Agabag Rattan Weavers in North Kalimantan - Adrian Linder

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Trägervereine mission 21 Basler Mission BM Evangelische Mission im Kwango EMIK Herrnhuter Mission HM Verborgene Kunst im Grenzland Agabag-Flechterinnen und das Handwerksprogramm der GKPI Flechterinnen mit ihrem Gemeinschaftswerk, Tanjung Langsat Ländliche Entwicklung und Förderung der Frauen Berater Projekt-Nr. 225.1016 3. Rundbrief Mai 2012 Adrian & Margrit Linder Indonesien

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Preliminary popular report in German - Description of the Agabag people of Nunukan, East Kalimantan and particularly women's great rattan weaving art, related to the Murut of Sabah

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Trägervereine mission 21

Basler Mission BM

Evangelische Mission im Kwango EMIK

Herrnhuter Mission HM

Verborgene Kunst im Grenzland Agabag-Flechterinnen und das Handwerksprogramm der GKPI

Flechterinnen mit ihrem Gemeinschaftswerk, Tanjung Langsat

Ländliche Entwicklung

und Förderung der Frauen

Berater

Projekt-Nr. 225.1016 3. Rundbrief Mai 2012

Adrian & Margrit Linder Indonesien

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Tanjung Lapang (Malinau), Anfang Mai 2012

Verehrte Leserin, geschätzter Leser

in den Tropen vergeht die Zeit schneller als in den gemässigten

Breiten. Viel schneller, mindestens 8 mal. So kommt es mir we-

nigstens vor, denn erschreckend rasch hat sich auf einmal der letz-

te Monat unseres Einsatzes herangeschlichen. Dabei haben wir

doch gerade erst angefangen. Höchste Zeit also für einen vorläufig

letzten Bericht aus dem Grenzland.

Bekanntlich leben im Wirkungsgebiet der Kirche GKPI mindestens

ein Dutzend verschiedene ethnische Gruppen oder „Stämme“, wie

man früher sagte. Während in den beiden vorangegangenen Rund-

briefen vor allem von Lundayeh und Punan die Rede war, ist in der

zweiten Hälfte des Einsatzes die Zusammenarbeit mit Agabag-

Frauen im Vordergrund gestanden. Die grosse Mehrheit der GKPI-

Mitglieder gehört vermutlich zu diesem Volk, einem der unbekann-

testen und unerforschtesten in ganz Borneo. Ein einziger Angehö-

riger arbeitet im Leitungsbüro der Kirche; er ist als Buchhalter ei-

ner der ersten Agabag mit einem höheren Schulabschluss. Auch

der Besuch der obligatorischen sechsjährigen Grundschule ist noch

nicht selbstverständlich; viele Frauen können weder lesen noch

schreiben, weil die noch vor Kurzem übliche von den Eltern arran-

gierte Verheiratung im Jugendalter den Schulbesuch verhinderte.

Autonome Region an der Grenze

Die Agabag leben zumeist in den 5 nördlichsten Bezirken des indo-

nesischen Kalimantan, die sich gemäss kürzlichem Parlamentsbe-

schluss als Daerah Otonom Bumi Dayak Perbatasan, d.h. „Auto-

nome Region Heimatland der Grenz-Dayak“, vom Distrikt Nunukan

abtrennen sollen. Nicht dass sich die Bewohnerinnen und Bewoh-

ner gross um Staatspolitik und Grenzen kümmern würden: eine

weitere Region ist vor allem nötig, um die formellen Voraussetzun-

gen für die Schaffung einer neuen Provinz Nord-Kalimantan zu er-

füllen, die vom grossen Ostkalimantan abgetrennt wird. Zu diesem

Zweck hat man Anfangs dieses Jahres im sonst kaum von der

grossen Politik beachteten Agabagland zwei neue Bezirke aus dem

Boden der Wildnis gestampft, deren Beamtenschaft sich nun nach-

träglich um die nötige Infrastruktur der Hauptorte wie Schulen,

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Regierungsbüros und Gesundheitszentren kümmern muss. So

vermehrt sich der Staatsapparat im Grenzland rasend per Zelltei-

lung, was hierzulande offiziell als „Entwicklung“ verbucht wird.

Doch nicht von den politischen Absurditäten der Regionalautono-

mie soll ja dieser Brief erzählen, sondern von Menschen, die versu-

chen müssen, mit dieser Entwicklung zurecht zu kommen und sie

wenn möglich auch in ihrem Sinn zu beeinflussen.

