Agrarforschung Schweiz, Heft 1, Januar 2014

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AGRAR FORSCHUNG SCHWEIZ Januar 2014 | Heft 1 Agroscope | BLW | HAFL | AGRIDEA | ETH Zürich Agroscope gutes Essen, gesunde Umwelt Pflanzenbau Serie ProfiCrops: Ideen, welche die pflanzenbauliche Forschung verändert haben Seite 4 Pflanzenbau Genetische Diversität in der Landwirtschaft Seite 12 Kurzbericht Mastpouletfutter: die Partikelgrösse beeinflusst die Gewichtszunahme Seite 28

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Transcript of Agrarforschung Schweiz, Heft 1, Januar 2014

AGRARFORSCHUNG SCHWEIZ

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Agroscope

gutes Essen, gesunde Umwelt

Pflanzenbau Serie ProfiCrops: Ideen, welche die pflanzenbauliche Forschung verändert haben Seite 4

Pflanzenbau Genetische Diversität in der Landwirtschaft Seite 12

Kurzbericht Mastpouletfutter: die Partikelgrösse beeinflusst die Gewichtszunahme Seite 28

ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.

HerausgeberinAgroscope

Partnerb Agroscope (Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB;

Institut für Nutztierwissen schaften INT; Institut für Lebensmittelwissenschaften ILM; Institut für Nachhaltigkeits wissenschaften INH), www.agroscope.ch

b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, www.blw.chb Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, www.hafl.chb Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne, www.agridea.ch b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,

Departement für Umweltsystemwissenschaften, www.usys.ethz.ch

Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agro nomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21,Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: [email protected]

Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1 E-Mail: [email protected]

Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Leiter Corporate Kommunikation Agroscope), Evelyne Fasnacht, Erika Meili und Sibylle Willi (Agroscope), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (HAFL), Esther Weiss (AGRIDEA), Brigitte Dorn (ETH Zürich).

AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten),inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–** reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch

AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux E-Mail: [email protected], Fax +41 26 407 73 00

AdressänderungenE-Mail: [email protected], Fax +41 31 325 50 58

Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch

ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz

© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.

Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS

3 Editorial

Pflanzenbau – Serie ProfiCrops

4 Ideen, welche die pflanzenbauliche Forschung verändert haben Anna Crole-Rees, Vincent Nassar, Arnold Schori,

Willy Kessler und Bernard Jeangros

Pflanzenbau

12 Genetische Diversität in der Landwirtschaft Roland Kölliker, Luisa Last, Felix Herzog und

Franco Widmer

Umwelt

20 Genetische Vielfalt in Wildpflanzen- Samenmischungen

Tsipe Aavik, Daniel Bosshard, Peter Edwards,

Rolf Holderegger und Regula Billeter

Kurzbericht

28 Mastpouletfutter: die Partikelgrösse beeinflusst die Gewichtszunahme

Danielle Albiker und Ruedi Zweifel

Kurzbericht

32 Netzwerk agri benchmark – Vergleich der Agrarproduktion im internationalen Kontext

Hildegard Garming und Esther Bravin

36 Porträt

37 Aktuell

39 Veranstaltungen

InhaltJanuar 2014 | Heft 1

Auf den 1. Januar 2014 wurden unter dem Dach von Agroscope die drei bisherigen Forschungsanstalten (ACW, ALP-Haras und ART) zusammen-geführt. Der neue Leistungsauftrag an Agroscope (2014 – 2017) beinhaltet sechs thematische Schwerpunkte, welche jeweils von mehre-ren Agroscope-Forschungs instituten gemeinsam bearbeitet werden. Die Forschung der Land- und Ernährungswirtschaft richtet sich dabei insbe sondere auf die voraussehbare Ressourcenknappheit aus.(Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)

Editorial

3Agrarforschung Schweiz 5 (1): 3, 2014

Liebe Leserin, lieber Leser

In den kommenden Dekaden besteht die zentrale Herausforderung des globa-

len Ernährungssystems darin, trotz begrenzter Ressourcen eine wachsende

Bevölkerung mit bezahlbaren und qualitativ guten Lebensmitteln ausreichend

zu versorgen. Angesichts des Bevölkerungswachstums und des zunehmenden

Wohlstands rechnet die UNO bis 2030 mit einem rund 50 Prozent höheren Nah-

rungsmittelbedarf als heute; die Nachfrage nach tierischen Produkten wird

dabei überproportional ansteigen. Die voraussehbare Ressourcenknappheit –

insbesondere bei den nicht erneuerbaren Ressourcen – wird die Bevölkerung

dazu zwingen, ihre Konsumgewohnheiten zu ändern. Die im Bereich der Land-

und Ernährungswirtschaft tätige Forschung ist jetzt gefordert, innovative

Lösungen vorzuschlagen, damit die Umstellung hin zu einem sparsameren

Umgang mit den Ressourcen gelingt.

Der neue Leistungsauftrag für die Jahre 2014–2017 zeigt, dass sich Agro-

scope dieser Herausforderung stellt. Die Verantwortung für den Leistungsauf-

trag trägt der Agroscope-Rat, das strategische Führungsorgan von Agroscope.

Die Leitung des Agroscope-Rates obliegt Bernard Lehmann, Direktor BLW. Der

Leistungsauftrag berücksichtigt die Anliegen des Bundesrats, des Parlaments

sowie der wichtigsten Agroscope-Stakeholder. Die Prüfung des Leistungsauftra-

ges durch die Finanzkommissionen sowie die Wirtschafts- und Abgabekommis-

sionen des Bundes hat gezeigt, dass die generelle Ausrichtung den Bedürfnissen

des Parlaments entspricht. Der Leistungsauftrag wurde abschliessend im Dezem-

ber 2013 vom Bundesrat gutgeheissen.

Dieser Leistungsauftrag definiert die sechs thematischen Schwerpunkte,

nach denen sich die vier Agroscope-Forschungsinstitute inhaltlich ausrichten:

Ökologische Intensivierung

•• Sicherung der natürlichen Ressourcen

•• Beitrag zum Klimaschutz und Anpassung der Land- und Ernährungswirtschaft

an den Klimawandel

•• Qualitativ hochwertige und sichere Lebensmittel für eine gesunde Ernährung

•• Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Ernährungswirtschaft

•• Vitalität und Attraktivität ländlicher Räume

Ein Schwerpunkt wird also inhaltlich von mehreren Instituten bearbeitet,

was nur mit konsequenter Nutzung von Synergien und gemeinsamen Wer-

ten zu erreichen ist. Unsere Grundwerte Vertrauen, Eigenverantwortung

und Verlässlichkeit unterstützen dies, erlauben es uns gegen aussen stark

aufzutreten sowie den Erwartungen der Auftraggeber gerecht zu werden.

Die Umsetzung dieses Leistungsauftrags liegt in der Verantwortung der

Agroscope-Geschäftsleitung. Ihre Aufgabe ist es, die zur Verfügung stehenden

finanziellen und personellen Ressourcen optimal einzusetzen. Hierzu gehören

neben strategisch geschickten Personalentscheiden auch die gezielte Förderung

von Kompetenzen und die Schaffung von Freiräumen. Dadurch wird Agroscope

in der Lage sein, jederzeit aktuelle Lösungsvorschläge für die Praxis, Politik und

den Vollzug zu formulieren. Wir sind überzeugt, dass es uns damit gelingen

wird, Antworten auf die bevorstehenden Herausforderungen in der Land- und

Ernährungswirtschaft zu liefern.

Michael Gysi, Chef AgroscopeBernard Lehmann, Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft BLW

Die Land- und Ernährungswirtschaft steht vor grossen Herausforderungen

4

Agrarforschung Schweiz 5 (1): 4–11, 2014

E i n l e i t u n g

Die Landwirtschaft im Allgemeinen und die Pflanzen-

produktion im Speziellen stehen vor grossen Herausfor-

derungen. Die Liberalisierung der Märkte schreitet

voran und führt zu einer zunehmenden Konkurrenz aus

dem Ausland. Gewisse Märkte sind gesättigt. Die

umweltbedingten und sozialen Anforderungen an die

Produkte und an die Produktionsweisen nehmen zu. Die

Geschwindigkeit der Veränderungen nimmt ebenfalls

stark zu, hervorgerufen unter anderem durch den tech-

nischen Fortschritt. Das Überleben der landwirtschaftli-

chen Betriebe hängt somit davon ab, ob sie diesen Ver-

änderungen folgen und sich an diese durch Innovation

anpassen können. Die Innovation entsteht aus einer Idee

heraus, die angenommen und umgesetzt wird. Sie steht

im Zentrum jedes Veränderungsprozesses. Die Arbeiten

im Modul Innovation des Forschungsprogramms Profi-

Crops haben sich daher mit der Bewertung der Produkte

befasst, von Methoden und Dienstleistungen, die von

Die Forschenden müssen sich ständig innovativ verhalten, um sich den verschiedenen Herausforderungen sowie den zahlrei-chen Veränderungen der Rahmenbedingungen, sei es der ökonomischen oder gesetzlichen, stellen zu können. (Quelle: http://www.johnthemachine.com/tag/business-innovation)

Anna Crole-Rees1, Vincent Nassar3, Arnold Schori1, Willy Kessler2 und Bernard Jeangros1

1Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, Schweiz2Agroscope Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, 8046 Zurich, Schweiz 3Institut pour l’Entrepreneurship & Management, HES-SO, 3960 Sierre, Schweiz

Auskünfte: Anna Crole-Rees, E-Mail: [email protected]

Ideen, welche die pflanzenbauliche Forschung verändert haben

Serie ProfiCrops

P f l a n z e n b a u

Ideen, welche die pflanzenbauliche Forschung verändert haben | Pflanzenbau

5

Agrarforschung Schweiz 5 (1): 4–11, 2014

Innovation ist für Institutionen wichtig,

welche ihre Konkurrenzfähigkeit in einer

stets weiter liberalisierten Wirtschaft

erhalten wollen. Dies trifft auch auf die

landwirtschaftliche Forschung zu. Eines der

Ziele von ProfiCrops bestand darin, einen

Innovationsprozess zu fördern, welcher zu

einem grösseren Mehrwert im Rahmen der

Pflanzenproduktion führen soll. Dieser

Artikel beschreibt fünf ausgewählte Ideen im

Rahmen von Agroscope. Die Grundidee

sowie deren Umsetzung und die Möglichkei-

ten der Anwendung werden für drei prozess-

orientierte Innovationen aufgezeigt: der

tragbare NIRS-Apparat (near-infrared

spectroscopy), die Sequenzierung des

Krankheitserregers des Feuerbrandes und die

Verwendung von biochemischen und

molekularen Markern bei der Selektion.

Zudem werden zwei innovative Produkte

beschrieben: die Analyse des Lebenszyklus

(LCA) und die urbane Landwirtschaft. Die

Resultate zeigen, dass für den Erfolg des

Innovationsprozesses in der Forschung eine

klare Forschungsvorgabe, angepasste finanzi-

elle Ressourcen, Zeit und eine positive

Einstellung gegenüber dem Risiko erforder-

lich sind.

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ProfiCrops

Das Forschungsprogramm Proficrops (www.

proficrops.ch) von Agroscope will dazu bei-

tragen und garantieren, dass die Pflanzen-

produktion in der Schweiz in einem immer

weiter liberalisierten Umfeld konkurrenz-

fähig bleibt und das Vertrauen der Konsu-

mentinnen und der Konsumenten in die

Schweizer Produkte gestärkt wird.

Die zu Beginn des Programms aufgestellten

Hypothesen gingen davon aus, dass die Effizi-

enz der Produktion verbessert werden muss,

dass die Innovation und der Mehrwert erhöht

werden sollten, dass das Vertrauen der Kon-

sumenten gestärkt und die Rahmenbedin-

gungen angepasst werden müssen. Diese vier

Aussagen wurden interdisziplinär in Form

von Modulen erforscht, nämlich in den Modu-

len Effizienz, Innovation, Konsumenten und

Rahmenbedingungen. Weitere damit verbun-

dene Projekte betrafen den Feuerbrand, Pro-

fiVar, ProfiGemüse CH, die Zusammenarbeit

in der Fruchtfolgeplanung, ProfiViti, WIN4

und FUI. Mit der Serie von Artikeln «Profi-

Crops», die in der Zeitschrift Agrarforschung

Schweiz publiziert wurden, konnte eine Aus-

wahl von Resultaten und Lösungen verbreitet

werden, welche der Erhaltung der Konkur-

renzfähigkeit der schweizerischen Pflanzen-

produktion dienen. Es handelt sich um bei-

spielhafte Resultate und Lösungen. Ein zu-

sammenfassender Bericht wird Anfang 2014

verfügbar werden. Der Artikel «Fünf Innovati-

onen, welche die pflanzenbauliche Forschung

verändert haben» gehört zum Modul Innova-

tion*. Er zeigt entwickelte oder geprüfte Inno-

vationen auf, welche in allen Fällen von den

Forschern von Agroscope übernommen wur-

den. Er stellt als Leitmotiv die Komplexität des

Innovationsprozesses in den Vordergrund.

*(http://www.agroscope.admin.ch/proficrops/05365/index.html?lang=de)

Agroscope für ihre Kunden in der Pflanzenproduktion

entwickelt worden sind. Das Ziel dieses Moduls besteht

in einer Stärkung des Innovationsprozesses, damit für

die Praxis bessere Lösungen gefunden und diese noch

vermehrt von den verschiedenen Anwendern angenom-

men werden. Die bisher durchgeführten Studien zielten

vor allem darauf ab, die Innovation bei den Landwirten

(Hermier et al. 2006) sowie im landwirtschaftlichen Wis-

senssystem (Hermans et al. 2010) besser zu verstehen

und die Innovationen zu charakterisieren (Aouinaït 2013).

Seltener sind Untersuchungen, welche sich mit dem

Innovationsprozess bei den landwirtschaftlichen For-

schungsinstitutionen befassen. Aber auch die Forschen-

den sind innovativ tätig. Auch sie finden sich von Her-

ausforderungen gestellt, die sie vorwärts treiben, um

neue Ideen für Lösungen zu entwickeln, die ihren

Bedürfnissen entsprechen (Nassar und Tucci 2012). Der

vorliegende Artikel beschreibt den Innovationsprozess

beispielhaft anhand verschiedener Fallstudien, um Inno-

vationsfaktoren der Forschung besser erkennen und den

Prozess verstärken zu können. Die Studie befasste sich

mit Arbeiten von Agroscope.

Pflanzenbau | Ideen, welche die pflanzenbauliche Forschung verändert haben

6 Agrarforschung Schweiz 5 (1): 4–11, 2014

Auswahl von fünf Fallstudien

Die Forschenden im Modul Innovation haben eine Liste

von «Lösungen» erarbeitet, die von Agroscope für die

Praktiker in der Pflanzenproduktion entwickelt wurden.

Mehrere dieser Lösungen haben sich als Innovationen

erwiesen, die von den Forschenden selber übernommen,

ja manchmal auch von ihnen entwickelt wurden. Die

zahlreichen neuartigen Initiativen erlauben den For-

schenden und damit Agroscope folgende Aktivitäten

durchzuführen:

•• den Kunden neue Produkte anbieten (Produktinno-

vation): HOLL - Raps, Sojasorten für Tofu in Europa.

•• sich besser zu organisieren oder sich an bestimmte

Anforderungen anpassen (Organisationsinnovation):

Qualitätsmanagementsystem, Fusion der Forschungs-

anstalten von Agroscope.

•• verbessern der Verbreitung der eigenen Forschungsre-

sultate (Marketinginnovation): Anwendung von

Smartphone (z.B. PhytoPre), Spin-offs, die sich mit der

Kommerzialisierung befassen (MediaPlant, VariComm)

•• steigern der Effizienz der Forschung (Innovationspro-

zess): Methode der Blühverfrühung (Selektion von

Apfelbäumen), Charakterisierung von Phänotypen für

die Selektion von Getreide, Softwarepakete Geniell

und SustainOS usw.

Es wurden fünf Fallstudien auf der Basis einer zielgerich-

teten Stichprobenentnahme ausgewählt (Forschungsan-

stalt, Innovationstyp) unter Berücksichtigung der Ein-

schätzung durch die im Modul involvierten Forschenden.

Eine Literaturstudie wurde durchgeführt. Die Forschen-

den, die ein neues Produkt oder eine neue Methode

übernommen hatten, wurden befragt, um die Motive zu

ergründen, die zur Innovation geführt haben.

1. Portabler NIRS-Apparat (Abb. 1)Eines der Mandate von Agroscope befasst sich mit den

Vorernte-Qualitätsaspekten der Früchte im Obst- und

Beerenbau. Die Definition und Kontrolle der Qualitäts-

kriterien sind unerlässlich zur Aufrechterhaltung der

Konkurrenzfähigkeit dieser Produktionszweige. Die

Bestimmung des idealen Erntetermins für eine optimale

Fruchtqualität auf dem Markt erfordert chemische Ana-

lysen vorzeitig geernteter Früchte, wodurch diese zer-

stört werden. Es ist daher unmöglich, die Entwicklung

der Fruchtreife bis zur Ernte an denselben Früchten am

selben Baum zu verfolgen. Es gibt jedoch eine nicht-inva-

sive Analysemethode, welche gemeinhin mit NIRS

bezeichnet wird. Dieses Gerät arbeitet spektroskopisch

im nahen Infrarotbereich (NIRS: near-infrared spectro-

scopy). Ein solches wird bei Agroscope bereits im Rahmen

der Erforschung verschiedener Stadien der Wertschöp-

fungskette (Produktion, Ernte, Lagerung) eingesetzt.

Ebenso wird es bei der Untersuchung verschiedener Pro-

dukte (Honig, Fleisch, Milch, Getreide, Früchte, Futter-

mittel) und für eine Vielzahl weiterer Kriterien (lösliche

Substanz, Säuregehalt, Trockensubstanz, Gehalt an Leu-

kopin, Proteingehalt, Verdaulichkeit, Nährstoffe) ver-

wendet. Dieses Gerät wird fest installiert im Labor

genutzt. Es besteht nun die Absicht, eine tragbare Ver-

sion zu entwickeln, welche in Freilandparzellen und in

Gewächshäusern eingesetzt werden kann. Es wurde Kon-

Abb. 1 | Untersuchung der Qualität, vom Baum bis zur Ernte.

