Aktivierende Therapien bei Parkinson-Syndromen 3. Auflage · Vorwort Ansätze, Parkinson-Symptome...

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Andres O. Ceballos-Baumann | Georg EbersbachAktivierende Therapien bei Parkinson-Syndromen 3. Auflage ISBN: 9783132411869

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VorwortAnsätze, Parkinson-Symptome durch aktivierendeTherapien zu bessern, reichen bis in das 19. Jahr-hundert zurück. Bei vielen Betroffenen mit idio-pathischem Parkinson-Syndrom (IPS) können diefür die Lebensqualität wesentlichen Funktionenwie Gleichgewicht, Gehen, Sprechen und Schlu-cken, nur unzureichend durch die moderne Phar-makotherapie und die tiefe Hirnstimulation gebes-sert werden. Begrenzte Wirksamkeit und gele-gentlich auch unzureichende Verträglichkeit derpharmakologischen und operativen Therapie ma-chen ein integriertes Behandlungskonzept erfor-derlich, bei dem aktivierende Übungsverfahrenwie Logopädie, Ergotherapie, Musiktherapie,Sporttherapie sowie verschiedene Formen physi-kalischer Therapien und psychosozialer Interven-tionen eine wichtige Rolle spielen.

Während der aktivierenden Therapie bei Parkin-son in den Behandlungspräferenzen von Medizi-nern und Betroffenen schon lange eine wichtigePosition zukommt, hat sich in den letzten Jahrenauch die wissenschaftliche Basis durch methodischanspruchsvolle klinische und grundlagenorientier-te Studien verbessert. Diese positive Entwicklungwurde bei der Überarbeitung der Kapitel für dievorliegende Neuauflage berücksichtigt.

Es gibt zunehmende Hinweise, dass der, durchkognitiven Abbau und pharmakorefraktäre moto-rische Defizite bestimmte, Langzeitverlauf der Par-kinson-Erkrankung durch intensives körperlichesTraining verbessert werden kann. In Tiermodellender Parkinson-Erkrankung hat körperliche Aktivi-tät, möglicherweise durch Freisetzung neurotro-pher Faktoren mediierte, neuroprotektive undneuroplastische Effekte, die sich positiv auf dieMotorik auswirken. Zahlreiche klinische Studiensprechen dafür, dass die Behinderung durch phar-makorefraktäre Bewegungseinschränkungen bei

der Parkinson-Erkrankung durch aktivierendeTherapie reduziert werden kann. Auch Verbes-serungen der kognitiven Leistungsfähigkeit durchkörperliche Aktivität wurden sowohl im Tiermo-dell als auch in klinischen Studien nachgewiesen.

Die neuronalen Mechanismen der aktivierendenTherapie bei IPS und die Auswirkungen auf Pro-gression und Prognose können vorerst nur speku-lativ beurteilt werden. Trotzdem sollten aktivie-rende Therapien einschließlich der Sporttherapie,aufgrund der positiven Ergebnisse von klinischerund Grundlagenforschung schon jetzt einen höhe-ren Stellenwert in der alltäglichen Patientenver-sorgung bekommen. Die immer deutlicher wer-denden neuroplastischen und neuroprotektivenAuswirkungen körperlichen Trainings sprechendafür, aktivierende Therapien bei Parkinson frühim Krankheitsverlauf und nicht erst beim Auftre-ten funktionell relevanter Behinderungen ein-zusetzen.

In dem vorliegenden Buch, das sich an Thera-peuten, Ärzte und spezialisierte Pflegekräfte rich-tet, wird das Spektrum der aktivierenden Thera-pieverfahren bei Parkinson vor dem Hintergrundder spezifischen neurophysiologischen Störungenvorgestellt. Indikationen, praktische Umsetzungund Wirksamkeit der wichtigsten Behandlungs-verfahren werden anwenderorientiert und praxis-nah dargestellt. Außerdem werden die Rahmenbe-dingungen der aktivierenden Therapie diskutiert,die sich aus anderen Behandlungen (Medikamen-te, tiefe Hirnstimulation) und den vielschichtigenpsychosozialen Problemstellungen bei Parkinsonergeben.