Wenn man mit Politikern, Kirchenleitern und anderen Bewohnern

der Gegend spricht, ist in der Regel schnell von der „Rückständig-

keit“ dieser Leute die Rede; das indonesische Wort für „zurück-

geblieben“ klingt schon im Volksnamen an, der oft für die Agabag

verwendet wird und den ältere Leute auch selbst noch verwenden:

Tinggalan. Im Norden des benachbarten Distrikts Malinau, wo eini-

ge Gruppen heute ebenfalls leben, heissen sie Abai, was auf Indo-

nesisch „vernachlässigt“ oder „geringgeschätzt“ bedeutet. Sprach-

lich und kulturell kann man sie den Murut, einer der drei grossen

einheimischen Sprachgruppen von Sabah (Malaysia) zuordnen;

besonders eng verwandt sind die Tagol im Süden dieses Staates.

Bei einem kürzlichen gemeinsamen Flechtworkshop in Pagalungan

(Sabah) konnten sich Margrits Begleiterinnen problemlos ohne

Übersetzung mit den Frauen unterhalten.

Die Agabag und verwandte Gruppen essen im Unterschied zu den

meisten anderen Dayak Maniok (Cassava; früher auch Sago) als

traditionelles Hauptnahrungsmittel, das die Frauen in einem auf-

wändigen Prozess zu einem klebrigen Stärkebrei verarbeiten. Wie

bei uns das Fondue isst man ihn aus einer gemeinsamen Schüssel.

Auch diese Vorliebe gilt vielen anderen Indonesiern als Zeichen der

Rückständigkeit: Belum makan nasi - sie essen noch keinen Reis,

ist zu hören. Die Zahl der Menschen, die sich selbst als Agabag be-

zeichnen, soll knapp 24'000 betragen. Diese Zahl ist gegenüber

früheren Angaben stark gestiegen, nachdem seit dem Beginn die-

ses Jahrhunderts eine zunehmende Tendenz zum politischen Zu-

sammenschluss der ehemals isolierten verwandten Gruppen fest-

zustellen ist. Diese Prozesse stehen im Zusammenhang mit der

Verteidigung traditioneller Landansprüche gegen Kolonisierungsbe-

strebungen (insbesondere Ölpalmen- und Papierholzplantagen,

Bergbau, aber auch Immigration, Landnahme und kulturelle Beein-

flussung durch Mitglieder anderer Ethnien, z.T. in Verbindung mit

religiöser Missionierung). Seit der Einführung der Regionalautono-

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mie haben Konflikte um Land und Wald in der gesamten Region

stark zugenommen.

Abhängig vom Wald

Die meisten Agabag wohnen heute in Dörfern, in welche die ehe-

mals in abgelegenen Waldgebieten nomadisch, teilweise auch in

Langhäusern lebenden Gruppen in den letzten 30 bis 50 Jahren

umgesiedelt wurden. Dabei ist die Kontrolle über viele traditionell

genutzte Waldgebiete verloren gegangen. Zwar bestehen beson-

ders an den Flussoberläufen noch immer grosse Flächen von Pri-

märwald; in tiefer liegenden Gebieten haben jedoch Rodungen

durch Holz- und Plantagenfirmen zum Teil verheerende Schäden

angerichtet. Dies hat einschneidende Auswirkungen auf die Le-

bensweise der Agabag, die nach wie vor stark vom Wald abhängig

ist.

Die Grundversorgung gewährleistet der schon erwähnte Anbau von

Maniok im Wechselfeldbau (shifting cultivation, Brandrodung), er-

gänzt durch Produkte der Jagd und Fischerei sowie Kleintierhaltung

in bescheidenem Umfang. Weitere Nahrungspflanzen werden an

den Flussufern ebenfalls primär zur Selbstversorgung angebaut.

