Ärztliche Behandlung und Betreuung am Lebensende Dr. med. Hinderikus Klugkist Leitender Oberarzt

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Sterbehilfe Entscheidungen von Ärzten und Betreuern am Lebensende Tagung des Instituts für Gesundheitswissenschaften (ISGE) in Kooperation mit dem Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Fachhochschule Emden und dem Klinikum Emden ForumKlinikum 24.11.2010 Ärztliche Behandlung und Betreuung am Lebensende Dr. med. Hinderikus Klugkist Leitender Oberarzt Neurologische Klinik Emden

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Sterbehilfe Entscheidungen von Ärzten und Betreuern am Lebensende Tagung des Instituts für Gesundheitswissenschaften (ISGE) in Kooperation mit dem Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Fachhochschule Emden und dem Klinikum Emden ForumKlinikum 24.11.2010. - PowerPoint PPT Presentation

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SterbehilfeEntscheidungen von Ärzten und Betreuern

am Lebensende

Tagung des Instituts für Gesundheitswissenschaften (ISGE)in Kooperation mit dem Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit

der Fachhochschule Emden und dem Klinikum Emden

ForumKlinikum24.11.2010

Ärztliche Behandlung und Betreuung am Lebensende

Dr. med. Hinderikus Klugkist

Leitender OberarztNeurologische Klinik Emden

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Ärztliche Entscheidungen am Lebensende

Aktuelle Gesetzeslage (Artikel 2 (2) GG: Jeder Recht auf Leben, BGB: §§ 1901a, 1901b, 1904)und Rechtsprechung (BGH vom 25.06.10 / 2 StR 454/09)

Berufsordnung, BundesärztekammerGrundsätze der ärztlichen Sterbebegleitung (Sterben in Würde)(Berufsrecht teilweise strenger als die gesetzliche Regelung / Überarbeitung geplant)

Der nicht einwilligungsfähige Patient Welcher Patientenwille besteht? Wer trifft darauf aufbauend Entscheidungen:Patientenverfügungen? Angehörige? Ärzte? Betreuer?

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Sterben in WürdeGrundsätze der ärztlichen Sterbebegleitung

Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte:

Gelöbnis:

Mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit stellen

Beruf mit Würde ausüben

Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit oberstes Gebot

Jedem Menschenleben Ehrfurcht entgegenbringen

Ärztliche Kunst nicht in Widerspruch zu den Gebotender Menschlichkeit anwenden

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Sterben in WürdeGrundsätze der ärztlichen Sterbebegleitung

Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte:

§ 1 (2):

Aufgabe der Ärzte ist es Leben zu erhalten …, Leiden zu lindern

Sterbenden Beistand zu leisten

§ 2 (1):

Ärzte üben ihren Beruf nach ihrem Gewissen, den Geboten derärztlichen Ethik und der Menschlichkeit aus

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Sterben in WürdeGrundsätze der ärztlichen Sterbebegleitung

Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte:

§ 4 (4):

Ärzte dürfen hinsichtlich ihrer ärztlichen Entscheidungen keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen

§ 7 (1):

Jede Behandlung hat unter Wahrung der Menschenwürde, unterAchtung der Persönlichkeit, des Willens und des Selbstbestimmungsrechts des Patienten zu erfolgen

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Sterben in WürdeGrundsätze der ärztlichen Sterbebegleitung

Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte:

§ 16 Beistand für Sterbende:

Ärzte dürfen unter Vorrang des Patientenwillens auf lebensver-längernde Maßnahmen nur verzichten und sich auf die Linderung der Beschwerden beschränken, wenn ein Hinausschieben desunvermeidbaren Todes für die sterbende Person lediglich eine Verlängerung des Leidens bedeuten würde.

Ärzte dürfen das Leben des Sterbenden nicht aktiv verkürzen.Sie dürfen nicht das Interesse Dritter über das Wohl des Patientenstellen.

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Sterben in WürdeGrundsätze der ärztlichen Sterbebegleitung

Präambel:Basisbetreuung in jedem Fall:

Menschenwürdige Unterbringung

Zuwendung

Körperpflege

Lindern von Schmerzen, Atemnot und Übelkeit

Stillen von Hunger und Durst

Ein offensichtlicher Sterbevorgang soll nicht durch lebenserhaltendeTherapien künstlich in die Länge gezogen werden. Bei seiner Entscheidung

soll der Arzt mit pflegenden Mitarbeitern einen Konsens suchen

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I Ärztliche Pflichten bei Sterbenden:„… mit irreversiblem Versagen einer oder mehrerer vitaler

Funktionen,bei denen der Eintritt des Todes in kurzer Zeit zu erwarten ist, so zuhelfen, dass Sie unter menschenwürdigen Bedingungen sterbenkönnen“

Die Hilfe besteht in palliativmedizinischer Versorgung undBasisbetreuung.

