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AK-Hintergrund Daten und Fakten zur Erwerbstätigkeit von Frauen im Saarland 1 | 2016

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AK-HintergrundDaten und Fakten

zur Erwerbstätigkeit von Frauen

im Saarland

1 | 2016

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Inhalt

Erwerbsquoten der Frauen deutlich angestiegenUnterschiedliche Erwerbsbeteiligung nach AltersgruppenBeschäftigung: Steigt vor allem in Teilzeit und bei MinijobsPrekäre Beschäftigung im Saarland mit hoher BedeutungFrauen arbeiten vor allem im DienstleistungssektorArbeitslosenquoten von Männern und Frauen: Annähernd gleichAlleinerziehende brauchen besondere UnterstützungArmutsgefährdung älterer Frauen wächstEinkommensrückstand der Frauen ist unverändertEinkommensunterschiede in den Branchen und LeistungsgruppenÜberdurchschnittlich viele Niedriglöhnerinnen im SaarlandMaßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf:Noch deutlich unterentwickelt„Frauenbetriebe“ sind tendenziell schlechter aufgestelltFrauenförderung im engeren Sinne beinahe nicht existent

Impressum

HerausgeberArbeitskammer des SaarlandesAbteilung ÖffentlichkeitsarbeitFritz-Dobisch-Straße 6-866111 SaarbrückenTelefon 0681 4005-0Fax 0681 4005-411E-Mail: [email protected]: www.arbeitskammer.de

AutorinGertrud Schmidt

RedaktionJürgen Matheis

Layout und GrafikenStefan Hank

Februar 2016, (Datenstand: Dezember 2015)

456789

101112131415

1617

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A K - H I N T E R G R U N D | 3

AK-HintergrundGertrud Schmidt

Referatsleiterin Frauen- undGleichstellungspolitik

Frauen am Arbeitsmarkt – sind sie nun die Gewinnerinnen der vergangenen Jahre oder sind sie nicht doch noch weit entfernt von einer Gleichstellung im Erwerbsleben? Ihre Erwerbsbeteiligung ist rein quantitativ tatsächlich seit langem im Steigen begriffen; Müt-ter, die neben ihrer Familie berufstätig sind, gehören mittlerweile zum normalen Erscheinungsbild. Aber ist deswegen bereits Gleich-stellung erreicht? Um dies beantworten zu können, ist es notwen-dig, einen detaillierten Blick auf die Daten in allen Bereichen des Arbeitsmarktes und der sozialen Situation zu werfen. Dabei zeigt sich, dass es an sehr vielen Stellen Nachholbedarf für Frauen gibt, auch wegen zahlreicher Fehlentwicklungen in der Vergangenheit. Um die Situation für die Frauen zu verbessern, soll sie in dieser Pub-likation analysiert werden – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass man sich auch seitens der Politik aktuell intensiv Gedanken darüber macht, wie die Erwerbsbeteiligung der Frauen im Saarland nachhal-tig verbessert werden kann.

Daten und

Fakten zur

Erwerbstätig-

keit von Frauen

im Saarland

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die Eröffnung von Lebenschancen, aber auch für Autonomie und Selbstverwirklichung. Im langfristigen Vergleich ist diese Steigerung der Erwerbsbeteiligung durchaus bemerkens-wert.

Gleichzeitig aber liegt die Erwerbsquote der 15- bis 64-jährigen Frauen im Saarland noch immer rund 13 Prozentpunkte hinter derjenigen der Männer zurück (67,2 % zu 80,7 % im gleitenden Fünfjahresdurchschnitt 2013).

Außerdem findet sich das Saarland im Bundesländervergleich hinter Bremen und Nordrhein-Westfalen nach wie vor auf dem letzten Platz. Der Rückstand der Erwerbsquo-ten hängt unter anderem mit der jahrzehn-telangen Dominanz des industriellen Sektors zusammen. Dieser bot über lange Zeit hinweg weniger Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen und begünstigte ein männlich gepräg-tes Familienernährermodell.

Erwerbsquoten der Frauen stetig angestiegen

Die Erwerbsbeteiligung der saarländi-schen Frauen ist, genau wie die der Frauen in Deutschland insgesamt, seit Jahren stetig angestiegen. Bezahlte Erwerbsarbeit spielt für Frauen heute mehr denn je die wesentliche Rolle für die eigene Existenzsicherung, für

Erwerbsbeteiligung der saarländischen

Frauen

Daten und Fakten zur Erwerbstätigkeit von Frauen im Saarland

0 %

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

70 %

80 %

Bund/West

Saarland

201320122011201020052000199019801975

34,4 36,0

47,0

56,4

61,2

65,3 65,9 66,5 67,2

48,350,1

57,4

62,065,9

69,6 70,2 70,9 71,5

Erwerbsquote der Frauen, 15-65 Jahrein %

Gleitender Fünfjahresdurchschnitt aus dem Mikrozensus (Statistisches Amt Saarland, eigene Berechnungen) Grafik: Arbeitskammer

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Ein Blick auf dieErwerbsquotennach Altersgruppen

auch zuletzt nur noch langsam. Ein Blick auf die Erwerbsquoten nach Altersgruppen zeigt, wo diese Differenzen herkommen: In den jün geren Jahrgängen ist es aktuell so, dass die Erwerbsquoten der Frauen teilweise so-gar leicht über dem Bundesdurchschnitt lie-gen; aber spätestens ab der Altersgruppe der 30-Jährigen wird der Abstand negativ und vergrößert sich bis zu den 60-Jährigen immer weiter. Verstärkt wurde die Erwerbszurück-

haltung junger Mütter lange Jahre durch feh-lende Kinderbetreuungsmöglichkeiten und ge nerelle Schwierigkeiten im Arbeitsleben bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Rahmenbedingungen, vor allem bei der Kin-derbetreuung, werden aber langsam besser und die Erwerbsneigung steigt.

