöten fest miteinander verbunden. Unebenheiten werden durch gezielt aufgebrachten Druck über die Schließvorrichtung ausgeglichen. Mittlerweile ist das Verfahren so weit entwickelt, dass eine Genauigkeit von 80 Mikrometer erreicht werden kann.

Ausgewählte 3D-CAD-Systeme in einer Übersicht (nach Horscher, Florian: 3D-Druck für alle – Der Do-it-yourself-guide. München, Wien: Carl Hanser Verlag, 2014)

Durch Plattenpresslöten hergestellte Werkzeugform (Quelle: Neue Materialien Bayreuth GmbH)

Voraussetzung für den Aufbau einer Bauteilgeometrie mit einer additiven Fertigungstechnologie ist neben dem Zugang zu einer Produktionsanlage das Vorhandensein vollständiger 3D-Geometrieinformationen. Für deren Anfertigung können 3D-CAD-Programme genutzt werden, die die dreidimensionalen Daten in ein Facettenmodell (STL, AMF) umwandeln können. Das Facettenmodell wird für den gesamten Prozess der generativen Produk-tion benötigt. Dabei werden die Formteilflächen über

Dreiecke angenähert (Triangulation). Bei gekrümmten Flächen kann es daher je nach Anzahl der Dreiecke zu Ungenauigkeiten und Abweichungen vom eigentlichen Bauteilentwurf kommen. Die Datenmenge steigt mit Anzahl der Dreiecke und der gewünschten Genauigkeit. Die an gedruckten Bauteilen häufig erkennbaren Drei-ecksfacetten sind ein Resultat der Geometrieannäherung durch das STLFormat.

2.2 Datenerzeugung und Prozesskette der additiven Fertigung

System Hersteller Anwender Plattformabhängigkeit

123D Design Autodesk Inc. Einsteiger Windows und Mac OSX

CATIA Dessault Systèmes Industrie Windows

Cubify Invent 3D Systems Corporation Einsteiger & Fortgeschrittene Windows

FreeCAD FreeCAD Community Fortgeschrittene Linux

Inventor Autodesk Inc. Fortgeschrittene & Profis Windows

Rhinoceros Robert McNeel & Ass. Profikreative Windows und Mac OSX

Solid Edge Siemens Industry Industrie Windows

Solid Works Dessault Systèmes Fortgeschrittene & Profis Windows

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ADDITIVE TECHNOLOGIEN UND FERTIGUNGSVERFAHREN 23

Sollen bereits vorhandene Gegenstände oder Körper genutzt werden, um sie für die Datenerstellung zu verwen-den, bieten taktile oder optische Messtechniken heute die Möglichkeit dazu (zum Beispiel durch 3D-Scanning). Dabei haben sich in den letzten Jahren verschiedene Techniken entwickelt, mit denen die Daten in unter-schiedlich genauer Aufl ösungsqualität realisiert werden können. Die einfachste Möglichkeit für das 3D-Scannen ist sicherlich das Arbeiten mit Fotos. Eine Digitalkamera reicht heute aus, um aus mindestens 20 Fotos eines Ob-jekts unter Zuhilfenahme einer Software ein 3D-Modell zu generieren. Der derzeit größte mobile 3D-Scanner der Welt wird vom Start-Up botspot aus Berlin angeboten und hat zum Erfassen von Körpern und großer Gegen-stände 60 Kameras integriert. Neben dem Arbeiten mit Fotos kann 3D-Scanning auch über Lichtschnitte oder Streifenprojektionen realisiert werden. Die Verfahren sind teurer, das Ergebnis aber in der Regel hochwertiger. Hierbei werden Linien oder Streifenmuster auf ein Objekt projiziert, der Körper gedreht und die Winkelverände-rungen erfasst. Mit einer Software können diese in ein 3D-Geometriemodell überführt werden.

Ob die Daten mit 3D-CAD-System erstellt oder mittels optischer bzw. taktiler Techniken erfasst werden, im Anschluss stellt ihre Aufbereitung einen entscheidenden Schritt innerhalb des generativen Fertigungsprozesses dar. Denn nicht selten entstehen bei der Ableitung des Facettenmodells aus den CAD-Daten Fehler, die die

weitere Bearbeitung verzögern. Zu diesen zählen eine falsche Orientierung einzelner Facetten, Lücken zwischen den Dreiecken oder eine Doppelung der Triangulation. Die Fehlstellen müssen vielfach händisch beseitigt werden.

Beim so genannten Slicing werden anschließend mit einer gesonderten Software die STL-Daten in die für generative Verfahren erforderlichen Schichtinformationen (SLI-Da-ten) umgerechnet. Um den vorhandenen Bauraum einer Anlage optimal auszunutzen, werden mehrere Bauteile auf der Bauteilplattform verteilt und so orientiert, dass auf Stützkonstruktionen verzichtet werden kann. Kann auf Stützkonstruktionen nicht verzichtet werden, sind diese eine Komponente des Slicing-Prozesses. Die notwendige Software ist bei den Anlagenherstellern erhältlich und wird beim Kauf mitgeliefert. Über die Festlegung der Prozessparameter wie zum Beispiel Lasergeschwindigkeit beim SLS oder Schichtstärke beim FLM kann die Qualität der Bauteiloberfl ächen und die Herstelldauer entschei-dend beeinfl usst werden. Die SLI-Daten ermöglichen anschließend die exakte Ansteuerung der Maschine.

Größter mobiler 3D-Scanner der Welt (Quelle: botspot)

Grafi k: 3D-Daten im STL-Format (Quelle: Anderl, R.: Additive Manufacturing oder generative Fertigungsverfahren – vom Proto-typen zur Massenfertigung? Vortrag anlässlich der Veranstaltung „Additive Manufacturing“ des Hessischen Ministeriums für Wirt-schaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, Hanau, 23. September 2014)

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24 ADDITIVE FERTIGUNG

Je nach Verfahrensprinzip ist nach dem generativen Aufbau der Bauteilgeometrie eine abschließende Rei-nigung der Teile erforderlich. So müssen bei manchen Prozessen beispielsweise Stützstrukturen entfernt werden. Zur Verbesserung der mechanischen Stabilität oder der Oberfl ächenqualität können die Bauteile abschließend einer Nachbehandlung unterzogen werden. Die Mög-lichkeiten reichen vom einfachen Polieren der Bauteilo-berfl ächen über die Infi ltration poröser Strukturen mit niedrigschmelzenden Metallen bis hin zum Befl ocken oder Metallisieren zur Veredelung der Formteile.

Grafi k: SLI-Daten mit Stützkonstruktionen (Quelle: Anderl, R.: Additive Manufacturing oder generative Fertigungsverfahren – vom Prototypen zur Massenfertigung? Vortrag anlässlich der Veranstaltung „Additive Manufacturing“ des Hessischen Minis-teriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, Hanau, 23. September 2014)

Nachdem sich additive Fertigungsverfahren seit Mitte der 1990er Jahre für den Prototypenbau durchgesetzt haben, werden sie seit über zehn Jahren auch im Werkzeugbau angewendet. Da es sich hier meist um komplexe Formteile handelt, weisen additive Fertigungsverfahren gegenüber konventionellen Techniken deutliche Kostenvorteile auf. Steht im industriellen Kontext vor allem die direkte Herstellung von Werkzeugen durch Lasersintern und Lasermelting von Metallen im Fokus der Entwicklung, werden kostengünstigere Verfahren mittlerweile auch im Handwerk eingesetzt. Die generativen Techniken sind dabei meist in eine Prozesskette integriert. Auch Laserschmelzen oder Laserauftragsschweißen können zur Werkzeugreparatur verwendet werden.

2.3 Prozessketten unter Integration additiver Fertigungsverfahren

Lasergesinterte Griffe der Nikon Metrology Scanner mit Befl ockung (Quelle: Materialise)

Additiv erzeugte Werkzeugform durch Lasersintern (Quelle: Fraun-hofer-Institut für Produktionstechnologie IPT, Peters 2011)

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ADDITIVE TECHNOLOGIEN UND FERTIGUNGSVERFAHREN 25

GlasblasenEin Variante der Integration additiver Fertigungsverfahren ist das handwerkliche Glasblasen großformatiger Körper, die sich mit üblichen Prozessschritten kaum umsetzen ließen. Der Glaskörper wird zunächst im Computer dreidimensional aufgebaut und als Formteil auf einer großformatigen FLM-Anlage gedruckt. Daran schließt sich ein Abformen mit Gips an und die Umsetzung von zwei Werkzeughälften werden dann für das eigentliche Glashandwerk genutzt und ermöglichen eine sehr präzise Herstellung des gewünschten Bauteils. Derzeit wird die Verwendung preiswerter 3D-Drucker auch in Verbindung mit Materialien wie Metall oder Porzellan experimentell erschlossen.

FeingussSollen Gussteile mit komplexer Formteilgeometrie im Metallguss zum Beispiel für die Luftfahrt oder die Me-dizintechnik entstehen, eignen sich auch hier generativ erzeugte Urmodelle für die Verkürzung der Prozesskette. Denn musste früher das Urmodell aufwändig erzeugt werden, genügen heute meist einige Stunden für die Erzeugung der Modellgeometrie. Aufgrund der hohen realisierbaren Oberflächenqualitäten fällt die Wahl meist auf die Stereolithografie.Nach der additiven Herstellung wird das Modell nach-bearbeitet und mit einer keramischen Beschichtung versehen, die nach dem Ausbrennen des Urmodells das Feingussformwerkzeug bildet. Mit der abgebildeten Prozesskette können Bauteile mit einer Länge von bis zu 1,20 Metern gießtechnisch umgesetzt werden. Die Abbildungsgenauigkeit ist sehr hoch. Die Abweichungen liegen maximal bei +/- 0,2 Prozent.

VakuumgussFunktionsmodelle aus Zweikomponenten-Polyuretha-nen können in kleinen Stückzahlen in der Regel durch Vakuumabformen erzeugt werden. Für die Herstellung eignet sich die Verwendung eines generativ gefertigten

Urmodells, das durch Stereolithografie oder Lasersintern umgesetzt werden kann. Dieses wird in Silikon abge-formt und mit Blick auf die notwendigen Trennebenen in zwei Hälften geschnitten. Der Abguss erfolgt dann unter Vakuum, um Lufteinschlüsse oder Hohlräume zu vermeiden. Aufgrund der hohen Flexibilität der Silikon-formen lassen sich selbst Hinterschnitte und komplexe Strukturen realisieren.

Reaction Injection Molding RIMDas Reaction Injection Molding ist ein in der Automobil-industrie etabliertes Verfahren zur Anfertigung von Kunst-stoffteilen in kleinen Stückzahlen durch Niedrigdruckin-jektion von Duroplastharzen. Für die Herstellung der benötigten Werkzeugformen wird zunächst ein Urmodell generativ auf Basis von 3D-CAD-Daten erstellt und dieses anschließend mit Silikon oder Harzen abgeformt. Je nach Materialwahl lassen sich bei dem Formgebungsprozess unter niedrigem Druck unterschiedlich hohe Stückzahlen realisieren. Für besonders große Bauteile werden heute in der Regel Werkzeuge aus Epoxidharzschichten mit Glasfaserverstärkung gewählt.

Mittels Vakuumguss aus einer additiv gefertigten Urform produzierte Gehäuse für einen Handscanner von Nikon Metrology (Quelle: Materialise)

Silikonwerkzeuge (bis zu 25 – 50 Injektionen)

Hybrid-Werkzeuge (50 – 100 Injektionen)

Harzwerkzeuge mit Glasfaserverstärkung (200 – 300 Bauteile)

Harzwerkzeuge mit Aluminiumverstärkung (bis zu 300 – 1.000 Bauteile)

Materialwahl für das Werkzeug und erzielbare Stückzahlen (Quelle: Materialise)

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26 ADDITIVE FERTIGUNG

3. Neue Wertschöpfung mit additiver Fertigung

less than 2 years

Plateau will be reached in:

2 to 5 years 5 to 10 years 5 to 10 years obsolete before plateau

Speech-to-Speech Translation

Autonomous Vehicles

Smart Advisors

Data Science

Prescriptive Analytics

Neurobusiness

Biochips

Affective Computing

Smart Robots

3D Bioprinting Systems

Volumetric and Holographic DisplaysSoftware-Defined Anything

Quantum ComputingHuman Augmentation

Brain-Computer InterfaceConnected Home

Virtual Personal AssistantsDigital Security

Bioaccustic Sensing

Smart Workspace

Quantified Self

Cloud ComputingNFC

Mobile Health Monitoring

Machine-to-MachineCommunication Services

Augmented RealityGamificationHybrid Cloud Computing

Content AnalyticsIn-Memory Database Management Systems

Big Data

Complax-Event ProcessingCryptocurrenciesConsumer 3D Printing

Wearable User InterfacesNatural-Language Quastion AnsweringInternet of Things

Speech Recognation

Consumer Telematics

3D Scanners

Enterprise 3D Printing

Activity Streams

In.Memory AnalyticsGesture Control

Virtual Reality

expectations

InnovationTrigger

Peak of Inflated

Expectations

Trough ofDisillusionment

Slope of Enlightenment Plateau ofProductivity

As of July 2014

time

Die generativen Fertigungsprinzipien haben das Poten-zial, konventionelle Produktionstechniken wie Fräsen oder Drehen teilweise abzulösen und neue Wertschöp-fungsmöglichkeiten zu entwickeln. Insbesondere in Kombination mit der Digitalisierung und Flexibilisierung von industrieller Großproduktion bis hin zur Ausrichtung der Produktion auf die Losgröße 1 bieten aufbauende Fertigungsverfahren Optionen, die bei den klassischen Prozessen nur bedingt zu fi nden sind. So weisen generative Technologien Qualitäten auf, die sie für die Umsetzung des Zukunftsprojekts ‚Industrie 4.0‘ in der Hightech-Stra-tegie der Bundesregierung unverzichtbar werden lässt.

Das derzeit große Interesse an den generativen Ferti-gungsprozessen und die mediale Aufmerksamkeit in den letzten zwei bis drei Jahren hat vor allem mit dem Aufei-nandertreffen von zwei Entwicklungen zu tun: Zum einen haben die Hersteller die Anlagen und Werkstoffsysteme so weit verbessert, dass sie mit denen klassischer Verfah-ren konkurrieren können und ihr Einsatz in der direkten Produktion in vielen Bereichen mittlerweile möglich ist. Zum anderen wurde durch das Auslaufen einiger Patente für einige wichtige Verfahren eine Entwicklungs- und Innovationswelle sowie ein Preisverfall ausgelöst, der die generative Fertigung auch für Endkonsumenten attraktiv werden ließ. Zwischen 2008 und 2011 konnten

die Anlagenhersteller im Low-Cost-Bereich (Anlagen bis 4.000 Euro) jährliche Steigerungsraten von 346 Prozent verzeichnen. In 2013 wurden etwa 70.000 Anlagen für den Konsumentenbereich vertrieben. Im gleichen Jahr erreichten die Profi systeme eine Verkaufszahl von 9.832 Anlagen (Wohlers, T.: Wohlers`Report 2013. Wohlers Association, 2013).

Für eine differenziertere Betrachtung der Entwicklung eignet sich der so genannte ‚Hype Cycle‘, den Gartner Incorporation jährlich publiziert, um technologische Entwicklungen, die an sie gesetzten Erwartungen und das mediale Interesse anhand einer Kurvengrafi k ab-zubilden. Nach Erfahrung der Marktforscher folgen technische Entwicklungen folgendem Muster: Lässt sich nach Bekanntwerden einer bestimmten technologischen Innovation zunächst ein großes mediales Interesse mit einem hohen Maß an Erwartungen verzeichnen, folgt die Phase der Ernüchterung über die prognostizierten Potenziale und damit ein Abfall in der Wertschätzung gegenüber den wirtschaftlichen Möglichkeiten. Erst anschließend fi ndet eine nachhaltige Entwicklung hin zu einer produktiven Technologie statt. Jede technologische Neuerung durchläuft den Hype Cycle unterschiedlich schnell. Man geht jedoch meist von mindestens zehn Jahren aus.

Gartner Hype Cycle aus dem Jahr 2014 (Quelle: Gartner Inc. 2014)

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NEUE WERTSCHÖPFUNG MIT ADDITIVER FERTIGUNG 27

Der Hype Cycle aus dem Jahr 2014 zeigt deutlich, dass die additive Fertigung sich im industriellen Kontext zu einer aussichtsreichen Technologie entwickelt hat und ihr produktiver Einsatz in der Fertigung derzeit in den unterschiedlichen Branchen stattfi ndet. Für die Verwen-dung des 3D-Druckens im Konsumentenbereich sehen die Marktforscher hingegen ein Überschreiten des Hypes der letzten Jahre gekommen. In der sich anschließenden Konsolidierungsphase wird das wirtschaftliche Potenzial und die Möglichkeiten kritisch hinterfragt. Erst in fünf

bis zehn Jahren wird sich der produktive Einsatz von 3D-Druckern in privaten Umgebungen entwickelt haben. Kurz vor dem Höhepunkt des Hypes sieht Gartner wie-derum die Technologie des Bioprintings angekommen. Dazu zählen vor allem Systeme für Anwendungen und Technologien zur generativen Verarbeitung organischer Substanzen für medizinische Zwecke wie beispielsweise die Möglichkeit zur additiven Produktion von Implantaten oder sogar Gewebeersatz.

Der Gesamtmarkt rund um die additive Fertigung ist in den letzten 25 Jahren um durchschnittlich 24,1 Prozent gewachsen. Zwischen 2010 und 2012 betrug die jährliche Steigerung nicht zuletzt wegen neuer Wertschöpfungs-ketten im Konsumentenbereich und für den Einsatz additiver Technologien zur direkten Bauteilfertigung sogar 27,4 Prozent (Quelle: Wohlers’ Report 2013). Denn wurden generative Technologien aufgrund qualitativer Nachteile mit Blick auf Anforderungen wie Belastbarkeit und Stabilität bis vor ungefähr zehn Jahren ausschließlich

für die schnelle Anfertigung von Prototypen (Rapid Pro-totyping) und Werkzeugen (Rapid Tooling) verwendet, fi ndet derzeit eine Veränderung des Marktes und eine Neuausrichtung der Anteile statt. So hat in 2013 die Verwendung generativer Technologien in der Produktion bereits einen Anteil von knapp 29 Prozent ausgemacht. Andere wichtige Verwendungsgebiete sind nach wie vor der Prototypenbau mit knapp 37 Prozent sowie das Direct Tooling mit 26 Prozent.

3.1 Markteinschätzung

RAPID PROTOTYPING RAPID MANUFACTURING

26% Direct Tooling17,4% Präsentationsmodelle

19,5% Funktionelle Prototypen 29% Direct Manufacturing

(Que

lle: 3

D S

yste

ms)

(Que

lle: E

OS)

(Que

lle: 3

D S

yste

ms)

(Que

lle: E

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Marktanteil

Marktanteile für die additive Fertigung (Quelle: Abele, E.: Einordnung und Ausblick von additiven Fertigungsverfahren aus produktions-technischer Sicht. Vortrag anlässlich der Veranstaltung „Additive Manufacturing“ des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, Hanau, 23. September 2014)

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28 ADDITIVE FERTIGUNG

Dieser Trend wird sich nach Aussage der Marktforscher von Lux Research fortsetzen und der Anteil generativ erzeugter Bauteile in Endanwendungen für die Luft- und Raumfahrt, für die Medizintechnik, die Automobilindu-strie, die Architektur sowie von elektronischen Geräten und Konsumartikeln weiter steigen. Für das Jahr 2025 prognostiziert Lux Research einen Gesamtmarkt von

zwölf Milliarden US-Dollar. Davon weist die Teilepro-duktion mit 8,4 Milliarden US-Dollar dann den größten Anteil auf. 2013 lag dieser noch bei 684.000 US-Dollar, was jährliche Wachstumsraten von über 21 Prozent be-deuten (Quelle: Lux Research: How 3D Printing Adds Up: Emerging Materials, Processes, Applications, and Business Models. 30. März 2014).

