Advanced Nursing Practice in Österreich

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Advanced Nursing Practice in Österreich Verfasserinnen: Christiana C. Aghaizu, Melanie Barton, Michaela Herzog, Pia Schoiswohl, Birgit Schönfelder Lehrveranstaltung: Forschungswerkstatt 2019/2020 Lehrveranstaltungsleiter: Univ.-Prof. Mag. Dr. Hanna Mayer, Ass.-Prof. Mag. Dr. Martin Nagl-Cupal, Bianca Sünbold, BSc. Problemstellung Die demographische Entwicklung mit einer Überalterung der Gesellschaft sowie die Zunahme und der Gestaltwandel chronischer Erkrankungen machen Veränderungen in der pflegerischen Versorgung notwendig [1]. Unter dem Konzept Advanced Nursing Practice“ (ANP) entstehen hier neue Handlungsfelder, in denen akademisch ausgebildete Pflegende mit Masterabschluss in unterschiedlichen Rollen eine spezialisierte Pflege anbieten können [2]. Die aktuelle Forschungslage zeigt international ein stark zerklüftetes Bild von ANP auf [3]. In vielen Studien werden Diskrepanzen sowohl hinsichtlich Rollendefinition und Berufsbild als auch hinsichtlich der Berufsausübung beschrieben [4]. In Österreich werden Pflegende bereits als Advanced Practice Nurses (APN) ausgebildet. Es mangelt jedoch an einem eindeutigen Berufsbild sowie einer klaren Positionierung im Gesundheitssystem [5]. Ziel und Methodik Das Forschungsprojekt wurde mit dem Ziel durchgeführt, nach derzeitigem Stand angelehnt an das Hamric Model of Advanced Nursing Practice die Bereiche von diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen in Österreich zu erheben, welche über eine Ausbildung als Advanced Practice Nurse (APN) verfügen oder eine Rolle als APN ausüben. Die Erhebung basiert auf einem quantitativen Forschungsansatz und wurde als deskriptives Forschungsdesign gestaltet [6]. Mittels Online-Fragebogenerhebung konnten insgesamt n=105 diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen befragt werden. In die Erhebung eingeschlossen wurden sowohl Personen welche eine Ausbildung zur APN absolviert haben als auch diejenigen Personen im klinischen Bereich, welche derzeit in APN-Rollen arbeiten. Ergebnisse Schlussfolgerung Ab wann eine Pflegeperson nun als APN gilt, ist weiterhin diskussionsbedürftig. Jedenfalls stellt die zentrale Anforderung eine direkte klinische Tätigkeit für die Bezeichnung als APN dar. Obwohl ein Hochschulabschluss auf Masterniveau, idealerweise in Advanced Nursing Practice, für die Ausübung im internationalen Diskurs wünschenswert ist, zeigt sich anhand der Auswertung jedoch eher eine Entfremdung vom direkten Patienten*innenkontakt, je höher die absolvierte Ausbildung. Es bedarf der Entwicklung gesetzlicher Rahmenbedingungen für APN‘s in Österreich, um hochqualifizierten Absolventen*innen von Studiengängen mit Schwerpunkt ANP eine zu ihrem Kompetenzprofil passende Berufspraxis bieten zu können. Mittels Durchführung einer Faktorenanalyse erfolgte eine Zuordnung der Tätigkeiten in vier übergeordnete Bereiche: Direkte Pflege, Research, Leadership und Education (Abb.1). Alle Tätigkeiten, welche in dem in Anlehnung an das Hamric Modell erstellten Fragebogen abgefragt wurden, zeigen eine Veränderung in der Ausprägung der Durchführung bestimmter Tätigkeiten in Zusammenhang mit der höchsten abgeschlossenen Ausbildung. Je höher der akademische Grad, desto