„Der nahe Austausch verändert die Gesellschaft“ · Der nahe Austausch verändert die...

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Baden-Württemberg 13 Zeitung Juni 2018 BAWUE 13 Allgemein LANDESVERBAND Landesschulung 50 Aussteller in Heilbronn Seite 14 Rentenbündnis Jubiläumsfeier in Stuttgart Seite 15 Koalitionsvertrag Kreiskonferenz informierte Seite 16 Teilhabe Blindenreporter im Fußballstadion Seite I Gesundheitstag Jetzt anmelden für 6. Oktober Seite II KOLUMNE Diesel-Fahrverbot – was dann? Städte können Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, die die Euro- Norm 6 nicht erfüllen, verhän- gen. Dies entschied das Bundes- verwaltungsgericht im Februar 2018. Hintergrund sind die zu hohen Stickoxidwerte, die es in rund 70 deutschen Städten gibt. Viele Besitzer von Dieselautos wissen jetzt nicht, wie es weiter- geht und fürchten finanzielle Nachteile. Besonders groß ist die Verunsicherung bei Menschen mit Behinderung. Sie fürchten um ihre Mobilität – zu Recht, wie ich meine. Denn Schwerbehinderte können nicht ohne Weiteres auf alternative Verkehrsmittel wie den öffentlichen Personennah- verkehr mit seinen häufig noch bestehenden baulichen und fahrzeugbedingten Barrieren, aufs Fahrrad oder das Gehen zu Fuß verwiesen werden. Der Kauf eines neuen PKW dürfte für viele dieser Betroffenen eher nicht zu stemmen sein. Schließ- lich gehören Schwerbehinderte, von einzelnen Ausnahmen abge- sehen, nicht unbedingt zu den Gutverdienern. Außerdem sind sie viel häufiger von Arbeitslosig- keit und Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Und, wer nicht mehr arbeiten kann und eine Erwerbs- minderungsrente bezieht, muss erhebliche finanzielle Nachteile hinnehmen. Manchen droht so- gar Armut. Daher muss der Gesetzgeber unbedingt für schwerbehinderte Menschen Ausnahmen fest- schreiben, da für viele von ihnen das Auto essenziell ist, um zum Arzt oder zur Arbeit zu kommen und auch sonst teilhaben zu kön- nen. Und: Was nützen anderen- falls die Parkerleichterungen und weitere Behindertennachteils- ausgleiche rund ums Autofahren, wenn es Dieselfahrverbote gibt? Jürgen Neumeister, stellvertreten- der Landes- vorsitzender Foto: Klaus Markl „Der nahe Austausch verändert die Gesellschaft“ Behindertenbeauftragte Stephanie Aeffner möchte schon Schüler für Teilhabe sensibilisieren Im VdK-Schulprojekt lernen Schüler spielerisch, wie Menschen mit Handicaps leben. Foto: Priya Bathe Stephanie Aeffner würde die gesetzlich vorgeschriebe- ne Quote für die Einstellung von Menschen mit Behinde- rung erhöhen. Foto: Ministerium für Soziales und Integration „Heute geht es grund- sätzlich um das Thema Entgrenzung von Arbeit.“ „Was wir wirklich brau- chen, ist ein Zusammen- führen von Menschen.“ Die VdK-ZEITUNG sprach mit der Landesbehindertenbeauftragten Stephanie Aeffner über die Integ- ration von Menschen mit Behinde- rungen in den Arbeitsmarkt. Frau Aeffner, wie stellen Sie sich die Teilhabe von Menschen mit Behinderung idealerweise vor? Stephanie Aeffner: Alle Teilhabe- barrieren spielen keine Rolle und alle Nachteile können durch Nach- teilsausgleiche kompensiert wer- den. Aber das ist ja nur eine Ideal- vorstellung. In der Realität sieht das anders aus. Wir müssen uns fragen, wie kann man sensibilisie- ren, Toleranz, Gleichheit und Ak- zeptanz von Vielfalt verankern. Mein Traum ist es, dass jeder Schü- ler in seinem Schulleben eine Art Anti-Behinderungswoche miter- lebt. Hauptakteu- re so einer Woche sind Menschen mit Behinderun- gen, die auch fachlich versiert sind und Schüler schulen. Der nahe Austausch verändert die Mehrheitsgesellschaft, sie wird für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung sensibilisiert und ‚denkt deren Bedürfnisse mit‘. Das können Sie auch auf die Arbeits- welt herunterbrechen: Nicht nur der Mensch mit Behinderung muss sich anpassen, sondern auch seine Umwelt, die Kollegen und der Ar- beitgeber auf ihn oder sie. Sie geben das Stichwort für meine nächste Frage. Arbeit 4.0, also die Digitalisierung der Arbeit, durch- zieht immer mehr Branchen. Wie schätzen Sie diese Entwicklung für Menschen mit Behinderung ein? Techniken können ein paar Dinge ausgleichen, aber für Menschen mit Lernbehinderungen oder psy- chischen Behinderungen ist es eher schwierig, bei Arbeit 4.0 mit- zuhalten. Ich möchte das an einem anschaulichen Beispiel erklären: Früher war eine Reinigungskraft im Unternehmen beschäftigt wie jeder andere Angestellte auch. Heute ist diese niedrigschwellige Tätigkeit ausgelagert und wesent- lich anstrengender geworden. Denn Reinigungskräfte müssen Taktzeiten einhalten, von Kunde zu Kunde rotieren, haben also Zeitdruck. Für Menschen mit Be- hinderung ist dieser eigentlich niedrigschwellige Beruf stressiger geworden. Daher gibt es einen Teil von Menschen mit Behinderung, der sich durch Arbeit 4.0 wahnsin- nig bedroht fühlt. Die Digitalisie- rung verschärft dieses Problem weiter. Natürlich gibt es Bereiche, die von Arbeit 4.0 profitieren, wie die IT-Branche. Hier arbeiten aber schwindend gering Menschen mit Behinderung. Wie könnte man hier gegensteu- ern? Es geht grundsätzlich um das The- ma Entgrenzung von Arbeit und die immerwährende Erreichbar- keit. Durch diese Entwicklung können Behinderungen wie psy- chische Belastungen zunehmen. Wir müssen also Regeln finden. Eine Idee wäre vielleicht, dass E-Mail-Server ab einer bestimmten Uhrzeit keine beruflichen E-Mails mehr auf das Handy von Mitarbei- tern verschicken. Und um noch mal auf die Integration von Men- schen mit Behinderung zu kom- men: Verständnis für Vielfalt fin- det eben auch nicht im Homeoffice statt, das in der Arbeit 4.0 stetig zunimmt. Wir brauchen den ak- tiven Austausch von Angesicht zu Angesicht, um uns gegenseitig zu verstehen. Welche Maßnahmen braucht es, damit Menschen mit Behinderung im ersten Arbeitsmarkt unterkom- men? Mit Beschäftigungen für Gering- qualifizierte kommen Menschen aus den Werkstätten heraus. Hier muss die öffentliche Hand wieder Arbeitgeber sein und wieder sozi- ale Verantwortung übernehmen. Also die bisher ausgelagerten Be- schäftigungsverhältnisse wieder zurückholen. Für die Finanzierung dieser Beschäftigungsverhältnisse steht seit Anfang des Jahres das Budget für Arbeit zur Verfügung (Anmerkung der Redaktion: Ein im Rahmen des Bundesteilhabege- setzes (BTHG) aufgelegtes Pro- gramm, um Menschen mit Behin- derungen Beschäftigungsalterna- tiven zur Werkstatt zu ermög- lichen.) Da der vom Bund vorgesehene Lohnkostenzuschuss aber nicht ausreicht, um tarifliche Löhne zu zahlen, hat das Land im Ausfüh- rungsgesetz zum BTHG eine Ver- ordnungsermächtigung zur Anhe- bung dieses Zuschusses beschlos- sen. Der Sozialverband VdK fordert die Einkommens- und Vermögensan- rechnung für Menschen mit Behin- derung zu streichen. Können Sie die Forderung des VdK stützen? Das habe ich immer gefordert und das ist auch heute noch meine For- derung. Aber politische Entschei- dungen hängen nicht von Einzel- forderungen ab, sondern von Mehrheitsverhält- nissen und Kom- promissen. Das Land Baden- Württemberg er- füllt die gesetzlich vorgeschrie- bene Quote für die Einstellung von Menschen mit Behinderung nicht. Es sind nur 4,86 Prozent der Beschäftigten. Woran liegt das? Das liegt an der Überalterung der Beschäftigten im Land. Über- durchschnittlich viele Menschen mit Behinderung sind in den ver- gangenen Jahren aus dem Dienst ausgeschieden. Das konnte mit Neueinstellungen nicht kompen- siert werden. Dadurch ist die Quo- te, die wir uns selbst übrigens auf sechs Prozent freiwillig hochge- setzt haben, nicht erreicht worden. Müsste man die Ausgleichsabga- be drastisch erhöhen, damit die Wirtschaft die Quote erfüllt? Man könnte die Quote erhöhen, zum Beispiel auf die angesproche- nen sechs Prozent. Das würde die Industrie nicht umbringen. Und klar könnte man die Ausgleichsab- gabe erhöhen. Doch was wir wirk- lich brauchen, ist ein Zusammen- führen von Menschen mit Behin- derung und Arbeitgebern. Es geht darum über Unwissenheit aufzu- klären und Strukturen aufzubau- en, die es beiden Seiten erleichtern, Menschen mit Behinderung einzu- stellen. Man muss in Unternehmen gehen und beispielsweise über Depressionen aufklären, hohe Fehlzeiten und geringe Leistungs- fähigkeit von Menschen mit Behin- derung als Vorurteile ausräumen. Arbeitsagenturen, Rentenversiche- rungen oder auch Fachberatungs- stellen müssen signalisieren: ‚Ihr Unternehmer könnt auf uns zählen und ihr Menschen mit Behinde- rung auch. Wir sind eure Mediato- ren‘. Das hat zwei Effekte: Der Betroffene hat kompetente Unter- stützung und gleichzeitig wird dem Arbeitgeber die Leistungsbereit- schaft von Menschen mit Behinde- rung vermittelt. Nachhaltige Ver- änderung kriegen wir hin, wenn wir gemeinsam leben und nicht Menschen in Sonderwelten aussor- tieren. Frau Aeffner, wir danken Ihnen für das Gespräch und freuen uns auf ihr Referat bei der SBV-Schulung am 4. Juli 2018 in Heilbronn. Vielen Dank, ich freue mich auch. Das Interview mit der Landesbehin- dertenbeauftragten Stephanie Aeff- ner führte Priya Bathe von der Abtei- lung Marketing und Kommunikation. ZUR PERSON Stephanie Aeffner ist seit Sep- tember 2016 Landesbehinder- tenbeauftragte. Im März 2018 hat das Kabinett die Umwand- lung des Amtes in ein Hauptamt beschlossen. Aeffner setzt sich für die Verbesserungen des All- tags von Menschen mit Behinde- rungen ein und will die konse- quente Umsetzung der UN-Be- hindertenrechtskonvention in Baden-Württemberg voranbrin- gen. Die studierte Sozialpädago- gin (FH) arbeitete zuvor beim Zentrum selbstbestimmt Leben Stuttgart e. V. Dort begleitete sie Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige und war für die Entwicklung und Durch- führung von Inklusionsprojekten zuständig. Aeffner wird am 4. Juli 2018 auf der 16. landes- weiten VdK-Schulung für Schwer- behindertenvertreter, Betriebs- und Personalräte als Referentin in der Heilbronner Harmonie sprechen.

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Baden-Württemberg 13 Zeitung Juni 2018

BAWUE13 Allgemein

Landesverband

Landesschulung50 Aussteller in Heilbronn Seite 14

rentenbündnisJubiläumsfeier in Stuttgart Seite 15

KoalitionsvertragKreiskonferenz informierte Seite 16

TeilhabeBlindenreporter im Fußballstadion Seite I

GesundheitstagJetzt anmelden für 6. Oktober Seite II

KoLumne

Diesel-Fahrverbot – was dann?

Städte können Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, die die Euro- Norm 6 nicht erfüllen, verhän-gen. Dies entschied das Bundes-verwaltungsgericht im Februar 2018. Hintergrund sind die zu hohen Stickoxidwerte, die es in rund 70 deutschen Städten gibt.Viele Besitzer von Dieselautos wissen jetzt nicht, wie es weiter-geht und fürchten finanzielle Nachteile. Besonders groß ist die Verunsicherung bei Menschen mit Behinderung. Sie fürchten um ihre Mobilität – zu Recht, wie ich meine. Denn Schwerbehinderte können nicht ohne Weiteres auf alternative Verkehrsmittel wie den öffentlichen Personennah-verkehr mit seinen häufig noch bestehenden baulichen und fahrzeugbedingten Barrieren, aufs Fahrrad oder das Gehen zu Fuß verwiesen werden.Der Kauf eines neuen PKW dürfte für viele dieser Betroffenen eher nicht zu stemmen sein. Schließ-lich gehören Schwerbehinderte, von einzelnen Ausnahmen abge-sehen, nicht unbedingt zu den Gutverdienern. Außerdem sind sie viel häufiger von Arbeitslosig-keit und Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Und, wer nicht mehr arbeiten kann und eine Erwerbs-minderungsrente bezieht, muss erhebliche finanzielle Nachteile hinnehmen. Manchen droht so-gar Armut.Daher muss der Gesetzgeber unbedingt für schwerbehinderte Menschen Ausnahmen fest-schreiben, da für viele von ihnen das Auto essenziell ist, um zum Arzt oder zur Arbeit zu kommen und auch sonst teilhaben zu kön-nen. Und: Was nützen anderen-falls die Parkerleichterungen und weitere Behindertennachteils-ausgleiche rund ums Autofahren, wenn es Dieselfahrverbote gibt?

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„Der nahe Austausch verändert die Gesellschaft“Behindertenbeauftragte Stephanie Aeffner möchte schon Schüler für Teilhabe sensibilisieren

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„Heute geht es grund-sätzlich um das Thema

Entgrenzung von Arbeit.“

„Was wir wirklich brau-chen, ist ein Zusammen-führen von Menschen.“

Die VdK­ZeituNg sprach mit der Landesbehindertenbeauftragten Stephanie Aeffner über die integ­ration von Menschen mit Behinde­rungen in den Arbeitsmarkt.