35

30

25

20

15

10

5

0

%

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

2012

■ Luftfahrt ■ Medizin ■ Automobil ■ Elektronik ■ Konsumgüter

9,000

8,000

7,000

6,000

5,000

4,000

3,000

2,000

1,000

0

2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025

Mar

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Grafi k: Einsatz generativer Fertigung für die direkte Produktion (Quelle: Breuninger, J.; Becker, R.; Wolf, A.; Rommel, S.; Verl, A.: Generative Fertigung mit Kunststoffen: Konzeption und Konstruktion für Selektives Lasersintern. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag, 2013)

Grafi k: Prognostizierte Marktentwicklung für die direkte generative Teileproduktion 2012 bis 2025 (Quelle: Lux Research: How 3D Printing Adds Up: Emerging Materials, Processes, Applications, and Business Models. 30. März 2014)

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NEUE WERTSCHÖPFUNG MIT ADDITIVER FERTIGUNG 29

Der sinnvolle Einsatz generativer Techniken in der Ferti-gung ist bereits heute in weitaus größerem Umfang mög-lich, als dies aktuell noch diskutiert wird (vgl. Breuninger, J.; Becker, R.; Wolf, A.; Rommel, S.; Verl, A.: Generative Fertigung mit Kunststoffen: Konzeption und Konst-ruktion für Selektives Lasersintern. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag, 2013). Denn neben den Material- und Maschinenkosten können mit additiven Verfahren eine Reihe anderer Posten eingespart werden, die sich durch die Notwendigkeit zu einer fertigungsgerechten Konst-ruktion, durch den Materialeinsatz und die Logistik von Halbzeugen und Abfallmaterialien in konventionellen Produktionsprozessen bislang ergeben haben.

Ressourceneffizienz, Gewichtsreduzierung und Montageaufwand

Da die Bauteilkomplexität keinen Einfluss auf die Fer-tigungskosten hat, kann durch Zusammenlegen von Konstruktionselementen die Teileanzahl und der Mon-tageaufwand reduziert werden. Dies wirkt sich ebenso positiv auf die Produktionskosten aus wie die Möglichkeit zur Reduzierung des Ressourcen- und Materialeinsat-zes durch komplexe Hohlraumstrukturen, die sich mit konventionellen Techniken gar nicht umsetzen ließen.

Konstruktionsaufwand und Zeichnungs-erstellung

Mit der Reduzierung der Teileanzahl sinkt bei den Unter-nehmen auch der Gesamtaufwand in der Konstruktion. Zwar müssen Bauteilkonstruktionen auf die jeweilige generative Anlagentechnik ausgelegt sein, jedoch lässt das additive Fertigungsprinzip Konstruktionen zu, die man bislang nur mit erheblichem Aufwand herstellen konnte. Durch Teilezusammenlegung verringert sich zudem auch die Notwendigkeit der Zeichnungserstellung für die Produktion. Die vereinfachte Datenverwaltung bietet ein weiteres Einsparpotenzial für das produzie-rende Gewerbe.

Halbzeugaufwand und Abfallmanagement in der Fertigung

Durch den Betrieb von generativen Produktionsanlagen ist auch ein reduzierter logistischer Aufwand für die Be-reitstellung von Halbzeugen oder Stoffen zu erwarten, die für den Betrieb konventioneller Produktionsanlagen bislang notwendig waren. Dies betrifft die Bereitstellung von Kühlschmierstoffen ebenso wie die Entsorgung von Materialabfällen bei der zerspanenden Fertigung. Zudem sind keine Spannmittel oder Vorrichtungen erforderlich, wie man sie in den klassischen Produktionsbetrieben heute noch vorfindet.

Durch das Ausnutzen der Angebote von 3D-Druckdienst-leistern oder das Betreiben von Low-Cost-Anlagen im Büro oder privaten Kontext können die Einsparpotenzi-ale im Vergleich zum konventionellen Prozess zwischen Produktion, Montage, Verpackung, Logistik und Vertrieb noch viel größer ausfallen. Denn bei einem Download von Bauteildaten aus dem Internet, der additiven Pro-duktion und der Möglichkeit zur direkten Verwendung des Bauteils wird die klassische Wertschöpfungskette deutlich verkürzt. Für Produkte aus dem Elektronik- und Konsumgüterbereich haben Forscher der Michigan Uni-versity in 2013 beim Vergleich von zwanzig gedruckten Testobjekten erhebliche Einsparmöglichkeiten gegenüber dem Ladenpreis errechnet.

3.2 Qualitative Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

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30 ADDITIVE FERTIGUNG

Grafi k: Einsparpotenziale für die Herstellung von Produkten auf Basis von Open Source Design unter Verwendung eines 3D-Druckers des amerikanischen Unternehmens RepRap; alle Kosten und Preise in US-Dollar (Quelle: Michigan Technology University, Joshua Pearce)

Dass sich die Möglichkeiten der additiven Produktion für die industriellen Hauptbranchen unterschiedlich entwi-ckeln, zeigt folgende Darstellung der Technologiereifen. Klar zu erkennen ist, dass sich generative Prinzipien bereits in der Medizintechnik etabliert haben und im Werkzeug-bau eine gewisse Bedeutung erlangt haben. Auch für die

Luft- und Raumfahrt wird ein großer Entwicklungssprung in den nächsten zehn Jahren erwartet. Hingegen bedarf es für die Steigerung der Anwendungsvielfalt in der Automobilindustrie noch einiger Anstrengungen, um die Systeme von ihrer grundlegenden Eignung für die Branche in eine Massentauglichkeit zu überführen.

3.3 Anwendungsszenarien und Branchen

Produkt

iPhone 5 Dock

iPhone 4 Dock

iPhone 5 Hülle ((kundenspezifi sch)

Schmuckkästchen

Knoblauchpresse

Schieblehre

Wandteller

Ringe für Duschvorhang (12 Stück)

Duschkopf

Schlüsselbrett (3 Haken)

iPad Stand iPad Halter

Schuheinlagen

Sicherheitsrasierer

Pickup

Spielzeugeisenbahn, Schiene

Nano Uhrenarmand (5 Glieder)

iPhone Treibein

Küchenpapier-Halter

Piroggen-Form

Löffelhalter

46,2

19,5

7,5

19,63

45,01

6,37

15.,7

33,6

71,32

17,03

11,24

39,08

9,9

39,31

11,27

9,15

12,88

63,44

18,9

11,6

0,28

0,1

0,04

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0,05

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0,1

0,13

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0,19

0,06

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0,08

0,31

0,07

0,06

1,62

0,68

0,26

0,69

1,58

0,22

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1,18

2,50

0,60

0,39

1,37

0,35

1,38

0,39

0,32

0,45

2,22

0,66

0,41

0,03

0,01

0,00

0,01

0,03

0,01

0,01

0,03

0,03

0,01

0,01

0,02

0,01

0,02

0,01

0,01

0,01

0,04

0,01

0,01

1,65

0,69

0,27

0,70

1,61

0,23

0,56

1,20

2,53

0,61

0,41

1,38

0,36

1,40

0,40

0,33

0,46

2,26

0,67

0,41

3,56

16,99

20,00

9,00

5,22

6,08

2,30

2,99

7,87

6,98

16,99

99,00

17,00

9,99

39,48

16,98

8,50

11,20

6,95

4,95

29,99

39,99

56,00

104,48

10,25

7,88

22,07

2,99

437,22

49,10

49,00

800,00

78,00

22,99

58,98

79,95

29,95

25,00

24,99

15,00

Gewicht (Gramm)

Strom-verbrauch (Kilowatt-stunden)

Kosten für Kunststoff

Strom-kosten

Gesamt-kosten RepRap

Einzelhandels-stückpreis (gesamt, niedrig)

Einzelhandels-stückpreis (gesamt,

hoch)

Reifegrad additiver Fertigung für unterschiedliche Branchen (Quelle: Roland Berger)

Produktion bei Vollauslastung 10 10 10 10

Produktion bei Teilauslastung 9 9 9 9

Fähigkeit einer Pilotlinie demonstriert 8 8 8 8

Produktion in Produktionsumgebung validiert 7 7 7 7

Produktionssysteme hergestellt 6 6 6 6

Grundfähigkeiten bewiesen (produktionsnah) 5 5 5 5

Technologie im Labor validiert 4 4 4 4

Machbarkeitsstudie durchgeführt 3 3 3 3

Produktionskonzept identifi ziert 2 2 2 2

Funktionsprinzip identifi ziert 1 1 1 1

Automobil Luft- u. Raumfahrt

Werkzeugbau Medizintechnik

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NEUE WERTSCHÖPFUNG MIT ADDITIVER FERTIGUNG 31

Steigende Verkaufszahlen bei den Metallsystemen und insbesondere der Umsatzsprung bei Anlagen für die addi-tive Fertigung metallischer Bauteile in 2013 lassen darauf

schließen, dass sich die Industrie auf einen verstärkten Einsatz generativer Fertigungsverfahren vorbereitet.

Grafi k: Verkaufszahlen von Metallsystemen (Quelle: Wohlers Report 2013)

3.3.1 Fahrzeugindustrie

Die Automobilhersteller gehörten zu den ersten Unter-nehmen, die seit Mitte der Neunziger Jahre generative Techniken im Rahmen von Entwicklungsprozessen für die schnelle Prototypenherstellung nutzen. Anders als in der Luftfahrtindustrie sind jedoch die Stückzahlen so hoch, dass die Integration additiver Fertigungstech-niken in die automatisierten Produktionsprozesse der Automobilindustrie bislang nicht möglich waren. Die Produktion komplexer Einzel- und Ersatzteile durch generative Fertigungsprinzipien wird zwar in Einzelfällen bereits durchgeführt, ein fl ächendeckender Einsatz fi ndet jedoch noch nicht statt.

Zwar noch nicht motorisiert, aber eine Vorreiterrolle auf dem Weg zur vollständig additiv erzeugten Karosserie: Im Februar 2014 wurde der erste Fahrradrahmen präsentiert, der ausschließlich durch additive Verfahren aus einer Titanlegierung gefertigt wurde. (Quelle: Renishaw)

350

300

250

200

150

100

50

02000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

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32 ADDITIVE FERTIGUNG

An der Vielzahl der Vorhaben aus den letzten Monaten, in denen die direkte additive Fertigung von Fahrzeug-komponenten mitunter kompletter Karosserieelemente erprobt wurde, lässt sich der bevorstehende Einzug generativer Produktionsweisen in der Automobilindus-trie jedoch bereits erahnen. Insbesondere die in Fulda angesiedelte EDAG Engineering AG hat diesbezüglich zwei Highlights präsentiert. Bereits im März 2014 zeigte das hessische Unternehmen auf dem Genfer Automobil-salon seine GENESIS Studie und für 2015 ist an gleicher Stelle die Vorstellung des Prototyps „Light Cocoon“ geplant. Vor allem versprechen sich die EDAG-Designer von generativen Fertigungsprozessen die Möglichkeit zur Umsetzung von Leichtbaustrukturen aus der Natur zur Reduzierung des Fahrzeuggewichts.

Marktpotenzial

Da die Massentauglichkeit der generativen Fertigungsver-fahren für die Fahrzeugindustrie bislang nur in Ansätzen gegeben ist, wird mittelfristig an hybriden Ansätzen ge-arbeitet, wie beispielsweise die Integration des Laserauf-tragsschweißens in ein klassisches Bearbeitungszentrum (Abele 2014). Die enormen Einsparpotenziale hinsichtlich Bauteilgewicht und Ressourceneinsatz durch die direkte Produktion von Bauteilen im Kontext der automobilen Produktion wird den weltweiten Markt bis 2025 auf knapp vier Milliarden US-Dollar wachsen lassen (Lux Research 2013). Zudem wird die Möglichkeit zur Fertigung ‚on demand‘ die Wertschöpfungsketten verändern und dort stattfinden lassen, wo ein passgenaues Bau- oder Ersatzteil benötigt wird.

Projekte und besondere Entwicklungen

Akkuschrauberrennen – Gedruckte Leichtbaukonst-ruktion der HAWKBeim Akkuschrauberrennen in Hildesheim waren 2011 Designstudierende bereits zum siebten Mal aufgerufen, mit ungewöhnlichen Konstruktionen und einem Antrieb aus zwei handelsüblichen Akkuschraubern gegenein-ander anzutreten. Im Rennen ging es dann nicht nur um Geschwindigkeit, sondern auch um das Gewicht des Gefährts und die gestalterische sowie technische Umsetzung der Leichtbaukonstruktion. Die Fakultät Gestaltung der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim HAWK modellierte ihr bionisch anmutendes Fahrzeug am Computer und nutzte eine FDM-Technologie von Stratasys für den Ausdruck, im damals größtmöglichen Bauraum von 900 x 600 x 900 Millimeter. Die Fertigungsdauer betrug insgesamt zehn Tage. 36.000 Schichten, mit einer Stärke von 0,25 Milli-meter bei konstant 60 Grad Celsius aufgetragen, waren notwendig, um das gesamte Fahrzeug aufzubauen und gewichtsoptimiert umzusetzen. Da nur dort Material aufgebracht wurde, wo es statisch, aerodynamisch und ästhetisch sinnvoll erschien, wog das Fahrzeug gerade einmal 8,3 Kilogramm.

Strati – Generativ erzeugte FahrzeugkarosserieDie Karosserie für STRATI von Local Motors wurde im September 2014 live anlässlich der International Ma-nufacturing Technology Show (IMTS) mit einer Ferti-gungsdauer von lediglich 44 Stunden additiv erzeugt. Der Fahrzeugentwurf ging als Siegerbeitrag aus der ‚3D Printed Car Design Challenge‘ mit über 200 Beiträgen

GENESIS Studie (Quelle: EDAG)

Beitrag der HAWK Fakultät für Gestaltung – Leichtbau durch generatives 3D-Drucken (Foto: Johannes Roloff)

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NEUE WERTSCHÖPFUNG MIT ADDITIVER FERTIGUNG 33

3.3.2 Medizintechnik

Additive Herstellungsmethoden haben für die Medizin-technik eine große Bedeutung, da mit Ihnen die Umset-zung individueller Geometrien mit Losgröße 1 möglich ist. Zudem bietet der schichtweise Aufbau die Möglichkeit zur Realisierung von Innenhohlraumstrukturen, wie man sie beispielsweise in der Natur bei Knochen finden kann. Mit konventionellen Techniken wie Fräsen oder Drehen war dies bislang nicht möglich. Generative Verfahren haben grundsätzlich auch das Potenzial zur Mischung von Materialien, um Formteile exakt auf die individuellen Anforderungen des menschlichen Körpers anzupassen, ob in Form von Implantaten, Prothesen oder als Zahner-satz. Mit dem Bio-Printing hat sich in den letzten Jahren ein neues Anwendungsgebiet für generative Techniken entwickelt. Gemeint sind Verfahren, die mit Techniken des Tissue Engineering menschliches bzw. tierisches Gewebe durch 3D-Drucken von zuvor gezüchteten Zellen in einer Biotinte herstellen können.

aus 30 Ländern hervor, die das Unternehmen bis Juni 2014 durchführen ließ. Es wurden bei STRATI allerdings nur die Teile additiv erzeugt, die keine mechanischen Funktionen übernehmen bzw. den Vortrieb gewährleisten müssen. Ergänzt um mechanische Komponenten wie Batterie, Motor, Verkabelung und Aufhängung, wurde am 13. September 2014 eine erste Testfahrt durchgeführt.

Ersatzteillogistik mit generativen VerfahrenDie Nutzung generativer Fertigungsverfahren für die Bereitstellung von Ersatzteilen in der Fahrzeugindust-rie wird derzeit intensiv diskutiert. Denn die additiven Techniken wären nicht nur für Oldtimer interessant, für die keine Ersatzteile mehr zu bekommen sind. Auch für Fahrzeuge ab einem Alter von zehn Jahren könnte sich die Umstellung auf ein System mit generativer Fertigung

bereits lohnen. Die Daten würden einfach den Werkstätten zur Verfügung gestellt, diese könnten das gewünschte Bauteil im Bedarfsfall vor Ort ausdrucken. Eine Lagerhal-tung beim Hersteller würde somit entfallen. Im Projekt ‚Kfz-Service-Engineering 2020‘ prüft Prof. Rolf Steinhilper, Inhaber des Lehrstuhls Umweltgerechte Produktions-technik an der Universität Bayreuth, derzeit zudem die Möglichkeit, den Ersatzteilaufwand durch Reparatur zu reduzieren. Anstelle des Austauschs eines kompletten Bauteils könnte die defekte Stelle mittels eines Scans erfasst und eine neue Komponente generativ erzeugt werden. Bei dieser ressourcenschonenden Methode könnten die Reparaturkosten für den Fahrzeugbesitzer verringert werden und die Wertschöpfung würde bei den Werkstätten bleiben.

Strati mit gedruckter Karosserie (Quelle: Local Motors)

Künstliche Blutgefäße durch additive Fertigungsprozesse (Quelle: Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM)

Additiv erzeugte Knochenstruktur eines Kiefers (Quelle: Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM)

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34 ADDITIVE FERTIGUNG

Marktpotenzial

Der Anteil der Medizintechnik am Gesamtmarkt-volumen für die generative Fertigung wurde von den Marktforschern von Lux Research für das Jahr 2013 auf einen Wert von sechs Millionen US-Dollar beziffert. Auf-grund der großen Potenziale wird sich dieser bis 2025 voraussichtlich auf über 391 Millionen steigern lassen. Dies wird sich vornehmlich auf die Herstellung und Anpassung von Prothesen und Implantaten beziehen. Weitere typische Bereiche und Anwendungen findet man in der Dentaltechnik, beim medizinischen Gerätebau sowie für chirurgische Einweginstrumente. Der Markt für das Bio-Printing wird sich voraussichtlich erst nach 2025 entwickeln (Lux Research 2013).

Projekte und besondere Entwicklungen

Zahnimplantate durch Selektives Lasermelting (SLM)Für die Anfertigung von individuellem Zahnersatz haben sich additive Produktionsmethoden aufgrund der komple-xen Geometrie und der Losgröße 1 als Alternativen zu den konventionellen Techniken am Markt etabliert. Wurden Brücken, Inlays oder Kronen bis vor einigen Jahren noch in einem aufwändigen manuellen Verfahren gefertigt, so bietet die nunmehr vollkommen digitalisierte CAD/CAM- Prozesskette von der Datenaufnahme der Zahnform bis hin zur additiven Fertigung des Zahnimplantats durch SLM (Selektives Lasermelting) auf Basis von Metallpulver einen echten Mehrwert für Patienten und Zahnarzt. Die weltweit erste funktionstüchtige Prozesskette wurde in Kooperation mit dem Fraunhofer ILT entwickelt und 2004 von der BEGO Medical GmbH aus Bremen kommerzi-alisiert. Auch das in Hanau angesiedelte Unternehmen DeguDent GmbH befasst sich mit der additiven Fertigung von Zahnersatz. An der Philipps-Universität Marburg wird an der generativen Herstellung von Teilen des Kieferkno-chens durch SLM von Biokeramiken geforscht. Laut des deutschen Anlagenherstellers EOS ist der Dentalbereich bereits heute einer der größter Märkte.

RoboHand/Project DanielDie additive Fertigung birgt insbesondere Potenziale für die medizinische Versorgung von Gesellschaften in gering entwickelten Ländern Afrikas. Die Robohand-Initiative zielt auf die preisgünstige Bereitstellung von Armprothesen für Menschen in Bürgerkriegsregionen ab. Sie stammt von Mick Ebeling und seinem kalifornischen Unternehmen Not Impossible Labs. Im Internet besteht bereits die Download-Möglichkeit von 3D-Daten für die Anfertigung einer Armprothese mit einem konventionellen 3D-Drucker für einen Materialpreis von unter 100 US-Dollar. Nach Angabe des Unternehmens wurden die Daten bereits über 80.000 Mal heruntergeladen.

Additiv erzeugte Waschzentrifuge für die Blutgruppenserologie (Quelle: Hettich, EOS)

Fertigungsschritte einer lasergesinterten Modellgussprothese: Zahnersatz direkt nach dem Bauprozess, Supportstrukturen entfernt und Oberfläche poliert, nach Fertigstellung (Quelle: EOS)

Project Daniel – Robohand für Bürgerkriegsverletzungen (Quelle: MakerBot)

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NEUE WERTSCHÖPFUNG MIT ADDITIVER FERTIGUNG 35

Bio-Printing/Tissue EngineeringAn einer ganzen Reihe von Instituten wird derzeit welt-weit an der Möglichkeit zur generativen Herstellung von Organen und menschlichem Gewebe geforscht. Die mittelfristigen Ziele sind die Erstellung von Organen zu Testzwecken und die Produktion von menschlichem Ge-webe für Implantate. Dabei kommt biologische Tinte zum Einsatz, die menschliche Zellen enthält und schichtweise die organische Gewebestruktur aufbaut. In zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen wurde bereits von der Reproduktion menschlicher Haut (Wake Forest Univer-sity), der künstlichen Erzeugung eines Meniskus (Cor-nell-University) und der einer Ohrmuschel (University of

Melbourne) berichtet. Wissenschaftler rund um James Yoo melden den erfolgreichen Druck eines großen Hautstücks auf den Rücken eines Schweins. Die Umsetzung eines vollständigen Organs aus mehreren Gewebetypen ist allerdings heute ebenso wenig möglich wie der Aufbau eines Netzes funktionstüchtiger Blutgefäße. Ein ausge-reiftes System für eine künstliche Erzeugung von Organen wird daher voraussichtlich erst in zehn bis 15 Jahren zur Verfügung stehen.