Hunger und Durst müssen dabei als subjektive Empfindung gestilltwerden, eine entsprechende Zufuhr ist daher nicht immer geboten.

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II Verhalten bei Patienten mit infauster Prognose:

Bei Patienten, die „aller Voraussicht“ nach in absehbarer Zeit sterben, weil die Krankheit weit fortgeschritten ist, kann eine Änderung des Behandlungsziels indiziert sein.

In Zweifelsfällen Beratung mit anderen Ärzten und Pflegenden

Bei Neugeborenen mit schwersten Beeinträchtigungen kann im Einvernehmen mit den Eltern eine lebenserhaltende Behandlungunterlassen werden. Eine weniger schwere Schädigung ist keinGrund zur Vorenthaltung, auch wenn Eltern dies fordern.

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III Behandlung bei schwerster zerebraler Schädigungund anhaltender Bewußtlosigkeit

Patienten mit einem apallischen Syndrom (Wachkoma) haben einen Anspruch auf Basisversorgung einschließlich gegebenenfallskünstlicher Ernährung.

Die Dauer der Bewußtlosisgkeit ist kein alleiniges Kriterium fürden Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen.

Hat der Patient keinen Bevollmächtigten, wird die Bestellungeines Betreuers erforderlich sein.

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IV Ermittlung des Patientenwillens:

Bei einwilligungsfähigen Patienten hat der Arzt die durch den angemessen aufgeklärten Patienten geäußerte Ablehnung einerBehandlung zu beachten.

Bei einwilligungsunfähigen Patienten ist die in einer Patienten-verfügung zum Ausdruck gebrachte Ablehnung für den Arztbindend (Cave: konkrete Situation, nachträgliche Willensänderung)

Ist ein Vertreter (Eltern, Betreuer, Bevollmächtigter) vorhanden, istdessen Erklärung maßgeblich (gegebenenfalls Genehmigung desBetreuungsgerichts)

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IV Ermittlung des Patientenwillens:

Liegt weder vom Patienten , noch von einem Betreuer oder Bevollmächtigten eine Erklärung vor, ist der mutmaßliche Willedes Patienten zu ermitteln:Frühere Äußerungen zum Thema, religiöse Überzeugungen, seine Haltung zu Schmerzen, nahe stehende Personen, Angehörige

Lässt sich der mutmaßliche Wille nicht ermitteln, so soll der Arztsich in Zweifelsfällen für Lebenserhaltung entscheiden

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V Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachtenund Betreuungsverfügungen

Eine Vorsorgevollmacht ist in schriftlicher Form bindendIn Zweifelsfällen Betreuungsgericht (§ 1904)

Eine Patientenverfügung bedarf keiner Form, sollte aber schriftlich abgefasst sein und ist für den Arzt verbindlich(Neues Gesetz zur formalen Ausgestaltung einer Patientenverfügung:Ankreuzformulare ausreichend sofern mit eigener Unterschrift versehen, keinenotarielle Beglaubigung erforderlich. Mündliche Äußerungen sind keine Patienten-verfügungen im Sinne des Gesetzes aber nicht unbeachtlich (mutmaßlicher Wille)(Aktualisierte und präzisierte Stellungnahme der Bundesärztekammer:Deutsches Ärzteblatt, Jg 107, Heft 18, A877-A882, 07.05.2010)

Bei einer Betreuungsverfügung entscheidet der vom Betreuungs-gericht ernannte Betreuer im Rahmen seines definiertenAufgabenkreises

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Sterben in WürdeGrundsätze der ärztlichen Sterbebegleitung

Bewertung

Erfahrungsgemäß besteht ein grundsätzlicher Unterschied, ob eineVerfügung in gesunden Tagen oder in existentieller Betroffenheiteiner lebensbedrohenden Erkrankung getroffen wird (freier Wille?)