stärker liegen die Tätigkeiten im Bereich „Leadership“. Die Zentralkompetenz „Research“ ist bei allen Befragten eher schwach ausgeprägt. Es fanden sich keine Teilnehmer*innen mit abgeschlossenem Doktoratsstudium. Tätigkeiten welche sich dem Bereich „Education“ zugehörig zeigen, sind ebenfalls weniger stark ausgeprägt. Ausnahmen findet man hier bei der Durchführung von Mentoring oder dem Durchführen von Fallbesprechungen. Für die Bereiche, in welchen Advanced Practice Nurses in Österreich derzeit eingesetzt werden, lässt sich wie in Abb. 2 erkenntlich keine gezielte Aussage treffen. Es finden sich in allen Bereichen der Pflegepraxis Pflegende mit oder ohne APN Ausbildung, welche eine APN Rolle innehaben oder mit abgeschlossener APN Ausbildung in diesem Bereich tätig sind. Abbildung 1 12 10 1 2 13 10 2 11 1 1 4 3 2 2 4 3 6 7 5 4 0 2 4 6 8 10 12 14 Anästhesie- und Intensivpflege Lehrtätigkeit Behindertenhilfe Case Management operative Fächer (stationär) interne Freiberuflich Geriatrie/Langzeitpflege interdisziplinär Klinische Forschung Management Mobile Pflege Kinderintensivpflege Neurologie Notfall Onkologie und Hämatologie Palliative Care Stabsstelle Pflegeberatung/Pflegeentwicklung QM, Organisationsentwicklung Psychiatrie Tätigkeitsbereiche der Befragten (n=103) 0 1 2 3 4 5 6 Tätigkeiten nach höchster abgeschlossener Ausbildung direktePflege Edukation Research Leadership Abbildung 2 Masterstudium aufbauend auf einen Bachelor Diplom der Gesundheits- und Krankenpflege Bachelor in Nursing/ health science Masterstudiengang /-lehrgang Quellen: [1]Schaeffer, D. (Hg.) (2009): Bewältigung chronischer Krankheit im Lebenslauf. Bern: Verlag Hans Huber I [2]Hamric, A., Hanson, C., Tracy, M., & O´Grady, E. (2014). Advanced practice nursing. An integrative approach. (5. Aufl.). St. Louis: Saunders/Elsevier I [3] MacDonald, J., Herbert, R., & Thibeault, C. (2006). Advanced practice nursing: Unication through a common identity. Journal of Professional Nursing, 3, 172179 I [4]Jakimowicz, M., Williams, D., & Stankiewicz, G. (2017). A systematic review of experiences of advanced practice nursing in general practice. BMC Nursing, 16(1) I [5]DBfK, ÖGKV und SBK (2013). Advanced Nursing Practice in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Eine Positionierung. https://www.oegkv.at/fileadmin/user_upload/International/Positionspapier-ANP-DBfK-OEGKV-SBK-01-2013-final.pdf I [6]Mayer, H. (2015). Pflegeforschung anwenden. Elemente und Basiswissen für das Studium (4. Aufl.). Wien: Facultas I [7] Hamric, A., Tracy, M. F. (2019): A Definition of Advanced Practice Nursing. In: Mary, F. T. & O’Grady E. T. (Hg.): Hamric and Hanson’s Advanced Practice Nursing. An Integrative Approach. 6th edition. St. Louis: Elsevier, p. 6179. Abbildung 1: direkte Pflege: Dipl. 3,57 ± 1,35 Bac. 3,36 ±1,32 Masterstudium 3,87 ± 1,28 Masterstudiengang 3,87 ± 1,35 Research: Dipl. 1,97 ± 0,85 Bac. 2,44 ±1.29 Masterstudium 3,61 ± 1,59 Masterstudiengang 3,35 ± 1,28 Edukation:Dipl. 2,66 c 1,42 Bac. 2,63 ± 1,19 Masterstudium 3,27 ± 0,87 Masterstudiengang 3,74 ± 1,74 Leadership: Dipl. 2,93 ± 1,06 Bac. 3,15 ±1,36 Masterstudium 4,48 ± 1,06 Masterstudiengang 4,91 ±0,73 I Abbildung 2: Tätigkeitsbereiche Eine quantitative deskriptive Querschnittsstudie zur Analyse bereits existenter Tätigkeitsbereiche