Innovation Problem – Motivation Innovationstyp

1 Portabler NIRS-Apparat zur Analyse von FrüchtenUntersuchung der Qualität der Früchte

am Baum bis zu ihrer Ernte. Prozess

2 Ökobilanz (ÖB)Politischer Wille, eine ökologischere

Landwirtschaft zu entwickeln Produkt

3 Sequenzierung des Bakteriums Erwinia amylovoraForschung für eine kurative Bekämpfung

des Feuerbrandes Prozess

4 Urbane LandwirtschaftExterne Nachfrage nach agronomischen

Kompetenzen Produkt

5 Biochemische und molekulare Marker für die Selektion Untersuchung genetischer Charakteristika

unabhängig von der Umwelt Prozess

Tab. 1 | Ausgewählte Fallstudien

Ideen, welche die pflanzenbauliche Forschung verändert haben | Pflanzenbau

7Agrarforschung Schweiz 5 (1): 4–11, 2014

Letztere wollen politische Strategien gemäss den Erwar-

tungen formulieren. Wie weiss man wie die Auswirkun-

gen der Produktion zu messen sind? Betrachtet über die

ganze Wertschöpfungskette, wie sind die Auswirkungen

der Produktion auf die CO2 Emissionen, auf die Biodiversi-

tät, die Qualität des Bodens usw.? Die Direktion von

Agroscope hat im Jahre 2000 entschieden, eine neue For-

schungsgruppe «Ökobilanzen» (ÖB) zu bilden. Diese

Gruppe hat eine Methode zur Ökobilanzierung (ÖB) ent-

wickelt, welche zur Land- und Ernährungswirtschaft passt

und sich SALCA (Swiss Agricultural Life Cycle Assessment)

nennt (Gaillard & Nemecek 2009). Diese Methode liefert

verlässliche Daten zur Umweltwirkung landwirtschaftli-

cher Produktion, sei dies bezogen auf ein bestimmtes Pro-

dukt, ein Produktionssystem und/oder einen Landwirt-

schaftsbetrieb. Die Methode erlaubt es auch, diverse

Produktionsarten sowie Produkte verschiedener Herkunft

zu vergleichen. Zugleich werden Agrar-Umweltindikato-

ren berechnet. Zur Zeit stützt sich die Methode auf die

Ökoinventar-Datenbank ecoinvent. Sie bietet folgendes:

•• Berechnungsmodelle für direkte Emissionen auf dem

Feld und dem Landwirtschaftsbetrieb, beispielsweise

für Nitrate oder Schwermetalle;

•• Methoden zur Bewertung der Umweltwirkung sowie

auch der Wirkung auf die Biodiversität und der

Bodenqualität;

•• Rechenwerkzeuge für verschiedene landwirtschaftli-

che Systeme, insbesondere für Landwirtschaftsbe-

triebe und landwirtschaftliche Kulturen;

•• ein Schema zur Interpretation von Ökobilanzen in der

Landwirtschaft.

takt zu einem Forscher in Angers aufgenommen, der an

Qualitätsfragen bei Äpfeln arbeitet. Dank einer Drittmit-

telfinanzierung konnte dieser Wissenschaftler bei Agro-

scope im Jahre 2006 seine Arbeit aufnehmen. Gegen-

wärtig werden noch Kalibrationsarbeiten an diesem

portablen Gerät vorgenommen (Camps et Christen 2009).

Die zu erwartenden Resultate und die Einsatzmöglichkei-

ten eines portablen NIRS-Gerätes, das für die Früchtefor-

schung kalibriert ist, werden beachtliche Bedeutung

erlangen. Dieses Gerät wird die Forschung in Bezug auf

die Vorerntequalität verbessern. Insbesondere kann

damit der optimale Erntetermin bestimmt und der Ein-

fluss klimatischer Faktoren studiert werden. Das Gerät

wird auch die Effizienz der Forschung erhöhen, da die

Probengrösse nicht mehr limitiert sein wird (die Früchte

müssen nicht mehr zerstört werden). Zudem ist das Ver-

fahren schneller (einige Sekunden pro Analyse) und

erfordert weniger Handarbeit sowie keinerlei chemische

Produkte. Anzumerken ist auch, dass diese Ausrüstung

relativ einfach ist und von den Wissenschaftlern leicht

übernommen werden kann. In der Tat könnte sie von

jedermann in der Wertschöpfungskette verwendet wer-

den, wodurch die Entwicklung der Qualität einer Frucht

entlang der ganzen Kette verfolgt werden könnte.

2. Ökobilanz (Abb. 2)

Die Landwirtschaft wird ökologischer. Diese Tendenz wie-

derspiegelt sich in der ganzen Wertschöpfungskette,

inklusive der Endprodukte, und bis zu den Konsumenten.

Die Ökologisierung wird von der Gesellschaft, den Bür-

gern, den Konsumenten und von den Behörden verlangt.

Abb. 2 | Für eine ökologischere Landwirtschaft. (Foto: Carole Parodi, Agroscope)

Pflanzenbau | Ideen, welche die pflanzenbauliche Forschung verändert haben

8 Agrarforschung Schweiz 5 (1): 4–11, 2014

Die Nachfrage nach solchen Dienstleistungen kommt

von privaten (Handel, Lebensmittelindustrie) und

öffentlichen (inländisch und vom Ausland) Entschei-

dungsträgern, von Produzentenorganisationen, von der

landwirtschaftlichen Beratung und von Nicht-Regie-

rungsorganisationen. In den nächsten Jahren wird die

Bedeutung dieser Dienstleistung weiter zunehmen, ins-

besondere wegen steigender Nachfrage nach Lösungen

für einen nachhaltige Ressourceneinsatz in der Land-

und Ernährungswirtschaft und der Notwendigkeit zur

ökologischer Optimierung landwirtschaftlicher Produk-

tionssysteme. Es ist ebenso vorgesehen, die Ökobilanz

in neuen Fachgebieten einzusetzen wie etwa bei den

Spezialkulturen oder in der Nahrungsmittelproduktion.

3. Sequenzierung des Bakteriums Erwinia amylovora

(Abb. 3)

Der Feuerbrand ist insbesondere für die Apfel- und Birn-

bäume eine schwerwiegende Krankheit. Obwohl die

Krankheit und der entsprechende Krankheitserreger,

das Bakterium Erwinia amylovora, seit mehr als 100 Jah-

ren bekannt sind, gibt es immer noch keine kurative

Bekämpfung ausser der Verwendung von Antibiotika

während der Blüte. Das für den Feuerbrand zuständige

Kompetenzzentrum von Agroscope erarbeitet Massnah-

men zur Kontrolle dieser Krankheit. Die Forschung hat

sich im Wesentlichen mit prophylaktischen Methoden

befasst, indem beispielsweise robuste Sorten selektio-

niert werden. Weitere Arbeiten befassen sich mit der

Resistenz alter Sorten, mit der Entwicklung eines raschen

Diagnostiktestes des Pathogens unter Feldbedingungen,

der Entwicklung und Anwendung eines Prognosemodel-

les für Blüteninfektionen (www.feuerbrand.ch) und dem

Test von Antagonisten im Labor und im freien Feld.

Ein Agroscope-Forscher hat die Idee vorgebracht,

man solle das Vorgehen ändern und versuchen, den

Krankheitserreger besser kennenzulernen, um seine

Achillesferse zu identifizieren, wodurch man ihn dann

besser unter Kontrolle bringen könnte. Diese Idee wurde

aufgegriffen und in der Folge im Rahmen des integrier-

ten Projektes Feuerbrand dank zusätzlichen finanziellen

Mitteln in den Jahren 2008 bis 2013 bearbeitet und bis

heute umgesetzt. Eine wegweisende Etappe stellte 2010

die Sequenzierung des Bakteriums dar, das für diese

Krankheit verantwortlich ist (Smits et al. 2010). Das

Genom ist vollständig entschlüsselt worden. Seit der

Sequenzierung sind mehrere Gene entdeckt worden,

welche für das Überleben und die Virulenz des Bakteri-

ums entscheidend sind (Smits et al. 2010). Die Aussichten

zur Bekämpfung des Feuerbrandes verbessern sich. So

hat beispielsweise die Analyse verschiedener Isolate

ermöglicht, die lokale Kontamination besser zu verste-

hen. Dennoch bleibt noch viel Arbeit zu leisten. Sobald

die Gene sequenziert sind, gilt es, ihre Funktion zu

bestimmen, was sehr komplex ist, ebenso wie die Ana-

lyse der umweltbedingten Mutationen der DNA. Diese

Kenntnisse werden es erlauben, zu verstehen, wie das

Bakterium funktioniert und wo sich seine Achillesferse

befindet. Es wird jedoch noch mehrere Jahre dauern, bis

sich die Auswirkungen davon unter Feldbedingungen

zeigen werden. Die Sequenzierung des Bakteriums

könnte letztlich die Kontrolle über den Feuerbrand

ermöglichen. Eine Bedingung dazu ist, unter anderem,

der optimale Einsatz der gegenwärtigen Bekämpfungs-

möglichkeiten wie etwa auch die Pflanzung feuerbrand-

toleranter Bäume.

4. Urbane Landwirtschaft (Abb. 4)

Es besteht ein wachsendes Interesse an einer urbanen

Landwirtschaft, und immer mehr Initiativen für eine

Nahrungsmittelproduktion in der Stadt werden reali-

siert. Die Schweiz macht in Bezug auf dieses Phänomen

keine Ausnahme. Im Rahmen des Projektes «Urbane

Qualität» des Schweizerischen Nationalfonds hat eine

Organisation den Wunsch geäussert, ein Projekt zur

urbanen Landwirtschaft zu unterbreiten. Dazu hat diese

Organisation verschiedene Institute kontaktiert, darun-

ter das Institut für Umweltfragen der ETH Zürich sowie

Agroscope. Dieses Projekt unter dem Namen «Food

Urbanism Initiative» (www.foodurbanism.org) wurde für

die Dauer von drei Jahren bewilligt. Ebenso wurde der

Beitrag von Agroscope als Teil des Forschungsprogramms

Abb. 3 | Sequenzierung des Bakteriums Erwinia amylovora.

Erwinia amylovoraCFBP 1430

chromosome3805573 bp

0 kb

500 kb

1000 kb

1500 kb

2000 kb

2500 kb

3000 kb

3500 kb

pEA2928259 bP

Ideen, welche die pflanzenbauliche Forschung verändert haben | Pflanzenbau

9Agrarforschung Schweiz 5 (1): 4–11, 2014

schaft, trotz einer Dienstleistung für die Kunden, von

marginaler Bedeutung mit sporadischen Aktivitäten

bleiben. Sie ist gegenwärtig nicht im Leistungsauftrag

des BLW enthalten.

5. Biochemische oder molekulare Marker (Abb. 5)

In der Schweiz zielt die Weizenzüchtung auf leistungsfä-

hige Sorten ab, welche eine hohe Backqualität und eine

gute Resistenz gegen Krankheiten aufweisen. Die Kreu-

zungen werden auf ausgewachsenen Pflanzen im Feld

geprüft, was bedeutet, dass die Expression der Gene

unter gegebenen Umweltbedingungen untersucht wird.

Dieser Vorgang erfordert Zeit und ist manchmal nicht

sehr aussagekräftig, da unter Umständen eine Krankheit

im Feld nicht auftritt. Unabhängig von der Expression

eines Merkmals in einem gegebenen Umfeld möchte

man die genetische Konstellation des zu untersuchen-

den Merkmals kennen. Um dies zu ermöglichen, wurden

biochemische und molekulare Marker entwickelt. Sie

erlauben es, die Resistenz der Pflanze gegenüber Krank-

heiten zu beurteilen, selbst wenn die Krankheit nicht

ausgebrochen ist. Die Wissenschaftler haben versucht,

ihr individuelles Wissen über einzelne Gene zu verbes-

sern, um dieses dann für die Selektionsschemas zu

berücksichtigen. Die Idee bestand darin, diesen Techno-

logiesprung im Selektionsprozess auszunutzen. Die Mar-

ker haben den Vorteil, dass sie von der Umwelt nicht

ProfiCrops angenommen. Der Ursprung der Idee ist

somit von aussen gekommen. Die Realisierung des Pro-

jektes, unter Mitwirkung von Agroscope-Fachwissen zu

Gunsten der Förderer der urbanen Landwirtschaft, erfor-

derte die Rekrutierung zusätzlichen Personals, das vom

Nationalfonds finanziert wird. Dieses Projekt bedingt

auch eine «Änderung» des Blickwinkels in Bezug auf die

Produktionseinheiten. Die Produktionseinheiten in städ-

tischen Zonen sind in der Tat nicht, oder nur selten, «tra-

ditionelle» Landwirtschaftsbetriebe. Es war somit zwin-

gend, dass eine von allen beteiligten Projektpartnern

akzeptierte Typologie der Produktionseinheiten gefun-

den und formuliert wurde (Crole-Rees et al. 2012). Mit

der Teilnahme an diesem Projekt konnte Agroscope

seine Kompetenz in Bezug auf Gewächshauskulturen

und die Gemüseproduktion einbringen. Somit konnte

an einem Mandat gearbeitet werden, welches die Instal-

lation von Gewächshäusern auf Dächern vorsieht. Zudem

ergab dies die Möglichkeit, sich gegenüber einem Publi-

kum bekannt zu machen, welches sich von den üblichen

Kunden der pflanzenbaulichen Forschung unterscheidet.

Im Rahmen von Agroscope wird die urbane Landwirt-

Abb. 4 | Urbane Landwirtschaft. (Foto: Therese Haller, HAFL)

Abb. 5 | Nutzung von biochemischen und molekularen Markern.(Foto: Carole Parodi, Agroscope)

10 Agrarforschung Schweiz 5 (1): 4–11, 2014

Pflanzenbau | Ideen, welche die pflanzenbauliche Forschung verändert haben

beeinflusst werden und in irgend einem Entwicklungs-

stadium und in allen Organen der Pflanze nachgewiesen

werden können. Zudem kann man sie analysieren, ohne

die Pflanze zu zerstören. Dank ihnen lassen sich teure

Gewächshausversuche reduziern, beispielsweise um das

Resistenzverhalten von Apfelsorten gegenüber dem

Feuerbrand zu prüfen. In Changins ist eine Spezialistin

angestellt worden, um bei Weizen, Triticale und Soja-

bohne entsprechende Verbesserungen zu erzielen.

Gegenwärtig wird die Marker-Technologie bei Agro-

scope in allen Züchtungsdepartementen verwendet,

nämlich bei: Reben (Agroscope, in Vorbereitung),

Getreide, Soja, Apfel, Birne und Aprikose. Konkrete

Anwendungen dieser Technologie betreffen beispiels-

weise die Züchtung von Sojasorten für die menschliche

Ernährung sowie die Züchtung von Getreidesorten, die

gegenüber Krankheiten resistent sind. Dabei werden

mit Hilfe von Markern mehrere Resistenzgene in ver-

schiedenen Weizenlinien gegen eine einzige Krankheit

kombiniert. Die Technologie erlaubt Resistenzgene dank

molekularen Markern und Rückkreuzungen in Elitewei-

zensorten einzuschleusen (Mouillet et al. 2008). Die Effi-

zienz und Möglichkeiten in der Züchtung werden dank

dieser Technologie verbessert. So können mehrere Mar-

ker verwendet und auch quantitative Merkmale einge-

führt werden. Schliesslich ermöglicht diese Technologie

Agroscope weiterhin eine anerkannte Führungsposition

in der Züchtung einzunehmen.

D i s k u s s i o n u n d S c h l u s s -f o l g e r u n g e n

Die Forschung muss sich, wie alle Akteure der Wert-

schöpfungskette der Pflanzenproduktion, ständig inno-

vativ verhalten, um sich den verschiedenen Herausforde-

rungen sowie den zahlreichen Veränderungen der

Rahmenbedingungen, sei es der ökonomischen oder

gesetzlichen, stellen zu können. Die Fallstudien zeigen

unterschiedliche Aspekte der Innovation auf. Die Anre-

gung kann von innen oder aussen kommen, wie dies der

Fall ist bei der Einführung neuer Produkte oder Dienst-

leistungen wie die Ökobilanzen und die urbane Land-

wirtschaft. Agroscope reagiert also auf externe Anfra-

gen. Die Wissenschaftler sind motiviert, neue Ideen zu

übernehmen und zu entwickeln. Man möchte die Unan-

nehmlichkeiten gewisser Verfahren umgehen, wie bei-

spielsweise die Langwierigkeit und Ungenauigkeit der

traditionellen Züchtung auf gewisse Eigenschaften (Nas-

sar und Tucci 2012). Lösungsorientierte Forschung spielt

sich selten in einem geschlossen Gefäss ab. Tatsächlich

haben mehrere der Innovationen einen transversalen

Charakter. Die Sequenzierung von Bakterien übernimmt

ein Vorgehen, das bereits im Gesundheitswesen einge-

setzt wird, und die Ökobilanzierung stammt aus der

Industrie. Der Austausch unter Wissenschaftlern mittels

Publikationen, wissenschaftlichen Konferenzen usw.

stellt eine Quelle der Inspiration und Kreativität dar. Die

Fallstudien zeigen auch, dass zwischen Idee und Innova-

tion manchmal mehrere Jahre vergehen wie beispiels-

weise bei der Kalibrierung des NIRS-Gerätes. Die vorge-

stellten Ideen zeigen die Innovationskraft in der

Forschung auf. Sie ermöglichten bereits heute und stel-

len auch für die Zukunft in der Forschung und zuguns-

ten der Akteure namhafte Verbesserungen der pflan-

zenbaulichen Produktion der Schweiz dar. Im weitesten

Sinne werden die Effizienz und die Qualität der Land-

wirtschaftsprodukte verbessert. Die fünf Innovationen

befassen sich mit der inneren und äusseren Qualität

(Produktionsweise, Einfluss auf die Umwelt) und der Dif-

ferenzierung der Produkte.