Nach wie vor spielt zudem das über lan-ge Zeit geprägte, eher traditionelle Famili-enmodell in diesem Zusammenhang eine Rol le. Aber: Auch in den höheren Altersgrup-pen, deren Erwerbsgruppen bisher immer stark hinter den bundesweiten Quoten zu-rücklagen, hat sich die Erwerbsbeteiligung der Frauen im Saarland deutlich erhöht. Bei Fortsetzung dieser Entwicklung und dem Nachwachsen der jetzt noch jüngeren Al-tersgruppen ist davon auszugehen, dass der Rückstand zum Bundesgebiet sich nach und nach „auswachsen“ wird.

Unterschiedliche Erwerbsbeteiligung nach Altersgruppen

Der Abstand der Erwerbsquoten zwischen dem Saarland und dem Bund ist im Laufe der Jahre kontinuierlich kleiner geworden – wenn

Erwerbsquoten der Frauen nach Altersgruppen 2013in %

Gleitender Fünfjahresdurchschnitt aus dem Mikrozensus (Statistisches Amt Saarland, eigene Berechnungen) Grafik: Arbeitskammer

-20 0 20 40 60 80 100

Di�erenzSaarland – Bund/West

Bund/West

Saar

65 Jahre und älter

60 – 64 Jahre

55 – 59 Jahre

50 – 54 Jahre

40 – 44 Jahre

40 – 44 Jahre

35 – 39 Jahre

30 – 34 Jahre

25 – 29 Jahre

20 – 24 Jahre

15 – 19 Jahre

15 – 64 Jahre

-0,4

1,4

1,9

-0,5

-2,6

-3,7

-5,9

-7,1

-7,8

-4,1

-2,6

-4,3

67,271,5

26,827,2

68,867,4

80,578,6

78,579,0

76,879,5

79,983,7

78,984,8

74,481,5

65,773,5

40,144,2

1,23,7

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Daten überdie tatsächliche

Beschäftigung und die verschiedenen

Beschäftigungs­formen

Beschäftigung: Steigt vor allem in Teilzeit und bei Minijobs

Erwerbsquoten allein haben nur eine be-grenz te Aussagekraft bezüglich der wirkli-chen Chancengleichheit von Männern und

Frauen am Arbeitsmarkt. Das Bild wird deut-licher, wenn die Daten über die tatsächliche Beschäftigung und die verschiedenen Be-schäftigungsformen herangezogen werden.

Mitte 2014 waren im Saarland rund 165.000 Frauen sozialversicherungspflichtig beschäftigt (Männer: 207.470). Ihre Zahl ist damit seit dem Jahr 1998 um rund 21 % ge-stiegen (Männer: +0,7 %). Rein quantitativ sind die Frauen damit die Gewinnerinnen am Arbeitsmarkt der letzten Jahre. Die genaue-re Untersuchung der Beschäftigungsformen zeigt, dass der rasante Beschäftigungsanstieg der Frauen vor allem auf die Steigerung der Teilzeitbeschäftigung zurückgeht. Diese hat sich seit 1998 fast verdoppelt, während die Zahl der Vollzeitbeschäftigten sogar deutlich zurückging. Die Gründe für den hohen An-stieg der Teilzeitarbeit bei Frauen sind vielfäl-tig. In Befragungen werden vorneweg fami-liäre und sonstige Verpflichtungen genannt, z. B. die Betreuung von Kindern und pfle-gebedürftigen Angehörigen. Rund 15 % der teil zeitbeschäftigten Frauen gaben außerdem an, keine Vollzeitbeschäftigung zu finden.1

Auffallend ist die durchschnittliche wö-chentliche Arbeitszeit von teilzeitbeschäf-tigten Frauen in Deutschland insgesamt, die mit rund 19 Stunden klar unter den Durch-schnittswerten in Europa (21) liegt.2 Häufig entspricht sie nicht den eigentlichen Arbeits-zeitwünschen der Beschäftigten. Solch kurze Arbeitszeiten bedeuten niedrige Löhne. Sie verhindern außerdem den beruflichen Auf-stieg und sorgen längerfristig für eine unzu-

reichende Altersversorgung der Frauen. Um Frauen längere Arbeitszeiten zu ermöglichen, müssen die Rahmenbedingungen für ihre Er-werbstätigkeit verbessert werden. Hier geht es neben dem Ausbau der Kinderbetreuung auch um die sozialrechtlichen und steuerli-chen Rahmenbedingungen und die Verbes-serung der Vereinbarkeit von Familie und Be-ruf in den Betrieben. Konkret zeigt sich hier immer noch ein hoher Nachholbedarf im Ar-beitsleben. Zunehmend wird die Pflege von Angehörigen zu einem weiteren kritischen Punkt, in dem Familien und vor allem Frauen Unterstützung brauchen, um ihre Erwerbstä-tigkeit fortsetzen und existenzsichernd ausge-stalten zu können.

Beschäftigung von Frauen im Saarland 2014Entwicklung 1980 – 2014

Jeweils Ende Juni. Zahlen für geringfügig entlohnte Beschäftigte liegen erst ab 1999 vor. Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit; eigene Berechnungen.Durchgehende Datenreihen wegen statistischer Umstellungen nicht möglich.Summe 2014 enthält Beschäftigte, die nicht eindeutig zu Voll- oder Teilzeit zugeordnet werden können.

0

50.000

100.000

150.000

200.000

ausschließlich geringfügig Beschäftigte

darunter Teilzeit

darunter Vollzeit

Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Frauen

201419981980

114.

053

100.

297

13.7

56

136.

112

98.4

33

37.6

79

165.

020

88.5

75

74.6

80

46.8

79

Grafik: Arbeitskammer

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Prekäre Beschäftigung von Frauen im Saarland und im Bund

Prekäre Beschäftigung im Saarland mit hoher Bedeutung

Mit in die Beschäftigungsbilanz gehören außerdem die ausschließlich geringfügig be-schäftigten Frauen: Minijobberin nen gab es Mitte 2014 im Saarland rund 46.900. Seit ihrer statistischen Erfassung ist eine hohe Be-deutung dieser Beschäftigungsform im Saar-land festzustellen. Ihre Zahl lag hierzulande sogar schon deutlich höher; seit 2007 sinkt sie langsam ab.