Niemand kann zur Abfassung einer Patientenverfügung gezwungen werden

Vertrauensvolle Arzt/Patientengespräche erforderlich, um voraus-schauend Entscheidungsoptionen erörtern zu könnenund auf Behandlungsalternativen hinzuweisen(„medizinischer Fortschritt“ „Unsicherheit von Prognosen“)

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Einwilligungsfähigkeit

Patientenverfügung nur wirksam, wenn Patient zur Zeit der Abfassung einwilligungsfähig war.

Grundsätzlich bei Volljährigkeit anzunehmen

Gegeben, wenn Art und Schwere einer Erkrankung erfasst werdenkönnen, Bedeutung und Tragweite beurteilt werden können(keine Frage des Alters, auch Minderjährige)

Einsichts- und Urteilsfähigkeit nicht durch Krankheit und oderBehinderung beeinträchtigt ist („freier Wille“, Forensik)

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Sterben in WürdeGrundsätze der ärztlichen Sterbebegleitung

KonflikteAnhaltspunkte, dass der zuvor geäußerte Wille des Patientennicht mehr gilt: prozedurale Erörterung unter Einbeziehung vonBetreuern, Angehörigen, Ärzten, Pflegenden, gegebenenfallsEthikkommission

NotfallsituationWenn der Wille des Patienten nicht bekannt ist und für die Ermittlung des tatsächlichen oder mutmaßlichen Willenskeine Zeit bleibt, ist die medizinisch indizierte Behandlungeinzuleiten, die im Zweifel auf die Erhaltung des Lebensgerichtet ist.

Ein Arzt kann nicht zu einer seinem Gewissen widersprechendenBehandlung oder zu bestimmten Maßnahmen gezwungen werden

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Risiken der Entscheidungsfindung

Der Paradigmenwechsel vom Paternalismus zur Partner-schaft hat Auswirkungen auf die Kommunikation Arzt/Patient

Uns steht eine zunehmende Verrechtlichung des Arzt/Betreuer/Patienten-Verhältnisses bevor

Die Ärzte verlieren als letzte Anwälte des Lebensrechts der ihnenanvertrauten Patienten an Einfluss

Das geänderte Betreuungsrecht darf nicht als eine Einbahnstraßein den „selbstbestimmten“ Tod interpretiert werden (?)(Garantenstellung aus § 13 StGB, z.B.: Suizid)?(Unterlassene Hilfeleistung § 323 StGB)?

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Ärztliche Entscheidungen im Spannungsfeld der Begriffe

Sterbehilfe

Bezeichnet Handlungen, die von der Hilfe und Unterstützung imSterben (Übergang vom Leben zum Tod) bis hin zur aktivenTötung sterbender oder schwerstkranker Menschen reichen

Ausweitung des Begriffes auf Patienten im Wachkoma, mit fortge-schrittener Alzheimer-Demenz oder Locked-in-Syndromen istumstritten. In Deutschland kein spezielles Gesetz hierzu.

Arten:Indirekte SterbehilfePassive SterbehilfeAktive Sterbehilfe

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Indirekte Sterbehilfe

Indirekte Sterbehilfe ist die in Kauf genommene Beschleunigungdes Todeseintritts als Nebenwirkung z.B. einer gezieltenSchmerzbekämpfung (z.B. im Endstadium einer Krebserkrankung)

Der Arzt ist in diesem Fall aus dem Notstand der Pflichtenkollision (Schmerzinderung versus Lebenserhaltung) gerechtfertig undbleibt in der Regel straffrei. Die Nichtverabreichung vonSchmerzmitteln in einer derartigen Situation kann sogar eineKörperverletzung (§ 223 StGB) oder unterlassene Hilfeleistung (§ 323c) darstellen.

In der Praxis eher selten bei korrekt eingesetzten Morphinen oderBenzodiazepinen (führen eher zur Lebensverlängerung)

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Passive Sterbehilfe

Passive Sterbehilfe ist die gewollte Herbeiführung des Todes durch Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen oder durchderen („aktive“) Beendigung

(„Sterbenlassen“ durch Unterlassen oder Abbrechen:z.B.: keine Dialyse oder Beatmung mehr, keine antibiotische Behandlung)

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Aktive Sterbehilfe

Aktive Sterbehilfe ist die gezielte Herbeiführung des Todes durchHandeln auf Grund eines tatsächlichen (Patientenverfügung)oder mutmaßlichen Willens einer Person.