Die Fähigkeit, mit Erfolg innovativ zu sein, das heisst

die Fähigkeit, von der Idee zur Innovation überzugehen,

erfordert Zeit, Ressourcen, eine gewisse Risikobereit-

schaft und eine auf die Zukunft ausgerichtete Denk-

weise. Diese schliesst gute Kenntnisse der Wissenschaft-

ler betreffend sich abzeichnende Tendenzen in den

einzelnen Arbeitsgebieten und der allgemeinen Agrar-

politik mit ein. Zudem müssen die Vision und der Auf-

trag von Agroscope klar definiert sein. Der neue Leis-

tungsauftrag nimmt darauf Bezug. Um die strategischen

Ziele von Agroscope (BLW 2012) zu verfolgen «muss die

landwirtschaftliche Forschung weiterhin genügend

Handlungsspielraum zur Verfügung stellen, damit die

guten, kreativen und von Intuition geleiteten Wissen-

schaftler Lösungen finden können für die Zukunft der

Land- und Ernährungswirtschaft» (Agroscope 2007). n

11Agrarforschung Schweiz 5 (1): 4–11, 2014

Ideen, welche die pflanzenbauliche Forschung verändert haben | Pflanzenbau

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

▪ Gaillard G. & Nemecek T., 2009. Swiss Agricultural Life Cycle Assessment (SALCA): An integrated environmental assessment concept for agricul-ture. In: Int. Conf. «Integrated Assessment of Agriculture and Sustainable Development, Setting the Agenda for Science and Policy», Egmond aan Zee, The Netherlands. AgSAP Office, Wageningen University, 134–135.

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Five ideas that have changed research in

the cropping sector

Innovation is now a prerequisite for

institutions aiming to maintain their

competitiveness in a more and more

liberalized economy. This is also true for

agricultural research. One of the objective

of ProfiCrops, the research program

Agroscope, was to promote the innova-

tion process leading to added value in the

cropping sector. This article describes five

ideas, their development into innovation

and the scope for the innovation’s

adoption. The sampling was done purpo-

sively, based on an innovations’ list for the

cropping sector. The sample comprised:

three process innovations: a portable

Near-infrared spectroscopy (NIRS) tool, the

sequence of the fire blight pathogen

genome and the use of molecular markers,

and two service innovations: Life Cycle

Assessment (LCA) in agriculture and urban

agriculture. The results show that the

innovation process within research

requires some scope that includes a clear

research mission, sufficient financial

resources, time and a risk-taking attitude.

Key words: innovation process, agricul-

ture, research, Agroscope.

Cinque idee che hanno cambiato la ricerca

nella produzione vegetale

L’innovazione è una condizione necessaria

per le istituzioni che cercano di mantenere

la loro competitività all’interno di un’eco-

nomia sempre più liberalizzata. Questo

vale anche per la ricerca agronomica. Uno

degli obiettivi di ProfiCrops, uno dei

programmi di ricerca di Agroscope, era di

promuovere un processo d’innovazione

aspirante a dare un valore aggiunto

maggiore al settore della produzione

vegetale. Questo articolo descrive cinque

idee selezionate in modo ragionato

all’interno di Agroscope. L’idea di base, la

sua attuazione e le prospettive d’adozione

sono presentate attraverso tre tipi di

procedimento innovativi: l’apparecchio

NIRS (Near-Infrared spectroscopy) porta-

tile, il sequenziamento del patogeno del

fuoco batterico e l’uso di marcatori

biochimici o molecolari nella selezione.

Inoltre, ci sono altri due prodotti innova-

tivi: l’analisi del ciclo vitale (LCA) e

l’agricoltura urbana. I risultati mostrano

che il successo di questi progetti innovativi

in seno alla ricerca esigono una missione

di ricerca chiara, delle risorse finanziarie

adatte, del tempo e un’attitudine positiva

di fronte al rischio.

12 Agrarforschung Schweiz 5 (1): 12–19, 2014

Anpassung von Arten und Populationen an äussere Fak-

toren wie Umweltbedingungen oder Selektionsprozesse.

Während die Bedeutung der Arten-Diversität allgemein

anerkannt ist und auch der Einfluss der Landwirtschaft

darauf intensiv untersucht wurde, gibt es nur sehr wenig

Information über die genetische Vielfalt in landwirt-

schaftlichen Ökosystemen. Das Ziel dieser Studie war es

deshalb, Methoden zu entwickeln und anzuwenden, mit

denen die genetische Diversität auf landwirtschaftlichen

Betrieben bestimmt werden kann. Diese Studie wurde

im Rahmen des EU-Forschungsprojektes BioBio (EU FP7,

E i n l e i t u n g

Die Funktion und die Produktivität von landwirtschaftli-

chen Systemen wird massgeblich von der vorhandenen

Biodiversität beeinflusst (Abb. 1). Diese kann in drei

hierarchische Stufen eingeteilt werden: Ökosystemdiver-

sität, Artendiversität und genetische Diversität (Vellend

und Geber 2005; Abb. 2). Die genetische Diversität

umfasst die Vielfalt der Gene und Allele innerhalb einer

Art und bildet die Grundlage für die Vielfalt aller leben-

den Organismen. Sie ist auch die Voraussetzung für die

Roland Kölliker, Luisa Last, Felix Herzog und Franco Widmer

Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, 8046 Zürich, Schweiz

Auskünfte: Roland Kölliker, E-Mail: [email protected]

Genetische Diversität in der Landwirtschaft

P f l a n z e n b a u

Abb. 1 | Diversität innerhalb und zwischen Arten ist ein wichtiger Bestandteil landwirtschaftlicher Ökosysteme. (Foto: Luisa Last, Agroscope)

Genetische Diversität in der Landwirtschaft | Pflanzenbau

13

Zusa

mm

enfa

ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 5 (1): 12–19, 2014

Genetische Diversität, die Vielfalt der Gene

und Allele innerhalb einer Art, ist die

grundlegendste Ebene der Biodiversität. Sie

bildet eine wichtige Voraussetzung für die

Produktivität und Nachhaltigkeit landwirt-

schaftlicher Produktionssysteme. Wir haben

verschiedene Methoden entwickelt und

angewendet, um die genetische Diversität

auf landwirtschaftlichen Betrieben in Europa,

der Ukraine und Uganda zu ermitteln. Eine

auf Fragebogen basierende Umfrage auf

insgesamt 203 Betrieben hat gezeigt, dass

die genetische Diversität von angebauten

Kulturpflanzen und gehaltenen Tieren sehr

stark zwischen verschiedenen Regionen

variiert und von den vorherrschenden

Produktionssystemen abhängt. Um einen

genaueren Einblick in die genetische Diversi-

tät von Grasland zu erhalten, haben wir

60 Populationen von Knaulgras aus Bulgarien,

Norwegen und der Schweiz mit molekularge-

netischen Markern untersucht. Dabei hat sich

gezeigt, dass diese Art eine sehr grosse Varia-

bilität innerhalb der Populationen aufweist,

die Unterschiede zwischen den Populationen

aber eher gering sind.

KKBBE-227161, www.biobio-indicator.org) durchgeführt,

in welchem praxistaugliche Indikatoren für alle drei Stu-

fen der Biodiversität entwickelt wurden (Herzog et al.

2012).

Genetische Diversität in der Landwirtschaft

Die genetische Diversität in landwirtschaftlichen Ökosys-

temen kann grundsätzlich in zwei Kategorien unterteilt

werden:

•• Die geplante Diversität umfasst die genetische

Diversität innerhalb der angebauten Pflanzenarten

und gehaltenen Tierarten (Vandermeer et al. 1998).

Diese pflanzen- und tiergenetischen Ressourcen bilden

die Grundlage für die landwirtschaftliche Produktion

und werden durch die Landwirte bewusst gesteuert.

•• Die assoziierte Diversität umfasst die Diversität

innerhalb und zwischen Pflanzen- und Tierarten die

zwar in landwirtschaftlichen Ökosystemen vorkom-

men, aber nicht gezielt angebaut oder gehalten

werden (Biala et al. 2005).

Mehrjährige Wiesen und Weiden, wie sie in der Land-

wirtschaft Zentraleuropas häufig anzutreffen sind, neh-

men bezüglich dieser Definition eine Mittelstellung ein.

Zwar werden sie landwirtschaftlich genutzt, aber die

vorhandene genetische Diversität wird höchstens am

Ökosystem-Diversität

Arten-Diversität

GenetischeDiversität

Abb. 2 | Die drei Ebenen der Biodiversität in der Landwirtschaft. (Fotos: Luisa Last, Agroscope [oben links], Salah Garchi, INRGREF [oben rechts], Markus Zuber [Mitte rechts], Gabriela Brändle, Agroscope [übrige])

Pflanzenbau | Genetische Diversität in der Landwirtschaft

14 Agrarforschung Schweiz 5 (1): 12–19, 2014

Anfang gezielt durch die Landwirte beeinflusst. Danach

unterliegen sie mehrheitlich dem Einfluss von Umwelt

und Bewirtschaftung. Vor allem eine hohe Bewirtschaf-

tungsintensität kann sich negativ auf die genetische

Diversität auswirken (Peter-Schmid et al. 2008).

Bestimmung der genetischen Diversität

Eine generelle Intensivierung der Landwirtschaft hat in

den letzten Jahrzehnten die geplante Diversität inner-

halb von Pflanzen- und Tierarten stark reduziert. So sind

zum Beispiel in Deutschland oder Finnland fast alle der

früher angebauten Getreide-Landsorten verschwunden

(Hammer und Diederichsen 2009) und in Holland hat

sich die Zahl der lokalen Rinderrassen in den letzten 30

Jahren um 95 % verringert (Buiteveld et al. 2009).

Obwohl einzelne Studien diesen Verlust dokumentieren,

fehlen einfache, zuverlässige Methoden, um Verände-

rungen der genetischen Diversität in der Landwirtschaft

genau verfolgen zu können. In dieser Studie haben wir

einen Fragebogen entwickelt und angewendet, um eine

grobe Schätzung der genetischen Diversität von Pflan-

zensorten und Tierrassen zu ermöglichen. Zudem haben

wir den Einfluss von Bewirtschaftung und Umweltfakto-

ren auf die genetische Diversität von Knaulgras (Dactylis

glomerata), einer häufigen Art in Wiesen und Weiden,

mit Hilfe von molekulargenetischen Markern bestimmt.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Umfrage auf 203 Betrieben

Basierend auf Literaturangaben und einer Umfrage bei

Experten und Interessengruppen des BioBio-Projektes

wurde ein Fragebogen für die Erhebung der geneti-

schen Diversität auf 203 Betrieben entwickelt. Dieser

Fragebogen wurde im persönlichen Gespräch mit den

Landwirten ausgefüllt und enthielt neben Angaben zu

den jeweiligen Landwirtschaftssystemen detaillierte Fra-

gen zu Name, Herkunft und Menge der angebauten

Pflanzensorten und gehaltenen Tierrassen. Die Erhebun-

gen wurden in 13 BioBio-Fallstudiengebieten (elf in

Europa, eine in Uganda und eine in der Ukraine; Abb. 3)

durchgeführt. Mit den erhobenen Daten wurden Diver-

sitäts-Indikatoren wie Artendiversität, Sortendiversität,

Anteil von Landsorten und die Anzahl von Schaf- und

Rinderrassen pro Betrieb berechnet. Zusätzlich wurde

der Anteil von seltenen Sorten und Rassen analysiert.

Genetische Diversität von Knaulgras

Für die detaillierte Analyse der genetischen Diversität in

Grasland-Ökosystemen wurde mit Knaulgras eine Art

gewählt, welche in drei Grasland-Fallstudiengebieten

(Rhodopen/Bulgarien, Hedmark/Norwegen und Obwal-

den/Schweiz) vorkommt. In jedem Fallstudiengebiet

wurden auf jeweils zehn Betrieben zwei Flächen beprobt.

Pro Fläche wurde Blattmaterial von 32 Einzelpflanzen

gesammelt und für die molekulargenetische Analyse

verwendet. In der Schweiz wurden die Betriebe so

gewählt, dass fünf biologisch (nach den Richtlinien von

BioSuisse) und fünf konventionell bewirtschaftet wur-

den. Pro Betrieb wurde jeweils eine intensiv und eine

extensiv bewirtschaftete Fläche ausgewählt. Zusätzlich

zu den Blattproben wurden in der Schweiz pro Fläche 60

blühende Triebe geerntet und im Gewächshaus in Isola-

tion abgeblüht. Das Saatgut wurde geerntet und die

F1-Populationen wurden im Gewächshaus angezogen.

Die genetische Diversität der 60 Populationen aus

den drei Fallstudiengebieten wurde mit 29 SSR (simple

sequence repeat)-Markern bestimmt (Last et al. 2013).

Die SSR-Markerprofile aller Einzelpflanzen wurden mit-

einander verglichen, und die genetische Diversität inner-

halb und zwischen den verschiedenen Populationen und

Fallstudiengebieten wurde ermittelt. Als Mass für die

genetische Diversität innerhalb der Populationen wurde

die durchschnittlich zu erwartende Heterozygosität (HE)

und die Genotypendiversität nach Shannon (HG) verwen-

det. Der Einfluss der Bewirtschaftung wurde mit Hilfe

von Korrelationsanalysen und multivariater Statistik

untersucht.

Für die Bestimmung der phänotypischen Diversität

von Knaulgras wurde in Zürich-Reckenholz ein Feldver-

such durchgeführt. Jeweils 60 Pflanzen der 20 F1-Popula-

tionen und von den zwei Referenzsorten «Reda» und

«Beluga» wurden in Reihen zu zehn Pflanzen komplett

AT

BG

CHDE

ES1ES2

FR

HUIT

UA

NO

UK

UG

Abb. 3 | Die 13 BioBio-Fallstudiengebiete, in denen mittels Frage-bogen die angebauten Pflanzensorten und die gehaltenen Tierras-sen erhoben wurden (www.biobio-indicator.org).

Genetische Diversität in der Landwirtschaft | Pflanzenbau

15Agrarforschung Schweiz 5 (1): 12–19, 2014

Betriebe nur eine Sorte pro Art anbauten, lag die Sor-

tendiversität auf einem Weinbaubetrieb in Italien bei

15. Um bedrohte Sorten besser zu berücksichtigen,

wurde in der Schweizer Fallstudie auch die Anzahl selte-

ner Apfelsorten erhoben. Basierend auf der Liste der

bedrohten Sorten (www.prospecierara.ch) wurden elf

seltene Apfelsorten wie Klarapfel, Blauacher oder Bohn-

apfel (Abb. 5) aufgenommen. Mehr als 50 % aller ange-

bauten Apfelsorten wurden als selten klassiert. In den

elf europäischen Fallstudiengebieten wurden nur sechs

Landsorten angebaut. In Uganda hingegen wurden

31 % aller angebauten Sorten als Landsorten bezeichnet

während von 21 % die Herkunft als unbekannt ange-

geben wurde.

Die durchschnittliche Anzahl der Rinder- und Schaf-

rassen war mit fünf Rassen in der Schweiz und 4,5 Rassen

in Wales (UK) signifikant höher als in allen übrigen Fall-

studiengebieten. den meisten Betrieben war die Produk-

tion auf eine Rasse pro Art ausgerichtet.

Grosse Diversität von Knaulgras in Europa

Mit den 29 SSR-Markern konnten über alle analysierten

Knaulgras-Pflanzen 257 unterschiedliche Allele detek-

tiert werden. Die genetische Diversität (durchschnittlich

zu erwartende Heterozygosität, HE) innerhalb der ein-

zelnen Populationen war in allen drei Fallstudiengebie-

ten sehr hoch und variierte von 0,44 bis 0,59. Die HE war

randomisiert angebaut. Zehn phänotypische Merkmale

wie Wachstumstyp, Blühzeitpunkt oder Rostresistenz

wurden erhoben, und die Populationen wurden bezüg-

lich der Mittelwerte und der Variationskoeffizienten

miteinander verglichen.

R e s u l t a t e

Sorten- und Rassendiversität variieren stark

Die Umfrage zur genetischen Diversität dauerte im

Durchschnitt etwa 50 Minuten pro Betrieb. Von den 203

befragten Betrieben bauten 174 Acker- und Spezialkul-

turen oder Kunstwiesen an. Diese Betriebe wurden für

die Berechnung der Pflanzen-Diversitäts-Indikatoren

berücksichtigt. Insgesamt wurden 91 verschiedene Pflan-

zenarten aufgenommen. Die mittlere Anzahl Arten pro

Fallstudienregion variierte von eins (IT) bis elf (DE). In

Italien waren die Betriebe geprägt vom Weinanbau, und

andere Arten wie Oliven oder Hartweizen wurden nur

auf einzelnen Betrieben angebaut. In Deutschland hin-

gegen herrschten gemischtwirtschaftliche Betriebe mit

Acker- und Futterbau vor, was zu einer signifikant grös-

seren Anzahl Pflanzenarten pro Betrieb führte.

Die mittlere Sortendiversität, also die Anzahl

Sorten dividiert durch die Anzahl an Kulturpflanzenar-

ten, lag pro Fallstudiengebiet zwischen eins (ES, HU,

UA) und 6,5 (IT; Abb. 4). Während fast die Hälfte der

AT FR UA

HU NO UK

DE IT

ES1

ES2

UG

Fallstudiengebiete

0

2

4

6

8

10

Mitt

lere

Sor

tend

iver

sitä

t

Ackerbau und SpezialkulturenGrasland und TierproduktionAckerbau und TierproduktionDauerkulturen

Abb. 4 | Mittlere Sortendiversität pro Fallstudiengebiet.