Frau Aeffner, wie stellen Sie sich die Teilhabe von Menschen mit Behinderung idealerweise vor?Stephanie Aeffner: Alle Teilhabe-barrieren spielen keine Rolle und alle Nachteile können durch Nach-teilsausgleiche kompensiert wer-den. Aber das ist ja nur eine Ideal-vorstellung. In der Realität sieht das anders aus. Wir müssen uns fragen, wie kann man sensibilisie-ren, Toleranz, Gleichheit und Ak-zeptanz von Vielfalt verankern. Mein Traum ist es, dass jeder Schü-ler in seinem Schulleben eine Art Anti-Behinderungswoche miter-lebt. Hauptakteu-re so einer Woche sind Menschen mit Behinderun-gen, die auch fachlich versiert sind und Schüler schulen.Der nahe Austausch verändert die Mehrheitsgesellschaft, sie wird für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung sensibilisiert und ‚denkt deren Bedürfnisse mit‘. Das können Sie auch auf die Arbeits-welt herunterbrechen: Nicht nur der Mensch mit Behinderung muss sich anpassen, sondern auch seine Umwelt, die Kollegen und der Ar-beitgeber auf ihn oder sie.Sie geben das Stichwort für meine nächste Frage. Arbeit 4.0, also die Digitalisierung der Arbeit, durch-zieht immer mehr Branchen. Wie schätzen Sie diese Entwicklung für Menschen mit Behinderung ein?Techniken können ein paar Dinge ausgleichen, aber für Menschen mit Lernbehinderungen oder psy-chischen Behinderungen ist es eher schwierig, bei Arbeit 4.0 mit-zuhalten. Ich möchte das an einem anschaulichen Beispiel erklären: Früher war eine Reinigungskraft im Unternehmen beschäftigt wie jeder andere Angestellte auch. Heute ist diese niedrigschwellige Tätigkeit ausgelagert und wesent-lich anstrengender geworden. Denn Reinigungskräfte müssen Taktzeiten einhalten, von Kunde zu Kunde rotieren, haben also Zeitdruck. Für Menschen mit Be-hinderung ist dieser eigentlich

niedrigschwellige Beruf stressiger geworden. Daher gibt es einen Teil von Menschen mit Behinderung, der sich durch Arbeit 4.0 wahnsin-nig bedroht fühlt. Die Digitalisie-

rung verschärft dieses Problem weiter. Natürlich gibt es Bereiche, die von Arbeit 4.0 profitieren, wie die IT-Branche. Hier arbeiten aber

schwindend gering Menschen mit Behinderung.Wie könnte man hier gegensteu-ern?Es geht grundsätzlich um das The-ma Entgrenzung von Arbeit und die immerwährende Erreichbar-keit. Durch diese Entwicklung können Behinderungen wie psy-chische Belastungen zunehmen. Wir müssen also Regeln finden. Eine Idee wäre vielleicht, dass E-Mail-Server ab einer bestimmten Uhrzeit keine beruflichen E-Mails mehr auf das Handy von Mitarbei-tern verschicken. Und um noch mal auf die Integration von Men-schen mit Behinderung zu kom-men: Verständnis für Vielfalt fin-det eben auch nicht im Homeoffice statt, das in der Arbeit 4.0 stetig zunimmt. Wir brauchen den ak-tiven Austausch von Angesicht zu Angesicht, um uns gegenseitig zu verstehen.Welche Maßnahmen braucht es, damit Menschen mit Behinderung im ersten Arbeitsmarkt unterkom-men?Mit Beschäftigungen für Gering-qualifizierte kommen Menschen

aus den Werkstätten heraus. Hier muss die öffentliche Hand wieder Arbeitgeber sein und wieder sozi-ale Verantwortung übernehmen. Also die bisher ausgelagerten Be-schäftigungsverhältnisse wieder zurückholen. Für die Finanzierung dieser Beschäftigungsverhältnisse steht seit Anfang des Jahres das Budget für Arbeit zur Verfügung (Anmerkung der Redaktion: Ein im Rahmen des Bundesteilhabege-setzes (BTHG) aufgelegtes Pro-gramm, um Menschen mit Behin-derungen Beschäftigungsalterna-tiven zur Werkstatt zu ermög- lichen.)Da der vom Bund vorgesehene Lohnkostenzuschuss aber nicht ausreicht, um tarifliche Löhne zu zahlen, hat das Land im Ausfüh-rungsgesetz zum BTHG eine Ver-ordnungsermächtigung zur Anhe-bung dieses Zuschusses beschlos-sen.Der Sozialverband VdK fordert die Einkommens- und Vermögensan-rechnung für Menschen mit Behin-derung zu streichen. Können Sie die Forderung des VdK stützen?Das habe ich immer gefordert und das ist auch heute noch meine For-derung. Aber politische Entschei-

dungen hängen nicht von Einzel-forderungen ab, sondern von Mehrheitsverhält-nissen und Kom-promissen.Das Land Baden- Württemberg er-

füllt die gesetzlich vorgeschrie-bene Quote für die Einstellung von Menschen mit Behinderung nicht. Es sind nur 4,86 Prozent der Beschäftigten. Woran liegt das?

Das liegt an der Überalterung der Beschäftigten im Land. Über-durchschnittlich viele Menschen mit Behinderung sind in den ver-gangenen Jahren aus dem Dienst ausgeschieden. Das konnte mit Neueinstellungen nicht kompen-siert werden. Dadurch ist die Quo-te, die wir uns selbst übrigens auf sechs Prozent freiwillig hochge-setzt haben, nicht erreicht worden.Müsste man die Ausgleichsabga-be drastisch erhöhen, damit die Wirtschaft die Quote erfüllt?Man könnte die Quote erhöhen, zum Beispiel auf die angesproche-nen sechs Prozent. Das würde die Industrie nicht umbringen. Und klar könnte man die Ausgleichsab-gabe erhöhen. Doch was wir wirk-lich brauchen, ist ein Zusammen-führen von Menschen mit Behin-derung und Arbeitgebern. Es geht darum über Unwissenheit aufzu-klären und Strukturen aufzubau-

en, die es beiden Seiten erleichtern, Menschen mit Behinderung einzu-stellen. Man muss in Unternehmen gehen und beispielsweise über Depressionen aufklären, hohe Fehlzeiten und geringe Leistungs-fähigkeit von Menschen mit Behin-derung als Vorurteile ausräumen.Arbeitsagenturen, Rentenversiche-rungen oder auch Fachberatungs-stellen müssen signalisieren: ‚Ihr Unternehmer könnt auf uns zählen und ihr Menschen mit Behinde-rung auch. Wir sind eure Mediato-ren‘. Das hat zwei Effekte: Der Betroffene hat kompetente Unter-stützung und gleichzeitig wird dem Arbeitgeber die Leistungsbereit-schaft von Menschen mit Behinde-rung vermittelt. Nachhaltige Ver-änderung kriegen wir hin, wenn wir gemeinsam leben und nicht Menschen in Sonderwelten aussor-tieren.Frau Aeffner, wir danken Ihnen für das Gespräch und freuen uns auf ihr Referat bei der SBV-Schulung am 4. Juli 2018 in Heilbronn.Vielen Dank, ich freue mich auch.

Das Interview mit der Landesbehin-dertenbeauftragten Stephanie Aeff-ner führte Priya Bathe von der Abtei-lung Marketing und Kommunikation.

Zur Person

Stephanie Aeffner ist seit Sep-tember 2016 Landesbehinder-tenbeauftragte. Im März 2018 hat das Kabinett die Umwand-lung des Amtes in ein Hauptamt beschlossen. Aeffner setzt sich für die Verbesserungen des All-tags von Menschen mit Behinde-rungen ein und will die konse-quente Umsetzung der UN-Be-hindertenrechtskonvention in Baden-Württemberg voranbrin-gen. Die studierte Sozialpädago-gin (FH) arbeitete zuvor beim Zentrum selbstbestimmt Leben Stuttgart e. V. Dort begleitete sie Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige und war für die Entwicklung und Durch-führung von Inklusionsprojekten zuständig. Aeffner wird am 4. Juli 2018 auf der 16. landes-weiten VdK-Schulung für Schwer-behindertenvertreter, Betriebs- und Personalräte als Referentin in der Heilbronner Harmonie sprechen.

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Baden-Württemberg14 Zeitung Juni 2018

BAWUE14 Allgemein

VdK gegen voreilige Beitragssenkungen

gegen überstürzte Beitragssen­kungen in der gesetzlichen Sozial­versicherung spricht sich der Sozialverband VdK Baden­Würt­ tem berg aus.

Anlässlich einer Tagung des So-zialpolitischen Ausschusses des Landesverbands (SOPOA) forder-ten die Experten, zunächst wichtige Aufgaben im Bereich Langzeit-arbeitslosigkeit/Hartz IV anzupa-cken. So plädiert der SOPOA dafür, angesichts immer längerer Lang-zeitarbeitslosigkeit, verstärkt Mittel für die berufliche Wiedereingliede-rung und einen öffentlich geförder-ten Arbeitsmarkt bereitzustellen.

„Es braucht nachhaltige Pro-gramme zur Wiedereingliederung von langzeitarbeitslosen Personen, denn diese Menschen dürfen nicht dauerhaft abgehängt werden“, be-kräftigten die VdK-Sozialpolitiker in Stuttgart. Die Senkung der Bei-träge der Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozent, wie von der Koa-lition ins Auge gefasst, oder sogar von 0,4 Prozent, wie von Arbeitge-berseite im Frühjahr gefordert, sei kontraproduktiv. Und die seit dem Jahr 2010 praktizierte drastische Kürzung von Leistungen zur Ein-gliederung in Arbeit müsse ein Ende haben, verlangt der VdK.

Bundesverdienstkreuz für Hans DuwenkampIn Sachen Clusterkopfschmerz hat er Pionierarbeit geleistet – VdK-Kooperation mit CSG

Hans Duwenkamp. Foto: privat

Über das Bundesverdienstkreuz am Bande durfte sich unlängst Hans Duwenkamp freuen. Kein geringerer als Landesjustizminister guido Wolf hatte die hohe Aus­zeichnung für außergewöhnliches soziales und bürgerschaftliches engagement im Rathaus Sigma­ringen, Duwenkamps Heimatstadt, dem vielseitigen Jubilar über­reicht.

Der mittlerweile 82-Jährige ge-hört zu den Mitbegründern der Selbsthilfegruppe Clusterkopf-schmerz. 2007 vereinbarte er – ge-meinsam mit dem damaligen Kreisvorsitzenden von Sigmarin-gen, Markus Schleicher – eine Kooperation des VdK-Kreisver-bands mit dem Arbeitskreis der Selbsthilfegruppen im Landkreis Sigmaringen, wo Duwenkamp aktiv war. Und der VdK Deutsch-land kooperiert seit 2008 mit dem Bundesverband der Clusterkopf-schmerz-Selbsth i l feg r uppen (CSG), dem Duwenkamp von 2005 bis 2016 als Vizepräsident diente.

Neben dieser Patientenselbsthil-fearbeit gründete Duwenkamp damals den Sigmaringer Unterof-fiziersverein. Zudem unterstützte der frühere Stabsfeldwebel Hilfs-

aktionen Anfang der 1990er-Jahre für Menschen im russischen Kali-ningrad (ehemals Königsberg).

Angefangen hatte alles im Jahr 2003 als Hans Duwenkamp im Radio einen Aufruf hörte. Damals wurden Leute gesucht, „die etwas zu sagen hatten“. Und Duwenkamp hatte etwas zu sagen, was ihn be-sonders betraf und beschäftigte: Er erzählte von seinen besonders aus-geprägten Kopfschmerzen – Clus-terkopfschmerz genannt. Nach der Radiosendung erhielt er mehr als 100 Anrufe. Nur wenige Monate später kamen viele der Anrufer zur Gründungsversammlung der ersten baden-württembergischen Selbst-

hilfegruppe, berichtete der Pionier anlässlich seiner Ehrung. Später entstanden weitere Gruppen und schließlich der Bundesverband CSG, wo der Jubilar, nach vielen ehrenamtlichen Jahren, heute als Ehrenmitglied fungiert.

Entzündung im Gehirn

Hans Duwenkamp quälten einst heftige Kopfschmerz-Attacken, vor allem während der Nacht. „Die Schmerzen sind so heftig, dass Pa-tienten häufig nicht mehr ein und aus wissen. 52 Prozent aller Betrof-fenen denken an Selbstmord, ich schließe mich da ein“, betonte er im Gespräch mit den Medien. Diese Kopfschmerzen lösen eine Ent-zündung in einem Teil des Gehirns aus. Und bei den Clusterkopf-schmerz-Patienten weiten sich dort die Gefäße, was die starken Schmerzen verursacht. Daher wer-den auch Mittel, die die Gefäße verengen, als schmerzlindernd empfunden. Für Duwenkamp ist Triptan „ein Mittel der ersten Wahl“, aber auch hochdosierter Sauerstoff könne helfen, betont der Gründer der Selbsthilfegruppe, der aus diesem Grunde zum Schlafen ein Atemunterstützungsgerät trägt.

Auch deshalb seien für ihn die Kopfschmerzen weniger und er-träglicher geworden.

Dank der Selbsthilfearbeit gibt es für die rund 100 000 Betroffenen in Deutschland weitere Erleichte-rungen. So sei die Krankheit zwi-schenzeitlich anerkannt worden. Und in neun Kliniken, verteilt über ganz Deutschland, wurden soge-nannte Kompetenzzentren einge-richtet. Für Betroffene aus Sigma-ringen ist das Zentrum in Freiburg die nächste Anlaufstelle. „Doch in Notfällen können akut vom Clus-terkopfschmerz betroffene Men-schen auch in Sigmaringen behan-delt werden“, sagt Duwenkamp.

Den Clusterkopfschmerz-Betrof-fenen rät er, sich nicht hinter Selbstmitleid zu verstecken. „Be-fasst euch mit eurer Krankheit, damit gewinnt ihr Lebensqualität“, so sein Tipp. Duwenkamp, dem die Idee der Selbsthilfe sehr wichtig ist, spricht hier von „psychologi-scher Kriegsführung“ gegen die Schmerzen.

(Anmerkung der Redaktion: Die Clusterkopfschmerz-Selbsthilfe ist auch auf der VdK-Reha- und Ge-sundheitsmesse am 4. Juli in der Harmonie Heilbronn vertreten, siehe Bericht auf dieser Seite.)

Letzte Plätze für VdK-Landesschulung sichern!Chancen der Digitalisierung Thema am 4. Juli in Heilbronn – Begleitende Messe für alle mit 50 Ausstellern in der Harmonie

Jedes Jahr dabei:

Aussteller Uwe Thiele

mit seiner Fahrschule für

Menschen mit Handicap.