Die aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten (§ 216 StGB)

Eine Tötung ohne Vorliegen einer Willensäußerung des Betroffenen wird allgemein als Totschlag oder Mord aufgefasst.

(Aktive Sterbehilfe weltweit nur in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg in gewissen Grenzen erlaubt)

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Beihilfe zur Selbsttötung (assistierter Suizid)

Selbsttötung mit Hilfe einer Person, welche ein Mittel zurSelbsttötung bereitstellt.(z.B. ärztliche Verordnung einer tödlichen Dosis eines Barbiturats)

Beihilfe zur Selbsttötung ist in Deutschland nicht strafbar(Zu diesem Zweck dürfen diese Medikamente aber nicht verordnet werden, Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz, evtl.auch strafbewehrt wegen unterlassener Hilfeleistung wenn derSuizid in Gegenwart des Arztes erfolgt)

(In Österreich verboten, in den US-Staaten Oregon und Washingtonals ärztlich assistierter Suizid zugelassen und gesetzlich geregelt)

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Tötung auf Verlangen

Tötung auf Verlangen ist ein Straftatbestand innerhalb der Tötungsdelikte und im deutschen Strafgesetzbuch (§ 216 StGB)verankert.

Der Straftatbestand ist anwendbar, wenn der Getötete vom Täterausdrücklich und ernsthaft verlangt hat, ihn zu töten. Unter Bezug auf ärztliches Handeln am Lebensende kann die Abgrenzung zur Sterbehilfe schwierig sein. Für die Straflosigkeitdes ärztlichen Handelns ist im Licht der höchstrichterlichenEntscheidung des BGH wohl entscheidend, dass die jeweiligenMassnahmen zur Umsetzung des Patientenwillens erforderlichwaren und nicht, ob es sich um ein Unterlassen oder aktives Tunhandelte (Abbruch der Behandlung)

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Probleme der Sterbehilfe

Spannungsfelder

Gesetzliche Regelungen und Selbstbestimmung

Staatlicher Strafanspruch und Rechtfertigungsgründe(Pflichtenkollision, Notstand)

Medizinische Notwendigkeiten und Menschenwürde

Selbstbestimmung und religiöse Aspekte

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Ärztlich begleiteter Suizid und aktive Sterbehilfeaus Sicht der deutschen Ärzteschaft

Repräsentativbefragung von Krankenhaus- und Niedergelassenen Ärzten

Zufalls-Stichprobe 527 Ärzte (266 ambulant, 261 stationär tätig)

Methode: Telefonische Befragung

Befragungszeitraum: 14.08. – 07.09.2009

Durchführung: Institut für Demoskopie Allensbach

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Lebensverlängernde Maßnahmen sollten auf Wunsch des Patienten eingestellt werden

Im Zusammenhang mit der Patientenverfügung wird auch darüberdiskutiert, ob lebensverlängernde Maßnahmen eingestellt werden sollten, wenn ein Patient dies zuvor ausdrücklich erklärthat.

… sollten eingestellt werden: 74% (Bevölk. > 16 J.: 72%)

… kommt darauf an: 21% (Bevölk. > 16 J.: 17%)

… bin dagegen 5% (Bevölk. > 16 J.: 11%)

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Wünsche nach begleitetem Suizid sind Ausnahmefälle

Wenn Sie einmal danach gehen, was Sie wissen oder auch vonKollegen gehört haben: Kommt es häufiger vor, dass Patientenmit einer schweren, unheilbaren Krankheit den Wunsch nacheinem ärztlich begleiteten Suizid äußern, oder sind das nurAusnahmefälle?

Sind Ausnahmefälle: 75%

Kommt häufiger vor: 16% (21%, Ärzte, die mit unheil- bar Kranken zu tun haben)

Unentschieden: 9%

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Jeder dritte Arzt ist schon um Hilfe beim Suizid gebeten worden

Ärzte insgesamt: 34%

Niedergelassene Ärzte: 36%

Hausärzte: 50%

Fachärzte: 27%

Krankenhausärzte: 31%

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Die Wünsche kommen überwiegend von den Patienten selbst

Es sind schon um Hilfe beim Suizid gebeten worden:

Ärzte insgesamt: 34% (29% konnten Gründe nachvollziehen)

Vom Patienten selbst 26%

Von Patienten und Angehörigen 4%

Nur von Angehörigen 3% !!