Pflanzenbau | Genetische Diversität in der Landwirtschaft

16 Agrarforschung Schweiz 5 (1): 12–19, 2014

in Norwegen mit 0,54 signifikant höher als in Bulgarien

(0,52), während die HE in der Schweiz mit 0,53 dazwi-

schen lag. Trotz der grossen Diversität innerhalb der

Populationen konnten zwischen 62 % (Bulgarien) und

91 % (Schweiz) der einzelnen Pflanzen den entsprechen-

den Fallstudiengebieten zugeordnet werden. Eine Clus-

teranalyse basierend auf den Markerhäufigkeiten pro

Fallstudiengebiet gruppierte die Schweizer Knaulgras-

populationen zusammen mit jenen aus Norwegen, wäh-

rend die Populationen aus Bulgarien eine eigene Gruppe

bildeten (Abb. 6A). Diese Gruppierung stimmte nicht

überein mit der Gruppierung der Standorte basierend

auf der geographischen Distanz (Abb. 6B).

Bewirtschaftung und genetische Diversität

Wie schon für den Vergleich der Fallstudiengebiete

beobachtet, war die genetische Diversität innerhalb der

Populationen auch in der Schweiz sehr gross. Nur gerade

4 % der beobachteten Diversität wurde verursacht durch

Unterschiede zwischen den Populationen, während die

restliche Diversität innerhalb der Populationen beobach-

tet wurde. Dies führte dazu, dass die einzelnen Populati-

onen nicht aufgetrennt werden konnten und dass auch

kein Einfluss der Bewirtschaftung auf die Populations-

differenzierung beobachtet werden konnte (Abb. 7).

Hingegen hatte das Bewirtschaftungssystem (biologisch

vs. konventionell) einen Einfluss auf die genetische

Diversität (HE), und die intensive Bewirtschaftung führte

zu einer signifikant verringerten Genotpyen-Häufigkeit

(HG; Tab. 1). Alle anderen untersuchten Standortpara-

meter (Artenzusammensetzung, Lage und Exposition

der Probenflächen) zeigten keinen Einfluss auf die gene-

tische Diversität der Populationen.Die phänotypische Charakterisierung der F1-Popula-

tionen zeigte, dass sich die Populationen bezüglich

ihrer agronomischen Merkmale deutlich unterscheiden

und dass die Bewirtschaftungsintensität einen starken

Einfluss auf die mittlere Merkmalsausprägung der

Populationen hatte (Abb. 8). Rund 21 % der phänotypi-

schen Unterschiede zwischen den Populationen wur-

Schw

eiz

Bulg

arie

n

Nor

weg

en

(A) SSR Marker

Eukl

idis

che

Dist

anz

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

Nor

weg

en

Schw

eiz

Bulg

arie

n

(B) Geographische Lage

Dist

anz

(km

)

0

750

1500

2250

Abb. 6 | Clusteranalyse der drei Fallstudiengebiete in Bulgarien, Norwegen und der Schweiz basierend auf den SSR-Analysen der gesam-melten Knaulgraspopulationen (A) und den geographischen Distanzen der Sammelregion (B).

Abb. 5 | Seltene Apfelsorten: Klarapfel, Blauacher, Bohnapfel (von links nach rechts). (Fotos: Markus Zuber)

Genetische Diversität in der Landwirtschaft | Pflanzenbau

17Agrarforschung Schweiz 5 (1): 12–19, 2014

die Diversität von Pflanzenarten, Pflanzensorten und

Tierrassen auf Landwirtschaftsbetrieben zu erfassen und

so die Veränderung der genetischen Diversität zu über-

wachen. Die Messung und Interpretation der Indikato-

ren ist in Factsheets detailliert beschrieben (http://www.

biobio-indicator.org/genetic-indicators.php?). Um die

Qualität der Daten zu erhöhen, sollte der Fragebogen

an die jeweilige Fragestellung angepasst werden und

die lokalen Gegebenheiten (vorherrschende Landwirt-

schaftssysteme) berücksichtigen. Die relativ geringe

Anzahl von Pflanzensorten auf den Betrieben und das

fast vollständige Fehlen von Landsorten wurde auch

weltweit für die wichtigsten Ackerkulturen beobachtet

(Jarvis et al. 2008; Veteläinen et al. 2009). Die einheitli-

cheren Zuchtsorten erlauben zwar eine höhere Rentabi-

lität durch vereinfachte Produktionsmethoden, der Ver-

lust der Landsorten kann aber zu einer erheblichen

−2 −1 0 1 2

−2

−1

01

2

1. Hauptkomponente

2. H

aupt

kom

pone

nte

Abb. 7 | Hauptkomponenten-Analyse von 640 Knaulgraspflanzen aus der Schweiz basierend auf 29 SSR-Markerprofilen: Die Bewirt-schaftung hat keinen Einfluss auf die Populationsdifferenzierung (blau: intensive Bewirtschaftung, rot: extensive Bewirtschaf-tung).

System Intensität

konventionell biologisch intensiv extensiv

HE 0,530** 0,521** 0,531 0,527

HG 3,367 3,395 3,347* 3,416*

Tab. 1 | Einfluss von Bewirtschaftungssystem und Bewirtschaftungsintensität auf die durchschnittlich zu erwartende Heterozygosität (HE) und die Genotypendiversität (HG) von 20 Knaulgraspopulationen. Signifikante Unterschiede sind mit * (p < 0,05) und ** (p < 0,01) gekenn-zeichnet.

den durch die unterschiedliche Bewirtschaftungsinten-

sität erklärt. Pflanzen von extensiv bewirtschafteten

Flächen waren kürzer, hatten kürzere Blütenstände

und der Blühzeitpunkt war signifikant früher im Ver-

gleich zu Populationen von intensiven Standorten

(Tab. 2). Auch die Variabilität der einzelnen Merkmale,

berechnet als Variationskoeffizienten, wurde signifi-

kant von der Bewirtschaftungsintensität beeinflusst.

Allerdings waren die Unterschiede nur für den Blüh-

zeitpunkt signifikant (Tab. 2).

Diskuss ion und Sch luss fo lgerungen

Geeignete Indikatoren

Die auf Umfragen basierenden Indikatoren für geneti-

sche Diversität, die in dieser Studie erarbeitet wurden,

stellen eine zuverlässige und einfache Möglichkeit dar,

−10 −5 0 5 10

−10

−5

05

101. Hauptkomponente

2. H

aupt

kom

pone

nte

Abb. 8 | Hauptkomponenten-Analyse von 20 Knaulgraspopula-tionen basierend auf zehn phänotypischen Merkmalen: Die Be-wirtschaftung hat einen starken Einfluss auf die mittlere Merk-malsausprägung der Populationen (blau: intensive Bewirtschaf-tung, rot: extensive Bewirtschaftung).

18

Pflanzenbau | Genetische Diversität in der Landwirtschaft

Agrarforschung Schweiz 5 (1): 12–19, 2014

genetischen Erosion führen. Um den Verlust vor allem

seltener Sorten und Rassen zu verhindern, wäre eine

internationale Datenbank von grossem Vorteil. Bis jetzt

existieren nur verschiedene lokale Datenbanken in ein-

zelnen Ländern, was einen regionalen oder globalen

Vergleich erschwert.

Einfluss der Bewirtschaftung auf die Vielfalt

Unsere Untersuchungen an Knaulgras haben eine sehr

grosse Diversität innerhalb der einzelnen Populationen

gezeigt, während die Unterschiede zwischen den Fall-

studiengebieten klein und zwischen den einzelnen

Populationen vernachlässigbar sind. Dies ist typisch für

fremdbefruchtende Grasarten und wurde auch für Rai-

gras, Wiesenrispe und Wiesenschwingel gezeigt (Peter-

Schmid et al. 2008; Rudmann-Maurer et al. 2007). Die

hohe Diversität innerhalb der Populationen könnte auch

ein Grund dafür sein, dass das Bewirtschaftungssystem

und die Bewirtschaftungsintensität nur einen sehr klei-

nen Einfluss auf die Populationsdifferenzierung hatte,

da diverse Populationen oft auch eine bessere Anpas-

sungsfähigkeit aufweisen (Frankham et al. 2002).

Einfache Bestimmung der genetischen Diversität

Während Umfragen einen einfachen, aber nur sehr

oberflächlichen Zugang zur genetischen Diversität erlau-

ben, bieten molekulargenetische Analysen sehr genaue

Resultate, sind aber mit beträchtlichem Aufwand ver-

bunden. Während für Wiesenschwingel ein Zusammen-

hang zwischen Artenvielfalt und Graslandtyp nachge-

wiesen werden konnte (Peter-Schmid et al. 2010), war

dies in dieser Studie für Knaulgras nicht der Fall. Einfa-

che, indirekte Indikatoren für genetische Diversität wer-

den daher wohl nicht für alle Arten bereitgestellt wer-

den können. Hingegen deuten Entwicklungen im

Bereich der Gen- und Genomsequenzierung darauf hin,

dass solche Methoden in Zukunft für ein gross angeleg-

tes Screening genetischer Diversität verwendet werden

können (Glenn 2011). n

Mittelwert Variationskoeffizient

Bewirtschaftungsintensität

Merkmal intensiv extensiv intensiv extensiv

Wachstumstyp (Note 1–9) 5,93 6,06 12,79 12,15

Blühzeitpunkt (Tage nach 15. April) 24,12* 21,09* 22,96* 32,27*

Wachstumstyp zur Blüte (Note 1–9) 5,71 5,89 19,14 18,32

Stengellänge (cm) 90,24* 83,54* 16,72 16,99

Internodienlänge (cm) 35,73* 33,83* 21,1 21,77

Fahnenblattlänge (cm) 21,90* 19,62* 28,28 31,35

Fahnenblattbreite (cm) 1,04* 0,97* 30,88 31,33

Blütenstandlänge (cm) 18,98* 17,82* 21,38 21,83

Wüchsigkeit (Note 1–9) 6,32 5,76 14,47 12,39

Rostresistenz (Note 1–9) 2,35 2,40 52,91 51,79

Tab. 2 | Einfluss der Bewirtschaftungsintensität auf Mittelwert und Variabilität (Variationskoeffizient) phänotypischer Merkmale von 20 Knaulgras F1-Populationen. Signifikante Unterschiede (p < 0,05) sind mit * gekennzeichnet

19

Genetische Diversität in der Landwirtschaft | Pflanzenbau

Ria

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Agrarforschung Schweiz 5 (1): 12–19, 2014

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Genetic diversity in agriculture

Genetic diversity – the variety of genes

and alleles within a species – constitutes

the most basic level of biodiversity, and is

an important prerequisite for productivity

and sustainability in agricultural produc-

tion systems. We have developed and

applied various methods to determine

genetic diversity on farms in Europe,

Ukraine and Uganda. A questionnaire-

based survey conducted on a total of 203

farms has shown that the genetic diversity

of crops and livestock varies greatly

between different regions, and depends

upon the prevailing production systems. In

order to obtain a more accurate insight

into the genetic diversity of grassland, we

studied 60 populations of orchard grass

from Bulgaria, Norway and Switzerland

with molecular genetic markers. In doing

so, we learned that although this species

exhibits a very large variability within the

populations, the differences between the

populations tend to be minor.

Key words: genetic diversity, indicators,

grassland.

Diversità genetica nell'agricoltura

La diversità genetica, ossia la varietà dei

geni o degli alleli in una specie, è alla

base della biodiversità e costituisce un

importante presupposto per la produtti-

vità e la sostenibilità dei sistemi produt-

tivi agricoli. Abbiamo sviluppato e

applicato diversi metodi per determi-

nare la diversità genetica presente nelle

aziende agricole in Europa, Ucraina e

Uganda. Un sondaggio basato su di un

questionario, effettuato su un totale di

203 aziende, ha mostrato che la diver-

sità genetica di piante coltivate e

animali allevati varia notevolmente tra

le diverse regioni ed è strettamente correlata al sistema di produzione

predominante. Per avere una visione più

precisa della diversità genetica della

superficie erbosa, abbiamo analizzato

60 popolazioni di dattile provenienti

dalla Bulgaria, dalla Norvegia e dalla

Svizzera con marcatori genetico-moleco-

lari. Quest’analisi ha mostrato che questa

specie presenta una grande variabilità

all’interno delle popolazioni, tuttavia le

differenze tra le varie popolazioni si sono

dimostrate piuttosto esigue.

20 Agrarforschung Schweiz 5 (1): 20–27, 2014

mischung angesät, da eine natürliche Wiederansiedlung

typischer Arten aus der Umgebung nicht gegeben ist,

weil das lokale Reservoir an Arten zu stark verarmt ist.

Die Ansaat mit Samenmischungen birgt jedoch einige

Probleme (Vander Mijnsbrugge et al. 2010). Einerseits

kann die Herkunft der Samen in den ausgebrachten

Mischungen ein Problem sein, wenn diese nicht aus der-

selben Region stammen, in der die angesäte Fläche liegt.

Dies kann dazu führen, dass Samen schlecht oder gar

nicht an die Umweltbedingungen der renaturierten Flä-

chen angepasst sind (Bischoff et al. 2006). Um dies zu

verhindern, hat InfoFlora vorgeschlagen, dass Samen-

produzenten nur Samen aus derselben biogeographi-

schen Region für Samenmischungen verwenden sollen

(http://www.infoflora.ch/de/flora/wildpflanzensaatgut/).

Aber auch wenn die Samen aus der gleichen Region

stammen, kann die Vermehrung im Garten des Produ-

zenten dazu führen, dass Anpassungen an die natürli-

chen Bedingungen verloren gehen (Schoen und Brown

2001). Hinzu kommt, dass meist keine Information zur

genetischen Qualität der Samen in den Mischungen vor-

handen ist. Die genetische Vielfalt kann jedoch einen

signifikanten Einfluss auf die kurzfristige Fitness von

Pflanzen haben und damit den Erfolg von Ansaaten

massgeblich beeinflussen. Zudem hilft eine hohe geneti-

sche Vielfalt die Anpassungsfähigkeit von Pflanzen zu

erhalten. Um mögliche negative Konsequenzen durch

schlecht angepasstes und/oder genetisch verarmtes Saat-

gut zu verhindern, ist es wichtig, das Wissen über die

genetische Zusammensetzung und die Fitness in Samen-

mischungen zu haben.

In der vorliegenden Studie wurde die genetische

Vielfalt und die Fitness von natürlichen und angesäten

Populationen von Lychnis flos-cuculi in der Agrarland-

schaft des Oberaargaus untersucht. Zusätzlich führten

wir Experimente im Feld und im Versuchsgarten durch,

um die Anpassungen der Pflanzen von natürlichen und

angesäten Populationen sowie von Pflanzen, die aus

Samen der Samenproduzenten direkt gezogen wurden

E i n l e i t u n g

Der grossflächige Verlust von natürlichen Habitaten und

die intensive Landnutzung haben zu einer signifikanten

Abnahme der Biodiversität in Agrarlandschaften geführt

(Billeter et al. 2008). Um diesen Verlust aufzuhalten und

die Vernetzung verbliebener Habitatflächen zu fördern,

wurden verschiedene Massnahmen ergriffen. Ein Bei-

spiel sind Ausgleichsflächen, die in der Agrarlandschaft

angelegt werden. Häufig werden diese mit einer Samen-

Genetische Vielfalt in Wildpflanzen- SamenmischungenTsipe Aavik1,2, Daniel Bosshard2, Peter Edwards2, Rolf Holderegger2,3 und Regula Billeter2,4

1Institut für Ökologie und Erdwissenschaften, Universität Tartu, 51005 Tartu, Estland2Institut für Integrative Biologie, ETH Zürich, 8092 Zürich, Schweiz3WSL Eidgenössische Forschungsanstalt, 8903 Birmensdorf, Schweiz4ZHAW, Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen, 8820 Wädenswil, Schweiz

Auskünfte: Regula Billeter, E-Mail: [email protected]

U m w e l t

Abb. 1 | Verschiedene Aufwertungen wurden im Oberaargau aus-geführt, z.B. die Renaturierung extensiv bewirtschafteter Wiesen. Der im Bild dargestellte Streifen einer ökologischen Ausgleichsflä-che wurde mit einer Wildpflanzen-Samenmischung eingesät, die auch Samen der Kuckuckslichtnelke (Lychnis flos-cuculi) enthielt.

Genetische Vielfalt in Wildpflanzen- Samenmischungen | Umwelt

21

Zusa

mm

enfa

ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 5 (1): 20–27, 2014

Wildpflanzen-Samenmischungen werden

häufig für die Ansaat von renaturierten

Flächen genutzt, insbesondere um auf

artenarmen Flächen die Artenvielfalt zu

erhöhen. Allerdings sind die Konsequenzen

solcher Samenmischungen für die genetische

Vielfalt und die Fitness häufig nicht klar. Wir

untersuchten die genetische Vielfalt von

natürlich vorkommenden und angesäten

Populationen der Kuckuckslichtnelke (Lychnis

flos-cuculi) im Oberaargau im Schweizer

Mittelland. In Experimenten im Feld, im

Versuchsgarten und in der Klimakammer

massen wir zudem die Effekte der geneti-

schen Vielfalt, der Herkunft und der Umwelt-

bedingungen auf das Wachstum und die

Lebensfähigkeit der Pflanzen. Die genetische

Vielfalt von natürlichen und angesäten

Populationen unterschied sich kaum, aber die

angesäten Populationen waren durch

signifikant höhere Inzucht gekennzeichnet.

Auch unterschieden sich die gesäten von den

natürlichen Populationen deutlich in ihrer

genetischen Zusammensetzung. Unsere

Experimente zeigten, dass die angesäten

Pflanzen sowie Pflanzen, die aus direkt bei

den Samenproduzenten bezogenen Samen

gezogen wurden, weniger häufig und

tendenziell auch später blühten als Pflanzen

der natürlichen Populationen. Ansonsten

hatte die Herkunft oder die genetische

Vielfalt kaum einen Einfluss auf die Fitness

der Pflanzen. Daraus schliessen wir, dass die

Ansaat mit Samenmischungen vor allem

dann eine sinnvolle Massnahme darstellt,

wenn die Produktion der Samen auf einer

genügend breiten genetischen Basis erfolgt.

Negative Fitness-Effekte sind dann kaum zu

erwarten. Wenn immer möglich sollte aber

natürliche Besiedlung aus der Umgebung

bevorzugt werden.

an die lokalen Umweltbedingungen zu untersuchen.