Reis produziert man unre-

gelmässig ebenfalls im

Wechselfeldbau, vor allem

zum Verkauf, als Proviant für

Sammelexpeditionen im

Wald und für die Produktion

von rituell getrunkenem Al-

kohol. Dieser hat einen ho-

hen Stellenwert in der Kultur

der meisten Agabag. Seit

über 30 Jahren versuchen

staatliche Stellen und Kir-

chen die Männer vom Nutzen

intensiver Landwirtschaft

(Anbau von Nassreis und anderen cash crops), Verwendung von

Dünger etc. zu überzeugen – weitgehend erfolglos. Was von ent-

täuschten Motivatoren, Regierungsbeamten und Pfarrern als starr-

köpfige Rückständigkeit beklagt wird, erweist sich bei näherer Be-

trachtung als durchaus sinnvolle Strategie: Nur die traditionelle

Selbstversorgung gewährleistet die Aufrechterhaltung der teilno-

Rita mit dem Kanu auf Sammeltour

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madischen Sammelwirtschaft, welche die wichtigste ökonomische

Aktivität und die wesentliche Grundlage für die von den Agabag

geschätzte Unabhängigkeit von übergeordneten Strukturen bildet.

Gehandelt wird mit Waldprodukten wie dem wertvollen Gaharu-

Duftholz, Bauholz, Schwalbennestern u.a., früher auch viel Rotan

für den Exportmarkt. Heute kommt in einigen Gebieten die Arbeit

in Plantagen hinzu, und vermehrt besitzen die Bauern 1-2 Hekta-

ren Ölpalmen. Erst sehr wenige Agabag verfügen über die für

Beamtenstellen verlangte formale Ausbildung.

Abgesehen von Jagd, Fisch-

fang und der Brandrodung

bewältigen die Frauen den

Grossteil der Arbeit. Die Ide-

alrolle für Männer ist von al-

ters her Jäger, Sammler und

– heute nicht mehr realisier-

bar – Krieger. Die Agabag

waren früher weit herum ge-

fürchtete Kopfjäger, und

noch immer erzählen ihre

„zivilisierten“ Nachbarn

haarsträubende Geschichten

über ihre schwarzmagischen

Kräfte, denen besonders christliche Siedler und Evangelisten zum

Opfer gefallen sein sollen. Zusammen mit den Punan werden die

Agabag allgemein als fortschrittsfeindlich angesehen; man wirft

ihnen eine ungenügende Nutzung ihrer reichen Ressourcen vor –

eine nur dünn verschleierte Rechtfertigung zu deren Aneignung.

Besonders umstritten ist gegenwärtig ein Regierungsentscheid

aufgrund einer wissenschaftlichen Expertise, der den Agabag das

Recht auf einen Grossteil ihrer traditionellen Gebiete abspricht.

Das Befremden der stärker von der Staatsideologie beeinflussten

Bewohner der Region gründet nicht allein im Verzicht auf moderne

bzw. allgemein-indonesische Landwirtschaft, sondern ebenso im

hohen Stellenwert der archaisch anmutenden Bräuche und Rituale,

welche die traditionellen Sozialstrukturen stützen, trotz offizieller

Zugehörigkeit zu einer der verschiedenen christlichen Denominati-

onen. Augenfälligste Merkmale sind die häufigen grossen Hoch-

zeits- und Totenfeste, die über Wochen andauern können und von

exzessivem Alkoholtrinken, Essen und Glücksspiel begleitet sind.

Paulina und Martina sammeln Rotan

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Dabei steht die tägliche Arbeit ausser Haus still, und gewaltige

Werte werden umgesetzt, in erster Linie in Form von grossen chi-

nesischen Krügen und Gongs. Besonders barbarisch wirken für

Aussenstehende gewisse Elemente des herkömmlichen Adat-

Rechts wie z.B. Gottesurteile. In einigen „progressiven“ Dörfern

hat man nicht zuletzt unter dem Einfluss der Kirche begonnen, die

Dauer der Festivitäten einzuschränken oder hat das rituelle Trinken

gar aufgegeben. In neuester Zeit gibt es Bestrebungen, die münd-

lich überlieferten Adat-Gesetze zu vereinheitlichen und zu kodifi-

zieren. Dadurch erhofft man sich auch eine stärkere Position in den

Auseinandersetzungen um Landansprüche.