Der Vergleich zum Bundesgebiet (West) zeigt den höheren Anteil, den die ausschließlich im Minijob Beschäftigten an der Frauenbe-schäftigung insgesamt im Saarland haben. Den vermeintlichen Vorteilen, die diese Be-schäftigungsform den Frauen kurzfristig brin-gen mag, stehen mittelfristig viele Nachteile entgegen. Oft erweist sich der erwünschte Übergang in den regulären Arbeitsmarkt als Trugschluss, stattdessen kommt eine Art „Klebeeffekt“ im Minijob zum Tragen. Trotz

vielfacher Forderungen, Minijobs in der heuti-gen Form abzuschaffen, wurde bislang nichts an ihrer gesetzlichen Grundlage geändert. Allerdings gibt es Anzeichen dafür, dass Mi-nijobs durch die Einführung des Mindestlohns Anfang 2015 an Bedeutung verlieren werden. Mit der Verpflichtung, einen Mindestlohn von derzeit 8,50 Euro pro Stunde zu zahlen, wur-

de eine spürbare Zahl der bisherigen Minijobs in reguläre Teilzeitstellen umgewandelt. Wie weit diese Entwicklung längerfristig geht, bleibt abzuwarten.

Die Grafik wirft außerdem ein Licht auf die Lage der vollzeitbeschäftigten Frauen im Saarland. Eine Vollzeitbeschäftigung schützt noch lange nicht vor Armut, die nicht selten durch staatliche (Aufstocker-)Leistungen ab-gefedert werden muss. Mehr als 31 % der Frauen in Vollzeitbeschäftigung werden mit Niedriglöhnen bezahlt, d.h. sie verdienen brutto weniger als zwei Drittel des mittleren Lohns gemessen an Westdeutschland (2013: 2.063 Euro). Der Anteil der Niedriglöhnerin-nen ist im Saarland höher als in Westdeutsch-land. Außerdem macht der Vergleich zu den männlichen Kollegen das Ausmaß der Schief-lage noch klarer: Bei ihnen waren zum glei-chen Zeitpunkt rund 19 % von Niedriglöhnen betroffen – also deutlich weniger als bei den Frauen. Dieser Befund steht in engem Zusam-menhang mit der insgesamt großen Lohnlücke zwischen Männern und Frauen (siehe dazu Seite 12 und 13). In darüber hinausgehenden Analysen zeigt sich, dass einerseits eine hohe Qualifikation der Beschäftigten das Niedrig-

lohnrisiko absenkt. Andererseits aber sind un-ter den Niedriglöhnerinnen viele Frauen mit einer abgeschlossenen Ausbildung vertreten (Daten aus 2010 wiesen mehr als 50 % mit Ausbildung aus)3. Diese Frauen sind also in vielen Fällen unterwertig beschäftigt – ob in ihrem eigenen Beruf oder in anderen Feldern bleibt dabei offen.

Prekär beschäftigte Frauen im Saarland und Westdeutschland, 2014Anteil an allen Arbeitnehmerinnen in %

1) Anteil an sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten 2013 (ohne Auszubildende); Quelle: Entgeltstatistik der Bundesagentur für Arbeit / 2) WGR 782, Juni 2014; bezogen auf Arbeitnehmerinnen Juni 2014 / 3) Juni 2014, bezogen auf Arbeitnehmerinnen (SVB und ausschl. geB) / 4) Bezogen auf abhängige Kernerwerbstätige (ohne Auszubildende); Quelle: Mikrozensus 2013.Quellen: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Mikrozensus 2013; eigene Berechnungen Grafik: Arbeitskammer

0 5 10 15 20 25 30 35

Leiharbeitnehmerinnen 2)

Minijobberinnen (Nebenjob) 3)

Befristet Beschäftigte 4)

Minijobberinnen (ausschließlich) 3)

Vollzeit-Niedriglöhnerinnen 1)

Westdeutschland

Saarland

31,5

22,1

8,9

7,1

1,1

29,4

20,6

8,0

8,7

1,2

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verschiedensten Art. Detaillierte Analysen der Arbeitskammer zur Qualifikation der Beschäf-tigten zeigen, dass z. B. in den Verwaltungs- und Büroberufen oder auch bei den Waren- und Dienstleistungskaufleuten die An teile auch der hochqualifizierten Frauen in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind. Dies gilt genauso für die Erziehungsberufe und die Berufe im Gesundheitswesen.4

Frauen arbeiten vor allem im Dienstleistungssektor

Ein Teil der Begründung für den kontinu-ierlichen Beschäftigungsanstieg der Frauen liegt in ihrer Verteilung auf die Wirtschafts-zweige. Annähernd 60 % der Frauen waren

2014 im Dienstleistungsgewerbe beschäftigt – nur rund 19 % im Verarbeitenden Gewer-be. Beschäftigungsverluste durch Krisen der vergangenen Jahre traten in größerem Stil vor allem im Verarbeitenden und im Produzieren-den Gewerbe auf und trafen daher eher die Männer als die Frauen. Frauen profitieren von der Expansion des Dienstleistungssektors.

Innerhalb der Dienstleistungen sind Frauen mit weitem Abstand am häufigsten im Ge-sundheits- und Sozialwesen beschäftigt. Dort stellen sie rund 75 % aller Beschäftigten. Der zweitgrößte Bereich mit rund 29.000 be-schäftigten Frauen ist der Handel, in dem zu über 50 % Frauen arbeiten. Wichtige Sekto-ren sind außerdem die öffentliche Verwaltung und die Erbringung von Dienstleistungen der

Innerhalb derDienstleistungen

sind die Frauen mit weitem Abstand am

häufigsten imGesundheits­ und

Sozialwesenbeschäftigt

Anteil der Frauen an der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungnach Wirtschaftszweigen im Saarland

30.06.2014

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen.In Klammern: absolute Zahl der beschäftigten Frauen im Saarland zum Stichtag Grafik: Arbeitskammer

0 10 20 30 40 50 60 70 80

44,3

57,8

18,9

11,9

55,2

59,1

58,1

54,4

59,8

69,3

75,8Gesundheits- und Sozialwesen (43.350)

Erziehung und Unterricht (8.953)

Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung (13.568)

Erbringung von freiberufl., wissenschaftl. u. techn. Dienstleistungen (10.348)

Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (7.081)

Gastgewerbe (5.112)

Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (28.711)

Baugewerbe (2.397)

Verarbeitendes Gewerbe (18.654)

Dienstleistungen (142.329)

Alle Beschäftigten (165.018)

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von 13.000 bis rund 16.000 Personen aus.5 Diese Zahl ergibt sich aus der theoretischen Annahme, im Saarland sei die Erwerbsquote genauso hoch wie im Bundesgebiet.6

Angesichts der aktuellen Diskussion, wie der Fachkräftebedarf der Zukunft zu decken ist, ist dies eine nicht zu vernachlässigende Größenordnung. Die Frauen der Stillen Reser-ve haben häufig Probleme mit der Vereinbar-keit von Familie und Beruf, oder sie halten die Arbeitsuche nach vielen Jahren der Erwerbs-unterbrechung für aussichtslos, nicht zuletzt, weil es nach wie vor ein Arbeitsplatzdefizit im Saarland gibt. Oft ist die Ausbildung der Frau-en veraltet und es fehlen aktuelle Kenntnisse. Dies betrifft nicht nur die älteren, sondern durchaus auch die jüngeren Frauen. Hinzu kommt, dass die Arbeitsbedingungen in vie-len (Frauen-)Bereichen oft als zu schlecht an-gesehen werden, um die Widerstände eines (Wieder-) Einstiegs in den Beruf zu überwin-den. Diese Frauen zu erreichen, sie anzuspre-chen und auf ihre Möglichkeiten hinzuwei-sen, wäre ein notwendiger Schritt.

Danach braucht es ein Bündel von Unter-stützungsmaßnahmen, um eine (Wieder-)Ein-gliederung zu erleichtern. Sowohl registrierte

als auch nicht registrierte arbeitslose Frauen brauchen Informationen, kurzfristige Schu-lungen, langfristige Aus- und Weiterbildung, Unterstützung bei der Kinderbetreuung oder der Pflege.

Arbeitslosenquoten von Männern und Frauen: Annähernd gleich

Wie die Frauen rein quantitativ von der guten Arbeitsmarktlage der letzten Jahre profitieren, zeigen auch andere Kennziffern des Arbeitsmarktes. Die Zahl der arbeitslosen Frauen lag im Jahresdurchschnitt 2014 bei rund 17.000, das waren rund 45 % der im Saarland gemeldeten Arbeitslosen. Die Ar-beitslosenquoten sinken seit Jahren für beide Geschlechter. In den 90er Jahren waren die Quoten der saarländischen Frauen lange nied-riger als die der Männer.

Die Einführung der Hartz-Gesetze im Jahre 2005 brachte dann eine Umkehr in der Rei-henfolge. Mit dem Inkrafttreten des neuen Zweiten Sozialgesetzbuches und seinen Vor-schriften kam es zu einer Senkung der ver-deckten Erwerbslosigkeit der Frauen. Diese meldeten sich nun häufiger arbeitslos, ihre Arbeitslosenquote stieg merklich. Mittlerweile konnte die Arbeitslosigkeit aber wieder deut -

lich abgesenkt werden. Gleichwohl kann wei-terhin von einer beachtlichen Zahl von Frau-en in der Stillen Reserve des Arbeitsmarktes ausgegangen werden. Sie sind in der Statistik nicht als arbeitslos erfasst, obwohl sie grund-sätzlich am Erwerbsleben teilnehmen möch-ten. Schätzungen über die Stille Reserve ge-hen von einer Größenordnung dieser Gruppe

Die Arbeitslosen­quoten von Männern und Frauen imSaarland lagen zuletzt mit 7,2 % im Jahresdurchschnitt 2014 gleichauf

Arbeitslosenquoten von Männern und Frauen im Saarland und in Westdeutschlandin %

Grafik: Arbeitskammer

3

6

9

12

15

Frauen Westdeutschland

Männer Westdeutschland

Frauen Saarland

Männer Saarland

20142013201220112010200920082007200620052004200320022001200019991998199719961995

12,8

11,9

9,7

9,6

11,0

10,5

9,9

7,2

5,9

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Jahresdurchschnitte

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ergibt, ist jedoch so niedrig, dass zusätzlich SGB-II-Leistungen bezogen werden müssen. Dies hängt sicherlich auch damit zusammen, dass saarlandweit immerhin fast zwei Drittel der arbeitslosen Alleinerziehenden im SGB-II-Bezug keine abgeschlossene Berufsausbil-dung haben. Wenn man die Situation dieser Familien nachhaltig verbessern und die Frauen längerfristig ins Arbeitsleben integrieren will,

sind daher dringend mehr abschlussbezogene Ausbildungs- und Umschulungsmaßnahmen notwendig.

Alleinerziehende brauchen besondere Unterstützung

Eine Personengruppe, die besonderen Hil-febedarf bei der Aufnahme einer Erwerbstä-tigkeit hat, sind die Alleinerziehenden. Der Anteil der Alleinerziehenden an allen Familien

ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen und hierzulande höher als im früheren Bun-desgebiet. Im Saarland ist derzeit jede fünfte Familie alleinerziehend. Aktuell leben saar-landweit rund 25.000 Kinder oder 18 % aller Minderjährigen mit nur einem Elternteil und zwar überwiegend mit der Mutter zusam-men.