In  einem Klimakammer-Experiment wurde schliesslich

unter kontrollierten Bedingungen die Reaktion von

Pflanzen aus natürlichen und angesäten Populationen

untersucht, sowie von Pflanzen aus Samen die direkt bei

den Samenproduzenten bezogen wurden, auf verschie-

dene Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Untersuchte Populationen, Felderhebungen und gene-

tische Analysen

Wir führten unsere Untersuchungen im Smaragdgebiet

Oberaargau durch, das zu den Kantonen Bern und Aar-

gau gehört. Das Oberaargau ist eine typische Agrarland-

schaft mit Ackerbau und Weideland. Im Zuge des Baus

der Bahn 2000 wurden von 2001 bis 2003 zahlreiche Aus-

gleichsflächen entlang von kleinen Bächen und Gräben

neu angelegt. Diese Streifen wurden mit einer Wild-

pflanzen- Samenmischung angesät (Abb. 1), die auch die

untersuchte Kuckuckslichtnelke (Lychnis flos-cuculi;

Abb.  2) enthält. In den Jahren 2005 und 2006 wurden

erneut Aufwertungsmassnahmen durchgeführt und

weitere Flächen mit derselben Mischung angesät. 2009

und 2010 kartierten wir alle Populationen von L. flos-

cuculi im Untersuchungsgebiet. An acht Orten wurde

L. flos-cuculi angesät und wir fanden 15 natürliche Popu-

Abb. 2 | Die Kuckuckslichtnelke (Lychnis flos-cuculi) ist eine Art der kalkhaltigen, feuchten Wiesen. In intensiv bewirtschafteten Land-wirtschaftsräumen ist sie selten und meistens auf Wuchsorte wie die Borte von Gräben und Bächen oder Waldränder beschränkt.

Umwelt | Genetische Vielfalt in Wildpflanzen- Samenmischungen

22 Agrarforschung Schweiz 5 (1): 20–27, 2014

lationen der Art. An drei weiteren Orten wurde die

Samenmischung in bereits bestehende Feuchtwiesen

ausgebracht, so dass wir nicht mit Bestimmtheit sagen

konnten, ob die hier vorkommenden Populationen

natürlich oder angesät waren.

Wir bestimmten die Populationsgrösse im Feld und

sammelten Blätter von jeweils 30 Individuen. Die Blätter

wurden getrocknet und für die DNA Analyse benutzt.

Für die genetische Analyse verwendeten wir sechs Mik-

rosatelliten-Marker (Galeuchet et al. 2002; Moccia et al.

2009). Die durchgeführten genetischen Analysen sind in

Aavik et al. (2012) genau beschrieben. In 20 Populatio-

nen wurden für jeweils 30 zufällig ausgewählte Indivi-

duen die Fitness-Merkmale: Anzahl Blüten, Anzahl Stän-

gel pro Pflanze und Höhe der Pflanze bestimmt.

Zusätzlich sammelten wir Samen. Jeweils 100 Samen pro

Pflanze wurden gewogen und von 15 Individuen pro

Population wurden jeweils 50 Samen in Petri-Schalen

ausgesät, um die Keimungsrate zu bestimmen. Nach 30

Tagen zählten wir die Anzahl gekeimter Samen. Zusätz-

lich nahmen wir in jeder Population Bodenproben, um

den Nitrat- und Phosphor-Gehalt zu bestimmen und

massen die Bodenfeuchtigkeit (für genaue Methoden

siehe Aavik et al. im Druck).

ExperimenteUm die Fitness von Pflanzen aus natürlichen und angesä-

ten Populationen sowie von Pflanzen, die direkt aus

Samen der Samenproduzenten gezogen wurden zu ver-

gleichen, wurden diese im Feld und im Versuchsgarten an

der ETH Hönggerberg in Zürich ausgesät. Dafür benutzen

wir die Samen von zwei natürlichen und zwei angesäten

Populationen aus dem Oberaargau, sowie Samen von

zwei verschiedenen Samenproduzenten. Wir starteten das

Experiment im September 2010 an zwei Standorten im

Oberaargau und im Versuchsgarten. An den Standorten

im Feld wurden jeweils vier Beete angelegt, mit jeweils

sechs Plots pro Beet. Im Versuchsgarten wurden 24 Töpfe

mit einem Gemisch von Erde und Sand und einer feinen

Humusschicht gefüllt. In jeden Plot im Feld und jeden Topf

im Garten wurden 200 Samen eingesät. In jedem Beet

wurden die Samen jeder Herkunft einmal angesät, pro

Plot eine Herkunft (zwei natürliche Populationen, zwei

angesäte Population und die Samen der zwei Samenpro-

duzenten). Im Garten wurde jede Herkunft in jeweils vier

verschiedenen Töpfen angesät. Im Mai 2011 wurden alle

Keimlinge bis auf zehn Individuen entfernt. Die letzteren

liessen wir weiter wachsen. Im September 2011 bestimm-

ten wir die Überlebensrate und massen verschiedene Fit-

ness-Merkmale der Pflanzen (Durchmesser der Rosette,

längstes Blatt, Pflanzenhöhe, Anzahl Triebe, Anzahl Blü-

ten und Biomasse der getrockneten Individuen).

In einem zweiten Experiment untersuchten wir den

Effekt von Nährstoffen und Bodenfeuchtigkeit auf die

Fitness der Pflanzen. Dieses Experiment wurde mit den

gleichen Populationen, die wir im obigen Klimakammer-

experiment verwendeten, durchgeführt. 36 Keimlinge

von jeder Population wurden zufällig ausgewählt und in

Töpfe gepflanzt. Die gesamthaft 216 Töpfe wurden

zufällig auf drei Klimakammern verteilt. Vier verschie-

Abb. 3 | (a) Genetische Vielfalt (Mittelwert ± Standardfehler) und (b) Inzucht-Koeffizienten von angesäten und natürlichen Populationen der Kuckuckslichtnelke (Lychnis flos-cuculi) im Oberaargau (Aavik et al. 2012). Angesäte Populationen weisen signifikant höhere Inzucht als natürliche Populationen auf (pseudo-F1,20=11,634, P=0,003).

Angesät

0,60

0,63

0,66

0,69

Gen

etis

che

Viel

falt

0,00

0,04

0,08

0,12

0,16

Inzu

cht

Natürlich Angesät Natürlich

(a) (b)

Genetische Vielfalt in Wildpflanzen- Samenmischungen | Umwelt

23Agrarforschung Schweiz 5 (1): 20–27, 2014

et al. 2000) untersucht. Mit Hilfe linearer Modelle analy-

sierten wir die Effekte der genetischen Vielfalt, Popula-

tionsgrösse und Herkunft auf die Fitness (Pflanzenhöhe,

Anzahl Triebe und Blüten, Samengewicht) der Populati-

onen. Der Effekt dieser erklärenden Variabeln auf die

Keimrate der Samen wurde mit einem «generalized

linear model» (GLM) analysiert und das Samengewicht

als Kovariable in die Analysen mit einbezogen. Im Feld-

und Versuchsgartenexperiment wurde der Effekt der

Herkunft (natürlich, angesät oder Samenproduzent) und

des Untersuchungsortes (Feld oder Versuchsgarten) auf

die Biomasse und den Rosettendurchmesser mit einem

«linear mixed effects model» (LME) analysiert. Der Effekt

der Herkunft und des Untersuchungsortes auf die Wahr-

scheinlichkeit, dass eine Pflanze blühte, wurde mit

einem «generalized linear mixed model» (GLMM) evalu-

iert. Im Klimakammer Experiment analysierten wir den

Effekt der Herkunft, der Düngung und der Bewässerung

auf die Biomasse, den Durchmesser, die Pflanzenhöhe,

den Blühstart und die Anzahl Blüten wiederum mit LMEs.

dene Behandlungen wurden durchgeführt. Diese

bestanden aus den Kombinationen von wenig und viel

Wasser beziehungsweise ohne und mit Düngung. Während des Experimentes wurde der Blühstart jeder

Pflanze notiert. Nach 70 Tagen massen wir die Höhe der

blühenden Pflanzen, den Durchmesser der Rosette, die

Anzahl Triebe und Blüten pro Pflanze sowie die Biomasse

der getrockneten Pflanzen (Aavik et al. im Druck).

Statistische Auswertungen

Wir benutzten das Programm FSTAT 2.9.3.2 (Goudet

1995) um die genetische Vielfalt und den Inzucht-Koeffi-

zienten der untersuchten Populationen zu bestimmen.

Wir testeten Unterschiede zwischen natürlichen und

angesäten Populationen mit nicht-parametrischen Per-

mutations-Tests in R (R Development Core Team 2011).

Die Populationsgrösse wurde log-transformiert und als

Kovariable in die Analysen miteinbezogen. Die geneti-

sche Zusammensetzung der untersuchten Populationen

wurde mit dem Programm STRUCTURE 2.3.3 (Pritchard

Abb. 4 | Genetische Gruppen innerhalb der 26 untersuchten Populationen der Kuckuckslichtnelke (Lychnis flos-cuculi) im Oberaargau (Aavik et al. 2012). Jede Säule innerhalb der oberen Graphik gibt die Zugehörigkeit eines untersuchten Individuums zu vier genetischen Gruppen an. Die Kuchendiagramme in der unteren Graphik geben die Fundorte der Po-pulationen an und die verschiedenen Farben zeigen die Gruppenzugehörigkeit pro Population. Die blauen Linien stellen Gräben und Bäche dar.

Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4

ANGESÄTE POPULATIONEN NATÜRLICHE POPULATIONEN

Langenthal

0 5 km

1,00

0,80

0,60

0,40

0,20

0,00

Umwelt | Genetische Vielfalt in Wildpflanzen- Samenmischungen

24 Agrarforschung Schweiz 5 (1): 20–27, 2014

Die Effekte der Behandlungen und der Herkunft der

Samen auf die Blüh-Wahrscheinlichkeit wurde mit

GLMMs evaluiert. Die Signifikanz von fixierten Faktoren

in GLMMs analysierten wir mit «likelihood ratio tests».

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Genetische Eigenschaften von natürlichen und angesä-

ten Populationen

Die Analyse der genetischen Daten zeigte keine signi-

fikanten Unterschiede zwischen der genetischen Vielfalt

von natürlichen und angesäten Populationen von L. flos-

cuculi (Abb. 3a). Angesäte Populationen hatten jedoch

einen deutlich höheren Inzucht-Koeffizienten als natür-

liche Populationen (Abb. 3b). Mehrere Faktoren können

dafür verantwortlich sein. Einerseits ist es möglich, dass

die Populationen, aus denen die Samenproduzenten

ursprünglich ihre Samen gesammelt haben, klein waren

und darum an Inzucht litten. Andererseits kann es sein,

dass die Samenproduzenten Samen nur von wenigen

Individuen gesammelt haben. Die Folge davon wäre ein

genetischer Flaschenhals. Ein solcher könnte aber auch

das Resultat einer wiederholten Vermehrung des glei-

chen Samenvorrats durch die Samenproduzenten sein

(Schoen und Brown 2001). Um Inzucht in Samenmischun-

gen zu vermeiden, ist es deshalb unabdingbar, dass die

Samen für die Vermehrung von grossen Populationen

und von vielen Individuen gesammelt werden. Ausser-

dem muss der Samenvorrat regelmässig nach nur weni-

gen Vermehrungszyklen erneuert werden.

Angesäte Populationen unterschieden sich in ihrer gene-

tischen Zusammensetzung deutlich von den natürlichen

Populationen; dies obwohl die Samen für die Ansaat aus

der gleichen floristischen Zone stammten wie die natür-

lichen Populationen (Abb. 4; Aavik et al. 2012). Es ist

interessant, dass wir auch innerhalb der angesäten

Populationen zwei verschiedene genetische Gruppen

unterscheiden konnten (Abb. 4). Da Samenproduzenten

in der Regel Samen von verschiedenen Populationen

getrennt halten, ist es wahrscheinlich, dass diese zwei

genetischen Gruppen zwei verschiedene Populationen,

die für die ursprünglichen Aufsammlungen benutzt

wurden, darstellen. Ausserdem können genetische

Unterschiede zwischen zwei Gruppen wegen der wieder-

holten Vermehrung durch die Samenproduzenten ver-

stärkt werden.

Fitness der Pflanzen unterschiedlicher Herkunft

Aufgrund der deutlichen genetischen Unterschiede zwi-

schen natürlichen und angesäten Populationen von

L.  flos-cuculi, erwarteten wir deutliche Unterschiede in

der Fitness der Pflanzen. Das Gegenteil war jedoch der

Fall. Weder die Inzucht noch die unterschiedliche geneti-

sche Zusammensetzung hatte einen signifikanten Ein-

fluss auf die Fitness der Pflanzen im Experiment, sowohl

im Feld und im Versuchsgarten als auch in den Klima-

kammern. Nichtsdestotrotz ergaben sich einige interes-

sante Resultate. Pflanzen, die aus Samen von angesäten

Populationen oder aus Samen der Samenproduzenten

gezogen wurden, blühten weniger häufig als Pflanzen

Abb. 5 | Anteil blühender (blau) und vegetativer (oder nicht blühender) (weiss) Pflanzen der Kuckuckslichtnelke (Lychnis flos-cuculi) im Klimakammer- Experiment (GLMM, x2=38,87, P < 0,001; Aavik et al. im Druck). Die Pflanzen stammten von Samen aus natürlichen und ange-säten Populationen oder von Samen, die direkt bei den Samenproduzenten bezogen wurden.

0

20

40

60

80

100

Natürlich I Natürlich II Angesät I Angesät II Samenproduzent I Samenproduzent II

Ante

il de

r Pfla

nzen

(%)

Genetische Vielfalt in Wildpflanzen- Samenmischungen | Umwelt

25Agrarforschung Schweiz 5 (1): 20–27, 2014

und aus Samen der Samenproduzenten könnte also die

Umweltbedingungen beziehungsweise Konkurrenzsitu-

ation der renaturierten Orte widerspiegeln. Vermehrtes

vegetatives Wachstum kann Konsequenzen für die Fit-

ness haben. Populationen mit einer geringen Blüten-

dichte sind generell weniger attraktiv für Bestäuber

(Sandring und Agren 2009). Lychnis flos-cuculi kann sich

zwar selbst bestäuben, aber die dadurch geförderte

Inzucht kann die Fitness verringern (Hauser und

Loeschcke 1995). Langfristig kann die verminderte sexu-

elle Fortpflanzung zu einer Abnahme der genetischen

Vielfalt und zu vermindertem genetischen Austausch

zwischen den Populationen führen (Jacquemyn et al.

2005).

In unserer Studie blühten Pflanzen aus natürlichen

Populationen früher als Pflanzen der angesäten Popula-

tionen oder der Samenproduzenten (Abb. 6; Aavik et al.

im Druck). Unterschiede in der Blühzeit sind wahrschein-

von natürlichen Populationen (Abb. 5; Aavik et al. im

Druck). Dafür gibt es mehrere mögliche Erklärungen.

Einerseits wuchsen die natürlichen Populationen eher an

feuchten und nährstoffreichen Orten, während sich die

angesäten Populationen eher an trockenen und nähr-

stoffärmeren Orten befanden. In früheren Studien

konnte gezeigt werden, dass feuchte, nährstoffreiche

Orte eher Vermehrung durch Samen fördern, während

auf trockenen, nährstoffarmen Böden Pflanzen sich eher

vegetativ vermehren (Jacquemyn et al. 2005). Dazu hat-

ten Pflanzen von angesäten Populationen und von

Samenproduzenten weniger Konkurrenz, als Pflanzen

von natürlichen, produktiveren und damit dichter

bewachsenen Standorten. Lychnis flos-cuculi wächst bei

schwacher Konkurrenz eher klonal, währenddem sich

die Art bei starker Konkurrenz vermehrt sexuell fort-

pflanzt (Chaloupecká und Lepš 2004). Das verstärkte klo-

nale Wachstum der Pflanzen von angesäten Standorten

Abb. 6 | Start der Blüte (Mittelwert ± Standardfehler) der Kuckuckslichtnelke (Lychnis-flos-cuculi) im Klimakammer-Experiment (LME, F5,79=6,31, P < 0,001; Aavik et al. im Druck). Buchstaben bezeichnen Gruppen, die statistisch nicht verschieden voneinander sind (Tukey HSD Tests). Die Pflanzen stammten von Samen aus natürlichen und angesäten Populationen oder von Samen, die direkt bei den Samenpro-duzenten bezogen wurden.

Natürlich I Natürlich II Angesät I Angesät II Samenproduzent I Samenproduzent II

52

56

60

64

68

Star

t der

Blü

te

a

ab

bcabc

abc

c

26

Umwelt | Genetische Vielfalt in Wildpflanzen- Samenmischungen

Agrarforschung Schweiz 5 (1): 20–27, 2014

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lich das Resultat von Anpassung an verschiedene Bewirt-

schaftungs-Regime. Regelmässig gemähte Pflanzen-

populationen blühen generell früher (Reisch und

Poschlod 2011). Alle in dieser Studie untersuchten natür-

lichen Populationen wurden einmal pro Jahr gemäht.

Die Selektion solcher Populationen wird also Pflanzen

bevorzugen, die früher blühen und reife Samen produ-

zieren. In den Gärten der Samenproduzenten gibt es

diese Selektion in der Regel nicht. Das spätere Blühen

der angesäten Populationen kann jedoch den Erfolg von

Aufwertungen beeinflussen. Die extensiven Wiesen der

Ausgleichflächen dürfen ab dem 15. Juni gemäht wer-

den. Dieser Zeitpunkt stimmt nicht mit jenem der höchs-

ten Samenproduktion von L. flos-cuculi überein (Leng et

al. 2011). Im Oberaargau werden viele Wiesenborde von

Gräben noch früher gemäht, um geeignete Bedingun-

gen für eine gefährdete Libellen-Art zu schaffen. Dies

kann die Vermehrung von angesäten Pflanzen behin-

dern, da diese später Samen produzieren als natürliche

Populationen. Unterschiedliche Blütenzeiten erschwe-

ren auch den genetischen Austausch zwischen angesä-

ten und natürlichen Populationen über Pollen. Eine Ana-

lyse des genetischen Austausches zeigte auch tatsächlich

geringe Austauschraten zwischen angesäten und natür-

lichen Populationen von L. flos-cuculi im Oberaargau

(Aavik et al. 2013).