In beiden Foyers der Harmonie präsentieren sich wieder rund 50 Aussteller.Fo

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Amsel/Kontaktgruppe HeilbronnAOK Baden-WürttembergAsbestose-Selbsthilfegruppe/ Region StuttgartBBQ Berufliche Bildung gGmbH LudwigsburgBerufsförderungswerk Bad WildbadBerufsförderungswerk SchömbergBlinden- und Sehbehindertenver-band Württemberg/BG HeilbronnBundesverband Clusterkopf-schmerz-Selbsthilfegruppen (CSG) Baden-Württemberg Bund-Verlag Frankfurt am MainDeutsche Rentenversicherung Ba-den-Württemberg/Regionalzent-rum HeilbronnDiakonisches Werk für den Stadt- und Landkreis Heilbronn ERGO Versicherung, Ausschließ-lichkeitsorganisation 55plus/Regi-onaldirektion Stuttgart Fahrschule und Beratungsstelle für Menschen mit Handicap (FbM), EnzklösterleHausnotruf und Pflegeergän-zungsService HuPS24, Stuttgart Herkules Liftwerk GmbH, Kassel Hörgeräte Langer, Heilbronn IG Metall NeckarsulmIntegrationsfachdienst HeilbronnKommunale Behindertenbeauf-tragte von HeilbronnKommunalverband für Jugend und Soziales, Stuttgart Kreisseniorenrat HeilbronnKreuzbund-Kreisverband Heil-bronnLandesarbeitsgemeinschaft der SelbsthilfekontaktstellenMobilcenter Zawatzky Meckes-heimNetzwerk Männer mit Brustkrebs, EppingenParamobil GmbH, Westhausen Peter Beutel Fitness, Bad Dürrheim

Promedica Plus, Heilbronn Pflegestützpunkt des Landkreises HeilbronnPflegestützpunkt der Stadt Heil-bronn Sarkoidose-Netzwerk, PlochingenSchwärzbergklinik GmbH, Bad Rappenau Selbsthilfebüro Heilbronn mit Pari-tätische Pflege- und Sozialdienste GmbHSelbsthilfegruppe Anfallskranke Schwäbisch Gmünd und Umge-bungSelbsthilfegruppe Hohenlohe Cochlear-Implantat und Hörge-schädigteSelbsthilfegruppe Fibromyalgie HeilbronnSelbsthilfegruppe Lungenemphy-sem-COPD Neckar-Franken-Heil-bronnSelbsthilfegruppe Prostatakrebs Bietigheim und Heilbronn Sozialverband VdK Baden-Würt-tembergSozialverband VdK/Kreisverband Heilbronn mit VdK-WohnberaternSRH Berufliche Rehabilitation Hei-delbergSRH Gesundheitszentrum Bad WimpfenVerlagsgesellschaft W.E. Wein-mann e.K., Filderstadt Verosana Team Heilbronn (Ho-mecare, Rehatechnik und Sanitäts-haus)VdK Patienten- und Wohnberatung Baden-Württemberg, StuttgartVdK Reisen, StuttgartVdK Sozialrechtsschutz gGmbHVolaris Deutschland (Rollatoren, Arbeits- und Bürostühle für Men-schen mit Behinderung), LindlarWaldburg-Zeil Kliniken Isny-Neu-trauchburg

Bereits zum zehnten Mal öffnet die VdK­gesundheits­ und Rehames­se in der Harmonie Heilbronn ihre tore für alle Bürgerinnen und Bür­ger. Jeder interessierte kann am Mittwoch, 4. Juli, ohne eintritt und ohne tagungsanmeldung die Aus­stellung in beiden Foyers und vor der Halle von 10 bis gegen 14.30 uhr besuchen.

Was einst 2001 als begleitendes Rahmenprogramm der VdK-Lan-desschulung für Behindertenver-treter mit sechs Ausstellern be-gann, bildet bereits seit Jahren eine feste Größe der Öffentlichkeitsar-beit des Landesverbands – ebenso wie die zertifizierte Fort- und Weiterbildung, die mit 300 Teilneh-mern begonnen hatte, dann 400 bis 500 Schulungsteilnehmer vorwei-sen konnte und zwischenzeitlich über 500 Personen im Theodor Heuss-Saal zählt.

Die VdK-Messe in der Harmonie Heilbronn kann Jahr für Jahr 50 und mehr Aussteller vorweisen. Auch im Jubiläumsjahr 2018 sind viele Stammaussteller aber auch ein paar Neue aus dem weiten Feld der Gesundheit, der Rehabilitation, der Pflege, der Behindertenarbeit und der Selbsthilfearbeit dabei.

Die zur 16. VdK-Landesschulung angemeldeten Behindertenvertreter aus Unternehmen und Behörden, Betriebs- und Personalräte, Arbeit-geberbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, VdK-Behinder-tenobleute sowie die angemeldeten Aktiven aus der Behinderten- und Selbsthilfearbeit können die Messe bereits ab 8.30 Uhr besuchen. Für diesen Personenkreis lautet das Tagungsthema 2018 im Heuss-Saal: „Zukunft gestalten – Chancen der Digitalisierung nutzen!“. Aber, sie müssen sich sputen! Denn es gibt nur noch wenige freie Plätze für die Teilnahme an der renommierten Schulung, die um 9.30 Uhr beginnt.

Erstmals spricht die seit 2016 amtierende Landesbehinderten-

beauftragte Stephanie Aeffner auf der VdK-Tagung. Des Weiteren referieren der Zukunftsforscher Florian Kondert vom Frankfurter Zukunftsinstitut, der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht, Dr. Franz X. Wallner, die Ambi-Gate- Geschäftsführerin Caroline Dabels und der ver.di-Landesvor-sitzende Martin Gross. Zudem ist noch ein weiterer Vortrag zum Digitalisierungs-Thema vorgese-hen. Und ein besonderes High-light erwartet die Teilnehmer am Nachmittag: Model und Motivator Tan Caglar, der auch Rollstuhl-fahrer und Basketballer ist, hält einen Impulsvortrag, der es in sich hat. Weitere Programmdetails unter www.vdk-bawue.de im In-ternet.

Schriftliche Anmeldungen – auf Anfrage bis Mitte/Ende Juni – sind direkt an Mitarbeiterin Anita Un-ger, E-Mail [email protected], Jo-hannesstraße 22, 70176 Stuttgart, Telefon (07 11) 6 19 56-52, zu rich-ten. Die Tagungsgebühr beträgt für alle pro Person 110 Euro inklusive weiterer Leistungen wie Begrü-ßungskaffee, Tagungsgetränke, Mittagessen mit bereitgestellten Getränken und Schulungsunter-lagen.

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Baden-Württemberg 15 Zeitung Juni 2018

BAWUE15 Allgemein

Rentenniveau von mindestens 50 Prozent muss sein!VdK-Landeschef Roland Sing sprach auf Bündnis-Jubiläumsveranstaltung in Stuttgart – Podiumsdiskussion mit Politikern

Veranstaltung zum einjährigen Bestehen im Hospitalhof.

„ein Jahr ‚Bündnis gegen Alters­armut in Baden­Württemberg‘ – die Ziele sind noch lange nicht erreicht.“ Dieses Resümee zogen VdK­Landeschef Roland Sing, ver.di­Landesbezirksleiter Martin gross, der Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks der evan­gelischen Kirche in Württemberg, Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, und ursel Wolfgramm, die Vor­standsvorsitzende von Der Paritä­tische Baden­Württemberg.

Zum einjährigen Bestehen dis-kutierten die Bündnisvertreter mit der SPD-Landesvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten (MdB) Leni Breymaier und mit Landtags-vizepräsidentin und CDU-Abge-ordneter (MdL) Sabine Kurtz über die Frage „Rente die zum Leben reicht?“. Sie bekräftigten im Hos-

pitalhof, dass das seit April 2017 bestehende Bündnis aus 31 Sozial-verbänden, Gewerkschaften, zivil-gesellschaftlichen und kirchlichen Organisationen in Baden-Würt-temberg seine Arbeit fortsetzen muss.

„Die Pläne der großen Koalition zur Rentenpolitik reichen nicht aus, um Armut im Alter – vor allem nach 2025 – zu verhindern“, so das Bündnis. In einer Podiumsdiskus-sion mit anschließendem Empfang forderten die Bündnisvertreter Roland Sing, Martin Gross, Dieter Kaufmann und Ursel Wolfgramm auf dem Podium MdB Breymaier und MdL Kurtz dazu auf, sich für dringend erforderliche weitere Reformen einzusetzen.

VdK-Landeschef Sing plädierte für ein Rentenniveau von langfris-tig mindestens 50 Prozent und er-

innerte an die 53 Prozent, die früher einmal gegolten hatten. Und er verlangte einmal mehr, den Ren-tenstreit aus dem, so Roland Sing, unseligen Parteienstreit herauszu-halten, wie es von 1957 bis 1992 in Deutschland Praxis war. Daher hofft der Landesvorsitzende, dass die im GroKo-Koalitionsvertrag vorgesehene Rentenkommission bald eingesetzt wird. Außerdem erinnerte Sing an das Hauptanlie-gen der 31 Partnerorganisationen, das im April 2017 zur Bündnis-gründung geführt hatte – die ge-setzliche Rente auf Dauer für die Kinder und die Enkel sicher zu machen.

Mit Blick auf die laut Koalitions-vertrag anvisierten Verbesserun-gen bei der Mütterrente betonte er: „Bessere Mütterrenten sind gut, aber bitte für alle Mütter und aus Steuermitteln finanziert. Dies ist eindeutig eine gesellschaftspoliti-sche Aufgabe. Und an gesamtge-sellschaftlichen Aufgaben müssen auch alle gesellschaftlichen Grup-pen beteiligt werden“, mahnte Sing und lenkte den Blick auf weitere Fremdleistungen, die der gesetzlichen Rentenversicherung durch die Politik aufgebürdet wur-den.

ver.di-Landeschef Gross, betonte auf dem Podium: „Bessere Er-werbsminderungsrenten, Mütter-rente II und die Festschreibung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis 2025 sind erste Verbesserungen in

der Rentenpolitik. Mit diesen Schritten werden aber die struktu-rellen Probleme, die ab 2030 zu massenhafter Altersarmut führen werden, nicht einmal ansatzweise gelöst. Jetzt müssen dafür die Wei-chen gestellt werden. Deshalb wird unser Bündnis weiter Druck auf die Politik machen.“

Und Oberkirchenrat Kaufmann stellte klar: „Wer sein Leben lang gearbeitet hat und dann, weil die Rente nicht zum Leben reicht, zum Bittsteller werden muss, erlebt eine tiefe Kränkung. Altersarmut ist fast immer irreversibel. Es gilt zu verhindern, dass diejenigen Men-schen, die bereits während des Berufs lebens die schlechteren Chancen gehabt haben, am Ende dafür zusätzlich bestraft werden.“

Die Vorstandsvorsitzende von Der Paritätische, Wolfgramm hob hervor: „Die geplante Grundrente ist keine eigenständige Rentenleis-

tung, sondern soll nur Grundsiche-rungsbeziehenden zustehen, und diesen auch nur dann, wenn sie mindestens 35 Jahre an Beitrags-zeiten vorweisen können. Lang-jährig versicherte Rentner mit ge-ringem Einkommen knapp ober-halb der Grundsicherung soll hingegen gar keine Grundrente zustehen. Dies schafft ein ‚Mehr-klassensystem‘ in der Alterssiche-rung und ist von einer Anerken-nung der Lebensleistung weit entfernt.“

Weitere Informationen zum Bündnis, das bis zur Bundestags-wahl 2017 bei rund 50 Veranstal-tungen aufgezeigt hatte, dass die Rente schon in naher Zukunft nicht ausreichen wird, um ein Le-ben in Würde führen zu können, wenn jetzt nicht gegengesteuert wird, gibt es unter http://buend nis-gegen-altersarmut.de/ im In-ternet.

Leben im Alter in Würde – ein

ernstes Thema: MdB Leni

Breymaier, Roland Sing

und Moderator Axel Graser von SWR 4. Fo

tos:

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K

DRV-Direktor Andreas Schwarz lobt Arbeit des VdKErster Austausch zu sozial- und rentenpolitischen Themen – Regelmäßige Treffen zwischen DRV und VdK vereinbart

Andreas Schwarz, Elisabeth

Benöhr, Roland Sing, Stefan

Pfeil, Dr. Silvan Siefert und Hans-Josef

Hotz (von links).

Info

Die Deutsche Rentenversiche-rung Baden-Württemberg ist Ansprechpartner für rund 6,6 Millionen Rentenversicherte und zahlt monatlich rund 1,5 Millio-nen Renten aus. Mit ihrem versi-cherten- aber auch arbeitgeber-freundlichen Beratungsnetz ist sie im Südwesten in allen Fragen der Altersvorsorge, der Rehabi-litation und der Rente kompeten-ter regionaler Ansprechpartner.

„Der VdK leistet seriöse Arbeit“, betonte der erste Direktor der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Baden­Württemberg, An­dreas Schwarz, bei einem treffen im April mit dem VdK­Landesver­bandsvorsitzenden Roland Sing. Beide vereinbarten, zukünftig und regelmäßig rentenpolitische infor­mationen, erfahrungen und Positi­onen beider Organisationen aus­zutauschen.

Sing, bisher auch Vizepräsident des VdK Deutschland, informierte über die rentenpolitischen Anträ-ge zum VdK-Bundesverbandstag, der Mitte Mai 2018 in Berlin statt-fand. Beim Treffen in der Stuttgar-ter VdK-Landesgeschäftsstelle, an dem für die DRV auch Direktorin Elisabeth Benöhr und der Presse-verantwortliche Thomas Becker sowie auf VdK-Seite Landesver-bandsgeschäftsführer Hans-Josef Hotz, Abteilungsleiter Sozialpoli-tik, Stefan Pfeil, und der Referent für Sozialpolitik, Dr.  Silvan Sie-fert, teilnahmen, wurden auch heikle Themen angeschnitten: die zunehmende Alters armut und die Erwerbsminderungsrente (EM- Rente), die Altersarmut mitverur-sachen kann, sowie die geplante Vorsorgepflicht für Selbstständige. Der VdK-Landesverband und die DRV Baden-Württemberg waren

sich darin einig, dass die Politik die Gründe für Altersarmut gezielt angehen muss. Zudem verlangen beide Organisationen von den politisch Verantwortlichen, die unbestritten notwendige Mütter-rente zukünftig über Steuern zu finanzieren und diese gesamtge-sellschaftliche Aufgabe nicht aus-schließlich den gesetzlich renten-versicherten Arbeitnehmern und Rentnern aufzubürden.

Altersarmut

Erfreut zeigten sich beide über die von der großen Koalition ins Auge gefassten Verbesserungen bei der EM-Rente. Gleichwohl bemängelte der Sozialverband VdK Baden-Württemberg beim

Treffen, dass der GroKo-Koaliti-onsvertrag die vom VdK seit Lan-gem geforderte Abschaffung der Rentenabschläge bei EM-Renten nicht vorsieht – eine Forderung, die im Übrigen auch vom „Bünd-nis gegen Altersarmut in Ba-den-Württemberg“ erhoben wird. Diesem Zusammenschluss von 31 Sozialverbänden, Gewerkschaften und kirchlichen sowie zivilgesell-schaftlichen Organisationen ge-hört der VdK Baden-Württemberg seit der Bündnisgründung im April 2017 an (siehe Bericht oben).

Mit Blick auf die geplante Vor-sorgepflicht für Selbstständige äußerte DRV-Direktor Schwarz die Befürchtung, dass das vorgese-hene Wahlrecht zu einer Risiko-selektion zulasten der gesetzlichen

Rentenversicherung gehen könne. Sogenannte schlechte Risiken könnten hier vermehrt auf die DRV zukommen, während die private Versicherungswirtschaft eher die guten Risiken absichern würde – so wie man es auch von der Kranken- und von der Pflege-versicherung kennt.