Bio-Printer sind heute bei folgenden Herstellern wie En-vision Tech, Organova und Advanced Systems erhältlich und werden vornehmlich in der Wissenschaft eingesetzt.

Zahnersatz durch Lasermelting (Quelle: Fraunhofer ILT)

Seitdem mittels Laserschmelzen gefertigte Bauteile ähnliche mechanische Festigkeiten aufweisen wie durch konventionelle Frästechnologien erstellte, haben additi-ve Fertigungsverfahren im Flugzeugbau an Bedeutung gewonnen. Mitte 2011 vermeldete die Southampton University die erste geglückte generative Herstellung eines unbemannten Flugzeuges. Seit einigen Monaten werden auch Verbindungselemente für den Airbus A350 XWB additiv erzeugt. Im September 2014 hat die NASA erstmals einen 3D-Drucker zur ISS geschickt. Neben der Gestal-tungs- und Geometriefreiheit bietet das Laserschmelzen im Vergleich zu konventionellen Gieß- oder Fräsprozessen schnellere Durchlaufzeiten, reduzierte Werkzeugkosten sowie eine nicht unerhebliche Ressourcenersparnis. Für einige ausgewählte Bauteile konnten Kostenvorteile von bis zu 50 Prozent und eine Gewichtsreduktion von bis zu 40 Prozent realisiert werden. Musste beim Fräsen von Flugzeugteilen noch mit einer Abfallmenge von etwa 95 Prozent gerechnet werden, so reduziert sich diese beim Laserschmelzen auf fünf Prozent. Zudem bieten additive Verfahren die Möglichkeit, Bauteile gezielter auf den Verlauf von Kraftlinien auszulegen und dabei die Anforderungen für den Leichtbau noch besser zu berücksichtigen. Mit Blick auf diese Vorteile plant Airbus zukünftig mit 100 Anlagen rund 40 Tonnen Metallpulver monatlich generativ zu verarbeiten.

Die Verwendung generativer Verfahren in der Luft- und Raumfahrtindustrie wird neue Möglichkeiten bei der Konstruktion hinsichtlich der Komplexität und Funktio-nalität von Bauteilen mit sich bringen, die sich positiv auf das Flugverhalten und den Energieverbrauch auswirken werden. Dies betrifft ebenso die Umsetzung von Kühl-kanälen wie die Geometrie ganzer Strukturbauteile im Flügel- und Triebwerksbereich. Bereits jetzt wird von den Flugzeugbauern die Umsetzbarkeit von Vorbildern aus der Natur mittels additiver Technologien geprüft.

3.3.3 Luft- und Raumfahrtindustrie

Mittels SLM gefertigte HTP-Leitschaufeln (Quelle: Fraunhofer ILT)

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36 ADDITIVE FERTIGUNG

„Nicht umsonst hat die Natur Funktions- und Leichtbau-prinzipien über Millionen von Jahren optimiert und den Ressourceneinsatz clever minimiert. Diese Naturlösungen werden bei Airbus derzeit hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit strukturiert analysiert“, sagt Prof. Dr.-Ing. Emmelmann (CEO, Laser Zentrum Nord GmbH, Hamburg; www.maschi-nenmarkt.vogel.de/themenkanaele/additive_fertigung/articles/461436/index3.html). Große Potenziale sieht er insbesondere für Strukturbauteile von Abmessungen bis zu einem Meter sowie für Bauteile im Triebwerksbereich.

Marktpotenzial

Die generative Fertigung ist für die Luft- und Raumfahrt-industrie vor allem deshalb interessant, weil man es in dieser Branche mit kleinen und mittleren Stückzahlen zu tun hat. Hohe Werkzeugkosten wirken sich anders als bei der Volumenfertigung in der Automobilindustrie deutlicher auf die Produktionskosten aus. Durch additive Fertigungsverfahren wird daher eine deutliche Redu-zierung der Stückkosten prognostiziert. Darüber hinaus erwarten Experten einen weiteren positiven Kosteneffekt durch die Umgestaltung der Ersatzteillogistik hin zu einer Versorgung ‚on demand‘. Dezentrale Versorgungsnetz-werke könnten die Bereitstellung vor Ort garantieren und sowohl die Lieferzeiten für Ersatzteile als auch die Stand- und Revisionszeiten verringern. Auf diese Weise sind geringere Betriebskosten bei den Fluggesellschaften zu erwarten. Nach Berechnung von Lux Research wird sich der Markt für mittels generativer Verfahren direkt erstellter Bauteile in der Luft- und Raumfahrt bis ins Jahr 2025 ungefähr verdreifacht haben.

Projekte und besondere Entwicklungen

GE AviationAls eines der ersten Unternehmen der Luftfahrtindustrie baut GE Aviation in Alabama eine Fabrikhalle mit additiver Produktionstechnologie für die Fertigung von Triebwerken und möchte additive Technologien langfristig etablieren. Die Fertigstellung der Halle mit einer Fläche von 27.900 Quadratmetern ist für 2015 vorgesehen. Diese soll Platz für 50 generative Fertigungsanlagen haben und 300 Mitarbeiter beschäftigen. Seit 2011 hat GE bereits 125 Millionen US-Dollar investiert und plant den weiteren Ausbau der Technologie. GE Aviation verspricht sich langfristig Kostenvorteile durch die Verwendung addi-tiver Fertigungsverfahren. Denn die Bauteile benötigen weniger Material und sind widerstandsfähiger als solche aus konventionellen Produktionsprozessen. Bis Ende des Jahrzehnts sollen bis zu 10.000 Bauteile jährlich mittels generativer Verfahren hergestellt werden. Mitte Juli 2014 hat GE Aviation bei der Luftfahrtmesse in Farnborough offiziell den Kauf von 100 SLM-Anlagen der deutschen Firma EOS bekannt gegeben.

Triebwerkskomponenten und Verbindungs-elementeBei der Herstellung komplexer Bauteile für den Trieb-werks- und Turbinenbau können unter Einsatz additiver Fertigungsverfahren besonders positive Effekte erzielt werden, die sich vor allem bei kleinen Stückzahlen rech-nen. Zu den mittels Selektivem Lasersintern bereits realisierten Bauteilen zählen zum Beispiel Leitschaufeln, Kraftstoffsysteme oder Komponenten für den Hitzeschutz. In 2014 wurde eine Entwicklung von Airbus mit dem ‚Innovationspreis der deutschen Wirtschaft 2014‘ aus-gezeichnet. Erstmals wurden Flugzeugstrukturelemente wie Brackets durch generative Fertigung additiv aus Titan erzeugt, die ein um 30 Prozent geringeres Gewicht aufweisen als konventionelle Aluminiumfrästeile. Die Jury bewertete die Entwicklung als industrieübergreifenden Innovationssprung, der die Fertigung von Flugzeug-strukturelementen und den Leichtbau bei Zivilflugzeugen grundlegend verändern könne.

Lasergesintertes Turbinenrad aus der Nickellegierung IN718 (Quelle: Morris Technologies, EOS)

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NEUE WERTSCHÖPFUNG MIT ADDITIVER FERTIGUNG 37

Für den Modellbau werden generative Verfahren (ins-besondere LLM-Verfahren) seit einigen Jahren bereits erfolgreich verwendet. Dass sich additive Technologien jedoch auch für das Bauwesen und zur Herstellung archi-tektonischer Strukturen eignen können, wird spätestens seit der Veröffentlichung eines Projektes der ESA zur Errichtung einer Raumstation auf dem Mond wieder diskutiert. Als einer der ersten Wissenschaftler hat Dr. Behrokh Khoshnevis bereits 2004 an der University of Southern California unter dem Namen ‚Contour Craf-ting‘ ein Konzept zum Einsatz additiver Technologien für das Bauwesen entwickelt. In diesem wird mit einem Portalroboter ein schnell härtender Spezialbeton schicht-weise auf den Untergrund gespritzt, um Gebäude nach digitalen Bauplänen in weniger als 24 Stunden entstehen zu lassen. Anwendungsszenarien werden neben dem privaten Wohnungsbau vor allem dort gesehen, wo die Errichtung architektonischer Strukturen in abgelegenen Regionen in kürzester Zeit notwendig ist. Einst wurde

die Serienreife auf das Jahr 2008 prognostiziert. Durch Schwierigkeiten mit der Festigkeit des Bauwerkstoffs sowie Problemstellungen bei der Umsetzung von Ge-schossdecken und überhängenden Strukturen zog sich die Entwicklungsreife immer weiter hinaus.

SULSA – erstes generativ erzeugtes Flugzeug der GeschichteIn 2011 hat die University Southampton als erste For-schungseinrichtung erstmals ein unbemanntes Flugobjekt erfolgreich getestet, das vollständig mittels additiver Fertigungstechnik hergestellt wurde. Da das Lasersintern zum Einsatz kam, wurde für das Flugzeug der Namen SULSA – Southampton University Laser Sintered Aircraft gewählt. SULSA hatte eine Flügelspannweite von zwei Metern und wies eine elliptische Geometrie mit einer auf den Luftwiderstand optimierten Form auf. Ein besonde-rer Vorteil des Lasersinterns war, dass ohne Mehrkosten elliptische Flügel-Profile verwendet werden konnten, da diese weniger Luftwiderstand erzeugen. Die Flexibilität des Sinterprozesses erlaubte dem Designteam zudem, historische Techniken und Ideen auszuprobieren, de-ren Realisierung mit konventioneller Technik extrem teuer wäre. Durch die Anwendung von Schnappverbin-dungs-Techniken war die Montage der Einzelteile ohne Befestigung möglich. Das mit einem Elektromotor be-triebene Flugzeug erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 160 Stundenkilometern.

Generativ erzeugte Einspritzdüse (Quelle: Morris Technologies, EOS) Durch Lasermelting generiertes Verbindungselement aus Titan für den Airbus A350 XWB (Quelle: Airbus, Laser Zentrum Nord)

SULSA (Quelle: Southampton University)

Lunar Contour Crafting (Quelle: University of Southern California)

3.3.4 Baubranche und Architektur

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38 ADDITIVE FERTIGUNG

Im Kontext des NASA Innovation Advanced Concepts Program (NIAC) wurde aufbauend auf dem bereits entwi-ckelten Konzept in 2012 eine robotergesteuerte Lösung für den Bau einer Raumstation auf dem Mond vorgestellt. Im Frühjahr 2014 vermeldete das chinesische Bauunterneh-men WinSun aus Shanghai die erfolgreiche Entwicklung einer einfachen Gebäudestruktur mithilfe eines additiven Fertigungsprozesses. Nach Aussagen der Entwickler soll es damit möglich werden, ein Gebäude mit garagenarti-ger Form und Größe in weniger als 20 Stunden zu einem Preis von unter 5.000 US-Dollar zu errichten.

Der Einsatz robotergeführter Systeme wird für die Um-setzung additiver Technologien für die Baubranche eine große Bedeutung haben, da sich auf diese Weise keine Beschränkungen durch den Bauraum von konventionellen Anlagen ergeben. Die bisher auf dem Markt befindlichen Anlagen für den generativen Aufbau von Sandstrukturen dienen vornehmlich der Erstellung von Sandform und Kernen mittels dreidimensionalem Drucken. Die größte Anlage von Ex One hat dabei einen Bauraum von 1800 x 1000 x 700 Millimeter. In einem vom Zentralen Innovati-onsprogramm Mittelstand ZIM des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie geförderten Projekt wurde die generative Erzeugung zementgebundener Werkstoffe auch an der TU Kassel unter Leitung von Dr. Asko Fromm untersucht (siehe Kapitel 4.7).

Marktpotenzial

Der Einsatz additiver Verfahren im Bauwesen befindet sich in einer frühen Entwicklungsphase. Eine Marktgröße wird in den Analysen der Marktforscher selten erfasst. Es ist jedoch zu erwarten, dass sich in naher Zukunft an dieser Situation etwas ändern wird.

Projekte und besondere Entwicklungen

Kamer MakerAls eines der ersten Büros haben DUS-Architekten aus Amsterdam Mitte 2013 die Möglichkeiten zum Einsatz für die direkte Erstellung architektonischer Strukturen im Experiment getestet. Dazu wurde eine konventionelle FLM-Anlage (Ultimaker) in einen dreieinhalb Meter hohen

Container mit dem Ziel installiert, ein komplettes Kanal-haus zu errichten. Aus Mangel an Alternativen verwende-ten die Architekten konventionelle Kunststofffilamente aus PP beziehungsweise PLA. Die Erstellung eines drei Meter hohen Blocks dauerte eine Woche.

Natural Column ProjektUnter dem Namen ‚Natural Column‘ hat der Berliner Architekt Daniel Büning im Januar 2014 anlässlich der Printshow in New York die weltweit erste freistehende Säule mit einer inneren dreidimensionalen Hohlraumstruk-tur präsentiert. Die iterative Formfindungsmethode fand unter Verwendung eines Struktursimulationsprozesses statt, an dessen Ende eine auf einen bestimmten Lastfall optimierte und an natürliche Systeme erinnernde Geome-trie bei minimiertem Materialverbrauch stand. Die ‚Natural Column‘ wurde mit einer 3D-Druck-Anlage von Voxeljet auf Basis von Quarzsand und einem anorganischen Binder realisiert. Die Gesamtstruktur ist 1,73 Meter hoch, wurde in 65 Stunden mit Schichtstärken von 0,3 Millimeter erzeugt und hat ein Gesamtgewicht von 1.065 Kilogramm. Auf-grund der Vorteile hinsichtlich des Ressourceneinsatzes und der Möglichkeit zur Umsetzung eines komplexen inneren Aufbaus mit struktureller Heterogenität wird in dieser Richtung weiterer Forschungsbedarf erwartet.

Minibuilders Roboter zur Umsetzung gedruckter Architektur (Quelle: IAAC, Barcelona)

Aufrichten additiv gefertigter Gebäudebauteile (Quelle: WinSun Decoration Design Engineering)

Kamer Maker Projekt in Amsterdam (Quelle: DUS Architecs)

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NEUE WERTSCHÖPFUNG MIT ADDITIVER FERTIGUNG 39

Stone SprayIn Barcelona haben drei Studierende zwischen 2012 und 2013 im Projekt ‚Stone Spray‘ einen Roboter entwickelt, mit dem sich hochbelastbare Strukturen auf Basis von Sand und einem Bindemittel aus dem Straßenbau addi-tiv umsetzen lassen. Versuche unter Verwendung eines Trägergewebes zum Auftrag des Sandgemisches waren sehr vielversprechend. So konnte die Geometrie eines Hockers bereits in rund 3 Stunden umgesetzt werden. Die Entwickler sehen die Anwendungspotenziale der Tech-nologie vor allem in Katastrophengebieten zum Aufbau von Brücken und anderen architektonischen Strukturen.

SaltyglooDie Architekten von Real San Fratello aus Oakland ha-ben in 2013 mit einer Entwicklung auf sich aufmerksam gemacht, mit der sie in der Lage waren, architektonische Strukturen unter Verwendung von natürlichen Salzen und einem Bindemittel schichtweise entstehen zu lassen. Das Salz stammt aus der San Francisco Bay und wurde kostengünstig in Verdunstungsbecken unter Einsatz re-generativer Energien gewonnen. Die an Iglus erinnernde Struktur besteht in der Basis aus Aluminiumstangen, an die 336 einzelne Platten aus dem Salz-Klebstoffgemisch befestigt werden. Die Struktur wies im Verhältnis zu ähnlichen Konstruktionen ein geringes Gewicht auf und ist durchlässig für Licht und Sonnenstrahlung, hat aber eine wasserfeste Konsistenz.

BiobrickAls Assistenzprofessorin der American University of Shar-jah in den Vereinigten Arabischen Emiraten entwickelt Ginger Krieg Dosier derzeit einen mikrobiologischen Prozess in Analogie zum Korallenwachstum im Meer, um zementartige Baumaterialien ohne die Emission von Kohlendioxid auf der Basis von Sand mit Bakteri-en zu gewinnen. Durch die Zementindustrie werden weltweit jährlich 800 Millionen Tonnen Kohlendioxid freigesetzt. Der biotechnische Prozess zur Herstellung von so genannten ‚Biobricks‘ würde eine Alternative zu der energieaufwändigen konventionellen Technologie darstellen. Denn für die Produktion sind lediglich Bak-terien und ihre Nahrung sowie Sand, Stickstoff, Kalzium und Wasser nötig.

Unter den klimatischen Bedingungen eines Gewächs-hauses erzeugen die Bakterien Kalzit und verbinden die Sandkörner zu einer gesteinsartigen und zementähnlichen Struktur. Dosier plant die Entwicklung des Verfahrens so, dass die Herstellung eines Biobricks in Zukunft mit einem 3D-Druckerbausatz erfolgen kann, der die Bakterien zur Kalzitproduktion auf dem Sand schichtweise verteilt. Für den mikrobiologischen Prozess wird eine Dauer von fünf Tagen angegeben.

Natural Column und Struktur der inneren Hohlräume (Quelle: Daniel Büning)

Mikrobiologische Sandsteinproduktion unter Zuhilfenahme eines 3D-Druckers (Quelle: Ginger Krieg Dosier, Biomason)

Stone Spray Roboter für den Einsatz zum Brückenbau (Quelle: Anna Kulik, Petr Novikov, Inder Shergill)

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40 ADDITIVE FERTIGUNG

Für die Kreativbranche hat die generative Fertigung seit jeher eine große Anziehungskraft. Denn mit ad-ditiven Technologien scheint die Umsetzung von Ent-würfen möglich, für die bislang ein breites Wissen zu Fertigungsverfahren notwendig oder die Realisierung wegen technischer oder wirtschaftlicher Restriktionen schlichtweg nicht möglich waren. Mit additiver Fertigung lassen sich Produkte und Konzepte selbst mit komplexen Geometrien, Hohlräumen, Hinterschneidungen und beweglichen Komponenten erzeugen. Dies verändert die Arbeitsweise der Gestalter und Produktentwickler insofern, als dass die Kenntnis um fertigungsgerechte Konstruktionsweisen nur noch in Ansätzen erforderlich ist. Mit neuen Materialentwicklungen erfahren additive Technologien derzeit auch Verwendung im Modebereich.

Die Verfügbarkeit von Bausätzen und Informationen zu ihrer Konstruktion und zum Betrieb samt Software und Bauteildaten hat zu einer Flut von Entwicklungen durch Designer und Architekten geführt. Vertreter der Kreativwirtschaft haben eine Vielzahl neuer Anlagen entwickelt und diese zum Teil patentiert und in ein er-folgreiches Geschäftsmodell überführt. So stammt die erste FLM-Anlage zur Umsetzung faserverstärkter Bauteile zum Beispiel von einem Designer aus Boston. Von Krea-tiven aus Barcelona kommen Untersuchungen zu einem robotergeführten Einsatz der Extrusionstechnologie in der Architektur und im Möbelbau. Mit dem Solarsintern hat der deutsche Designer Markus Kayser eine additive Sintertechnik entwickelt, für die er lediglich Sonnenlicht und Sand verwendete (Peters 2011).

Marktpotenzial

Die Möglichkeiten der additiven Fertigung für die Kre-ativ- und Designbranche sind enorm. Daher wird sich in Zukunft ein eigener Markt mit Produkten, Szenarien und Geschäftsmodellen herausbilden, der auf Vertreter der Kreativwirtschaft zurückzuführen ist. Dabei wird es sich weniger um Wirtschaftsprozesse im Sinne der Massenproduktion nach konventionellem Verständnis handeln, sondern vielmehr um Lösungen mit individueller und individualisierbarer Gestaltung, Funktionalität und Herstellungsmethodik. Vor allem im Schmuckbereich werden generative Fertigungsverfahren schon heute als Alternative zu den konventionellen Prozessketten eingesetzt.