Bisher sind ausschliesslich Männer die politischen Akteure und In-

haber traditioneller wie staatlicher Ämter. Im Adat-Recht erschei-

nen Frauen weitgehend als Objekte der Transaktionen oder Opfer

von Übergriffen. Während die „offiziellen“ kulturellen Manifestatio-

nen wie Tänze und Musik im Vergleich zur blühenden Folklore etwa

der Kenyah bescheiden wirken, haben die Frauen gleichsam im

Schatten dieser sich selbst für indonesische Verhältnisse sehr pat-

Trainingsworkshop in Sukamaju, Lumbis Ogong

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riarchalisch präsentierenden Kultur in manchen Gebieten einen er-

staunlichen Reichtum an Motiven in der Kunst des Rotanflechtens

bewahrt. Da die Produkte nicht ausserhalb der eigenen Kreise ge-

handelt werden, sind sie einer weiteren Öffentlichkeit bisher nicht

bekannt. Bei jedem Besuch in den abgelegenen Dörfern gibt es

neue Entdeckungen zu machen. Dieses reiche kulturelle Erbe will

das Handwerksprogramm der GKPI bewahren und entwickeln hel-

fen. Während ältere Frauen oft noch mit grosser Geduld Objekte

hoher Qualität herstellen, müssen jüngere in Kursen und

Workshops zur nötigen Sorgfalt trainiert werden.

Kunst im Schatten

Bis 15 m lange und 2.7 m breite verzierte Sitzmatten für die Ver-

sammlungshallen aus Rotan (ayam mayo mematik) sind die ein-

drücklichsten Produkte der Agabagfrauen. Ayam mayo von 5-7 m

Länge (siehe Titelbild) werden der Braut als Aussteuer oder Mitgift

in die Ehe gegeben. Sie gelten in traditionellen Austauschbezie-

hungen als Gegenwert für eine wertvolle Kategorie von chinesi-

schen Tempayan-Krügen oder auch für einen Ochsen. Die Arbeit

an einem solchen Kunstwerk kann je nach Intensität mehrere Mo-

nate in Anspruch nehmen. Manche Frauen flechten in jedem freien

Moment, andere nur gelegentlich. Intensive Arbeitsperioden kom-

men vor, wenn zum Beispiel die Heirat einer Tochter ansteht oder

wenn eine Bestellung aus der näheren oder weiteren Umgebung

vorliegt, neuerdings eben auch vom Förderungsprogramm.

Die in der Regel zweifarbige Musterung ist ästhetisch ansprechend,

wirkt manchmal barock und manchmal sehr modern. Bei längerem

Betrachten offenbaren sich raffinierte Spiele mit Zweideutigkeiten

von Vorder- und Hintergrund. Fast immer sind die Verzierungen

äusserst komplex, und es ist kaum vorstellbar, wie die Flechterin-

nen die nötigen Arbeitsschritte erinnern können. Besonders ältere

Frauen flechten die komplizierten Designs scheinbar ohne nachzu-

denken, während jüngere manchmal mehrere Versuche und Über-

legungen brauchen. Bisher lernten wir in zwei Dörfern im Semba-

kung gegen 40 verschiedene Muster kennen, die alle ihre eigenen

Namen und oft auch begleitende Geschichten haben. Die Bezeich-

nungen sind zum Teil in einer alten Form der Murutsprache und

werden nicht immer verstanden. Bestimmte Muster gelten als uralt

und sind mit Ursprungsmythen verbunden. Einzelne Flechterinnen

erfinden neue Kreationen oder wandeln bestehende Muster inner-

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halb einer überlieferten Grammatik von Regelstrukturen ab. Diese

Sprache beginnen wir erst in Ansätzen zu verstehen.

Kleinere Matten (ayam lumot) dienen als Schlafmatten für eine

Person oder ein Paar. Sie haben oft nur ein zentrales Musterfeld.

Solche Schlafmatten bilden ebenfalls Teil der Aussteuer; sie wer-

den auch den Toten ins Grabhaus mitgegeben. Noch kleinere Mätt-

chen mit einem einzigen Muster sind Übungsstücke oder Wand-

schmuck.

Die selben und ähnliche De-

korationen wie die Matten

verzieren verschiedenartige

Körbe (budui, boton), die im

Alltag bei der Feld- und

Hausarbeit wie auch beim

Sammeln Verwendung fin-

den, zum Transport von Ma-

niokknollen und -blättern

usw. Schöne Exemplare die-

nen ebenfalls als traditionelle

Gaben bei Hochzeiten und

Totenfesten.

