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ADHS und Gymnasium Bedeutung des Phänomens im schulischen Alltag Dr. med. S. Springer Kinderarzt, Kinder- und Jugendpsychiater Chefarzt der Klinik Hochried, Murnau Lehrerfortbildung, Weilheim 2013

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ADHS und Gymnasium

Bedeutung des Phänomens im schulischen Alltag

Dr. med. S. Springer

Kinderarzt, Kinder- und Jugendpsychiater

Chefarzt der Klinik Hochried, Murnau

Lehrerfortbildung, Weilheim 2013

ADHS und Gymnasium

ADHS

Autismus

Sprach-

störungen

geistige

Behinderung

Sozialverhaltens-

störungends

emotionale

Störungen

Ticstörungen/

Zwangsstörungen

Differentialdiagnosen…und…Komorbidität

ADHS – Komorbidität

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ADHS – Komorbidität• 85% mindestens 1 Störung begleitend (60% mind. 2)

• sehr häufig (mehr als 50 %)

– Störung mit oppositionellen Trotzverhalten

oder Störung des Sozialverhaltens

• häufig (bis zu 50 %)

– spezifische Lernstörungen (und Lern-/ geistige Behinderung)

– Angststörungen

– entwicklungsbezogene Koordinationsstörungen

• seltener (bis 20 %)

– Tic-Störungen

– depressive Störungen

– autistische Störung

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ADHS – Leitsymptome• Kardinalsymptome:

– Aufmerksamkeitsstörung

– Überaktivität

– beide Symptome situationsübergreifend

– Beginn vor dem 6. Lebensjahr

• Begleitsymptome

– Distanzlosigkeit in sozialen Beziehungen

– soziale Impulsivität

– reduziertes Gefahrenbewusstsein

– motorische Unruhe (ADS – ADHS)

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ADHS – Symptome Säuglinge

• viel und schrilles Schreien

• ständige Bewegung

• Reizbarkeit

• Ess- und Schlafprobleme

• Ablehnung von Körperkontakt

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ADHS – Symptome Kleinkind

• plan- und rastlose Aktivität, destruktiv

• ausgeprägte Trotzphase

• reduziertes Gefahrenbewusstsein

• im Kindergarten: stört, nie entspannt

• soziale Isolation

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ADHS – Symptome Grundschule

• starke Ablenkbarkeit, wenig Ausdauer, keine Ordnung

• hält sich nicht an Regeln

• ständiger Streit, keine dauerhaften sozialen Bindungen

• extreme Stimmungsschwankungen

• geringe Frustrationstoleranz

• Ungeschicklichkeit, häufig Unfälle, kein Angstgefühl

• Lern-, Leistungsprobleme

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ADHS – Symptome Jugendliche

• Probleme der Pubertät in verstärktem Maße

• Ablehnung durch die Umwelt, gestörtes Selbstwertgefühl

• oft Selbstgefährdung und Leistungsverweigerung

• stark vermindertes Selbstwertgefühl, Depressionen

• Neigung zu Dissozialität, Kriminalität und Drogensucht

• Schwierigkeiten in der Berufswahl und im Beruf

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ADHS – Symptome Erwachsene• Aufmerksamkeits- und Konzentrationsproblem bleibt

• Schusseligkeit, Vergesslichkeit

• Unbeständigkeit von beruflichen und sozialen Bindungen

• Hyperaktivität wird zu Inaktivität und Nervosität

• Stimmungsschwankungen, Ungeduld, Jähzorn, Sucht

• fehlende Ausdauer, Egoismus und Großzügigkeit

• d.h. auch positive Eigenschaften: Phantasie, Kreativität,

grenzenlose Einsatzbereitschaft, Spontaneität,

Gerechtigkeitssinn und Hilfsbereitschaft

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ADHS - Diagnosestellung

Methodik Diagnose- und Therapiebeurteilung

• ADHS ist eine qualitative Diagnose, die gestellt wird

durch den Nachweis einer diagnosetypischen

Verhaltenskonstellation

• ADHS ist nicht quantitativ messbar (wie z.B. der IQ oder

Teilleistungsstörungen)

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ADHS - Diagnosestellung

Methodik Diagnose- und Therapiebeurteilung

• Berichte von Eltern, Lehrern, Erziehern

• FBB-HKS, andere Verhaltensbögen

• Leistungsnachweise, Zeugnisse, Schulnoten/ -verlauf

• Heftführung, Schriftbild

• Ausschlussdiagnostik: IQ, TLS, Somatik

• Verlaufsbeurteilung mit Ansprechen auf Therapie

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Joel Nigg (2006), What Causes ADHD?

genetische Ursachen(familiäre Häufung)

niedrigesGeburtsgewicht

Alkohol in derSchwangerschaft

Rauchen in derSchwangerschaft

perinataleKomplikationen

andere Ursachen (z.B.Intoxikationen)

Geburtsgewicht

AlkoholRauchen

perinatal

andere

genetisch

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ADHS - Ursachen

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ADHS und Gymnasium

Grundprinzipien: 1. Zusammenarbeit

2. zentrale Rolle der Schule

Eltern

Therapie

Jugendhilfe

Schule

Umfeld

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ADHS - Behandlung

ADHS - Behandlung

• Therapieziele

• Aufklärung

• Verringerung der Symptomatik/ Komorbidität

• soziale Integration

• stabiles Selbstwertgefühl

• Bewältigungsstrategien (Patient, Eltern, Lehrer etc.)

