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Einblick Mais, ein vielseitiger Agrarrohstoff. Weitblick Paradigmenwechsel im Agribusiness: Das Geschäft moderner Landwirte verlangt von finanzierenden Banken ein besonderes Verständnis. Ausblick Kuh- und Schweinegülle sind wertvoll. In ihnen steckt jede Menge Energie. Als Treibstoff für Biogasanlagen entfaltet sich ihre Kraft zu Mehrwert. Das Magazin der Rentenbank // Nr. 1_09 agribizz

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Magazin für die Rentenbank (c) Profilwerksatt / Sequioa

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Einblick Mais, ein vielseitiger Agrarrohstoff. Weitblick Paradigmenwechsel im Agribusiness: Das Geschäft moderner

Landwirte verlangt von finanzierenden Banken ein besonderes Verständnis. Ausblick Kuh- und Schweinegülle sind wertvoll.

In ihnen steckt jede Menge Energie. Als Treibstoff für Biogasanlagen entfaltet sich ihre Kraft zu Mehrwert.

Das Magazin der Rentenbank // Nr. 1_09

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Editorial2 agribizz 1_09 // Rentenbank Magazin

Impressum Ausgabe 01_09

Herausgeber: Landwirtschaftliche RentenbankHochstraße 260313 Frankfurt am MainAnstalt des Öffentlichen Rechts

Vorstand: Dr. Marcus Dahmen (Sprecher), Hans Bernhardt, Dr. Horst Reinhardt

Verantwortlich:Anette Grabowski (V. i. S. d. P.)

Redaktion: Profilwerkstatt GmbH 64295 Darmstadt www.profilwerkstatt.deMartin Reimund, Hans Frisch, Stefan Biela, Markus Jordan, Felix Schütze

Mitarbeiter der Ausgabe: Dr. Martin Kaluza

Art Direktion: Ahad Pirahmadian

Grafik: Jens Kohnert

Sequoia Media GmbH, 51063 Köln www.sequoia-media.com

Druck: Frotscher Druck, 64295 Darmstadtagribizz erscheint vierteljährlich

Die Landwirtschaftliche Rentenbank über-nimmt keine Haftung für die Inhalte zitierter Internetseiten oder sonstiger Quellen Dritter.

Alle Urheberrechte vorbehalten, eine auszugs-weise Wiedergabe bei Quellenangabe und Zusendung eines Belegexemplars ist gestattet.

+ 49(0)69 2107 - 0

[email protected]

www.rentenbank.de

agribizz – der Name ist Programm

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

willkommen bei „agribizz“ – dem neuen Magazin der Rentenbank. Der Name ist Programm, denn wir bieten Ihnen künftig viermal im Jahr einen informativen Streifzug durch die Welt des Agribusiness. Einer Welt, in der die Rentenbank seit Langem zu Hause ist. Denn wir finanzieren Vorhaben der gesamten Wertschöpfungskette landwirtschaftlicher Erzeugnisse: vom Zulieferer über den Landwirt und seine Dienstleister bis hin zum Lebens- mittelproduzenten und Einzelhandel.

Unseren hohen Anspruch als Förderbank für das Agribusiness wollen wir auch mit unserem Magazin erfüllen. Es bietet Ihnen einen Einblick in das spannende Zusammenspiel zwischen gut vernetzten Branchenkennern. Dazu zählen wir nicht nur Wissenschaftler und Experten aus der Praxis, sondern natürlich auch unsere Kunden und die Hausbanken vor Ort. In zahlreichen Praxisbeispielen kommen interessante Persönlichkeiten zu Wort, die über eine Menge Know-how verfügen. Die Beiträge regen an, die Branche auch mal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

Nicht zuletzt möchten wir Sie neben all diesen interessanten Fakten und Einsichten aber auch gut unterhalten. Ich wünsche Ihnen eine kurzweilige, informative und inspirierende Lektüre.

Ihre Anette Grabowski Leiterin Marketing der Rentenbank

Titelbild: Luftaufnahme von Getreidefeldern im US-Bundesstaat Arizona (© Ron Chapple/Corbis)

agribizz jetzt kostenlos abonnieren:

www.rentenbank.de

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3Inhalt

einblick04 News Neues aus dem Agribusiness

05 Im Fokus Mais wird immer wichtiger – nicht

nur als Nahrungsmittel

weitblick06 Titelgeschichte Im Agribusiness gehen Banken

neue Wege

10 Siegertypen Stefan Roggenkamp:

Neue Maßstäbe mit Bioprodukten

12 Ansichtssache Rotorenbau: Branche im Aufwind

14 Im Gespräch Rentenbank-Vorstandssprecher

Dr. Marcus Dahmen im Interview

ausblick18 Wissenswert Mit der Gülle ins Glück: Biomasse-

nutzung als zweites Standbein für Landwirte

20 Köpfe Netzwerk Biogasbranche

22 Profil Dabbawalas: Die zuverlässigsten

Essenslieferanten der Welt

23 Querbeet Kurz vor Schluss notiert

10 Siegertypen 18 Mit der Gülle ins Glück

06 Titelgeschichte: Im Agribusiness gehen Banken neue Wege

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News

Rentenbank debütiert auf der AnugaDie Rentenbank ist vom 10. bis

14. Oktober 2009 erstmals mit

einem Stand auf der Anuga in Köln

vertreten. „Mit der Teilnahme an der

weltweit wichtigsten Lebensmittel-

und Getränkemesse unterstreichen

wir auch die zunehmende Bedeutung

der Ernährungswirtschaft in unserem

Geschäftskonzept“, so Vorstands-

sprecher Dr. Marcus Dahmen.

Interessierte können sich an dem

Messestand in Halle 10.2, Stand-

nummer D-061, über Fördermög-

lichkeiten informieren und mit Mit-

arbeitern der Bank ins Gespräch

kommen.

Leasing für neue EnergieDie Rentenbank hat das Förderpro-

gramm „Energie vom Land“ um eine

Leasingvariante erweitert. Landwirte

sowie Unternehmer aus der Agrar-

und Ernährungswirtschaft können ihre

Anlagen zur alternativen Energiege-

winnung nun auch über die Leasing-

gesellschaft VR LEASING finanzieren.

Das Angebot kombiniert die Förder-

konditionen der Rentenbank mit der

bilanzneutralen Leasingfinanzierung

und bietet eine Alternative zum Förder-

kredit. Gefördert werden Anlagen zur

Energiegewinnung aus nachwachsen-

den Rohstoffen, Fotovoltaik, Wind-

und Wasserkraft.

Neue Potenziale erforschtDie Perspektiven für die Landwirt-

schaft sind dank der weltweit wach-

senden Nachfrage gut. Zunehmende

Marktpreisschwankungen und

gesellschaftliche Erwartungen stellen

allerdings auch große Herausforde-

rungen an die Landwirtschaft. Daher

förderte die Edmund-Rehwinkel-

Stiftung fünf Studien, die die neuen

Potenziale und Anforderungen an

die Landwirtschaft, aber auch an die

Agrarpolitik untersucht haben. Die

Ergebnisse sind von der Rentenbank

veröffentlicht worden. Die Publikation

kann unter www.rentenbank.de her-

untergeladen oder bestellt werden.

In Zukunft wieder positivDas vierteljährliche Konjunkturbarome-

ter ist ein Indikator für die landwirt-

schaftliche Stimmungslage. Die

aktuelle Julibefragung ergab folgende

Trends: Die Gesamtstimmungslage

ist zwar noch gedrückt, aber der

Stimmungsindex scheint den Boden

erreicht zu haben. Die Landwirte

schätzen ihre mittelfristige wirtschaft-

liche Situation in zwei bis drei Jahren

wieder positiv ein. Die Investitionsnei-

gung ist niedriger, dabei führt weiterhin

der Investitionswunsch in erneuerbare

Energien. Obwohl die Zinsen gestie-

gen sind, sehen die Landwirte keine

Kreditklemme in ihrer Branche.

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1Deutsche Forscher haben aus Mais

einen Biobeton entwickelt, der selbst

Gebäude vor Explosionen schützen

kann. Gefertigt wird er aus zerkleiner-

ten Maiskolben. Gerade für gefährdete

Objekte wie Botschaften ist diese

Erfindung interessant. Der Grund für die

beeindruckende Widerstandskraft des

Maisbetons: Beim Aushärten der Masse

entstehen zwischen den Maiskolben-

Häckseln unzählige kleine Hohlräume.