A. O. Ceballos-Baumann G. Ebersbach

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aus: Ceballos-Baumann u. a., Aktivierende Therapien bei Parkinson-Syndromen (ISBN 9783132411869) © 2018 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Inhaltsverzeichnis

1 Parkinson-Syndrome: Klinik, Medikamente und neurochirurgischeTherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

A. O. Ceballos-Baumann

1.1 Parkinson-Krankheit und -Syn-drome, klinische Diagnose undDefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1.2 Idiopathisches Parkinson-Syn-drom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

1.3 Sekundäre und andere neurode-generative Parkinson-Syndrome 15

1.3.1 Medikamentös induziertes Parkin-son-Syndrom, „Parkinsonoid“ . . . . . 15

1.3.2 Parkinson-Syndrom im Rahmender subkortikalen vaskulären Enze-phalopathie (SVE, vaskuläres Par-kinson-Syndrom) und des Normal-druckhydrozephalus (NPH) . . . . . . . 17

1.3.3 Multisystematrophie (MSA). . . . . . . 171.3.4 Progressive supranukleäre Blick-

parese (PSP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201.3.5 Kortikobasale Degeneration (CBD) . 211.3.6 Lewy-Körper-Demenz (Lewy-Bo-

dy-Demenz, diffuse Lewy-Körper-Erkrankung) und andere Parkin-son-Syndrome mit Demenz . . . . . . . 21

1.3.7 Seltene Parkinson-Syndrome beijungen Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . 23

1.4 Medikamentöse und neuro-chirurgische Therapie . . . . . . . . . . 24

1.4.1 L-Dopa mit peripherem Decarboxy-lasehemmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

1.4.2 COMT-Hemmer (Entacapon, Tolca-pon, Opicapon) . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

1.4.3 Monoaminooxidase-B-Hemmer(Selegilin, Rasagilin, Safinamid) . . . 25

1.4.4 Dopaminagonisten . . . . . . . . . . . . . . 26Parenteraler Dopaminagonist: subkuta-nes Apomorphin für Off-Phasen als Pen-ject . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26Anticholinergika . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26Amantadin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27Clozapin bei pharmakogener Psychoseund Cholinesterasehemmer bei idio-pathischem Parkinson-Syndrom (IPS)mit assoziierter Demenz . . . . . . . . . . . . 27Botulinumtoxin in Einzelfällen bei Dys-tonien, Rigor und Sialorrhö (Speichel-fluss) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

1.4.5 Medikamentenpumpen und tiefeHirnstimulation . . . . . . . . . . . . . . . . . 28Kontinuierliche subkutane Apomorphin-Infusion mittels einer Minipumpe . . . . . 28L-Dopa über perkutane Gastrostomie(PEG) und Minipumpe (Duodopa-Pumpe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

1.4.6 Neurochirurgische Therapie: tiefeHirnstimulation (THS) . . . . . . . . . . . 30

1.4.7 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

2 Grundlagen der aktivierenden Therapien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

G. Ebersbach

2.1 Neurobiologische Grundlagender aktivierenden Therapie beimIPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

2.2 Klinische Gesichtspunkte . . . . . . . 33

2.3 Ökonomische Rahmenbedingun-gen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

2.3.1 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

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3 Spezielle Therapien: Sprechen, Schlucken, Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

3.1 Die Sprech- und Stimmstörungbeim IPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40K. Pichler, G. Mallien

3.1.1 Lee Silverman Voice Treatment(LSVT LOUD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

3.2 Spektrum der Atemstörungenbei Parkinson-Syndromen . . . . . . 46K. Pichler, G. Mallien

3.2.1 Atemtherapie bei Parkinson . . . . . . 473.2.2 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

3.3 Schluckstörungen bei Parkinson-Syndromen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50E. Wagner-Sonntag

3.3.1 Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . 503.3.2 Diagnostik der Dysphagie . . . . . . . . 51

Klinische Untersuchung . . . . . . . . . . . . 51Instrumentelle Diagnostik . . . . . . . . . . 54

3.3.3 Therapie der Dysphagie . . . . . . . . . . 54Restituierende Übungen . . . . . . . . . . . . 55Kompensatorische Verfahren . . . . . . . . 55Adaptative (diätetische) Verfahren . . . . 56

3.3.4 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

3.4 Musiktherapie beim IPS . . . . . . . . 58S.Mainka

3.4.1 Rhythmisch-auditive Stimulation(RAS) – Gangtraining mit Musik . . 58Anwendungsgrundlagen . . . . . . . . . . . 58Indikationen und Therapieziele beiMorbus Parkinson . . . . . . . . . . . . . . . . . 59Durchführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

3.4.2 Rhythmisches Sprechtraining (RSC) 59Anwendungsgrundlagen . . . . . . . . . . . 59Indikationen und Therapieziele beiMorbus Parkinson . . . . . . . . . . . . . . . . . 60Durchführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

3.4.3 Vokale Intonationstherapie (VIT) . . 61Anwendungsgrundlagen . . . . . . . . . . . 61Indikation und Therapieziele bei Parkin-son-Syndromen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61Durchführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

3.4.4 Gruppensingtherapie . . . . . . . . . . . . 61Anwendungsgrundlagen . . . . . . . . . . . 61Indikation und Therapieziele bei Parkin-son-Syndromen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61Durchführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

3.4.5 Patterned Sensory Enhancement . . 62Anwendungsgrundlagen . . . . . . . . . . . 62Indikation und Therapieziele bei MorbusParkinson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62Durchführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