Grundrente

Einig waren sich der Erste Di-rektor der DRV Baden-Württem-berg, Andreas Schwarz, und der VdK-Landeschef Roland Sing in der ablehnenden Beurteilung der Grundrente, egal ob bedingungs-los oder solidarisch. Die Grund-rente sei schwierig zu realisieren und würde das Vertrauen in die

gesetzliche Rentenversicherung zusätzlich belasten.

Erfreut zeigte sich Roland Sing über die verstärkten Präventions-maßnahmen der DRV. Sie würden Frühverrentungen von Arbeitneh-mern verhindern oder verzögern und auch Rehabilitationsmaßnah-men würden so hinausgeschoben, weil in vielen Fällen bereits die Vorsorge greife. Ausdrücklich lob-te der VdK-Landeschef den ärztli-chen Gutachterdienst der DRV, den die DRV Baden-Württemberg – nach wie vor und im Unterschied zur DRV Bund oder auch zu ande-ren gesetzlichen Rentenversiche-rungsträgern – unterhält. Dank der eigenen ärztlichen Gutachtertätig-keit der DRV Baden-Württemberg würden beispielsweise Reha-An-träge gründlicher nach medizini-schen Gesichtspunkten geprüft und auch seltener abgelehnt.

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Page 4: „Der nahe Austausch verändert die Gesellschaft“ · Der nahe Austausch verändert die Mehrheitsgesellschaft, sie wird für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung sensibilisiert

Baden-Württemberg16 Zeitung Juni 2018

ImPressumLandesteil und BezirksseitenBaden-WürttembergSozialverband VdK Baden-WürttembergRedaktion: Britta BühlerAnschrift:Sozialverband VdK Baden-WürttembergLandesredaktion VdK-ZEITUNGJohannesstraße 22, 70176 StuttgartTelefon (07 11) 6 19 56-0Fax (07 11) 6 19 56-99E-Mail [email protected] www.vdk.de/baden-wuerttemberg

BAWUE16 Allgemein

Schnelle Umsetzung der politischen Ziele gefordertKreiskonferenz Heilbronn hat hohe Erwartungen an GroKo und wird deren Arbeit kritisch begleiten

Kreischef Frank Stroh (links) und Landeschef Roland Sing umrahmen die beiden vom VdK geehrten Heilbronner Sozialpolitikerinnen, Agnes Christ-ner (Zweite von links) und Susanne Hennig.

Nach Monaten der Hängepartie und des sozialpolitischen Still­stands sind jetzt schnelles und sozialpolitisch verantwortliches Regierungshandeln gefragt, war der tenor der Heilbronner Kreisver­bandskonferenz, zu der Vorsitzen­der Frank Stroh nach untereises­heim eingeladen hatte. Dort setz­te sich insbesondere der bisherige Vizepräsident Roland Sing kritisch mit den sozialpolitischen inhalten des Koalitionsvertrags der neuen großen Koalition (groKo) aus CDu und SPD auseinander.

Aus VdK-Sicht seien die formu-lierten Vorhaben in den Bereichen Rente, Gesundheit, Pflege, Barrie-refreiheit, Wohnen und Armut zunächst gute Ansätze, zielten sie doch auf eine Verbesserung der Situation für viele Menschen ab, betonte Sing und erwähnte, dass

beispielsweise das Rentenniveau auf 48 Prozent bis 2025 festge-schrieben werden soll, dass man wieder zur paritätischen Finanzie-rung in der gesetzlichen Kranken-versicherung zurückkehren oder auch die Situation der Pflegekräfte verbessern will.

Erfahrungsgemäß würden aber viele der hehren Absichtserklärun-gen in Koalitionsverträgen dann doch nicht in einem Gesetz ver-bindlich fixiert, gab der Landesver-bandsvorsitzende zu bedenken. Zumindest sei es bei den einzelnen Themen noch ein langer und auch steiniger Weg. Daher werde der Sozialverband VdK höchst wach-sam sein und energisch die Umset-zung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Regelungen einfor-dern, bekräftigte Roland Sing.

Und Sing forderte mit Blick auf die geplante unabhängige Renten-kommission mit dem Ziel, auszu-loten, wie es nach dem Jahr 2025 mit der Rente weitergehen soll, dem VdK Sitz und Stimme einzu-räumen. „Da wird nämlich ent-schieden, wie stark unsere Kinder und Enkel von Altersarmut betrof-fen sein werden“, sagte Sing in Untereisesheim.

Auch die Gastredner brachten im Saal ihre Hoffnung zum Aus-druck, dass die große Koalition eine richtungsweisende Politik zur Lösung der Probleme in der Pflege,

bei der Ärzteversorgung, bei der Mobilität oder auch beim bezahl-baren Wohnen machen werde. Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU), SPD-Landtagsab-geordneter (MdL) Rainer Hinderer und die Grünen-MdL Susanne Bay hatten ebenso Grußworte gespro-chen wie die Kommunalpolitike-rinnen Susanne Hennig und Agnes Christner sowie Bürgermeister Bernd Bordon.

Ehrung

Christner, die in Heilbronn als Sozialbürgermeisterin wirkt, und Hennig, die Kreissozialdezernen-tin ist, wurden sodann mit der

Goldenen Verdienstnadel des Lan-desverbands von VdK-Kreischef Frank Stroh ausgezeichnet. Schließlich arbeiten und engagie-ren sie sich seit Langem im sozia-len Bereich und arbeiten auf Au-genhöhe mit dem Sozialverband VdK zusammen.

Der VdK hat mittlerweile fast 1,9 Millionen Mitglieder und wächst auch nach mehr als zwanzig Jahren des Mitgliederaufschwungs weiter-hin rasant. Für den Landesver-bandsvorsitzenden von Baden- Württemberg, wo es zurzeit rund 225 000 Mitglieder gibt, hat diese Entwicklung auch eine traurige Komponente: „Dies hat ganz klar mit der Not der Menschen zu tun“.

Im Kreisverband Heilbronn hat die Mitgliederentwicklung vor sechs Jahren stark an Fahrt aufge-nommen. 1800 Beitritte gab es seitdem. Stand März 2018 gehören 7158 Menschen in 50 Ortsverbän-den zum von Frank Stroh geführten Kreisverband. Stroh und sein Team haben in den vergangenen Jahren nicht nur viele Veranstaltungen organisiert und die Öffentlichkeits-arbeit intensiviert, sondern insbe-sondere auch die Beratungsangebo-te im Kreisverbandsgebiet erheblich ausgebaut. Da leisten Hunderte von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wertvolle Arbeit als Berater, als Lotsen oder auch als Zuhörer, wenn es um Fragen und Probleme aus dem VdK-Kernbe-reich Rente, Armut, Behinderung, Pflege und Gesundheit geht.

Daher erneuerte Stroh in Unter-eisesheim seine Forderung nach einer steuerrechtlichen Gleichstel-lung dieser Ehrenamtlichen mit den ehrenamtlichen Übungsleitern im Sport. Sie sollten dieselbe steuerfreie Pauschale bekommen, denn anderenfalls gilt weiterhin: „Sozial Tätige werden benachtei-ligt“, so Frank Stroh. Eine seiner besonders aktiven Mitstreiterin-nen ist Renate Haas. Die VdK-Vor-standsfrau konnte binnen eines Jahres 83 Neumitglieder gewinnen. Die VdK-ZEITUNG wird darüber berichten.

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Baden-Württemberg Zeitung Juni 2018 I

BAWUE17 Allgemein

„Wir können das Spiel nicht laufen lassen, ohne was zu sagen“, sagt Blinden­Fußballreporter Niklas Batsch. es ist Samstag, der 28. April 2018. um 15.30 uhr ist Anpfiff im Schwarzwaldstadion in Frei­burg. es geht um alles, den Klas­senerhalt in der 1. Fußball­Bundes­liga. Der SC steht auf dem dritt­letzten tabellenplatz.

Zu Gast ist der 1. FC Köln, der nur noch mit einem Sieg Chancen auf den Verbleib in der 1. Liga hat. Niklas Batsch und Stefan Haupt sitzen im Presseraum des Stadions und besprechen die Aufstellung. Die beiden sind zwei von fünf eh-renamtlichen Blindenreportern des SC Freiburg. Sie sind unschwer zu erkennen. Auf ihrem blauen Überwurf steht in weißen Lettern Blindenreporter geschrieben.

„Im November 2014 haben wir damit angefangen“, erzählt Batsch, der Medienkulturwissenschaft studiert. Der damals 16-Jährige hat zur Vorbereitung mit seinen vier Kollegen einen Workshop besucht. Beim Leverkusener Blindenrepor-ter Björn Nass bekamen beide ihr Handwerk beigebracht.

„Der Unterschied zur normalen Reportage ist das Dauerreportie-ren. Wir sind die ganzen 90 Minu-ten dabei, das ganze Spiel über“, erklärt Batsch seine Aufgabe. Es wird immer in Zweierteams gear-beitet, um regelmäßig abwechseln zu können. „Zentrales Element unserer Arbeit ist die Verortung“, sagt Haupt. Damit ist gemeint, dass der Reporter genau beschrei-ben muss, wo der Ball ist, wie die Spieler agieren und natürlich auch die Schiedsrichter.

Neben der Aufstellung der geg-nerischen Mannschaft gehen beide Reporter auch die Vorschaumappe durch. „Diese bekommen alle Blin-denreporter vorab von der Deut-schen Fußballliga (DFL). Das sind rund 60 Seiten Zusatzinformatio-nen. Die brauchen wir auch, denn wir können nicht mal das Spiel laufen lassen, ohne etwas zu sagen. Und wenn beispielsweise ein ver-letzter Spieler gerade auf dem Spielfeld versorgt wird, können wir den Hörern aus dieser Mappe Statistiken oder andere Zusatzin-formationen mitteilen, sagt Niklas Batsch.

Um 15 Uhr gehen die beiden Re-porter auf die Haupttribüne. Im Freiburger Stadion können bis zu sechs blinde oder sehbehinderte Zuschauer den Dienst der Blinden-

„Er ist drin, er ist drin – das war Nils Petersen!!!“VdK-Mitarbeiterin Priya Bathe traf die Freiburger Blindenreporter Niklas Batsch und Stefan Haupt im Schwarzwaldstadion

LasT buT noT LeasT

Nach Saisonende konnte der SC Freiburg in der 1. Bundesliga verbleiben. Der 1. FC Köln ist hingegen abgestiegen.In Baden-Württemberg können blinde und sehbehinderte Men-schen Erstligaspiele bisher beim 1899 Hoffenheim, SC Freiburg und dem VfB Stuttgart hören.

„Wir können das Spiel nicht laufen lassen, ohne

was zu sagen.“

Es geht ganz familiär zu. Die Fußballfans werden persönlich von den Blindenreportern technisch ausgestattet.

Die beiden Blindenreporter Niklas Batsch (links) und Stefan Haupt bei der Arbeit.

Nina Schweppe (links) und Regina Hillmann sind blinde Fußballfans des 1. FC Köln. Fotos: Priya Bathe/VdK

reporter in Anspruch nehmen. So viele Funkstrecken stehen zur Ver-fügung. Ob heute alle sechs Plätze über den Ticketshop verkauft wur-den, wissen Stefan Haupt und Niklas Batsch nicht. Nur eines ist sicher, drei Plätze gehören Dauer-kartenbesitzern des SC Freiburg. Wer die anderen drei Plätze über den Ticketshop bucht, muss nach-weisen, dass er blind oder sehbe-hindert ist, mit einem Schwerbehin-dertenausweis zum Beispiel.

Batsch und Haupt machen einen Gerätecheck. Alles ist in Ordnung. Zwei Frauen mit Blindenstock und Begleitern kommen die Tribüne hoch. Stefan und Niklas begrüßen die beiden, über-geben die Kopf-hörer und Funk-strecken. „Wir kennen die Fans sehr gut. Das sind Nina Schweppe und Regina Hill-mann, Köln-Fans aus Hamburg“, sagt Stefan Haupt. Er, der gelernter Bankkaufmann ist, hat vor vier Jahren ein sinnvolles Ehrenamt übernehmen wollen. Seither arbei-tet der leidenschaftliche SC-Fan im Schwarzwaldstadion als Blinden-reporter.

„Wir begrüßen die Fans aus der Dom-Stadt, dröhnt es kurz vor Spielbeginn aus den Lautspre-

chern.“ Dann ertönt das Bade-ner-Lied, die SC-Hymne und schließlich die Aufstellung beider Mannschaften. Anpfiff – auch für Stefan Haupt und Niklas Batsch: „Ja herzlich willkommen bei schönstem Wetter an der Schwarz-waldstraße“, begrüßt Haupt die sehbehinderten Zuhörer.

Die beiden Reporter wechseln sich im Zehn- Minuten-Takt ab. Dabei schauen sie nicht genau auf die Uhr. „Das hängt vom Spiel-verlauf ab. Natürlich übergebe ich nicht an Stefan, wenn gerade eine rasante Szene in Gang ist. Das ist klar“, sagt Batsch. „Bei Anstoß ist Sonnenschein“ (...) „13

Meter vor dem eigenen Tor“ (...) „Das Spiel wird gerade entschleu-nigt“(...) „20 Me-ter vor dem Tor, halblinke Positi-on, zieht rechts

am Tor vorbei, aber keine Chan-ce“. „Aytekin (Schiedsrichter) ahndet bisschen Bein und ruppi-gen Körpereinsatz mit einer gel-ben Karte“. „Die Haupttribüne springt auf! Er ist drin, er ist drin, Das war Nils Petersen!!!“ (vom SC Freiburg).

Die beiden Reporter sind exakt am Spiel, verorten und sind natür-lich mit dem Herz bei ihrer Heim-mannschaft. Das stört die beiden blinden Köln-Fans Regina Hill-mann und Nina Schweppe nicht. „Bei Auswärtsspielen hören wir natürlich die Sympathie zum Hei-matverein bei den Reportern her-aus“, sagt Schweppe. „Das ist auch total okay. Entscheidend für uns ist, dass präzise reportiert wird.“

Die Reporter müssen am Spiel bleiben. Die Verortung ist das A&O. „Die Reporter sind quasi die Dolmetscher, die 90 Minuten für uns übersetzen, ergänzt Schwep-pe.“ Die beiden Frauen sind einge-fleischte Köln-Fans. Sie kommen aus Hamburg und fahren zu allen Heimspielen nach Köln und mit dem Fan-Bus des 1. FC Kölns auch

zu allen Auswärtsspielen. Heute Morgen sind sie bereits um 6 Uhr in Köln losgefahren. Aus Hamburg sind sie bereits am Vortag ange-reist.

„Wir mieten dauerhaft eine Fe-rienwohnung in der Nähe von Köln. Zwar wäre die Anreise di-rekt über Hamburg wahrschein-lich einfacher, aber es geht auch um das Gemeinschaftsgefühl mit den anderen Fans im Bus, sagt Hillmann. Neben ihrer Leiden-schaft, dem 1. FC Köln, sind beide

Frauen auch Vorsitzende des Fan-klubs Sehhunde e. V., ein Fußball- Fanklub für Blinde.

