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    Magazin fr Auen- und Sicherheitspolitik

    ADLAS Ausgabe 2/20126. Jahrgang

    B U N D E S V E R B A N D S I C H E R H E I T S P O L I T I K A N HO C H S C H U L E N

    SCHWERPUNKT

    KRIEG UND SPIELEISSN 1869-1684 www.ad las -magazin. de www.si cherhe itspol it ik.de

    http://www.adlas-magazin.de/http://www.adlas-magazin.de/http://www.adlas-magazin.de/http://www.sicherheitspolitik.de/http://www.sicherheitspolitik.de/http://www.sicherheitspolitik.de/http://www.sicherheitspolitik.de/http://www.adlas-magazin.de/
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    Wo liegt die Grenze zwischen Simulation und Realitt? Sind Spiele Spaoder sind sie Lern- und Ausbildungsmittel? Fragen wie diese lassen sich wohlschon lange nicht mehr eindeutig beantworten, homo ludens hat lngst dasSchlachtfeld erobert: Er spielt militrische Gewalt nach, sei es in klassischenBrettspielen, in computergesttzten Strategie- oder gar Baller-Spielen.Daneben simuliert er aber auch Kriege und Krisen im Vorneherein, um sich

    besser auf sie vorzubereiten, oder um sie zu vermeiden, bevor sie ausbrechen.Und inzwischen scheint Krieg selbst zum Spiel zu werden, wenn er wie

    Falle von Drohnenpiloten oder Gunship-Schtzen nur noch am Monitorstattfindet. Im Zielgebiet indes bleiben die Auswirkungen solcher nur anschei-nenden Virtualitt sehr real: Fr die Getroffenen bedeutet Game OverVerwundung und Tod (Seite 27).

    Auch wenn unbemannte Systeme echte Soldaten nicht ersetzen werden,sind Simulationen und Digitalisierung in Zukunft nicht mehr wegzudenken.Als Rekrutierungswerkzeug wecken Spiele Interesse am Soldatsein wie dasUS-Militr mit Americas Army auch der Bundeswehr vormacht (Seite 23).

    Software vermittelt auch taktisches Denken, aber eine echte Ausbildung bietetdas Wohnzimmerkriegsspiel nicht. Streitkrfte selbst sind bestrebt, dass ihreTrainingssimulationen der Realitt am nchsten kommen mit Wechselwir-kungen auf die Unterhaltungsindustrie, wie Spieledesigner Ivan Buchta imGesprch mitADLAS besttigt (Seite 19).

    Die ADLAS-Reihe zu Cyber-Security fragt in dieser Ausgabe, ob den Bedro-hungen aus dem Digitalen mit Konzepten aus dem Kalten Krieg beizukommenist (Seite 54). Lassen sich Hacker militrisch abschrecken?

    Inwiefern Fotografien und Operational Security unter einen Hut zu brin-gen sind, wurde jngst in der sicherheitspolitischen Bloglandschaft Deutsch-

    lands, wie bei Thomas Wiegolds Augengeradeaus, intensiv debattiert. UnserInterview mit Basetrack-Initiator Teru Kuwayama greift das brisante Themanoch einmal auf (Seite 71).

    Sebastian Ldtke und Martin Pospiech berichten fr uns ausfhrlich zumChicago-Gipfel der Nato: Wie zu erwarten stachen Afghanistan (Seite 87),Smart Defence aus der Tagesordnung hervor, aber auch die Partnerschaftmit Australien (Seite 82).

    EDITORIAL

    Inzwischen scheint der Krieg selbstzum Spiel zu werden

    jedenfalls fr die, die ihn

    am Monitor fhren.

    HERAUSGEBER

    Tite

    lfoto:USAirForce/ValGempis

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    7 PLANSPIELE: Wenn Behrden Krise BenIn Sachen Konfliktsimulation hat Deutschland eine lange, teilsproblematische Tradition und einigen Nachholbedarf.

    12 NOTIZ / PLANSPIELE: Er wollte doch nur spielen

    13 AUTHENTIZITT: PC statt KameraFotojournalist John Cantlie stellte seine Kriegsbilder mit einerSpieleengine nach. Das Ergebnis gibt zu denken.

    19 TAKTIKSHOOTER:

    Es macht uns Spass, fiktive UmgeBungenzu faBrizieren

    Kreativdirektor Ivan Buchta zum Unterschied zwischen Spiel undSimulation, privaten Gamern und militrischen Grokunden

    23 PERSONALWERBUNG: Ungenutzte VersuchungWie die Bundeswehr im Zeitalter von Cyberwar und Drohnen aufinteraktive Medien zur Nachwuchsgewinnung setzen knnte

    27 FERNSTEURUNG: Joystick statt ABzugVirtuell gettet, real gestorben der Krieg wird zunehmend zum Computerspiel.

    31 REALITTSNHE: Manver war gesternWie Simulationen Denken und Handeln beeinflussen

    34 NOTIZ / TRAININGSSOFTWARE: Vom Grnen Rasen kopiert

    35 PROFIL: Ein Offizier und SimulantLarry Bond ist in den USA die graue Eminenz unterden Militrspieleentwicklern.

    INHALT

    Echtheit Seite 13

    Rekrutierung Seite 23

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    SCHWERPUNKT: KRIEG UND SPIELE

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    38 BRETTSPIELE: Schwere Kost fr PappgenerlePersian Incursion simuliert einenLuftschlag Israels gegen das iranische Atomprogramm.

    41 THEORIEERFAHRUNG: Mackinders ErBenLehren uns Computerspiele geopolitisches Denken?

    Die Civilization-Reihe ist dafr ein Musterbeispiel.

    46 GEWALTDARSTELLUNG:

    Der Tod im Spiel ist vor allem ein AnfangMedienpdagoge Martin Geisler erlutertden Zusammenhang von Kriegsspielen und Gesellschaft.

    51 KOMMENTAR: Wenn Gewalt aBscheulich wirdSind Videospiele zu brutal? Immer mehr Stimmender Branche ben Selbstkritik.

    54 ABSCHRECKUNG: Nichts ist unmglich?Die Strategie des Kalten Krieges ist keineswegs einfach aufden Cyberwar bertragbar.

    58 NOTIZ / HACKTIVISMUS: Unter falscher Flagge

    59 ISLAMISTISCHER TERRORISMUS: Abujas OhnmachtNigerias Norden droht Aktionsgebiet Al-Qaidas zu werden.Doch der Staat reagiert zu langsam.

    66 RADIKALISIERUNG: Auer KontrolleExtremistische jdische Siedler im Westjordanland attackierennicht regelmig nur Palstinenser,sondern immer fter auch die israelische Armee.

    INHALT

    SterBen Seite 46

    Nigeria Seite 59

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    REIHE: CYBER-SECURITY

    DIE WELT UND DEUTSCHLAND

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    INHALT

    2 EDITORIAL

    3 INHALT

    45 WELTADLAS

    96 LITERATUR

    97 IMPRESSUM UND AUSBLICK

    71 KRIEGSBERICHTERSTATTUNG:

    Aus Operationssicherheit ein Schreckgespenst zukonstruieren, ist nicht hilfreichBasetrack-Initiator Teru Kuwayama ber die Erfahrungseines Sozialen-Netzwerk-Projekts mit der US-Marineinfanterie

    77 NOTIZ / RSTUNG: Hormuz-Straenkmpfer

    78 NATO-GIPFEL I: ber- oder Tiefflieger?Das Treffen in Chicago hat eine bewusst bescheidene Bilanz.

    82 NATO-GIPFEL II: Mehr mit wenigerAngesichts klammer Staatshaushalte will das Bndnis Ressourcenbesser nutzen und die Zusammenarbeit mit Partnern strken.

    87 NATO-GIPFEL III: Rckzug und Kehrtwende

    Ist der Libyen-Einsatz das Zukunftsmodell fr dietransatlantische Allianz?

    92 US-FORSCHUNG: Traumfabrik des PentagonDie Defense Advanced Research Projects Agency Profil einer ungewhnlichen Behrde

    BEDIENUNGSANLEITUNG: Liebe Leserinnen und Leser,

    wussten Sie schon, dass Sie sich durch denADLAS nicht nur blttern,sondern dass Sie sich auch durch unser eJournal klicken knnen?Neben den Internetverknpfungen, denen Sie ber unsere InfoboxenQuellen und Links in das World Wide Web folgen knnen, ist jedeAusgabe unseres Magazins intern verlinkt.ber das Inhaltsverzeichnis knnen Sie durch das Heft navigieren:

    Klicken Sie hier einfach auf einen Eintrag, oder das Bild dazu, und schonspringen Sie in unserem PDF-Dokument auf die gewnschte Seite.Am Ende eines jeden Beitrags finden Sie die Text-Endzeichenoder einen Autorennamen. Klicken Sie einmal darauf und schonkommen Sie wieder auf die Seite im Inhaltsverzeichnis, von der aus Sie inden Beitrag gesprungen sind. Welchen Weg Sie auchbevorzugen wir wnschen Ihnen eine interessante Lektre!

    Gipfeltreffen Seite 78

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    KRIEG UND SPIELE

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    Menschen spielen Soldatnicht erst, seit es

    Ego-Shooter gibt.Kriegsspiele sind ein

    altbekanntes

    Kulturphnomen imSpannungsfeld zwischenRealitt und Virtualitt.

    Darf militrischeGewalt Spa machen?

    Der Klassiker unter den Kriegsbrettspielen:Risiko stammt ursprnglich aus dem Jahr 1957.

    VOM SANDKASTENBIS ZUM

    TAKTIKSHOOTER

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    on. Galt im Barock noch Schach als das Knigs-spiel in der Disziplin Strategie, entwickelte 1780der Braunschweiger Mathematiker Johann Christi-an Ludwig Hellwig das nach ihm benannteHellwig-Spiel. Es war immer noch zweidimensi-onal wie das Schachbrett, mit 1.666 Feldern aber

    weitaus grer. Die Felder besaen zudem unter-schiedliche Gelndebeschaffenheiten, die entspre-

    chende Auswirkungen auf die Fortbewegung derdurch Figuren dargestellten Truppenteile hatten.Darauf aufbauend konzipierte der preuischeKriegsrat Georg Leopold von Reiswitz fr FriedrichWilhelm III. im Jahr 1812 einen umfangreichenSpieltisch mit Karten, Holzbausteinen, Figurenund detaillierter Anleitung. In dreidimensionalerUmgebung sollten so denkwrdige Schlachtthea-

    KRIEG UND SPIELE: PLANSPIELE

    >>

    kann aber als didaktischer Leitsatz jeder bungund Simulation verstanden werden. Wenn heut-zutage Weiterbildung auf Handlungsorientierunggetrimmt, Fachwissen als eine Kategorie ber-greifender Handlungskompetenz gefasst undDruckbetankung durch Frontalunterricht als Aus-laufmodell alter Schule betrachtet wird, dannbieten Planspiele eine praktische Methode, vor-

    handenes Wissen zu vertiefen und neues zu er-werben. Hier knnen eigene Entscheidungen ge-troffen und Konsequenzen des Handelns erfahren

    werden ohne dass die Entscheidungen in derSimulation sofortige Konsequenzen in der Reali-tt hervorrufen.

    Die Methode ist indes nicht neu komplexeKonfliktlagen simuliert zu lsen hat lange Traditi-

    Mit Planspielen versuchen staatliche Behr-den weltweit, sich schon vor Eintritt desErnstfalls auf mgliche Krisenszenarien vor-zubereiten und bereits bestehende Mechanis-men zur Bewltigung an die sich stetig wan-delnden sicherheitspolitischen Herausforde-rungen des 21. Jahrhunderts anzupassen. Mitihren Vorlufern, den klassischen Kriegsspie-

    len der Generalstbe, haben sie heutzutagenur noch wenig gemein.

    >> Was du mir sagst, das vergesse ich. Was du

    mir zeigst, daran erinnere ich mich. Was du michtun lsst, das verstehe ich. Es ist historisch nichtberliefert, ob der chinesische Philosoph Konfu-zius auch Planspiele durchfhrte. Sein Ausspruch

    Foto:BMI/Hans-Joachim

    M

    .Rickel

    FotovorherigeSeite:EmmanuelKeller/lizensiertgem

    CreativeCommocnsAttribu

    tion-NoDerivs2.0Generic

    WENN

    BEHRDENKRISEBEN

    von Bjrn Hawlitschka und Stefan DllingStabssitzung whrend der LKEX 2011.

    http://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/
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    ter aufgefhrt werden, um den Regenten im stra-tegischen Denken und Handeln zu schulen. DiesesKriegsspiel sollte aber nicht den Knigen vorbe-halten bleiben, sondern etablierte sich schnell alsAusbildungsbestandteil des preuischen Offiziers-korps. Damit begann eine steile Karriere der

    Kriegsspiele im neunzehnten Jahrhundert, die sichnicht nur auf Preuen beschrnkte. Die britischeArmee begann 1872 mit der Konzeption vonKriegsspielen nach preuischem Vorbild. In denUSA verffentlichte der Offizier Charles AdelleLewis Totten 1881 sein Buch Strategos: AmericanGames of War und fhrte darin zum ersten Maldie Funktion eines Spielleiters ein.

    Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Kriegs-spiele international weit verbreitet, um Auswir-

    kungen militrischer Konflikte zu simulieren. Diedurch die Simulationen erhaltenen Rckschlssewurden dabei hufig direkt in die tatschlichenKriegsplne integriert. Generaloberst von Moltketestete beispielsweise in zahllosen Planspielenden spter zu trauriger Berhmtheit gelangtenSchlieffen-Plan, der daraufhin bis zum Kriegsaus-bruch 1914 mehrfach modifiziert wurde. Dieserbis dahin vermutlich am intensivsten bebteSchlachtplan der Weltgeschichte wurde trotz al-ler Planspiele bekanntlich dennoch ein Fehl-

    schlag. Mit der Wirklichkeit des Ersten Weltkrie-ges konfrontiert, offenbarten sich schnell dieSchwchen der ausgeklgelten preuischen Si-mulationsmethode. Denn Figuren, die nicht zumSet eines Spiels gehrten und damit nicht mitbercksichtigt wurden, zeigten in der Realittentscheidende Wirkung so zum Beispiel belgi-sche Zivilisten, die Eisenbahnlinien zerstrten.

    Mit Asymmetrie konnten die ausgeklgelten Re-gelwerke aber nicht umgehen.

    In Grobritannien hatte man dieses Problemvor dem Hintergrund der Burenkriege bereits ei-nige Jahre vorher erkannt. Die in Sdafrika ge-machten Erfahrungen fhrten zu der Einsicht,

    dass psychologische und politische Aspekte der

    Kriegsfhrung sich am grnen Tisch kaum simu-lieren lieen. Folglich erlahmte der Enthusias-

    mus der britischen Militrs fr Planspiele im Ver-gleich zu ihren deutschen Kollegen erheblich.Parallel dazu begann Anfang des zwanzigsten

    Jahrhunderts die Privatisierung der Kriegsspiele,an welcher kein geringerer als H. G. Wells ganzentscheidenden Anteil hatte. Mit seinem BuchLittle Wars von 1913 legte er den Grundstein frzahllose nachfolgende Strategiespiele, etwa das1953 von Charles S. Roberts entwickelte Tactics

    oder das 1959 von Allan B. Callhamer verffent-lichte Diplomacy, welche auch heute noch Hob-

    by-Strategen auf der ganzen Welt lange Nchtebereiten. In den 1960er Jahren entsprangen derflorierenden Wargaming-Szene dann die Penand Paper-Rollenspiele fr Science-Fiction- undFantasyfans, bei denen das Spielbrett gnzlichentfiel und durch die Imagination ersetzt wurde.

    Fr die staatliche Seite entwickelte in den USAdas Project RAND (Research and Develop-

    ment), Vorlufer der heutigen RAND Corporati-on, nach dem Zweiten Weltkrieg das Prinzip derKriegsspiele weiter. Dabei wurde 1954 auch erst-mals ein Computer zur Ausgangsberechnung ein-gesetzt. Ein Jahr spter nderte RAND jedoch sei-ne Strategie, denn auch der Einsatz der damali-

    gen Computertechnik machte es nicht mglich,

    psychologische Komponenten zu erkennen undzu berechnen. Wann immer man in der Folge die

    Komplexitten internationaler Politik durchspie-len wollte, setzten sich wieder menschliche Teil-nehmer in den Rollen politischer Fhrer an einenTisch, um Konflikte zu simulieren. Im Bereich derklassischen Kriegsspiele erlebte die Computersi-mulation dann in den 1970er Jahren, aufgrundjetzt deutlich grerer Rechenleistungen, nocheinmal Auftrieb und erreichte spter mit demForschungsprogramm Strategic Defense Initiati-

    ve einen, eher absurden, Hhepunkt. Da neueWaffentechnologien zur Massenvernichtung

    nicht mehr unter realen Bedingungen getestetwerden konnten, verlagerte sich die Erforschungund Entwicklung dieser Waffensysteme in denBereich der Computersimulation.

    Das Zeitalter atomarer Bedrohung beeinfluss-te aber auch die Drehbcher von Stabsbungen,die nach wie vor durch Menschen an Tischenbestritten wurden. In einem Zweijahresrhythmus >>

    PLANSPIELE

    Was du mich tun lsst,das verstehe ich.

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    fand beispielsweise von 1971 bis 1989 die strenggeheime Nato-bung WINTEX (Winter Exercise)statt, bei der die Allianz nach einer angenomme-

    nen drastischen Eskalation des Ost-West-Kon-fliktes den nuklearen Erstschlag auf den War-schauer Pakt durchspielte.

    Obwohl die Ausrichtung des Szenarios sich aufeinen militrischen Konflikt konzentrierte, be-

    schrnkte sich der Teilnehmerkreis nicht nur aufOffiziere und Generale der Nato-Staaten. Viel-mehr wurde die WINTEX alle vier Jahre parallelzur CIMEX (Civil Military Exercise) durchgefhrt.Allein in Deutschland fuhren dann bis zu 2.000ausgewhlte Beamte aus Ministerien und derBundestagsverwaltung in Bussen zum Atombun-ker Marienthal an der Ahr bei Bonn. Ein gespiel-

    tes Notparlament sollte hier ber das politischeSchicksal der Deutschen im simulierten Atom-krieg entscheiden. Fr die Regierung wurden so-gar reale Staatssekretre in die Pflicht genom-men. Willy Wimmer, parlamentarischer Staatsek-retr im Bundesministerium der Verteidigung

    wurde in der bung zum Minister seines Hausesberufen; Waldemar Schreckenberger, Staatssek-

    retr im Bundeskanzleramt, avancierte gar zumManverkanzler.

    Mit dem Zerbrckeln des Ostblocks Ende der1980er Jahre wuchs in Deutschland allerdings die

    Kritik an WINTEX. Die bung wurde als nichtmehr zeitgem angesehen, insbesondere weil dieLast des simulierten atomaren Schlagabtauschs

    vor allem auf das Territorium der Bundesrepublik

    abgewlzt wurde. Die damals SPD-regierten Bun-deslnder drohten gar mit dem Ausstieg, wenn dasSzenario nicht gendert werde. Bei der letztenWINTEX/CIMEX im Jahr 1989 erhielt bungskanz-ler Schreckenberger vom real amtierenden Bun-deskanzler Helmut Kohl dann tatschlich die An-

    weisung, aus der bung auszusteigen. Als die USAplanten, mindestens zwei Atomsprengkpfe auf >>

    PLANSPIELE

    Georg von Reiswitz Kriegsspiel aus dem Jahr 1812 steht heute als unaufflliges Mbel im Berliner Schloss Charlottenburg.

    EigentumdesHausesHohen

    zollern,SKHGeorgFriedrichPrinzvonPreuen;Fo

    to:StiftungPreuischeGrtenundSchlsserBerlin

    -Brandenburg/Bildarchiv

    Asymmetrieist nur schwer

    simulierBar.

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    dem Gebiet der Bundesrepublik zu znden, umden Vormarsch von Orange (Warschauer Pakt)zu stoppen, entschied Kohl: Hrt auf mit demBldsinn. Seitens des Verteidigungsministeriums

    wurde eine weitere deutsche Beteiligung an derbung daraufhin an die Bedingung geknpft, den

    Schwerpunkt von der vorbedachten Eskalationzum Nukleareinsatz auf das Krisenmanagementzu verlagern. Prvention und Manahmen zurVerhinderung des Ernstfalls erschienen zeitgem-er als die Simulation des Nuklearkrieges. Ausheutiger Sicht liest sich diese neue Schwerpunkt-setzung geradezu wie die Geburtsstunde des An-satzes vernetzter Sicherheit.

    Zunchst begann aber in den 1990er Jahrendas Zeitalter der Friedensdividende. Groe

    Stabsbungen und aufwendige Planspiele schie-nen nach dem Ende des Ost-West-Konflikts nichtmehr notwendig; das ben fr den Ernstfall kamaus der Mode. Erst nach dem 11. September 2001setzte sich wieder die Einsicht durch, dass auchjenseits des nuklearen Schlagabtausches der Su-permchte Krisen- und Katastrophenlagen auf-treten knnen, deren Bewltigungsmechanismenman nicht erst im Ernstfall auf ihre Wirksamkeittesten sollte. Um die insbesondere seit den1990ern entstandenen Defizite beim Bevlke-

    rungsschutz und der Katastrophenhilfe wiederaufzuholen, wurde daher 2004 die LKEX (Ln-derbergreifende Krisenmanagement Exercise)unter Federfhrung des Bundesministeriums desInnern ins Leben gerufen. Dabei lehnt sich nichtnur der Name an die bungen WINTEX und CI-MEX an, auch methodisch ist man weiterhin nahean den Nato-bungen. Als Stabsrahmenbungen

    treffen sich die benden Stbe einzelner Bundes-lnder mit mehr als einem Jahr Vorlauf und erar-beiten gemeinsam Szenarien und Drehbuch. Diebung selbst dient der berprfung bestehenderKrisenplne: Greifen die Manahmen erfolg-reich? Knnen Schwachstellen erkannt werden?

    Die Szenarien der LKEX behandelten bereitsThemen wie massive Stromausflle, terroristischeAnschlge und Pandemien. Und whrend die L-KEX 2011 sich dem Thema Cybersicherheit wid-

    mete, steht fr 2013 bereits das Thema Lebens-mittelsicherheit fest, so dass die Vorbereitungenfr die Szenarienerstellung derzeit anlaufen. In-zwischen ist die bungsserie seit 2009 im Gesetzber den Zivilschutz und die Katastrophenhilfedes Bundes fest verankert. Demnach obliegt demBundesamt fr Bevlkerungsschutz und Katastro-phenhilfe (BBK) die Aufgabe, ressort- und ln-derbergreifende Krisenmanagement-bungen inregelmigen Abstnden auf strategischer Ebenein Deutschland durchzufhren. In der Praxis liegt

    der Schwerpunkt aber, eher taktisch und operativals strategisch, auf dem ben der Bundeslnder.

    Die Schweiz ist hier weiter. Bevor Vogel- oderSchweinegrippe als Themen in den Medien pr-sent waren, unterzogen sich der Bundesrat und

    weitere Fhrungsgremien 2005 einer eintgigenFhrungsbung. Untersucht wurden dabei dieAuswirkungen eines bislang unbekannten Grippe-

    virus (Schweine-Influenza), der zur grassierendenEpidemie innerhalb des Landes geriet, so dass dieKrisenfhrungsorgane des Bundes gefordert wa-ren. Fr 2014 wird derzeit eine gro angelegte Ka-tastrophenbung ausgeplant, die das KonzeptSicherheitsverbund Schweiz auf die Probe stel-

    len soll. Auch hier wird an dem Konzept festgehal-ten, dass reale Entscheidungstrger, wie etwa Re-gierungsrte, auch ihre eigenen Rollen spielen.Obwohl das Szenario derzeit noch keine konkrete

    Form hat, ist die Richtung fr den Leiter des Pro-jekts Martin Vgeli, Chef des Schaffhauser Amtesfr Zivilschutz, klar: das Unmgliche denken.

    Bislang findet in Deutschland eine Krisensimu-lation, welche die Einbindung von Bundes- undLnderebene simuliert und dabei konsequent denAnsatz vernetzter Sicherheit verfolgt, seit 2006nur in dem Planspiel der Bundesakademie fr Si-cherheitspolitik statt. Dieses bildet den Abschlussdes sechsmonatigen Seminars fr Sicherheitspo-litik, dessen Teilnehmer aus den Ressorts des

    Bundessicherheitsrates, aus der Wirtschaft unddem weiterem sicherheitspolitischem Umfeldstammen. Am Ende des Seminars haben sie an dreiTagen Gelegenheit, als Bundes- und Landesminis-ter ihre ressortbergreifende Handlungs- und ihresicherheitspolitische Entscheidungskompetenzunter Beweis zu stellen. Dabei werden sie mit fik-tiven Krisensituationen im In- und Ausland kon-

    PLANSPIELE

    Hrt auf mit dem Bldsinn.

    >>

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    Quellen und Links:

    Informationsseite der Schweizer Regierung zurSicherheitsverbundsbung 2014

    Informationen des Bundesamts fr Bevlkerungs-schutz und Katastrophenhilfe zur LKEX 2011

    Bericht des Spiegel vom 22. Juni 2009 berdas Reiswitz-Kriegsspiel

    Philipp von Hilgers: Eine Anleitung zurAnleitung: Das taktische Kriegsspiel 1812-1824.

    In der Board Game Studies, Ausgabe 3/2000

    Regelbuch Little Wars von H.G. Wellsaus dem Jahr 1913

    frontiert, die, ganz wie in der Realitt, oft eng mit-einander in Verbindung stehen. Da das bungs-szenario einen lngeren Zeitraum abdeckt, sinddie Teilnehmer dabei gezwungen, sowohl die kurz-als auch die langfristigen Folgen ihrer Handlungenzu bedenken und mssen ihre Entscheidungen

    zudem auf dem diplomatischen Parkett das derLeitungsbereich der bung abbildet erklren,

    vermitteln und durchsetzen.