Alleinerziehende haben im Durchschnitt eine hohe Erwerbsneigung. Im Saarland sind 75 % der alleinerziehenden Frauen mit min-derjährigen Kindern und 65 % der Mütter in Paarfamilien erwerbstätig. Sie arbeiten zudem deutlich öfter in Vollzeit (55 %) als Mütter in Paarfamilien (26 %).7 Die Gründe dafür sind vielfältig. In der Hauptsache geht es bei den Alleinerziehenden um die Existenzsicherung, die ohne eigene Erwerbstätigkeit gefährdet ist. Die Daten zeigen aber: Auch mit einer Erwerbstätigkeit sind Alleinerziehende über-durchschnittlich häufig von Hartz-IV-Leistun-gen abhängig. So ist laut Bundesagentur für Arbeit jede dritte alleinerziehende Leistungs-bezieherin erwerbstätig. Das erzielte Erwerb-seinkommen, das sich allzu oft aus Minijobs

Der Anteil derAlleinerziehenden an

allen Familien ist in den letzten Jahren

deutlich angestiegen und ist hierzulande

höher als im früheren Bundesgebiet

Alleinerziehende im Saarland

Quelle: Statistisches Amt Saarland; Mikrozensus

Anteil der Alleinerziehenden an allen Familien

Haushaltstypen (2014)

Grafik: Arbeitskammer

Lebensgemeinschaften

Alleinerziehende

Ehepaare

in %0

5

10

15

2020141996

SaarlandFrüheres Bundesgebiet

13

19

15

20

8

20

72

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höher ist als in Westdeutschland. Überdeut-lich zeigen die Quoten, wie stark sich die Ar-mutsgefährdung (auch jetzt schon) bei den älteren Frauen konzentriert. Dabei ist eine enorme Steigerung der entsprechenden Quo-te für die Saarländerinnen in den letzten zehn Jahren feststellbar (zur Berechnung wurde aus methodischen Gründen der Bundesmedi-an herangezogen).

Die Erwerbsbiografien der saarländischen Frauen verändern sich aber wie bereits gezeigt nach und nach hin zu mehr Erwerbstätigkeit. Diese Veränderungen werden aller dings nur langsam in der (eigenständigen) Altersver-sorgung sichtbar werden. Außerdem sind die bisher häufig anzutreffenden Erwerbsformen der Frauen wie geringfügige Beschäftigung und Teilzeitarbeit mit niedrigen Stundenzah-len nicht dazu geeignet, die Situation grund-legend zu verbessern. Auch die staatliche Grundsicherung ändert nur wenig an der Ar-mutsgefährdung der Frauen, denn einerseits liegen ihre Leistungen unter der statistischen Armutsgrenze und andererseits werden sie in

vielen Fällen von den Betroffenen gar nicht beantragt und abgerufen.

Armutsgefährdung älterer Frauen wächst

Die individuelle Alterssicherung setzt sich aus der gesetzlichen Rente und der Absiche-rung über die Ehe bzw. über die Hinterbliebe-nenversorgung zusammen. Hinzu kam in den letzten Jahren verstärkt die private Vorsorge. Das Rentensystem ist erwerbszentriert und knüpft an das sogenannte Normalarbeitsver-hältnis an. Dabei berücksichtigt es nur teilwei-se die häufig unterbrochenen Erwerbsbiogra-fien gerade von Frauen. Die Rentenreformen der vergangenen Jahre werden in Zukunft eine weitere Absenkung des Rentenniveaus bewirken, kombiniert mit einer stärkeren Rol-le der privaten Vorsorge, die aber längst nicht von allen geleistet werden kann. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Thema Altersarmut (wieder) zunehmend an Bedeutung. Auch im aktuellen Armuts- und Reichtumsbericht der Landesregierung aus 2015 wird auf diesen

Zusammenhang durchaus deutlicher hinge-wiesen, als dies bislang der Fall war.

Eine genauere Betrachtung macht dabei schnell klar: Altersarmut ist vor allem ein The-ma von Frauen! Zieht man zur Betrachtung der Armutsgefährdung und ihrer Quantifizie-rung die in diesem Zusammenhang gebräuch-lichen Armutgefährdungsquoten heran, so wird erkennbar, dass die Armutsgefährdung der Rentnergeneration im Saarland insgesamt

Erwerbsformen der armutsgefährdeten Frauen wie gering­fügige Beschäftigung und Teilzeitarbeitmit niedrigen Stunden zahlen sind nicht dazu geeignet,die Situationgrundlegend zu verbessern

Armutsgefährdungsquoten Älterer im Saarland und in Westdeutschland65 Jahre und älter

Grafik: Arbeitskammer

0

5

10

15

20

25

2005

2014

MännerFrauenMännerFrauen

Saarland Westdeutschland

16,1

23,6

9,7

16,5

13,3

16,9

9,4

12,6

Quelle: Statistisches Bundesamt

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Frauen in eher frauentypischen Bereichen, die oft schlecht bezahlt sind. Ferner spielen Un-terbrechungen im Erwerbsverlauf der Frauen eine Rolle, außerdem ihre hohen Teilzeitquo-ten, die meist familiär bedingt entstehen und naturgemäß die Verdienste beeinflussen. Zu-sätzlich sind Frauen noch immer deutlich sel-tener in Führungspositionen vertreten. Diese Faktoren können statistisch herausgerechnet werden. Danach bleibt in den Ergebnissen eine Differenz von ca. 7-8 % übrig, die in den Diskussionen als „unerklärbar“ bezeichnet wird.

Bei dieser Herausrechnung der Faktoren gilt es zu beachten, dass Erklärungen für die Gehaltsunterschiede noch lange keine Recht-fertigung dafür sind. Sie zeigen stattdessen einmal mehr die einseitige Aufgabenvertei-lung zwischen den Geschlechtern und deren unterschiedliche Bewertung. Hinzu kommen

im Saarland außerdem der hohe Anteil von Frauen in Minijobs und der überdurchschnitt-liche Anteil vollzeitbeschäftigter Frauen mit Niedriglöhnen. Abgesehen davon ist der ver-bleibende „unerklärliche“ Rest von 7-8 % immer noch zu hoch, um ihn ohne kritische Nachfrage und weitergehende Analysen hin-zunehmen.

Einkommensrückstand der Frauen ist unverändert

Der Einkommensrückstand der Frauen in Deutschland (der sogenannte „Gender Pay Gap“, GPG) wird seit einigen Jahren regelmä-ßig erfasst und gemessen. Trotz aller Diskussi-onen ist er annähernd unverändert geblieben. Dabei schneidet Deutschland im europawei-ten Vergleich seit langem immer sehr schlecht ab. Das Saarland liegt nach den letzten Be-rechnungen des Statistischen Bundesam-tes (auf Basis der Verdiensterhebung 2010) mit rund 24 % Verdienstabstand über dem durchschnittlichen Abstand in Deutschland, der mit 22 % veranschlagt wird. Ein Blick auf die Bundesländer zeigt außerdem große Un-terschiede zwischen den ostdeutschen und

den westdeutschen Ländern. Dieser Abstand relativiert sich aber, wenn man bedenkt, dass auch die Verdienste der Männer im Osten er-heblich niedriger als im Westen sind. Zudem arbeiten Frauen in Ostdeutschland häufiger in Vollzeit und haben einen niedrigeren Anteil geringfügig Beschäftigter als die Arbeitneh-merinnen im Westen.