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Page 1: Advanced Nursing Practice in Österreich

Studium und Lehre

Advanced Nursing Practice in Österreich

Verfasserinnen: Christiana C. Aghaizu, Melanie Barton, Michaela Herzog, Pia Schoiswohl, Birgit Schönfelder

Lehrveranstaltung: Forschungswerkstatt 2019/2020

Lehrveranstaltungsleiter: Univ.-Prof. Mag. Dr. Hanna Mayer, Ass.-Prof. Mag. Dr. Martin Nagl-Cupal, Bianca Sünbold, BSc.

Studium und Lehre

Problemstellung

Die demographische Entwicklung mit einer Überalterung der

Gesellschaft sowie die Zunahme und der Gestaltwandel

chronischer Erkrankungen machen Veränderungen in der

pflegerischen Versorgung notwendig [1]. Unter dem Konzept

„Advanced Nursing Practice“ (ANP) entstehen hier neue

Handlungsfelder, in denen akademisch ausgebildete Pflegende

mit Masterabschluss in unterschiedlichen Rollen eine

spezialisierte Pflege anbieten können [2]. Die aktuelle

Forschungslage zeigt international ein stark zerklüftetes Bild

von ANP auf [3]. In vielen Studien werden Diskrepanzen

sowohl hinsichtlich Rollendefinition und Berufsbild als auch

hinsichtlich der Berufsausübung beschrieben [4]. In Österreich

werden Pflegende bereits als Advanced Practice Nurses (APN)

ausgebildet. Es mangelt jedoch an einem eindeutigen

Berufsbild sowie einer klaren Positionierung im

Gesundheitssystem [5].

Ziel und Methodik

Das Forschungsprojekt wurde mit dem Ziel durchgeführt, nach

derzeitigem Stand angelehnt an das Hamric Model of Advanced

Nursing Practice die Bereiche von diplomierten Gesundheits-

und Krankenpflegepersonen in Österreich zu erheben,

welche über eine Ausbildung als Advanced Practice Nurse

(APN) verfügen oder eine Rolle als APN ausüben. Die

Erhebung basiert auf einem quantitativen Forschungsansatz

und wurde als deskriptives Forschungsdesign gestaltet [6].

Mittels Online-Fragebogenerhebung konnten insgesamt n=105

diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen befragt

werden. In die Erhebung eingeschlossen wurden sowohl

Personen welche eine Ausbildung zur APN absolviert haben als

auch diejenigen Personen im klinischen Bereich, welche derzeit

in APN-Rollen arbeiten.

Ergebnisse

Schlussfolgerung

Ab wann eine Pflegeperson nun als APN gilt, ist weiterhin diskussionsbedürftig. Jedenfalls stellt die zentrale Anforderung eine

direkte klinische Tätigkeit für die Bezeichnung als APN dar. Obwohl ein Hochschulabschluss auf Masterniveau, idealerweise in

Advanced Nursing Practice, für die Ausübung im internationalen Diskurs wünschenswert ist, zeigt sich anhand der Auswertung jedoch

eher eine Entfremdung vom direkten Patienten*innenkontakt, je höher die absolvierte Ausbildung. Es bedarf der Entwicklung

gesetzlicher Rahmenbedingungen für APN‘s in Österreich, um hochqualifizierten Absolventen*innen von Studiengängen mit

Schwerpunkt ANP eine zu ihrem Kompetenzprofil passende Berufspraxis bieten zu können.

Mittels Durchführung einer Faktorenanalyse erfolgte eine Zuordnung der Tätigkeiten

in vier übergeordnete Bereiche: Direkte Pflege, Research, Leadership und Education

(Abb.1). Alle Tätigkeiten, welche in dem in Anlehnung an das Hamric Modell erstellten

Fragebogen abgefragt wurden, zeigen eine Veränderung in der Ausprägung der

Durchführung bestimmter Tätigkeiten in Zusammenhang mit der höchsten

abgeschlossenen Ausbildung. Je höher der akademische Grad, desto stärker liegen

die Tätigkeiten im Bereich „Leadership“. Die Zentralkompetenz „Research“ ist bei

allen Befragten eher schwach ausgeprägt. Es fanden sich keine Teilnehmer*innen mit

abgeschlossenem Doktoratsstudium. Tätigkeiten welche sich dem Bereich „Education“

zugehörig zeigen, sind ebenfalls weniger stark ausgeprägt. Ausnahmen findet man hier

bei der Durchführung von Mentoring oder dem Durchführen von Fallbesprechungen.