3.4.6 Tänzerische Bewegungstherapie . . 62Anwendungsgrundlagen . . . . . . . . . . . 62Indikation und Therapieziele bei Parkin-son-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62Durchführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

3.4.7 Instrumentalimprovisation (INIM) 63Anwendungsgrundlagen . . . . . . . . . . . 63Indikationen und Therapieziele beiParkinson-Syndrom. . . . . . . . . . . . . . . . 63Durchführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

3.4.8 Musiktherapie im klinischen multi-disziplinären Behandlungskontext. 64

3.4.9 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

4 Spezielle Therapien: Bewegung/ADL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

4.1 Physiotherapie bei Parkinson-Syndromen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66F. Schroeteler und K. Ziegler

4.1.1 Assessment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 664.1.2 Brady- bzw. Hypokinese . . . . . . . . . 67

Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67Auswirkung auf ADL . . . . . . . . . . . . . . . 67Therapiekonzept. . . . . . . . . . . . . . . . . . 67Training und Resultate . . . . . . . . . . . . . 67LSVT BIGTM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

4.1.3 Kamptokormie, Anterocollis undPisa-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72Auswirkung auf ADL . . . . . . . . . . . . . . . 73Therapiekonzept. . . . . . . . . . . . . . . . . . 74Training und Resultate . . . . . . . . . . . . . 74

4.1.4 Motorische Blockaden . . . . . . . . . . . 74Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74Auswirkung auf ADL . . . . . . . . . . . . . . . 77Therapiekonzept. . . . . . . . . . . . . . . . . . 78Training und Resultate . . . . . . . . . . . . . 78

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4.1.5 Störung des Gleichgewichts undStürze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81Auswirkung auf ADL . . . . . . . . . . . . . . . 82Therapiekonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82Training und Resultate . . . . . . . . . . . . . 83Vorbeugung gegen Stürze und Verlet-zungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

4.1.6 Kraftdefizite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86Auswirkung auf ADL . . . . . . . . . . . . . . . 86Therapiekonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87Training und Resultate . . . . . . . . . . . . . 87Bewegungstherapie im Wasser . . . . . . . 88

4.1.7 Störung der Lagewechsel . . . . . . . . . 88Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88Auswirkung auf ADL . . . . . . . . . . . . . . . 89Therapiekonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89Training und Resultate . . . . . . . . . . . . . 89

4.1.8 Einsatz von E-Health in derPhysiotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

4.1.9 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

4.2 Ergotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95S. George und S. Tuschkan

4.2.1 Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 954.2.2 Ziele und Ablauf. . . . . . . . . . . . . . . . . 954.2.3 Assessment. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 974.2.4 Grundprinzipien: Klienten-

zentriertheit und Förderung desSelbstmanagements . . . . . . . . . . . . . 98

4.2.5 Therapiemethoden . . . . . . . . . . . . . . 98Veränderung von Umweltfaktoren . . . . 100Erarbeiten von alternativen und Kom-pensationsstrategien. . . . . . . . . . . . . . . 101ADL-Training, berufsbezogenes Trainingund Training anderer wichtiger Tätig-keiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102Veränderung von Körperfunktionen,-strukturen und basalen Aktivitäten . . . 103

4.2.6 Evaluation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1034.2.7 Wirksamkeit und Nutzen von

Ergotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1034.2.8 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

5 Spezielle Therapien: besondere Indikationen und Methoden . . . . . . . . . 106

5.1 Aktivierende Therapie bei kogni-tiven Defiziten und Demenz . . . . 106G. Ebersbach

5.1.1 Parkinson und leichte kognitiveBeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . 106

5.1.2 Demenz bei Morbus Parkinson . . . . 1065.1.3 Neuropsychologische Diagnostik

zur Erfassung kognitiver Leistun-gen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

5.1.4 Aktivierende Therapie bei Parkin-son-Demenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

5.1.5 Milieutherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1105.1.6 Orientierungstraining. . . . . . . . . . . . 1115.1.7 Kognitives Training . . . . . . . . . . . . . . 111

5.2 Aktivierende Therapie beipsychischen Störungen . . . . . . . . . 112G. Ebersbach

5.2.1 Entspannungstechniken. . . . . . . . . . 1125.2.2 Krankheitsbewältigung, Angst und

Depression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

5.3 Aktivierende Therapie nachtiefer Hirnstimulation (THS) . . . . 113G. Ebersbach

5.3.1 Problemstellungen . . . . . . . . . . . . . . 114

5.3.2 Aktivierende Therapie motorischerStörungen nach THS . . . . . . . . . . . . . 114

5.3.3 Aktivierende Therapie bei neuro-psychiatrischen Störungen nachTHS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