Projekte und besondere Entwicklungen

Projekt 7Tage7HockerWie additive Techniken zukünftig die Arbeit von Ge-staltern beeinflussen wird, hat der Designer Thorsten Frank mit seinem Projekt 7Tage7Hocker Ende 2014 eindringlich demonstriert. Unter Verwendung des Delta Towers wird die Umsetzung von sieben verschiedenen Sitzmöbelentwürfen innerhalb einer Woche bei einem Minimum an Energie- und Ressourceneinsatz möglich. Mittels Extrusionsverfahren wird hier die Entstehung der Form aus einer endlos gezeichneten Linie realisierbar. Der Designer geht davon aus, dass in den nächsten Jahren der Spritzguss in vielen Bereichen der Möbel- und Konsumgüterherstellung durch additive Verfahren ersetzt werden könnten.

3.3.5 Designbranche, Schmuck, Interior

Additiv erzeugter Armreif ‚ADINKRA UNION‘ (Design: Nando Nkrumah)

7Tage7Hocker – Gedruckte Sitzmöbel (Design: Thorsten Frank)

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NEUE WERTSCHÖPFUNG MIT ADDITIVER FERTIGUNG 41

Robotergestützte Möbelfertigung ‚endless flow‘

Eine der ersten robotergeführten Extrusionsmethoden für die Möbelherstellung hat der niederländische Designer Dirk vander Kooij erstmals auf der Dutch Designweek 2011 in Eindhoven präsentiert und damit den Award des Design-festivals gewonnen. Kunststoffe aus geschredderten Ab-fällen werden dabei in einem Behältnis aufgeschmolzen. Mit einer robotergeführten Düse wird die zähfließende Masse anschließend schichtweise aufgetragen und für die Umsetzung von Möbeln verwendet. Auffällig ist die großlinige Oberflächenstruktur aufgrund der Breite des Düsendurchmessers. Mit dem RvR Chair hat Dirk vander Kooij 2014 den ersten mit einer Extrusionstechnologie erzeugten Stuhl in drei Dimensionen präsentiert.

Habitat imprimé – Gedrucktes InteriorIm Jahr 2012 haben die Designer François Brument und Sonia Laugier in Kooperation mit Voxeljet ein Wohn-raum-Konzept vorgestellt, das vollständig mit einem Großformat-Drucker gefertigt wurde. Bei einer Formgröße von 4.650 x 1.400 x 2.200 Millimeter und einem Gewicht von 700 Kilogramm betrug die Bauzeit bei einer Schichtstärke von 0,15 Millimeter 375 Stunden. Für die Anfertigung des Modells eines Schlafzimmers mit integrierter Dusche und begehbarem Kleiderschrank wurde der Kunststoff PMMA verwendet. Aufgrund der digitalen Prozesskette lässt sich die Raumaufteilung variabel gestaltet. Oberflächen können beliebig strukturiert werden.

Open Innovation 3D-KeramikdruckverfahrenAm digitalen Produktionszentrum dpz der Hochschule der bildenden Künste Saar wird im Rahmen eines For-schungsprojekts aktuell untersucht, ob unter Einhaltung von gestalterischem Niveau und Professionalität Tech-niken für das computerbasierte 3D-Drucken von Kunst-stoffen auch auf Keramikbauteile übertragen werden können. Mithilfe offener Hard- und Software wurde ein 3D-Keramikdrucker entwickelt, mit dem sich Objekte mit Kammern, Hinterschnitten und ornamentalen Strukturen umsetzen lassen. Tradiertes Handwerk und digitalisierte Fertigungsverfahren wurden mit der additiven Herstel-lungsweise integriert.

Project DNA – Maßgeschneiderte Haute Couture aus dem 3D-DruckerIm Modebereich wurden die Möglichkeiten der additiven Fertigung bislang aufgrund der geringen Attraktivität der zur Verfügung stehenden Materialien, der geringen Bauräume der meisten Anlagen sowie der fehlenden Flexibilität der Formteile selten verwendet. In ihrem Project DNA hat die Designerin Catherine Wales im Rahmen ihrer Masterarbeit am Royal College of Art versucht, Kleidungsstücke ohne Konfektionsgrößen auf Basis eines Avatars und 3D-Scans der jeweiligen Person durch Kombination von Korsett, Schulterteilen und Brustplatten individuell zu erstellen.

RvR Chair - Der erste in drei Dimensionen extrudierte Stuhl der Welt (Design: Dirk vander Kooij)

Formteile aus dem Keramikdrucker (Design: xm:lab - Hochschule der Bildenden Künste Saar)

endless flow – robotergeführter Extrusions-Druck (Design: Dirk vander Kooij)

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42 ADDITIVE FERTIGUNG

KinematicsMittels selektivem Lasersintern lassen sich Formteile mit beweglichen Gelenken und Elementen erstellen. Diese Qualität machen sich die Designer von Nervous System aus Boston seit 2013 zunutze, um flexible und faltbare Schmuckstücke und Kettenhemden generativ herzustellen. Ergebnis ist eine Kollektion mit Objekten, die sämtlich aus angelenkten dreieckigen Komponenten bestehen.

Mycelium ChairDer niederländische Designer Eric Klarenbeek hat anläss-lich der Dutch Design Week in Eindhoven im Oktober 2013 eine Arbeit vorgestellt, in der er die Prinzipien des 3D-Drucks mit organischen Wachstumsprozessen kom-binierte. Zunächst ließ der Designer die dünne Haut des Möbels in einem Druckprozess aus einem Biokunststoff erstellen, in die er anschließend das organische Material hineinwachsen ließ. Dabei kam eine Materialmischung aus Mycelpilzen, zerkleinertem Stroh und Wasser zur Anwendung.

Lasergesintertes Nylonhalsband (Design: Nervous System) Mycelium Chair (Design: Eric Klarenbeek)

Eine Markterweiterung von 3D-Druckverfahren hat 2014 mittels so genannter Food-Printer auch im Nahrungsmit-telbereich stattgefunden. Die Kosten der Anlagen liegen im vierstelligen Bereich, so dass sich der Betrieb einer Anlage zunächst nur im Gastronomiebereich und zur Anfertigung besonderer Produkte rechnen wird. Hierzu zählen ebenso individuelle Backwaren, Torten oder Pralinen wie Skulpturen aus Zucker oder Schokolade. Der italienische Nahrungsmittelkonzern Barilla arbeitet zudem aktuell an einer Anlage zur generativen Herstel-lung von Pasta. In den USA wird an einer Technologie zur Fleischproduktion durch den Druck von tierischen Muskelzellen gearbeitet.

Marktpotenzial

Aufgrund des jungen Marktes ist seine Entwicklung und das gesamte Potenzial nur schwer einzuschätzen. Im Gastronomiebereich werden sich mit Food-Printern neue Geschäftsmodelle realisieren lassen, die bis in den Bereich der Erlebnisgastronomie reichen. Die Verwendung im Privatgebrauch ist sicherlich an den Anlagenpreis und die Verfügbarkeit der Zutaten gekoppelt.

Neben dem Gastronomiebereich sehen niederländische Wissenschaftler für Food-Printer vor allem das Potenzial zur Bereitstellung von Lebensmitteln mit personalisiertem Nährstoffgehalt im medizinischen Bereich. So könn-ten dem Essen in Zukunft besondere Nährstoffe oder Omega-3-Fettsäuren hinzugefügt werden. Zudem ließe sich der Druck von Lebensmitteln mit nachhaltigeren kalorischen

3.3.6 Nahrungsmittelindustrie

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NEUE WERTSCHÖPFUNG MIT ADDITIVER FERTIGUNG 43

Quellen ermöglichen, indem beispielsweise Algenproteine anstelle von ressourcenintensiven tierischen Proteinen verarbeitet würden. Dies böte neben den wirtschaftlichen Potenzialen auch Möglichkeiten zur Reduzierung von Treibhausemissionen durch die Viehzucht.

Projekte und besondere Entwicklungen

Sugar Lab / ChefJetAls einer der ersten großen Anlagenhersteller für die generative Fertigung ist 3D-Systems im Herbst 2013 in den sich derzeit entwickelnden Markt der Food-Printer eingestiegen. Das Unternehmen übernahm das von einem amerikanischen Designer und einer Architektin betriebene Sugar Lab in Los Angeles, nachdem diese im Mai 2013 mit einer Ausstellung von gedruckten Zuckerskulpturen für großes Aufsehen gesorgt hatten.

Diese hatten die beiden Gestalter unter Verwendung eines Color Jet Printers auf Basis von pulverförmigem Zucker und eingefärbtem essbarem Bindemittel erzeugt. Im Januar 2014 hat 3D-Systems auf der Elektronik-Messe CES nun den ersten ChefJet präsentiert. Die Basisva-riante hat einen Preis von knapp 3.600 Euro und wird vornehmlich Bäckereien, Pralinenläden und ausgefallenen Gastronomien angeboten.

Foodini / Natural MachinesNachdem die NASA in 2013 das Konzept eines Piz-za-Druckers präsentiert hatte, macht sich das Start-Up Natural Machines aus Barcelona auf, mit Foodini einen ersten Pizza-Drucker auf den Markt zu bringen. Neben der italienischen Spezialität kann der Foodini grundsätz-lich für alle Speisen verwendet werden, bei denen eine pastöse Masse für das Anrichten benötigt wird oder wo unter Wärmeeinfluss die Zutaten geschmolzen werden können. So eignet sich der Foodini ebenso für Gebäck-waren wie für Kekse, Skulpturen aus Schokolade oder Gerichte mit Hackfleisch. Die Zutaten werden in einem beheizbaren Edelstahlzylinder bereitgestellt und mit einer Spritze aufgebracht. Jeder einzelne Zusatz steht in Kartuschen bereit, die je nach Konsistenz der Masse unter Druck gesetzt werden. Rezepte stehen zum Download im Internet zur Verfügung.

Schokoladen-Drucker / Choc EdgeUnter dem Namen Choc Edge Creator hat ein britisches Unternehmen 3D-Drucker für Produkte aus Schokolade auf den Markt gebracht. Anwendung soll das Gerät bei Chocolatiers, Konditoreien und Restaurants finden. Das Unternehmen geht davon aus, dass sich in Zukunft spezi-elle Schokoladengeschäfte in unseren Städten entwickeln werden, in denen sich Kunden Schokoladenskulpturen nach ihrem persönlichen Design ausdrucken können. Die erste Version des Druckers, der Choc Creator V1, wird für einen Preis von rund 3.500 Euro angeboten.

Gedruckte Schokolade mit dem Choc Edge Drucker(Quelle: Choc Edge Ltd UK)

Gedruckte Zuckerskulpturen (Quelle: 3D-Systems)

Pizzadrucker Foodini (Quelle: Natural Machines)

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44 ADDITIVE FERTIGUNG

Pasta-Drucker/BarillaIn Zusammenarbeit mit dem italienischen Nudelhersteller Barilla arbeiten Wissenschaftler am niederländischen TNO derzeit an der Entwicklung eines 3D-Druckers für Nudeln. Anwendung soll dieser aber nicht in der Massen-herstellung fi nden, sondern für den privaten Gebrauch oder im Restaurant genutzt werden. In Analogie zu einigen Kaffeeautomaten ist geplant, den Drucker mit so genannten Cartridges zu betreiben, die die Zutaten unterschiedlichster Teigwaren enthalten. Barilla strebt eine Herstellungsdauer von zwei Minuten für 15 bis 20 Nudeln an. Die Entwicklung hat mittlerweile das Proto-typenstadium erreicht. Erste Anlagen wurden bereits in einigen Restaurants in Eindhoven getestet.

Fleischdrucker/Modern MeadowDas amerikanische Start-Up Modern Meadow meldete im Oktober 2012 erstmals die erfolgreiche additive Herstellung eines Fleischwürfels aus lebenden tierischen Muskelzellen. Diese wurden mittels eines 3D-Druckers schichtweise aufgetragen und durch eine Biotinte ver-klebt, die verschiedene Zelltypen beinhaltete. In einem sich anschließenden Prozess im Bioreaktor erhielt das Fleischstück seine endgültige Konsistenz. Die Techno-logie soll eine wesentlich bessere Ökobilanz haben als Fleisch aus normaler Viehzucht und die Massentierhaltung verringern helfen. Die Technologie kann auch für die Herstellung von Leder Verwendung fi nden.

Grundsätzlich ist bei additiven Fertigungsverfahren im Bereich der Lebensmittelindustrie aber zwischen den Anwendungen zu unterscheiden. Bei einfachen, eher design-orientierten Einsatzbereichen wie beispielsweise dem 3D-Druck von Zuckerguss oder Schokoladenskulp-turen ist zu erwarten, dass eine Akzeptanz leicht erreicht werden kann und eine Kennzeichnungspfl icht der neuen Produkte nicht zwingend notwendig sein wird. Bei inno-vativen Anwendungen wie der generativen Fertigung kompletter, teils sogar individualisierter Nahrungsmittel stellt sich die Sachlage anders dar. Hier sind Fragen der Zulassung, der Akzeptanz und der Kennzeichnungspfl icht solcher Produkte essenziell. Auch spielen in diesen Fällen ökologische und in erheblichem Maße auch ethische Fragestellungen eine Rolle und sollten berücksichtigt werden.

Modern Meadow Inkubator (Quelle: Modern Meadow Inc.)

Grafi k: Funktionsweise des Fleisch-Printers (Quelle: Modern Meadow)

Gedruckte Knabbereien (Quelle: TNO)

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NEUE WERTSCHÖPFUNG MIT ADDITIVER FERTIGUNG 45

Aufgrund der hohen Anschaffungskosten für Industrie-anlagen generativer Verfahren haben sich bereits vor einigen Jahren Dienstleister am Markt etabliert. Waren diese früher vor allem für Entwicklungsabteilungen von Unternehmen tätig, die keine eigene Anlage betreiben wollten, so haben sich mit dem steigenden Interesse für die direkte additive Produktion in der Kreativwirtschaft und unter Privatpersonen nun Online-Plattformen am Markt etabliert. Hier können 3D-Teiledaten hochgeladen und der Bau mit einem bestimmten Material und der gewünschten Farbe in Auftrag gegeben werden. Einige Dienstleister unterstützen auch bei der Generierung der notwendigen Daten und bieten Kontakte zu Designern. Meist geben die Online-Druckdienste auch eine Übersicht von bereits zur Verfügung stehenden finalen Gestaltun-gen, die sich auswählen und persönlich konfigurieren lassen. Einige Druckdienstleister (zum Beispiel 3D-Print Barometer, Materialise) unterstützen online auch bei der Preisfindung.

Übersicht einiger Online-3D-Druckdienstleister

Die Plattformen werden in den letzten Monaten immer mehr erweitert und benutzerfreundlicher ausgestaltet. Zudem entwickelt sich das Geschäftsmodell einiger Plattformen in eine Richtung, die für Produktdesigner und Künstler neue Vertriebsmöglichkeiten bietet. Denn diese erlauben ihnen das Hochladen von Daten und den Vertrieb der Daten unter Zahlung einer Kommission an Dritte. Es ist teilweise auch möglich, die 3D-Baupläne herunterzuladen und in einem gewissen Rahmen zu verändern.

Neben den Online-Druckdienstleistern haben sich so genannte Content-Plattformen im Netz etabliert, auf denen sich die eigenen 3D-Entwürfe und Bauteilpläne ablegen und tauschen lassen. Mit einer Suchfunktion kann aus mehreren tausend Objektdaten der passende

Entwurf für den eigenen Ausdruck gefunden werden. Zum Download stehen meist eine oder mehrere STL-Dateien zur Verfügung. Bei manchen Plattformen sind neben den STL-Daten auch die Quelldaten verfügbar.

Übersicht einiger Content-Plattformen

Neben den Online-Dienstleistern gibt es in mehreren Städten mittlerweile das Angebot örtlicher Druckdienst-leister. Die Angebote reichen vom Komplettservice mit mehreren Anlagen über Do-It-Yourself-(DIY)-Druckshops bis hin zu Fab-Labs und 3D-Hubs. In der Regel vertreiben 3D-Druckereien sowohl fertig gedruckte Bauteile als auch die Dienstleistung des eigentlichen Druckvorgangs. Bei DIY-Druckshops hat man die Möglichkeit, sich einen 3D-Drucker auszuleihen und den Druckprozess zuhause oder Büro durchzuführen.

Die Idee des FabLabs stammt vom MIT Media Lab aus Boston. Hier wurde unter Leitung von Prof. Neil Gershen-feld das erste FabLab (fabrication laboratory) im Jahr 2001 eröffnet. Gemeint ist eine kleine Werkstatt mit einigen Druckern und weiteren Anlagen wie Fräsen oder Laser-

3.4 3D-Druckdienstleister und Content-Plattformen

Archive 3D: www.archive3d.net (über 40.000 Datensätze, Fokus: Möbel, Interior, Accessoires)

Fabbulos: www.fabbulos.com (im Aufbau, Fokus: hochwertiges Design)

GB3D Type Fossils: www.3d-fossils.ac.uk (im Aufbau, Fokus: 3D-Modell von Fossilien)

GrabCAD: www.grabcad.com (über 520.000 Datensätze, Fokus: technische Bauteile und Komponenten)

Thingiverse: www.thingiverse.com (über 130.000 Datensätze, Fokus: Kleinteile, Accessoires, Leuchten, Spiele)

Trimble 3D-Warehouse (über 5.000 Datensätze, meist 3D-Architektur)

TurboSquid: www.turbosquid.com (über 300.000 Datensätze, meist Gebäude und 3D-Architektur)

Yeggi: www.yeggi.com (über 160.000 Datensätze, Fokus: technische Komponenten, Kleinteile, Accessoires)

3D-Colorprint: www.3d-colorprint.de

Fabberhouse: www.fabberhouse.de

Materialise: www.imaterialise.com

Ponoko: www.ponoko.com

Sculpteo: www.sculpteo.com

Shapeways: www.shapeways.com

Trinckle: www.trinckle.com

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46 ADDITIVE FERTIGUNG

cutter, die von einer Community unter Verwendung von Open-Source-Software gemeinsam oder unter Anleitung freiwilliger Helfer genutzt werden können. Der Commu-nity-Gedanke stellt sicher, dass jeder Einzelne Zugang zu allen technischen Möglichkeiten additiver Fertigung und der notwendigen Software erhält. Die einzelnen FabLabs werden als Vereine betrieben, sind regional organisiert und über einen Verbund mit anderen FabLabs vernetzt. Ein Verhaltenskodex und die Selbstverpfl ichtung für alle offenen Werkstätten sind in der FabLab-Charta zusam-mengefasst, die durch die Fab Foundation kommuniziert wird. Für Einsteiger werden in der Regel so genannte Open FabLab-Termine eingerichtet, damit jeder Drucker und Software eigenständig benutzen kann. In Kürze wird auch in Frankfurt ein Fab-Lab unter dem Namen FabLab FFM eröffnen.

Den Community Gedanken gibt es nicht nur in Bezug auf Werkstätten, die Drucker unterhalten, sondern auch für Privatpersonen, die eine additive Fertigungsanlage erwor-ben haben, diese aber nicht rund um die Uhr verwenden. Das Geschäftsmodell der 3D-Hubs kommt aus den Nieder-landen. Auf einer Plattform wird Besitzern von 3D-Druckern angeboten, die Benutzung der Anlage anderen Personen und Unternehmen gegen eine Gebühr zu ermöglichen. Dies führt zu einer größeren Auslastung der Anlagen und gibt den Besitzern der Drucker die Möglichkeit, Umsätze zu generieren. Bei jedem Auftrag, der über 3D-Hubs abgewickelt wird, verdienen die Plattformbetreiber aus Amsterdam mit, denn es wird eine Kommission auf den Druckpreis in Höhe von 15 Prozent erhoben. Weltweit sind mittlerweile gut 7.000 Anlagenbetreiber registriert. Auch in Deutschland wurde der Betrieb der Plattform im Herbst 2013 gestartet. Berlin verzeichnet mittlerweile 34 registrierte Anlagen, Frankfurt 22, Hamburg 20 und Köln zwölf (Stand: 15. September 2014).