Dadurch wird die Explosionswucht

absorbiert. Bereits wenige Zentimeter

dieses Biobetons schützen so gut wie

sonst nur extrem dicker Dämmbeton.

Er heißt auch „Eine-Milliarde-Dollar-

Käfer“: der Maiswurzelbohrer. Vor gut

15 Jahren kam der Schädling nach

Europa. Inzwischen ist er in den meisten

Maisanbaugebieten angekommen. Wäh-

rend hierzulande die Bauern den Bohrer

noch gut im Griff haben, gilt er in seiner

Heimat USA bereits als der Maisvernich-

ter schlechthin. Weltweit werden gegen

ihn die meisten Insektizide ausgebracht.

Die Kosten dafür plus die verursachten

Schäden summieren sich pro Jahr auf

rund eine Milliarde US-Dollar.

Zur Ernte 2009 wurde der Anbau von

Mais in Deutschland weiter ausgedehnt.

Das geht aus den Ergebnissen der Erhe-

bung über die Frühjahrsaussaaten vom

vergangenen April hervor, die das Sta-

tistische Bundesamt veröffentlicht hat.

Mit insgesamt 2,113 Millionen ha wurde

Mais demnach auf etwa 27.000 ha mehr

ausgesät als im Frühjahr 2008. Damit

ist die Silomaisfläche in den vergange-

nen zehn Jahren insgesamt um fast 37

Prozent angewachsen. Eine Ursache

dafür sieht das Statistische Bundesamt

in der verstärkten Nutzung von Silomais

zur Energiegewinnung unter anderem in

Biogasanlagen.

Bombensicher

Vernichter

Im FokusMais ist heute nach Weizen und Reis die drittwichtigste Getreidepflanze der Welt. Weltweit gibt

es circa 50.000 verschiedene Maissorten. Der Legende nach entsprang die erste Maispflanze auf

dem Grab einer Jungfrau. Mais ist nicht nur ein Grundnahrungsmittel und Viehfutter, sondern wird

in jüngster Zeit als Energielieferant für Biogasanlagen verwertet.

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Das Oktoberfest ist das Fest der Bayern und steht selbstverständ-lich auch als ein Höhepunkt im Veranstaltungskalender der Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling. Zumindest alle vier Jahre, denn zur Wiesn gehört dann das Zentrallandwirtschaftsfest, bei dem 650 Aussteller die ganze Vielfalt bäuerlicher Land- und Forstwirtschaft präsentieren. Agrarberater Rainer Obertshauser und sein dreiköpfiges Agrarier-Team von der Sparkasse machen sich dann auf den Weg nach Mün-chen – zusammen mit den Landwirten aus ihrem Einzugsgebiet. Im vergangenen Jahr war das die reinste Massenbewegung: „Wir waren mit sage und schreibe 13 vollbesetzten Bussen unterwegs“, erzählt Obertshauser. Informativ war die Reise, es gab viel Neues zu sehen – und Spaß hat es gemacht. Das ist wichtig, denn zünftige Gemein-schaftserlebnisse wie die Fahrt zum ZLF (Zentrallandwirtschaftsfest) dienen der Kundenpflege. Man kommt abseits der Bank ins Gespräch, erfährt, wo die Kunden vielleicht der Schuh drückt, oder welche The-men gerade anstehen.

Unter dem Strich punktet die Sparkasse im Alltag aber vor allem mit ihrer landwirtschaftlichen Kompetenz. Die kommt nicht von ungefähr: Obertshauser ist selbst Agraringenieur und hat sich wie seine drei Mitstreiter – ebenfalls alle diplomierte Agraringenieure – als Quereinsteiger für das Kreditgeschäft qualifiziert. Sie unterstützen die Bankberater und pflegen die Beziehung zu den Landwirten. „Wir sprechen die gleiche Sprache und kennen deren Anliegen aus eigener Erfahrung. Dieses Geschäft ist langfristig ausgelegt und anspruchs-voll. Wer hier das schnelle Geld wittert, ist an der falschen Adresse. Man muss die Landwirte und ihre Anliegen richtig verstehen kön-nen“, sagt Obertshauser.

Die Landwirte von heuteDazu gehört auch einzusehen, dass der Landwirt von heute mit dem vor 20 oder 30 Jahren kaum noch vergleichbar ist. „Das Agribusiness

hat einen enormen Wandel erfahren“, sagt Dr. Klaus Hollenberg, Ab-teilungsleiter im Bereich Fördergeschäft der Rentenbank in Frank-furt am Main. Das Gros der Agrarbetriebe ist in den vergangenen 30 Jahren expandiert, hat in Technik investiert und sich so zu mittel-ständischen Unternehmen weiterentwickelt. Die Betriebe und ihre Konzepte sind so vielfältig wie das, was sie anbauen, pflanzen oder verfüttern. Gerade diese Heterogenität macht es Banken schwer, die richtigen Konzepte für das Agribusiness zu finden, denn die müssen oft maßgeschneidert sein.

Eine Herausforderung, mit der Landwirte und ihre Kreditgeber zu kämpfen haben, sind die mitunter enormen Preisschwankungen an den Absatzmärkten. So gingen die Agrarmärkte mit den Kapital-märkten nach einem Höhenflug ab Mitte 2008 auf Talfahrt. Der internationale Commodity Research Index (CRB) für zehn wichtige weltweit gehandelte Agrarrohstoffe brach von seinem historischen Höchststand im Juni 2008 bis Anfang März 2009 auf das Niveau von Ende 2006 ein. Viele Betriebe waren auf diese zum Teil erheb-lichen Preisstürze nicht vorbereitet. Dass es dennoch hierzulande kaum zu Insolvenzen kam, ist auch dem Umstand zu verdanken, dass die Landwirte nicht unter einer Kreditklemme zu leiden hatten wie andere Branchen. Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts „produkt und markt“ haben auf dem Höhepunkt der Krise im De-zember 2008 rund 94 Prozent der Landwirte bei der Kreditvergabe keine deutliche Verschlechterung festgestellt.

Attraktive Zielgruppe für KreditgeberDer Hauptgrund für die vergleichsweise gute Kreditsituation liegt in einer relativ hohen Eigenkapitalquote von 40 bis 70 Prozent. Im in-dustriellen Mittelstand bewegt sich diese häufig eher bei mageren 15 Prozent. Eine Stärke der Landwirte ist auch ihre recht konservative Einstellung bei Finanzierungsfragen. „Sie zeichnet eine relativ hohe

Auf Augenhöhe mit den neuen Landwirten

Moderne Landwirte sind heute Manager mittelständischer Unternehmen mit entsprechendem

Kapitalbedarf. Doch ihr Geschäft verlangt von den finanzierenden Banken ein besonderes

Verständnis. Immer mehr Kreditinstitute bauen Kompetenzen auf, um Landwirten auch fachlich

auf Augenhöhe zu begegnen. Davon profitieren beide Seiten.

Von Felix Schütze

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Achtung vor Fremdkapital und eine allgemein sehr gute Zahlungs-moral aus, was in anderen Branchen längst nicht mehr selbstverständ-lich ist“, so Rainer Obertshauser. Attraktiv sind Unternehmen aus dem Agribusiness für Banken auch aus einem anderen Grund: Ihre Märkte sind langfristig Wachstumsmärkte. Denn die Weltbevölke-rung wächst, während die Anbaufläche sinkt. Hinzu kommen verän-derte Ernährungsgewohnheiten in den aufstrebenden Schwellenlän-dern. Und schließlich hält der Trend zu Biokraftstoffen an.

Auf und Ab an den AgrarmärktenDie Achterbahnfahrt für Agrarrohstoffe im vergangenen Jahr macht aber deutlich, dass auch in Zukunft die Preise für landwirtschaftli-che Produkte nicht immer nur nach oben gehen. Deshalb kommt es immer wieder zu Wellenbewegungen. Auch regulatorische Aspekte beeinflussen die Landwirtschaft. Wie zum Beispiel Agrarreformen, die unter anderem verstärkt auf eine klarere Marktorientierung zielen und eine öffentliche Förderung zunehmend von der Einhaltung von Umwelt-, Tierschutz- und Lebensmittelsicherheitsstandards abhängig machen. Die Folge: Neue Marktanforderungen, steigende Personal-kosten, sinkende Preise und neue Techniken erfordern wesentlich hö-here Investitionen als noch vor ein paar Jahren.