In diesem Zusammenhang wird stets die Frage diskutiert, was der (unbereinigte) GPG tatsächlich aussagt, wird er doch durch ein ganzes Bündel von Ursachen begründet, die eine Vergleichbarkeit der Gehälter zumindest erschwert. Dazu gehört die Berufswahl der

Einkommens­rückstand der Frauen

in Deutschland (der sogenannte „Gender Pay Gap“, GPG) wird

seit einigen Jahren regelmäßig erfasst

und gemessen. Er ist trotz aller Diskussi­

onen annähernd un­verändert geblieben

Gender Pay Gap nach Bundesländern 2014 (unbereinigt)

Grafik: ArbeitskammerQuelle: Statistisches Bundesamt, Fortschreibung der Verdiensterhebung 2010

0 5 10 15 20 25 30

DeutschlandThüringen

Sachsen-AnhaltSachsen

Mecklenburg-VorpommernBrandenburg

BerlinSaarland

BayernBaden-Württemberg

Rheinland-PfalzHessen

Nordrhein-WestfalenBremen

NiedersachsenHamburg

Schleswig-Holstein 16

25

22

25

22

24

22

26

24

24

10

9

5

11

8

5

22

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Bruttostundenverdiensten zwischen Männern und Frauen in allen Leistungsgruppen (-17,9 %)9. Aber: Je höher die Leistungsgruppe nach Qualifikation angesiedelt ist, desto größer wird die Differenz zwischen den Verdiensten. Und dies, obwohl in den vergangenen Jahren der Anteil der höher qualifizierten, beschäf-tigten Frauen deutlich angestiegen ist. Es stellt sich daher konkret die Frage: Warum

können auch innerhalb einer Leistungsgrup-pe, die alle Beschäftigten mit gleicher Quali-fikationsanforderung zusammenfasst, die Un-terschiede so groß sein, wie dies in der LG 1 der Fall ist (rund 20 %)? Dies deutet auf eine große Streuung der Gehälter innerhalb der Gruppe mit einem eindeutigen Übergewicht für die Männer in den oberen Gehaltsseg-menten. Hinzu kommt: Bei der Betrachtung des Durchschnittswertes über die verschie-denen Branchen hinweg wird außerdem die unterschiedliche Verteilung von Männern und Frauen auf die Branchen und deren unter-schiedliche Bezahlung wirksam.

Einkommensunterschiede in den Branchen und Leistungsgruppen

Der Gender Pay Gap war 2014 je nach Branche bundesweit sehr unterschiedlich.

Am größten war er bei der „Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und tech-nischen Dienstleistungen“ (33 %), gefolgt von Banken und Versicherungen (29 %), dem Verarbeitenden Gewerbe, dem Handel sowie dem Bereich Information und Kommunika-tion (alle 26 %). Auch im Gesundheits- und Sozialwesen, wo traditionell Frauen stärker vertreten sind als Männer, waren die Verdiens-t unterschiede mit 25 % relativ hoch.8

Interessant ist auch die Analyse der Brut-tostundenverdienste von Männern und Frau-en in den verschiedenen Leistungsgruppen von Vollzeitbeschäftigten. Leistungsgruppen bezeichnen hierbei die unterschiedlichen Eingruppierungen nach Qualifikation bzw. nach den ausgeübten Tätigkeiten. Leistungs-gruppe 5 beinhaltet z. B. an- und ungelernte Beschäftigte mit einfachen Tätigkeiten, Leis-tungsgruppe 4 ebenfalls an- und ungelernte Beschäftigte, aber mit spezifischen Branchen-kenntnissen, bis hin zur Leistungsgruppe 1, in denen Führungskräfte zusammengefasst sind, die meist einen Hochschulabschluss ha-ben. Dabei zeigen sich Unterschiede in den

Je höher dieLeistungsgruppenach Qualifikation angesiedelt ist, desto größer wird dieDifferenz zwischenden Verdiensten

Bruttostundenverdienste der Vollzeitbeschäftigten im Saarland 2014Männer und Frauen, in verschiedenen Leistungsgruppen und Verdienstunterschiede

Quelle: Statistisches Amt Saarland, eigene Berechnungen, LG: Leistungsgruppen nach Qualifikation Grafik: Arbeitskammer

-25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30 35 40

Differenz in %

Frauen

Männer

LG 5

LG 4

LG 3

LG 2

LG 1

Alle

13,0911,26

21,3417,52

36,6729,08

24,9821,22

18,7015,90

17,3914,22

-17,9

-20,7

-15,1

-15,0

-18,2

-14,0

in % in €

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Überdurchschnittlich viele Niedriglöhnerinnen im Saarland

Wie schon auf Seite 7 gezeigt, ist der An-teil der saarländischen Frauen, die in Vollzeit, aber dennoch unterhalb der Niedriglohn-schwelle arbeiten, mit über 30 % relativ hoch. Auffallend ist: Innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes ist dieser Anteil der Niedriglöh-nerinnen dabei deutlich niedriger als in den eher zu den frauentypischen Bereichen gehö-renden Dienstleistungssektoren. Aber auch innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes gilt: In allen Branchen sind deutlich mehr Frauen als Männer unterhalb der Niedriglohnschwel-le beschäftigt – auch wenn Frauen innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes häufiger in den administrativen Funktionen beschäftigt sind und man daher dieses Ergebnis nicht un-bedingt erwarten würde.