Noch nicht gebeten worden 66% (41% hätten Verständnis)

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Gespaltenes Urteil über die Verbindlichkeit des Patientenwunsches nach Sterbehilfe

Einmal angenommen, ein Patient mit einer schweren, unheilbarenKrankheit äußert seinem Arzt gegenüber den Wunsch, sterben zuwollen. Sollte dieser Wunsch für den Arzt verbindlich sein und derArzt dem Patienten auf die eine oder andere Weise helfen oder sollte der Arzt nicht an den Willen des Patienten gebunden sein?

Alle Ärzte:

Sterbewunsch verbindlich: 38% nicht gebunden: 47 %

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Pro und Contra ärztlich begleiteter Suizid

Argumente:

Die Legalisierung des ärztlich begleiteten Suizids kann leicht dazuführen, dass sich Menschen um ärztliche Hilfe beim Suizid bemühen, weil sie sich als Belastung für Familie oder Gesellschaft fühlen:

Zustimmung: 89% der Ärzteschaft

Es ist fast unmöglich einzuschätzen, ob der Sterbewunsch einesPatienten endgültig ist oder sich doch noch ändert:

Zustimmung: 69% der Ärzteschaft (Palliativmed.: 79%!)

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Pro und Contra ärztlich begleiteter Suizid

Argumente:

Es verstößt gegen den hippokratischen Eid, wenn Ärzte Patientenbeim Suizid unterstützen:

Zustimmung: 65% der Ärzteschaft

Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht eines Patienten, denZeitpunkt seines Todes selbst zu bestimmen:

Zustimmung: 64% der Ärzteschaft

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Pro und Contra ärztlich begleiteter Suizid

Argumente:

Ein Arzt ist besonders gut geeignet, Patienten beim Suizid zu unterstützen, weil er weiß, wie man Medikamente richtig dosiert.

Zustimmung: 58% der Ärzteschaft

Durch den ärztlich begleiteten Suizid wird verhindert, dass einPatient unnötig lange Schmerzen erleiden muss.

Zustimmung: 54% der Ärzteschaft

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Pro und Contra ärztlich begleiteter Suizid

Argumente:

Niemand kann genau sagen, wann der Gesundheitszustand einesPatienten so hoffnungslos ist, dass ein begleiteter Suizid gerechtfertigt wäre.

Zustimmung: 48% der Ärzteschaft

Schon aus religiösen Gründen verbietet es sich, einen Suizidzu unterstützen.

Zustimmung: 44% der Ärzteschaft

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Weit überwiegend Ablehnung einer Legalisierungeines ärztlich begleiteten Suizids

Es wird über eine Regelung diskutiert, die es dem Arzt erlaubt, einen unheilbar Kranken beim Suizid zu unterstützen, z.B. indemer ihm tödliche Medikamente beschafft, die dieser dann selbst einnimmt. Befürworten Sie eine solche Regelung für einen ärztlich begleiteten Suizid?

Befürworte Regelung: 30% der Ärzteschaft

Lehne solche Regelung ab: 62% der Ärzteschaft

Unentschieden: 8% der Ärzteschaft

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Deutliche Unterschiede zwischen Befürwortern undGegnern einer Legalisierung

Argumente Contra:

Niemand kann genau sagen, wann der Gesundheitszustand einesPatienten so hoffnungslos ist, dass ein begleiteter Suizid gerechtfertigt wäre.

Befürworter Legalisierung: 24% Gegner Legalisierung: 62%

Schon aus religiösen Gründen verbietet es sich, einenSuizid zu unterstützen.

Befürworter Legalisierung: 22% Gegner Legalisierung: 57%

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Deutliche Unterschiede zwischen Befürwortern undGegnern einer Legalisierung

Argumente Pro:

Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht eines Patienten, denZeitpunkt seines Todes selbst zu bestimmen:

Befürworter Legalisierung: 80%Gegner Legalisierung: 55%

Durch den ärztlich begleiteten Suizid wird verhindert, dass einPatient unnötig lange Schmerzen erleiden muss:

Befürworter Legalisierung: 75% Gegner Legalisierung: 43%

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Befürworter wie Gegner erwarten Auswirkungen aufdas Selbstverständnis der Ärzte

Glauben Sie, dass eine gesetzliche Regelung, die den ärztlichbegleiteten Suizid grundsätzlich erlaubt, Auswirkungen auf dasSelbstverständnis der Ärzte hätte?