„Auch wenn keine akute Kreditklemme besteht, hat sich wegen der Finanzkrise die Vergabepraxis bei den Banken vor Ort verschärft“, erklärt Hollenberg. „Das Liquiditäts- und Risikomanagement spielt dabei eine Rolle, die Kreditinstitute schauen eben genauer hin.“ Will ein Landwirt etwa in eine Fotovoltaik- oder eine Biogasanlage in-vestieren oder braucht er einen Übergangskredit, rät Hollenberg zu Offenheit: „Dafür sind möglichst aussagekräftige Unterlagen wich-

tig, um von vornherein Vertrauen und Transparenz zu schaffen.“ Die Banken achten vor allem auf ein gutes Management und ein klares Betriebskonzept. Wichtig sind aber auch die Kenntnis der eigenen Zahlen, am besten schon ein Investitionskonzept und eine Liqui-ditätsplanung. Wenn dann noch zeitnahe Buchführungsunterlagen und Betriebszweigauswertungen vorgelegt werden können, stehen die Chancen auf einen Kredit gut.

Einfühlungsvermögen für anspruchsvolle KlientelJe höher die Anforderungen, die die Banken stellen, umso schwieriger wird es für die Kreditinstitute adäquat zu bewerten, was sie bei den Landwirten tatsächlich vorfinden. Ohne landwirtschaftliches Fach-wissen ist eine Zusammenarbeit mit den Agrarbetrieben kaum noch zu realisieren. Gefragt sind ein Verständnis der Zusammenhänge und die Kompetenz, Risiken richtig einzuschätzen. Um dieses Ziel zu er-reichen, stellen sich viele Banken neu auf und organisieren Kom-petenzzentren für Landwirte. Einige Institute sind dabei besonders weit – wie zum Beispiel die Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling, die Landessparkasse zu Oldenburg (LzO), die Deutsche Kreditbank AG (DKB) oder die Volksbank an der Niers eG.

Agrarkompetenz im Oldenburger Land So setzt auch die LzO auf fachliche Tiefe und unterstützt bei Spezial-fragen der Landwirtschaft mit einem AgrarTeam ihre Kundenbetreu-er von der friesischen Nordseeküste bis zum Dümmer See. Neben Teamleiter Wilfried Westermann, der in das landwirtschaftliche Le-ben hineingeboren wurde, gehören ein Kundenberater und eine Spe-zialistin für Finanzierungen mit der Rentenbank zum Team. Die drei

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Monatsmittel für 10 Nahrungsmittelrohstoffe (1967 = Index 100)

Preisentwicklung für die 10 wichtigsten Agrarrohstoffe weltweit

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unterstützen von ihrem Büro in Wildeshausen die Firmenkundenbe-rater in den Filialen der LzO mit ihrem Wissen. Zielgruppe der LzO sind in erster Linie die zukunftsfähigen Betriebe, aber auch Betriebe, die aus der Produktion aussteigen und damit durch Verkäufe über Anlagepotenzial verfügen. Außerdem übernimmt das AgrarTeam eine wichtige Verbindungsfunktion zwischen den Landwirten, Be-hörden und Beratungseinrichtungen. Ein weiterer Schwerpunkt der Tätigkeit ist das Coaching. „Alle Firmenkundenberater werden von uns laufend über Rundbriefe und in Workshops geschult, damit sie über ein Mindestmaß an Verständnis für die Landwirtschaft verfügen und in Kundengesprächen wissen, was EU-Prämien, Milchquoten und Höfeordnung bedeuten“, erläutert Westermann. Das Angebot stößt auf große Resonanz. Westermann: „Rund jeder achte Kunde der Sparkasse hat einen landwirtschaftlichen Hintergrund.“

Spezielle Lösungen für regionale Anliegen Die Deutsche Kreditbank AG (DKB) hat sogar einen eigenen Be-reich Landwirtschaft und Ernährung aufgebaut. In den insgesamt 16 meist ostdeutschen Niederlassungen betreut die DKB Landwirte mit Teams, die sich aus Bankern und Agraringenieuren zusammensetzen. Dabei befasst sich die DKB auch sehr häufig mit einem für die neu-en Bundesländer typischen Phänomen: Noch immer liegen rund 13 Prozent der Agrarflächen in den Händen des Staats und werden nach und nach verkauft. Bis zur Wende waren in Ostdeutschland so gut wie alle landwirtschaftlichen Betriebe verstaatlicht. Mit der Wieder-vereinigung wurden viele Flächen privatisiert. „Wenn der Staat den Pächtern die Flächen nun zum Kauf anbietet, müssen die Landwirte zugreifen“, sagt Dr. Wulf-Dietmar Storm, Agraringenieur und Fach-

bereichsleiter Landwirtschaft & Ernährung bei der DKB. „Bei der Finanzierung der Flächen greifen wir in der Regel auf die Förderkre-dite der Rentenbank zurück.“ Die Zielgruppe der Landwirte macht bei der DKB immerhin rund 25 Prozent der Firmenkunden aus. Und das nicht ohne Grund, denn die Bank sucht aktiv den Kontakt: „Wir arbeiten eng mit den regionalen Bauernverbänden zusammen.“ Veranstaltungen wie das DKB-Eliteforum Landwirtschaft und die alljährliche Ausschreibung des DKB Landwirtschaftspreises dienen als Plattform für einen intensiven Informations- und Meinungsaus-tausch. „Wichtig ist es, aktiv auf diese Zielgruppe zuzugehen“, betont Dr. Wulf-Dietmar Storm.

Gut beraten am Niederrhein Um dies zu erreichen, muss eine Bank übrigens nicht gleich ein Agrar-Kompetenzzentrum mit ausgebildeten Agraringenieuren be-treiben. So betreut die Volksbank an der Niers eG mit ihrem Team aus vier klassischen Bankkaufleuten rund 600 Betriebe aus Landwirt-schaft und Gartenbau. Laut Andre Verhoeven, Firmenkundenbetreu-er Landwirtschaft und Gartenbau, haben er und sein Team jedoch eine reiche Erfahrung – entweder sind die Berater selbst in einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen oder sie arbeiten bereits seit Jahren mit Agrarkunden zusammen. Als regionaler Marktführer in dem Segment seien vor allem regelmäßige Kontakte, intensive Ge-spräche sowie die Nähe vor Ort wichtig.

Fazit: Banken können auf vielerlei Art die Betreuung ihrer Agrarkun-den verbessern. Unabhängig von der Größe des Instituts steht und fällt die Qualität der Beratung mit der Kompetenz der Mitarbeiter.¬

Banken mit Agrarkompetenz

Landessparkasse zu Oldenburg (LzO) (Oldenburg)

Vertriebsstandorte: 123Bilanzsumme: 7,58 Mrd. EURAgrarspezialisten: 3Ansprechpartner: Wilfried Westermann ([email protected])

DKB Berlin

Vertriebsstandorte: 17Bilanzsumme: 48 Mrd. EURAgrarspezialisten: 40Ansprechpartner: Dr. Wulf-Dietmar Storm([email protected])

Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling

Geschäftsstellen: 51 Bilanzsumme: 3,7 Mrd. EURAgrarspezialisten: 4Ansprechpartner: Rainer Obertshauser ([email protected])

Vier beispielhafte Banken, die ihr Angebot auf landwirtschaftliche Kunden ausgerichtet haben.

Volksbank an der Niers eG

Geschäftsstellen: 27Bilanzsumme: 1,7 Mrd. EURAgrarspezialisten: 4Ansprechpartner: Andre Verhoeven ([email protected])

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Siegertypen10 agribizz 1_09 // Rentenbank Magazin

Name: Stefan Roggenkamp

Alter: 38

Was treibt ihn an? „Zu zeigen, dass es zukunftsgerichtete, innovative Konzepte in der moder-

nen Landwirtschaft gibt, die sich auch wirtschaftlich tragen.“

Produkte: je nach Saison 7 bis 12 frische Suppen in den Geschmacksrichtungen

Pastinaken-Apfelsuppe mit Ahornsirup, Kürbissuppe mit Thai-Basilikum,

Belugalinsensuppe mit Cashmir-Curry, Kartoffelsuppe mit Tandoori,

Rote-Beete-Suppe mit Dill, Karottensuppe mit Koriander, Marokkanische

Linsensuppe mit Datteln und Mandeln, Kokossuppe mit Madras-Curry.

6 Eissorten in den Geschmacksrichtungen Vanille, Schokolade, Erdbeeren

& Sahne, Karamell & Sahne, Ingwer, Kaffee.