5.3.4 Strukturelle Voraussetzungen . . . . . 1165.3.5 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

5.4 Aktivierende Therapie bei atypi-schen Parkinson-Syndromen . . . . 117G. Mallien und G. Ebersbach

5.4.1 Multisystematrophie . . . . . . . . . . . . 1185.4.2 Progressive supranukleäre Blick-

parese (PSP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1195.4.3 Kortikobasale Degeneration (CBD) . 1205.4.4 Parkinson-Syndrome bei vaskulärer

Enzephalopathie und Normal-druckhydrozephalus . . . . . . . . . . . . . 121

5.4.5 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

5.5 Alternative Therapien . . . . . . . . . . 123A. O. Ceballos-Baumann

5.5.1 Pflanzliche Heilmittel . . . . . . . . . . . . 1235.5.2 Akupunktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1245.5.3 Qigong. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1245.5.4 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

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6 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

6.1 Die Selbsthilfevereinigung . . . . . 127

6.2 Unified Parkinson’s DiseaseRating Scale – UPDRS-Skala . . . . 127

6.2.1 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

6.3 WOQ-9 – Fragebogen zur Früh-diagnose von Wearing-off . . . . . . 136

6.3.1 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

6.4 FOG Score . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

6.4.1 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

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Kleinschrittigkeit (Hypokinese) führt (Farley,2005; Ebersbach et al., 2010). Auch Bewegungender oberen Extremität lassen sich durch Trainingzielgerichteter Bewegungen beschleunigen (Pal-mer et al., 1986; Platz et al., 1998), vor allemscheinbar bei Entfernungen, die eine Armlängeoder etwas weiter entfernt liegen (Farley, 2005).Dies unterstreicht die therapeutische Korrelationvon vergrößerter Amplitude und gesteigerter Ge-schwindigkeit bei Alltagsbewegungen.

LSVT BIGTM

Ein Behandlungskonzept, das die Amplitudenspe-zifität bei Parkinson in der Therapie bereits seit2 Jahrzehnten untersucht und hochsignifikanteEffekte nachweisen kann, ist die Sprechtherapiebei Parkinson als sogenanntes Lee Silverman VoiceTreatment (LSVT) (siehe auch Kap. 3). Eine Über-tragung dieses parkinsonspezifischen Behand-lungsansatzes auf die Bewegungsamplituden vonExtremitäten und Rumpf erfolgte Anfang des letz-ten Jahrzehnts und firmierte als LSVT BIG(big = groß). Zur besseren Abgrenzung sind nun inder Sprechtherapie der Begriff LSVT LOUD(loud = laut) und in der Physiotherapie LSVT BIGgebräuchlich (Farley, 2005).

LSVT BIG ist ein hochintensives, standardisiertesTherapieverfahren. Es erfolgt in Einzeltherapieüber 4 Wochen mit jeweils 4 Behandlungstagenund einer Behandlungszeit von 60 Minuten. Darinenthalten sind Basisübungen (tägliche Maximal-übungen), funktionelle Bewegungskomponenten(funktionelle Aufgaben) inklusive eines Gehtrai-nings und komplexe motorische Aktivitäten (hie-rarchische Aufgaben). Zusätzlich zur Behandlungabsolviert der Patient täglich einen Teil der Trai-ningsinhalte nochmals als 10- bis 20-minütigeHausaufgabe, an behandlungsfreien Tagen werdendiese 2-mal ausgeführt (▶Abb. 4.1, ▶Abb. 4.2).

Therapiefokus ist die Größe der selbstinitiiertenBewegung, mit dem Ziel, diese (wieder) in norma-ler Größe auszuführen und in die Alltagsbewegun-gen zu übertragen.

Änderungen der Amplitude bei Körperbewegun-gen sind schwer objektiv zu messen. Anders als beiLSVT LOUD, steht kein standardisiertes Messver-fahren, wie ein Lautpegelmesser, zur Verfügung.Deshalb wird bei LSVT BIG die Eigenperzeptionder Unterschiede zwischen gemachter und inten-dierter Bewegung geschult. Dies wird Kalibrierung(recalibration =Zurückeichung, Kalibrierung) ge-

nannt und ist die zweite entscheidende Säule desKonzepts. Sie wird ermöglicht durch Feedback-Mechanismen wie Videoaufnahmen, Einsatz einesSpiegels, taktiles korrigierendes Feedback, dem so-genannten „Modelling“, durch den Therapeuten(to model = anpassen) und funktionelle Testung,beispielsweise durch den Functional Reach Test(FR).

Um sich „normal“ groß zu bewegen, ist vom Pa-tienten eine hohe Anstrengung beim Trainierengefordert und mit einem Zielwert von 8/10 auf dernumerischen analogen Skala von 0–10 (NAS) be-legt.

Abb. 4.1 LSVT BIG: Beispiel für Maximalübung.

Abb. 4.2 LSVT BIG: Beispiel für Maximalübung.