Überdurchschnittlich hohe Anteile von Niedriglöhnerinnen finden sich in den als Frauendomänen geltenden Branchen Handel und Gastgewerbe, aber auch in der Arbeit-nehmerüberlassung. Analysen entsprechen-der Daten zeigen, dass Niedriglöhne außer-dem quer über die Branchen hinweg eher in Klein- und Mittelbetrieben gezahlt werden.10

In allen Branchensind deutlich mehr Frauen als Männer unter der Niedrig­

lohnschwellebeschäftigt

Niedriglohnbezieher/innen nach Branchen im Saarland 2013Anteile in % (gerundet)

Auf Basis der westdeutschen Niedriglohnschwelle, 31.12.2013; Quelle: Statistik der Bundes-agentur für Arbeit; Entwicklung der monatlichen Bruttoarbeits-entgelte von sozialversiche-rungspflichtig Vollzeitbeschäf-tigten (ohne Auszubildende)

Grafik: Arbeitskammer0 20 40 60 80 100

Frauen

Männer

Dienstleistungen insgesamt

Heime und Sozialwessen

Gesundheitswesen

Erziehung und Unterricht

Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversich.

Vermittlung, Überlassung von Arbeitskräften

Gastgewerbe

Einzelhandel (ohne Handel mit Kfz)

Produzierendes Gewerbe insgesamt

Baugewerbe

Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen

Maschinenbau

Herstellung von Metallerzeugnissen

Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln

Verarbeitendes Gewerbe

Insgesamt

Frauen

Männer

3213

265

6528

297

73

51

4916

276

4725

8272

8176

62

148

286

2515

3321

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der betrieblichen Praxis bei Maßnahmen zur konkreten Unterstützung von Beschäftigten in Elternzeit aus. Noch weniger Bedeutung im betrieblichen Alltag haben die Fragen, die mit der Pflege von Angehörigen verbunden sind. Genau dies ist ein Themenfeld, das nach allgemeiner, öffentlicher Meinung in Zukunft immer wichtiger wird. Die Zahl der Pflegebe-dürftigen steigt absehbar weiter und die Zahl der entsprechenden Plätze in Pflegeeinrich-tungen wird nicht ausreichen. Der Bedarf, die Pflege der Angehörigen mit der eigenen Be-rufstätigkeit zu vereinbaren, wird also weiter ansteigen. Erfahrungsberichte aus der Praxis zeigen, dass das Problembewusstsein in den Personalabteilungen zu diesen Fragen häu-fig nicht genug ausgeprägt ist. Gleichzeitig ist das Thema in den Belegschaften mit einer hohen Tabugrenze belegt. Die Pflege von An-gehörigen wollen die Beschäftigten so lange wie möglich als Privatsache sehen und als sol-

che für sich regeln – dabei gibt es in der be-trieblichen Praxis sehr viele Möglichkeiten der Unterstützung.

Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Noch deutlich unterentwickelt

Wie gut Frauen im Erwerbsleben integriert sind bzw. wie die Familien ihr Leben mit dem Beruf organisieren können, hängt in entschei-dendem Maße davon ab, wie Betriebe und Verwaltungen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen. Die Arbeitskammer hat im „AK-Betriebsbarometer 2015“, einer repräsentativen Befragung von betrieblichen Interessenvertretungen, die Frage gestellt, wel che Bedeutung konkrete Maßnahmen zur Verbesserung dieser Vereinbarkeit in den Be-trieben haben. Über alle Einzelfragen hinweg wurden diese Fragen von Seiten der Personal-

räte durchgehend positiver beantwortet als von den Betriebsräten. Der öffentliche Dienst ist in puncto Vereinbarkeit an vielen Stellen deutlich besser organisiert, wenngleich es auch hier noch den einen oder anderen Nach-holbedarf gibt.

Das Diagramm verdeutlicht, dass konkrete Unterstützung bei der Betreuung von Kin-dern trotz aller öffentlicher Bekenntnisse nur in rund 19 % der befragten Fälle bedeutsam ist. In 40 % der Betriebe spielt diese Frage gar keine Rolle, in knapp 42 % ist sie eher weniger wichtig. Ganz ähnlich sieht es in

Die Arbeitskammer hat im „AK­Betriebs­barometer 2015“, einer Befragung betrieblicher Interes­senvertretungen, die Frage gestellt, welche Bedeutung konkre­te Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den Betrieben haben

Welche praktische Bedeutung haben die folgenden Maßnahmenin Ihrem Betrieb/Ihrer Dienststelle?

Quelle: AK-Betriebsbarometer 2015 Grafik: Arbeitskammer

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

sehr groß

groß

weniger groß

gar keine

Unterstützung vonp�egenden

Arbeitnehmer/innen

Förderung vonArbeitnehmer/innen

in Elternzeit

Unterstützungbei Kinderbetreuung 40 42 15 4

42 41 15 2

48 38 11 3

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Offen bleibt bei dieser eher zusammen-fassenden Frage an die Betriebs- und Per-sonalräte, wie sehr diese ins Detail gehend verstanden wurde, umfasst eine gelungene Vereinbarkeit doch die verschiedensten The-men wie Arbeitszeitregelungen, die allgemei-

ne Belastungssituation und das Betriebsklima. Klar aber wird, dass gerade in den Bereichen, in denen Frauen überwiegend beschäftigt sind (also in den Dienstleistungsbetrieben) noch viele Fragen zur Vereinbarkeit offen sind. Dies passt zu den Erkenntnissen aus an-deren Zusammenhängen, dass gerade in den von Frauen sehr häufig besetzten Dienstleis-tungen (Handel, Gastgewerbe aber auch das Gesundheitswesen) die Arbeitsbedingungen, zu denen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehört, häufig sehr belastend und ver-besserungswürdig sind.

„Frauenbetriebe“ sind tendenziell schlechter aufgestellt

Wie bereits im Jahresbericht der Arbeits-kammer an die Landesregierung aus dem Jahre 2012 gezeigt, kann es sinnvoll sein, die Betriebe danach zu unterscheiden, ob sie eher „frauendominiert“ (mehr als 70 % der Belegschaft sind weiblich), gemischt oder eher „männerdominiert“ (mehr als 70 % sind männlich) sind.

Bei dieser Kategorisierung der befragten Belegschaften im Betriebsbarometer zeigen sich Ergebnisse, die spontan durchaus über-raschen. Weniger noch in den Betrieben mit gemischten Belegschaften als in den übrigen Betrieben.