    Ein wirklich ressortbergreifendes

    sprich: rea-le Ministerien bendes Planspiel existierthierzulande allerdings nur als Idee auf dem Pa-pier. Bereits 2008 regte der Ressortkreis ZivileKrisenprvention die Entwicklung eines Na-tionalen Planspiels an. 2010 schrieb der Res-sortkreis im 3. Bericht der Bundesregierung zurUmsetzung des Aktionsplans zivile Krisenpr-

    vention der Bundesakademie fr Sicherheitspo-litik den Auftrag zu, ein solches Planspiel knf-tig zu konzipieren und durchzufhren. Ziel sei

    weiterhin die Weiterentwicklung eines gemein-samen Verstndnisses ressortbergreifenderund funktional vernetzter Zusammenarbeit un-ter Einbindung der politisch-strategischen Fh-rungsebenen. Damit ist der Wille zu einemNationalen Planspiel zwar formuliert, kurz-und mittelfristig ist jedoch kaum mit einer Rea-lisierung zu rechnen.

    Bleibt als Fazit, dass strategische Planspiele heut-zutage nur noch wenig mit den Kriegsspielen laHellwig und Reiswitz zu tun haben. Diese Vorstel-lung wird zwar noch gern von Verschwrungsthe-oretikern gepflegt, wenn staatliche Behrden denKrisenfall ben, hat aber mit der Realitt nichts

    mehr gemein. Auch die weiterhin stattfindendenklassischen Stabsbungen der Bundeswehr n-dern nichts daran, dass Sicherheitspolitik heute im

    vernetzten Ansatz einfach deutlich anders aus-sieht. Im Bundessicherheitsrat, dessen Vertreteretwa an der Bundesakademie fr Sicherheitspolitikgemeinsam die Bewltigung von Krisen ben, sindsieben der derzeit insgesamt vierzehn existieren-den Bundesministerien vertreten. Im Planspiel

    von Moltke htte es fr sechs dieser sieben Minis-terien nicht einmal Spielsteine gegeben. Erfolgrei-che Krisenprvention und Krisenbewltigungfunktioniert im 21. Jahrhundert nur durch daskomplexe Zusammenspiel zahlreicher Akteure.

    Um diesem Anspruch wirklich gerecht werdenzu knnen, finden der Einsatz und die (Weiter-)Entwicklung von Planspielen heutzutage inDeutschland noch viel zu wenig statt. Das bringtdie Gefahr zweier Fhigkeitslcken mit sich: zu

    wenig Sicherheit beim Handeln im Krisenmana-gement und zu wenig bung beim Denken instrategischen Zusammenhngen.

    Bjrn Hawlitschka war von 2006 bis 2012 wissen-schaftlicher Mitarbeiter an der Bundesakademie fr

    Sicherheitspolitik. Zu seinen Aufgaben zhlten Kon-

    zeption und Leitung des Planspiels im Seminar fr

    Sicherheitspolitik.

    PLANSPIELE

    Ein Nationales Planspielist eine Deutsche Fhigkeitslcke.

    http://www.vbs.admin.ch/internet/vbs/de/home/themen/security/svs/svu14.htmlhttp://www.vbs.admin.ch/internet/vbs/de/home/themen/security/svs/svu14.htmlhttp://www.bbk.bund.de/DE/TopThema/TT_2011/TT_Luekex_2011.htmlhttp://www.bbk.bund.de/DE/TopThema/TT_2011/TT_Luekex_2011.htmlhttp://www.spiegel.de/netzwelt/spielzeug/kriegsspiel-wie-preussische-militaers-den-rollenspiel-ahnen-erfanden-a-625745.htmlhttp://www.spiegel.de/netzwelt/spielzeug/kriegsspiel-wie-preussische-militaers-den-rollenspiel-ahnen-erfanden-a-625745.htmlhttp://www.spiegel.de/netzwelt/spielzeug/kriegsspiel-wie-preussische-militaers-den-rollenspiel-ahnen-erfanden-a-625745.htmlhttp://www.spiegel.de/netzwelt/spielzeug/kriegsspiel-wie-preussische-militaers-den-rollenspiel-ahnen-erfanden-a-625745.htmlhttp://www.boardgamestudies.info/pdf/issue3/BGS3Hilgers.pdfhttp://www.boardgamestudies.info/pdf/issue3/BGS3Hilgers.pdfhttp://www.boardgamestudies.info/pdf/issue3/BGS3Hilgers.pdfhttp://www.boardgamestudies.info/pdf/issue3/BGS3Hilgers.pdfhttp://www.boardgamestudies.info/pdf/issue3/BGS3Hilgers.pdfhttp://www.boardgamestudies.info/pdf/issue3/BGS3Hilgers.pdfhttp://www.gutenberg.org/files/3691/3691-h/3691-h.htmhttp://www.gutenberg.org/files/3691/3691-h/3691-h.htmhttp://www.gutenberg.org/files/3691/3691-h/3691-h.htmhttp://www.gutenberg.org/files/3691/3691-h/3691-h.htmhttp://www.boardgamestudies.info/pdf/issue3/BGS3Hilgers.pdfhttp://www.boardgamestudies.info/pdf/issue3/BGS3Hilgers.pdfhttp://www.boardgamestudies.info/pdf/issue3/BGS3Hilgers.pdfhttp://www.spiegel.de/netzwelt/spielzeug/kriegsspiel-wie-preussische-militaers-den-rollenspiel-ahnen-erfanden-a-625745.htmlhttp://www.spiegel.de/netzwelt/spielzeug/kriegsspiel-wie-preussische-militaers-den-rollenspiel-ahnen-erfanden-a-625745.htmlhttp://www.bbk.bund.de/DE/TopThema/TT_2011/TT_Luekex_2011.htmlhttp://www.bbk.bund.de/DE/TopThema/TT_2011/TT_Luekex_2011.htmlhttp://www.vbs.admin.ch/internet/vbs/de/home/themen/security/svs/svu14.htmlhttp://www.vbs.admin.ch/internet/vbs/de/home/themen/security/svs/svu14.html
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    NOTIZ

    Er wollte

    dochnur spielen

    An einer US-Militrakademie gingein Oberstleutnant mitKursteilnehmern den totalen Krieggegen den Islam durch.

    Ist der Islam die neue Rote Gefahr? In einemSeminar am Joint Forces Staff College in Norfolk,Virgina, ging Oberstleutnant Matthew A. Dooleyim vergangenen Juli mit seinen Studenten einPlanspiel durch, das den Krieg gegen die gesamtemuslimische Welt mit ihren 1,4 Milliarden Men-schen beinhaltete. Das optionale Seminar der

    wichtigsten teilstreitkrftebergreifenden Aus-bildungseinrichtung der USA richtete sich an an-

    gehende hhere Stabsoffiziere. Die Lehrprsenta-tion wurde dem sicherheitspolitischen US-Blog

    Danger Room zugespielt und am 10. Mai dieses

    Jahres verffentlicht. So heit es darin unter an-derem: It is therefore time for the United Statesto make our true intentions clear. This barbaricideology will no longer be tolerated. Islam mustchange or we will facilitate its self-destruction.

    Auch fehlten nicht konkrete Vorschlge zur Vor-gehensweise in dem Total war on Islam. Dazuzhlte beispielsweise die Vernichtung der StdteMedina und Mekka, die heiligen Sttten des Is-lams. Dooley nannte militrische Vorgehenswei-sen wie gegen Dresden oder Hiroshima als Optio-nen, also auch den Einsatz von Nuklearwaffen:Using the lessons of Hiroshima to wipe out who-le cities at once, targeting the civilian population

    wherever necessary. Dafr msse, so Dooley, imVlkerrecht der Schutz der Zivilbevlkerung neudurchdacht werden.

    Nach der Verffentlichung reagierte das Pen-tagon umgehend auf einer Pressekonferenz unddistanzierte sich von den Lehrmethoden Dooleys.It was totally objectionable, against our valuesand it wasnt academically sound, sagte US-

    Generalstabschef Martin Dempsey. Er gab an,dass Dooley zwar nicht mehr als Lehrer beschf-tigt, jedoch weiterhin am Joint Forces Staff Col-lege ttig sein werde. Nur Wochen zuvor hattedas Pentagon angekndigt, dass es seine Lehr-und Unterrichtsmaterialien auf islamophobe In-halte prfen wolle aufgrund hnlicher Vorfllebeim FBI. Aranka Szabo

    Foto:USAirForce/JonathanLovelady

    KRIEG UND SPIELE: PLANSPIELE

    Quellen und Links:

    Bericht des Blogs Danger Room vom20. Juni 2012

    Bericht des Virginian Pilot vom 11. Mai 2012

    Hintergrundbericht desBlogs Danger Room vom 10. Mai 2012

    http://www.wired.com/dangerroom/2012/06/failure-oversight-war-islam/#more-84182http://www.wired.com/dangerroom/2012/06/failure-oversight-war-islam/#more-84182http://www.wired.com/dangerroom/2012/06/failure-oversight-war-islam/#more-84182http://www.wired.com/dangerroom/2012/06/failure-oversight-war-islam/#more-84182http://www.wired.com/dangerroom/2012/06/failure-oversight-war-islam/#more-84182http://hamptonroads.com/2012/05/muslim-group-fire-joint-forces-college-teacherhttp://hamptonroads.com/2012/05/muslim-group-fire-joint-forces-college-teacherhttp://hamptonroads.com/2012/05/muslim-group-fire-joint-forces-college-teacherhttp://www.wired.com/dangerroom/2012/05/total-war-islam/http://www.wired.com/dangerroom/2012/05/total-war-islam/http://www.wired.com/dangerroom/2012/05/total-war-islam/http://www.wired.com/dangerroom/2012/05/total-war-islam/http://www.wired.com/dangerroom/2012/05/total-war-islam/http://www.wired.com/dangerroom/2012/05/total-war-islam/http://hamptonroads.com/2012/05/muslim-group-fire-joint-forces-college-teacherhttp://www.wired.com/dangerroom/2012/06/failure-oversight-war-islam/#more-84182http://www.wired.com/dangerroom/2012/06/failure-oversight-war-islam/#more-84182
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    KRIEG UND SPIELE: AUTHENTIZITT

    ADLAS2/2012 ISSN 1869-1684 13

    Der britische FotojournalistJohn Cantlie hat sich mitSpieledesignern aus Tschechienzusammengetan, um seineBilder aus Krisen und Konflikten nachzustellen. Das Ergebnis:Die Frage nach der Echtheit von Fotos stellt sich vermutlich bald ganz neu.

    PC statt KameraFotos: John Cantlie. Renderings: Bohemia Interactive

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    AUTHENTIZITT

    und menschliche Krper. Aber wie der ITV-Fallzeigt, schtzt selbst das offenbar nicht vor einerVerwechselung von Fakt und Fiktion. koll

    ammar Gaddafis Truppen zeigen. Tatschlichhandelt es sich um Screencaptures aus ArmA 2,einer Taktiksimulation des tschechischen Her-stellers Bohemia Interactive.

    An genau diesen Hersteller wandte sich auchder John Cantlie, als ihm bei einer PartieBattlefield 3 auffiel, wie sehr die Geruschkulis-

    se und die Eindrcke im Spiel ihn an seine Arbeitin Libyen erinnerte. Mit Hilfe von Bohemia Inter-actives Kreativdirektor Ivan Buchta stellte derfreie Pressefotograf und Journalist einige seinerKonfliktbilder am Rechner nach. Das Ergebnis ist

    verblffend: Maschinen-, Landschafts- und Phy-sikabbildungen sind mit heutigen Engines realis-tisch darstellbar. Wo es noch hakt, sind Gesichter

    >>Der erste Golfkrieg 1990/91 war eine Film-premiere. Bilder aus den Kameras von Flugkr-pern im Zielanflug gingen um die Welt und ver-mittelten dem Betrachter eine Art Realitt, diedas Gefhl aufkommen lie, wirklich dabei zusein. Diese Perspektive hatte zwar wenig zu tun

    mit dem Erleben auf der anderen Seite des Ziel-suchers, aber die Zielkameras und die grn-stichigen Nachtaufnahmen der gerade neu ge-grndeten 24-Stunden-News Networks brachtenden Zuschauer ins Kriegsgebiet, ohne das dieserdas Wohnzimmer verlassen musste.

    Mittlerweile sind wir daran gewhnt, dass jederKonflikt nicht nur von den groen Nachrichten-produzenten abgedeckt wird, es werden Videos

    von verschiedensten Quellen produziert und vonden groen Nachrichtennetzwerken verwertet.Auf Youtube finden sich verpixelte Videos vonKmpfen und Massakern und wenn das jeweiligeLand es schafft, Journalisten erfolgreich vom Kon-flikt fernzuhalten, sind diese Videos manchmal dieeinzige Quelle ber das Geschehen vor Ort.

    Und was hat die Spieleindustrie damit zu tun?Auf den ersten Blick wenig. Vergegenwrtigt mansich allerdings die durchschnittliche Qualitt derhochgeladenen Handyvideos auf Youtube und ver-gleicht sie mit dem, was moderne Spiele-Engines

    heute leisten, knnte man meinen, die Spiele ht-ten die Wirklichkeit berholt.