Hätte Auswirkungen: 63 % Ärzte insgesamt (55 % / 67 %)

Keine Auswirkungen: 31 % Ärzte insgesamt (40 % / 27 %)

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Auswirkungen auf das Selbstverständnis der Ärzteaus Sicht der Ärzteschaft

Grundverständnis des Berufs würde sich ändern: Abkehr vomHeilen und Bewahren:

29 % der Ärzteschaft

Allgemein negative Auswirkungen (Machtmissbrauch, Abstumpfung gegenüber dem Patienten):

24 % der Ärzteschaft

Zu hoher Druck, Gewissensnöte, zu hohe Verantwortung:

15 % der Ärzteschaft

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Die Mehrheit der Ärzteschaft würde eine Legalsierung als Belastung empfinden

Wenn es eine gesetzliche Regelung gäbe, die den ärztlich begleitetenSuizid grundsätzlich erlaubt: Kann man es Ärzten zumuten, darüberzu entscheiden, ob sie dem Wunsch des Patienten nach einemärztlich begleiteten Suizid Folge leisten sollen, oder lastet man ihnendamit eine zu hohe Bürde auf?

Kann man nicht zumuten: 53 % der Ärzteschaft

Kann man zumuten: 36 % der Ärzteschaft

Unentschieden: 11 % der Ärzteschaft

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Die Mehrheit der Ärzteschaft erwartet negativeAuswirkungen auf das Ansehen der Ärzte

Einmal angenommen, es gäbe eine gesetzliche Regelung, die denbegleiteten Suizid grundsätzlich erlaubt: würde sich das IhrerMeinung nach eher positiv oder eher negativ auf das Ansehender Ärzte in der Öffentlichkeit auswirken?

Würde sich negativ auswirken: 57 % der Ärzteschaft

Würde sich positiv auswirken: 16 % der Ärzteschaft

Schwer zu sagen: 27 % der Ärzteschaft

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Für mehr als jeden dritten Arzt käme ein begleiteterSuizid unter bestimmten Bedingungen in Frage

Käme es für Sie unter bestimmten Bedingungen in Frage, einenPatienten beim Suizid zu unterstützen, ihm also das tödlicheMedikament zur Verfügung zu stellen, die dieser dann selbsteinnimmt, oder käme das auf gar keinen Fall in Frage?

Auf keinen Fall in Frage 61 % der Ärzteschaft

Unter bestimmten Bedingungen 37 % der Ärzteschaftin Frage

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Entscheidend ist vor allem eine eindeutige Prognose

Ärzte, für die eine Unterstützung unterbestimmten Bedingungen in Frage käme

Medizinisch eindeutige: 48 % Prognose

Gute Kenntnis des Pat.: 34 %

Hoher Leidensdruck: 29 %

Psych. Stabilität: 18 %(keine Depression/Psych., freier Wille)

Klare gesetzl. Regelung: 14 %

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In der Bevölkerung mehrheitlich Unterstützungfür die aktive Sterbehilfe

Zurzeit wird ja viel über aktive Sterbehilfe diskutiert. Das bedeutet,dass man das Leben schwerkranker Menschen, die keine Chancemehr zum Überleben haben und große Schmerzen erduldenmüssen, auf deren Wunsch hin beendet. Sind Sie für oder gegendie aktive Sterbehilfe?

Dafür: 58 % der deutschen Bevölkerung > 16 Jahre

Dagegen: 19 % der deutschen Bevölkerung > 16 Jahre

Unentschieden: 23 % der deutschen Bevölkerung > 16 Jahre

Quelle: Allensbacher Archiv, Basis: BRD Bev. > 16 Jahre, Juli 2009

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Klare Ablehnung einer Legalisierung aktiverSterbehilfe in der Ärzteschaft

Manche fordern, dass es eine gesetzliche Regelung geben sollte,die es dem Arzt ermöglicht, aktive Sterbehilfe zu leisten, z.B. durchdie Injektion eines tödlichen Medikaments. Befürworten Sie einesolche Regelung oder lehnen Sie sie ab?