Bei den gemischten Betrieben spielen die Fragen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei rund 57 % der Befragten eine mindestens wichtige Rolle. In diesem Segment finden sich viele Dienststellen des öffentlichen Sektors, außerdem die Finanz- und Versicherungs-dienstleistungen. Betrachtet man aber die üb-rigen Wirtschaftszweige, so zeigt sich, dass in den männerdominierten Bereichen in fast 40 % der Fälle Vereinbarkeit wichtig bis sehr wichtig ist. In den typischen Frauendomänen dagegen sind die Themen nur bei rund 30 % der Befragten relevant.

Bei den gemischten Betrieben spielen die

Fragen zur Vereinbar­keit von Familien

und Beruf bei fast60 % der Befragten

eine „mindestens wichtige“ Rolle

Wie schätzen Sie gegenwärtig die Arbeitsbedingungen ein?speziell: Vereinbarkeit Familie und Beruf

in %

Grafik: Arbeitskammer

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

sehr gut

gut

befriedigend

schlecht

sehr schlechtMännerdominierteBetriebe/Dienststellen

(0 % bis 30 % Frauenanteil)

GemischteBetriebe/Dienststellen

(30 % bis 70 % Frauenanteil)

FrauendominierteBetriebe/Dienststellen

(70 % bis 100 % Frauenanteil)5 24 42 25 4

2 13 28 42 15

7 26 24 33 10

Quelle: AK-Betriebsbarometer 2015

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gen, die noch sehr häufig zu finden sind. Die Frage, ob es in den Betrieben konkrete Maß-nahmen zur besseren Gleichstellung bzw. gar eine Art Frauenförderung gibt (z.B. durch ge-zielte Weiterbildung von angelernten Beschäf-tigten), beantworten lediglich die gemischten Betriebe in nennenswertem Ausmaß mit Zu-stimmung. Hier wird erneut die Bedeutung des öffentlichen Dienstes deutlich, der durch seine gezielte Frauenförderung und Verpflich-tung zur besseren Gleichstellung durch das saarländische Landesgleichstellungsgesetz an-gehalten ist, bestimmte Maßnahmen umzu-setzen.

In den männerdominierten Betrieben ist der Anteil derjenigen, die eine Dienstver-einbarung mit dem Ziel verbesserter Gleich-

stellung wenigstens planen, mit 9 % nicht wirklich nennenswert – aber noch niedriger ist dieser Anteil bei den Betrieben, die über-wiegend Frauen beschäftigen.

Es wird offensichtlich kein besonderer För-derungsbedarf der größten Personengruppe in den Betrieben ausgemacht. Dabei sind auch in den „Frauenbranchen“ die Führungs-positionen allzu oft vorwiegend von Männern besetzt (z.B. Sozialer Bereich, Gesundheits- und Erziehungswesen).

Frauenförderung im engeren Sinne beinahe nicht existent

Zur Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit trägt nicht nur eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei, sondern eine ins-gesamt bessere Gleichstellung der Geschlech-ter im Erwerbsleben und in der Gesellschaft. Stichworte hierzu sind die Gehaltsunterschie-de, die es zwischen Männern und Frauen immer noch gibt, die erschwerten oder feh-lenden Aufstiegschancen von Frauen in den Betrieben und die indirekten Diskriminierun-

Es wirdoffensichtlichkein besondererFörderungsbedarfder größtenPersonengruppein den frauen­dominierten Betriebenausgemacht

Wozu sind Betriebs- oder Dienstvereinbarungen (BV; DV) abgeschlossen bzw. geplant?speziell: Frauenförderung, Gleichstellung

in %

Grafik: ArbeitskammerQuelle: AK-Betriebsbarometer 2015

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

BV/DV kürzlich abgeschlossen, keine Planung BV/DV abgeschlossen, keine Planung

keine BV/DV; aber geplant keine BV/DV, keine Planung

Männerdominierte Betriebe/Dienststellen(0 % bis 30 % Frauenanteil)

Gemischte Betriebe/Dienststellen(mehr als 30 % bis 70 % Frauenanteil)

Frauendominierte Betriebe/Dienststellen(mehr als 70 % bis 100 % Frauenanteil)

87 4 7

99 2

1

91 9

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1 IAB-Kurzbericht Nr. 4/2015.2 Schreiber, S.: „Erwerbstätigkeit in Deutschland

und im europäischen Vergleich“,

IMK-Report 103, Januar 2015.3 Bericht der Arbeitskammer an die

Regierung des Saarlandes 2012, S. 100 ff.4 Bericht der Arbeitskammer an die

Regierung des Saarlandes 2012, S. 86 ff.5 Bericht der Arbeitskammer an die

Regierung des Saarlandes 2012, S. 119 ff. und

IHK-Positionspapier zum Thema „Erhöhung der

Frauenerwerbs tätigkeit“: „Frauenerwerbsquoten

im nationalen und internationalen Vergleich“,

Herbst 2015.6 Bei dieser theoretischen Annahme wird die Stille

Reserve, die es auch auf Bundesebene gibt, nicht

berücksichtigt.7 Mikrozensus 2014 plus Sonderauswertungen.8 „Qualität der Arbeit. Geld verdienen und was

sonst noch zählt“, Statistisches Bundesamt 2015.9 Der Unterschied der Lohndifferenz zum Gender

Pay Gap ergibt sich durch unterschiedliche

Erhebungsmethoden.10 Bericht der Arbeitskammer an die

Regierung des Saarlandes 2012, S. 100 ff.

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Nützliche Informationen bieten die Broschüren und Info- Falt blätter der Arbeitskammer. Die Themenpalette reicht vom Arbeitsrecht bis zur Lohnsteuer, vom Schwerbehindertenrecht bis zum Arbeitsschutz, vom Kindergeld bis zur Teilzeitbeschäftigung.

Mitglieder der Arbeitskammer erhalten die AK-Broschüren kos tenlos zugesandt. Die AK-Faltblätter gibt es auch im Internet zum Download.

Arbeitskammer des Saarlandes Fritz-Dobisch-Straße 22 | 66111 Saarbrücken Broschürentelefon: 0681 4005-444 [email protected] | www.arbeitskammer.de/publikationen

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