Spezielle Therapien: Bewegung/ADL

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LSVT BIG zielt, zusammen mit hoch repetitivem,4-wöchigem Training großer Bewegungsamplitu-den und individuell motivierenden Trainingsinhal-ten nicht auf die Vermittlung einer neuen Reihevon parkinsonspezifischen Übungen ab. Es nimmtfür sich in Anspruch, das Bewegungsverhalten ins-gesamt wieder zu normalisieren und in den Bewe-gungsalltag zu integrieren, sodass es selbst bei Ab-lenkung und Dual-Task-Situationen beibehaltenwird. LSVT BIG ist bei Parkinson anderen Therapie-konzepten, wie zum Beispiel einem Nordic-Wal-king-Training, symptomatisch und funktionellüberlegen, die brady- bzw. hypokinetische Symp-tomatik der Gangparameter zu reduzieren (Ebers-bach et al., 2010).

Lokomotionstherapie und Training derGehfähigkeitDie Lokomotionstherapie auf dem Laufband ist beiidiopathischem Parkinson-Syndrom gut unter-sucht und verbessert die Gangparameter Schritt-länge und Gehgeschwindigkeit (Mehrholz et al.,2015). Das Laufband unterstützt die Schrittinitiie-rung von außen und kann in Verbindung mit auf-geklebten Streifen auch als kombinierter, externerCue (cue =Hinweisreiz) beschrieben werden (s.Kap. Cueing). Laufbandtherapie gewährleistet einehohe Repetition von Schritten und am Erkran-kungsbeginn ein forciertes Ausdauertraining. Beinur eingeschränkt gehfähigen bzw. sturzgefähr-deten Patienten ist durch entsprechende Gurtsi-cherung ebenfalls ein effektives Trainieren mög-lich.

Gehen auf der Ebene bietet klinisch den Vorteil,dass Starten, Richtungswechsel und die Schulungam benötigten Hilfsmittel wie im Alltag trainiertwerden können und keine situativen Transferleis-tungen nötig sind, deren Bewältigung sich imKrankheitsverlauf zunehmend reduziert (Onla-or,2008).

Darüber hinaus zeigte sich Nordic Walking alsGehtraining im Außenbereich für Parkinson-Pa-tienten als effektiv (Van Eijckeren et al., 2008).Durch einen aktiven Stockeinsatz werden Schul-ter- und Armbewegungen mit trainiert. NordicWalking verbessert Gehgeschwindigkeit und Geh-strecke und kann als Ausdaueraktivität empfohlenwerden.

CueingÄußere Hinweisreize bzw. externe Cues tragen zurVerbesserung des Gangbildes bei (Morris et al.,1996; Azulay et al., 1999; Rubinstein et al., 2002;Lim et al., 2005). Als Modalitäten stehen akus-tische (Metronom, ▶Abb. 4.3, rhythmische Musik),visuelle (Laserpointer ▶Abb. 4.4, Streifen▶Abb. 4.5), taktile (Klopfen auf Schulter oderOberschenkel) und mentale Cues (Bewegungsvor-stellung) zur Verfügung (verschiedene Stimuli imKap. 4.1.4 beschrieben).

Cues sind Signale, die die Initiierung und dasstetige Beibehalten von Bewegung unterstützen.Ihre Wirkung ergibt sich einerseits aus einer Ver-stärkung der defizitären motorischen Signale fürwillkürliche Bewegung, die aufgrund des Defizitsan Dopamin in den Basalganglien zu schwach ge-neriert werden. Andererseits aktivieren Cues wei-tere, nicht geschädigte Funktionskreisläufe, bei-spielsweise über Kleinhirnbahnen, und könnendas dopaminerge Defizit so teilweise kompensie-ren bzw. umgehen (Cunnington et al., 1995). So-wohl externe als auch mentale rhythmische Cuessind geeignet, automatisierte und repetitive Bewe-gungen und Bewegungsabläufe zu unterstützen(Thaut et al., 1996).

Visuelle Cues unterstützen klinisch vor allemSchrittinitiierung und Schrittlänge, akustischeHinweisreize fazilitieren besonders die Geh-geschwindigkeit (Morris et al., 1996; Suteerawat-tanon et al., 2004, Lim et al., 2005; Willems et al.,2006). Eine effektive Cueing-Frequenz kann bei

Abb. 4.3 Akustischer Cue: Metronom.

4.1 Physiotherapie bei Parkinson-Syndromen

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leicht reduzierter Schrittlänge bzw. Gehgeschwin-digkeit durch eine Formel berechnet werden (Wil-lems et al., 2006):

Cueing-Frequenz: (Schritte/min) = (Schrittzahl/Gehzeit für 10m) × 60 plus 10%

Durch Cueing erreichte Therapieeffekte sind nichtgrößer als bei nicht „gecuetem“ Training, sie per-sistieren jedoch länger (Marchese et al., 2000;Mak, 2008).