Rhein

Lahn

Main

FrankfurtFrankfurtOffenbachOffenbach

DarmstadtDarmstadt

MannheimMannheim

HeidelbergHeidelberg

LudwigshafenLudwigshafen

WiesbadenWiesbaden

MainzMainz

SiegenSiegen

Dreieich

Groß-Umstadt

Aschaffenburg

Hofheim

Bad Vilbel

3D-Druck-Dienstleister in der Rhein-Main-Region (Karte in Anlehnung an www.3dhubs.com)

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NEUE WERTSCHÖPFUNG MIT ADDITIVER FERTIGUNG 47

DISCLAIMER

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei den in diesem Kapitel dargstellten Informationen weder um eine abschließende Darstellung noch eine individuelle Rechtsberatung handelt. Die Ausfüh-rungen dienen lediglich der Darstellung aktueller Fragen und Sichtweisen, um einen Überblick für die dargelegten Problematiken und Zusammenhänge zu geben. In keinem Fall ersetzen die Ausführungen eine individuelle Rechtsberatung bei fachlich entsprechend geschulten Personen.

Spätestens mit dem ersten Aufkommen von Plattformen zum Austausch von Daten für den 3D-Druck werden immer öfter Fragen nach den rechtlichen Rahmenbe-dingungen gestellt. Die Gesetzgebung ist in Bezug auf die Entwicklung, den Vertrieb und den Gebrauch von dreidimensionalen Gegenständen und Produkten mit dem Urheber-, Marken-, Patent-, Gebrauchs- und Ge-schmacksmusterrecht zwar breit aufgestellt, doch birgt der digitale Austausch und der Nachbau eine ganze Reihe von Gefahren der Rechteverletzung, ohne dass es dem Nutzer klar sein dürfte. Dies sind zum Beispiel Schadensersatzforderungen bei Versagen eines additiv erzeugten Bauteils, die Verwendung privat gedruckter Gegenstände in Gewerberäumen oder das Scannen eines rechtlich geschützten Produkts für die Datenerzeugung zum 3D-Druck. Am offensichtlichsten wird die Rechts-problematik sicherlich bei der Verbreitung von Daten zum Bau von Waffen über das Internet.

Grundsätzlich unterscheiden sich die Fragestellungen hinsichtlich einer privaten oder gewerblichen Nutzung eines gedruckten Bauteils oder Produkts nicht, da das Urheber- und Markenrecht in beiden Fällen gleichermaßen gültig ist. Rechtsverletzungen können dabei sowohl bei der Erfassung von Daten eines geschützten Produkts, beim Versenden bzw. Abrufen von dreidimensionalen Daten sowie bei der generativen Herstellung einer Bau-teilgeometrie bzw. beim Vertrieb entstehen.

Urheberrecht

Durch das Urheberrecht werden ‚geistige Schöpfungen‘ einer Person geschützt, die eine gewisse Schöpfungs-höhe aufweisen. Darunter werden Werke aus Literatur, Fotografie, Film und Musik ebenso verstanden wie solche aus der Wissenschaft sowie der freien und angewandten Kunst. Urheberrechte können geltend gemacht werden, ohne dass eine Schöpfung beim Patent- und Markenamt als solche angemeldet wurde. Dies betrifft im Kontext der generativen Fertigung vor allem dreidimensionale Kunstwerke und Skulpturen sowie Designobjekte und Möbelstücke. Ein Kopieren für den privaten Bedarf kann zulässig sein, sofern keine offensichtlich rechtswid-rig veröffentlichten Daten verwendet werden. Je nach vorliegendem Fall sind mehrere Kopien erlaubt. Das Versenden der Daten an einen Dienstleister ist allerdings nicht gestattet. Die Vervielfältigung zu gewerblichen Zwecken ohne Einwilligung des Urhebers kann geahndet werden. Dabei stellt bereits die Digitalisierung eines ur-heberrechtlich geschützten Werks eine urheberrechtlich relevante Handlung dar. Denn nur dem Rechteinhaber ist es erlaubt, von seinem Werk digitale Daten zu erheben beziehungsweise sie zu skalieren (VDI: Statusreport „Ad-ditive Fertigungsverfahren“, Verein Deutscher Ingenieure e.V., September 2014). Das Urheberrecht erlischt erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.

Designrecht

Das Design von Produkten und Konsumgütern kann vom Gestalter bzw. einem Unternehmen zusätzlich zum Urheberrechtsanspruch durch Eintragung beim Patent- und Markenamt geschützt werden. Die Schutzdauer eines eingetragenen Designs beträgt 25 Jahre. Neuheit und Eigenart sind Voraussetzungen für die Erteilung der Eintragung, werden durch das Amt aber nicht geprüft. Mit Verweis auf ein eingetragenes Design kann sowohl die Vervielfältigung eines Produkts, Konsumguts oder Design- bzw. Modeartikels als auch dessen Inverkehrbrin-gung oder Gebrauch untersagt werden. Das Designrecht beeinflusst also in hohem Maße Fragen des rechtlichen Rahmens für die generative Fertigung.

3.5 Rechtsfragen im Kontext der additiven Fertigung

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48 ADDITIVE FERTIGUNG

Gebrauchsmusterschutz und Patentrecht

Patent und Gebrauchsmuster sind gewerbliche Schutz-rechte, die einem Erfinder bzw. Unternehmen die ge-schützte wirtschaftliche Verwertung einer technischen Erfindung ermöglichen. Während für die Erteilung eines Patents eine deutliche Erfindungshöhe vorausgesetzt wird, spricht man bei Gebrauchsmustern lediglich von einem erfinderischen Schritt. Der Schutzrahmen ist da-her bei Patenten deutlich größer und auch die maxi-male Schutzdauer von 20 Jahren übersteigt die von Gebrauchsmustern mit zehn Jahren deutlich. Bei der Reproduktion von Bauteilen oder Komponenten eines Produkts durch die additive Fertigung sollten mögliche Patentschutzrechte überprüft werden. Nach dem Aus-laufen eines Patents stehen die durch die im Zuge der Patentierung veröffentlichten technischen Lösungen frei zur Verfügung. Bislang ist noch nicht eindeutig geklärt, ob das Kopieren von Konstruktionsmerkmalen eines Produkts eine mittelbare Patentverletzung darstellt. Mit Blick auf die sich durchsetzende Rechtssprechung scheint das gegenständliche Kopieren von Geometrie-daten auszureichen, um Schutzrechte zu verletzen (VDI: Statusreport „Additive Fertigungsverfahren“, Verein Deutscher Ingenieure e.V., September 2014).

Markenrecht

Durch das Markenrecht lassen sich die Kennzeichnung eines Produkts oder Unternehmens in Form von Bildern (Bildmarke), Wörtern (Wortmarke), deren Kombination (Wort-Bild-Marke) oder grafischen Darstellungen in zwei-dimensionaler und dreidimensionaler Ausführung schüt-zen. Produkte und Güter mit geschützten Marken dürfen weder in identischer noch ähnlicher Form reproduziert, angeboten oder vermarktet werden. Da es im Zuge der steigenden Verbreitung von 3D-Druckern und Scannern zur Erfassung dreidimensionaler Geometrien auch zur Reproduktion der an einem Produkt gekennzeichneten Marken kommen kann, sind Rechtsverletzungen nicht ausgeschlossen.

Bislang sind nur einige wenige Rechteverletzungen im Kontext der generativen Fertigung bekannt geworden. Dies könnte sich aber mit dem wachsenden Markt für die generative Fertigung in den nächsten Jahren in ähnlicher Weise entwickeln, wie man es in der Musik- oder Filmin-dustrie zu Beginn des Jahrtausends beobachten konnte.

Haftungsrechtliche Fragen

Neben der möglichen Verletzung von Schutzrechten ist die Frage der Produkthaftung für den Markt mit generativ erzeugten Produkten bislang ebenfalls nicht eindeutig geklärt. Das Produkthaftungsgesetz sieht mögliche An-sprüche bei fehlerhaften Bauteilen oder Komponenten gegen den Hersteller oder Händler vor. Da die additive Fertigung die Herstellung von Produkten im privaten Umfeld auf Basis von 3D-CAD-Daten erlaubt, entstehen neue haftungsrechtliche Aspekte. In der bisherigen Rechtsprechung geht man davon aus, dass der Produ-zent für die Beschädigung von Rechtsgütern haftet, die auf ein fehlerhaft hergestelltes Produkt zurückzuführen sind. Während im BGH die Produzentenhaftung infolge eines verhaltensbezogenen Fehlers betont wird, stellt das europäische Produkthaftungsgesetz zur Bewertung der Haftungsfrage nicht das fehlerhafte Verhalten eines Unternehmens, sondern den Produktfehler als solchen in den Mittelpunkt der Betrachtung.

Da Konstruktion, Fabrikation und Montage bei der additiven Fertigung virtuell ablaufen und oftmals an unterschiedlichen Orten und von unterschiedlichen Personen und Unternehmen durchgeführt werden, sind die „Besonderheiten der arbeitsteiligen Produktion im besonderen Maße sichtbar“ (VDI: Statusreport „Additive Fertigungsverfahren“, Verein Deutscher Ingenieure e.V., September 2014). Es kann davon ausgegangen werden, dass im Kontext der industriellen Fertigung wie bislang der Endhersteller für Fehler im Produkt mit Blick auf die Konstruktionsverantwortung haftet und sich bei fehlerhafter Konstruktion Haftungs-

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NEUE WERTSCHÖPFUNG MIT ADDITIVER FERTIGUNG 49

ansprüche im Innenverhältnis ergeben. Unterschiede gibt es im Kontext der additiven Fertigung allerdings, wenn die Fertigung für eine private Person als Endverbraucher erfolgt. Hier kann der Endhersteller umfassend für die Fehler eines additiv erzeugten Produkts haftbar gemacht werden. Der Rechtsanwalt Dr. Markus Bagh rät Unterneh-men, die als Ersteller von 3D-Drucken gewerblich tätig sein wollen, dazu, in den Geschäftsbedingungen einen ‚Haftungsausschluss bei print on demand‘ vorzusehen (Horscher, Florian: 3D-Druck für alle – Der Do-it-your-self-guide. München, Wien: Carl Hanser Verlag, 2014).

Bislang unklar ist die Rechtssprechung in Bezug auf den Sachverhalt, ob eine Privatperson im Kontext des Produkthaftungsgesetzes durch das Betreiben einer additiven Fertigungsanlage selber zum Hersteller werden kann. Nach Paragraph 4 des Produkthaftungsgesetzes ist derjenige Hersteller eines Produkts, „der das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat.“ Da der Gesetzgeber jedoch den Produktbegriff nach Paragraf 2 des Produkthaftungsgesetzes stets zusammen mit dem Herstellerbegriff sieht, haben Juristen im Falle der privaten Erzeugung eines Produks mithilfe einer additiven Fertigungsanlage auf Basis fertiger Konstruktionsdaten Zweifel daran, ob eine haftbare eigenverantwortliche Tätigkeit einer Privatperson überhaupt vorliegen kann. Werden die Daten nicht durch eigenes Zutun verändert, kann beim Druck eines Bauteils wohl von einer reinen Montagetätigkeit nach den Vorgaben des Herstellers ausgegangen werden. Die Verantwortung würde dann beim Konstrukteur liegen (VDI: Statusreport „Additive Fertigungsverfahren“, Verein Deutscher Ingenieure e.V., September 2014).

Und auch hinsichtlich der haftungsrechtlichen Zusam-menhänge bei Mangelfolgeschäden – ein selbst additiv gefertigtes Bauteil verursacht einen Schaden an der Maschine, in die es verbaut wurde – besteht derzeit noch keine Klarheit, welche Auswirkungen dies dann auf Garantie, Gewährleistung oder Schadenersatz hat.

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50 ADDITIVE FERTIGUNG

EDAG Genesis / Light Cocoon: 52

Philipps-Universität Marburg: 57

Hochschule für Gestaltung Offenbach: 64

Fab Lab Darmstadt: 61

Adam Opel AG: 51

Europäische Weltraumbehörde: 67

Universität Kassel: 59

3D Scaper: 66Fraunhofer LBF: 62

4D Concepts: 58

Technische Universität Darmstadt: 60

FKM Sintertechnik: 54

sauer product: 56

4. Additive Fertigung: Ausgewählte Erfolgsgeschichten, Potenziale und Projekte aus Hessen.

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ADDITIVE FERTIGUNG: AUSGEWÄHLTE ERFOLGSGESCHICHTEN, POTENZIALE UND PROJEKTE AUS HESSEN 51

4.1 Adam Opel AG: Montagehilfen aus dem 3D-Drucker für die Endfertigung

Ist der Einsatz additiver Techniken für die direkte Her-stellung von Bauteilen in der Fahrzeugproduktion noch Zukunftsmusik, so werden generative Verfahren wie das 3D-Drucken aber bereits zur Unterstützung der Fertigung genutzt. Ein Beispiel ist die Adam Opel AG, wo inzwi-schen Montagewerkzeuge für den Produktionsprozess in kleinen Stückzahlen mit 3D-Druckern hergestellt werden. Etwa 40 der Montagehilfen für Windschutzscheiben und Trittleisten kommen seit Herbst 2014 bei der Fertigung des Modells ADAM ROCKS Opel zum Einsatz. Dabei machen 3D-Drucker die Herstellung sehr viel preiswerter und schneller. Denn wurden die Endmontage-Werkzeuge bisher mit einer gefrästen Negativform und handlami-nierten Harzformen hergestellt, sind die Lehren mit dem 3D-Drucker nach gut acht Stunden verfügbar und sogar um bis zu 70 Prozent leichter.

Dass in Zukunft immer mehr gedruckte Montagewerk-zeuge in den Produktionsprozess integriert werden und additive Fertigung eine zunehmend wichtigere Rolle spielen wird, gilt vielen dabei als sicher. Die Arbeitsmittel wurden bereits in der Entwicklungsphase des ADAM ROCKS am Computer entworfen. Das ermöglicht eine schnelle Anpassung der Teile. Sollte sich etwas am Fahr-zeugdesign ändern, kann das Werkzeug mit ein paar Klicks angepasst werden. Damit sinken die Fertigungs-kosten deutlich.

Mit einer von Opel entwickelten Verbindungstechnik ist es auch möglich, Montagewerkzeuge zu erzeugen, deren Größe den Bauraum des Druckers übersteigt. So setzen sich die Montagehilfen für den Seitenschweller oder den Heckspoiler des ADAM ROCKS aus mehreren kleineren Elementen zusammen. Und auch die Nachbearbeitung scheint sich zu vereinfachen. Denn mit Kunststoffen ge-druckte Formteile können sowohl mechanisch als auch chemisch bearbeitet werden und lassen sich mit anderen Materialien kombinieren. Vor allem die Möglichkeit zur ergonomischen Anpassung an den Fertigungsmecha-niker innerhalb weniger Minuten am Computer bietet weitere Vorteile, die den Einsatz additiver Techniken in der Automobilproduktion weiter vorantreibt. Mittlerweile profitieren neben dem ADAM ROCKS auch der Insignia und das Cabriolet Cascada von Montagewerkzeugen aus dem 3D-Drucker. Die generative Fertigung soll sukzessive

auf weitere Opel-Modelle wie den Corsa, Vivaro und Mok-ka ausgeweitet werden. Opel wird damit eine führende Rolle bei der Verwendung additiver Fertigungsprinzipien im General Motors-Konzern übernehmen.

KontaktAdam Opel AGAndrew Marshall (Direktor Kommunikation Technik)Telefon: +49 (0)6142 773 815E-Mail: [email protected]

Konstruktion und Änderung der Montagewerkzeuge erfolgt am Com-puter (Quelle: Adam Opel AG)

Bei der Produktion des Opel ADAM ROCKS wird beispielsweise eine per 3D-Drucker gefertigte Montagelehre zum Anbringen des Fahr-zeug-Schriftzugs an den hinteren Seitenscheiben verwendet. (Quelle: Adam Opel AG)

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52 ADDITIVE FERTIGUNG

4.2. EDAG Genesis / Light Cocoon: Additive Technologien für die Fertigung eines Fahrzeug-Skelettrahmens

Auf dem Genfer Automobilsalon wurde mit der EDAG Genesis Studie im März 2014 ein visionärer Ausblick auf die Zukunft der automobilen Fertigung gegeben. Denn mit Blick auf die Möglichkeiten der additiven Produktion durch Lasersintern, 3D-Drucken, Stereolithografie und Co. wird es in Zukunft möglich sein, eine komplette Karosse-rie aus einem Stück herzustellen. Mit der futuristischen Fahrzeugskulptur bewerten die Entwickler und Designer von EDAG die aktuellen Möglichkeiten und versuchen, die Potenziale der generativen Fertigung am Beispiel einer Karosseriestruktur zeitlich einzuordnen. EDAG GENESIS basiert dabei auf den Mustern einer Schildkröte, deren Panzer Schutz und Dämpfung liefert und mit dem Bewegungsskelett vereint ist. Der Skelett-rahmen des Exponats erinnert an natürlich gewachsene Knochengerüste, die mit konventionellen Produktions-techniken nicht zu realisieren sind. Die EDAG-Entwickler profitieren schon jetzt von den enormen Freiheitsgraden und neuen Gestaltungsmöglichkeiten, die die additiven Fertigungsprozesse den Designern und Ingenieuren zur Verfügung stellen. „Wir mussten uns anfangs durchaus dafür rechtfertigen, dass wir eine behäbige Schildkröte als Grundlage für eine Fahrzeugidee genommen haben“, so Johannes Barckmann, Chefdesigner und Bionik-Innovator bei EDAG. „Schildkröten sind unter Wasser begnadete Schwimmer, aber an Land nicht unbedingt die schnellsten Zeitgenossen. Was uns allerdings dazu inspiriert hat, den Schildkrötenpanzer als Inspiration für Genesis zu nutzen, war die simple Tatsache, dass wir hier über einen Insas-senschutz reden, der von der Natur über Millionen von Jahren perfektioniert wurde. Das kann sich kein Ingenieur ausdenken!“ (www.edag.de/edag/das-unternehmen/edag-stories/bionik.html, Stand: 03.02.2015)

Ein fachübergreifend zusammengesetztes Team aus EDAG-Designern und Spezialisten des EDAG Com-petence Centers Leichtbau hat die Potenziale der aussichtsreichsten generativen Techniken untersucht und mit Experten aus Forschung und Industrie dis-kutiert. Diese reichten vom Selektive Laser Sintering (SLS), über das Selektive Laser Melting (SLM) und die Stereolithografie (SLA) bis hin zum Fused Layer Model-ling (FLM). Zur Bewertung wurden die Technologien in einer eigens entwickelten Matrix quantifiziert, die unter anderem Kriterien wie Strukturrelevanz, mögliche Bau-teilgröße, Fertigungstoleranz und Herstellungskosten beinhaltete. Im Ergebnis stellte sich ein weiterentwickeltes FLM-Ver-fahren als aussichtsreichster Kandidat dar. Im Gegensatz zu den anderen Technologien bietet FLM die Möglich-keit, nahezu beliebige Bauteilgrößen zu fertigen. Eine Beschränkung durch einen vorgegebenen Bauraum gibt es nicht. Vielmehr werden die Strukturen durch den Auftrag von thermoplastischen Materialien durch Roboter erzeugt. Im freien Raum entstehen gänzlich ohne Werkzeug und Vorrichtungen komplexe Strukturen. Mit der Option zur Integration von Endlos-Kohlefasern im Fertigungsprozess, können zudem die gewünschten Festigkeiten und Steifigkeitswerte erreicht werden.

EDAG GENESIS Studie – Fahrzeugkarosserie aus einem Stück (Design: EDAG)

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ADDITIVE FERTIGUNG: AUSGEWÄHLTE ERFOLGSGESCHICHTEN, POTENZIALE UND PROJEKTE AUS HESSEN 53

Nach dem Erfolg des EDAG GENESIS hat das Unter-nehmen seine Vision einer bionisch inspirierten Karos-seriestruktur weiter konkretisiert. Um die bionischen Bauprinzipien und Strategien der Natur umsetzen zu können, werden auch beim „EDAG Light Cocoon“, dessen Vorstellung für den Genfer Automobilsalon 2015 geplant ist, erneut die Potenziale der generativen Fertigung genutzt. „Wir verfolgen die Vision der Nach-haltigkeit – so wie es uns die Natur vormacht: leicht, effizient, ohne Verschwendung“, erläutert Barckmann das neue Vorhaben. „Im Ergebnis zeigt der „EDAG Light Cocoon“ eine stabile verästelte Tragstruktur aus dem 3D-Drucker, die nur dort Material vorsieht, wo es tatsächlich gebraucht wird.“ (www.edag.de/edag/news-detail/getarticle/News/detail/natuerlich-ultimativ-leicht-der-edag-light-cocoon.html)

Aus heutiger Sicht ist eine Fertigung von Bauteilen und im nächsten Schritt von Modulen durchaus erreichbar. Das Ziel, komplette Karosserien mit generativen Ferti-gungsverfahren produzieren zu können, ist allerdings noch weit von der industriellen Anwendung entfernt und bleibt aktuell eine wünschenswerte Vision. Die EDAG Group hat sich das Ziel gesetzt, valide Anwendungsfälle für den Einsatz additiver Technologien im Fahrzeugbau in den nächsten Jahren umzusetzen.