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Die Resultate unserer Studie zeigen, dass Populationen,

die mit kommerziellen Samenmischungen angesät wur-

den, sich genetisch von natürlichen Populationen unter-

scheiden. Dies könnte verhindert werden, wenn für die

Produktion dieser Samenmischungen Ursprungssamen

von grossen Populationen und von vielen Individuen

aus der gleichen Region gesammelt würden. Auch muss

der Samenvorrat für die Vermehrung regelmässig

erneuert werden. Zum Beispiel weisen die gefundenen

Unterschiede in den Blühzeiten zwischen angesäten

und natürlichen Populationen darauf hin, dass das

Material der Samenproduzenten ursprünglich von

Populationen stammen, die andere Umwelt- und Kon-

kurrenzbedingungen sowie ein anderes Bewirtschaf-

tungsregime aufwiesen. Allerdings hatten diese Unter-

schiede bisher keine Auswirkungen auf die Fitness der

Pflanzen. Dies zeigt, dass die Ansaat mit Samenmischun-

gen vor allem dann eine sinnvolle Methode darstellt,

wenn die Produktion des Saatguts auf einer genügend

grossen genetischen Basis beruht. Negative Fitness-

Effekte sind dann kaum zu erwarten. Wenn immer mög-

lich sollte aber natürliche Besiedlung aus der Umge-

bung bevorzugt werden. n

Dank

Diese Arbeit wurde durch das Competence Centre Environment and Sustainability (CCES; Projekte ENHANCE und GENEREACH) und Europäische Union (T.A. Mobili-tas Subvention MJD113) finanziell unterstützt.

27

Genetische Vielfalt in Wildpflanzen- Samenmischungen | Umwelt

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

Agrarforschung Schweiz 5 (1): 20–27, 2014

Genetic and fitness consequences of using

wildflower seed mixtures in ecological

restoration

Wildflower seed mixtures are widely used

for restoration in areas with impoverished

species pools. However, the genetic and

fitness consequences of using seed

mixtures are often not considered in

practical restoration. We studied the

genetic characteristics of sown and

naturally occurring populations of the

grassland plant Lychnis flos-cuculi in an

agricultural landscape in the Oberaargau

region in Switzerland. Furthermore, we

examined various fitness parameters of

these populations, and carried out

experiments in the study area, in an

experimental garden and in climate

chambers, in order to study the effect of

genetic diversity, origin and environmen-

tal conditions on the viability of plants.

Sown and natural populations were

characterized by similar genetic diversity.

Inbreeding coefficients, by contrast, were

significantly higher in sown populations.

Sown populations were genetically

different from natural populations.

Experiments revealed that plants originat-

ing from sown populations and from seed

companies were less likely to produce

flowers and tended to flower later than

plants from natural populations. We

conclude that there was no substantial

influence of origin and genetic diversity

on plant fitness. However, seed mixtures

used for restoration should originate from

genetically diverse sources to avoid

potential negative consequences for

fitness. Wherever possible, natural

recolonization should be favoured.

Key words: ecological compensation areas,

genetic diversity, grasslands, inbreeding,

seed mixtures.

Diversità genetica nelle miscele di semente

di piante selvatiche

Miscele di semente di piante selvatiche

sono spesso usate per la rinaturalizzazione

di superfici, in particolare allo scopo di

aumentare la biodiversità in aree povere

di specie. Tuttavia, le conseguenze di simili

miscele per la diversità genetica e la

«fitness» sono spesso poco chiare.

Attraverso questo studio abbiamo

analizzato la diversità genetica delle

popolazioni naturali e di quelle seminate

del fior di cuculo (Lychnis flos-cuculi) nella

regione dell’Argovia superiore nell’Alti-

piano svizzero. Mediante prove in campo,

vivaio e in camere climatiche abbiamo

misurato gli effetti che diversità genetica,

provenienza e condizioni climatiche

esercitano sulla crescita e la capacità di

sopravvivenza delle piante. La diversità

genetica delle popolazioni naturali e

seminate era molto simile, ma le popola-

zioni seminate presentavano una consan-

guineità significativamente più elevata.

Inoltre, anche nella loro composizione

genetica, le popolazioni naturali si

differenziavano notevolmente da quelle

seminate. Le nostre prove hanno mostrato

che piante seminate, così come piante

ottenute da semente acquistata presso

produttori, fioriscono meno frequente-

mente e, tendono a fiorire più tardi

rispetto alle piante di popolazioni naturali.

La provenienza e la diversità genetica non

hanno, percontro, praticamente nessun

influsso sulla «fitness» delle piante. Ne

deduciamo che la semina con miscele di

sememente rappresenta una misura

sensata soprattutto quando la produzione

dei semi avviene su una base genetica

sufficientemente ampia. In quel caso non

ci si deve aspettare effetti negativi sulla

«fitness». Quando possibile dovrebbe

essere favorito l’insediamento naturale

proveniente dalle zone limitrofe.

28 Agrarforschung Schweiz 5 (1): 28–31, 2014

jeweils Futter mit feinen oder groben RK. Die beiden

Futterstrukturgruppen wurden ohne Wiederholungen

im normalen Schlacht- und Zerlegungsprozess der Bell

AG in Zell verarbeitet. Am 28. und 36. Versuchstag wurde

die Einstreuqualität anhand des prozentualen Verkrus-

tungsanteils und dem Feuchtigkeitsgrad visuell beurteilt.

Von je zehn Tieren pro Abteil wurde am 28. und 35. Tag

die Fussballen- und Fersengesundheit nach der Methode

von Ekstrand et al. (1997) evaluiert. Am Tag vor der

Schlachtung wurden am Aviforum von 20 Tieren pro Fut-

terverfahren der Muskelmagen und der Darm abschnitts-

weise gewogen.

Siebanalyse

Zur Analyse der Partikelgrössen im Futter wurde ein

elektromagnetisch angetriebenes Siebanalysengerät

von Haver & Boecker mit dreidimensionaler Siebbe-

wegung und Sieblochgrössen von 2 mm, 1 mm und

0,5 mm verwendet (Abb. 2). Die Einstellung der optima-

len Siebzeit (eine Minute) und der Schwingweite (0,7)

wurde gemäss Retsch® (2004) ermittelt. Aufgrund der

Anteile des Futters pro Sieblochgrösse wurde der geo-

metrische mittlere Durchmesser (GMD) der Partikel der

beiden Futter berechnet (n-te Wurzel aus dem Produkt

von n Messwerten), um die Resultate der Versuche mit

der Literatur vergleichen zu können (Abb. 3).

Die Partikelgrösse im Futterpellet hat einen Einfluss auf

die Mastleistung und muss so gewählt werden, dass

eine gute Pelletqualität entsteht, ohne die Leistung zu

beeinträchtigen. Am Aviforum wurde die Auswirkung

der Grösse der Rohkomponenten (RK) Mais, Weizen und

Sojaextraktionsschrot eines Futters in Form von 3,5 mm

Pellets auf die Mastleistung schnellwachsender Mast-

poulets untersucht.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Je 5600 Ross PM3-Küken und Ross 308-Küken wurden in

zwei Versuchen gemischtgeschlechtlich (as hatched)

zufällig auf 20 Abteile verteilt eingestallt (Abb. 1). Als

Einstreu dienten 1,2 kg Strohmehlwürfel pro m2. Die Hal-

tung erfolgte nach in der Schweiz praxisüblichen Vorga-

ben. Die Mastdauer betrug 36 Tage. Die im Starter- und

Mastfutter der Firma UFA AG (Sursee) eingesetzten RK

Mais, Weizen und Sojaextraktionsschrot wurden entwe-

der mit einer Hammermühle (fein) oder einem Walzen-

stuhl (grob) gemahlen. Je die Hälfte der Tiere erhielt

Mastpouletfutter: die Partikelgrösse beeinflusst die GewichtszunahmeDanielle Albiker und Ruedi Zweifel

Aviforum, 3052 Zollikofen, Schweiz

Auskünfte: Danielle Albiker, E-Mail: [email protected]

K u r z b e r i c h t

Abb. 1 | Versuchsanlage im Maststall mit 20 Abteilen mit je 280 Tieren. (Foto: Aviforum)

Abb. 2 | Siebanalysegerät von Haver & Boecker. (Foto: Aviforum)

Mastpouletfutter: die Partikelgrösse beeinflusst die Gewichtszunahme | Kurzbericht

29Agrarforschung Schweiz 5 (1): 28–31, 2014

Lebendgewicht, Futterverwertung und Schlacht-

gewicht

Die Tiere erreichten nach 36 Masttagen ein durchschnitt-

liches Lebendgewicht von 2118 g, welches den Vorgaben

der Zuchtorganisation (Aviagen 2012) entspricht. Fein

gemahlene RK im Futter führten im Gegensatz zu gro-

ben Strukturen während der gesamten Mastdauer zu

einer signifikant höheren Futteraufnahme und Tagesge-

wichtszunahme, sowie zu einem höheren Schlachtge-

wicht. Der Futterverwertungsindex unterschied sich zwi-

schen den Futterverfahren bis am 21. Tag und war bei

der Fütterung mit feinen RK signifikant tiefer als bei

groben RK. Bis zum Mastende war er bei beiden Verfah-

ren gleich hoch (Tab. 1).

Zang et al. (2009) führen diese Resultate auf die Ver-

grösserung der Oberfläche des Getreides durch Reduzie-

rung der Partikelgrösse zurück, wodurch aufgrund der

grösseren Enzyminteraktion die Verdaulichkeit erhöht

wird. Nach Amerah et al. (2007) führt grob vermahlenes

Futter hingegen zu besserer Leistung, da es länger im

Verdauungstrakt bleibt, der pH sich abgesenkt und

damit die Enzyme besser arbeiten können. Es scheint, als

ob die Futteraufnahme im vorliegenden Versuch bei

groben RK gebremst wurde und somit auch der Zuwachs.

In der letzten Mastwoche nahm der Futterkonsum der

Gruppe mit feinen RK stärker zu als mit groben RK. Am

36. Tag war deshalb der FVI bei der Fütterung mit gro-

ben RK gleich hoch wie mit feinen RK.

Einstreuqualität, Fussballen- und FersenläsionenMit feinen RK im Futter war die Einstreu am 28. Tag signi-

fikant feuchter und tendenziell verkrusteter. Die so gefüt-

terten Tiere wiesen deshalb einen höheren Anteil mit

Fussballen- und Fersenläsionen auf als diejenigen der Ver-

gleichsgruppe (Tab. 2 und 3). Auch die Ausprägung ihrer

Fussballenveränderungen war am 28. Tag signifikant stär-

ker. Am Ende der Mast zeigten sich mit feinen RK vor

allem mehr Fersenläsionen mit signifikant stärkeren Ver-

änderungen als bei mit groben RK gefütterten Tieren. Der

Anteil mit Fussballenläsionen war fast gleich hoch.

Verfahren Gruppen fein grob fein grob fein grob

Anz. Tiere 5600 5600 5600 5600 5600 5600

Kriterien Anzahl LG LG FV FV FVI FVI

10. Tag 40 259a* 249b* 257 252 1,227a+ 1,284b+

21. Tag 40 892a* 853b* 1205a* 1175b* 1,402a* 1,445b*

28. Tag 40 1446a* 1380b* 2158a* 2072b* 1,542 1,541

36. Tag 40 2157a* 2078b* 3454a* 3302b* 1,613 1,612

*=p< 0,05, +=p<0,1 ; unterschiedliche Buchstaben bezeichnen signifikante Unterschiede.

Tab. 1 | Lebendgewicht LG (g), kumulierter Futterverbrauch FV (g) und Futterverwertungsindex FVI (kg Futter pro kg Gewichtszuwachs)

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

1000

1100

1200

1300

1400

1500

Mais Weizen Sojaschrot

µm

Fein

grob

Abb. 3 | Mittlere Partikelgrössen von Mais, Weizen und Sojaextraktionsschrot in GMD.

Kurzbericht | Mastpouletfutter: die Partikelgrösse beeinflusst die Gewichtszunahme

30 Agrarforschung Schweiz 5 (1): 28–31, 2014

Organgrössen

Wie bei Zang et al. (2009) unterschieden sich die Darm-

abschnittsgewichte zwischen den Futterverfahren nicht

signifikant. Zwischen den Geschlechtern konnten für

den Dünndarm sowie den Gesamtdarm signifikante

Unterschiede aufgezeigt werden, wobei Hennen

höhere Darmgewichte in Bezug auf das Lebendgewicht

hatten (Tab. 3).

Das relative Magengewicht nahm mit gröberen Partikeln

im Futter bis zum Mastende signifikant zu (+23.6 %), was

in der Literatur bestätigt wird. Jacobs et al. (2010) fanden

eine Vergrösserung des Magens von 19 % am 21. Tag.

Dahlke et al. (2003) konnten beobachten, dass das Gewicht

des Muskelmagens linear mit der Partikelgrösse zunimmt.

Bei den Hennen war der Magen im Verhältnis zum Lebend-

gewicht signifikant grösser als bei den Hähnen (Abb. 4).

fein grob0,50

1, 40

1,25

1,10

0,95

0,80

0,65

Futter

Magen vs. Futter

Mag

en

männlich weiblichGeschlecht

Magen vs. Geschlecht

Mag

en0,50

1, 40

1,25

1,10

0,95

0,80

0,65

Abb. 4 | Boxplots der Magengrösse in % des Lebendgewichtes bei feinen und groben RK im Futter (links) sowie bei Hennen und Hähnen (rechts).

Einstreu fein grob Sign.1 N SEM2

Verkrustung (%)

28. Tag 32,5a 27,5b + 40 1,97

36. Tag 62,3 58,8 n.s. 40 3,16

Feuchtigkeit3

28. Tag 0,48a 0,08b * 40 0,088

36. Tag 0,20 0,25 n.s. 40 0,096

Fussballen und Fersen

Fussballenläsionen

28. Tag, Anteil 15,50 % 7,00 %

28. Tag, Score4 0,161a 0,069b * 40 0,026

36. Tag, Anteil 8,00 % 9,0 %

36. Tag, Score4 0,174 0,165 n.s. 40 0,026

Fersenläsionen

28. Tag, Anteil 6,25 % 5,00 %

28. Tag, Score4 0,063 0,050 n.s. 40 0,017

36. Tag, Anteil 39,00 % 26,25 %

36. Tag, Score4 0,403a 0,263b * 40 0,0421*=p< 0,05, +=p<0,1, n.s. = nicht signifikant; unterschiedliche Buchstaben bezeichnen signifikante Unterschiede;2SEM standard error of means;3Skala: 0 nicht feucht bis 3 sehr feucht und pappig4Skala: 0 keine Veränderung bis 3 starke Veränderung

Tab. 2 | Einstreu-, Fussballen- und Fersenbeurteilung

Mastpouletfutter: die Partikelgrösse beeinflusst die Gewichtszunahme | Kurzbericht

31Agrarforschung Schweiz 5 (1): 28–31, 2014

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

In zwei Versuchen am Aviforum wurden einfache und

praxisnahe Vermahlungen angewendet, welche keine

Mehrkosten verursachten. Das Futter wurde den Tieren

in Form von identischen Pellets in guter Qualität vorge-

setzt. Eine feine Vermahlung der Rohkomponenten im

Pelletfutter führte unter den gegebenen Voraussetzun-

gen zu signifikant besseren Lebendgewichtzunahmen

bei schlechterer Einstreu und stärkeren Fussballen- und

Fersenläsionen als eine grobe Vermahlung. Bei einer

Mastdauer von 36 Tagen scheint die Wirksamkeit der

Verdaulichkeit feiner Partikel noch grösser zu sein als die

der groben Partikel. Der Einfluss des Vermahlungsgrades

des Weizens wird in der Literatur kontrovers diskutiert,

die Wirkung der Sojaschrotpartikelgrösse ist nicht

beschrieben. Die Maispartikelgrösse war für eine opti-

male Wirkung an der oberen Grenze. Offen bleibt die

Frage, ob mit groben Partikeln bei einer längeren Mast

bessere Leistungen erzielt werden könnten. n

Ideale Partikelgrösse

Die Wirkung des Zerkleinerungsgrades ist von der Getrei-

deart abhängig. Die beste Partikelgrösse liegt bei Mais

zwischen 600 und 900 µm GMD (geometric mean diame-

ter). Bei der Weizenfütterung konnte der Partikelgrös-

seneffekt wiederholt nicht festgestellt werden (Amerah

et al. 2007 und 2008). Im vorliegenden Versuch war der

Unterschied in der Partikelgrösse relativ klein und lag für

Mais im oberen, für Weizen im mittleren Bereich. Über

Sojaschrot ist in der Literatur nichts beschrieben. Nir et al.

(1994) führten einen Versuch mit grober (2050 µm GMD),

mittlerer (1180 µm GMD) und feiner (620 µm GMD) Ver-

mahlung von Mais, Weizen und Sorghum durch. Die bes-

ten Ergebnisse wurden mit der mittleren Vermahlung

erzielt, die schlechtesten mit der feinen. Im vorliegenden

Versuch lagen die feinen Partikel der Futtermischung im

Bereich einer mittleren Vermahlung nach Nir et al. (1994),

die groben Partikel leicht darüber. Die Ergebnisse mit

besserer Gewichtszunahme für feine Partikel im Pellet

korrelieren mit Nir et al. (1994).

Literatur ▪ Amerah A.M., Ravindran V., Lentle R.G. & Thomas D.G., 2007. Feed par-ticle size: Implications on the digestion and performance of poultry. World’s Poultry Science Journal 63, 439–455.

▪ Amerah A.M., Ravindran V., Lentle R.G. & Thomas D.G., 2008. Influence of feed particle size on the performance, energy utilization, digestive tract development, and digesta parameters of broiler starters fed wheat- and corn-based diets. Poultry Science 87, 2320–2328.