Optimierung von motorischenLeistungenJe nach Krankheitsstadium, Lebensalter und indi-vidueller Motivationslage für Bewegung stehenneben der evidenzbasierten Physiotherapie Aus-dauersportarten bzw. komplexe motorische Akti-vitäten zur Verfügung, um brady- bzw. hypokineti-sche Symptome bei Parkinson positiv zu beeinflus-sen und die motorische Leistungsfähigkeit zu opti-mieren. Hierzu zählen beispielsweise Tanzen undTai Chi Chuan.

TanzenDas Training gangabhängiger Parameter profitiertvon rhythmischerMusik (engl.:music-basedmove-ment therapy). Die Gehgeschwindigkeit verbessertsich dabei mehr als bei Therapieansätzen, die auf

Abb. 4.4 Visueller Cue: Laserpointer. Das Bild zeigtintermittierendes Cueing bei motorischen Blockaden(s. Kap. Training und Resultate).

Abb. 4.5 Streifen auf dem Boden vergrößern beiHypokinese die Schrittlänge (Zebrastreifen) und könnenmotorische Blockaden reduzieren.

Spezielle Therapien: Bewegung/ADL

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Elementen des Tanzes aufbauen (De Dreu et al.,2012). Für eine Optimierung der Gleichgewichts-und Ausdauerleistungen ist jedoch Tanzen effektiv.Hier scheint der argentinische Tango einemWalzer oder Foxtrott leicht überlegen zu sein(Hackney et al., 2009). Patienten, die ein Jahr zwei-mal wöchentlich eine Stunde Tango tanzten, konn-ten gegenüber der Vergleichsgruppe ohne Trainingihre Krankheitsprogression verringern und dasGleichgewicht, Freezing sowie die Gehfähigkeitunter Dual-Task-Bedingungen verbessern (Duncan,2012).

Tai Chi ChuanTai Chi Chuan wird meist als Tai Chi abgekürzt undbeinhaltet körperliches und mentales Training(siehe Kap. 5). Als fernöstliche Bewegungskunst istes eine Synthese aus Gesundheitsübungen, Medi-tation und Kampfkunst. Je nach praktiziertem Stilwerden diese 3 Aspekte unterschiedlich betont.Tai Chi ist charakterisiert durch bewusstes, geziel-tes und koordiniertes Bewegen des ganzen Kör-pers. Es entsteht ein Bewegungsfluss, der in sichein festes Timing mit Start und Ende der einzelnenBewegungselemente trägt, sodass sich eine Bewe-gung jeweils aus der vorigen ergibt. Dies kann alsChaining (chain =Kette) oder inhärentes, mentalesCueing bezeichnet werden.

Um die Komplexität der Tai-Chi-Chuan-Bewe-gungsfolge für Parkinson-Patienten besser trai-nierbar zu machen, löste man in 2 neueren Studienzu Tai Chi und Parkinson einzelne Figuren und Be-wegungselemente aus der Gesamtform heraus.Diese wurden hoch repetitiv einige Wochen iso-liert geübt (Hackney u. Earhart, 2008; Li et al.,2012). Ausgewählt wurden dabei Bewegungsele-mente, die Schrittfolgen- und Richtungswechsel,Gewichts- und Schwerpunktverlagerungen mitgleichzeitig ablaufenden, koordinierten Arm- undRumpfbewegungen, beinhalteten.

Das Tai-Chi-Training von Li et al. (2012), beidem 6–8 Einzelfiguren des Tai-Chi-Chuan-Yang-Stils 2-mal pro Woche 60 Minuten über einen Zeit-raum von 6 Monaten hinweg bei Parkinson-Pa-tienten trainiert wurden, erzielte neben signifi-kanten Verbesserungen korrektiver und proaktiverGleichgewichtsleistungen auch eine Reduzierungder Sturzrate. Korrektive Gleichgewichtsleistungenwerden auf der gleichen Unterstützungsfläche er-bracht, proaktive Leistungen gehen mit einer ge-planten Schwerpunktverlagerung und geänderter

Unterstützungsfläche einher. Die mit Kraft- undAusdauerleistungen assoziierten Gangparameter,Schrittlänge und Gehgeschwindigkeit, profitiertenebenfalls signifikant.

Abb. 4.6 Tai Chi Chuan optimiert bei ParkinsonGleichgewichtsleistungen und Gangparameter.

4.1 Physiotherapie bei Parkinson-Syndromen

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Diese hochrangig publizierte Studie stellte demTai Chi Chuan 2 Kontrollinterventionen gegenüber,ein Kraft- bzw. Dehnungstraining. Während Geh-geschwindigkeit und Timed-up-and-go-Test in derKraft- und in der Tai-Chi-Gruppe ähnliche Steige-rungen verzeichneten, profitierte die Schrittlängein der Tai-Chi-Gruppe sehr viel deutlicher (10,3 cm(TC) bzw. 4,3 cm (Kraft) (Li et al., 2012). Die Inter-vention der Dehnungsübungen verzeichnetedurchgehend keine messbaren Verbesserungen.