Für die Bereiche, in welchen Advanced Practice Nurses in

Österreich derzeit eingesetzt werden, lässt sich wie in Abb. 2

erkenntlich keine gezielte Aussage treffen. Es finden sich in allen

Bereichen der Pflegepraxis Pflegende mit oder ohne APN Ausbildung,

welche eine APN Rolle innehaben oder mit abgeschlossener APN

Ausbildung in diesem Bereich tätig sind.

Abbildung 1

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Anästhesie- und IntensivpflegeLehrtätigkeit

BehindertenhilfeCase Management

operative Fächer (stationär)interne

FreiberuflichGeriatrie/Langzeitpflege

interdisziplinärKlinische Forschung

ManagementMobile Pflege

KinderintensivpflegeNeurologie

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Palliative CareStabsstelle Pflegeberatung/Pflegeentwicklung

QM, OrganisationsentwicklungPsychiatrie

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Tätigkeiten nach höchster abgeschlossener Ausbildung

direktePflege Edukation Research Leadership

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Masterstudium aufbauend auf einen Bachelor

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Quellen: [1]Schaeffer, D. (Hg.) (2009): Bewältigung chronischer Krankheit im Lebenslauf. Bern: Verlag Hans Huber I [2]Hamric, A., Hanson, C., Tracy, M., & O´Grady, E. (2014). Advanced practice nursing. An integrative approach. (5. Aufl.). St. Louis: Saunders/Elsevier I [3] MacDonald, J., Herbert, R., & Thibeault, C. (2006). Advanced practice nursing: Unication through a common identity. Journal of Professional Nursing, 3, 172–179 I [4]Jakimowicz, M., Williams, D., & Stankiewicz, G. (2017). A systematic review of experiences

of advanced practice nursing in general practice. BMC Nursing, 16(1) I [5]DBfK, ÖGKV und SBK (2013). Advanced Nursing Practice in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Eine Positionierung. https://www.oegkv.at/fileadmin/user_upload/International/Positionspapier-ANP-DBfK-OEGKV-SBK-01-2013-final.pdf I [6]Mayer, H. (2015). Pflegeforschung anwenden. Elemente und Basiswissen für das Studium (4. Aufl.). Wien: Facultas I [7] Hamric, A., Tracy, M. F. (2019): A Definition of Advanced Practice Nursing. In: Mary, F. T.

& O’Grady E. T. (Hg.): Hamric and Hanson’s Advanced Practice Nursing. An Integrative Approach. 6th edition. St. Louis: Elsevier, p. 61–79.

Abbildung 1: direkte Pflege: Dipl. 𝑥 3,57 ± 1,35 Bac. 𝑥 3,36 ±1,32 Masterstudium 𝑥 3,87 ± 1,28 Masterstudiengang 𝑥 3,87 ± 1,35 Research: Dipl. 𝑥1,97 ± 0,85 Bac. 𝑥 2,44 ±1.29 Masterstudium 𝑥 3,61 ± 1,59 Masterstudiengang 𝑥 3,35 ± 1,28 Edukation:Dipl. 𝑥 2,66 c 1,42 Bac. 𝑥 2,63 ± 1,19 Masterstudium 𝑥 3,27 ± 0,87 Masterstudiengang 𝑥 3,74 ± 1,74 Leadership: Dipl. 𝑥 2,93 ± 1,06 Bac. 𝑥 3,15 ±1,36 Masterstudium 𝑥 4,48 ± 1,06 Masterstudiengang 𝑥 4,91 ±0,73 I Abbildung 2: Tätigkeitsbereiche

Eine quantitative deskriptive Querschnittsstudie zur Analyse bereits existenter Tätigkeitsbereiche