In die zweite Halbzeit geht es mit 1:0 für die Heimmannschaft. Während Haupt reportiert, gibt Batsch ihm mit Handzeichen Hin-weise, dass sich ein Kölner Spieler für den Wechsel bereit macht. Aber nicht immer läuft es so rei-bungslos ab wie heute: „Im Spiel diese Saison gegen Hoffenheim hatten wir nach fast 30 Minuten Stromausfall im Stadion. Unsere beiden anderen Kollegen waren an dem Tag Reporter und ich saß nur zufällig neben ihnen. Alle sechs Blindenplätze waren an dem Tag gebucht. Wir drei haben uns dann spontan zwischen die blinden Fans gesetzt und ohne Kopfhörer alle drei gleichzeitig und ohne Pause 60 Minuten am Stück repor-tiert. Danach war meine Stimme fast weg“, lacht Batsch.

Nach 60 Minuten spürt man die Anstrengung, auch wenn man sich abwechselt, sagt Niklas Batsch. Davon ist heute allerdings nichts zu merken. Kein Wunder, denn die zweite Halbzeit hat es in sich: Köln gleicht das zwischenzeitliche 2:0 der Freiburger zum 2:2 aus. Und in der 93. finalen Spielminute schießt Freiburg dann noch den Siegtreffer:“ Freistoß in 93. Minu-te!!!!!! Höler, Lucas macht das 3:2 und das ist der Sieg für den SC Freiburg. Abpfiff, liebe Zuhörer! Was für ein Fußball-Krimi!!!“

Priya Bathe

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Baden-Württemberg Zeitung Juni 2018II

BAWUE18 Allgemein

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Disease Management Programm – Was ist das?Was ist eigentlich ein „Disease Management Programm (DMP)? Mit dieser Frage kam Frau R., die an Diabetes mellitus typ 2 leidet, in die VdK Patienten­ und Wohn­beratung Baden­Württemberg in Stuttgart. ihr Hausarzt hatte ihr angeboten, sich in seiner Praxis in ein DMP für Zuckerkranke einzu­schreiben.

Die Patientenberaterin Monika Müller erklärt, dass diese Pro-gramme in Deutschland seit 2002 von den gesetzlichen Krankenkas-sen in Zusammenarbeit mit Ärz-tinnen und Ärzten angeboten werden. Die Idee dahinter ist, dass in einem solchen Programm auf der Grundlage wissenschaftlicher Studien ein optimaler Behand-lungsweg zusammengestellt wird mit dem Ziel, die gesundheitliche Situation chronisch Erkrankter zu verbessern. Darüber hinaus soll die strukturierte Behandlung die Betroffenen beim Umgang mit der Erkrankung unterstützen und Möglichkeiten zeigen, im Alltag mit den Erfordernissen der Be-handlung zurechtzukommen.

Zielgruppe

Diese Programme gibt es auch für die chronischen Erkrankungen wie Asthma, chronisch obstrukti-ve Lungenerkrankung (COPD), Brustkrebs, Diabetes mellitus Typ 1, Diabetes mellitus Typ 2 und ko-ronare Herzkrankheit (KHK), mit einem Modul „Chronische Herz-insuffizienz“.

„Das Ziel eines DMP ist es, die Beschwerden der betroffenen Pa-

tienten, die mit einer chronischen Erkrankung verbunden sind, zu verringern und ihr Fortschreiten aufzuhalten. Ferner sollen durch diese strukturierten Programme Komplikationen und Folgeschä-den oder Begleiterkrankungen so weit wie möglich vermieden wer-den“, erklärt Müller.

Die Teilnahme an einem DMP ist jedoch an bestimmte Voraus-setzungen geknüpft. So müssen die Patienten in der Lage sein, die vereinbarten Therapieziele nach-vollziehen und umsetzen zu kön-nen. Mit der Einschreibung erklä-ren sie sich dazu bereit, aktiv an der Behandlung mitzuarbeiten – zum Beispiel indem sie regelmäßig alle drei oder sechs Monate eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.

Alle teilnehmenden Fachleute – also Ärzte, Mitarbeiter von Kliniken und Reha-Einrichtungen, Pflege-kräfte oder Anbieter von Schulun-gen – verpflichten sich, die vorgege-benen Qualitätskriterien und Be-handlungspläne einzuhalten.

Frau R. äußert, dass sie nun ger-ne noch wissen möchte, wie eine

Behandlung innerhalb eines DMP konkret aussieht. Monika Müller erklärt ihr, dass nach Gesprächen, Untersuchungen und Diagnose der behandelnde Arzt auf Grundlage von DMP-Vorgaben einen indivi-duellen Therapieplan für sie erstel-len wird. Dieser umfasst unter anderem die medikamentöse Be-handlung und andere therapeuti-sche Maßnahmen, Schulungster-mine und regelmäßige Kontrollun-tersuchungen – zum Teil auch in anderen Praxen oder Kliniken.

Behandlungsschritte

Speziell das DMP Diabetes schreibt regelmäßige augenärztli-che Untersuchungen vor, um mög-liche Schädigungen frühzeitig er-kennen und behandeln zu können. „Danach werden die einzelnen Behandlungsschritte, Untersu-chungs- und Behandlungsergeb-nisse dokumentiert“, sagt Müller. „Dies soll allen an der Therapie Beteiligten die Möglichkeit geben, einzelne Entscheidungen und Maßnahmen nachzuvollziehen

und bei der weiteren Behandlung zu berücksichtigen.“

Vorteil für Patienten

Der Vorteil für die Patienten liegt darin, dass es im Rahmen der DMP verschiedene Maßnahmen zur Qualitätssicherung gibt, die von allen Beteiligten eingehalten wer-den müssen. Dadurch werden die Patienten „Experten“ ihrer Erkran-kung, das heißt, sie lernen Eigen-verantwortung zu tragen und im Alltag besser zurechtzukommen.

Durch das regelmäßige Erfassen und Auswerten der Patientendaten können sowohl aktuelle Probleme als auch Behandlungserfolge sofort erkannt werden. Das ermöglicht ein schnelles Reagieren, wodurch wei-tere Probleme vermieden werden können.

Die Teilnahme an einem DMP ist freiwillig und kostenlos, sie kann jederzeit schriftlich gekündigt wer-den. Ausnahmen entstehen dann, wenn zusätzlich ein Wahltarif mit der Kasse vereinbart wird. Daraus ergeben sich unter Umständen Sonderkündigungsbedingungen. Versicherte können auch von der Krankenkasse aus dem Programm ausgeschrieben werden, beispiels-weise bei unzureichender Pro-grammteilnahme oder wenn die medizinischen Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind. Weitere Infos über die Suche-Funktion „Was sind Disease-Manage-ment-Programme?“ auf

www.gesundheits information.de

VdK-Patienten-beraterin

Monika Müller

KonTaKT

VdK Patienten- und Wohnberatung

Patientenberatung oder Bera-tung zum barrierefreien Wohnen benötigt? Ihr schneller Draht zur VdK-eigenen Beratungsstelle in Stuttgart:

VdK Patienten- und Wohnbera-tung Baden-Württemberg, Gais-burgstraße 27, 70182 Stuttgart (S-Mitte), Nähe U-Bahn-Halte-stelle Olgaeck, Telefon (07 11) 2 48 33 95, Fax (07 11) 2 48 44 10, E-Mail patienten-wohnbera [email protected] und unter www.vdk.de/patienten-wohnberatung-bw im Internet.Geschäftszeiten: montags, 9 bis 12 Uhr und 13 bis 16 Uhr, diens-tags, 9 bis 14 Uhr, mittwochs, 9 bis 14 Uhr sowie donnerstags, 10 bis 12 Uhr und 14 bis 18 Uhr. Betrof-fene und Angehörige können sich dort schriftlich, telefonisch oder im persönlichen Gespräch vor Ort beraten lassen.

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DMP für Asthma aktualisiert

Der Gemeinsame Bundesaus-schuss (G-BA) hat das Disea-se-Management-Programm (DMP) – das strukturierte Be-handlungsprogramm für Asthma bronchiale – ergänzt. Kinder können künftig bereits ab dem zweiten Lebensjahr im DMP be-handelt werden. Ergänzt wurde auch das Medikamentenma-nagement für Patienten, die aufgrund mehrerer Erkrankun-gen dauerhaft mindestens fünf Arzneimittel einnehmen müssen. Neu im DMP sind zudem Rege-lungen für eine engmaschige Betreuung und Aufklärung über die negativen Folgen des Ta-bakkonsums auf den Verlauf des Asthmas bronchiale. Insbeson-dere sollen Patienten Zugang zu strukturierten Tabakentwöhnungs-programmen erhalten.

anmeldung zum vdK-Gesundheitstag am 6. oktober 2018Bitte Coupon an Landesverband, Anita Unger, per Post oder fax (07 11) 6 19 56 99 senden. Verbindliche Anmeldungen sind auch per E-Mail [email protected] oder direkt online unter www.vdk-bawue.de möglich.

sozialverband vdK baden-Württemberg e. v. frau unger Postfach 10 50 4270044 stuttgart

Gesundheitstag des sozialverbands vdK baden-Württemberg in stuttgart

samstag, 6. oktober 2018, 10 bis 15.30 uhr, Liederhalle stuttgart, Hegelsaal

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komme(n) mit insgesamt Person(en).anmeldeschluss ist der 6. september 2018. Achtung: Die Teilneh-merzahl ist begrenzt und die Plätze sind begehrt. Daher wird um sehr frühe und verbindliche Anmeldung gebeten.

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Gesundheit und Pflege zukunftsfähig machenVdK-Gesundheitstag am 6. Oktober in der Liederhalle in Stuttgart – Jetzt anmelden!

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Infos zu Programm und Messe sind im Internet zu finden. Auch die Anmeldung ist im Internet möglich und über den abge-druckten Coupon. Anmeldeun-terlagen können auch per E-Mail, Telefon oder Post angefordert werden.

[email protected]

Telefon (07 11) 6 19 56-52

VdK-Landesverbandsge-schäftsstelle, Johannes-straße 22, 70176 Stuttgart

www.vdk-bawue.de

„gesundheitswesen und Pflege gerecht und zukunftsfähig gestal­ten!“ lautet das thema des großen VdK­gesundheitstags am Sams­tag, 6. Oktober, in der Liederhalle Stuttgart. Dazu lädt der Landes­verband alle Mitglieder und alle interessierten Bürgerinnen und Bürger in den Hegelsaal ein.

Der Eintritt ist frei, eine ver-bindliche Anmeldung beim Lan-desverband in Stuttgart ist jedoch erforderlich. Die Vorträge begin-nen um 10 Uhr, Programmende ist gegen 15.30 Uhr. Die begleitende Ausstellung – unter anderem be-schickt von der VdK Patienten- und Wohnberatung Baden-Würt-

temberg – ist ab 9 Uhr zu besich-tigen.

Unter der bewährten Moderati-on von SWR-4-Studioleiter Axel Graser sind neben VdK-Landes-chef Roland Sing (Thema: „Ge-sundheit und Pflege muss für alle bezahlbar sein!“) diese Referenten vorgesehen und angefragt: AOK Baden-Württemberg-Vorstand Dr. Christopher Hermann („Heraus-forderung: Medizinische und pfle-gerische Versorgung in Baden- Württemberg“), Landesärztekam-merpräsident Dr. Ulrich Clever („Medizin 4.0 – Kollege Computer und Co.“), die Geschäftsführerin des Landesapothekerverbands, Ina Hofferberth („Sichere Arznei-mittelversorgung auch in Zu-kunft!?“), der Ärztliche Direktor der Klinik für Kardiologie, Angio-logie und Pneumologie des Uni-versitätsklinikums Heidelberg, Professor Dr. Hugo A. Katus („Herz-Kreislauf – Fit und gesund in allen Lebenslagen!) und der Präsident der Deutschen Schmerz-gesellschaft, Professor Dr. Martin Schmelz von der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universi-tät Heidelberg („Kampf dem Schmerz!“).

Zum Schluss ist Spaß und beste Unterhaltung angesagt: Lüder Wohlenberg, der Arzt und Kaba-

rettist, präsentiert sein Kabarett „Spontanheilung“.

Wie bei allen vorherigen VdK- Gesundheitstagen des Landesver-bands wird um baldige verbind-liche Anmeldung, ebenso um Sammelanmeldungen von Orts- und Kreisverbänden gebeten. Denn, wie in den Vorjahren, er-warten wir auch im Jahr 2018 wieder Hunderte von Teilneh-mern.

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Zeitung Juni 2018 17Nordbaden

BAWUE19 Allgemein

Mitgliederzahl verfünffachtDank an Ehepaar Wörner für erfolgreichen Einsatz

Knapp 16 Jahre standen die Wörn-ers an der Spitze des VdK Gerchs-heim. Bei der letzten Feier sorgten Kreisvorstandsmitglied Wilfried Horn und Schriftführerin Linda Borst für eine Überraschung: Sie ehrten das Ehepaar Olga und Richard Wörner, das bislang sehr erfolg-reich die Geschicke des VdK Gerchsheim lenkte.

In Gerchsheim stieg die Mitglie-derzahl von 31 vor 16 Jahren auf heute 161. Richard Wörner wirkte bisher als Vorsitzender und fungiert seit Kurzem als Ehrenvorstand. Ehefrau Olga ist weiterhin Frauen-vertreterin. Ihr ehrenamtliches Engagement und die vergangenen 16 Jahre ließ Schriftführerin Borst

in ihrer Laudatio Revue passieren und verdeutlichte, mit welchem Einsatz das Paar hinter dem Verein steht – ein Einsatz, der so alles an-dere als selbstverständlich sei.

Wilfried Horn, damals zweiter Vorsitzender, würdigte „die unein-geschränkte Initiative der Ortsver-bandsspitze in Person von Richard und Olga Wörner“. Beide empfingen Urkunden des VdK Deutschland und Silberne Ehrennadeln sowie ein Geschenk des Ortsverbands. Auf der gut besuchten Veranstaltung wurden zugleich Treueabzeichen für langjäh-rige Mitglieder wie den 25er-Jubilar Erwin Wagner verliehen. Hier nahm Richard Wörner die Auszeichnun-gen mit „Gold“ sowie „Silber“ für die Zehnerjubilare vor.

Geehrte und Gratulanten: Olga Wörner, Wilfried Horn, Linda Borst und Richard Wörner (von links). Foto: VdK

Jetzt offiziell neue VorsitzendeGabriele Matthé folgt in Bauland auf Brigitte Einig nach

Vorsitzende Gabriele

Matthé mit Stellvertreter

und Ehemann Frank. Fo

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Jetzt ist es offiziell im Ortsverband Bauland: Gabriele Matthé ist die neue Vorsitzende. Die Mitglieder wählten die 59-Jährige auf der Jahreshauptversammlung im Ba-dischen Hof in Schlierstadt.