Und demnächst frische Babykost und Risotto.

Bio 2.0

Wer kennt nicht den Loriot-Klassiker „Pappa ante portas“? Schon gleich zu Beginn des Films geht das Fiasko los, im Lebensmittelgeschäft ordert Loriot 150 Gläser Senf, weil er sie billiger bekommt – „Mein Name ist Lohse, ich kaufe hier ein!“ –, und als dann später der Senf pa-lettenweise nach Hause geliefert wird, große Begeisterung angesichts der Ersparnis: „Der Senf ist da!“ Auch Stefan Roggenkamp kann über diese Szene lachen, wenn er sie erzählt. Aber sie erinnert ihn auch ein wenig an die Einkaufsmentalität der Deutschen im Supermarkt. Die wiederum stellt eine Hürde für seine Bioprodukte dar. Denn wenn auf Suppen oder Eis der Name Roggenkamp draufsteht, dann muss der Konsument für mehr Qualität auch etwas mehr zahlen. Aber für was lohnt es sich, den einen oder anderen Euro mehr auszugeben? Was ist das Besondere an den Bioprodukten von Sandra und Stefan Roggen-kamp? Die Marke „Roggenkamp Organics“ versteht sich als „Bio 2.0“. Roggenkamp: „Wir nehmen die Werte der ersten Biobewegung der 70er und 80er Jahre, insbesondere Werte wie Nachhaltigkeit, Regio-nalität und Saisonalität, auf und interpretieren sie neu und zeitgemäß, was man unter anderem an den Geschmacksrichtungen sieht. Dazu gehört aber auch ein ansprechendes Verpackungsdesign und vor allem ‚saubere Rezepturen‘.“ Ergebnis ist eine hochwertige Bioproduktmar-ke, die sich dann in den Roggenkamp-Erzeugnissen wiederfindet. Die Wertigkeit des Produkts selbst steht dazu noch im Einklang mit der außergewöhnlichen Unternehmensphilosophie „Gutes Essen – Gute Taten“. Denn Roggenkamp ist einer der ersten echten Social Entrepe-neure in Deutschland. Von Beginn an plante Stefan Roggenkamp das Unternehmen als Teil der Deutschen Demenz-Stiftung „Vergissmein-nicht“ mit dem Ziel einer ethisch einwandfreien Pflege, die bezahlbar ist. Denn erst die Demenzerkrankung seiner Mutter und seine Erfah-rungen mit dem deutschen Pflegesystem brachten ihn zu der Erkennt-nis, dass es auch anders gehen muss.

Unternehmen definieren sich über ihre

Marke. Bei der Roggenkamp Organics AG

ist der Name die Marke – dafür und dahinter

stehen die Eheleute Roggenkamp.

Von Stefan Biela (Text) und Selina Pfrüner (Fotos)

inter_netwww.roggenkamp-organics.com

www.deutsche-demenz-stiftung.de

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„Wie bitte, Ingwer-Eis?“Anders ist auch Roggenkamps „Frische Suppe“. Was man anhand des kurzen Mindesthaltbarkeitsdatums von drei Wochen sofort erkennt. „Das liegt an unserem Herstellungsverfahren. Im Grunde kochen wir unsere ‚Frische Suppe‘ wie früher unsere Mütter bis zum Garpunkt, um sie dann express zu kühlen“, erläutert Roggenkamp. Das Verfah-ren nennt sich „Cook & Chill“. Dadurch werden Nährstoffe, Vita-mine und Aromen erhalten – aber eben nicht bis in alle Ewigkeit. Sie stammt wie auch die Grundidee zur „Frischen Suppe“ aus England. Auf der Insel hat Stefan Roggenkamp studiert, finanzierte sich sein Studium mit Jobs in Restaurantküchen – und lernte dort das Prinzip kennen. Kaum zu glauben: „Die Briten sind uns, was Bioprodukte angeht, um Jahre voraus.“

Neben vielen guten Zutaten steckt in Roggenkamps Suppen aber auch seine Liebe zu einem guten Essen. Daher entwickelte er seine Produkte unter anderem mit Sternekoch Thomas Bühner. Das führte zu einer Verschmelzung von Gourmetküche und Bioprodukten und obendrein stehen die aufgewärmten Suppen noch schnell auf dem Tisch. Selbst dafür fehlt manchmal im hektischen Arbeitsalltag die Zeit. So gönnt sich auch Roggenkamp heute zu Mittag nur ein Sand-wich mit Teriyaki-Hühnchen, das vom vorabendlichen Grillen mit der Familie übrig geblieben ist. Er, der als ehemaliger Investmentban-ker Millionen um den Globus bewegt hat, musste als Unternehmer in Ostwestfalen erfahren, dass nicht alle Banker so innovationsfreudig sind wie er. Als er mit seiner Frau im vergangenen Jahr um eine Fi-nanzierung seiner Eisproduktion warb und sein Konzept vorstellte, lautete ein Kommentar: „Langnese stellt doch auch kein Ingwer-Eis her. Dann kann das kein Erfolg werden.“ Auf solche Vorurteile ist der Biounternehmer bei der Finanzierung seines neuesten Projekts nicht gestoßen. Für seine Bionahrungsproduktion plant er einen Kräuter-

garten. „Es ist sehr schwer, frische Biokräuter in einer gleichbleibenden Qualität zu bekommen“, erklärt Roggenkamp. Wurde die Roggen-kamp Organics AG noch weitestgehend aus Eigenmitteln finanziert, so wird der neue Kräutergarten von der Rentenbank gefördert.

Veni, vidi, viciUnd die Erfolgsstory geht weiter. In diesem Frühjahr, rechtzeitig vor den heißen Tagen im Jahr, fand die „feinste Bio-Eiscreme“– allen Skeptikern zum Trotz – ihren Weg in die Tiefkühlregale. Und Öko-test kürte das Eis prompt zum Testsieger. Geschmacksnote Erdbeere – ohne die kräftige Röte, mit der die Konkurrenz um die Gunst der Käufer wirbt. Erdbeeren verblassen nun mal beim Kochen. „Erinnern Sie sich noch, wenn früher Ihre Mutter Erdbeermarmelade gemacht hat? Dann war nach kurzer Zeit derselbe Farbton da wie in unserer Erdbeer-Eiscreme“, sagt Roggenkamp. Der neueste Coup des Ost-westfalen wird Babynahrung sein. „Es gibt Babykost und es gibt ‚Fri-sche Babykost‘ von Roggenkamp Organics. Der Unterschied: Dank ‚Cook & Chill‘ ist unsere ‚Frische Babykost‘ tatsächlich frisch – und nicht dank Ultrahocherhitzung so lange haltbar bis Ihr Kind in den Kindergarten kommt.“

Für Sandra und Stefan Roggenkamp ist ihr Unternehmen ein wichtiger Teil ihres Lebens. So stellt sich der Firmeninhaber noch persönlich abends in die Einkaufsmärkte, um seine Produk-te an den Mann und die Frau zu bringen. „Das ist zwar mitunter ziemlich anstrengend, lohnt sich aber für uns, da wir das Feed-back der Leute unvermittelt bekommen“, erzählt Roggenkamp. Die Produkte der Gütersloher sorgen schon jetzt für Aufsehen. Kurz vor dem Interview haben Roggenkamp und seine Frau noch die erste Lieferung Eis nach Japan versandt. Qualität kennt keine Grenzen.¬

Fakten:Roggenkamp Organics AG

Postfach 2718

33257 Gütersloh

Tel.: 05245 92979-0

Vorstand: Sandra Janotta-Roggenkamp,

Stefan Roggenkamp

Mitarbeiter: 12

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Warten auf Wind: Im Freilager der Vestas Blades Deutschland GmbH warten 44 Meter lange Rotorblätter auf ihre Auslieferung. Das Werk setzt als Neuerung für den

Transport Lastschiffe ein, von denen eines so viel transportieren kann wie 24 LKWs. Denn Wind rechnet sich. Die Internationale Energie-Agentur schätzt,

dass sich bis zum Jahr 2020 die Kapazität der weltweiten Windenergieanlagen auf gut 350 Gigawatt mehr als verdoppeln wird. Das entspräche dann

der Leistung von fast 350 Kernkraftwerken. Foto

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Rubrik12 agribizz 1_09 // Rentenbank Magazin Ansichtssache

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Im Gespräch

Das Handelsblatt hat Sie vor Kurzem als Deutschlands entspanntesten Banker bezeich-net. Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie das gelesen haben? (lacht) ... Nicht alles, was in der Zeitung steht, stimmt. Nein!, das war sicher eine positive Bericht-erstattung und sie hat uns auch gefreut. Auf der anderen Seite reflektiert die Überschrift nicht die Sorgen, die auch wir haben als großer Refinanzierer im internationalen Bankenmarkt. Die unterschied-lichen staatlichen Rettungsschirme haben die Situ-ation sicherlich etwas normalisiert. Aber keinesfalls so entspannt, wie es die Überschrift vermuten lässt. Trotzdem habe ich das als persönliches Kompli-ment genommen und mich gefreut.