    Der britische Fernsehsender ITV musste imSeptember letzten Jahres schmerzhaft feststellen,dass man Spiele mit der Realitt verwechselnkann. Fr eine Dokumentation verwendete derSender Filmaufnahmen, die vermeintliche IRA-Rebellen im Jahr 1988 beim Training durch Mu-

    UH-1Y Gunship der US Marines in der Basis Camp Bastion in der Provinz Helmand, Afghanistan

    Quellen und Links:

    Website von Fotograf John Cantlie

    Bericht der BBC vom 28. Januar 2012

    Meldung des Telegraph vom27. September 2011 ber die ITV-Dokumentation

    mit vermeintlichen IRA-Kmpfern

    http://www.fastfeatures.com/http://www.fastfeatures.com/http://www.bbc.co.uk/news/in-pictures-16745015http://www.bbc.co.uk/news/in-pictures-16745015http://www.bbc.co.uk/news/in-pictures-16745015http://www.telegraph.co.uk/technology/news/8792436/Videogame-footage-appears-in-ITV-Exposure-documentary-as-IRA-video.htmlhttp://www.telegraph.co.uk/technology/news/8792436/Videogame-footage-appears-in-ITV-Exposure-documentary-as-IRA-video.htmlhttp://www.telegraph.co.uk/technology/news/8792436/Videogame-footage-appears-in-ITV-Exposure-documentary-as-IRA-video.htmlhttp://www.telegraph.co.uk/technology/news/8792436/Videogame-footage-appears-in-ITV-Exposure-documentary-as-IRA-video.htmlhttp://www.telegraph.co.uk/technology/news/8792436/Videogame-footage-appears-in-ITV-Exposure-documentary-as-IRA-video.htmlhttp://www.telegraph.co.uk/technology/news/8792436/Videogame-footage-appears-in-ITV-Exposure-documentary-as-IRA-video.htmlhttp://www.telegraph.co.uk/technology/news/8792436/Videogame-footage-appears-in-ITV-Exposure-documentary-as-IRA-video.htmlhttp://www.telegraph.co.uk/technology/news/8792436/Videogame-footage-appears-in-ITV-Exposure-documentary-as-IRA-video.htmlhttp://www.telegraph.co.uk/technology/news/8792436/Videogame-footage-appears-in-ITV-Exposure-documentary-as-IRA-video.htmlhttp://www.telegraph.co.uk/technology/news/8792436/Videogame-footage-appears-in-ITV-Exposure-documentary-as-IRA-video.htmlhttp://www.bbc.co.uk/news/in-pictures-16745015http://www.fastfeatures.com/
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    Scharfschtzen der 2. US-Infanteriedivision in derUmgebung von Kandahar, Afghanistan

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    AUTHENTIZITT

    Amerikanische Soldaten klren Stellungen vonAufstndischen in Ramadi, Irak, auf.

    Moderne Spiele-ENgines ErlauBen,Fakt und Fiktion zu verwechseln .

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    AUTHENTIZITT

    GIs und ein Bradley-Schtzenpanzer der1. US-Infanteriedivision beim Rumen von Sprengfallenin Ramadi, Irak

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    AUTHENTIZITT

    Bewaffnete warten auf den Befehl zumVorgehen durch einen Huserblock im BezirkTameem von Ramadi.

    John Cantlie hatte irakische Miliz

    fotografiert, Ivan Buchta stelltedie Szene mit Avataren nach, dieeher nach Afghanen aussehen.

    Mit freundlicher Genehmigung von:

    http://www.fastfeatures.com/
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    KRIEG UND SPIELE: TAKTIKSHOOTER

    >>

    Die tschechische Firma Bohemia Interactiveverkauft ihre Software nicht nur an ein Milli-

    onenpublikum von Computerspielern welt-weit, ihre wirklich groen Kunden sind west-liche Streitkrfte. Im Gesprch mit ADLASerklrt Ivan Buchta, Creative Director des Un-ternehmens, den Unterschied zwischen Spielund Simulation, wie er und seine Entwicklerihn sehen, und warum Authentizitt frmanche Kunden wichtiger ist als Realismus.

    ADLAS: Bohemia Interactive produziert sowohl

    Armed Assault als auch Virtual Battle Space.

    Was genau ist der Unterschied zwischen beiden?

    Ivan Buchta: Beide Produkte nutzen die von Bo-hemia Interactive entwickelte Engine Real Vir-tuality in verschiedenen Versionen, aber beide

    wurden produziert, um den Bedrfnissen zweiersehr unterschiedlicher Sektoren entgegenzukom-men: Unterhaltung auf der einen Seite, der kom-

    merzielle und der militrische Bereich auf deranderen. ArmA ist die Marke fr Bohemias

    Computerspiele, die entwickelt wurde, um Kun-den zu unterhalten, die das militrischen Settinginteressiert. VBS dagegen ist ein taktischesbungstool, das wir gem den Erfordernissenmilitrischer Kunden entwickelt haben.

    Wenn VBS damit eine militrische Simulation ist,

    was fr eine Art Software ist dann ArmA? Kann

    Interview: Marcus Mohr

    Es macht uns Spass,

    fiktive UmgeBungen zufaBrizieren

    Screenshot:BohemiaInterac

    tive

    Neue Welten: Fr die dritte Auflage der Reihe Armed Assault konstruiert Bohemia Interactive hochkomplexe knstliche Schaupltze.

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    Foto:BohemiaInteractive

    TAKTIKSHOOTER

    es immer noch einfach als Spielbeschrieben werden?

    Unbedingt. ArmA ist sicherlich anspruchsvollerals die blichen First-Person-Shooter oder locke-re Browserspiele, aber es ist immer noch als Un-terhaltungsprodukt zu definieren. Man kann es

    vielleicht grob mit Flugsimulatoren vergleichenwie Microsofts Flight Simulator oder ein Pan-zersimulator wie Steel Beasts Pro Personal Editi-on von eSim Games. Wir versuchen aber, die

    Spielaspekte zu betonen im Vergleich zu diesenHardcore-Simulationsspielen.

    Bei einigen anderen Spielen scheint der Trend ja

    dahin zu gehen, ein echtes Plot aufzubauen, auch

    wenn viele Spieler klagen, dass das hufig zu

    linear gert. ArmA als sogenanntes sandbox

    game hat aber eine ziemlich offene Spielwelt.Wie wichtig ist es fr Sie, in ihren Spielen noch ein

    Narrativ zu haben?

    Wir sind immer auf Schwierigkeiten gestoen,wenn wir ein reichhaltiges Narrativ mit demSpielen in der Sandbox verknpfen wollten. Un-sere Kunden verlangen da verschiedene Herange-hensweisen: Einige ziehen eine Erzhlung vorund andere verlangen nach der Sandbox einesnchternen Militrsimulators. Glcklicherweise

    ist das ArmA-Konzept sehr flexibel und erlaubtden Usern, eine Erfahrung zu durchmachen, dielinear ist und auf einem Narrativ basiert, genauso

    wie Szenarios mit einer offenen Struktur zu erle-ben, denen narrative Bestandteile ganz fehlen.Bohemia Interactive versucht, den unterschiedli-chen Spieler wenigsten ein bisschen von ihrem >>

    LeBensechte Vorgnge zuREPLIZIEREN, wrde ein Spiel frdie meisten Spielerviel zu unzugnglich machen.

    IVAN BUCHTA

    ist Creative Direktor bei Bohemia Interactive fr

    Armed Assault 3, der dritten Auflage von ArmA,

    die Anfang 2013 auf den Markt kommen soll. Der

    1979 Geborene studierte in st nad Labem Um-

    weltwissenschaften und Abfallwirtschaft. Zu die-

    ser Zeit schon befasste er sich mit Kartenanalysenund stieg in die Modding-Community von Bohe-

    mia Interactives Taktikshooter und Militrsimula-

    tion Operation Flashpoint ein. Seit 2006 arbei-

    tet er fest fr die Firma; dort wurde er unter ande-

    rem Lead Designer fr ArmA 2.

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    TAKTIKSHOOTER

    bevorzugten Spieletyp anzubieten. In ArmA ver-wendet die Einzelspielerkampagne normalerwei-se aber wesentlich mehr erzhlerische Elemente

    verglichen mit Multiplayer-Szenarien.

    Was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen

    Ihren Produkten und denen Ihrer Mitbewerber? Was

    machen Sie besser? Was die anderen?

    Die Frage wre, ob wir berhaupt eine direkteKonkurrenz haben. Viele vergleichen die ArmA-Serie mit anderen First-Person-Shootern, aber dagibt es einen riesigen Unterschied in der Herange-hensweise an den Umfang des Spiels und dieSpielweise selbst. In der ArmA-Reihe kann ein-und dieselbe Mission, jedes Mal wenn sie gespielt

    wird, ein wenig anders verlaufen, und die Spielerhaben die ntige Freiheit, ihren Auftrag zu erfl-len und mit zuflligen Ereignissen zurechtzukom-men. Anders als die linearen, cinematischen Er-lebnissen von den jngsten militrischen FPS-

    Titeln besitzen unsere Missionen und Kampagneneine recht groe, wiederholbare Spielbarkeit. Wirsind gewiss besser darin, ein umfassendes und of-fenes Sandbox-miges Spiel anzubieten, in demes viel auf Taktik ankommt, whrend die gegen-

    wrtigen tunnelhaften Shooter sich auf attrakti-ve, gescriptete Sequenzen fokussieren, die mit derReal Virtuality Engine schwerlich erreichbar sind.

    Von welcher Bedeutung sind fiktive Elemente fr IhreProduktionen, wie etwa ausgedachte

    Lndernamen es gibt da ein Takistan, das klar

    an Afghanistan erinnert oder futuristische Waffen?

    Das fiktionale Setting erlaubt es, uns bei ganzverschiedenen interessanten Hintergrnden zubedienen. So knnen wir die reale Welt paraphra-

    sieren auf eine Art und Weise, die bei niemandenauf Widerspruch stt. Und es macht uns auchSpa, diese Umgebung zu fabrizieren und dieSpieler genieen die Tiefe dieses knstlich her-

    gestellten Hintergrund, wenn uns gelungen ist,ihn berzeugend zu machen. Die futuristischeBewaffnung, so wie wir sie fr ArmA 3 verwen-den, ist Teil des Setting, aber sie basiert eher aufexistierenden oder gegenwrtig in der Entwick-lung befindlichen, realen Technologien. Sie istkeine Science Fiction. Wohlgemerkt gibt es keinefuturistischen oder frei erfundenen Technologien

    in VBS die dargestellten Fahrzeuge, Waffen undUmgebungen benutzen beziehungsweise erlebenSoldaten auch im Einsatzgebiet.

    Gerade mit diesem Anspruch an Glaubwrdigkeit:

    Wie wichtig ist Realismus fr Sie, und

    wie erreichen Sie den? Welche Grenzen gibt

    es dabei?

    Mehr als auf Realismus versucht die ArmA-Reihe, sich auf Authentizitt zu fokussieren.Ziemlich komplexe, lebensechte Ereignisse undVorgnge zu replizieren, wrde ein Spiel fr die

    meisten Spieler viel zu unzugnglich machen und wohl auch ein bisschen langweilig. Wir ver-suchen daher, interessante Eigenheiten zu abs-trahieren und lassen die Spieler eine militrischeAtmosphre erleben, ohne sie zu zwingen, Feld-handbcher zu lesen und drillmig zu trainie-ren, bevor sie auch nur an einfachsten Missionenteilnehmen. >>

    Wir sind Besser darin,ein umfassendes Spiel anzuBieten, indem es viel auf Taktik ankommt.

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    TAKTIKSHOOTER

    Zu den Kufern Ihres Virtual Battle Spacegehren untern anderem das US Marine Corps,

    die israelischen Streitkrfte und die

    Australische Armee. Wie haben Sie diese

    bedeutenden Kunden gewinnen knnen?

    Der Prozess, um auf Geschftsebene ein Arbeits-verhltnis mit Kunden wie der Australian DefenceForce, den Canadian Forces, den niederlndischenund britischen Verteidigungsministerien, der US-Armee und den US-Marines zu erhalten, ist einer,

    der viele Jahre in Anspruch nimmt. Es bedarf di-rekter Kommunikation und gemeinsamer Entwick-lung mit den Mannschaftsdienstgraden, ber dietaktischen Ausbilder bis hinauf zu den Entschei-dungstrgern in den verschiedenen Verteidigungs-ministerien, um ein mageschneidertes Produktzu entwickeln, das den Ansprchen des Militr

    gerecht wird, fr ein scheinbar unbegrenztes undein sich stndig fortentwickelndes Volumen vonbungsnotwendigkeiten auf lange Zeit anwendbarzu sein.

    Unter den heutigen finanziellen und militri-schen Bedingungen mit schrumpfenden Bud-gets und stndig wechselnden Herausforderun-gen ist Simulationstraining zu einem Standard-

    werkzeug geworden, um das Ziel zu erreichen, diebestmgliche Streitmacht ins Feld bringen zuknnen, die mit einer Vielzahl von Szenarien um-

    gehen kann. VBS wurde so von Anfang als offenePlattform entwickelt, die es dem Endnutzer er-laubt, vollstndige Kontrolle ber die simulierteUmgebung zu haben. Das hat dafr gesorgt, dassVBS fr virtuelle Umgebungen zur Norm gewor-den ist, welche die genannten Streitkrfte undLnder nutzen.