Bereits nach dem plötzlichen Tod von Amtsvorgängerin Brigitte Einig im Herbst 2017 (wir berich-teten) war Matthé in die Bresche gesprungen und hatte kommissa-risch als Ortsvorsitzende gewirkt. Zuvor war die selbstständige Heil-praktikerin und Sozialarbeiterin, die aus Hattingen in Nord-rhein-Westfalen stammt, bereits dreizehn Jahre lang stellvertreten-de Vorsitzende und Schriftführe-rin gewesen.

Im Gespräch mit der Redaktion verwies die neue Amtsinhaberin auch auf ihre Mutter, die ebenfalls langjähriges VdK-Mitglied war und die einst mit ihr – und nach Jahrzehnten im Ruhrgebiet – wie-der in ihren nordbadischen Hei-matort, quasi „zur Scholle“ zu-rückgekehrt war.

Auch Ehemann Frank Matthé engagiert sich ehrenamtlich im Sozialverband VdK. Der selbst-ständige Tischler wurde zum neu-en Ortsverbandsvize gewählt.

Außerdem ist der 64-Jährige im Rahmen der neuen landesweiten VdK-Wohnberatung aktiv.

Auf der Vollversammlung wähl-ten die Mitglieder unter der Wahl-leitung von Bezirksverbandsge-schäftsführer Bernhard Gschwen-der auch den neuen Schriftführer Valentin Holderbach und die neuen Beisitzer Manfred Rein-hardt und Elmar Gramlich. Außer-dem bestätigten sie die bisherige Kassiererin Erika Stieber sowie die bisherigen Beisitzer Irmgard Mül-ler und Matthias Kempf. Sie alle und die Neugewählten durften sich jeweils über ein einstimmiges Vo-tum freuen. Und über ein Geburts-tagsständchen durfte sich Erna Jörg freuen. Die älteste Teilneh-

merin der Versammlung im Badi-schen Hof, feierte ihren 95. Ge-burtstag.

Nächste Termine

Aktuelle Informationen zum Koalitionsvertrag, die Geschäfts-führer Gschwender gab, sowie eine Terminvorschau durch Vorsitzende Matthé rundeten die harmonische Veranstaltung ab. So soll es am 12. Juli – und bereits zum zehnten Mal – das Grillfest „Am Noledorn“ ge-ben. Da wollen sich die Mitglieder und Partner des VdK Bauland be-reits ab mittags in einem Waldhaus in Altheim zum Grillen, Kaffee-trinken, Klönen und Singen zu Akkordeonklängen treffen.

Zwei Konzerte zum 70. JubiläumSt. Petersburger Knabenchor zu Gast in Großsachsen

Gleich zwei Auftritte hatte der Petersburger Knabenchor an einem Tag.

Foto

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K

Über ein nicht alltägliches Ge-schenk durfte sich unlängst der VdK Großsachsen freuen: Anläss-lich seines 70. Gründungsjubiläums gab ein bekannter Knabenchor aus Sankt Petersburg gleich zwei Konzerte in der nordbadischen Gemeinde.

Dazu hatte man die alte Turn-halle in Hirschberg wunderschön illuminiert. „Und sowohl in der Nachmittags- als auch in der Abendvorstellung war der Saal mit jeweils 215 Zuhörern komplett belegt“, informierte die Ortsver-bandsvorsitzende Renate Bohl die Redaktion. Auch aus weiteren Mannheimer Ortsverbänden wa-ren Besucher gekommen. Schließ-lich hatte der Kreisverband eigens einen Bus gechartert, um alle musikinteressierten Mitglieder zum Konzert zu bringen.

Dass es überhaupt zum Auftritt der 41 Buben aus der russischen

Metropole an der Newa kommen konnte, liegt an den freundschaft-lichen Beziehungen, die der VdK Großsachsen schon seit rund 20 Jahren mit den jungen Künstlern und ihrem Leiter Wadim Ptschol-kin pflegt. Denn schon vor langer Zeit hatten der ortsansässige Ho-telier Wilhelm Grüber und dessen Nachfolger den Chor gefördert. „Und auch unser Kassierer, Stefan Adler, hat seit 25 Jahren gute Ver-bindungen zum Knabenchor aus Sankt Petersburg“, berichtete Vorsitzende Bohl der VdK-ZEI-TUNG.

Nach der Begrüßung der Kon-zertbesucher durch Renate Bohl eroberten die 41 Buben die Bühne und begeisterten mit ihren glo-ckenhellen Stimmen das Publi-kum. Zum großen Gelingen des Konzerts trugen auch die Sopra-nistin Heidrun Kordes aus Groß-sachsen sowie der Pianist Jens Schlichting bei.

Schlichting hatte das Programm mit Peter Tschaikowskis „Dezem-ber“ eröffnet und VdK-Kassier Adler führte als Moderator durchs bunte Musikprogramm. Es folgten die jungen russischen Sänger, die einen Querschnitt ihres Könnens der letzten gut 25 Jahre präsentier-ten. Denn schon seit 1992 gibt es die von Ptscholkin gegründete Chorschule, die sich im Wesentli-chen aus Spenden finanziert.

Das Konzertprogramm beim VdK umfasste geistliche und welt-liche Stücke. „Nach einem ruhigen und mehr andächtigen Start hatte das Konzert immer mehr Fahrt aufgenommen: Russische Volkslie-der, Stücke von Verdi, Orff und Händel, sowie ‚drei chaotische Scherzlieder‘, die das Publikum zum Lachen brachten und gefan-gen nahmen, außerdem – beson-ders schön – ‚The Lion sleeps to-night‘ mit großartigen Tierstim-men“, war auch Mannheims VdK-Kreispressewart Wolf Woll-stadt begeistert.

Ebenso überzeugte Heidrun Kordes mit ihren Vorträgen der Lieder von Peter Cornelius sowie – im zweiten Teil – von Schubert, Mendelssohn Bartholdy und ins-besondere von Robert Stolz‘ „Du sollst der Kaiser meiner Seele sein.“ „Da waren nicht nur Bürger-meister Manuel Just und Ehrenbür-ger Werner Oeldorf restlos von diesem grandiosen Konzert begeis-tert, auch die Mitglieder dankten den VdK-Organisatoren für dieses nicht alltägliche Ereignis und zeig-ten sich glücklich dabei gewesen zu sein“, berichtete Wollstadt der Redaktion.

Alle hoffen, dass der berühmte Sankt Petersburger Knabenchor bald wieder Station in Großsach-sen machen wird.

Wir werden sie vermissenTrauer um Josef Happ und Arthur Brauch

Der Kreisverband Tauberbischofs-heim und der Ortsverband Mondfeld trauern um Josef Happ. Der Kreis-verband Mannheim und der Orts-verband Hemsbach beklagen den plötzlichen Tod von Arthur Brauch Ende April, mit nur 70 Jahren.

Die beiden Verstorbenen haben sich jeweils viele Jahre lang ehren-amtlich für den Sozialverband VdK engagiert und wurden beide für diesen Einsatz hoch geehrt.

Josef Happ, der in der Osterzeit mit 92 Jahren verstarb, hatte zur VdK-Gründergeneration gehört und aktiv beim Aufbau des Orts-verbands Mondfeld im Raum Tau-berbischofsheim mitgewirkt. Dort lenkte er von 1957 bis Ende der 1990er-Jahre die Geschicke. Seine rund 40-jährige Führungsarbeit wurde 1999 mit der Ernennung zum Ehrenvorsitzenden gewür-digt. Und nicht nur das: Happ war auch in der konkreten Mitglieder-betreuung bei sozialrechtlichen Anliegen aktiv – eine wichtige Tätigkeit, die damals ebenfalls besonders gelobt wurde. Später folgte die Verleihung des Großen Goldenen Treueabzeichens mit Stern und noch im Februar 2018 war die 70-jährige treue Mitglied-schaft von Josef Happ mit der Bril-lant-Nadel geehrt worden.

Vorbild

Arthur Brauch hatte sich im Kreis Mannheim sowohl auf Orts- als auch auf Kreisvorstandsebene engagiert. Seinem Ortsverband Hemsbach diente er lange als Vor-sitzender, ehe er für seine Ver-dienste im Ehrenamt 2015 mit dem Ehrenvorsitz bedacht wurde. Auch im Kreisverband Mannheim, wo sich Brauch lange Zeit als Beisitzer

in die Vorstandsarbeit einbrachte, war er sehr geschätzt. Dieser Ein-satz war einst mit der Ehrenmit-gliedschaft im Kreisverband be-dacht worden.

In seinem Nachruf schrieb Kreis-vorsitzender Helmut Gaa: „Sein vielseitiges Engagement war für viele Vorbild und Ansporn. Wir sind Arthur Brauch zu großem Dank verpflichtet und werden ihm immer ein ehrendes Gedenken bewahren.“ Brauchs ehrenamtli-che Arbeit war in den letzten zehn Jahren auch mit der Silbernen und der Goldenen Ehrennadel des VdK Deutschland gewürdigt worden.

Arthur Brauch

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Zeitung Juni 2018 17Nordwürttemberg

BAWUE19 Nordwuerttemberg

„Wir haben einen Freund verloren“VdK Stuttgart trauert um Josef Brotzer

Josef Brotzer

Der VdK Stuttgart-Wangen und der Kreisverband Stuttgart trauern um Josef Brotzer. Brotzer, seit 1996 Mitglied und seit vielen Jahren an der Ortsverbandsspitze von Wan-gen, war Ende März völlig überra-schend im Alter von nur 67 Jahren verstorben. „Wir haben einen gu-ten Freund verloren“, schrieb die Kreisverbandsvorsitzende Carin E. Hinsinger in ihrem Nachruf.

Hinsinger würdigte den sehr rührigen ehrenamtlichen Mitarbei-ter, der in seinem Berufsleben Hausmeister eines Bankinstituts gewesen war, und ergänzte: „Wir vermissen Josef Brotzer sehr, hat er doch jede unserer Veranstaltun-gen mit einem Büchertisch berei-chert und immer sehr kompetent über Osteoporose und Herz-Kreis-lauferkrankungen informiert. Da war ihm keine Mühe zu groß. Auch als Mensch war er sehr zuverlässig und man konnte sich immer auf ihn verlassen“.

Gesundheitstage

Brotzer war zudem auf vielen Gesundheitstagen des Landesver-bands und anderen VdK-Kongres-sen mit seinem Osteoporose-Infor-mationsstand präsent. Stets konnte sich sein gutsortiertes Informati-onsmaterial sehen lassen. Denn mit seiner bereits 2010 verstorbe-nen Ehefrau Helga Brotzer hatte

Josef Brotzer vor rund 30 Jahren die Osteoporose Selbsthilfegruppe Stuttgart gegründet und seitdem sehr engagiert geleitet. 1991 kam auf Betreiben von Helga Brotzer und dem damaligen VdK-Landes-verbands- und Bezirksgeschäfts-führer Rolf Hertner auch der VdK-Kooperationsvertrag mit dieser Selbsthilfegruppe zustande.

Die Brotzers prägten die Osteo-porose-Selbsthilfearbeit im Groß-raum Stuttgart und darüber hin-aus. Die von ihnen organisierten Informationsveranstaltungen und Gruppentreffen stießen auf großes Interesse. Auch die „SWR-Her-zenssache“, die große alljährliche Weihnachtsaktion des Rundfunk-senders, schaute einst beim Treffen dieser Selbsthilfegruppe vorbei, ebenso namhafte Krankenkassen. Später engagierten sich beide zu-sätzlich noch in ihrem Ortsver-band Stuttgart-Wangen, den Josef Brotzer viele Jahre mit großer Be-geisterung leitete. „Er sagte immer zu mir, wie sehr ihm die Arbeit Spaß macht“, hob Kreisvorsitzen-de Hinsinger hervor.

Führungswechsel im Kreisverband HeidenheimWerner Fröhle reicht den Stab an seinen Vize Wolfgang Klook weiter – Hans-Josef Hotz dankt für ehrenamtliches Engagement

Der Kreisverbands-Ehrenvorsitzende Werner Fröhle (links) mit dem neuen Vize Gert Zipser. Fotos: VdK

Der neue Kreisvorsitzende Wolf-gang Klook.

Geschäftsfüh-rer Hans-Josef

Hotz (links) lobte die

ehrenamtliche Arbeit von

Werner Fröhle und dessen Mitstreitern.

Fünf Jahre stand Werner Fröhle an der Spitze des Kreisverbands Hei-denheim. Bei Nachwahlen Ende April wählten die rund 40 Delegier-ten aus 25 Ortsverbänden der Kreiskonferenz Wolfgang Klook zum neuen Kreisverbandsvorsit-zenden.

Fröhle, mittlerweile 77 Jahre alt, hatte aus Altersgründen den Stab an seinen bisherigen Vize weiter-gereicht. Für seine Verdienste um den Sozialverband VdK und insbe-sondere um den Kreisverband Heidenheim und den Ortsverband Mergelstetten, dem er auch weiter-hin als Vorstand dient, wurde Werner Fröhle zum Ehrenvorsit-zenden des Kreisverbands ernannt. Dabei erinnerte man auch an Fröhles frühere VdK-Ehrenämter als Kreisvize und Kreisver-

bands-Rentnerobmann, jeweils bis April 2013 und an dessen Tätigkeit als Ortsvize von Burgberg (seit 2011).

Sein Amtsnachfolger an der Kreisspitze, Wolfgang Klook (67), war früher hauptamtlicher Ge-werkschafter. Er gehört dem Sozi-alverband VdK seit 2012 an. Nur wenige Monate nach seinem Beitritt, übernahm Klook schon Verantwortung im VdK und wurde Schriftführer in seinem Ortsver-band Schnaitheim. Und von 2013 bis 2018 fungierte er als stellvertre-tender Kreisvorsitzender. Seit Fe-bruar 2017 wirkt der frühere DGB-Regionsvorsitzende für Ost-Württemberg und Ulm/Bibe-

rach als VdK-Ortschef von Schnaitheim.

Seit Ende April führt Wolfgang Klook den gut 4600 Mitglieder starken Kreisverband Heidenheim. Den freigewordenen Posten des Kreisvize besetzt seitdem Gert Zipser, der langjährige VdK-Regi-onalgeschäftsführer von Heiden-heim und später von Ulm. Lieselot-te Haag wurde daraufhin von den Delegierten zur neuen Schriftfüh-rerin und Zipser-Nachfolgerin in diesem Amt gewählt. Allen im Rahmen der Nachwahl Gewählten und Jubilar Werner Fröhle gratu-lierte Landesverbandsgeschäfts-führer Hans-Josef Hotz persönlich. Hotz überbrachte auch die Glück-

wünsche des Landesvorsitzenden Roland Sing und erhielt die Haupt-rede des Nachmittags.