Tai Chi Chuan stellt so, bei entsprechendem In-teresse für diese fernöstliche Bewegungskunst,eine zusätzliche effektive Therapieoption bei Par-kinson dar, um Gleichgewichtsleistungen undGangparameter zu optimieren und die hypo- bzw.bradykinetische Gangstörung bei Parkinson zu be-einflussen (▶Abb. 4.6 und ▶Abb. 4.7).

4.1.3 Kamptokormie, Anterocollisund Pisa-SyndromAxiale Symptome sind vorrangig Symptome derSpätphase und werden mit achsennaher Rigidität,Gangstörung und posturaler Instabilität assoziiert.Sie gelten als therapeutisch schwer beeinflussbar.

Fakultativ kommen im Krankheitsverlauf extremeHaltungsanomalien wie Kamptokormie, Anterocol-lis und Pisa-Syndrom als seltene ausgeprägteSymptome hinzu. Physiotherapeutisch sind sie be-sonders relevant, da sie von einer medizinischenTherapie (L-Dopa-Substitution) selten zufrieden-stellend profitieren.

SymptomeJames Parkinson beschrieb die Körperhaltung sei-ner Patienten als „Neigung, den Rumpf nach vornezu beugen“ und im fortgeschrittenen Stadium als„fast dauerhaft gebeugt“. Diese gebeugt-gebunde-ne Haltung ist Zeichen eines brady- bzw. hypoki-netischen Rumpfes und abzugrenzen von extre-men, weit selteneren Haltungsstörungen wieKamptokormie, Anterocollis oder Pisa-Syndrom.

Der Begriff Kamptokormie entstand, als Soldatendieses Phänomen als psychogene Störung nachtraumatischen Erlebnissen in den Schützengräbendes Ersten Weltkrieges mitbrachten. Sie ist defi-niert als unwillkürliche, markante Beugung desRumpfes nach vorne (Flexion des Rumpfes in derSagittalebene), die im Sitzen und Stehen bzw. Ge-hen auftritt und sich im Liegen spontan größten-

Abb. 4.7 Parkinson-Patienten beim Tai-Chi-Chuan-Training.

Spezielle Therapien: Bewegung/ADL

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teils bis vollständig zurückbildet (Djaldetti et al.,1999). Der Flexionsgrad der Wirbelsäule wird ineiner Spanne zwischen 30° bzw. 40° und 90° (Djal-detti et al., 1999; Lepoutre et al., 2006), teilweiseaber auch punktuell mit > 45° angegeben (Blochet al., 2006; Ponfick et al., 2011). Kamptokormiekommt als primäres Syndrom (z. B. als Bauch-wanddystonie oder als psychogenes Krankheits-bild) und als sekundäres Symptom im Rahmeneiner anderen Erkrankung vor (Parkinson-Syndro-me, neuromuskuläre Erkrankungen).

Beim Anterocollis (Flexion des Nackens in der Sa-gittalebene) ist die aktive Nackenextension unterSchwerkrafteinfluss erschwert bis unmöglich. Inausgeprägter Form liegt bei extremer Nackenky-phose das Kinn auf dem Sternum auf. Er scheintvermehrt beim atypischen Parkinson-Syndrom derMultisystematrophie (MSA) vorzukommen (Geseret al., 2006).

Das analog zum schiefen Turm zu Pisa benanntePisa-Syndrom (Flexion des Rumpfes in der Frontal-ebene) ist bei Parkinson charakterisiert durch eineleichte Flexionskomponente in der Sagittalebeneund eine ausgeprägte Lateralflexion des Rumpfes> 15° in der frontalen Ebene (Doherty et al., 2011).Der Begriff Pisa-Syndrom wurde ursprünglich alsdystone, durch Neuroleptika induzierte Bewe-gungsstörung eingeführt (Ekbom et al., 1972; Su-zuki et al., 1990). Hypothetisch repräsentiert eseine Komplikation des fortgeschrittenen Parkin-son-Syndroms bei Patienten, die eine markanteSeitenlateralisation der Symptomatik zeigen mitgleichzeitiger Hyperaktivität der dorsalen, para-vertebralen Muskeln der weniger betroffenen Seite(Tassorelli et al., 2011).

Bei idiopathischem Parkinson-Syndrom undKamptokormie gibt es unterschiedliche Erklä-rungsansätze. Zum einen wird angenommen, dassein zentrales Geschehen aufgrund dopaminergerund nicht dopaminerger Defizite in den Basalgan-glien zu einer Aktionsdystonie (Djaldetti et al.,1999; Bloch et al., 2006) bzw. zu einer abnormenRigidität führt (Lepoutre et al., 2006). Zum ande-ren wird ein struktureller Umbau der Muskeln mitAtrophien und Fetteinlagerungen der paraver-tebralen Muskulatur (Myopathie) als Ursache be-schrieben (Margraf et al., 2008). Auch eine Verbin-dung beider Ansätze erscheint plausibel (Jankovicet al., 2010).