Die Geschäftszahlen der Rentenbank erwecken den Eindruck, dass Sie ganz gut durch die Krise gekommen sind. Woran liegt das? Der Erfolg hat immer viele Gründe. Ein wesent-licher Unterschied ist sicherlich, dass wir der Versuchung widerstanden haben, in Papiere zu investieren, die wir nicht voll umfänglich verstan-den haben. Wir tätigen nur Investitionen, die wir in unserem System modellieren und auch täglich bewerten können. Das hat dazu geführt, dass wir die Exzesse mit hoch strukturierten und gehebelten

Produkten nicht mitgemacht haben. Das hat das Schlimmste verhindert. Außerdem fahren wir eine sehr umsichtige Risikopolitik. Die Eigenkapital-aufnahme unseres Hauses ist limitiert. Uns kommt es vor allem darauf an, unsere Ressourcen nachhal-tig und umsichtig zu bewirtschaften. Das hat sich positiv bemerkbar gemacht. Und am Ende haben wir sicher auch ein bisschen Glück gehabt.

Spiegelt sich in dieser Geschäftsphilosophie auch das Bild des eher in Finanzdingen konser-vativ aufgestellten Landwirtes wider? Oder ist das zu weit hergeholt?Das ist eine naheliegende sympathische Brücke, die wir im Sinne der Nachhaltigkeit gerne gehen und sagen: Vernünftig gemanagte Landwirtschaft ist au-ßerordentlich nachhaltig und auf Generationen hin angelegt. Das würden wir natürlich auch für uns geltend machen. Im 60. Jahr der Wiederbegrün-dung können wir zwei Generationen erfolgreichen Wirtschaftens für uns geltend machen. Ansonsten ist Banking natürlich ein anderes Business als das Agribusiness. Logisch!

Das begehrte Dreifach-A-Rating macht die Ren-tenbank zu einer der sichersten Banken. Was be-deutet so ein Rating in unsicheren Zeiten?

Eine Erfolgsgeschichte im Rücken,den Blick nach vorn gerichtet

„Wir wollen Zukunft gestalten“ – mit diesem Anspruch führt Vorstandssprecher Dr. Marcus Dahmen

die Förderbank für das Agribusiness. Im Interview verrät er, warum die Rentenbank die Krise besser

überstanden hat als andere, und wohin die Reise geht.

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Von Martin Reimund und Hans Frisch (Text) und Stefan Wildhirt (Fotos)

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Gut aufgestellt: Rentenbank-Vorstandssprecher Dr. Marcus Dahmen

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Im Gespräch

Es spielt natürlich eine noch größere Rolle, ob man als sicherer Hafen angesehen wird oder nicht. Da haben wir das Glück, dass man uns nach wie vor als solchen sieht und uns sowohl kurzfristig als auch langfristig gerne Geld gibt. Insofern profitieren wir hier von dem gestiegenen Risikobewusstsein.

Die Rentenbank richtet ihren Fokus mehr und mehr auf das gesamte Agribusiness. Warum? Wir sind davon überzeugt, dass die Integration und die Verzahnung entlang der Wertschöpfungsket-te zunehmend an Bedeutung gewinnt. Man kann diesen Trend deutlich in einzelnen Segmenten se-hen. Diejenigen, die über die Wertschöpfungskette hinweg komplexe Produkte erstellen, haben selbst in Hochlohn-Standorten wie in Deutschland eine Chance, langfristig erfolgreich zu sein. Als Förder-institut mit bundesweiter Zuständigkeit sind wir in der Branche tief verwurzelt. Insofern haben wir auch für die vor- und nachgelagerten Bereiche eine spezifische Expertise und können besonders zuge-schnittene Programme anbieten.

Wie werden die Angebote und Förderprogram-me der Rentenbank in der Ernährungsindustrie aufgenommen?Die Marktdurchdringung in diesem Segment ist nicht vergleichbar mit der landwirtschaftlichen Urproduktion. Dort gehen wir von einer Markt-durchdringung von 80 Prozent aus. In der Ernäh-rungsindustrie stehen wir dagegen noch in den Startlöchern. In einzelnen Bereichen haben wir schon ganz ordentliche Erfolge. Das Thema hat für uns eine strategische Bedeutung, aber wir stehen nicht unter dem Erfolgsdruck tagesgenauer Ver-triebsziele.

Wie ist die Nachfrage nach Ihren Förderpro-grammen in der Landwirtschaft?Im Augenblick überrascht uns die Nachfrage ein wenig. Wir hatten eigentlich erwartet, dass die Investitionsnachfrage im Laufe dieses Jahres deut-

lich rückläufig sein würde. Inzwischen haben wir erheblich mehr Zusagen als geplant und auch als im Vorjahr.

Woran liegt das?Unseres Erachtens nach hat dies zwei Gründe. Zum einen wird unsere Leistung als Refinanzierer möglicherweise krisenbedingt noch stärker wahr- und in Anspruch genommen. Marktbedingt sehen wir eine sehr starke Verlagerung zu additiven Ge-schäftsfeldern. Zum Beispiel in dezentrale Energie-erzeugungsanlagen, in erneuerbare Energien wie Biogasanlagen, Fotovoltaikanlagen und und und. Eine wirklich enorme Entwicklung, die sicherlich auch durch die Novellierung des Einspeisegesetzes begünstigt wurde.

Was wären Projekte, die Sie spannend finden und gerne fördern würden? Als Förderbank haben wir den Anspruch, die Zukunft mit zu gestalten und unternehmerisch sinnvolle Konzepte zu begleiten. Ein besonderer Schwerpunkt liegt für uns seit jeher in der Unter-stützung kleiner und mittlerer Unternehmen, aber ich sehe angesichts der aktuellen Herausforderun-gen auch ein wachsendes Potenzial bei der Förde-rung großer Betriebsformen, zum Beispiel bei der Konsolidierung in der Molkereiindustrie. Im Inte-resse der Branche müssen wir auch hier attraktive Lösungen suchen.

Den Banken wird ja eine große Zurückhaltung nachgesagt bei der Vergabe von Krediten. Gilt das auch für das Agribusiness?Wie gesagt, wir werden zurzeit überrannt. Das deckt sich nicht mit dem, was wir täglich in den Zeitun-gen lesen. Deswegen haben wir unsere Kunden be-fragt. Das Ergebnis der repräsentativen Befragung unter 1.800 Landwirten: 94 Prozent beurteilen die Finanzierungsbedingungen mindestens gleich gut oder sogar besser als vor der Krise. Lediglich sechs Prozent fanden, dass die Kreditvergabe schwieri-

16 agribizz 1_09 // Rentenbank Magazin

„Unsere Leistung als Refinanzierer

wird möglicherweise krisenbedingt noch

stärker wahr- und in Anspruch genommen.“

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17

ger geworden sei. Es gab nicht einmal die Aussage „Ich bekomme überhaupt keinen Kredit mehr“. Sprich, es gibt keine Kreditklemme, nur der Preis ist gestiegen. Das ist aber im konjunkturellen Ab-schwung nicht überraschend. Manche Hausbank muss heute mit anderen Risikokosten rechnen als in den vier zurückliegenden Boomjahren der Land-wirtschaft.

Haben Sie den Eindruck, dass sich die Landwir-te und die Banken schon ausreichend auf die zu-nehmend schwankungsreichere Entwicklung an den Agrarrohstoffmärkten eingestellt haben? Ich glaube, da liegt sehr, sehr viel Arbeit vor allen Beteiligten. Die Intensität der Preisschwankungen hat alle überrascht. Auch wenn die Theorie uns sagt, dass gerade Lebensmittel preissensitive Güter sind, die sehr stark auf Angebotsausweitung oder Verknappung reagieren. Darauf die richtigen Stra-tegien zu finden ist nicht so einfach. Es gibt ein-zelne Betriebsformen wie die schweinehaltenden Betriebe. Sie leben im sogenannten Schweinezyklus und haben gelernt damit umzugehen. Für andere in bislang hoch regulierten Märkten kommt das jetzt als Managementaufgabe völlig neu auf sie zu. Das ist letztlich auch eine Herausforderung, die sich an Banken und vielleicht sogar an Versicherungen richtet, hier zusätzliche Absicherungsinstrumente zu bieten.