Direkte Hilfe vor Ort

In seinem vielbeachteten Referat ging Hotz unter anderem auf die Bedeutung des Ehrenamts für eine soziale Gesellschaft und speziell für den Sozialverband VdK ein. „Es gibt kaum einen Verein oder eine Organisation, in der das Eh-renamt eine so große Rolle spielt, wie im VdK“, betonte er. Gerade der Vielzahl der aktiven Ortsver-bände sei es zu verdanken, dass der VdK inzwischen zu einer wich-tigen Organisation mit weit über 1,8 Millionen Mitgliedern in der Bundesrepublik herangewachsen ist. „Die Ortsverbände sind unsere Basis, die in mühsamer Kleinarbeit die Betreuung übernommen haben

und sie gelten seit der Gründung unseres Verbands bis zum heutigen Tag unverändert als unser wesent-liches Fundament“, bekräftigte er.

Der Landesgeschäftsführer wür-digte diese direkte Hilfe vor Ort, denn soziale Gerechtigkeit zeige sich nicht nur in der großen Politik auf Bundes- und Landesebene, durch staatliche Sozialleistungen und finanzielle Unterstützung, sondern sie beginne, so Hotz, auch im persönlichen Umfeld, quasi „vor der eigenen Haustür“, in unseren Städten und Gemeinden. Hans-Jo-sef Hotz wertet diesen Einsatz der VdK-Orts- und Kreisverbände als „unseren ganz persönlichen Bei-trag zur sozialen Gerechtigkeit und Demokratie“. „Das ist aber auch unsere Stärke!“, strich er in Heidenheim heraus und dankte erneut Werner Fröhle für dessen Einsatz.

Jung und Alt feierten 70. des VdK FlachtBemerkenswerter Zuwachs – Zehn Prozent der Bevölkerung Mitglied

Ortsvorsitzende Gisela Rockenfel-ler-Ziehmann und VdK-Kreischef Dr. Otto Koblinger freuen sich über ein gelungenes Fest.

Mit einem Auftritt des Kinderchors der örtlichen Grundschule startete im März die 70-Jahr-Feier des Ortsverbands Flacht. Rund 40 Kin-der der Klassen zwei bis vier brachten Leben in die Strudel-bachhalle und erfreuten die 180 Zuhörer der Jubiläumsveranstal-tung.

Neben Kinderliedern gab es mo-derne Musicalmelodien zu hören. Zum bunten Festprogramm, das die Vorsitzende Gisela Rockenfel-ler-Ziehmann für Mitglieder und Gäste organisiert hatte, gehörte auch der Auftritt der „Odeon-La-dies“. Die sieben Musikerinnen präsentierten – im Gegensatz zu den jungen – eher nostalgische Songs aus den 1920er- und 1930er-Jahren.

In ihrem historischen Rückblick erinnerte die Vorsitzende an die 14 Gründungsmitglieder und die da-mals schwierigen Lebensbedingun-gen. Auch VdK-Landeschef Roland Sing hatte in seiner Grußbotschaft, die im Saal von dem Kreisvorsit-zenden Dr. Otto Koblinger verlesen wurde, an die kriegsbedingte Not, den Verlust geliebter Menschen und den Verlust von Hab und Gut erin-nert. „Die VdK-Gemeinschaft hatte vielen Menschen ein wenig Hoff-nung und Zuversicht geben kön-nen. Der VdK brachte damals ein bisschen Licht ins von Sorgen und Nöten geprägte Alltagsgeschehen“, schrieb Sing dem Jubiläumsortsver-band.

Im VdK wird, früher wie heute, die Gemeinschaft groß geschrie-ben. Von der Selbsthilfeorganisa-

tion der Kriegsopfer hat man sich zwischenzeitlich zu einem moder-nen Freizeitverein weiterentwi-ckelt, der – neben der Beratung in sozialen Fragen – seinen Mitglie-dern viele interessante Aktivitäten bieten kann: Ausflüge, gemeinsa-me Kinobesuche, Wanderungen, Nordic Walking und vieles mehr.

„Es geht uns auch darum, aufei-nander aufzupassen und Menschen aus ihren Wohnungen herauszu-bringen in die Gemeinschaft“, hob Vorsitzende Rockenfeller-Zieh-mann gegenüber der Presse hervor und ergänzte: „Mein Motto ist miteinander Füreinander“. Dass dies bei den Menschen im Ort an-kommt, belegt der starke Mitglie-deraufschwung seit dem Jahr 2002. Damals hatte die frühere Vorsitzen-de Ursula Reich solche Aktivitäten ins Ortsverbandsprogramm aufge-nommen. Die Mitgliederzahl stieg daraufhin von rund 50 Personen

auf jetzt fast 350. Die tolle Ent-wicklung, die der Landesvorsitzen-de in seiner Grußbotschaft aus-drücklich lobte, zeigte sich auch im Festsaal: Beim Jubiläum wurden 34 Zehnerjubilare mit „Silber“ gewürdigt. Beachtliche zehn Pro-zent der Bevölkerung der Gemein-de Flacht gehören zwischenzeitlich zum Ortsverband. Der VdK Flacht gilt als einer der größten und ak-tivsten im Kreisverband Leonberg.

Den Höhepunkt der Mitglie-derehrungen markierte die Würdi-gung von Johanna Schwan. Die 70er-Jubilarin hatte 1948 als 23-Jährige zu den 14 Gründungs-pionieren gehört. In der Strudel-bachhalle durfte sie sich über das Große Goldene Treueabzeichen mit Brillant freuen.

Barrierefreiheit

Auch die bundesweite VdK-Kam-pagne „Weg mit den Barrieren!“ wurde beim Jubiläum thematisiert. Für den Abbau von baulichen und sonstigen Barrieren setzt sich auch der VdK Flacht ein, der befreunde-te Nachbarortsverband Weissach ebenfalls. Beide Ortsverbände, die kooperieren, machen sich gerade auch in ihrer Gemeinde für barri-erefreie Straßen, Plätze und Ge-bäude stark. Für sie hatte der Erste Stellvertreter des Bürger-meisters, Andreas Pröllochs, gute Nachrichten mitgebracht. Es soll, wie vom Sozialverband VdK ange-regt, eine Begehung geben, um gemeinsam die neuralgischen Punkte eruieren und später besei-tigen zu können.

Beim VdK sind Information und Aktion sowie Spaß, Unterhaltung und Geselligkeit Trumpf.

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Zeitung Juni 2018Südbaden 17

BAWUE19 Suedbaden

Erfolgreiche Arbeit vor OrtGroßes Lob für VdK Oberer Hegau

Viel Lob erntete der VdK Oberer Hegau auf der letzten Ortsver-bandsfeier im Hotel Engener Höh.

Im Namen der Ehrengäste dank-te Bürgermeister Hans Peter Leh-mann aus Mühlhausen-Ehingen für die vorbildliche und erfolgrei-che Arbeit vor Ort zugunsten der Gemeinschaft. Die Bürger wissen diesen Einsatz ebenfalls zu schät-zen. So gehören zwischenzeitlich mehr als 560 Personen zum statt-lichen Mitgliederbestand.

Grillfest im Juli

Vorsitzender Manfred Flegler erläuterte das VdK-Motto „Im Mit-telpunkt der Mensch“, und er ver-wies auf einige der für 2018 an-visierten Ortsverbandsveranstal-

tungen, wie Stammtische, oder auch das VdK-Grillfest Anfang Juli bei der Postweghütte Watterdingen.

Bei der Mitgliederehrung ging ein großes Dankeschön samt Brillant-nadel an 70er-Jubilarin Waltrada Klingele. Darüber hinaus würdigte man Gerhard Schudnagis für 25-jährige Treue und elf Zehnerju-bilare. Vorsitzender Manfred Fleg-ler und Beisitzerin Maria Winter durften sich ihrerseits über hohe Ehrungen freuen, leisten sie doch seit mehr als zehn Jahren ehren-amtliche Vorstandsarbeit.

Für Musik und Gedichtvortrag war auf der Feier ebenfalls gesorgt. So zeigte sich der Ortsverband ge-genüber seinen Mitgliedern und den zahlreichen Gästen aus Kommunal-politik, Sozialverwaltung und VdK auch hier von seiner besten Seite.

Winfried Kupferschmid neuer VorsitzenderWachablösung in Emmingen-Liptingen – Sabine Seier neue Stellvertreterin und Klaus Ackermann Ehrenvorstand

Klaus Ackermann, Winfried Kupferschmid, Emil Sprenger, Karl-Heinz Mathiebe, Sabine Seier und Monika Fischer (von links). Foto: Walter Sautter

Eine Ära ging beim VdK Emmin-gen-Liptingen zu Ende: Wie bereits seit der Jahreshauptversammlung (JHV) 2017 geplant, trat Vorsitzen-der Klaus Ackermann in der dies-jährigen Vollversammlung von seinem Amt zurück. So war der Wechsel auf den designierten Nachfolger und bisherigen Vize Winfried Kupferschmid reine Form-sache.

In der Nachwahl erhielt Kupfer-schmid (53) ein einstimmiges Vo-tum. Zu seiner Stellvertreterin wählten die Mitglieder die neue Vizin Sabine Seier, die zuvor als Kassenprüferin gewirkt hatte. Die-ses Revisorenamt übernahm Christa Thrommer.

„In dankbarer Anerkennung seiner Verdienste“, so der Kreisver-bandsehrenvorsitzende Emil Sprenger, wurde Ackermann zum Ehrenvorsitzenden des Ortsver-bands ernannt. Schließlich hatte sich Klaus Ackermann seit seinem

Beitritt im Januar 2000 ehrenamt-lich für den VdK in verschiedenen Ämtern engagiert – zunächst als Kassier, ab dem Jahr 2004 als Vor-sitzender von Liptingen und ab 2011 auch als VdK-Ortsverbands-chef des fusionierten und vergrö-ßerten Ortsverbands.

Gerne gehörte Bürgermeister Joachim Löffler zu den ersten Gra-

tulanten im Saal. Auch er dankte herzlich für den langjährigen Ein-satz und zeigte sich zufrieden über das Zusammenwachsen der beiden Ortsverbände mit aktuell 157 Mit-gliedern: „Der Kontostand ist gut und die Feste laufen wunderbar“, lobte das Gemeindeoberhaupt.

Ackermanns vorbildliche ehren-amtliche Arbeit würdigte auch der

Kreisvorsitzende von Stockach, Karl-Heinz Mathiebe. Der neuge-wählte Vorsitzende Winfried Kup-ferschmid bescheinigte seinem Vorgänger, das Amt mit „Herz, Gefühl und breitem Fachwissen ausgeübt und gelebt“ zu haben. Stets habe Klaus Ackermann auch ein offenes Ohr für die Belange der Mitglieder gehabt. Kupferschmid dankte seinem Vorgänger und schloss dabei dessen Ehefrau Mary mit ein, hatte sie doch jahrelang wertvolle Unterstützung geleistet.

Mit Blick auf den neuen Koaliti-onsvertrag sprach der neue Ehren-vorstand Klaus Ackermann von „einigen offenen Baustellen“. Auch von daher müsse der VdK weiter-hin für eine sozial gerechte Gesell-schaft eintreten.

Neben dem scheidenden Vorsit-zenden und neuem Ehrenvorstand Klaus Ackermann durften sich noch weitere verdiente Mitglieder über Ehrungen freuen. So gingen Treuenadeln an Jutta Bialek-Maier,

Dietrich und Valerie Caterbow, Peter Dietrich, Rosemarie Keller und Annerose Leiber. Das Treue-abzeichen in Gold war bereits zu-vor, außerhalb der JHV, an Maria Renner überreicht worden. Und für Monika Fischer, die aktuell für den VdK-Besuchsdienst verantwortlich ist und dem Vorstand seit 15 Jah-ren angehört, gab es eine besonde-re Auszeichnung.

Gastvortrag

In seinem Gastvortrag sprach der Leiter des Versorgungsamts beim Landratsamt Tuttlingen, Rolf Bisser, die Thematik „Schwerbe-hinderten-Ausweis“ an. Sein dafür zuständiges Versorgungsamt be-arbeite monatlich rund 100 Erst- und zirka 200 Änderungsanträge. Im Landkreis gebe es, so Bisser, mit 15 800 anerkannten Schwer-behinderten rund 3000 mehr Be-troffene als im Landesdurch-schnitt.

Willi Stoll EhrenmitgliedAuszeichnung für lange aktive ehrenamtliche Mitarbeit

Unlängst war Willi Stoll vom Orts-verband Ühlingen-Birkendorf- Grafenhausen noch selbst in Ak-tion und ehrte gemeinsam mit dem Vorsitzenden Wolfgang Duttlinger das aktive Mitglied Margit Lechlei-ter. (Die VdK-ZEiTUNG berichtete.) Kürzlich durfte sich Stoll selbst über eine hohe Ehrerbietung und Auszeichnung freuen.

Aus den Händen von Vorstand Duttlinger empfing Willi Stoll die Verleihungsurkunde für die Ehren-mitgliedschaft und Bürgermeister Christian Behringer gratulierte ebenfalls. So würdigten beide Stolls viele Jahre währende aktive ehrenamtliche Mitarbeit als Beisit-zer und als stellvertretender Vor-sitzender. VdK-Ortschef Duttlinger lobte Willi Stolls maßgeblichen

Einsatz im Rahmen der Ortsver-bandsfusion von Ühlingen-Birken-dorf und Grafenhausen. Da habe er einige Weichen gestellt und mit seiner fröh lichen und ruhigen Art habe der Jubilar viel zum guten Klima im Ortsverband beigetra-gen, betonte Wolfgang Duttlinger.

Ebenso erinnerte er an Stolls häufige Botengänge für seinen gehbehinderten Vater, der seiner-zeit ebenfalls als Ortsverbandsvize fungierte. Dadurch war Willi Stoll schon lange vor seinem VdK-Beitritt für den VdK aktiv.

Auf der gleichen VdK-Veranstal-tung würdigten die Verantwortli-chen auch Irma Frech für 25-jäh-rige Mitgliedschaft. Gerne erinner-ten sie an Frechs aktive Zeit im Vorstand auf dem Beisitzer- und dem Schriftführerposten sowie als

Bürgermeister Christian Behringer dankt Willi Stoll (rechts).

Frauenvertreterin. Ihre Zuverläs-sigkeit sei beispielhaft gewesen, lobte der Vorstand um Wolfgang Duttlinger und hob auch Irma Frechs Vorreiterrolle als eine der ersten Frauen in diesen Ortsver-bandsvorstandsämtern hervor.

Silber für erfolgreichsten MitgliederwerberLahrer Geschäftsstellenleiter Fritz Schweikart auf 70-Jahr-Feier geehrt – Café Löffel freut sich über private Spende

An Fritz Schweikart führt kein Weg vorbei. Der Geschäftsstellenleiter des Kreisverbandsbüro von Lahr machte kürzlich erneut positiv von sich reden: Er überreichte dem Café Löffel, einer Tageseinrichtung für in Not geratene Menschen mit täglich gut 50 Besuchern, eine private Spende in Höhe von 1200 Euro.