Lehne das ab: 78 % der Ärzteschaft

Befürworte gesetzliche 17 % der ÄrzteschaftRegelung, die aktiveSterbehilfe möglich macht:

Unentschieden: 5 % der Ärzteschaft

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Gründe gegen eine Legalisierung aktiver Sterbehilfe

Bin gegen die Legalisierung, weil –

gegen das Berufsethos und hippokrat. Eid verstößt: 29 %

die Gefahren für den Missbrauch zu groß sind: 24 %

das gegen allgemeine ethische Werte verstößt: 17 %

das gegen meine persönlichen Werte/Gewissen verstößt: 16 %

es Alternativen( z.B. Palliativmedizin) gibt: 10 %

es den Beigeschmack von Euthanasie hätte: 4 %

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Für jeden vierten Arzt käme aktive Sterbehilfe in Frage

Könnten Sie sich vorstellen, dass Sie selbst aktive Sterbehilfe leisten, dass Sie also z.B. einem unheilbar Kranken ein tödlichesMedikament verabreichen, wenn Sie der Patient darum bittet, oderkäme das für Sie auf keinen Fall in Frage?

Käme auf keinen Fall in Frage: 70 % der Ärzteschaft

Aktive Sterbehilfe könnte ich mir: 25 % der Ärzteschaft !vorstellen

Unentschieden: 5 % der Ärzteschaft

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Bereitschaft zur Sterbehilfe bedeutet nicht automatischZustimmung für eine Legalisierung

Die Legalisierung des ärztlich begleiteten Suizids –

befürworten: 68 % der Ärzte, für die eine Unterstützung

in Frage käme

Die Legalisierung aktiver ärztlicher Sterbehilfe –

befürworten: 53 % der Ärzte, für die aktive Sterbehilfe in Frage käme

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Deutlich kritischere Haltung der Palliativmedizinergegenüber jeder Form der Sterbehilfe

Es sind für die Einstellung lebensverlängernder Maßnahmen aufWunsch des Patienten:

Ärzte insgesamt: 74 % Palliativmediziner: 59 %

Es sind für die Legalisierung des ärztlich begleiteten Suizids:

Ärzte insgesamt: 30 % Palliativmediziner 11 %

Eine Unterstützung bei Suizid käme evtl in Frage:

Ärzte insgesamt: 37 % Palliativmediziner 14 %

Aktive Sterbehilfe käme in Frage:

Ärzte insgesamt: 25 % Palliativmediziner 3 %

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Contra ärztlich begleiteter Suizid aus Sicht derPalliativmediziner

Niemand kann genau sagen, wann der Gesundheitszustand einesPatienten so hoffnungslos ist, dass ein begleiteter Suizidgerechtfertigt wäre:

Ärzte insgesamt: 48 % Palliativmediziner: 65 %

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Breite Überzeugung – ein Ausbau der Palliativmedizin würde die Wünsche nach Sterbehilfe verringern

Bei einem Ausbau der Palliativmedizin würden weniger Patientenden Wunsch nach Sterbehilfe äußern:

Ärzte insgesamt: 79 %

Niedergelassene Mediziner: 80 %

Ärzte, die eine Legalisierung: 77 %befürworten:

Ärzte, die um Hilfe beim Suizid: 75 %gebeten wurden

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Die Kapazitäten für die palliativmedizinische Versorgung sind ungenügend

Würden Sie sagen, dass die vorhandenen Kapazitäten für einepalliativmedizinische Versorgung in Deutschland ausreichen,oder würden Sie das nicht sagen?

Reichen nicht aus: 73 % der Ärzteschaft

Reichen aus: 17 % der Ärzteschaft

Unentschieden: 10 % der Ärzteschaft

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PalliativmedizinDefinition, Entwicklung und aktuelle Situation

„Palliativmedizin ist die aktive, ganzheitliche Behandlung von Patienten mit einer progredienten, weit fortgeschrittenen Erkrankung und einer begrenzten Lebenserwartung zu der Zeit, inder die Erkrankung nicht mehr auf eine kurative Behandlunganspricht und die Beherrschung von Schmerzen, anderen Krankheitsbeschwerden, psychologischen, sozialen und spirituellen Problemen höchste Priorität besitzt“.

Definition der Palliativmedizin nach Weltgesundheitsorganisation/WHOund Deutscher Gesellschaft für Palliativmedizin

Ziele: Lebensqualität, Wünsche, Ziele und Befinden des Patienten stehenim Vordergrund, nicht die Lebensverlängerung um jeden Preis

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PalliativmedizinDefinition, Entwicklung und aktuelle Situation

Die Fürsorge für Kranke, Alte und Schwache ist Wesensmerkmalmenschlicher Lebensformen und bereits vor Beginn der Zeitrechnung vorhanden.