Rohstoffe sind ja im vergangenen Jahr immer mehr und mehr zu Anlage- und Spekulationsob-jekten geworden. Bereitet Ihnen das Sorgen? Zunächst einmal ist es ja an sich positiv, wenn auch branchenfremde Investoren in die Märkte gehen. Sie tun das üblicherweise, wenn sie sich eine Wert-steigerung erhoffen. Also wäre das ein positives Si-gnal. Es kommt nur dann zu Verzerrungen, wenn der Zugang zu den Märkten gestört ist und das freie Spiel der Kräfte nicht mehr funktioniert. Da ist na-türlich die Wettbewerbspolitik gefordert. Kurzum, mir ist nicht bange um den Zufluss außenstehender

Investoren, da das grundsätzlich die Marktliquidi-tät und Markttransparenz erhöht.

Einige Hausbanken haben sich mit speziellen Kompetenzzentren schon sehr professionell auf die Zielgruppe Landwirte eingestellt. Andere haben da noch Nachholbedarf. Wo müssten Banken ansetzen, um die Geschäftsbeziehung mit den Landwirten zu verbessern?Jede Branche wünscht sich auf der Verhandlungs-seite der Bank jemanden, der das eigene Geschäft so gut wie möglich versteht. Das bleibt aber immer ein natürliches Spannungsfeld, weil der Banker eben nicht der Branchenmanager ist. Gleichwohl ist es wichtig, eine ausreichende Mindestqualifikati-on auch innerhalb der Banken sicherzustellen. Wir arbeiten zum Beispiel in diesem Kontext an einem Fortbildungsprogramm speziell für Bankberater, um hier noch einmal eine spezifische zertifizierte Ausbildung zusätzlich anzubieten.¬

Dr. Marcus Dahmen (44) ist seit 1. Oktober 2007 Vorstands-sprecher der Rentenbank. Davor war der promovierte Volkswirt bei der Deutschen Bank Leiter Öffentlicher Sektor Deutschland und Mitglied der Geschäftsleitung Firmenkunden Deutschland. Der gebürtige Mönchengladbacher ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

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Wissenswert18 agribizz 1_09 // Rentenbank Magazin

Im Prinzip kommt die Technologie für alle viehhaltenden Betriebe in Frage, bei denen ein be-stimmtes Güllevolumen anfällt, ob aus der Zucht von Kühen, Schweinen oder auch Hühnern. Au-ßerdem sollte der Betrieb Ackerflächen für den Anbau der Energiepflanzen haben, die neben der Gülle als Rohstoff benötigt werden. „Ein Erfah-rungswert ist, dass Sie für eine Biogasanlage mit 150 Kilowatt elektrischer Leistung 110 Kühe und 65 Hektar Mais benötigen“, sagt Andrea Horbelt, die Sprecherin des Fachverbandes Biogas. „Bei Schweinen liegt die Anzahl der Tiere entsprechend höher. Acht Schweine produzieren so viel Gülle wie eine Kuh.“

Derzeit sind in Deutschland knapp über 4.000 Biogasanlagen in Betrieb, die meisten mit einer Leistung zwischen 70 und 500 kW. Mit ihrer Ge-samtleistung von über 1,5 Gigawatt spielen Bio-gasanlagen im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien zwar eine eher kleine Rolle (die Leistung der Windräder in Deutschland liegt bei 24 Giga-watt). Doch die Tendenz ist steigend.

„Viele Landwirte stehen in den Startlöchern“, sagt Andrea Horbelt. „Gerade viehhaltende Betrie-be überlegen schon länger, Biogasanlagen zu bau-en, aber es hatte sich bisher nicht gerechnet.“ Mit der Einführung des Güllebonus Anfang des Jahres hat sich das geändert. Wer in seiner Anlage Substrat mit einem Anteil von mindestens 30 Prozent Gülle und Festmist vergärt, erhält bei einer elektrischen Leistung bis 150 kW einen Bonus von 4 Cent pro Kilowattstunde. Auch Betreiber größerer Anlagen erhalten den Zuschlag für die ersten 150 kW Leis-tung. Für Strom, der zusätzlich produziert wird, beträgt der Güllebonus bis 500 kW einen Cent pro Kilowattstunde.

Das Segment der kleineren Anlagen ist dadurch

für Betreiber und Banken gleichermaßen interes-sant geworden. Die Zahl der Neuanlagen steigt trotz Finanzkrise. Horbelt schätzt, dass zwischen Januar und Juni 2009 rund 200 Anlagen gebaut wurden. Zwischen September 2007 und Septem-ber 2008 – in einem Jahr mit schlechter Maisernte und hohen Preisen – waren es insgesamt nur 180 gewesen. Für die Zukunft schätzt der Fachverband Biogas die Aussichten positiv ein. „Die Banken werden im Zweifelsfall lieber Projekte mit erneuer-baren Energien finanzieren, weil das eine Investiti-on in die Zukunft ist“, sagt Horbelt.

Bereicherung des Energiemix2007 deckte die Nutzung von Biomasse in Deutsch-land 3,9 % des Stromverbrauchs und 6,1 % des Wärmebedarfs. Ein großer Teil davon entfällt auf private Holzheizungen, doch auch Biogasanlagen tragen ihren Anteil bei. Die Nutzung erneuerba-rer Energien genießt in der Bevölkerung hohe Ak-zeptanz und soll nach dem Willen der Politik in den nächsten Jahren deutlich ausgebaut werden. Langfristig sollen erneuerbare Energien die Abhän-gigkeit von importierten fossilen Rohstoffen ver-ringern und die Einhaltung der Klimaschutzziele sichern.

Bei der Nutzung von Gülle greifen wirtschaft-licher und ökologischer Nutzen ineinander. Das bei der Güllelagerung entstehende Methan ent-weicht nicht in die Atmosphäre, sondern wird zur Energiegewinnung genutzt. Das ist ein Vorteil für den Klimaschutz. Vergorene Gülle ist zudem ein besserer Dünger als unvergorene, weil ihre Nähr-stoffe leichter zu den Pflanzen gelangen. Dadurch spart der Landwirt synthetischen Dünger, der mit hohem Energie- und Rohstoffaufwand hergestellt wird. Und nicht zuletzt ist die Geruchsentwicklung

Biogas: Mit der Gülle ins Glück?

Es ist ein bisschen so, als würde man auf dem eigenen Grundstück unvermutet Öl finden.

Vielleicht nicht viel, aber genug, dass sich die Förderung lohnt. Der Rohstoff Gülle entsteht bei

Viehbauern schon immer unter dem eigenen Stalldach.

Von Dr. Martin Kaluza

inter_netwww.biogas.org

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beim Düngen mit den Gärresten der Gülle gerin-ger. Allerdings ist die Wirtschaftlichkeitsrechnung für eine Biogasanlage komplex. Für eine Foto-voltaikanlage beispielsweise ist relativ leicht zu er-rechnen, an welchen Standorten sich eine Anlage welcher Größe rentiert. Beim Biogas gilt es neben Kapazität und Investitionskosten der eigentlichen Anlage die Verfügbarkeit und den Preis des Subst-rats abzuschätzen. Zwar ist mit der Gülle ein wich-tiger Rohstoff am Hof vorhanden, doch bei der rei-nen Güllevergärung ist die Gasausbeute so gering, dass in der Regel Mais und Grasschnitt minderer Qualität zugegeben werden. Da die meisten Land-

wirte zumindest einen Teil des Bedarfs einkaufen müssen, wirken sich Ernte- und Preisschwankun-gen auf die Wirtschaftlichkeit aus. Zudem sollten potenzielle Betreiber bedenken, dass bei den Vergü-tungen, die für zwanzig Jahre feststehen, kein Infla-tionsausgleich vorgesehen ist. Um eine individuelle Berechnung wird also kein angehender Energie-wirt herumkommen. Neben einem tragfähigen wirtschaftlichen Konzept ist den Banken zudem die Persönlichkeit des Betreibers wichtig: Er sollte seinen Viehbetrieb gewinnbringend geführt haben. Da die Technik einer Biogasanlage sensibel ist, soll-te er zudem möglichst technikaffin sein.¬

Wie sehen Sie die Entwicklung des Biogasge-schäfts?Wir erleben nicht den ersten Biogasboom. Bei der Einführung des EEG im Jahr 2000 wurden vie-le Anlagen gebaut. Einige Banken haben damals weniger gute Erfahrungen gemacht, weil die Tech-nologie noch in den Kinderschuhen steckte. In-zwischen hat sich die Branche stark professionali-siert. Viele Banken sehen das und vertrauen dem Markt.