Das war die Überraschung der Ortsverbands-Mitgliederversamm-lung von Lahr. Hoch erfreut nahm Brigitte Hügel, die Leiterin des Cafés, die hohe, sehr großzügige Spende entgegen. Die Anwesenden konnten dann aus erster Hand erfahren, welche Aufgaben diese Einrichtung täglich in Angriff nimmt. Dort können arme Men-schen unter anderem eine kosten-lose Mahlzeit erhalten, Zeitung lesen, sich austauschen und menschlichen Zuspruch erfahren.

Neben der Geldspende über-reichte Schweikart Hügel noch ei-ne Kleiderspende. Denn Fritz Schweikart macht die zunehmende Armut in Deutschland Sorge. Als Geschäftsstellenleiter und Berater im Rahmen seiner täglichen VdK-Sprechstunde erfährt der 69-Jährige ebenfalls Tag für Tag von den Sorgen und Nöten vieler Menschen. Und er hilft – auch samstags – mit profunder Beratung in sozialen und sozialrechtlichen Angelegenheiten. 1600 Personen sprachen 2017 bei ihm vor. Da wundert es nicht, dass Fritz Schweikart viele zur VdK-Mitglied-schaft bewegen kann.

Ehrennadel in Silber

Mehr als 1000 Personen gehören jetzt zum Ortsverband Lahr. Be-achtliche 135 neue Mitglieder ka-men allein im letzten Jahr hinzu,

Ein Leben für das Ehrenamt

und für großzügige

Nächstenliebe: Fritz Schwei-

kart überreicht seine Spende

an Brigitte Hügel (links).

wie auch der Vorsitzende und VdK-Kreischef Roland Hailer stolz vermeldete. Geschäftsstellenleiter Schweikart gehört denn auch seit Jahren zu den landesweit erfolg-reichsten Mitgliederwerbern, war 2016 und 2017 sogar Spitzenreiter gewesen. (Wir berichteten.)

Anlässlich der 70-Jahr-Feier des Kreisverbands Lahr im Frühjahr

in der Geroldseckerhalle in Rei-chenbach, durfte sich der tatkräf-tige ehrenamtliche Mitarbeiter über eine weitere Auszeichnung freuen: im Beisein vieler hoher Ehrengäste überreichten ihm VdK-Landeschef Roland Sing und der Kreisvorsitzende Roland Hai-ler die Ehrennadel in Silber des VdK Deutschland. Schließlich hat

Schweikart bereits zwei Monate nach seinem Beitritt 1995 Verant-wortung übernommen und führt seitdem die Kasse des Ortsver-bands Lahr. Seit 1998 ist er auch Kassier des Kreisverbands und er kümmert sich seit gut 15 Jahren um die Kassenführung in Schwanau und in Friesenheim.

Im Ortsverband Schwanau steht Schweikart seit 2002 auch an der Vorstandsspitze. Darüber hinaus fungiert Schweikart seit 2001 noch als stellvertretender Vorsitzender des Ortsverbands Lahr und von Friesenheim. Trotz dieses überra-genden ehrenamtlichen Engage-ments rechnete Schweikart im Festsaal nicht mit seiner Ehrung. Und die Vorstandskollegen hatten auch bis zuletzt dicht gehalten. So war es eine gelungene Überra-schung für den verdienten Mitar-beiter. (Ausführlicher Bericht über das 70. Gründungsjubiläum folgt)

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Zeitung Juni 2018Südwürttemberg 17

BAWUE19 Suedwuerttemberg

70er-Jubilar Hans Zoller in Biberach geehrtOrtsverband feierte sein 70-jähriges Bestehen – 2018 wird im Kreis Biberach die 6000er-Marke überschritten

Josef Daiber, Georg Städele, Gerda Van der Meer, Rudi Scheffler, Leticia Locher, Hans Zoller und Vorsitzende Gabriele Kübler (von links).

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Auf sieben ereignisreiche Jahr-zehnte kann der Ortsverband Bi-berach im Jahr 2018 zurückblicken. Die Mitgliederversammlung stand deshalb ganz im Zeichen der 70-Jahr-Feier.

Die Festredner erinnerten an vergangene Zeiten und ehrten ihre treuen und verdienten Mitglieder – allen voran Hans Zoller, der mit dem Großen Goldenen Treueabzei-chen mit Brillant gewürdigt wurde. 70er-Jubilar Zoller gehörte 1948 zu den Mitbegründern in Laupheim. Er berichtete aus jener Zeit, in der Mitgliedsbeitrag 70 Pfennige be-tragen hatte.

In seiner historischen Festrede blickte Kreisvorsitzender Helmut Stebner auf die VdK-Anfangszeit speziell in Biberach zurück und erinnerte an die Ortsverbandsgrün-dung im Gasthaus „Laute“ beim Viehmarktplatz. Danach skizzierte er den Weg des VdK zum größten Sozialverband in Deutschland mit aktuell über 1,85 Millionen Mitglie-dern bundesweit und mit mehr als 5800 VdKlern in Biberach.

34 Ortsverbände zählt der Kreis-verband Biberach zurzeit, die Mit-gliederzuwächse verzeichnen, so-dass es begründete Hoffnung gibt, 2018 die 6000er-Marke zu über-schreiten. Bereits heute ist der VdK in allen Städten und Gemeinden des Landkreises vertreten und der Kreisverband Biberach ist der größte im Bezirksverband Süd-württemberg Hohenzollern.

Stebner würdigte die vielen ehren-amtlich tätigen Frauen und Männer, die Kontakt zu den Mitgliedern halten und Veranstaltungen organi-sieren. Auch etliche der zahllosen VdK-Aktivitäten der letzten sieben Jahrzehnte in Bund und Land ka-men in der Rede des Kreischefs zur Sprache. Er verwies in diesem Zu-sammenhang auf die erfolgreiche VdK-Einflussnahme auf die Politik

bei der Mütterrente, im Behinder-tenrecht oder auch bei der gesetzli-chen Pflegeversicherung.

Als großen Erfolg wertet Helmut Stebner die Verankerung der Be-hindertenbenachteiligungsverbots in Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz (GG) im Jahr 1994, nachdem der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl den VdK-Bundesverbandstag in Bonn besucht hatte.

„Wir werden weitermachen mit euch treuen Mitgliedern“, sagte Stebner an die Teilnehmer gewandt und dankte nochmals den ehren-amtlich Aktiven, ohne die es den VdK in dieser erfolgreichen Form nicht geben würde. In der heutigen Gesellschaft sei es wichtig, ehren-amtlich engagierte Menschen zu haben. Bei vielen geschehe dies still und leise, ohne dafür viel Dank zu erwarten, gab Helmut Stebner ebenfalls zu bedenken. Dem Sozialverband VdK prognos-tizierte er, auch weiterhin eine wichtige und verlässliche Größe in der Sozialpolitik in Bund und Land zu sein und sich für seine Mitglieder einzusetzen.

Ortsverbandsvorsitzende Gabri-ele Kübler führte die Totenehrung für verstorbene Mitglieder durch. Es folgte ein Rückblick auf 2017 und ein Ausblick auf die VdK-Aktivitä-ten in 2018. Neben einer Vier-Ta-ges-Ausfahrt im Frühjahr nach Südtirol und zum Gardasee soll es im September einen Tagesausflug, zudem einige Messeaktivitäten ge-ben. Dank der guten Arbeit stand der einstimmigen Entlastung der Vorstandschaft, vorgenommen vom Kreisverbands-Ehrenvorsitzenden Dieter Weik, nichts im Wege.

Ehrungen

Bei den Mitgliederehrungen durf-ten sich neben 70er-Jubilar Hans Zoller, noch die 40er-Jubilarin Her-ta Schmidt und die „25er“ Josef Daiber, Margarethe Feller, Elisa-beth Föhr, Inge Heider, Wolfgang Herder, Franz Hipp, Johanna Hipp, Leticia Locher, Rosemarie Müller, Rudi Scheffler, Georg Städele, Er-win Stemmer, Eva Stemmer und Gerda Van der Meer über goldene Nadeln und Ehrenurkunden freuen.

„Vertrauen wir auch in Zukunft auf den VdK“Kreischef Horst Vahsen erinnerte bei 70er-Feier an die Anfänge in Calw

Bürgermeister Matthias Leyn, Ehrenvorstand Georg Wiest, Landeschef Roland Sing, MdL Thomas Blenke, Dezernent Norbert Weiser und Kreischef Horst Vahsen (von links). Foto: Sandra Hertha/VdK

„Vertrauen wir auch in Zukunft auf diesen VdK, und bauen wir mit Mut und Zuversicht weiter an einer so-lidarischen Gesellschaft“, betonte Horst Vahsen auf der 70-Jahr-Fei-er seines Kreisverbands Calw in Schömberg. Dort erinnerte der Kreisvorsitzende in seinem histori-schen Rückblick auch an seine drei Amtsvorgänger.

In der Anfangszeit, als der VdK eine Interessenvertretung der Kriegswitwen und der Kriegsbe-schädigten war, hatte Heinrich Soulier Aufbauarbeit geleitet, ehe Rolf Kömpf – 1948 bereits Kassier – ab 1966 und bis 1998 32 Jahre lang, und in einer schwierigen Phase, die Führung inne hatte. Dann folgte Karlheinz Bobzien, der nach schwerer Krankheit viel zu früh verstarb.

Seit 2004 lenkt Horst Vahsen die Geschicke des sieben Ortsverbän-de umfassenden Kreisverbands Calw, der aktuell 3340 Personen zählt und ebenfalls eine ansteigen-de Mitgliederentwicklung vorwei-sen kann. In seiner Rede hob Vahsen mit Blick auf seine Amts-vorgänger hervor: „Jeder hat in seiner Zeit und mit seinen Mög-lichkeiten an einer Erfolgsge-schichte mitgeschrieben, auf die wir heute mit Stolz zurückblicken können.“

Viele Gäste

Horst Vahsen freute sich, dass unter den rund 100 Mitgliedern und Gästen auch die beiden Wit-wen Paula Kömpf und Rosemarie Bobzien waren. Ebenso konnte Vahsen unter anderem Bürger-meister Matthias Leyn, die Bun-destagsabgeordnete Saskia Esken (SPD) und den Landtagsabgeord-neten Thomas Blenke (CDU) sowie vom Landratsamt Calw Sozialde-zernent Norbert Weiser willkom-

men heißen, des Weiteren den Kreisseniorenratsvorsitzenden Hansjörg Hummel. Außerdem er-wiesen Landeschef Roland Sing, Bezirksgeschäftsführerin Sandra Hertha und die Bezirksverbands- Ehrenvorsitzenden Georg Wiest und Baldur Morr sowie weitere Gäste dem Jubiläumskreisverband ihre Reverenz.

Ebenso war Ursula Sing, die Ehefrau des Landesverbandsvor-sitzenden, präsent. Mit ihrem reich bestückten Verkaufsstand mit selbst gebastelten Geschenkarti-keln und allerhand nützlichen Dingen konnte sie den beachtli-chen Erlös von rund 550 Euro er-zielen. Er wird für krebskranke Kinder gespendet.

„Ehrenamt lässt sich in vielfälti-ger und kreativer Form ausüben“, betonte Roland Sing bei seiner großangelegten Festrede, die auch auf die sozialpolitischen Inhalte des Koalitionsvertrags einging. Da hob der bisherige VdK-Deutsch-land-Vizepräsident einmal mehr hervor, dass die Rentenpolitik künftige Generationen vor Alters-armut bewahren soll. Mit Blick auf die Wohnpolitik stellte Sing klar: „Es ist eine riesige soziale Frage, nicht nur Wohnraum zu bekom-men, sondern ihn sich auch leisten zu können“.

Der Landesvorsitzende brachte in seinem Vortrag auch die Hoff-nung zum Ausdruck, dass der bisherige Zusatzbeitrag allein zu-lasten der gesetzlich Krankenver-sicherten bald gestrichen wird, wie es der Koalitionsvertrag momen-tan vorsieht. Außerdem sprach sich Sing auf der Jubiläumsfeier dafür aus, allgemeine Steuermittel für gesamtgesellschaftliche Auf-gaben wie beispielsweise die Fi-nanzierung der Mütterrente ein-zusetzen.

Beratungsnetz

„Es ist ein Glück, dass es den VdK für unseren Landkreis gibt. Wir haben eine tolle Kooperation“, lobte Dezernent Weiser in seinem Gruß-wort. Bürgermeister Leyn sieht die Rolle des VdK gerade auch im menschlichen Miteinander und be-tonte: „Gerade in diesen rasanten Zeiten, in denen jeder zweite Satz scheinbar mit Digitalisierung be-ginnt, erscheint es umso wichtiger, dass die Bedürftigkeit einzelner Schicksale nicht in den Hintergrund rückt“. Beeindruckt vom unter Horst Vahsen ausgebauten VdK-Be-ratungsnetz im Raum Calw sagte MdB Esken: „Der Verband wird als soziales Gewissen gebraucht und ich rate Jüngeren, hört den Älteren zu.“

Dank an Pionier Kurt SchmutzKreis Tuttlingen feierte 70. Gründungsjubiläum

Jürgen Neumeister

zeichnet Kurt Schmutz im Beisein von

Gertrud Labor aus (von links).

Großer Dank auch an Kreisvorsitzen-de Elfriede Maurer für 20 Jahre Ehrenamt;links im Bild Sozialrechts- referentin Melanie Merziger.

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Einen der Höhepunkte der 70- Jahr- Feier des Kreisverbands Tutt-lingen in Fridingen markierte die Ehrung der Gründungsmitglieder aus den einzelnen Ortsverbänden.

Von den hochbetagten VdK-Pio-nieren konnten leider alters- oder krankheitsbedingt die 70er-Jubil-are Elisabeth Stettler (Spaichin-gen), Ernst Neipp (Trossingen), Heinz Lorenz (Tuttlingen), Alfred Stehle (Tuttlingen), Hermann Mauch (Seitingen-Oberflacht) und Franz Prinz (Tuttlingen) nicht da-bei sein. Nur Pionier Kurt Schmutz aus Möhringen, der im Juli seinen 93. Geburtstag hat, konnte sein Großes Goldenes Treueabzeichen mit Brillant im Festsaal persönlich

entgegennehmen. Bezirksver-bandsvorsitzender Jürgen Neu-meister überreichte die höchste VdK-Treuenadel von Baden-Würt-temberg persönlich. Zu den aller-ersten Gratulanten gehörte Ger-trud Labor, die Vorsitzende von Möhringen. Sie war über die Eh-rung ganz besonders erfreut. Schließlich ist Jubilar Schmutz in ihrem Ortsverband auch mit mehr als 90 Lenzen weiterhin als Kassier aktiv. Kurt Schmutz ist nach die-sen vielen Jahren im Ehrenamt auch Träger der Goldenen Ver-dienstnadel des Landesverbands und Inhaber der Silbernen Ehren-nadel des VdK Deutschland. Diese hohen Auszeichnungen wurden schon 1987 sowie 2009 verliehen.