• Sicherstellung Schulausbildung und Berufsausbildung

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ADHS - Behandlung

• Therapievoraussetzungen

• individueller Therapieplan

• Absprache mit Eltern, Kind, Therapeuten und Schule

• Koordination bei einem Kinder-/ Jugendpsychiater oder

einem gut ausgebildeten Kinderarzt

• kein ständiger Arzt- und Therapeutenwechsel

• regelmäßiges Überprüfen der Diagnose

• Teamwork !

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ADHS - Behandlung

• Therapieplanung

• Therapieziele festlegen

– wo liegen die hauptsächlichen Probleme?

– in der Familie, in der Schule, bei den Hausaufgaben,

– in der Motorik, im Sozialverhalten?

• Planung der entsprechenden Therapie:

– Elternberatung

– Psychomotorik, Ergotherapie, Heilpädagogik

– Psychotherapie, Familientherapie

– medikamentöse Therapie etc.

• regelmäßige Begleitung des Kindes und der Eltern

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ADHS und Gymnasium

ADHS - Behandlung

Therapiestrategien

1. Ursachensuche Überlegenheit

2. Umfeldarbeit/ Elternarbeit nichtmedikamentöser

3. Verhaltenstherapie Verfahren !!!

4. Medikation (intermittierend)

1. unaufmerksam Methylphenidat, Atomoxetin

2. aggressiv-impulsiv Risperidon, Pipamperon, Benzodiazepine

3. unruhig-stimmungslabil Atomoxetin, Buspiron, SSRI

4. unruhig-impulsiv Methylphenidat + Risperidon (1)

Quelle: Fegert, Vortrag 2007

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ADHS - Behandlung

Eltern:• Psychoedukation

• Elterntraining

• Familientherapie

Patient:• Psychoedukation

• Verhaltenstherapie

• Pharmakotherapie

• Heilpädagogik

• Psychomotorik

• Ergotherapie

• sensorische Integration

• Biofeedback

• Sprachtherapie

• LRS-Therapie,

• Kinesiologie, Homöopathie,

Umfeld Schule/ Kiga:• Psychoedukation

• Verhaltensintervention

• Beratung und Vermittlung !!!

• Sozialberatung

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ADHS - Medikation

Pro und Contra

• Pro:

– Verbesserung der Aufmerksamkeit

– Verbesserung der schulischen Leistungsfähigkeit

– sekundäre Verbesserung von Unruhe und Verhalten

• Contra:

– nur bei 2/3 der Kinder wirksam

– Nebenwirkungen häufig

– begrenzte Wirkdauer (4h; retard 8-10h)

– keine direkte Wirkung auf Verhaltenssteuerung

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• Konzentrationstraining

• Entspannung und Bewegung

• Arbeitsplatzgestaltung

• Verhaltenssteuerung (Loben)

• …ADHS und Gymnasium 20

Behandlung – praktische Tipps

Alterstypische Konzentrationsspanne

• 5 – 7 Jahre: 15 Minuten

• 8 – 9 Jahre: 20 Minuten

• 10 – 12 Jahre: 25 Minuten

• ab 12 Jahre: 30 Minuten

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Behandlung – praktische Tipps

Maßnahmen zur Konzentrationsförderung

• Bewegung und Entspannung

• Voraussetzungen für eine effektive

Aufgabenbewältigung

- Regeln und Strukturen

- Arbeitsplatzgestaltung

- Lösungsstrategien

• Loben

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Behandlung – praktische Tipps

Bewegung und Entspannung

• Täglicher Bewegungsausgleich (z.B. Besuch von

Spielplätzen, gemeinsame sportliche Aktivitäten)

• Regelmäßige Entspannungsmöglichkeiten (z.B.

Vorlesen von Geschichten oder Rätseln,

Massagegeschichten, Hören von

Entspannungsmusik, Malen…)

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Behandlung – praktische Tipps

Entspannung warum?

• Entspannung ist Voraussetzung für Konzentration

• Entspannung ermöglicht das Erkennen von

Selbststeuerungsfähigkeit

• unruhige und lebhafte Kinder lernen das Gefühl der

Ruhe kennen

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Behandlung – praktische Tipps

Arbeitsplatzgestaltung

• gleichbleibende Arbeitszeit (Rhythmisierung und

Transparenz des Stundenplans)

• Frischluft

• gute Lichtverhältnisse

• gleichbleibender, ruhiger Arbeitsplatz

• aufgeräumter Arbeitsplatz

• angemessene Sitzhaltung

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Behandlung – praktische Tipps

Aufgaben-Lösungs-Strategien

• Aufgaben schrittweise lösen…

• Fragen Sie das Kind: „Was sollst Du tun?“

• Fordern Sie das Kind auf, die Aufgabe zu erklären

• Lassen Sie sich Schritt für Schritt zeigen, wie das Kind die Aufgabe bearbeitet

• Loben Sie das Kind für jeden kleinen Schritt, der richtig ist

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Behandlung – praktische Tipps

Tipps zum Loben

• kleine Schritte loben

• beim Loben genau sagen, was gut war

• sofort loben, wenn erwünschtes Verhalten auftritt

• so oft loben, wie es geht

• authentisch loben

• Kritik und Lob nicht miteinander vermischen

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Behandlung – praktische Tipps

ADHS und Gymnasium

Klinik Hochried

– Kinderklinik

– Kinder- und Jugendpsychiatrie

– Rehabilitation

– Schulen

– Frühförderung

…Kontakt für Alle:

ww.klinikhochried.de

[email protected]

Tel. 08841- 474 0 (oder 1304)

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