Rohmaterial ist der feine Rotan Sega (owoi sogo; Calamus caesi-

us), der in vielen Gebieten durch frühere kommerzielle Übernut-

zung, mangelnde Pflege oder Zerstörung des Waldes selten ge-

worden ist. Wo sich die Bestände erholen konnten, holen die Frau-

en die wertvollen Lianen selber aus den umliegenden Wäldern. Die

Sammelrechte sind wie für alle Waldprodukte durch Adat-Gesetze

geregelt. Vom Holen der sorgfältig ausgewählten Lianen mit dem

Boot über das Schälen, Waschen, Trocknen, Schneiden in Streifen,

Dünnschaben, Schwarzfärben in einem Blättersud bis zum eigentli-

chen Flechten hält Margrit alle Arbeitsschritte auf Film und Foto

fest, aber auch die heute selten mehr zu hörenden Arbeitslieder,

die Geschichten der Frauen, ihre Antworten auf Fragen aus der

Schweiz, ihre Sorgen, Wünsche und Träume, Erklärungen zur Be-

deutung der vielen traditionellen Mustern und zahllose andere Bot-

schaften aus einer bisher undokumentierten Lebenswelt. Weitere

Inhalte dieser ständig wachsenden Dokumentation sind Sammeln,

Jagd und Landwirtschaft, Haushalt, Kochen und Essen, Reisen auf

den Flüssen, die natürliche Umwelt und auch deren Gefährdung

Budui und Boton, Sembakung

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Zerstörung, kirchliches Leben, Musik und Tanz usw. dieses Material

soll unsere Recherchen und die Hintergründe des Programms il-

lustrieren und nicht zuletzt zugunsten der Leute selber festhalten.

Wie die grosse Materialfülle weiter verarbeitet werden kann und

wie ein allfälliges Film- und Buchprojekt zu finanzieren ist, sind of-

fene Fragen.

Tradition und Innovation

Im Zentrum steht jedoch die praktische Förderungsarbeit. Hier

wirkt mittlerweile eine Generation von im Programm trainierten

jungen Frauen als engagierte und gewissenhafte Ausbilderinnen.

Neben der Qualitätspflege und Weitergabe vorhandener Kenntnisse

wird Arbeiten nach Mass geübt (eine unter uns Schweizern um-

strittene Priorität), und die Flechterinnen lernen neue, arbeitser-

leichternde Techniken kennen. Zum Beispiel lässt sich die Zeit zum

Erzielen eines schönen schwarzen Farbtons stark verkürzen, wenn

man dem Blättersud neben oder anstelle der herkömmlichen Erde

Feilspäne beifügt. Die Annahme, dass das Eisen als Katalysator

wirkt, steht dabei in Konkurrenz zur Theorie, dass etwa die Nähe

von Toten oder die Mondphasen den entscheidenden Einfluss aus-

üben...

In den Workshops geht es

aber auch um die Entwick-

lung neuer Produkte auf tra-

ditioneller Grundlage. So

sind sehr schöne Taschen

entstanden, die eine städti-

sche Kundschaft ansprechen.

Es soll ja nicht allein traditi-

onelle Kultur gepflegt wer-

den, sondern die Frauen

können bei geeigneter Ver-

marktung ein Einkommen

erzielen, das eine in mehre-

rer Hinsicht interessante Al-

ternative zur Lohnarbeit in den Ölpalmenplantagen darstellt. Ein

weiterer Lernstoff sind Preis- und Kostenkalkulationen.

Moderne Tasche von Mince, Butas

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Der im ersten Rundbrief vor-

gestellte Laden auf dem

Markt in Tanjung Lapang

dient weiterhin als nützliches

Instrument zur Promotion

und zum Verkauf der Pro-

dukte in der Region. Der

Umsatz hat erfreulich zuge-

nommen, und neben Einzel-

kundschaft sind auch Regie-

rungsstellen wie der Forst-

dienst auf das Angebot auf-

merksam geworden. Von

dem kleinen Laden aus ent-

wickelt sich ein wachsendes

Netzwerk; es kommt immer

wieder zu neuen interessan-

ten Begegnungen. Bisher ist

es der einzige Ort in Malinau

mit einem substanziellen An-

gebot von Dayak-Flecht-

arbeiten.