▪ Aviagen, 2012. Broiler performance objectives Ross 308. Zugang: http://en.aviagen.com/assets/Tech_Center/Ross_Broiler/Ross308Broiler-PerfObj2012R1.pdf [19.02.2013]

▪ Aviagen, 2012. Broiler performance objectives Ross PM3. Zugang: http://en.aviagen.com/assets/Tech_Center/Ross_Broiler/RossPM3Broiler-PerfObj2012R1.pdf [19.02.2013]

▪ Dahlke F., Ribeiro A.M.I., Kessler A.M., Lima A.R. & Maiorka A., 2003. Effects of corn particle size and physical form of the diet on the gastroin-testinal structures of broiler chickens. Brazilian Journal of Poultry Science 5 (1), 61–67.

▪ Ekstrand C., Algers B. & Svedberg J., 1997. Rearing conditions and foot-pad dermatitis in Swedish broiler chickens. Preventive Veterinary Medici-ne 31, 167–174.

▪ Jacobs M.C., Utterback P.L. & Parsons C.M., 2010. Effects of corn particle size on growth performance and nutrient utilization in young chicks. Poultry Science 89, 539–544.

▪ Nir I. & Hillel R., 1994. Effect of grain particle size on performance. 2. Grain texture interactions. Poultry Science 73 (6), 781–791.

▪ Retsch®, 2004. Fachbericht Siebanalyse. Zugang: http://www.retsch.de/dltmp/www/5929-d8f9b0018900/af_sieving%20basics_2004_de.pdf [19.02.13]

▪ Zang J.J., Piao X.S., Huang D.S., Wang J.J., Ma X. & Ma Y.X., 2009. Effects of feed particle size and feed form on growth performance, nutri-ent metabolizability and intestinal morphology in broiler chickens. Asian-Australian Journal of Animal Science 22 (1), 107–112.

Organe Fein Grob Sign.1 Hennen Hähne Sign.1 N

Zwölffingerdarm 0,60 0,63 n.s. 0,63 0,61 n.s. 40

Dünndarm 1,35 1,40 n.s. 1,47a 1,29b * 40

Dick-, Blind- und Enddarm 1,20 1,23 n.s. 1,22 1,20 n.s. 40

Darm gesamt 3,14 3,27 n.s. 3,33a 3,10b * 401*=p< 0.05, +=p<0.1, n.s. = nicht signifikant; unterschiedliche Buchstaben bezeichnen signifikante Unterschiede;2SEM standard error of means;

Tab. 3 | Darmgewicht in % des Lebendgewichtes nach Futterverfahren und Geschlecht

32 Agrarforschung Schweiz 5 (1): 32–35, 2014

wurde 1997 gegründet und schließt die Fleisch- (Rind,

Schaf und Schwein), Ackerbau- und Milchproduktion,

sowie seit 2012 auch den Obst- und Weinbau ein. Im Jahr

2013 hat Agroscope (Gruppe Extension Obst) erstmals am

Netzwerk mit Daten zur Apfelproduktion teilgenommen.

Das Netzwerk agri benchmark vergleicht die landwirt-

schaftliche Produktion in ausgewählten Ländern aus öko-

nomischer Perspektive. Analysiert werden wirtschaftliche

Aspekte wie die Kostenstrukturen, die Erträge oder die

Rentabilität von Produktionssystemen. Das Netzwerk

Netzwerk agri benchmark – Vergleich der Agrar produktion im internationalen KontextHildegard Garming1 und Esther Bravin2 1Thünen-Institut für Betriebswirtschaft, 38116 Braunschweig, Deutschland2Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 8020 Wädenswil, Schweiz

Auskünfte: Hildegard Garming, E-Mail: [email protected]

Apfelproduktion im Kanton Thurgau. (Foto: Adeline Kilchenmann, Agroscope)

K u r z b e r i c h t

33

Netzwerk agri benchmark – Vergleich der Agrarproduktion im internationalen Kontext | Kurzbericht

Agrarforschung Schweiz 5 (1): 32–35, 2014

Schweizer Apfelproduktion

Die Schweiz produziert auf 3900 ha rund 120 000 bis

165 000 Tonnen Äpfel pro Jahr (BLW 2013). Die Apfelim-

porte sind in den letzten zwanzig Jahren auf einem kon-

stanten Niveau von 10 000 Tonnen geblieben (EZV 2011).

Die Gründe für diese relativ niedrige Importmenge

(weniger als 8 % der heimischen Produktion) liegen sehr

wahrscheinlich mehr im Zollsystem als in der Qualität der

hier produzierten Äpfel oder dem Kostenvorteil für die

Schweizer Apfelproduktion. 1995 wurde das Zweipha-

sensystem für die Importe von Frischobst eingeführt;

Tafeläpfel werden während der bewirtschafteten Phase

vom 15. Juli bis 14. Juni mit einem Aussenkontingents-

zollansatz von CHF 153.–/100kg geschützt (Bitzer et al.

2012). Während der übrigen Zeit vom 15. Juni bis 14. Juli

beträgt der Kontingentszollansatz CHF 2.– /100kg. Wäh-

rend dieser Periode sind vermehrt ausländische Äpfel in

den Läden zu finden. Vergleiche mit Daten der FAO

haben gezeigt, dass die Produzentenpreise in der Schweiz

mindestens 25 % höher liegen als Produzentenpreise in

wichtigen Obst produzierenden Ländern wie Deutsch-

land, Italien, Frankreich und Polen (Bravin et al. 2010).

Die Apfelproduktion in der Welt hat in den letzten

fünf Jahren eine wichtige Entwicklung durchgemacht.

Länder wie China und Polen werden immer wichtigere

«Player» im Apfelmarkt und konkurrieren mit traditio-

nellen europäischen Apfelländern wie Italien oder

Frankreich (O’Rourke, 2012). Benachbarte Länder wie

Italien (Südtirol) oder Deutschland müssen ihre Wettbe-

werbsfähigkeit verbessern, um weiterhin die eigene

Produktion im In- und Ausland absetzen zu können. Die

Trends für den Apfelkonsum sind negativ. Die Konsu-

menten in Europa haben längst Südfrüchte oder andere

Formen entdeckt, Früchte zu konsumieren (O’Rourke

2012). Im Fall einer Liberalisierung des Apfelmarktes

würden diese Entwicklungen des globalen Apfelmark-

tes die Apfelproduzenten in der Schweiz vor zusätzliche

Schwierigkeiten stellen.

Warum agri benchmark?

Die Frage, wie die einheimische landwirtschaftliche Pro-

duktion der Landwirtschaft im internationalen Vergleich

dasteht, ist sowohl für die Produzenten als auch für die

Politik von Interesse. Die Untersuchung der Wettbe-

werbsfähigkeit anhand von Produktionskosten, aber

auch von Betriebsstrukturen und zugrunde liegenden

Produktionssystemen liefert wichtige Informationen,

um Verbesserungspotenziale zu erkennen. Allerdings

sind in den Agrarstatistiken oft nur wenige Daten zu

Anbaustrukturen und Produktionssystemen verfügbar.

Studien zu Produktionskosten aus verschiedenen Län-

dern sind selten miteinander vergleichbar, beispielweise

aufgrund methodischer Unterschiede. Außerdem bieten

Studien oft nur Momentaufnahmen und selten eine län-

gerfristige Betrachtung mit Einbezug von Trends.

Agri benchmark hat zum Ziel, mit einer standardisier-

ten Methodik weltweite Vergleiche von landwirtschaftli-

chen Produktionssystemen, ihrer Wirtschaftlichkeit, den

treibenden Kräften bei Systemanpassungen und den Pers-

pektiven der Produktionssysteme durchzuführen. Koordi-

niert vom deutschen Thünen-Institut für Betriebswirt-

schaft haben sich wissenschaftliche Einrichtungen,

Beratungsorganisationen und Industriepartner aus ver-

schiedenen Ländern zu branchenspezifischen Netzwerken

zusammengeschlossen. Jedes Netzwerk befasst sich mit

einem Zweig der landwirtschaftlichen Produktion. Bisher

etabliert sind z.B. agri benchmark Cash Crop (seit 2003, 26

Länder), agri benchmark Beef and Sheep (2001, 25 Länder)

und agri benchmark Horticulture (seit 2012, 8 Länder).

Typische Betriebe als Datenquelle

Die Grundlage der Analysen sind typische Betriebe –

Betriebsmodelle, die sowohl technisch-physische als

auch ökonomische Parameter umfassen, und die für eine

bestimmte Anbauregion innerhalb eines Landes die typi-

schen Produktionssysteme repräsentieren. Diese typi-

schen Betriebe werden nach einer standardisierten

Methodik entwickelt: Zunächst werden in einem Land

anhand von statistischen Daten die wichtigsten Anbau-

regionen, sowie die in diesen Regionen vorherrschenden

Betriebsgrößenstrukturen ermittelt. Experten aus der

Beratung konkretisieren dann den Betrieb mit Angaben

zu Flächen, Arbeitskräften, technischer Ausstattung,

Arbeitsschritten und Produktionssystem, der dann in

Gruppendiskussionen mit Betriebsleitern angepasst und

validiert wird.

Da die Daten jährlich aktualisiert werden, entstehen

Zeitreihen, die eine umfassende Analyse der wirtschaftli-

chen Situation der Betriebe erlauben. Auch können

neue Entwicklungen in der Produktionstechnologie oder

in den Absatzmärkten schneller als in den Offizialstatis-

tiken erkannt werden.

Aktuellste Ergebnisse von agri benchmark Beef & Sheep

und Cash Crop

Beispiel: Beef

Ein Beispiel für einen wichtigen globalen Trend, der so

nicht aus Offizialstatistiken erkennbar ist, kommt aus

der Rindfleischproduktion. Dort geht die derzeitige Ent-

wicklung hin zu «feed lots», Großmastanlagen, in denen

Rinder ohne Weidegang mit energiereichem Futter, vor-

wiegend Getreide gemästet werden. Selbst in Ländern

wie Argentinien oder Brasilien, die traditionell für die

Weiderinderproduktion bekannt waren und trotz deut-

34

Kurzbericht | Netzwerk agri benchmark – Vergleich der Agrarproduktion im internationalen Kontext

Agrarforschung Schweiz 5 (1): 32–35, 2014

lich gestiegener Getreidepreise, ist der Anteil der «feed

lots» an der Rindfleischproduktion in den letzten Jahren

stark angestiegen (Deblitz 2012).

Beispiel: Cash Crop

Die Ergebnisse zum Ackerbau aus dem Netzwerk agri

benchmark Cash Crop liefern wichtige Informationen,

um die Situation auf den Weltgetreidemärkten besser

zu verstehen. So zeigen neue Analysen typischer Wei-

zenbetriebe in Russland und der Ukraine, dass dortige

Produzenten Kostenvorteile insbesondere durch nied-

rige Land- und Pachtpreise haben. Auch das hohe Niveau

an Subventionen für die Getreideproduzenten, konzi-

piert als Zinssubvention, beeinflusst die Wettbewerbs-

position. Diese stellt einen wichtigen Teil der Unterneh-

menserträge dar und begünstigt hohe Investitionen in

die Modernisierung der Produktionstechnologie (Zim-

mer 2013).

Internationaler Vergleich der Apfelproduktion:

agri benchmark Horticulture

Bisher sind fünf Länder am Vergleich der Apfelproduk-

tion beteiligt. Je nach räumlicher Konzentration und

Unterschieden zwischen Anbauregionen wurden ein bis

drei Betriebe je Land definiert (Tab.1). Um einen möglichst großen Teil der Apfelproduk-

tion des jeweiligen Landes abzubilden, entsprechen

typische Betriebe nicht unbedingt dem statistischen

Land Regionha

2012t/ha2012

Wichtigste Sorten

Deutschland(2010–2012)

Altes Land 21 31 Elstar, Jonagold, Braeburn

Altes Land 41 32 Elstar, Jonagold, Braeburn

Bodensee 15 46 Jonagold, Elstar, Gala

Italien (2010–2012)

Emilia Romagna 5 49 Fuji, Pink Lady, Modi, Gala

Trentino 2,5 53 Gold. Delicious, Gala, Renetta

Schweiz (2012) Thurgau 6 38 Gold. Delicious, Gala, Jonagold

Südafrika (2010–2012)EGVV 80 53 Gold. Delicious, Granny Smith, Gala

Ceres 120 54 Red & Gold. Delicious, Pink Lady

Chile (2010–2011)

El Maule 25 63 Gala, Fuji, Granny Smith

O‘Higgins 80 52 Granny Smith, Gala, Pink Lady

Tab. 1 | Typische Apfelbetriebe im Netzwerk agri benchmark Horticulture

Abb. 1 | Kosten und Erlöse in der Apfelproduktion im internationalen Vergleich (€/ha).

0

5000

10 000

15 000

20 000

25 000

30 000

35 000

2010

2011

2012

2010

2011

2012

2012

2010

2011

2010

2011

2012

2010

2011

2010

2011

2010

2011

2012

2010

2011

2012

DE_Bodensee_15 DE_Altes_Land_41CH_

Thurgau_6

IT_Emilia_Romagna_5

IT_Trentino_2,5 CL_El_Maule_25

CL_O'Higgins_80

ZA_EGVV_80 ZA_Ceres_120

kalkulatorische Kosten

Abschreibungen

Löhne

Gemeinkosten

Direktkosten

Bruttoerlös

Quelle: agri benchmark Horticulture.

35

Netzwerk agri benchmark – Vergleich der Agrarproduktion im internationalen Kontext | Kurzbericht

Agrarforschung Schweiz 5 (1): 32–35, 2014

S c h l u ß f o l g e r u n g e n

Das agri benchmark Netzwerk ist für die Schweizer Obst-

branche eine grosse Chance, um die eigene Position

objektiv zu analysieren und zeitnah Handlungsbedarf zu

erkennen. Auch für andere landwirtschaftliche Produkte

könnte der Wettbewerbsfähigkeitsvergleich in Zukunft

interessant werden, insbesondere vor dem Hintergrund

möglicher Veränderungen der agrarpolitischen Rahmen-

bedingungen.

Weitere Informationen zu den verschiedenen agri-

benchmark Netzwerken sind zu finden auf:

www.agribenchmark.org. n

Durchschnitt. Vielmehr werden Vollerwerbsbetriebe

mit einer typischen Größe und technischen Ausstattung

in Betracht gezogen.

Erste Ergebnisse

Die Auswertung der typischen Betriebe zeigt einen

deutlichen Unterschied in den Produktionskosten zwi-

schen den europäischen Ländern und den Produzenten

in Chile und Südafrika. Allerdings stehen den niedrigen

Produktionskosten in diesen Ländern auch relativ nied-

rige Bruttoerlöse gegenüber, so dass die Vollkosten in

Südafrika nur knapp durch die Erlöse gedeckt werden.

Von allen Ländern im Vergleich erreicht Chile die

höchste Rentabilität.

Von den europäischen Ländern hat Deutschland die

niedrigsten Produktionskosten (Abb. 1). Dies liegt vor

allem an den Betriebsgrößen im Vergleich zu Italien

oder der Schweiz. Die Kosten für Maschinen (Abschrei-

bungen) und die eingesetzte Familienarbeitskraft (in

den kalkulatorischen Kosten enthalten), werden auf

eine größere Fläche umgelegt. Allerdings sind die Brut-

toerlöse sehr variabel, so dass nicht in jedem Jahr die

Kosten gedeckt werden.

In Italien und der Schweiz werden in den bisher

ausgewerteten Jahren die höchsten Erlöse je ha erzielt,

da die Erträge insgesamt höher liegen als in Deutsch-

land. Allerdings sind insbesondere die kalkulatorischen

Kosten sehr hoch. Diese beinhalten die Nutzungskos-

ten für eigenes Land und Kapital sowie den Lohnan-

satz für die Familienarbeitskräfte. Im Vergleich dazu ist

der Aufwand je ha für Direktkosten (Düngung, Pflan-

zenschutz, Bewässerung, Jungbäume), wie in den

meisten Ländern, eher gering.

Literatur ▪ Bitzer A., Bregy G., Schuler R, 2012. Perspektiven für den Schweizer Apfel, Hochschule Luzern HSLU, Luzern.

▪ Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) 2013. Statistiken Obst. Zugang: http://www.blw.admin.ch/ [7.11.13].

▪ Bravin E., Kilchenmann A., 2010. Ländervergleich der Apfelproduktion. Agrarforschung Schweiz 1 (2), 52–59.

▪ Deblitz C., 2012. Feed lots: a new tendency in global beef production? Working Paper 2/2011, updated July 2012, agri benchmark Beef and Sheep, Braunschweig.

▪ Eidgenössische Zollverwaltung (EZV), 2011. Schweizerische Aussenhan-delsstatistik, Bern.

▪ O’Rourke D., 2012. The apple in the World. Vortrag an der Interpoma 2012, Bozen.

▪ Zimmer Y., 2013. Economics of Russian Grain Production – driven by low competition for land and strong political support. Pressemitteilung 28.07.2013, agri benchmark Cash Crop, Braunschweig.

36

P o r t r ä t

Agrarforschung Schweiz 5 (1): 36, 2014

Für Michael Gysi, Chef Agroscope, liegt die grösste

Herausforderung des Forschungsunternehmens darin,

die Forschungsqualität zu steigern und den Praxisbe-

zug auszubauen.

Vier Forschungsinstitute unter einem Dach ergibt Agro-

scope: Seit Anfang Jahr arbeiten die ehemaligen drei

landwirtschaftlichen Forschungsanstalten noch enger

zusammen. «Die Anerkennung bei den Anspruchsgrup-

pen und Kunden zu steigern», das wünscht sich Michael

Gysi, Chef Agroscope. Und wo sieht er die grössten

Herausforderungen für sein Forschungsunternehmen? –

Mit der neuen organisatorischen Struktur der vier Agro-

scope-Institute gemeinsame thematische Schwerpunkte

gemäss Leistungsauftrag zu bearbeiten, den Praxisbe-

zug hochzuhalten und gleichzeitig die wissenschaftliche

Qualität zu steigern. «Wir müssen den Spagat zwischen

Praxis und Wissenschaft weiterführen und ausbauen»,

konkretisiert er. Eine weitere grosse Herausforderung

liege darin, eine Unternehmenskultur für Agroscope zu

entwickeln. Gysi: «Das Ziel ist, dass alle Beschäftigten in

Zukunft mit noch mehr Stolz und Freude für Agroscope

arbeiten.»