Kontakt EDAG Engineering AGJohannes Barckmann (Head of DESIGNSTUDIO)Reesbergstr. 1, 36039 FuldaTelefon: +49 (0)661 6000-610E-Mail: [email protected] www.edag.de

EDAG GENESIS Studie – Fahrzeugkarosserie aus einem Stück (Design: EDAG)

EDAG Light Cocoon Studie (Design: EDAG)

EDAG Light Cocoon Studie (Design: EDAG)

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54 ADDITIVE FERTIGUNG

4.3 FKM Sintertechnik: Fabrik der Zukunft für das Zeitalter der additiven Fertigung

Seit mehr als 20 Jahren ist FKM Sintertechnik auf dem Gebiet des Lasersinterns als Anbieter aktiv. Dabei versteht das Unternehmen Lasersintern schon lange als vollwerti-ges Produktionsverfahren weit über den Prototypenbau hinaus. Mit der Eröffnung seines neuen Werks im Juli 2014 in Biedenkopf bei Marburg startete das Unter-nehmen eine vollwertige Fabrik mit Lasersinteranlagen und brachte damit das ‚Additive Manufacturing‘auf das Niveau einer industriellen Fertigung. Das Besondere: Die neue Produktion wurde durchgängig nach industriellem Maßstab aufgebaut, unter Beachtung anspruchsvoller ökologischer Prinzipien. So wird beispielsweise der Ener-giebedarf mit Ökostrom gedeckt und durch konsequente Rückgewinnung von Wärmeenergie aus dem Produk-tionsprozess kommt die Fabrik ohne Heizungsanlage aus. Die zurückgewonnene Energie reicht dabei sowohl zur Bereitung von warmem Brauchwasser als auch der Beheizung des Gebäudes bis zu einer Außentemperatur von -15 Grad Celsius aus.

Das Herzstück bildet eine Fertigungshalle von rund 3.000 Quadratmetern mit 25 Lasersinteranlagen für die Her-stellung einbaufertiger Kunststoff- und Metallbauteile. Die Anlagen werden ausgehend von mehreren Silos mit zentraler Verteilerstation über einen geschlossenen Kreislauf vollautomatisiert mit Pulvermaterial versorgt. Sämtliche vor- und nachgeschalteten Be- und Verar-beitungsprozesse erfolgen in einer prozessoptimierten Infrastruktur. Eine flexible Produktionssteuerung managt und überwacht alle Abläufe von der Gütekontrolle des angelieferten Pulvermaterials bis zur Qualitätssicherung der fertigen Sinterteile. „So gewährleisten wir eine op-

timale Nutzung der Anlagen und der Kunde profitiert von kürzeren Vorlauf- und Lieferzeiten“, erläutert Jürgen Blöcher, geschäftsführender Gesellschafter der FKM Sintertechnik.

Abhängig von den individuellen Kundenanforderungen können unterschiedliche Materialien für die Fertigung eingesetzt werden. Polyamide wie PA 11 und PA 12 , das flexible Elastomer TPU (thermoplastisches Polyurethan) mit seinen kautschukähnlichen Eigenschaften oder das chemikalien- und hitzefeste Polyetheretherketon PEEK HP3 sind im Kunststoffbereich nutzbar. Bei den Metallen stehen Werkzeugstahl, Edelstahl und Aluminium ebenso zur Verfügung wie DirectMetal 20, ein bronzebasiertes Metallpulver oder das extrem umgebungsresistente Inconel 718, eine Nickel-Chrom-Legierung für Hoch-temperatur-Anwendungen, zum Beispiel für Turbolader oder Turbinenschaufeln.

Ein beeindruckendes Beispiel für die Leistungsfähigkeit additiver Fertigung ist ein systemrelevantes Bauteil für Lackierroboter in der Automobilindustrie, dessen Wei-terentwicklung gemeinsam von FKM Sintertechnik und dem Kunden durchgeführt wurde. „Ausgangspunkt war ein zylinderförmiges Aluminiumbauteil. Dessen Länge von 120 Millimetern ergab sich durch die Notwendig-keit, etwa 40 Kanäle in unterschiedlicher Richtung durch Bohren einzubringen. Mit einer von uns entwickelten lasersintergerechten Konstruktion, mit verschlungenen und eng nebeneinander liegenden Kanälen, ließ sich die Baulänge auf 21 Millimeter verkürzen“, erläutert Blöcher

Neue Laserfabrik in Biedenkopf (Quelle: FKM Sintertechnik) Fertigungshalle mit 25 Lasersinteranlagen und automatisierter Steue-rung der Materialkreisläufe (Quelle: FKM Sintertechnik)

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ADDITIVE FERTIGUNG: AUSGEWÄHLTE ERFOLGSGESCHICHTEN, POTENZIALE UND PROJEKTE AUS HESSEN 55

das Vorzeigeprojekt. Da das Bauteil mit dem Hochleis-tungspolymer PEEK HP3 umgesetzt wurde, konnte das Gewicht zudem von ursprünglich knapp vier Kilogramm auf 230 Gramm reduziert werden. „Natürlich mussten wir durch den Materialwechsel zunächst nachweisen, dass unser Produkt mit den Aluminium-Werkstücken mithalten konnte“, führt Blöcher weiter aus. „Aber Versuche mit Pro-totypen bestätigten nicht nur, dass wir gleichziehen konn-ten, sondern belegten sogar eine signifikant verbesserte Performance der Lackierroboter durch die Verwendung der neuen lasergesinterten Bauteile.“ Inzwischen wurde es in die Serienfertigung der Lackierroboter integriert und FKM Sintertechnik hat bis Ende 2014 bereits eine vierstellige Anzahl dieser Bauteile ausgeliefert.

Kontakt FKM Sintertechnik GmbHJürgen Blöcher (Geschäftsführer)Zum Musbach 6, 35216 BiedenkopfTelefon: +49 (0)6461 75852-10E-Mail: [email protected]

Additiv erzeugtes PEEK Bauteil für Lackierroboter (Quelle: FKM Sin-tertechnik)

Fertigungshalle mit 25 Lasersinteranlagen und automatisierter Steuerung der Materialkreisläufe (Quelle: FKM Sintertechnik)

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56 ADDITIVE FERTIGUNG

Als Pionier in der generativen Fertigung von Prototypen ist sauer product im südhessischen Dieburg schon seit 1988 als Anwender tätig. Im Laufe der Jahre entstanden immer neue Technologien in Kombination mit neuen Werkstoffen. Um jeweils optimale Lösungen für den spezifischen Anwendungsfall bieten zu können, hat sich das Unternehmen mit einem breiten Spektrum an Prototyping-Technologien aufgestellt; dabei umfasst das Angebot sowohl konventionelle Verfahren als auch innovative Technologien wie das Lasersintern.

Auf Grund der umfassenden Erfahrung kann sauer product heute selbst Werkstücke mit äußerst komplexer Geometrie kurzfristig, zu günstigen Kosten und mit der für die Anwendung erforderlichen Genauigkeit her-stellen. Als Pilotanwender setzt das Unternehmen das SLM-Verfahren bereits seit zehn Jahren ein, hat inzwischen umfassende Erfahrungen gesammelt und zählt so heute zu den führenden Anbietern dieser Technologie.

Zukunftstechnologie – metallischer 3D-DruckAls Werkstoffe stehen bei sauer product unter anderem Edelstahl, Warmarbeitsstahl, Kobalt-Chromstahl sowie Aluminium und Titan zur Verfügung. Das Unternehmen bietet so eine breite Auswahl metallischer Materialen für die additive Fertigung.

Bereits sehr erfolgreich zeigen sich additive Fertigungs-verfahren im Prototypenbau. Ein hervorragendes Bei-spiel ist das von sauer product durchgeführte Projekt „Träger- und Abdeckblech für einen Staubsauger“. Von diesem scheinbar einfachen Bauteil war ein Prototyp für Belastungs- und Funktionsprüfungen erforderlich. Kon-ventionell ist dieser Prototyp aber nur mit einem teuren mehrstufigen Umform- und Stanzwerkzeug herstellbar. Ganz anders dagegen beim SLM-Verfahren, das sauer product einsetzt: Ausgehend vom 3D-CAD-Volumen-modell war der Bauprozess in nur einer Stunde program-miert, die Bauzeit des etwa 90 mal 230 Millimeter großen Trägerblechs auf der vollautomatisch arbeitenden Anlage betrug anschließend zwölf Stunden. So stand bereits eine Woche nach Auftragseingang der Prototyp beim Anwender für die Erprobung zur Verfügung.

Wichtiger als die Einsparung der Werkzeugkosten für die Herstellung des Prototyps war allerdings die hohe Zeiteinsparung, die die Dieburger ermöglichen. Allei-ne der konventionelle Werkzeugbau hätte sonst rund vier Wochen in Anspruch genommen. Dank additiver Fertigung mittels SLM-Verfahren und dem Know-how von sauer product war es für den Kunden möglich, die ursprünglich geplante Markteinführungszeit um rund 15 Prozent zu verkürzen. Entscheidend dafür war, dass die additiv hergestellten Werkstücke dieselben mecha-nischen Eigenschaften aufwiesen wie der konventionell bearbeitete Originalwerkstoff.

Vorteile realisiert sauer product auch bei Sondereinzel-anlagen wie zum Beispiel im Bereich Kraftwerksbau. Hier werden oftmals Bauteile mit sehr individuellen Anforde-rungen benötigt. Dadurch setzt sich das SLM-Verfahren oftmals später auch in der Serienanwendung durch, da sich die „Serie“ in diesen Fällen noch in geringen Stückzahlen ausdrückt.

Kontakt sauer product GmbHStephan SperlingFrankfurter Straße 73, 64807 DieburgTelefon: +49 (0)6071 2070-170E-Mail: [email protected]

Metallischer 3D-Druck eines Strukturbauteils (Quelle: sauer product GmbH)

4.4 sauer product: Schnellere Markteinführung dank additiver Fertigung

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ADDITIVE FERTIGUNG: AUSGEWÄHLTE ERFOLGSGESCHICHTEN, POTENZIALE UND PROJEKTE AUS HESSEN 57

4.5. Philipps-Universität Marburg: Additive Fertigung von individuellem Zahnersatz und Kieferknochen

Aufgrund der Individualität von Zahnersatz und der be-nötigten Einzelstücke haben sich generative Verfahren zu einer echten Alternative zu den traditionellen Fertigungs-methoden entwickelt. Auch für den Ersatz von Kieferkno-chen, der aufgrund der nach Zahnverlust eintretenden Gewebsschrumpfung (sog. resorptive Vorgänge) oder infolge von Unfällen oder Tumorerkrankungen entfernt werden musste, haben generative Verfahren an Bedeu-tung gewonnen. Fehlende Zähne durch Zahnimplantate zu ersetzen, ist heute zu einer Routinemaßnahme in der modernen Zahnmedizin geworden. Aufgrund der resorp-tiven Vorgänge nach Zahnverlust muss jedoch häufig das Kieferknochenvolumen zunächst wieder aufgebaut werden, bevor der Zahnersatz implantiert werden kann. Noch umfangreicher sind die aufzubauenden Kieferareale bei einer Krebserkrankung. Der Aufbau des Kieferkno-chens geschieht üblicherweise durch Entnahme von Knochenmaterial an anderer Stelle des Körpers (zum Beispiel am Wadenbein) und dem Applizieren in den Kiefer. Nicht selten führt diese Behandlungsmethode sowohl zu Komplikationen am Kiefer als auch an der Entnahmestelle des Knochenmaterials.

An der Philipps-Universität Marburg erforscht die Zahn-medizinerin Christine Knabe-Ducheyne seit 2011 neue Biokeramiken für die additive Fertigung, die für den Aufbau kollabierter Kieferkochen genutzt werden können, den körpereigenen Knochen zum Wachstum animieren und sich nach drei bis sechs Monaten auf natürliche Weise abbauen. In einer Testreihe mit Schafen konnte sie die Bioaktivität von Kalziumalkaliorthophosphat als Ersatzmaterial erfolgreich nachweisen. In einem aktuellen Forschungsprojekt geht es nun um die Herstellung des Knochenmaterials durch Tissue Engineering mit additiven Fertigungsverfahren. Die Geometrie des Kiefers wird durch Computertomografie zunächst erfasst und das benötigte Knochengerüst dreidimensional aufgebaut. Anschließend erfolgt der Druck aus der Biokeramik. Der so genannte Scaffold kann dabei mit Knochenzellen und Wachstumshormonen angereichert werden und auch Mikro-Blutgefäße enthalten. Am Kieferknochen stimuliert der Scaffold anschließend das Knochenwachstum, soll mit den natürlichen Geweben verwachsen und sich nach wenigen Monaten abbauen. Danach kann der Einsatz des Implantats erfolgen.

Prof. Knabe-Ducheyne verfolgt diese Zielsetzung seit nunmehr 25 Jahren. Im Rahmen einer vom Hanauer Unternehmen Heraeus-Kulzer mit einer Million Euro finanzierten Stiftungsprofessur wird die Vorgehensweise aktuell im Tierversuch getestet. Blutgefäße enthaltene Scaffolds werden in den Oberschenkelknochen implantiert und anschließend der Gewebeaufbau überprüft sowie die Resorptionseigenschaften der Biokeramik getestet.

„Wir untersuchen in der Versuchsreihe unterschiedli-che Scaffolds, um die Materialien und Bedingungen zu optimieren. Den besten Scaffold wollen wir dann im Rahmen eines Großtierversuchs testen“, beschreibt Christine Knabe-Ducheyne die Vorgehensweise im For-schungsprojekt. „Wie schön wäre es, wenn ich Patienten in Zukunft die unangenehme Knochenentnahme ersparen könnte.“ (www.uni-marburg.de/aktuelles/unijournal/uj44/muj44herbst2014.pdf)

KontaktPhilipps-Universität MarburgProf. Dr. Christine Knabe-Ducheyne, DDS, PhDGeorg-Voigt-Str. 3, 35039 Marburgwww.med.uni-marburg.de

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58 ADDITIVE FERTIGUNG

Unter dem Motto ‚Your sport is our mission‘ hat die Firma SEE Sport Equipment Eichinger in Mitterskirchen ein Ge-rät zur Herstellung von individuell angepassten Einlagen für Sportschuhe entwickelt. Entstanden ist der Vaku-Fit, der heute in erster Linie von Spezialsportgeschäften und Orthopädieschuhmachern eingesetzt wird.

Um einen individuellen Fußabdruck zu erhalten, stellt sich der Kunde auf die mit Mikrokugeln befüllten Silikonkissen. Über Vakuum verfestigen sich die Mikrokugeln und in die so entstandene Form wird die erwärmte Einlage gelegt. Durch erneute Anpassung durch den Kunden entsteht eine perfekte Einlage. Diese wird anschließend in den Schuh eingepasst und bietet den perfekten Tragekomfort ohne Schmerzen und Druckstellen beim Sport.

Auf Basis der Idee hat 4D Concepts für SEE die 3D-CAD- Konstruktion realisiert. Seit Abschluss der Entwicklung fertigt 4D Concepts die Silikonkissen für die Vaku-Fit Ge-räte per Vakuumguss in Serie. Auf Grund der benötigten Stückzahlen und der unterschiedlichen Farbvarianten hat sich das Vakuumgießen mit einem medizinisch geeigneten Silikonwerkstoff als effizientes Produktionsverfahren für dieses Produkt etabliert. Die Vorteile für SEE liegen dabei in der schnellen Verfügbarkeit von kleineren Stückzahlen und der flexiblen Realisierung von unterschiedlichen Farbvarianten.

Formen für das Vakuumgießen werden durch Einformen eines Urmodells aus dem 3D-Druck mit einem Silikonkaut-schuk gefertigt. Durch Anlegen eines Vakuums wird eine perfekte Formfüllung und Abformung der Oberflächen-qualität des Urmodells erreicht. Das Vakuumgießen eignet sich insbesondere zur Herstellung von Kunststoffteilen mit serienähnlichen Materialeigenschaften bei kleineren bis mittleren Stückzahlen und hat sich auch für den Vaku-Fit als das geeignete Produktionsverfahren etabliert.

4D Concepts ist ein innovatives Unternehmen rund um die additive Fertigung von Kunststoffteilen im Rhein-Main-Gebiet und fertigt seit 1995 mit unterschiedlichen generativen Verfahren wie Lasersintern, Stereolitho-grafie oder dem MultiJet für nahezu alle Branchen. Die generativen Fertigungsprozesse werden ergänzt durch weitere Dienstleistungen wie das 3D-Scannen, die digi-tale Modellierung und die 3D-CAD Konstruktion sowie konventionelle Fertigungsverfahren wie Fräsen, Vaku-umgießen, Laserschneiden und verschiedene Prozesse zur Oberflächenveredelung für Kundenprojekte von der ersten Idee bis zum Serienteil.

Kontakt 4D Concepts GmbHPeter Volz (Geschäftsführer)Frankfurter Straße 74, 64521 Gross-Gerau Telefon: +49 (0)6152 92310E-Mail: [email protected]

Abformen des individuellen Fußabdrucks mit Silikonkissen, die mit Mikrokugeln befüllt sind (Quelle: 4D Concepts)

4.6 4D Concepts: Mit generativer Fertigung zur ‚Customized‘ Sportschuh-Einlage

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4.7 Universität Kassel: 3D-Druck zementgebundener Formteile

In der Architektur, wo großformatige und geometrisch komplexe Bauteile oft ebenfalls in kleinen Losgrößen benötigt werden, sind 3D-Druck-Technologien bislang noch weitgehend ungenutzt. Ein bekanntes und für diese Fertigungstechnologie interessantes Material ist der kostengünstige und damit auch für großformatige Teile geeignete Zementwerkstoff.

Im Rahmen eines von der Universität Kassel initiierten Forschungsprojektes mit Partnern aus der Industrie wurde 2012 und 2013 ein Verfahren zur additiven Herstellung von zementgebundenen Formteilen entwickelt und die Verwendbarkeit der daraus resultierenden Produkte im Architektur- und Baubereich im Rahmen einer Disser-tation am Fachgebiet Tragkonstruktion und Massivbau untersucht.

In diesem Verfahren wird ein Zementwerkstoff mit Zu-schlägen versetzt und schichtweise in einen bis zu acht Kubikmeter großen Bauraum auf einer Anlage der Firma voxeljet eingebracht. Die Verfestigung des Gemisches erfolgt dabei ebenfalls schichtweise selektiv mit einer wässrigen Lösung. Die Verarbeitung eines Zement-werkstoffes in einem 3D-Druck-Prozess bedeutet eine grundlegende Abkehr von den bisher bekannten Ver-arbeitungsmethoden, da hier die übliche mechanische Durchmischung zur gleichmäßigen Vermengung von Flüssigkeit und Zementpulver nicht stattfindet.

Die Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die physi-kalischen Eigenschaften des Endproduktes dadurch sehr stark verändern. Ein Grund hierfür sind Anisotropien, welche durch den schichtweisen Aufbau entstehen, die in der nachstehenden Rasterelektronenmikroskop-Auf-nahme zu sehen sind.

In den entwicklungsbegleitenden Versuchen wurden Festigkeitsabweichungen in Abhängigkeit vom Lastan-griffswinkel zur Schicht von bis zu 50 Prozent festgestellt. Diese unerwünschten Effekte konnten durch eine Nach-behandlung reduziert und gleichzeitig die Gesamtfestig-keiten gesteigert werden. Legt man die DIN EN 1992 für derartige Produkte im Außenbereich zu Grunde, sind die einschlägigen Kennwerte noch nicht erreicht. Unabhängig davon jedoch konnte das Ziel, ein zementgebundenes Formteil mit einem additiven Verfahren herzustellen, welches dem Planer ein Höchstmaß an gestalterischer Freiheit bietet, mit dem 3D-Druck-Verfahren realisiert werden.