    Quellen und Links:

    Webprsenz von Bohemia Interactive

    Webprsenz von Bohemia Interactive Simulations

    Bericht der New York Times vom 2. Mai 2011

    Demonstrationsvideo von Bohemia Interactive

    Simulations fr VBS2 mit einem Konvoi- und IED-Szenario vom 18. Dezember 2009

    BOHEMIA INTERACTIVE

    wurde 1999 gegrndet. 2001 landete der tsche-

    chische Spieleentwickler einen ersten Erfolg mit

    der militrischen Simulation Operation Flash-

    point: Cold War Crisis, eines der ersten OpenSandbox-Spiele auf dem Unterhaltungsmarkt. Auf

    der gleichen Spiel-Engine Real Virtuality baute

    anschlieend das militrische Trainingsprogramm

    Virtual Battlespace auf, das ein Jahr spter erst-

    mals erschien. Die Firma wird von den Brdern

    Marek und Ondrej Spanel geleitet; die Unterneh-

    mensgruppe hat heute rund 70 Mitarbeiter in

    Tschechien und Australien, mit einem Umsatz von

    etwa drei Millionen Euro im vergangenen Jahr.

    Unter heutigen militrischenBedingungen istSimulationstraining zu einemStandardwerkzeug geworden.

    http://www.bistudio.com/http://products.bisimulations.com/http://www.nytimes.com/2011/05/02/technology/02gameside.html?_r=1http://www.nytimes.com/2011/05/02/technology/02gameside.html?_r=1http://www.nytimes.com/2011/05/02/technology/02gameside.html?_r=1http://www.youtube.com/watch?v=JHfzsOADlfMhttp://www.youtube.com/watch?v=JHfzsOADlfMhttp://www.youtube.com/watch?v=JHfzsOADlfMhttp://www.youtube.com/watch?v=JHfzsOADlfMhttp://www.youtube.com/watch?v=JHfzsOADlfMhttp://www.youtube.com/watch?v=JHfzsOADlfMhttp://www.nytimes.com/2011/05/02/technology/02gameside.html?_r=1http://products.bisimulations.com/http://www.bistudio.com/
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    sche Simulationsprogramme auf dem zivilen

    Markt vertrieben. Man denke hier beispielsweisean die Armed Assault-Reihe des tschechischenEntwicklerstudios Bohemia Interactive, die aufeiner Trainingssimulation fr die tschechischeArmee beruht und von versierten Programmiererngraphisch fr den zivilen Nutzer aufbereitet wurdenur um anschlieend wiederum fr den weltwei-ten Markt aufbereitet zu werden.

    KRIEG UND SPIELE: PERSONALWERBUNG

    >>

    >> Wenigen drfte bekannt sein, dass Spielein-

    dustrie und Militr oft Hand in Hand arbeiten. Zu-nchst diente die Entwicklung von Computerspie-len dem Militr, so wurden zum Beispiel Simulati-onen eines mglichen Atomkrieges erstellt oderauch die Flugbahnen von Raketen und Artillerie-geschossen berechnet. Videospiele ziviler Firmen

    werden zudem als Trainingssimulationen vom Mi-litr verwendet und umgekehrt werden militri-

    Das Aussetzen der Wehrpflicht und die fort-

    schreitende Technisierung der Streitkrftezwingen das deutsche Militr dazu, neue Stra-tegien der Nachwuchsgewinnung zu entwi-ckeln. Die Prsenz der Bundeswehr auf Com-puterspielemessen verwundert deshalb nicht.So weit heraus wie die USA mit dem ShooterAmericas Army wagt sich das deutsche

    Heer allerdings nicht.

    Am Stand 6 Blizzard der gamescom 2011

    Foto:gamescom

    UngenutzteVersuchung

    von Markus Cillien

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    Es gibt aber auch Programme, die nicht nur demMilitr zu Simulationszwecken oder auf dem zivi-len Markt als Unterhaltungssoftware dienen, son-dern explizit zur Rekrutierung neuer Soldatengenutzt werden. So hat das Bundesverteidigungs-ministerium verlautbart, PC-Spiele seien gute

    Mittel, Erstinformationen zur Bundeswehr mitspielerischen Aspekten und Unterhaltung zu ver-binden. Hier stehe kein militrisches Handwerk,sondern Geschicklichkeit, Schnelligkeit und All-gemeinwissen im Vordergrund, da sie sich vor-nehmlich an ein junges Publikum richteten.

    Betrachtet man die bisher auf den Internetsei-ten der Bundeswehr zur Verfgung gestelltenSpiele allesamt recht simple Browsergames

    wird das eben gesagte durchaus besttigt. Da w-re zum einen das 1994 erschienene Helicopter-Mission, hier galt es in damals gngiger 2D-

    Grafik mit Bundeswehrhubschraubern aus-schlielich Hilfs- und Rettungsmissionen zu flie-gen. Die Produktion des Spiels fiel in die zu jenerZeit stattfindende Diskussion um die Neubestim-mung der Rolle der Bundeswehr: von der wh-rend des Kalten Krieges ausschlielich zur Lan-

    desverteidigung gedachten Streitmacht hin zu

    einer sich an internationalen humanitren Hilfs-einstzen beteiligenden Armee. Von blutigen Ge-fechten in fernen Lndern sprach damals jeden-falls in Deutschland noch niemand. Helicopter-Mission nahm durchweg auf die damaligen Auf-gaben und Strukturen der Bundeswehr Bezug.

    Zur Jahrtausendwende folgte Luna-Mission.Hier galt es, mit Hilfe einer Drohne vom TypLuna feindliche Einheiten und sonstige Gefahrenauszukundschaften. Virtuelle Kampfhandlungenfanden wiederum nicht statt. Seit auch Luna-Mission 2009 aus dem Programm genommen wur-de, befinden sich auf der Jugendseite der Bundes-

    wehr keine Spiele mehr, die auch nur den Haucheines militrischen Inhaltes wiedergeben wrden es sei hier nur Das verrckte Turmspiel genannt.

    Auch auf dem freien Markt untersttzt diedeutsche Armee keine Spieleentwickler, zumin-dest nicht offiziell. Einige Entwickler, so lsstsich im Internet nachlesen, geben an, zwar keinedirekte Untersttzung fr ihre Bundeswehr-

    Modifikationen von auf dem Markt erhltlichenSpielen erhalten zu haben, es bestnden aberdurchaus Kontakte, die sie dabei untersttzten,

    virtuelle Modelle von Bundeswehrwaffen und-fahrzeugen zu programmieren. Dazu, wie genaudiese Untersttzung aussieht, gibt es jedoch kei-

    ne offiziellen Stellungnahmen.

    Vergleicht man die von den deutschen Streit-krften zur Verfgung gestellten Spiele mit demPrestigeprojekt der USA, Americas Army,

    dann springen dem Betrachter sofort eklatanteUnterschiede ins Gesicht. Das auch in Deutsch-land frei zum Download verfgbare Spiel gilt alsbestes Rekrutierungswerkzeug der US-Armee.Hierbei handelt es sich um einen vom amerika-nischen Heer herausgegebenen und finanziertenFirst-Person-Shooter. Americas Army gilthinsichtlich Grafik und Geruschkulisse als u-erst realistisch; auch stellt es Waffenver-schlei, korrekte Atemtechnik beim Schieen

    und die militrische Hierarchie fr die Verhlt-nisse eines Videospiels beinahe lebensecht dar.Allerdings spart es an Grausamkeiten, die po-tenzielle Rekruten abschrecken knnten, wiebeispielsweise das Blut von Verwundungen oderdas Schreien von Verletzten und Sterbenden.

    Die US-Armee organisiert regelmig Turnie-re in ihren durch das ganze Land tourenden >>

    PERSONALWERBUNG

    Die Spiele-Industrie und das MilitrarBeiten oft Hand in Hand.

    Das erste Videospiel der Bundeswehr:Helicopter-Mission aus dem Jahr 1994

    Bildquelle:ww

    w.heise.de/tp(Abruf23.Juni2012)

    http://www.heise.de/tp/artikel/33/33496/1.html
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    ADLAS2/2012 ISSN 1869-1684 25

    Virtual Army Experience Trucks. Sptestensdort erkennt man den patriotischen Charakterdieses Spiels. So erschien der erste Teil der Reihe2002 genau am 4. Juli, also am amerikanischen

    Nationalfeiertag. Darber hinaus sehen sich dieTeams im Mehrspielermodus selbst grundstzlich

    als Amerikaner, das gegnerische Team wird je-weils als Terroristen oder Aufstndische ge-zeigt. Es werden hier also klare Feindbilder ge-

    schaffen. Im Gegenzug wird ein positives Bild deramerikanischen Streitkrfte entworfen, mit demsich der Spieler leicht identifizieren kann.

    Sind die Teile eins bis drei von Americas Ar-

    my noch als zivil-militrische Koproduktionenerschienen, so wird der vierte Ableger ein rein mi-litrisches Projekt sein. Davon erhoffen sich dieAuftraggeber wohl ein Endprodukt, das dem Heerbei der Rekrutierung noch ntzlicher sein wird.

    Auf eine kleine Bundestagsanfrage, ob dieBundeswehr ein mit Americas Army vergleich-

    bares Produkt plane, antwortete die Bundesregie-rung 2002: Es gab und gibt keine Plne, Compu-terspiele hnlich dem Spiel Americas Army auf

    den Internetseiten der Nachwuchswerbung ein-zustellen und es sind keine Werbeaktionen unterNutzung von Computerspielen hnlich dem SpielAmericas Army geplant. Gerade hier aber

    knnte das Verteidigungsministerium ansetzen,

    jenes allseits bekannte freundliche Desinteres-se der Bevlkerung an den deutschen Streitkrf-ten in freundliches Interesse umzuwandeln. Ge-rade im Hinblick auf die durch sinkende Gebur-tenraten zustzlich erschwerte Nachwuchsgewin-nung der Bundeswehr, die mittlerweile tatsch-

    lich eine weltweit operierende Einsatzarmee ist.Ein Videospiel hnlich Americas Army, wel-

    ches die vernderte Rolle deutscher Soldaten als

    kmpfende Truppe widerspiegelt, knnte hierdurchaus hilfreich sein. Hier glte es aber, denschwierigen Spagat zwischen geeignetem Instru-ment der Nachwuchswerbung und verklrenderPropaganda zu meistern. Ob die Verwirklichungeines solchen Produktes realistisch ist, sei dahin-gestellt. So kritisierte zum Beispiel der damaligeSprecher des Bundeswehrverbandes Wilfried Stol-ze im August 2010 das Spiel Medal of Honor mitden Worten: Es ist widerwrtig, so ein Spiel aufden Markt zu bringen, whrend in Afghanistan

    Menschen sterben. Bei deutschen Soldaten selbsthingegen soll der Shooter von Electronic Arts einberwiegend positives Echo hervorgerufen haben.

    Ein Ort, an dem die Bundeswehr allerdings seiteiniger Zeit schon um Nachwuchs wirbt, ist diegamescom in Kln, die weltweit grte interak-tive Spiele-Messe. 2011 war die deutsche Armeeals einer von 557 Ausstellern mit eigenem Messe-

    und Informationsstand dabei. Neben einem eigensdafr eingeteilten Messefeldwebel zustndigfr die Planung und Organisation von Messeauf-tritten der Bundeswehr entsandte die Truppeeinige Wehrdienstberater und Personal aus demBereich der Nachwuchsgewinnung; auerdem wa-

    ren noch Vertreter der Wehrverwaltung vor Ort.Den Werbern, so ein Vertreter der Abteilung

    Personalmarketing des VerteidigungsministeriumsgegenberADLAS, gehe es nicht um Fans von Mi-litr-Computerspielen. Die Personalwerbung derBundeswehr zielt mit ihrer Teilnahme auf Spiele-messen [...] auf die dort vertretene aufgeschlosse-ne und technisch interessierte Jugend, die sichauch im Spiele- und Entertainmentsegment berNeuerungen am Markt informieren mchte, heites. Zweck solcher Messeauftritte sei die Darstel-lung der Bundeswehr als moderner Arbeitgeber,um bei den Messebesuchern Interesse fr die In-stitution der Bundeswehr zu wecken, Verstndniszu frdern, Vorurteile abzubauen und Sympathiezu gewinnen. >>

    PERSONALWERBUNG

    DIE GAMESCOM

    ist die weltweit grte interaktive Spiele-Messe.An fnf Tagen besuchten ber 275.000 Gste die

    letzte gamescom im August 2011 in Kln. Den

    Besuchern wurden von den 557 Ausstellern aus

    knapp 40 Lndern circa 300 Spiele vorgestellt.