Seit seiner Kindheit mit der Agrarforschung verbunden

Michael Gysi, Jahrgang 1968, ist mit der landwirtschaft-

lichen Forschung seit seiner Kindheit verbunden; seine

Wahrnehmung hat sich ständig erweitert: Als Bub hat

er seinen Vater an dessen Arbeitsplatz, der Forschungs-

anstalt in Wädenswil ZH, besucht. Während seiner ETH-

Doktorarbeit lernte er die damalige FAT in Tänikon TG

kennen, wo er später als Vizedirektor arbeitete. 2006

zog er mit seiner Familie nach Bern und begann seine

Arbeit als Direktor von Agroscope Liebefeld-Posieux

ALP. Durch die Integration 2008 des Nationalgestüts in

Avenches ins Agroscope-Gefüge lernte er die Pferde-

branche noch besser kennen. Reckenholz, Changins

und die Forschungszentren in Conthey, Cadenazzo und

Pully – 2013, als Chef Agroscope, kamen für ihn weitere

Standorte hinzu.

«Die Vielfalt und die Kompetenzen der Agroscope-

Mitarbeitenden sind gewaltig!», staunt Michael Gysi.

Gleichzeitig sieht er auch noch Verbesserungspotenzial:

«Von Agroscope erarbeitete Lösungsvorschläge zu aktu-

ellen Problemen wie dem Feuerbrand, den Antibiotika,

der landwirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit oder

zum Bienensterben sollen in Zukunft noch wirkungsvol-

ler kommuniziert werden.»

Chef Agroscope, Familienvater und Bergsteiger

Als Chef Agroscope auf täglicher Mission für die land-

wirtschaftliche Forschung, Vater von drei Kindern und

leidenschaftlicher Bergsteiger – Michael Gysis Agenda ist

randvoll. Privat wünscht er sich auch weiterhin eine aus-

geglichene Work-Life-Balance. Gysi dazu: «Der Bund als

Arbeitgeber sowie kompetente Vertretungen erlauben

es mir – wie hoffentlich auch allen übrigen Mitarbeiten-

den −, die Familie und den anspruchsvollen Beruf zu ver-

einbaren.»

Und, obwohl er nicht viel über Privates spricht, findet

er es nämlich «eine grosse Herausforderung, meine Kin-

der bei ihren Schulaufgaben zu begleiten».

Freut sich am «Heiligen Feuer» der Mitarbeitenden

Vom Forscher zum Manager – bedauert Michael Gysi es,

nicht mehr selber aktiv zu forschen? – Diese Frage beant-

wortet der Chef Agroscope mit einem Schmunzeln und

zwei Antworten auf Französisch, mit «je ne regrette rien,

ich bedaure nichts» und dem «Feu sacré» der Mitarbei-

tenden. Das Schönste in seinem Agroscope-Alltag seien

die Feldtage, die Mitarbeitenden bei der Arbeit auf dem

Feld, im Labor oder im Büro zu besuchen und das «Hei-

lige Feuer» der Forschenden zu spüren. Da kommt dann

bei ihm schon manchmal der Wunsch auf, wieder einmal

selber im Labor zu hantieren und wie in der Dissertati-

onszeit, Forschung zur Bodenverbesserung zu betreiben.

Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz

Christine Caron-Wickli, Agroscope

«Kompetenz bei Agroscope ist überwältigend»

Michael Gysi, Chef Agroscope. (Foto: Carole Parodi)

37

A k t u e l l

Agrarforschung Schweiz 5 (1): 37–39, 2014

ART-Bericht 765

In der Praxis der Laufstallhaltung von Ziegen ist es bei

der Bestandsergänzung oder -erweiterung üblich, dass

fremde Tiere in bestehende Gruppen eingegliedert wer-

den. Solche Eingliederungen führen vermehrt zu aggres-

siven Auseinandersetzungen und sind für Ziegen belas-

tend, was sich in gestörtem Liege- und Fressverhalten

äussert. Weiter ist es für Ziegen als soziallebende Tiere

mit Stress verbunden, wenn sie von der Herde getrennt

werden. Zum Ablammen oder aufgrund von Verletzun-

gen beispielsweise besteht jedoch immer wieder die

Notwendigkeit, einzelne Tiere vorübergehend von der

Herde zu separieren. Es stellt sich daher die Frage, wie

das Eingliedern in eine fremde Herde und die Separation

von der Herde für Ziegen möglichst belastungsarm vorge-

nommen werden kann. An der Forschungsanstalt Agro-

scope Reckenholz-Tänikon ART durchgeführte Versuche

erforschten diese Managementmassnahmen an behorn-

ten und hornlosen Ziegen. Da es in kleinen Gruppen

vermehrt zu Auseinandersetzungen kommt und Ziegen

in der Schweiz vorwiegend in Kleinbeständen gehalten

werden, wurden die Untersuchungen an Kleingruppen

vorgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Einglie-

dern einer einzelnen Ziege in eine bestehende Herde

für das eingegliederte Tier unabhängig von der Behor-

nung über längere Zeit sehr stark belastend und wenn

immer möglich zu vermeiden ist. Es ist daher vorteilhaft,

mehrere einander bekannte Ziegen gleichzeitig in eine

Herde einzugliedern und den Tieren, wie beispielsweise

auf der Weide, hierbei genügend Platz zu bieten. Ziegen

sollten nur in begründeten Fällen von ihrer Herde sepa-

riert werden. In solchen Fällen ist es empfehlenswert,

den Ziegen möglichst viel Kontakt zur Herde zu ermög-

lichen. Können die Ziegen ihre Herde weiterhin sehen

und durch die Buchtenabtrennung Kontakt aufnehmen,

mindert dies die Belastung.

Nina M. Keil und Antonia Patt, Bundesamt für Veterinärwesen BVET,

Zentrum für tiergerechte Haltung: Wiederkäuer und Schweine, ART

Impressum

Herausgeber:Forschungsanstalt AgroscopeReckenholz-Tänikon ARTTänikon 1, CH-8356 Ettenhausen,Redaktion: Etel Keller,ART

Die ART-Berichte/Rapports ARTerscheinen in rund 20 Nummernpro Jahr. JahresabonnementFr. 60.–. Bestellung von Abonne-ments und Einzelnummern:ART, Bibliothek, 8356 EttenhausenT +41 (0)52 368 31 31F +41 (0)52 365 11 [email protected]: www.agroscope.ch

ISSN 1661-7568

ART-Bericht 765

Eingliedern und Separieren von Ziegen

Wie kann man die Belastung mindern?

Autorinnen und Autoren

Nina M. Keil und Antonia Patt,Bundesamt für VeterinärwesenBVET, Zentrum für tiergerech-te Haltung:Wiederkäuer undSchweine,[email protected]

Juli 2013

In der Praxis der Laufstallhaltung von Zie-gen ist es bei der Bestandsergänzung oder-erweiterung üblich, dass fremde Tiere inbestehende Gruppen eingegliedert wer-den. Solche Eingliederungen führen ver-mehrt zu aggressiven Auseinandersetzun-gen und sind für Ziegen belastend, wassich in gestörtem Liege- und Fressverhal-ten äussert. Weiter ist es für Ziegen alssoziallebende Tiere mit Stress verbunden,wenn sie von der Herde getrennt werden.Zum Ablammen oder aufgrund von Verlet-zungen beispielsweise besteht jedochimmer wieder die Notwendigkeit, ein-zelne Tiere vorübergehend von der Herdezu separieren. Es stellt sich daher die Frage,wie das Eingliedern in eine fremde Herdeund die Separation von der Herde für Zie-gen möglichst belastungsarm vorgenom-men werden kann.An der Forschungsanstalt AgroscopeReckenholz-Tänikon ART durchgeführteVersuche erforschten diese Management-massnahmen an behornten und hornlosen

Ziegen. Da es in kleinen Gruppen vermehrtzu Auseinandersetzungen kommt und Zie-gen in der Schweiz vorwiegend in Klein-beständen gehalten werden, wurden dieUntersuchungen an Kleingruppen vorge-nommen. Die Ergebnisse zeigen, dass dasEingliedern einer einzelnen Ziege in einebestehende Herde für das eingegliederteTier unabhängig von der Behornung überlängere Zeit sehr stark belastend und wennimmer möglich zu vermeiden ist. Es ist dahervorteilhaft, mehrere einander bekannte Zie-gen gleichzeitig in eine Herde einzuglie-dern und den Tieren, wie beispielsweiseauf der Weide, hierbei genügend Platz zubieten.Ziegen sollten nur in begründeten Fällenvon ihrer Herde separiert werden. In sol-chen Fällen ist es empfehlenswert, denZiegen möglichst viel Kontakt zur Herdezu ermöglichen. Können die Ziegen ihreHerde weiterhin sehen und durch dieBuchtenabtrennung Kontakt aufnehmen,mindert dies die Belastung.

Abb. 1: In einer stabilen Herde tolerieren sich die Ziegen untereinander und pflegen positiveKontakte. Fremde Ziegen werden nicht ohne weiteres in die Herde aufgenommen.

N e u e P u b l i k a t i o n e n

Eingliedern und Separieren von Ziegen

38

www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen

Aktuell

Agrarforschung Schweiz 5 (1): 37–39, 2014

N e u e P u b l i k a t i o n e n

M e d i e n m i t t e i l u n g e n

09.12.2013 Internationale Front gegen Apfelschorf Apfelschorf ist die wichtigste Pilz-Krankheit bei Äpfeln.

Sie kommt in allen Apfelanbaugebieten mit regneri-

schem Frühling vor und muss in der integrierten Produk-

tion und im Bio-Anbau mit Pflanzenschutzmitteln

bekämpft werden. Apfelsorten mit natürlichen Resis-

tenzgenen kommen mit weniger Pflanzenschutz aus.

Leider stossen sie immer öfter an ihre Grenzen: der

krankmachende Pilz hat sich in vielen Regionen an

schorfresistente Apfelsorten angepasst. Agroscope hat

deshalb die internationale Initiative VINQUEST ins Leben

gerufen. Experten identifizieren aktuell noch wirksame

Resistenzgene. Dieses Wissen stellen sie der klassischen

Sortenzüchtung zur Verfügung. Das Ziel sind neue

Apfelsorten mit neuen Kombinationen von Schorf-Resis-

tenzen, die dem Pilz sicherer und langfristig Einhalt

gebieten.

03.12.2013 Qualität von Ziegen- und Schafmilch Bisher gibt es international keine allgemein anerkann-

ten Normen und Grenzwerte für die Kontrolle und Defi-

nition der Qualität von Ziegen- und Schafmilch. Damit ist

es sehr schwierig eine Bezahlung der Produzenten nach

Qualitätsmerkmalen zu definieren. Agroscope hat einen

Leitfaden erstellt, der Fachleute in der Beurteilung der

Qualität unterstützt.

18.11.2013 Sensorische Eigenschaften und Backqualität von Schweizer Weizensorten im Bio-Anbau Bei der Züchtung von Weichweizen legen Agroscope und

Delley Samen und Pflanzen AG (DSP) den Fokus auf eine

ausgezeichnete Backqualität. Seit rund zehn Jahren

untersuchen Agroscope-Fachleute in Changins die Back-

qualität und darüber hinaus die sensorischen Eigenschaf-

ten der Sorten, die in Kleinparzellen-Versuchen im Bio-

Anbau heranreifen. Diese Untersuchungen sollen zeigen,

ob Sorten unter Bio-Bedingungen und ohne synthetische

Stickstoffdünger ihre gute Backqualität beibehalten.

www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen

«Zukunft der Schweizer

Alpwirtschaft. Fakten, Ana-

lysen und Denkanstösse

aus dem Forschungspro-

gramm AlpFUTUR» – Neu-

erscheinung am 1. Okto-

ber

Jahr für Jahr ziehen Tau-

sende Älplerinnen und

Älpler mit dem Vieh auf

die Alp. Seit Jahrhunder-

ten nutzen sie die hoch

gelegenen Alpweiden, um 100 000 Milchkühe, 35 000

Mutterkühe, 180 000 Rinder und 90 000 Kälber sowie

Schafe und Ziegen zu sömmern und hochwertige Pro-

dukte herzustellen. Dabei treffen Tradition und

Moderne aufeinander, die Alpwirtschaft befindet sich in

stetem Wandel. Im interdisziplinären Forschungspro-

gramm AlpFUTUR haben sich Forschende und Umset-

zungsfachleute in 22 Projekten mit der Zukunft der

Schweizer Alpwirtschaft in all ihren Facetten auseinan-

der gesetzt. AlpFUTUR wird von Agroscope und der Eid-

genössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und

Landschaft WSL koordiniert.

Das Buch zum Forschungsprogramm zieht das Fazit

aus AlpFUTUR. Es stellt den Stand des Wissens thematisch

gegliedert und gut verständlich dar und gibt klar formu-

lierte Empfehlungen ab. Es richtet sich an alle, die sich für

die Alpwirtschaft und ihre Zukunft interessieren – sei es

beruflich oder privat.

Dem Buch sind die AlpFUTUR-Umsetzungsfilme «Von

Älplern für Älpler» sowie der Dokumentarfilm «Som-

merzeit» als DVD beigelegt. Die Veröffentlichung der

französischen und italienischen Ausgabe ist für Frühsom-

mer 2014 geplant. Das Buch kann bei der Eidg. For-

schungsanstalt WSL für Fr. 30.– (zuzügl. Porto) bezogen

werden: www.alpfutur.ch/buch

39

Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

Aktuell

Agrarforschung Schweiz 5 (1): 37–39, 2014

V e r a n s t a l t u n g e n

Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

I n t e r n e t l i n k s

2014 – Internationales Jahr der bäuer lichen Familienbetriebe

www.familyfarming.ch

In der Schweiz haben sich verschiedene Organisationen,

die sich in ihrer Arbeit um die Anliegen der bäuerlichen

Familienbetriebe in der Schweiz oder im Ausland küm-

mern, zusammengefunden, um das Jahr 2014 vorzube-

reiten.

Januar 2014

18.01.2014Infotag HAFLHochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittel-wissenschaftenZollikofenInformationen: www.hafl.bfh.ch

21. – 24.01.2014Agroscope an der AgrovinaMartigny

23.01.2014Nachhaltigkeitstagung 2014«Wasser in der Landwirtschaft – heute und in Zukunft»AgroscopeAgroscope, 8046 Zürich

31.01.2014Pflanzenschutztagung Feldbau 2014AgroscopeAgroscope, 8046 Zürich

Februar 2014

06. 02.20141. nationale AckerbautagungAgroscope, Forum Ackerbau, swissgranum, Agridea und PAG-CHInforama Rütti, 3052 Zollikofen

Mai 2014

06. – 07.05.2014Landtechnik im AlpenraumAgroscope und BLT WieselburgFeldkirch, Österreich

21.05.2014AgriMontana – Zukünftige Perspektiven der BerglandwirtschaftAgriMontana / AgroscopeLandquart

V o r s c h a u

Februar 2014 / Heft 2

Die Bienengesundheit steht im Fokus der Forschenden des Zent-rums für Bienenforschung (ZBF). Eine Gruppe von Experten, darun-ter Peter Gallmann, ehemaliger Leiter des ZBF, sind daran, einen Massnahmenkatalog zum Schutz der Bienengesundheit in der Schweiz zu erarbeiten. (Foto: BGD/SSA)

V o r s c h a u

•• Frauen und Männer in der Landwirtschaft,

Esther Thalmann et al., Agridea,

•• Auswirkungen langjähriger biologischer Landwirt-

schaft, Adrian Honegger et al., Agroscope

•• Nährwertschätzung von Silagen aus Mischungen

von Grüngetreide und Erbsen, Yves Arrigo,

Agroscope

•• Serie ProfiCrops: Urbane Landwirtschaft: Das

FUI-Projekt, Katja Heitkämper et al., Agroscope

und HAFL

•• Listen der empfohlenen Sorten von Soja und Mais

für die Ernte 2014

Informationen und Anmeldung: hafl.bfh.ch

Infotag, 18. Januar 2014

Bachelorstudium in:

Masterstudium in:

– Agronomie – Forstwirtschaft – Lebensmitteltechnologie

– angewandten Agrar- und Forstwissen-schaften. Neu mit Major «Alpenmaster»Informationstag

Donnerstag 6 Februar 2014 (8h45 – 17h00)1. nationale AckerbautagungGemeinsam organisierte Tagung von Agroscope (Institut für Pflanzenbauwis-senschaften), Forum Ackerbau, swiss granum, AGRIDEA und PAG-CH

Ökonomie und Ökologie imAckerbau in Einklang bringenInforama Rütti, 3052 Zollikofen

ForumAckerbau

Ziel der TagungReferate, Infomarkt (Poster) und der Runde Tisch bieten Gelegen-heit für Diskussionen und den Austausch darüber, wie Ökonomieund Ökologie im Ackerbau heute und in Zukunft in Einklang gebrachtwerden können.

Bernard Lehmann, Direkor des Bundesamtes für Landwirtschaft,lanciert die Debatte mit dem Einstiegseferat « Nachhaltige Intensi-vierung – Komplexität und Voraussetzungen ». Im Anschluss habendie Vertreter der unterschiedlichen Anspruchsgruppen das Wort.

AdressatenDiese Tagung richtet sich an ein breites Publikum: Beratungs- undLehrpersonen, Forschende, Vertreter des Agrarhandels, Landwirte,Mitglieder der PAG-CH, Mitarbeitende landwirtschaftlicher Organisa-tionen und kantonaler Faschstellen, Lohnunternehmer und weitere,am Ackerbau interessierte Personen.Die Präsentationen werden in Deutsch oder in Französisch abgehalten(zweisprachige ppt).

Programmwww.agridea-lausanne.ch oder www.agroscope.admin.ch/manifestations

Anmeldung (bis 30 Januar 2014)per Email [email protected] oder über www.agridea-lausanne.ch