Zur Verwendung dieser neuen Produkte im Architek-tur- und Baubereich sind weitere Untersuchungen auch deshalb notwendig, da in Langzeituntersuchungen un-erwartete Festigkeitseinbußen bei den eingesetzten Zementwerkstoffen festgestellt wurden. Darüber hinaus müssen noch Strategien zur permanenten Kontrolle des Produktionsprozesses entwickelt werden.

Kontakt:Universität Kassel FB 6 – Architektur, Stadtplanung, TragkonstruktionDipl.-Ing. Asko FrommHenschelstr. 2, 34127 KasselTelefon: +49 (0)561 804-2531E-Mail: [email protected]/fb6

Prototyp eines nicht schalbaren, parametrischen Moduls (Quelle: Universität Kassel, J. Frankenstein-Frambach, A. Fromm)

Schichtweiser Aufbau eines zementgebundenen Werkstoffes nach der Verarbeitung in einem 3D-Druck-Verfahren (Quelle: Universität Kassel, A. Fromm)

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60 ADDITIVE FERTIGUNG

4.8 Technische Universität: CAD / CAM-Prozesskette für die digitale Fertigung

Die Produkte der Medizintechnik bleiben der Öffentlich-keit mit Ausnahme von künstlichen Gelenken weitgehend verborgen. In der Dentaltechnik wurden im Jahr 2009 circa 63 Millionen Zahnfüllungen sowie etwa zwei Millionen Brücken und eine Million Kronen in Deutschland dem Patienten eingesetzt. Ein Drittel der hergestellten Brücken und Kronen wird bereits teilautomatisiert produziert. Die gesamte Branche verzeichnet eine Entwicklung von der Herstellung in Handarbeit zum Einsatz neuester additiver und abtragender automatisierter Fertigungstechnologien. Im Leitmarkt der Medizintechnik besteht die Heraus-forderung, medizinische und technische Kompetenzen effektiv zu kombinieren, um dem steigenden Kostendruck im Gesundheitssystem gewachsen zu sein.

Ziel des Forschungsprojekts COMMANDD ist die pa-rallelisierte Entwicklung des Produktes und der simul-tanen Bereitstellung eines integrierten und hybriden Produktionssystems für dentale Indikationen. Mit dieser teilautomatisierten Medizinproduktentstehung werden bestehende Prozessketten sowie Durchlaufzeiten ver-kürzt, die Qualität gesichert und die Wertschöpfung

erhöht. Die Betrachtung dieses Wertschöpfungsnetz-werkes führt zu einer verbesserten Patientenversorgung (Lebensqualität) und zur Senkung der Kosten in der Gesundheitsversorgung. Die bestehende Prozesskette wird mit einem einheitlichen, zukunftssicheren sowie produktivitätssteigernden Datensystem strukturiert und die Datenübergabe in den Schnittstellen standardi-siert. Weiterhin werden generative (aufbauende), wie auch abtragende Fertigungstechnologien für verschie-dene Indikationen (Produktklassen) in einer sequen-ziellen und wirtschaftlichen Prozesskette verbunden.

Die Projektergebnisse werden dem dentalen Fachperso-nal mittels eines Prozesskettendemonstrators an der TU Darmstadt direkt übermittelt. Das gesamte Fertigungssys-tem für die individuelle Massenproduktion kann auf die dezentrale Herstellung von patientenindividuellen Endo-prothesen übertragen werden. Auch in anderen Branchen wie dem allg. Maschinenbau, dem Prototypenbau sowie der Herstellung von Zerspanungswerkzeugen kommt es am Schnittpunkt zwischen virtueller Produktentstehung und der Fertigung zu großen Effizienzverlusten aufgrund der wechselnden Kompetenzfelder. Dieser Schnittpunkt wird mittels Integration von speziellem Produktionswissen auf den Bereich der Produktentstehung zu einer großen Schnittmenge erweitert. Einzelbereiche des Projektes werden in der zweiten Projektphase mit einem bran-chenübergreifenden Anwenderarbeitskreis in die oben genannten Branchen überführt.

KontaktTechnische Universität DarmstadtInstitut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Sören Dietz (Gruppenleiter Mikroproduktion)Otto-Berndt-Str. 2, 64287 DarmstadtTelefon: +49 (0)6151 16-6620E-Mail: [email protected]

Additiv gefertigtes SLM-Halbzeug (1) und fräsend nachbearbeitetes SLM-Halbzeug im Vergleich (2) (Quelle: Technische Universität Darmstadt)

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ADDITIVE FERTIGUNG: AUSGEWÄHLTE ERFOLGSGESCHICHTEN, POTENZIALE UND PROJEKTE AUS HESSEN 61

4.9 FabLab Darmstadt: Digitales Produzieren und Gründen

Am 7. April 2014 wurde in Darmstadt ein FabLab eröff-net. Es befindet sich in Räumen des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD und ist Teil des Forschungsprojekts Fabbing & Founding (Digitales Produzieren und Gründen), bei dem die Technische Universität Darmstadt, das House of IT und das Fraun-hofer IGD kooperieren. Das FabLab gibt interessierten Personen, Kreativen, Tekkies, Forschern und Programmie-rern Raum, die Möglichkeiten der digitalen Fabrikation auszuprobieren und in einem geschützten Rahmen die Potenziale additiver Fertigung zu testen. Die Idee des FabLabs stammt aus den USA, wo Neil Gershenfeld 2002 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) das erste ‚fabrication laboratory‘ gründete.

„Dahinter verbirgt sich ein offener, nicht-kommerzieller Raum, in dem Privatpersonen unentgeltlich Technologien nutzen können, die auch in der industriellen Produktion eingesetzt werden“, erläutert Prof. Peter Buxmann von der Technischen Universität Darmstadt das Konzept. „Das Angebot ist vor allem für Startups und junge Entrepre-neure interessant, die hier Prototypen und Einzelstücke fertigen können und vom kreativen Austausch im FabLab profitieren.“ Auch weniger erfahrene Bastler können den Umgang mit den neuen Technologien ausprobie-ren, eigene Ideen entwickeln und sich bei der Umset-zung beraten lassen. Das Know-how, das im Fabbing & Founding-Projekt erarbeitet wird, soll mithilfe spezieller Workshops an Unternehmen, Startups, Gründer und Studierende weitergegeben werden.

Das Hessische Wirtschaftsministerium lobt die Initia-tive als vorbildliche Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen, daher hat es sich an der Umsetzung und am Aufbau mit einer Förderung in Höhe von 150.000 Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung beteiligt. „Mit der Einrichtung des FabLab stellt der IKT-Standort Darmstadt erneut sein innovatives Potenzial unter Beweis“, sagte Staatssekretär Mathias Samson bei einem Besuch des FabLabs. „Hessische Gründer und Unternehmen erhalten hier die Möglichkeit, durch den Zugang zu Spitzentechnologie die Chancen der Digitali-sierung auszuschöpfen, um aus Ideen möglichst schnell marktfähige Produkte zu machen.“

Neben dem Betreiben des FabLabs werden im For-schungsprojekts Fabbing & Founding die Auswirkun-gen der digitalen Produktion auf das Wirtschaftsleben analysiert und die Potenziale für kleine und mittelstän-dische Unternehmen beschrieben. Diese kommen den Unternehmern dann zugute, die im FabLab sowohl an Beratungen als auch Schulungen teilnehmen können.

KontaktFabLab DarmstadtProf. Dr. Peter BuxmannFraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD)Fraunhoferstraße 5, 64283 Darmstadt, Raum 163/164 Telefon: +49 (0)6151 16-2663E-Mail: [email protected]

Fabber in Aktion (Quelle: Technische Universität Darmstadt)

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62 ADDITIVE FERTIGUNG

4.10 Fraunhofer LBF: Polymerisierbare Drucktinten für den porenarmen

3D-Druck und Piezo-Aktoren mit SLM-Gehäuse

In einer Vielzahl von Projekten wird am Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF an der Weiterentwicklung additiver Fertigungstechnologien bzw. an deren Anwendung im Kontext der direkten Pro-duktfertigung gearbeitet. Im Rahmen seiner Dissertation hat Christoph Kottlorz 2013 ein Projekt zur Entwicklung polymerisierbarer Tinten und schnell löslicher Pulver für den 3D-Druck (Three Dimensional Printing 3D-P) beschrieben. Trotz des einfachen Verfahrensprinzips, der Ähnlichkeit zu konventionellen 2D-Druckern und der Möglichkeit zur parallelen Verwendung mehrerer Druckdüsen werden die Potenziale des 3D-Drucks für die Herstellung von Kunststoffteilen in kleiner Serie noch nicht vollständig genutzt. Die Gründe sind vielfältig und werden insbesondere auf die Porosität der Bauteile und geringe mechanische Festigkeit zurückgeführt. Ziel des Projektes war deshalb, die Entwicklung neuer Material-systeme für den Druck porenarmer Körper mit deutlich erhöhter Festigkeit.

Im Projekt wurden sowohl neue Tinten auf der Basis von radikalisch polymerisierbaren Monomeren erprobt als auch die schnelle, aber kontrollierte Polymerisierbarkeit mit neuen Pulvermischungen getestet. Bei der Polyme-risation der Monomertinte kam ein Zwei-Komponenten- Initiatorsystem zum Einsatz. Das Pulver bestand zu einem großen Anteil aus einem weichen Elastomer und zu einem kleinen Anteil aus hartem Polymethylmethacrylat (PMMA). Die besten Ergebnisse wurden mit HEMA (Hydroxyethyl-methacrylat) als polymerisierbarem Monomer erzielt. Beim 3D-Druck konnten die Poren in der Pulverschüttung durch eine entsprechend hohe Tintenmengen gefüllt werden, die Porosität wurde deutlich verringert. Dadurch konnten erstmals porenarme und mechanisch stabile Prüfteilgeometrien mit hinreichender Transluszenz durch 3D-Drucken hergestellt werden. Im Praxistest wurde eine ähnliche Festigkeit und Dehnbarkeit festgestellt wie beim Spritzguss vergleichbarer industrieller Polymere.

Ein anderer Forschungsbereich des Fraunhofer LBF zielt auf die Entwicklung adaptronischer Systeme ab, um fortgeschrittene Methoden der Strukturdynamik und Signalverarbeitung und unter Einbeziehung neuartiger Aktoren und Sensoren zu ermöglichen. Zur Herstellung widerstandsfähiger Gehäuse für Piezo-Aktoren eignen sich Verfahren der Massenfertigung wie das Spritzgießen bislang nicht. Wissenschaftler des Fraunhofer LBF haben deshalb die Verwendung additiver Techniken angestrebt und in einem Projekt den Bau eines monolithischen Gehäuses für einen Piezo-Stapelaktor durch selektives Laserschmelzen (SLM) erfolgreich getestet.

Beim SLM wird Metallpulver durch einen Laserstrahl auf seine Schmelztemperatur erhitzt und die einzelnen Par-tikel miteinander verschmolzen. Auf diese Weise waren die Fraunhofer Forscher in Zusammenarbeit mit dem Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) der TU Darmstadt in der Lage, ein dichtes und widerstandsfähiges Gehäuse zu erzeugen und die Eigenschaften individuell an die jeweilige Aufgabe anzupassen. Mit dem Verfahren konnte der Großteil des Aufwandes für den Werkzeugbau eingespart und die Herstellungskosten des komplexen Bauteils in kleiner Stückzahl spürbar gesenkt werden. Als Aktor wählten die Forscher einen im Handel erhältlichen piezokeramischen Stapelaktor in den Abmaßen 7 x 7 x 32 Millimeter und mit einer maximalen Blockierkraft von zwei Kilonewton bei maximaler Dehnung von 45 Mikrometer.

Die größte Herausforderung bestand darin, den Pie-zoaktor während des additiven Fertigungsprozesses in das entstehende Gehäuse zu integrieren. Dazu wurde der Vorgang des schichtweisen Laserschmelzens unter-brochen, der Aktor eingesetzt und der Prozess weiter fortgeführt. Dabei musste die Erhitzung des Pulverbetts beachtet werden. Die Prozesstemperaturen wirkten sich anschließend positiv aus. Denn die sich nach Abkühlung einstellende thermische Schrumpfung führte zu einer mechanischen Vorspannung des Aktors im Inneren, was sich vorteilhaft auf die Antriebsleistung auswirkte, ohne die hermetische Abdichtung zu beeinträchtigen.

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ADDITIVE FERTIGUNG: AUSGEWÄHLTE ERFOLGSGESCHICHTEN, POTENZIALE UND PROJEKTE AUS HESSEN 63

Piezo-Stapelaktor, der in einem SLM-gefertigten monolithischen Gehäuse untergebracht ist (Quelle: Fraunhofer LBF)

Laut Professor Dr. Tobis Melz, Leiter des Fraunhofer LBF, eröffnen generative Fertigungsverfahren zusätz-liche Gestaltungsmöglichkeiten und damit optimierte Topologien von Produkten. Am Fraunhofer LBF wurden Druckmaterialien entwickelt, die mittlerweile ähnliche Festigkeiten und Dehnbarkeiten ermöglichen wie beim konventionellen Spritzguss. Zusätzlich wurde zusammen mit dem Fachgebiet PTW der TU Darmstadt von Herrn Professor Abele ein Verfahren zur generativen Fertigung von gehausten Piezostapelaktoren patentiert, welches ganz neue Einsatzmöglichkeiten zum Beispiel für die Schwingungsminderung und das sogenannte Energy Harvesting erlaubt.

KontaktFraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBFProf. Dr.-Ing. Tobias Melz (Institutsleiter, komm.)Bartningstr. 47, 64289 DarmstadtTelefon: +49 (0)6151 705-252E-Mail: [email protected]

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64 ADDITIVE FERTIGUNG

4.11 Hochschule für Gestaltung Offenbach: Projekte rund um additive Technologien

Aufgrund der großen Freiheitsgrade der generativen Herstellungsverfahren und der Möglichkeit zur schnellen Umsetzung von Bauteilen mit individuellen Formteilgeo-metrien ist die Prozesskette der additiven Fertigung an einer Vielzahl von Gestaltungshochschulen Gegenstand von Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Vor allem die Hochschule für Gestaltung Offenbach und die Ar-beitsgruppe von Professor Frank Georg Zebner hat sich mit einigen herausragenden Vorhaben einen Namen für die Weiterentwicklung generativer Verfahren und die Entwicklung von Anwendungsszenarien gemacht:

COBOT – 3D-Drucker mit Doppelextruder Design: Raoul Wilken, Nils Mayer, Marc SchömannEines der herausragendsten Projekte, die im Kontext der generativen Fertigungskette umgesetzt wurden, ist die Entwicklung eines 3D-Druckers mit Doppelextruder, der nach den Prinzipien einer FLM-Analge funktioniert. Den Wunsch nach der Entwicklung eines eigenen 3D-Druckers begründen die drei Industriedesigner mit dem hohen persönlichen Qualitätsanspruch an die Umsetzung ihrer eigenen Gestaltungsentwürfe. „Vergleichbare 3D-Drucker haben in der Vergangenheit unzuverlässig gearbeitet, die Bauteile waren nicht stabil genug“, sagt Raoul Wilken. „Deshalb haben wir eine Lösung mit zwei parallelen Extruderdüsen entwickelt. Während die eine an der Stützstruktur arbeitet, setzt die zweite parallel dazu die Formteilgeometrie um.“ Die wenigen Bauteile machen den Druckprozess schneller, günstiger und im Vergleich zu anderen 3D-Druckern genauer. Es können sowohl die Standardmaterialien wie ABS oder PLA als auch exotische Werkstoffe wie Laywood, Laybrick, leitfähiges ABS oder flexibles PLA verarbeitet werden.

Mit COBOT wollen die Designer vornehmlich Ingenieu-re, Industriedesigner und Architekten als Zielgruppen ansprechen. Um den hohen Qualitätsansprüchen dieser Käufergruppe zu entsprechen, hat das Entwicklungsteam einige technische Innovationen in der Anlage realisiert. So wurden in der gesamten Konstruktion Hochpräzisi-onsbauteile verarbeitet. Durch den Einsatz von Polymer-gleitlagern und Lineargleitführungen aus Aluminium kann ein wartungsarmer und permanenter Lauf gewährleistet werden. Um eine hohe Druckgüte und einen größeren Bauraum zu erreichen, besteht der Entwurf aus einem unkonventionellen Z-Achsenantrieb, einem unbewegten

Heizbett und einem nur drei Millimeter dicken Gehäu-seblech, an dem das Innenleben mitsamt der Achsen montiert wird. Zur Steigerung der Produktivität können die Extruder auf einfache Weise getauscht und die Arbeitsplatte, auf der das Modell entsteht, muss nicht nach jedem Druckvorgang gewechselt werden. Das Verhältnis zwischen Bauraum und Gehäuse ist bei der Anlage ungewöhnlich groß.

Der COBOT 3D-Drucker. Oben: Funktionsfertig zusammengebaut; Unten: zerlegt in seine Einzelteile (Design: Raoul Wilken, Nils Mayer, Marc Schömann)

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ADDITIVE FERTIGUNG: AUSGEWÄHLTE ERFOLGSGESCHICHTEN, POTENZIALE UND PROJEKTE AUS HESSEN 65

AudioView – Orientierung durch Sound Design: Frauke Taplik Ein Beispiel für die Verwendung generativer Techniken im Bereich der Medizintechnik ist das von der Designerin Frauke Taplik entwickelte earplugsystem AudioView. Dieses dient blinden Personen zum akustischen Orten von RFID markierten Objekten. Es besteht aus einer indi-viduellen Otoplastik, die mit einem 3D-Drucker erzeugt wird, und einem seriellen Sender bzw. Lautsprecher. Das System ermittelt die Position von Hindernissen im Raum und gibt diese durch ein akustisches Signal an die blinde Person weiter. Die Signale sind nur für den Träger hörbar und erleichtern ihm die Orientierung. Die Form des earplugs ist so gewählt, dass die Gehörgänge offen gelassen werden.

Formetric 4D – 3D-/4D-Wirbelsäulen- und Haltungsvermessung Design: Stephan Brühl In Zusammenarbeit mit der Diers GmbH ist Formetric4D, ein Gerät zur lichtoptischen Vermessung der Wir-belsäule zur Haltungsanalyse, entstanden. Ein von dem Optikunternehmen entwickeltes grafisches Streifen-muster wird auf den Rücken des Patienten projiziert, das mit einem Kamerasystem aufgenommen wird. Eine Software berechnet mittels anatomischer Fixpunkte die Lage der Wirbelsäule und des Beckens und leitet ein dreidimensionales Modell ab. Mit diesem ist eine Diagnose von Fehlhaltungen im Stand ebenso möglich wie die Überprüfung von Bewegungsabläufen. Für die Herstellung wurde die von Materialise entwickelte Ferti-gungstechnik der Mammut-Stereolithografie genutzt, mit der erstmals Bauteile mit einer Länge von mehr als zwei Metern additiv erzeugt werden können. Das generative Fertigungsprinzip ermöglichte es, den Materialbedarf und die Wandstärke auf ein Minimum zu reduzieren. Als Verstärkung wurde eine rautenförmige Innengeometrie in Analogie zur Wirbelsäule gewählt, die aufgrund des semitransparenten Harzes nach außen sichtbar ist.

Kontakt Hochschule für Gestaltung OffenbachBüro für WissenstransferUlrike GrünewaldSchlossstraße 31, 63065 Offenbach am Main Telefon +49 (0)69 800 59-166www.hfg-offenbach.de/transfer

AudioView earplugsystem (Design: Frauke Taplik)

Formetric-4D-System zur Wirbelsäulen- und Haltungs-vermessung (Design: Stephan Brühl)

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66 ADDITIVE FERTIGUNG

Berlin, München, Köln… in den letzten Monaten haben in den meisten großen Städten die ersten 3D-Drucker-Ge-schäfte eröffnet. Und auch in Frankfurt-Bockenheim gibt es seit Anfang 2014 ein solches Geschäft in der Ladengalerie Bockenheimer Warte, den „3D Scaper“. Die Geschäfts-modelle sehen ähnlich aus: Privatpersonen, die keinen eigenen 3D-Drucker betreiben wollen, aber dennoch die Möglichkeiten der additiven Fertigung nutzen möchten, fi nden eine Anlaufstelle, um die eigenen Entwürfe oder Downloads aus dem Internet auszudrucken. Die eigens gestaltete Handyschale, individuelle Schuhmode, ein besonderes Interior-Accessoire oder ein Ersatzteil für die Kaffeemaschine: Die Möglichkeiten scheinen nahezu unbegrenzt zu sein, auch wenn eigene Entwürfe bislang selten ‚gedruckt‘ werden.