    Webprsenz der gamescom

    Auf der Homepage derBundeswehr wurde nur gerettet.

    http://www.gamescom.de/http://www.gamescom.de/
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    Offiziell heit es, das Interesse am Bundes-wehrstand auf der gamescom sei gro gewesen.Wer wollte, konnte sich von den Wehrdienstbera-tern ber die Karrieremglichkeiten in der Bundes-

    wehr aufklren lassen. Besonders gefragt bei denMessegsten seien die Mglichkeiten im IT-Sektor

    der Streitkrfte gewesen. Zum Stand gehrten eineinteraktive Touchwall, ein Cockpit und ein Feldj-germotorrad. Sehr beliebt sei der aufgestellte Flug-simulator gewesen, an dem angehende Piloten ihrefliegerischen Fhigkeiten testen konnten.

    Hier tut sich eine Parallele zu den gegenwrti-gen Entwicklungen innerhalb moderner Streitkrfteauf. Wenn auch der am Boden kmpfende Infante-rist weiterhin, wie die Kriege in Afghanistan und imIrak gezeigt haben, der Schlssel zum nachhaltigen

    Erfolg auf dem Schlachtfeld bleibt nicht umsonstliegt der Fokus der derzeitigen Reform darauf, denAnteil an Kampftruppen innerhalb der Bundeswehr

    zu erhhen so drfen die Augen nicht vor denKonsequenzen der zunehmenden Technisierungder Streitkrfte verschlossen werden.

    Die US-Streitkrfte haben schon vor geraumerZeit waffentragende Drohnen, unbemannte Flug-krper, die den Feind auch ohne das Risiko eige-ner Verluste wirksam bekmpfen knnen, einge-fhrt. Der Unterschied eine Drohne auf dem rea-

    len Gefechtsfeld zu steuern und dasselbe in ei-nem Computerspiel zu tun, drfte nicht allzugro sein. Beides geschieht am Bildschirm undohne Gefahr fr Leib und Leben des Piloten.

    Die Krieger aus Fleisch und Blut werden aber frdie wirklichen Notflle zurckgehalten. Muskel-

    kraft, Durchhaltevermgen und Mut verlieren ineinem solchen Szenario an Bedeutung, es kommtdann eher auf Geschicklichkeit und technischesWissen an. Dennoch: die Einstze in Irak und Af-ghanistan haben gezeigt, dass die Infanterie auchheute noch das Rckgrat jeder greren und vorallem langfristigen Operation bleibt. Die zudembleibende Frage ist, welche ethisch-moralischenKonsequenzen ein Krieg, der grtenteils nur nocham Bildschirm stattfindet, nach sich zieht.

    In welche Richtung die Bundeswehr ihre Nach-wuchswerbung in nchster Zeit forcieren wird,bleibt abzuwarten. Letztendlich gilt es Strategien

    zu entwickeln, die es ihr erlauben, einerseits imKampf um die besten Kpfe des Landes, anderer-seits im Kampf gegen jeden potentiellen Feind imjeweiligen Auftragsgebiet zu bestehen. Eine Dar-stellung des Soldatenberufs als cool stt aller-dings nicht berall auf Gegenliebe. Dies hat dasBeispiel des nur 97 Sekunden kurzen, mit Action-sequenzen vollgeladenen und Heavy-Metal-Musik

    unterlegten Werbevideos der Bundeswehr vomNovember 2011 deutlich gezeigt.

    Kritik an solchen geschnten Darstellungen istnicht ganz unberechtigt, denn Kriege sollten nicht

    von Technikern gefhrt werden, die nur ihrenJob erledigen und durch die rumliche Entfer-

    nung vom Kampfgeschehen ein verzerrtes Bild derRealitt des Schlachtfeldes und ihrer dortigen Ta-ten erhalten. Selbstredend sind auch Personen, dieeinen echten Krieg mit einem Videospiel verwech-seln, an dieser Stelle sicher fehl am Platz.

    Markus Cillien ist Reservist und studiert seit Winter2009 Geschichte und Politikwissenschaft an der

    Universitt Trier.

    PERSONALWERBUNG

    Quellen und Links:

    Website fr den First-Person-ShooterAmericas Army

    Browserspiele auf der Seite der Jugend-Websiteder Bundeswehr treff.bundeswehr.de

    Bericht von Militainment.info vom7. Oktober 2011

    Bericht der Bundeswehr vom 19. August 2011von der gamescom

    Bericht von Telepolis vom 16. Oktober 2010

    Meldung von Heise online vom 23. August 2010

    Videospiele sind nicht nurUnterhaltung, sondern auchRekrutierungswerkzeuge.

    http://www.americasarmy.com/http://www.americasarmy.com/http://www.americasarmy.com/https://treff.bundeswehr.de/portal/a/treff/!ut/p/c4/04_SB8K8xLLM9MSSzPy8xBz9CP3I5EyrpHK9kqLUtDS93NSUzMSSjNRsveKCzNScVP2CbEdFAAnnToM!/https://treff.bundeswehr.de/portal/a/treff/!ut/p/c4/04_SB8K8xLLM9MSSzPy8xBz9CP3I5EyrpHK9kqLUtDS93NSUzMSSjNRsveKCzNScVP2CbEdFAAnnToM!/https://treff.bundeswehr.de/portal/a/treff/!ut/p/c4/04_SB8K8xLLM9MSSzPy8xBz9CP3I5EyrpHK9kqLUtDS93NSUzMSSjNRsveKCzNScVP2CbEdFAAnnToM!/https://treff.bundeswehr.de/portal/a/treff/!ut/p/c4/04_SB8K8xLLM9MSSzPy8xBz9CP3I5EyrpHK9kqLUtDS93NSUzMSSjNRsveKCzNScVP2CbEdFAAnnToM!/http://www.militainment.info/2011/09/07/videospiele-fur%E2%80%99s-militar/http://www.militainment.info/2011/09/07/videospiele-fur%E2%80%99s-militar/http://www.militainment.info/2011/09/07/videospiele-fur%E2%80%99s-militar/http://www.militainment.info/2011/09/07/videospiele-fur%E2%80%99s-militar/http://www.militainment.info/2011/09/07/videospiele-fur%E2%80%99s-militar/http://www.luftwaffe.de/portal/a/luftwaffe/!ut/p/c4/NYuxDsIgFEX_6D0wtTFuVhbTzUVxe1JCiRQa8mgXP14YvCc5y8nFF1Yibd4R-xQp4BO18ef3DmEH-nCBSGYGymb2GxyElEDF4aP9JgsmRcvNbCP7apeJU4Y1ZQ6tlJxrAT-hFlINohf_ye9p1NdOdf1R3YY7rsty-QExjvJf/http://www.luftwaffe.de/portal/a/luftwaffe/!ut/p/c4/NYuxDsIgFEX_6D0wtTFuVhbTzUVxe1JCiRQa8mgXP14YvCc5y8nFF1Yibd4R-xQp4BO18ef3DmEH-nCBSGYGymb2GxyElEDF4aP9JgsmRcvNbCP7apeJU4Y1ZQ6tlJxrAT-hFlINohf_ye9p1NdOdf1R3YY7rsty-QExjvJf/http://www.luftwaffe.de/portal/a/luftwaffe/!ut/p/c4/NYuxDsIgFEX_6D0wtTFuVhbTzUVxe1JCiRQa8mgXP14YvCc5y8nFF1Yibd4R-xQp4BO18ef3DmEH-nCBSGYGymb2GxyElEDF4aP9JgsmRcvNbCP7apeJU4Y1ZQ6tlJxrAT-hFlINohf_ye9p1NdOdf1R3YY7rsty-QExjvJf/http://www.heise.de/tp/artikel/33/33496/1.htmlhttp://www.heise.de/tp/artikel/33/33496/1.htmlhttp://www.heise.de/tp/artikel/33/33496/1.htmlhttp://www.heise.de/tp/artikel/33/33496/1.htmlhttp://www.heise.de/newsticker/meldung/Feindbilder-Neue-Medal-of-Honor-Version-erhitzt-die-Gemueter-1063776.htmlhttp://www.heise.de/newsticker/meldung/Feindbilder-Neue-Medal-of-Honor-Version-erhitzt-die-Gemueter-1063776.htmlhttp://www.heise.de/newsticker/meldung/Feindbilder-Neue-Medal-of-Honor-Version-erhitzt-die-Gemueter-1063776.htmlhttp://www.heise.de/newsticker/meldung/Feindbilder-Neue-Medal-of-Honor-Version-erhitzt-die-Gemueter-1063776.htmlhttp://www.heise.de/newsticker/meldung/Feindbilder-Neue-Medal-of-Honor-Version-erhitzt-die-Gemueter-1063776.htmlhttp://www.heise.de/tp/artikel/33/33496/1.htmlhttp://www.luftwaffe.de/portal/a/luftwaffe/!ut/p/c4/NYuxDsIgFEX_6D0wtTFuVhbTzUVxe1JCiRQa8mgXP14YvCc5y8nFF1Yibd4R-xQp4BO18ef3DmEH-nCBSGYGymb2GxyElEDF4aP9JgsmRcvNbCP7apeJU4Y1ZQ6tlJxrAT-hFlINohf_ye9p1NdOdf1R3YY7rsty-QExjvJf/http://www.luftwaffe.de/portal/a/luftwaffe/!ut/p/c4/NYuxDsIgFEX_6D0wtTFuVhbTzUVxe1JCiRQa8mgXP14YvCc5y8nFF1Yibd4R-xQp4BO18ef3DmEH-nCBSGYGymb2GxyElEDF4aP9JgsmRcvNbCP7apeJU4Y1ZQ6tlJxrAT-hFlINohf_ye9p1NdOdf1R3YY7rsty-QExjvJf/http://www.militainment.info/2011/09/07/videospiele-fur%E2%80%99s-militar/http://www.militainment.info/2011/09/07/videospiele-fur%E2%80%99s-militar/https://treff.bundeswehr.de/portal/a/treff/!ut/p/c4/04_SB8K8xLLM9MSSzPy8xBz9CP3I5EyrpHK9kqLUtDS93NSUzMSSjNRsveKCzNScVP2CbEdFAAnnToM!/https://treff.bundeswehr.de/portal/a/treff/!ut/p/c4/04_SB8K8xLLM9MSSzPy8xBz9CP3I5EyrpHK9kqLUtDS93NSUzMSSjNRsveKCzNScVP2CbEdFAAnnToM!/http://www.americasarmy.com/http://www.americasarmy.com/
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    Joystick

    statt ABzugvon Christian Weidlich

    KRIEG UND SPIELE: FERNSTEUERUNG

    >>

    ten Armeen, die mit den neuesten Hightech-Waffen ausgestattet sind. Dabei ist die Vorstel-lung, dass Roboter auf den weltweiten Schlacht-feldern Menschen tten, schon lange keineScience Fiction mehr.

    Der Bedeutungsgewinn von unbemanntenSystemen lsst sich am Beispiel der Kriege in Irakund Afghanistan zeigen: Zwischen 2003 und 2009

    stieg die Zahl der vom US-Militr eingesetztenunbemannten Fluggerte, so der amerikanischePolitologe Peter W. Singer und Autor von Wiredfor War, von praktisch Null auf mehr als 7.000.Auch am Boden kamen 2003 kaum Roboter zumEinsatz, whrend es 2009 bereits mehr als 12.000Systeme waren. Auch wenn diese grtenteils zurGefechtsfeldberwachung und Entschrfung von

    Die Kriegfhrung hat sich dramatisch gewan-delt. Frher war die Front ein in sich abge-schlossener Ort, der die physische Prsenzdes Soldaten erforderte. Heute ist die Techni-sierung des Krieges so weit fortgeschritten,dass ein Pilot mit einem Steuerknppel inder Lage ist, Tausende Kilometer vom Ein-satzort entfernt, einen tdlichen Angriff mit

    einer unbemannten Drohne durchzufhren.Die Ergebnisse sieht der Soldat lediglich aufseinem Bildschirm. Krieg ist damit zum Com-puterspiel geworden.

    >>Die Zeit der Massenheere ist Geschichte. Heu-

    te fhren vor allem westliche Staaten ihre Kriegemit relativ kleinen, dafr aber professionalisier-

    UAV-Piloten im US-Luftwaffensttzpunk Creech,Nevada, im Januar 2010. Sie fliegen eineRQ-1 Predator, die in Puerto Rico stationiert ist.

    Foto:USAirForce/JamesHarper

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    Sprengfallen benutzt werden, gibt es inzwischenebenso bewaffnete Systeme, die per Controller,hnlich dem einer Spielkonsole, gesteuert wer-

    den. Und ihre Zahl soll weiter steigen: Die US-Armee glaubt, dass bis 2015 jede ihrer Brigadenber mehr unbemannte als bemannte Fahrzeuge

    verfgen wird. Auerdem soll jede Einheit auch

    eine eigene unbemannte Luftwaffe mit ber hun-dert Drohnen erhalten.