Strukturierte Krankenfürsorge wird erstmals in den byzanthinischenund frühchristlichen „Xenodochien“ (Herbergen), im RömischenReich „Hospitium“ (Gasthäuser) genannt, praktiziert. Hospize warenin der Zeit der Kreuzzüge oft an den Pilgerwegen angesiedelt.Erste Hospize für Schwerkranke und Sterbende bis zum Tod ent-stehen im 18. Jahrhundert in Dublin (Irland) und Lyon (Frankreich).

Die moderne Palliativmedizin geht von England aus (Gründung desSt. Christopher`s Hospice 1967 durch Cicely Saunders).Erste deutsche Palliativstation 1983 (Chirurg. Univ.Klinik Köln)

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PalliativmedizinDefinition, Entwicklung und aktuelle Situation

1994: Gründung der Deutsch. Ges. f. Palliativmedizin DGP(Erste med. Fachgesellschaft, die neben Ärzten auch andereBerufsgruppen als Mitglieder zulässt)

1997: Erstes deutschsprachiges Lehrbuch zur Palliativmedizin1999: Erster Lehrstuhl für Palliativmedizin in Bonn

(Weitere in Aachen, Göttingen, Köln, München (hier als Pflichtfach ab 2004))

2003: Deutscher Ärztetag führt Palliativmedizin als Zusatzweiterbildung in die Weiterbildungsordnung ein

2005: Aufnahme einer Prozedurenziffer (OPS) für palliativ-medizinische Komplexbehandlung in den Prozed.-Katalog

2006: Erste Habilitation auf dem Gebiet Palliativmedizin2009: Ca 300 Palliativstationen und stationäre Hospize, über 1000

ambulante Hospizgruppen

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PalliativmedizinKostenübernahme durch die Krankenversicherung

Palliativstationen werden entweder wie andere Krankenhaus-Abteilungen über Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRG),seit 2007 ergänzt durch ein Zusatzentgelt finanziert, oder

als Besondere Einrichtung nach mit den Kostenträgern frei verhandelten Tagessätzen(beide Verfahren in den meisten Fällen nicht kostendeckend)

Stationäre Hospize werden über Krankenversicherung, Pflege-Versicherung und Eigenanteil des Hospizes (Spenden) finanziert

Ambulanter Bereich: Keine Regelversorgung, nur Modellprojekte, z.B.im Rahmen der Integrierten Versorgung oder Hausarztmodelle (KVNordrhein). Ambulante Pflegedienste: Pauschalbeträge für die Grund-und Behandlungspflege

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PalliativmedizinKostenübernahme durch die Krankenversicherung

Ambulanter Ärztlicher Bereich: Keine Regelversorgung der Hospize (Koordinationsstellen für Hospizdienste), Modellprojekte, z.B. im Rahmen der Integrierte Versorgung oder Hausarztmodelle (KV Nordrhein).

Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der GesetzlichenKrankenversicherung (GKV-WSG): Die Spezialisierte ambulantePalliativversorgung (§ 37b SGB V) wird zur Pflichtleistung imRahmen des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung (01.04.2007)

Ambulante Pflegedienste: Pauschalbeträge für die Grund-und Behandlungspflege.

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Palliativmedizin am Klinikum Emden

11/2009: Initiierung eines „Palliativ Care“ Konzepts als Alternative zur „Sterbehilfe“ mit lebensbejahendem Ansatz

Kennzeichen des Palliativ-Teams:

Multiprofessionalität (Team aus Ärzten unter Leitung eines Palliativmediziners (Dr. med. Take Hülsebus),

Pflegekräften, Sozialarbeitern, Seelsorger)

Konsiliarische Tätigkeit (Der Patient bleibt auf ursprünglicher Fachabteilung)

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SterbehilfeEntscheidungen von Ärzten und Betreuern

am Lebensende

Tagung des Instituts für Gesundheitswissenschaften (ISGE)in Kooperation mit dem Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit

der Fachhochschule Emden und dem Klinikum Emden

ForumKlinikum24.11.2010

Ärztliche Behandlung und Betreuung am Lebensende

Dr. med. Hinderikus Klugkist

Leitender OberarztNeurologische Klinik Emden