Die Wirtschaftlichkeitsrechnung von Biogas-anlagen gilt als komplex. Was bedeutet das aus Sicht einer Bank?Sie muss sich mit der Materie gut auskennen. Es

sollten auf jeden Fall Erfahrungswerte im techni-schen Bereich standardisiert vorliegen. Eine Bank mit weniger Erfahrungen in der Finanzierung von Biogasanlagen kann etwa auf die Berater der Land-wirtschaftskammern oder -ämter zurückgreifen.

In welchen Fällen ist Vorsicht geboten?Mit Biogas kann man einem gesunden Betrieb ein zweites Standbein verschaffen. Doch man kann da-mit keinen Betrieb retten, der ins Straucheln ge-raten ist. Die Investitionen sind beträchtlich, bei einer Hofbiogasanlage mit 190 kW betragen sie bis zu eine Million Euro. Deshalb sollte der Betriebs-leiter seine Qualifikation in der Landwirtschaft be-reits bewiesen haben.

„Die Branche hat sich professionalisiert“ Interview mit Dr. Christian Bock von der Rentenbank

Effiziente Rinder: Eine Kuh produziert so viel Gülle wie acht Schweine.

Page 20: agribizz

Köpfe

Einlauf

Biogasanlage

landwirtschaftlicher Betrieb

Stromnetz

Auslauf (biologischer Dünger)

Bank-berater

Wärmeenergie

Netzwerk Biogasbranche

Name: Manfred Wilken

Alter: 41

Aufgabe: Betriebsleiter der Biogasanlage im

Betrieb Anke Bremer

Was treibt ihn an? „An Biogas hat uns gereizt, dass es eine

anspruchsvolle Aufgabe ist. Mit unseren Block-

heizkraftwerken haben wir in den letzten zwei

Jahren einen Volllastbetrieb von 98 Prozent

geschafft.“

Knapp 500 Kühe zählt der Milchhof von Anke und Onno Bremer in Kükenmoor bei Bremen. Manfred Wilken ist hier vor allem für die 2006 gebaute Biogasanlage zuständig. Betrieben mit Gülle und Mist aus dem eigenen Unternehmen, erzeugen zwei Block-heizkraftwerke eine elektrische Leistung von 500 kW. Vergoren werden außerdem 100 ha Mais von eigenen Feldern und aus lang-fristigen Verträgen mit Nachbarn.

Durch die Einführung des Güllebonus wurde die Anlage, die sich ohnehin bereits lohnte, noch rentabler.

Für die Finanzierung suchte sich der Betrieb die Oldenburgi-schen Landesbank AG (OLB) als überregionale Bank mit variab-len Darlehenslaufzeiten und Know-how. Auch nach Fertigstellung der Anlage bekommt der Betrieb fachliches Feedback. „Für uns ist es letztlich eine Sicherheit, von der Bank regelmäßig zu hören, ob und was wir gerade richtig machen“, sagt Wilken. „Außerdem war uns wichtig, dass die Bank es nicht bei der Biogasanlage belässt und für Folgeinvestitionen offen ist, zum Beispiel bei einer künf-tigen Wärmenutzung.“

Folkert Onken ist bei der Oldenburgischen Landesbank AG der Spezialist für Biogasanlagen. Um die Wirtschaftlichkeit einer An-lage einschätzen zu können, hält er sich regelmäßig mit Besuchen von Weiterbildungen auf dem aktuellen Stand. Zudem informiert Folkert Onken sich auf Fachmessen über die Anlagen neuer Pro-duzenten. Mit vielen Anlagenherstellern hat er regelmäßigen Kon-takt und hält auch auf deren Schulungen eigene Vorträge.

Derzeit landen vor allem Finanzierungsanträge für kleinere An-lagen zwischen 190 und 250 kW Leistung auf dem Schreibtisch von Folkert Onken. Auch Anträge mit 500 kW Leistung sind eine gängige Größe. „Durch die Einführung des Güllebonus sind es vor allem Betriebe mit Tierhaltung, die sich für eine Finanzierung in-teressieren“, erklärt Onken. Rund die Hälfte der Anträge wird von Zusammenschlüssen mindestens zweier Landwirte gestellt.

In der Einschätzung, ob sich ein Projekt rechnet, achtet er neben der Anlagentechnik vor allem auf die Substratversorgung und die Sachkenntnis des Antragstellers. „Oft ist es der Landwirt selbst, der die Anlage bedienen wird. Dieser muss sich mit der Materie auseinandergesetzt haben“, sagt Onken. Bei der Versorgung mit Substrat – also der Biomasse, die vergoren wird – ist es von Vorteil, wenn ein möglichst hoher Anteil vom eigenen Hof kommt. „Er-gibt sich dann auch noch eine Möglichkeit der Wärmenutzung, ist das optimal“, betont Folkert Onken.

Der Branchenverband Biogas schätzt, dass allein 2009 in Deutschland knapp 800 neue Anlagen gebaut werden.

Für Landwirte, Banken und Anlagenbauer ist Biogas ein Geschäft mit Potenzial und langfristig sicheren Einnahmen.

Was erwarten die Beteiligten voneinander und wie funktioniert die Zusammenarbeit? Wir haben bei einem Betreiber,

seiner Bank und seinem Anlagenbauer nachgefragt.

20 agribizz 1_09 // Rentenbank Magazin

inter_netwww.unendlich-viel-energie.de/de/biomasse/biogas.html

www.bmu.de/erneuerbare_energien/downloads/doc/42090.php

Page 21: agribizz

21

Einlauf

Biogasanlage

landwirtschaftlicher Betrieb

Stromnetz

Auslauf (biologischer Dünger)

Bank-berater

Wärmeenergie

Netzwerk Biogasbranche

Name: Kilian Bürger

Alter: 28

Aufgabe: Biogas Nord, Vertrieb

Was treibt ihn an? „Ich komme aus einem landwirtschaftlichen

Betrieb. Biogas passt in die Zeit, und es passt

in die landwirtschaftlichen Kreisläufe – ob

unter dem Gesichtspunkt der Energie, des

Umweltschutzes oder der Düngung.“

Name: Folkert Onken

Alter: 33

Aufgabe: Oldenburgische Landesbank AG (OLB),

Fachberater für erneuerbare Energien

Was treibt ihn an? „Das Thema ,Biogas‘ impliziert ein großes Potenzial.

Derzeit entstehen viele neue Ideen. Wir lernen mit

jedem Projekt, das die Landwirte bei uns anfragen.“

Kilian Bürger arbeitet im Vertrieb des Bielefelder Anlagenbauers Biogas Nord. 120 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen und hat seit seiner Gründung vor neun Jahren bereits 200 Biogasan-lagen gebaut. Eine davon ist die des Betriebs Anke Bremer. Wie die meisten Interessenten hatte auch Manfred Wilken vom Betrieb Anke Bremer bereits sehr konkrete Vorstellungen, welche Anlage zu seinem Hof passt. „In der deutschen Biogasbranche ist in den letzten Jahren ein gutes Netzwerk von Beratern gewachsen“, sagt Bürger. „Außerdem sind Biogasanlagen inzwischen so weit verbrei-tet, dass sich die Landwirte bei Betrieben in der Nachbarschaft kundig machen.“

Die Kunden von Biogas Nord sind städtische Energieversorger und Landwirte vor allem in Deutschland, jedoch auch in Italien, Spanien oder den USA. Am gängigsten sind Anlagen mit einer Größe von 500 kW. Durch die EEG-Novelle gehen inzwischen jedoch deutlich mehr Bestellungen für eine Leistung zwischen 190 und 250 kW ein.