    Auch die Bundeswehr hat Gefallen gefundenan den unbemannten Kameraden. Schon seit ln-gerem sind die Streitkrfte mit einer Reihe vonunbewaffneten Drohnen ausgestattet. Selbst

    wenn die deutsche Armee (noch) keine bewaffne-ten Systeme angeschafft hat, so greift sie dochmittlerweile in Afghanistan gern auf die mit Hell-fire-Raketen bestckten Unmanned Aerial Ve-

    hicles (UAVs) der Amerikaner zurck. Im Juli2010 konnten die deutschen Offiziere im Befehls-

    stand zum ersten Mal live die Bilder einer ange-forderten US-Przisionsattacke mit ansehen, beider 15 Talibankmpfer gettet wurden, so berich-tete der Spiegel. Die Bundesregierung hat zwarmehrfach ffentlich verneint, dass die Anschaf-fung von bewaffneten UAVs geplant ist, dennoch

    wird fleiig an eigenen Projekten geforscht undber die Beschaffung der israelischen Harop-Kampfdrohne nachgedacht. Dass die Politik sich

    aber den Wnschen des Militrs nach bewaffne-ten Systemen beugen wird, erscheint aus heutigerPerspektive nicht eine Frage des ob sondern nurnoch des wann zu sein.

    Interessant sind die Drohnen und Roboter fr dieArmee, da sich durch ihren Einsatz die Kriegfh-rung auf der taktischen Ebene verndert. DieVorteile liegen auf der Hand: Sie sind die besteAlternative fr Missionen die dirty, dull anddangerous sind, also dreckig, langweilig und ge-fhrlich. Sie werden nicht mde oder hungrig,

    vergessen ihre Befehle nicht, haben bessere Re-aktionszeiten als Menschen, knnen in nuklear,biologisch oder chemisch verseuchtem Gebiet

    operieren und zucken nicht mit der Wimper,wenn ein Kamerad neben ihnen fllt.Das Interesse am Einsatz unbenannter Systeme

    hat neben taktischen berlegungen vor allem denHintergrund, dass westliche Regierungen zutiefstin Bezug auf das potenzielle politische Risikodurch gefallene Soldaten sensibilisiert sind. JederEinzelne von uns und die Gesellschaft als Ganzes

    erfhrt gegenwrtig eine historisch gesehen bei-spiellose persnliche und soziale Sicherheit. Da

    wird jede Trauerrede eines deutschen Verteidi-

    gungsministers von der Gesellschaft als eine zuviel angesehen. Mit jedem gefallenen Soldatenschwindet in der Bevlkerung die Untersttzungfr einen militrischen Einsatz. In Deutschlandfhrt das Afghanistan-Engagement dies nur allzueindrcklich vor Augen.

    Die Entwicklung militrischer Robotik ist engmit dieser Risikoaversion westlicher Gesellschaf-ten verbunden. Unbemannte Kampfsysteme trei-ben die gesellschaftliche Anforderung der Ver-meidung von eigenen Opfern lediglich auf die

    Spitze, indem menschliche Soldaten durch Ma-schinen ersetzt werden. So fhrt der Einsatz vonunbemannten Kampfsystemen am Boden und inder Luft zu der grtmglichen vorstellbarenAsymmetrie. Die Soldaten der technisch berle-genen Seite entziehen sich dem Schlachtfeld

    vollkommen und berlassen die physische Pr-senz ganz den Maschinen, die sie aus sichererFerne per Joystick steuern. Die technisch unterle-genen Kmpfer knnen zwar die Drohne abschie-

    en, aber dadurch ihrem Gegner lediglich einenwirtschaftlichen Schaden zufgen. Angesichtsdieses ungleichen Kampfes von Mensch gegenMaschine muss es nicht verwundern, so NiklasSchrnig von der Hessischen Stiftung Friedens-und Konfliktforschung, dass die im Westen alsbesonders feige wahrgenommenen Sprengfallenund Attentate von den Taliban als legitime und >>

    FERNSTEUERUNG

    Die modernen Krieger Betreten dasKampfgeBiet nur virtuell.

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    gerechte Methoden der Kriegfhrung angesehenwerden. Aus ihrer Sicht, so Schrnig, seien diesePraktiken eben nicht verwerflicher oder feiger als

    ein Drohnenangriff aus heiterem Himmel, beidenen sich noch nicht einmal ein Pilot einer Ge-fahr aussetzt.

    Insgesamt fordert der Einsatz ferngesteuerterRoboter zur Bekmpfung von menschlichen Geg-nern unser soziales und ethisches Verstndnis

    von Krieg in einer bislang ungeahnten Weise her-aus. Technologie hat einen Abstand zwischendem Soldaten und dem Schlachtfeld etabliert,

    wortwrtlich eine Dehumanisierung des Krie-ges. Die modernen Krieger betreten das Kampf-

    gebiet nur virtuell und werden nicht den Gefah-ren und Schrecken des Krieges ausgesetzt. DerKrieg wurde zu einer virtuellen Welt reduziertund wenn man es nicht besser wsste, knnteman auch denken, der Soldat wrde lediglich einComputerspiel spielen. UN-Sonderberichterstat-ter Philip Alston kam 2010 in seinem Bericht bertargeted killings zu dem Schluss, dass durchden Einsatz ferngesteuerter Kampfsysteme dieGefahr einer Playstation-Mentalitt in Bezug

    auf das Tten bestehe.Insbesondere die Distanz macht den Akt desTtens in militrischen Auseinandersetzungeneinfacher. Fr die Drohnenpiloten, die weit weg

    vom Einsatzgeschehen in Sicherheit die Angriffekoordinieren und durchfhren, sind Tod und Zer-strung nicht mehr unmittelbar ausgesetzt. Der-jenige, der letztlich die tdliche Hellfire-Rakete

    auslst, sieht die Ergebnisse seines Handelns aufdem Bildschirm, per Videobertragung, mgli-cherweise um die halbe Welt. Viele Studien ha-

    ben gezeigt, dass diese physische Loslsung einerPerson vom eigentlichen Ort des Geschehens denAkt des Ttens erleichtert und Gewissensbisseoder Hemmungen verringert. Der Psychologe undehemalige US-Offizier Dave Grossman hat diefolgende Regel aufgestellt: Je grer die physi-

    sche und emotionale Distanz zum Gegner, destoeinfacher ist es zu tten und desto weniger be-lastet der Akt des Ttens den Soldaten.

    Wenn der Ttungsakt mehr oder weniger zu

    einer Beseitigung eines Icons auf einem Bild-schirm wird, dann kann man sich keine grereDistanz vorstellen. Die moderne Kriegfhrungerschafft hier nicht nur eine physische sondernauch psychologische Loslsung, welche die Emo-tionen nicht nur verndert oder beschrnkt, son-dern durch eine zunehmende Technisierung so-gar weitgehend auer Kraft setzen knnte. Zu-

    dem findet eine Entpersonalisierung des Kampfesstatt. Jeder Mensch hat psychologische und ethi-sche Hemmnisse zu tten. Nur je weniger dem

    Gegner das Attribut menschlich zugesprochenwird, desto einfacher fllt der Ttungsakt. Plaka-tiv ausgedrckt: Unseren Haustieren wrden wirnie ein Haar krmmen, aber wer hat schonSchuldgefhle, wenn er mit Insektenspray zumMassenmrder per Chemiewaffen wird?

    Die Sorge, dass bewaffnete Drohnen den Einsatzmilitrischer Gewalt wahrscheinlicher machen,

    wird oft durch das Militr und die Rstungsin-dustrie verneint. Die Piloten wren jederzeit in

    der Lage, die bersicht ber das Geschehen zubehalten und rationale (und legale) Entscheidun-gen ber den Waffeneinsatz zu treffen. Ein Un-tersuchungsbericht des US-Militrs ber einenDrohnenangriff mit zivilen Toten in Afghanistanam 21. Februar 2010 kam zu einem ganz anderenSchluss: Nicht nur htten die beteiligten Solda-ten eine Vorliebe fr den Einsatz von Gewalt ge- >>

    FERNSTEUERUNG

    Der Anteilvon KollateralschdenBei

    Drohnenangriffen passtganz und gar nicht in das Narrativ

    der surgical strikes.

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    zeigt, sondern die Untersuchung macht sehrdeutlich, dass die Einstellung der Crew ein we-sentlicher Grund fr die zivilen Todesopfer war:

    Bewusst seien Informationen falsch weitergege-ben sowie absichtlich Kinder als Aufstndischeund Frauen als Mnner in Frauenkleidern identi-fiziert worden, um den Einsatz tdlicher Gewaltzu rechtfertigen.

    Dass dies ein Einzelfall sein soll, ist schwer zuglauben gerade dann nicht, wenn selbst offi-ziell davon gesprochen wird, unter den Drohnen-

    piloten wrde eine Top Gun-Haltung vorherr-schen. So wurden beispielsweise seit 2004, lauteiner Untersuchung des Londoner Bros fr In-

    vestigativen Journalismus, bei 291 Drohnenan-griffen des US-Militrs in Pakistan zwischen

    2.292 und 2.863 Menschen gettet, unter ihnenbis zu 775 Zivilisten inklusive 164 Kinder. DerAnteil von Kollateralschden bei Drohnenan-griffen liegt demnach bei bis zu 35 Prozent, eineZahl, die ganz und gar nicht in das militrischeNarrativ der surgical strikes passt.

    Die moderne Art der Kriegsfhrung mit unbe-mannten Kampfsystemen, die per Mausklick und

    Joystick gesteuert werden, fhrt dazu, dass gegne-rische Kmpfer und unbeteiligte Zivilisten in einerscheinbaren Virtualitt gettet werden, aber in der

    Realitt sterben. In einem ersten Schritt hat dieseAutomatisierung des Krieges den Menschen vonder einen Seite des Schlachtfelds entfernt. Wo-mglich wird sie uns schon in nicht allzu fernerZukunft aus der Entscheidungsverantwortungber Leben und Tod ausschlieen sobald auto-nome Roboter selbststndig Entscheidungen berdie Anwendung von Waffengewalt treffen. Jede

    neue Generation bewaffneter, unbemannter Fahr-zeuge wird ber weiterentwickelte knstliche In-telligenz und Autonomie verfgen, so dass die Un-terscheidung zwischen ferngesteuerten und auto-nomen Systemen verschwimmt.

    Dann ist Krieg nicht mehr nur ein Video-spiel, das man aktiv spielen kann, sondern wirknnen lediglich zuschauen, insofern wir mitdem Tempo der Maschinen mithalten knnen.Der amerikanische Prsident Harry Truman sagtenach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs: Ichbefrchte, dass die Maschinen der Moral um eini-ge Jahrhunderte voraus sind, und wenn die Moral

    sie eingeholt haben wird, werden wir beide nichtmehr bentigen. Es wre schn, wenn er sichgeirrt htte.

    Christian Weidlich hat Politologie und Germanistik,Internationale Studien und Friedens- und Konflikt-

    forschung studiert. Er ist Projektmitarbeiter an der

    Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung.

    FERNSTEUERUNG

    Je grsser die Distanz zumGegner, desto einfacher ist es,ihn zu tten.

    Quellen und Links:

    Kritik des US-Magazins Wired zum KUrzfilmUnmanned von Casey Cooper Johnson vom 28.

    Dezember 2011

    Arbeitsbericht Stand und Perspektiven der mili-trischen Nutzung unbemannter Systeme des

    Bros fr Technikfolgen-Abschtzung beim Deut-schen Bundestag vom Oktober 2011

    Niklas Schrnig: Die Automatisierung des Krie-

    ges. Positionspapier 5/2010 der Hessischen Stif-tung Friedens- und Konfliktforschung

    Bericht der Los Angeles Times vom 29. Mai 2010

    Bericht des Sonderberichterstatters Philip Alstonfr den UN-Menschenrechtsrat vom 28. Mai 2010