Sehr gut entwickelt sich allerdings das Geschäft mit der Anfertigung dreidimensionaler Selfi es. Gemeint sind Abbilder von Personen, die Momente oder Augenblicke ihres Lebens als gedruckte Figur festgehalten haben wollen. Frauen in der Schwangerschaft, der Enkel bei der Einschulung oder das Hochzeitspaar, das sich selber auf der Hochzeitstorte sehen will. Zur Erfassung der Kör-perdaten gibt es im 3D Scaper Studio einen Scanner zur Erfassung dreidimensionaler Geometrien, der mit über 60 Kameras ausgestattet ist. Die Person stellt sich in die Mitte des Raumes und die Kameras machen gleichzeitig je ein digitales Foto. Diese werden im Computer zu einem dreidimensionalen Volumenmodell umgewandelt und in digitale Schichtinformationen übertragen.

Im 3D-Drucker können die menschlichen Miniaturaus-gaben dann schichtweise aus Gipspulver und einem Polymerbinder erzeugt werden. Da sich das Bindemittel während des Druckprozesses einfärben lässt, sind die Abbilder den Vorbildern am Ende täuschend ähnlich. Je nach Größe des Drucks muss bei Schichtstärken von 0,1 Millimeter mit einer Druckdauer von mehreren Stunden gerechnet werden. Eine 15 Zentimeter hohe Figur/Skulptur kostet 230 Euro, bei einer Größe von 35 Zentimetern werden 890 Euro berechnet. Günstigere Varianten aus der FLM-Anlage sind in weiß bereits ab 79 Euro zu haben. Da hier beim additiven Aufbau ein Kunststoff von der Rolle aufgeschmolzen und schicht-weise aufgetragen wird, ist das Abbild aber nicht ganz so genau und kann nur in einer Farbe erzeugt werden. Ergänzend bietet 3D Scaper Drucker und Filamente sowie 3D Objekte ausgewählter Künstler an, ebenfalls ein stark wachsender Markt.

Kontakt 3D ScaperThomas Mörsdorf Leipziger Straße 5, 60487 Frankfurt am Main Telefon: +49 (0)69 79 53 33 37E-Mail: [email protected]

ADDITIVE FERTIGUNG

Gedruckte Selfi es (Quelle: 3D Scaper)

4.12 3D Scaper: Selfi es in der dritten Dimension

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ADDITIVE FERTIGUNG: AUSGEWÄHLTE ERFOLGSGESCHICHTEN, POTENZIALE UND PROJEKTE AUS HESSEN 67

4.13 Europäische Weltraumbehörde: Lunare Raumstation aus gedrucktem Gestein

Die Europäische Weltraumbehörde (ESA) testet derzeit in Zusammenarbeit mit dem britischen Architekturbüro Foster+Partners aus London die Möglichkeit, additive Techniken für den Bau einer Raumstation auf dem Mond zu nutzen. Es ist angedacht, Gesteinsmaterial des Mon-des für den Bau zu verwenden und unter Zugabe eines bindenden Salzes in einen steinartigen Festkörper zu überführen. Mit 3D-Druckverfahren werden auf der Erde bereits komplexe Gebäudestrukturen erzeugt. Das Pro-jektkonsortium untersucht derzeit, ob diese Technik in ähnlicher Weise für den Bau eines Mondhabitats genutzt werden könnte.

Ein zylindrisches Modul soll als Ausgangspunkt für den Bau dienen und von der Erde mitgeführt werden. Die Räume würden anschließend durch aufblasbare Kuppeln entstehen, die mit dem Modell verbunden sind. Auf der Kuppel soll eine Schicht aus lockeren Sedimenten des Mondes (Regolith) entstehen, die mit einem Salz zu einem Festkörper gebunden werden. Der 3D-Drucker würde die Strukturen mit einer Geschwindigkeit von

dreieinhalb Meter pro Stunde erzeugen und ein Ge-bäude in einer Woche fertigstellen können, so die ESA. Der Hersteller der Drucktechnologie, das britische Un-ternehmen Monolithe, setzt das Fertigungsverfahren bislang ein, um Skulpturen umzusetzen und künstliche Korallenriffe zu erzeugen. Additive Fertigungsverfahren arbeiten äußerst ressourceneffizient. Denn es wird nur dort Material eingesetzt, wo es auch benötigt wird. Die Anzahl der Fertigungsschritte wird reduziert. Zudem kann überschüssiges Material erneut verwendet werden. Auf diese Weise werden Gewichtseinsparungen in einer Größenordnung von 50 Prozent bis 95 Prozent erreicht.

Zu Testzwecken hat ein Team bei Foster eine Kuppel-konstruktion aus zellenförmig strukturierten Wänden entwickelt, die mit Druckdüsen auf einem sechs Meter großen Rahmen aus sandartigen Partikeln und einem hochfesten Bindemittel schichtweise aufgesprüht wer-den können. Das Ergebnis ist eine hohle, geschlossene Zellstruktur, vergleichbar mit der von Vogelknochen, um eine gute Kombination aus Stabilität und Gewicht zu erhalten. Bislang konnte bereits ein anderthalb Ton-nen schwerer Block aus simuliertem Regolith gedruckt werden. Das vulkanische Gestein stammt aus einem See in Mittelitalien und ähnelt den Sedimenten auf der Mondoberfläche zu 99,8 Prozent.Im Rahmen der Initiative ‚Clean Space‘ untersucht die ESA additive Schichttechnologien, um die Auswirkungen der Raumfahrtindustrie auf die Umwelt zu reduzieren.

Kontakt:ESA/ESOC – European Space Operations CentreRobert-Bosch-Straße 5, 64293 DarmstadtTelefon: +49 (0)6151 900

3D-Ausdruck einer Mondstation (Quelle: ESA, Foster+Partners) D-Shape-Drucker (Quelle: Enrico Dini, London)

Design einer Mondstation im 3D-Druck (Quelle: ESA, Foster+Partners)

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68 ADDITIVE FERTIGUNG

5. Unternehmen, Hochschulen, Forschungs- einrichtungen und Verbände zum Themengebiet der additiven Fertigung aus Hessen

3D ScaperThomas Mörsdorf Leipziger Straße 5, 60487 Frankfurt am Main Telefon: +49 (0)69 7953 3337E-Mail: [email protected]

3D SystemsDeniz Okur (Marketing Manager) Guerickeweg 9, 64291 Darmstadt Telefon: + 49 (0)6151 357 300E-Mail: [email protected]

4D Concepts GmbHPeter Volz (Geschäftsführer)Frankfurter Straße 74, 64521 Groß-Gerau Telefon: +49 (0)6152 92310E-Mail: [email protected]

Adam Opel AGAndrew Marshall (Direktor Kommunikation Technik)Telefon: +49 (0)6142 773-815E-Mail: [email protected]

DeguDent GmbHDr. Bernd Meier (Vice President Production & Engineering)Rodenbacher Chaussee 4, 63457 Hanau Telefon: +49 (0)6181 59-5800 E-Mail: [email protected]

EDAG Engineering AGJohannes Barckmann (Head of Designstudio)Reesbergstr. 1, 36039 FuldaTelefon: +49 (0)661 6000-610E-Mail: [email protected] www.edag.de

Evonik Industries AGSylvia Monsheimer (PP-HP-GL-AT Director)Paul-Baumann-Straße 1, 45772 MarlTelefon: +49 (0)2365 49-5911E-Mail: [email protected] www.evonik.com

Häffner 3D MediaAchim P. HäffnerBollbergstr. 18, 35614 AßlarTelefon: +49 (0)6443 777 18 770E-Mail: [email protected]

FabLab DarmstadtProf. Dr. Peter BuxmannFraunhoferstraße 5, Raum 163/164, 64283 DarmstadtTelefon: +49 (0)6151 16-2663E-Mail: [email protected]

FKM Sintertechnik GmbHJürgen Blöcher (Geschäftsführer)Zum Musbach 6, 35216 BiedenkopfTelefon: +49 (0)6461 9551-0E-Mail: [email protected]

Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBFProf. Dr.-Ing. Tobias Melz (Institutsleiter, komm.)Bartningstr. 47, 64289 DarmstadtTelefon: +49 (0)6151 705-252E-Mail: [email protected]

German RepRap GmbHJan GiebelsWilhelm-Leuschner-Str. 29, 64354 ReinheimTelefon: +49 (0)89 2488 98642E-Mail: [email protected]

5.1 Hessische Unternehmen und Forschungseinrichtungen

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HESSISCHE UNTERNEHMEN UND FORSCHUNGSEINRICHTUNGEN 69

Hochschule für Gestaltung OffenbachBüro für WissenstransferUlrike GrünewaldSchlossstraße 31, 63065 Offenbach am Main Telefon: +49 (0)69 800 59-166E-Mail: [email protected]/transfer

invenio GmbH Engineering Services Eisenstraße 9, 65428 Rüsselsheim Thomas Repp (Bereichsleiter Geschäftsentwicklung)Telefon: +49 (0)6142 899-266 E-Mail: [email protected]

JM Kunststofftechnik GmbH Jürgen Merschroth (Geschäftsführer)Akazienweg 25-27, 64665 Alsbach-Hähnlein Telefon: +49 (0)6257 96997-0E-Mail: [email protected]

Kegelmann Technik GmbHStephan Kegelmann (Geschäftsführer)Gutenbergstraße 15, 63110 Rodgau-JügesheimTelefon: +49 (0)6106 8507-10E-Mail: [email protected]

Philipps-Universität MarburgProf. Dr. Christine Knabe-Ducheyne, DDS, PhDGeorg-Voigt-Str. 3, 35039 MarburgTelefon: +49 (0)6421 58636-00E-Mail: [email protected]

RTC Rapid Technologies & Consulting GmbHMichael Eichmann (Geschäftsführer)Südhang 2, 65719 HofheimTelefon: +49 (0)2104 141998-0 E-Mail: [email protected]

sauer product GmbHMartin Sauer (Geschäftsführer)Frankfurter Straße 73, 64807 DieburgTelefon: +49 (0)6071 2070-0E-Mail: [email protected]

Stratasys GmbHChristoph Lindner (Marketing Deutschland)Weismüllerstraße 27, 60314 Frankfurt am MainTelefon: +49 (0)69 42099430www.stratasys.com

Technische Universität DarmstadtFachbereich MaschinenbauProf. Dr.-Ing. Reiner AnderlPetersenstr. 30, 64287 DarmstadtTelefon: +49 (0)6151 16-6001E-Mail: [email protected]

Technische Universität DarmstadtInstitut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Prof. Dr.-Ing. Eberhard Abele Otto-Berndt-Str. 2, 64287 Darmstadt Telefon: +49 (0)6151 16-2156E-Mail: [email protected]

Sören Dietz (Gruppenleiter Mikroproduktion)Otto-Berndt-Str. 2, 64287 DarmstadtTelefon: +49 (0)6151 16-6620E-Mail: [email protected]

Umicore AG & Co. KGAndreas Brumby (Innovationsmanager)Rodenbacher Chaussee 4, 63457 HanauTelefon: +49 (0)6181 59-4886E-Mail: [email protected]

Universität KasselFB 6 - Architektur, Stadtplanung, TragkonstruktionDipl.-Ing. Asko FrommHenschelstr. 2, 34127 KasselTelefon: +49 (0)561 804-2531E-Mail: [email protected]/fb6

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70 ADDITIVE FERTIGUNG

Kultur- und Kreativwirtschaft HessenHA Hessen Agentur GmbHSusanne StöckKonradinerallee 9, 65185 WiesbadenTelefon: +49 (0)611 950 17-8329E-Mail: kreativwirtschaft@hessen-agentur.dewww.kulturwirtschaft-hessen.de/kultur-und-kreativwirt-schaft

Hessen-Design e.V.Cornelia Dollacker (Geschäftsführerin und Fachliche Leiterin)Eugen-Bracht-Weg 6, 64287 DarmstadtTelefon: +49 (0)6151 1591 911E-Mail: [email protected]

Industrie- und Handelskammer Offenbach am MainFrank Irmscher (Projektmanager)Frankfurter Straße 90, 63067 Offenbach am MainTelefon: +49 (0)69 8207-342E-Mail: [email protected] www.offenbach.ihk.de

5.2 Hessische Netzwerke und Arbeitsgruppen

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LITERATUR 71

6 Literatur

Abele, E.: Einordnung und Ausblick von additiven Fertigungsverfahren aus produktionstechnischer Sicht. Vortrag anlässlich der Veranstaltung „Additive Manufacturing“ des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Ver-kehr und Landesentwicklung, Hanau, 23. September 2014.

Anderson, C.: Makers. Das Internet der Dinge: die nächste industrielle Revolution. München, Wien: Carl Hanser Verlag, 2013.

Anderl, R.: Additive Manufacturing oder generative Fertigungsverfahren – vom Prototypen zur Massen-fertigung? Vortrag anlässlich der Veranstaltung „Additive Manufacturing“ des Hessischen Ministeriums für Wirt-schaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, Hanau, 23. September 2014.

Breuninger, J.; Becker, R.; Wolf, A.; Rommel, S.; Verl, A.: Generative Fertigung mit Kunststoffen: Konzeption und Konstruktion für Selektives Lasersintern. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag, 2013.

Gebhardt, A.: Generative Fertigungsverfahren: Additive Manufacturing und 3D-Drucken für Prototyping – Tooling – Produktion. München, Wien: Carl Hanser Verlag, 4. Auflage, 2013.

Fromm, Asko: 3D-Printing zementgebundener Formteile. Grundlagen, Entwicklung und Verwendung. Kassel, Hessen: Kassel University Press, 2014.

Horscher, Florian: 3D-Druck für alle – Der Do-it-yourself-guide. München, Wien: Carl Hanser Verlag, 2014.

Lux Research: How 3D Printing Adds Up: Emerging Materials, Processes, Applications, and Business Models. 30. März 2014.

Peters, S.: Materialrevolution – Nachhaltige und multifunktionale Materialien für Design und Architektur. Basel: Birkhäuser Verlag, 2011.

Peters, S.: Handbuch für technisches Produktdesign. Hrsg. Kalweit, Paul, Peters, Wallbaum. Berlin: Springer Verlag, 2. Auflage, 2011.

Peters, S.: Materialrevolution II – Neue Nachhaltige und multifunktionale Materialien für Design und Architektur. Basel: Birkhäuser Verlag, 2014.

VDI: Statusreport „Additive Fertigungsverfahren“, Verein Deutscher Ingenieure e.V., September 2014.

Warnier, C.; Verbruggen, D.; Ehrmann, S.; Klanten, R.: Dinge Drucken – Wie 3D-Drucken das Design verändert. Berlin: Gestalten Verlag, 2014.

Wohlers, T.: Wohlers`Report 2013. Wohlers Association, 2013.

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72 ADDITIVE FERTIGUNG

Mit einer europaweit einmaligen Schriftenreihe bietet Hessen-Nanotech in verständlicher und attraktiv aufbereiteter Form kom-pakte Informationen über die unterschiedlichsten Anwendungs-möglichkeiten von Nanotechnologien in den verschiedenen Bran-chen und Technikfeldern: vom Automobilsektor über Energie, Medizin und Optik bis hin zur sicheren Verwendung von Nano-materialien. Die Reihe, deren Bände teilweise auch in englischer Sprache vorliegen, wird ständig durch neue Themen ergänzt. Die Publikationen stehen zum Download auf www.hessen-nanotech.de bereit oder können als Broschüren dort bestellt werden.

Informationsplattform Nano-Sicherheit.de für denverantwortungsvollen Umgang mit Nanotechnologie

„Deutschland ist in Europa einer der führenden Standorte für Nanotechnologien. Mit dieser Informationsplattform wollen wir vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen den sicheren Einsatz dieser Technologien erleichtern.“ Mit diesem klaren Bekenntnis zur sicheren und friedlichen Nutzung von Nanotechnologie kommentierte der Hessische Wirtschaftsminis-ter Tarek Al-Wazir den Neustart der vollständig überarbeiteten Informationsplattform www.nano-sicherheit.de im August 2014.

Nanotechnologie gilt unbestritten als eine Schlüsseltechnologie zur Lösung aktueller und zukünftiger Herausforderungen in zahl-reichen Gebieten. Beispielsweise macht sie Solarzellen effektiver, ermöglicht neue Behandlungsmethoden in der Medizin und senkt den Rohstoffverbrauch. Allerdings entwickeln Substanzen in diesen Größenverhältnissen mitunter neue Eigenschaften oder ermöglichen Anwendungen, die eine neue Risikobewertung erforderlich machen.

„Unser Ziel ist größtmögliche Transparenz und Information, damit durch verantwortungsvollen Umgang die Nanotechnologie im Dienste des Menschen steht“, so Minister Tarek Al-Wazir. Auf www.nano-sicherheit.de fi ndet der Nutzer daher alle relevanten Informationen: nationale und internationale Regulierungen; Leitfä-den zum sicheren Umgang mit Nanomaterialien oder Studien zur Risikoabschätzung. Darüber hinaus bietet die Seite eine Recher-che-Box für nationale und internationale Akteure und Projekte an.

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SCHRIFTENREIHE 73

❚ Atlas: Kompetenz- und Infrastrukturatlas Nanotechnologien in Hessen

❚ Atlas: Kompetenzatlas Photonik in Hessen

❚ Band 1: Einsatz von Nanotechnologie in der hessischen Umwelttechnologie Innovationspotenziale für Unternehmen

❚ Band 2: Nanomedizin Innovationspotenziale in Hessen für Medizin- technik und Pharmazeutische Industrie

❚ Band 3: Nanotechnologie im Auto Innovationspotenziale in Hessen für die Automobil- und Zuliefer-Industrie

❚ Band 4: NanoKommunikation Leitfaden zur Kommunikation von Chancen und Risiken der Nanotechnologien für kleine und mittelständische Unternehmen in Hessen

❚ Band 5: Nanotechnologien für die optische Industrie Grundlage für zukünftige Innovationen in Hessen

❚ Band 6: NanoProduktion Innovationspotenziale für hessische Unternehmen durch Nanotechnologien im Produktionsprozess

❚ Band 7: Einsatz von Nanotechnologien in Architektur und Bauwesen

❚ Band 8: NanoNormung Normung im Bereich der Nanotechnologien als Chance für hessische Unternehmen

❚ Band 9: Einsatz von Nanotechnologien im Energiesektor

❚ Band 10: Werkstoffinnovationen aus Hessen Potenziale für Unternehmen

❚ Band 11: Sichere Verwendung von Nanomaterialien in der Lack- und Farbenbranche Ein Betriebsleitfaden

❚ Band 12: Nanotech-Kooperationen Erfolgreiche Kooperationen für kleine und mittlere Nanotechnologie-Unternehmen

❚ Band 13: Mikro-Nano-Integration Einsatz von Nanotechnologie in der Mikrosystemtechnik

❚ Band 14: Materialeffizienz durch den Einsatz von Nanotechnologien und neuen Materialien

❚ Band 15: Nanotechnologie in Kunststoff Innovationsmotor für Kunststoffe, ihre Verarbeitung und Anwendung

❚ Band 16: NanoAnalytik Anwendung in Forschung und Praxis

❚ Band 17: Nanotechnologie für den Katastrophenschutz und die Entwicklungs- zusammenarbeit

❚ Band 18: Material formt Produkt Innovations- und Marktchancen erhöhen mit professionellen Kreativen

❚ Band 19: Patentieren von Nanotechnologien

❚ Band 20: Nanotechnologie in der Natur – Bionik im Betrieb

❚ Band 21: Smart Energy Materials Werkstoffinnovationen für die Energiewende

❚ Band 22: Kompetenzatlas Bionik in Hessen

❚ Band 23: Nanotech in Hessen Profil und Status des Forschungs- und Innovationsstandorts

❚ Band 24: Nanotechnische Ideen in der Science-Fiction-Literatur

❚ Band 25: Additive Fertigung Der Weg zur individuellen Produktion

Informationen / Download / Bestellungen: www.hessen-nanotech.de/veroeffentlichungen

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www.hessen-nanotech.de

www.haute-innovation.com

Projektträger der Technologielinie Hessen-Nanotech des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung

Die Technologielinie Hessen-Nanotech wird kofinanziert aus Mitteln der Europäischen Union.