Auch bei den Finanzierern hat Bürger einen Trend beobachtet: „Viele Banken haben Know-how aufgebaut und können Projekte sehr gut einschätzen. Das hat dazu geführt, dass die Qualität der Anlagen und Konzepte sich verbessert hat, weil die weniger geeig-neten nicht mehr finanziert werden.“ Eine Abkehr in der Biogasfi-nanzierung hat Bürger bei den Banken trotz Finanzkrise nicht be-obachtet: „Das EEG bietet für alle Seiten Sicherheit. Es gibt sonst kaum einen Geschäftszweig, in dem man mit festen Einnahmen rechnen kann.“

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Foto

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f Krü

ger

Profil22 agribizz 1_09 // Rentenbank Magazin

Name: Laxman Lokhande

Alter: zwischen 45 und 50 Jahren

Was treibt ihn an?„Ich kann mir keine bessere Arbeit vorstellen: Menschen Tag für Tag

das Essen zu bringen ist eine göttliche Tat, die mir Freude bereitet. Wir

dienen den Menschen, und das ist gut für unser Karma. Schon mein

Vater war ein Dabbawala.“

Dabbawala, Indien

Es klingt unglaublich: nur ein Lapsus bei 16 Millionen Möglich-keiten! Welche Organisation soll das schaffen? Die Dabbawalas im indischen Mumbai zum Beispiel. Seit ihnen das Forbes Magazine ein Six-Sigma-Rating für 99,999999-prozentige Zuverlässigkeit verliehen hat, sind die Lunchlieferanten vom Subkontinent die Lieblinge von Unternehmensberatern und Managementschulen. Sie alle versuchen herauszufinden, was die Dabbawalas so erfolgreich macht.

Tagtäglich liefern 5.000 Dabbawalas rund 200.000 Mittagessen minutiös und zielgenau in der Millionenstadt Mumbai aus. Seit rund 120 Jahren sind sie eine Institution in der indischen Wirtschaftskapi-tale. Morgens um 9 Uhr holen die traditionell weiß gekleideten Boten in den Vororten der Millionenstadt die von Ehefrauen und Müttern zubereiteten Gerichte ab und liefern sie per Fahrrad, Bahn und Hand-karren an deren Angehörige, die im Stadtzentrum arbeiten. Obwohl die meisten Dabbawalas Analphabeten sind, können sie die Metallbo-xen über einen einfachen Code aus Buchstaben, Ziffern und Farben eindeutig zuordnen. Nach einer drei- bis viermaligen Übergabe an an-dere Boten erreichen die Mahlzeiten in den Dabba genannten Lunch- boxen minutengenau den richtigen Empfänger.

Diese Logistik gilt bei Ökonomen als Musterbeispiel für erfolgrei-ches Supply Chain Management. Wichtig für das Gelingen ist aber vor allem der soziale Aspekt, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht. Die Dabbawalas arbeiten eng in kleinen Kooperativen von Selbststän-digen zusammen. Da sie fast alle aus sechs Dörfern im Südosten von Mumbai stammen, sind sie alle auf irgendeine Weise miteinander ver-wandt. Meist wird der Beruf von Generation zu Generation vererbt. Es gibt so gut wie keine Hierarchien und die Einkünfte werden zu gleichen Teilen geteilt. Monatlicher Verdienst: rund 100 Euro.

Eine Übertragung des Systems auf andere indische Städte hat üb-rigens nie funktioniert, ausschlaggebend sind neben der gewachse-nen Dabbawala-Gemeinschaft auch die städtebauliche Struktur von Mumbai sowie das Gemisch der vielen Ethnien in der Stadt. Deren zum Teil strenge Ernährungsregeln erlauben kaum ein Ausweichen auf Kantinenkost und Fast Food. Trotz aller Tradition prägt inzwi-schen auch die Zukunft das Geschäft der Lunchboxboten. Auf In-itiative der Dabbawala-Dachorganisation NMTBSCT wurden in-zwischen ein SMS-basiertes Ordersystem und eine eigene Website www.mydabbawala.org eingeführt.¬

Von Felix Schütze

Der Geheimcode der Dabbawalas

VLP Vile Parle (Vorort von Mumbai)

9EX12 Code des Zielorts: Express Towers, 12. Stock

3 Code des Zielbahnhofs (Churchgate Station – Nariman Point)

E Code der Absenderadresse

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Kurz vor Schluss

Querbeet

Media-TippAuf Anhieb Klassenprimus

Seit 15 Jahren zählt die Rentenbank ganz offiziell

zu den sichersten Banken der Welt. Denn damals

beschloss der Vorstand, sich von der US-amerika-

nischen Ratingagentur Standard & Poor´s bewerten

zu lassen, um an den internationalen Finanzmärk-

ten längerfristige Kapitalmarktmittel aufzunehmen.

Die mit Spannung erwartete Entscheidung fiel im

Januar 1994, auf Anhieb gab es die Bestnote AAA.

Damit konnte der Rentenbankvorstand bald darauf

in London das Euro-Medium-Term-Note-Programm

(EMTN) unterzeichnen, das es der Bank erlaubte,

Anleihen unter einheitlicher Dokumentation in allen

gängigen Währungen an den Finanzmärkten zu emittieren. In den folgenden Jahren baute

die Rentenbank ihre internationalen Aktivitäten aus, während auch andere führende Kredit-

bewertungsagenturen (Moody’s und Fitch Ratings) das dreifache A-Rating bestätigten. Die

Rentenbank gehört damit zu einer Handvoll Banken, die von allen drei namhaften Rating-

agenturen mit der Bestnote ausgezeichnet wurden.

Einmal Landwirt sein

Sie beschäftigen sich eher theoretisch

mit dem Agribusiness und würden

gerne mal die Praxis erleben? Mit dem

neuen Landwirtschafts-Simulator 2009

können Sie sich zumindest virtuell am

PC diesen Traum verwirklichen. Schlüp-

fen Sie in die Rolle eines jungen Land-

wirts und erleben Sie den vielfältigen

Alltag auf dem Land. Dabei können Sie

aus zahlreichen Maschinen und Geräten

wählen. Durch etliche Tätigkeiten, wie

etwa Felder pflügen, Saat ausfahren,

Ballen pressen und die schlussendliche

Ernte erwirtschaften Sie die finanziellen

Mittel, um Ihren Hof besser auszurüs-

ten. Ihnen stehen 7 Traktoren, 4 Mäh-

drescher sowie über 20 Gerätschaften,

wie zum Beispiel Pflüge, Sämaschinen,

Ballenpresse und Ladewagen zur Ver-

fügung. Dank der Kooperation u. a. mit

der AGCO Corporation (Fendt) steuern

Sie viele originalgetreue Gerätschaften.

Der Landwirtschafts-Simulator 2009 ist

ab sofort im Handel erhältlich.

Naturerlebnis MilchDas Allgäu hat seine Sennalpen- und Käsewege – der Pfaffenwinkel hat seit Kurzem einen Milch-

weg! Der 4,5 Kilometer lange Rundweg um die Gemeinde Rottenbuch besteht aus zehn Stationen.

Diese wecken zehn Mal Verständnis für die Arbeit der Landwirte und die Faszination für das Natur-

erlebnis Milch. An den Infopunkten dürfen die Besucher ausdrücklich alles anfassen und auspro-

bieren. Es geht ums Futter und Wasser für das liebe Vieh genauso wie um den Weg vom Kalb zur

Kuh und von der Milch zu Butter, Käse und Co. Auch zu

Ziegen und Schafen erhalten Interessierte nützliche Infor-

mationen. Zur Stärkung nach der rund zweieinhalbstün-

digen Wanderung gibt es auf der Schönegger Käsealm

würzigen Bergkäse, cremigen Heumilch-Alpkäse, ein

Glas frische Milch und viele andere Spezialitäten aus dem

Alpenvorland. Von Mai bis Oktober immer donnerstags

und im August zusätzlich dienstags jeweils um elf Uhr

kann man dort auch beim Schaukäsen zusehen. Mehr

Informationen: www.pfaffenwinkler-milchweg.de

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Für Förderkredite in Oschersleben, Plattling oder Uetersen gehen wir nach London, Tokio oder New York.

Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, da sind wir von der Rentenbank zu Hause. Wir kennen die Herausforderungen,

vor denen die Land- und Ernährungswirtschaft als eine der wichtigsten Branchen in Deutschland steht. Doch genauso

sicher bewegen wir uns auf dem Parkett der großen Finanzplätze dieser Welt. Dort nehmen wir die Mittel für unsere

Förderprogramme auf – mit anhaltendem Erfolg. Deshalb können wir sagen: Der Bulle steht uns näher als der Bär.

www.rentenbank.de

Die Förderbank für das Agribusiness

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