    http://www.wired.com/underwire/2011/12/unmanned/all/1http://www.wired.com/underwire/2011/12/unmanned/all/1http://www.wired.com/underwire/2011/12/unmanned/all/1http://www.wired.com/underwire/2011/12/unmanned/all/1http://www.wired.com/underwire/2011/12/unmanned/all/1http://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berichte/TAB-Arbeitsbericht-ab144.pdfhttp://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berichte/TAB-Arbeitsbericht-ab144.pdfhttp://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berichte/TAB-Arbeitsbericht-ab144.pdfhttp://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berichte/TAB-Arbeitsbericht-ab144.pdfhttp://www.hsfk.de/fileadmin/downloads/Standpunkte_5_2010_hp.pdfhttp://www.hsfk.de/fileadmin/downloads/Standpunkte_5_2010_hp.pdfhttp://www.hsfk.de/fileadmin/downloads/Standpunkte_5_2010_hp.pdfhttp://www.hsfk.de/fileadmin/downloads/Standpunkte_5_2010_hp.pdfhttp://articles.latimes.com/2010/may/29/world/la-fg-predator-20100530http://articles.latimes.com/2010/may/29/world/la-fg-predator-20100530http://articles.latimes.com/2010/may/29/world/la-fg-predator-20100530http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=%22philip%20alston%22%20targeted%20killings&source=web&cd=1&ved=0CGAQFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww2.ohchr.org%2Fenglish%2Fbodies%2Fhrcouncil%2Fdocs%2F14session%2FA.HRC.14.24.Add6.pdf&ei=A77cT-nGEo_otQaInLTaDQ&usg=AFQjCNGmXhttp://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=%22philip%20alston%22%20targeted%20killings&source=web&cd=1&ved=0CGAQFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww2.ohchr.org%2Fenglish%2Fbodies%2Fhrcouncil%2Fdocs%2F14session%2FA.HRC.14.24.Add6.pdf&ei=A77cT-nGEo_otQaInLTaDQ&usg=AFQjCNGmXhttp://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=%22philip%20alston%22%20targeted%20killings&source=web&cd=1&ved=0CGAQFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww2.ohchr.org%2Fenglish%2Fbodies%2Fhrcouncil%2Fdocs%2F14session%2FA.HRC.14.24.Add6.pdf&ei=A77cT-nGEo_otQaInLTaDQ&usg=AFQjCNGmXhttp://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=%22philip%20alston%22%20targeted%20killings&source=web&cd=1&ved=0CGAQFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww2.ohchr.org%2Fenglish%2Fbodies%2Fhrcouncil%2Fdocs%2F14session%2FA.HRC.14.24.Add6.pdf&ei=A77cT-nGEo_otQaInLTaDQ&usg=AFQjCNGmXhttp://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=%22philip%20alston%22%20targeted%20killings&source=web&cd=1&ved=0CGAQFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww2.ohchr.org%2Fenglish%2Fbodies%2Fhrcouncil%2Fdocs%2F14session%2FA.HRC.14.24.Add6.pdf&ei=A77cT-nGEo_otQaInLTaDQ&usg=AFQjCNGmXhttp://articles.latimes.com/2010/may/29/world/la-fg-predator-20100530http://www.hsfk.de/fileadmin/downloads/Standpunkte_5_2010_hp.pdfhttp://www.hsfk.de/fileadmin/downloads/Standpunkte_5_2010_hp.pdfhttp://www.hsfk.de/fileadmin/downloads/Standpunkte_5_2010_hp.pdfhttp://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berichte/TAB-Arbeitsbericht-ab144.pdfhttp://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berichte/TAB-Arbeitsbericht-ab144.pdfhttp://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berichte/TAB-Arbeitsbericht-ab144.pdfhttp://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berichte/TAB-Arbeitsbericht-ab144.pdfhttp://www.wired.com/underwire/2011/12/unmanned/all/1http://www.wired.com/underwire/2011/12/unmanned/all/1http://www.wired.com/underwire/2011/12/unmanned/all/1
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    Manverwar.gestern

    von Aranka Szabo

    diese identifizieren, letztlich bekmpfen und imTeam agieren kann. Hierbei haben militrischeSimulationen noch viel wichtigere Aufgaben, alseinzig einen technischen Ablauf zu trainieren.

    Eine Simulation ist ein mglichst realittsna-hes Nachbilden von Geschehen der Wirklichkeit,lautet eine Definition. Eine technische Simulati-

    on im militrischen Bereich erlaubt mit relativwenig Aufwand und guten Auswertungsmglich-keiten , realittsnah auszubilden und Situatio-nen, wie sie nur in Konfliktgebieten vorkommen,nachzustellen. Sie gilt als wichtiger Bestandteilder vorbereitenden Ausbildung.

    Aber wozu dient das ganze Spiel? Nie wiederwerde ich Drill verfluchen, sagte mir ein Bun-

    KRIEG UND SPIELE: REALITTSNHE

    >>

    Schusswechsel befindet. Und da hinten? Da be-wegt sich doch etwas! Schnell wird ihm klar, dassda jemand auf ihn zielt. Der Stress und die An-spannung steigen. Fr den Rekruten in derGrundausbildung ist diese Simulation imSchiekino alles andere als einfach. Da ist zumeinen die Handhabung der Waffe, anfangs ein

    Sturmgewehr, und das Beherrschen der Technik,die erlernt werden mssen. Hierauf aufbauendwird der Soldat in ein computersimuliertes Sze-nario gestellt, welches wirklichkeitsnahe takti-sche Situationen nachbildet.

    Es bedarf Monate sowohl praktischer als auchSimulator-gesttzter Ausbildung des Soldaten,bis dieser sicher in der Bewegung Ziele verfolgen,

    Simulationen beeinflussen Denken und Han-deln. Mit ihrer Hilfe, und in Kombination mitaltbewhrtem Drill, gelingt es modernen mili-trischen bungseinrichtungen, Soldaten undZivilisten immer wirklichkeitsnaher auf kom-plexe, gewaltsame Konfliktsituationen vorzu-bereiten. Und trotz des Bewusstseins, sich in

    der bung nicht in einer wirklich gefhrlichenLage zu befinden, sondern den Ernstfall nur zuspielen, schlgt unser Krper uns ein Schnipp-chen: Fr ihn ist Stress einfach nur Stress.

    >>Ein Lkw explodiert und nimmt im ersten Au-

    genblick die Konzentration auf den Gegner hinterder Mauer, mit dem sich ein junger Soldat im

    Im Schiesimulator AGSHP der Bundeswehr

    Foto:ArankaSzabo

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    deswehrsoldat, der im April 2010 am Karfrei-tagsgefecht in Nordafghanistan teilgenommenhatte, bei dem drei seiner Kameraden gefallen

    waren. Das wiederholte und drillmige benwhrend der Einsatzvorbereitung habe ihm, soberichtete er, Handlungssicherheit gegeben. In-

    tuitiv habe er erst einmal aufgrund des verinner-

    lichten Gelernten richtig gehandelt, bevor dasbewusste Denken nach den Schrecksekunden

    wieder einsetzte. Auch hier habe er wieder ausden erlernten Erfahrungen der Ausbildungschpfen und diese auf die vorliegende Situationanwenden knnen.

    Denken, davon geht die Kognitionspsycholo-gie heute aus, ist die Simulation gemachter Er-fahrungen. Ohne diese knnen Wahrnehmungennicht sinnstiftend verarbeitet werden. Erfahrun-gen, die sich in Denkstrukturen festigen, undauch in der Simulation gemacht werden knnen,

    fhren zu einem Gewohnheitseffekt, wie von demSoldaten schon oben beschrieben. Sie bauen, dassollte man nicht auer Acht lassen, auch Hem-mungen ab und automatisieren Ablufe.

    Die US-Streitkrfte fhrten als erste Schie-bungen auf menschliche Silhouetten anstatt aufquadratische Ringzielscheiben ein, nachdem Mi-litrsoziologen festgestellt hatten, dass Soldaten

    im Zweiten Weltkrieg bewusst gar nicht oder ne-ben ihre Gegner geschossen hatten. Dave Gross-man, amerikanischer Militr-Psychologe, be-schrieb das Ergebnis schon in den 1990ern:Diese lebensechten Kampfsimulatoren habendie individuelle Schussrate in Vietnam auf 90

    Prozent angehoben. Er interpretierte das Ge-lernte wie folgt: Unsere Soldaten tten, weil siedafr konditioniert sind; und sie tten mit we-sentlich hherer Treffsicherheit. Aber in seinerArgumentation fehlt mir die Differenzierung vonDesensibilisierung, Fhigkeit und der Entschei-dungsfreiheit, etwas (nicht) zu tun.

    An dieser Stelle passt vielleicht ein Merkmal,das eine Simulation von einem Computerspiel

    unterscheidet. Beim letzteren geht es ausschlie-lich um das Gewinnen, whrend in einer Simula-tion das Vorgehen und Verhalten trainiert wird.

    Simulationen folgen keinem starren Muster.Das Verhalten des Mitspielers beeinflusst die Si-mulation und damit das Geschehen und sie luft

    weiter, unabhngig davon, wie geschickt oderungeschickt sich jemand verhlt oder sich geradefhlt den immer vorhandenen Stopp-Schalteroder das Code-Stopp-Wort einmal auer Achtgelassen. In Simulationen knnen unvorherseh-bare Problemsituationen jederzeit eingeflochten

    werden, die den Stresslevel weiter erhhen, beigleichzeitig steigenden Anforderungen an dieindividuellen Fhigkeiten. >>

    REALITTSNHE

    Sind Sie schonmal gekidnapptworden?

    Training von Bundeswehrverbnden im Gefechtsbungszentrum Heer

    Foto:Bundeswehr/AndreaBienert

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    Neben der Desensibilisierung, Festigung und Ver-besserung der eigenen Fhigkeiten, steht die Be-

    wltigung des Stresses in Kampf- und Konfliktsi-tuationen bei militrischen Simulationen im Vor-dergrund. In der Simulation zu wissen, unter Be-schuss zu geraten, ist nicht vergleichbar mit dem

    Gefhl der Lebensbedrohung in einer realen Ge-fechtssituation, in welcher wesentlich mehr Reizeder Umwelt den Krper stimulieren und Adrenalinausschtten lassen. Dennoch erhhen ausgefeilteSimulationen, etwa mit Farbmarkierungswaffen,

    die Ernsthaftigkeit und Realittsnhe deutlich.Wenn jedoch die Simulationen nicht real sind undder Teilnehmer sich dessen natrlich bewusst ist,

    wieso stellt sich dann das reale Gefhl von Angstund Handlungsunsicherheit ein?Sind Sie schon einmal gekidnappt worden? Ich

    kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen: Es ist einmieses Gefhl. Okay, anfangs war das eigene Emp-finden noch alles easy, teils auch belustigt. InDeutschland, im sicheren Umfeld des VN-Ausbildungszentrums der Bundeswehr in Ham-

    melburg, war sich schlielich jeder Teilnehmerbewusst, dass dieses Kidnapping simuliert war.Trotzdem empfanden alle Teilnehmer, frher oderspter, die Situation als real und entsprechendbelastend. Der Truppenpsychologe begrndetedieses reale Empfinden mit der grundstzlichen

    Bereitschaft, sich in diese Situation zu begeben,sich auf das Geschehen einzulassen, und mit demstarken situationsbezogenen Stress, welcher in dergruppendynamischen Situation den Gedanken anein Spiel unterdrckt. Die Kognition stellt sichhinter dem Stressempfinden an. Das Herz rast undnur mit Mhe bringen eingebte Atemtechnikenund stndige gedankliche Wiederholungen, es istnicht real, wieder halbwegs Ruhe in den Lebens-gefahr witternden Krper.

    In so einem Stressexpositionstraining er-

    folgreich absolvierte und wiederholte Simulatio-nen erhhen die mentale Fhigkeit, aufgrund derGewohnheit, Stress auszuhalten und diesen zubewltigen. Dies verringert die Angst, gibt Ver-trauen in die eigenen Fhigkeiten und in die ei-gene Selbstwirksamkeitserwartung.

    Nach denselben Prinzipien funktioniert dasGefechtsbungszentrum Heer im sachsen-anhal-tinischen Letzlingen. Der 230 Quadratkilometergroe Truppenbungsplatz, mit unzhligen Kame-

    ras, Laser-Schussgerten und GPS-Sensoren aus-gestattet, ist der grte Militrsimulator in Europa.Hier ben ganze verstrkte Bataillone noch einmalim groen Verband, unmittelbar bevor sie in denEinsatz gehen wie in den Krieg in Afghanistan.Ein Schiekino fr ber 1.000 Soldaten.

    Die Anlage hlt Oberst Michael Matz, bis zumMai 2012 noch deren Kommandeur, fr eine echte

    Innovation in der Geschichte der Ausbildung deut-schen Militrs: Die groen Manver im KaltenKrieg waren doch Sandkastenspiele fr Gene-ralstbler, erinnerte er sich. Seit aber das Ge-fechtsbungszentrum 2006 in vollem Umfang inBetrieb ging, sei man sogar moderner als die USA

    die einzigen weltweit, die eine vergleichbare,technisch aber viel ltere Einrichtung unterhalten.

    In Simulationsumgebungen, wie hier im Ge-fechtsbungszentrum, lassen sich auerdem dieZusammenarbeit, Kommunikation und Koordina-tion im Team hervorragend ben. Das Team wirdeingespielter und das Vertrauen zu der Fhigkeit,gemeinsam im Team zu agieren, steigt. Nicht zu-letzt frdert das gemeinsame ben auch in Simu-lationsumgebungen den Gemeinschaftssinn frbevorstehende Herausforderungen im Einsatz.

    Umso besser ist es, dass die Kognition unsvor realen seelischen Schden durch Simulatio-nen im Nachhinein bewahrt es war eben dochnur ein Spiel. Und sie kann dazu genutzt wer-den, die konkrete Erfahrung kritisch reflektie-rend zu beobachten, zu prfen und, verbessert,anzuwenden.

    Aranko Szabo hat Soziologie, Psychologie und P-dagogik studiert; sie ist freie Journalistin und Pres-

    sefotografin.

    REALITTSNHE

    Die Kognitionstellt sich

    hinten an:Der KrperwittertLeBensgefahr.

    Quellen und Links:

    Webprsenz des VN-Ausbildungszentrumsder Bundeswehr

    http://www.vnausbzbw.de/http://www.vnausbzbw.de/http://www.vnausbzbw.de/http://www.vnausbzbw.de/
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    NOTIZ

    Vom Grnen

    Rasen kopiertDie US-Spezialkrfte beschaffenein kommerziellesTrainingssystem fr Profisportler,um die Beobachtungs- undWahrnehmungsfhigkeiten ihrerSoldaten zu verbessern.

    Die US Special Operations Forces fhren ihreEinstze unter hohem Risiko durch. Bei Aktionengegen Terrorverdchtige oder Geiselbefreiungenkommt es fr