Ausblick

Leider liessen sich aber noch kaum einflussreiche Kirchenleute

überzeugen, in ihren Häusern z.B. einheimische Bodenmatten an-

statt importierte Kunststoffteppiche und hässliche Plasticplanen

oder einheimisches Handwerk zur Dekoration einer Kirche zu ver-

wenden, was ein entscheidender Schritt zur Grundierung des noch

wenig institutionell verwurzelten Programms wäre. Ein wesentli-

cher Teil der Energie und Motivation aller Beteiligten war im ver-

gangenen Jahr einer Bestellung des Museums der Kulturen in Basel

zu verdanken, das traditionelle Matten zur Ergänzung seiner

Sammlung, Taschen und andere Objekte für den Museumsshop

bestellte. Dort können Sie sich ab Juni selber ein Bild davon ma-

chen, was uns so begeistert. In Zukunft soll nach anfänglichen Lie-

ferschwierigkeiten auch im Laden „Zur Kalebasse“ der Mission 21

Kunsthandwerk der Agabag zu finden sein. Eine regelmässige

Marktproduktion in grösseren Massen wird allerdings von den ei-

gensinnigen und ziemlich anarchischen Agabagfrauen weiterhin

Die Werkzeuge

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nicht zu erwarten sein. Auch in den anderen Produktionsgebieten

im Krayan und im Distrikt Malinau ist die Produktion sehr unregel-

mässig.

Das Programm bleibt vorderhand auf Interesse und Unterstützung

aus dem Ausland angewiesen. Die Einbettung in kirchliche Struktu-

ren bleibt prekär; nach einer kurzen Phase im Rahmen einer neu

gegründeten Entwicklungsstiftung beschloss die Leitung, das Pro-

gramm dem Frauensekretariat zu übergeben. Die junge Pfarrfrau

Selvi Yanti Parinussa aus Jakarta wurde als Programmkoordinato-

rin angestellt und macht derzeit ihre ersten Erfahrungen. Ein Team

von weiteren Frauen soll ihr zur Seite stehen. Vieles wird davon

abhängen, wie sich die Zusammenarbeit unter ihnen und mit wei-

teren Akteuren entwickelt, der Kirchenleitung, der Frauenkommis-

sion, Regierungsstellen, anderen Förderungs- und Vertriebsorgani-

sationen, vor allem aber mit den Hauptpersonen: den Dayak-

Flechterinnen in Nordkalimantan.

Inwieweit und in welcher

Form wir mit dem Programm

verbunden bleiben, ist der-

zeit nicht abzusehen. Wenn

wir in diesen Tagen Abschied

von den Flechterinnen neh-

men, von denen einige auch

Freundinnen geworden sind,

sind wir uns bewusst, dass

es möglicherweise für immer

ist. Adrians Vertrag mit der

Mission 21 dauert bis Ende

August und kann eventuell

um ein Jahr verlängert wer-

den, der von Margrit bis zu ihrer Pensionierung Ende September.

Bis dann ist Zeit zu beraten, wie es weiter geht. Wir freuen uns,

wenn Sie mit uns Kontakt aufnehmen und kommen gerne zu Ihnen

um zu berichten. Für Ihr bisheriges Interesse und Ihre Unterstüt-

zung danken wir herzlich und grüssen letztmals aus Tanjung La-

pang

Adrian und Margrit Linder

Dormia trainiert eine junge Kollegin in Sabah

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Spenden können gerne auf eines der folgenden Konten überwiesen werden (für projektgebundene Spenden bitte Projektnummer 225.1016 angeben):

mission 21, Missionsstrasse 21, CH – 4003 Basel

Schweiz: Postkonto 40-726233-2

Deutschland: Sparkasse Lörrach-Rheinfelden, Konto Nr.: 103 2333, BLZ: 683 500 48

Impressum mission 21, evangelisches mis-sionswerk basel, setzt in 17 Ländern zusammen mit 57 Part-nerkirchen und -organisationen Zeichen der Hoffnung im Sinne des Evangeliums. Weltweit hel-fen wir, mit rund 100 Projekten Armut zu bekämpfen, Gesund-heit zu fördern, Frauen zu stär-ken, Konflikte gewaltlos zu lösen und Menschen im theologisch-kirchlichen Bereich auszubilden.

In der Schweiz gestaltet mis-sion 21 Begegnung, Austausch und Forschung im Spannungs-feld von Mission und Entwick-lungszusammenarbeit mit.

Herausgeber: mission 21, Missionsstrasse 21, CH – 4003 Basel Alle Bilder © mission 21, sofern nicht anders erwähnt.

Margrit Linder

c/o Mission 21 Missionsstrasse 21, CH-4003 Basel

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Tel: +41 61 260 23 01 (mission 21)

E-Mail: [email protected]

Mince auf Danau Butas, Sembakung