Um Kamptokormie zu evaluieren und von derkrankheitsspezifisch gebeugten Haltung bei Par-kinson abzugrenzen, werden klinisch Winkelanga-

ben der Rumpfbeugung (Djaldetti et al.,1999;Bloch et al., 2006) verwendet. Drei mechanischeMessungen sind hierbei gebräuchlich:● Der Winkelgrad zwischen der Lotsenkrechtenund der Wirbelsäule (Margraf et al., 2010)

● der Abstand zwischen dem siebten Halswirbel-dornfortsatz und einer Wand (C 7–Wand-abstand), wobei der Patient instruiert wird, ingewohnter, nicht korrigierter Haltung zu stehen(Bloch et al., 2006)

● die Differenz der Körperlänge im Stehen undLiegen nach 1 Minute freien Stehens (Schroeteleret al., 2011)

Den Schweregrad der Haltungsstörung beschreibteine kürzlich eingeführte Skala, die die Dauer derkamptokormen Haltung während der Wachstun-den, den Beugegrad, die Relevanz bei funktionellenTätigkeiten im Alltag und auftretende Rücken-schmerzen abfragt (Margraf et al., 2010).

Eine diagnostische Unterscheidung von Kampto-kormie und Pisa-Syndrom fällt bei Parkinson dannschwer, wenn zur massiven Vorwärtsbeugungauch seitliche Deviationen auffällig sind. Vielleichtsind solche Unterscheidungen aber auch obsolet(Slawek et al., 2006). Als definierende Kriterienwerden, mit Ausnahme der (zusätzlichen) Seitde-viation >15°, die gleichen genannt, die auch beiKamptokormie üblich sind: Die Zunahme der Stö-rung während des Stehens und Gehens, eine Auf-hebung der Symptomatik in Rückenlage und dasFehlen von mechanischen Restriktionen der Wir-belsäule (Bonanni et al., 2007; Doherty et al.,2011).

Auswirkung auf ADLNicht aufrecht stehen und gehen zu können, er-schwert die Alltagsaktivitäten wie Tragen von Ge-genständen oder Treppensteigen und es verkürztdie Gehstrecke, die bewältigt werden kann. Die be-einträchtigte Rumpfkontrolle erhöht die Sturzge-fahr bei Parkinson-Patienten zusätzlich. Bis zu 75%der Patienten stürzen, weil sie unfähig sind, denKörperschwerpunkt beim Drehen, Aufstehen undBücken zu kontrollieren (Bloem et al., 2001; Lattet al., 2009).

4.1 Physiotherapie bei Parkinson-Syndromen

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TherapiekonzeptAxiale Rumpffehlhaltungen können durch Ausdau-er- und Krafttraining der betroffenen Muskulatur,einschließlich Dehnung der Antagonisten, verbes-sert werden. Das Training der Muskulatur solltedabei gegen die Schwerkraft erfolgen. Bei schwe-ren Haltungsstörungen ist zusätzlich der Einsatzgeeigneter kompensatorischer Hilfsmittel notwen-dig, um sekundären Ausdauerdefiziten der Geh-ausdauer und der mobilen Selbstständigkeit zubegegnen. Symmetrie- und Haltungsschulung(Perzeptionstraining) unter Einsatz von visuellemund taktilem Feedback (z. B. Spiegel bzw. Berüh-ren/Anlehnen an einer Wand) bilden einen wei-teren Behandlungsschwerpunkt. Das Bewegungs-ausmaß von Hüftgelenken und Wirbelsäule istbegleitend durch Einsatz manueller Techniken zusichern. Ein Gleichgewichtstraining mit gesteiger-tem propriozeptivem Input wird zudem empfoh-len (Ebersbach, 2005) (siehe Kap. 4.1.5).

Training und ResultateExtreme Haltungsstörungen sind bezüglich einereffektiven Physiotherapie bislang wenig unter-sucht. Ein Ausdauer- und Krafttraining der Rücken-extensoren in Verbindung mit Erhalt ventralerMuskellängen durch muskuläre Entspannung undDehnung, zeigte sich kürzlich auch bei extremenHaltungsstörungen als haltungsverbessernd (Bar-tolo et al., 2010). Als klinisch wirksam zeigt sichein intensives Training der Hüftextensoren(▶Abb. 4.9) in Verbindung mit Perzeptionstrainingder eigenen Haltung, unter Einsatz taktiler und vi-sueller Feedback-Mechanismen (Ebersbach, 2005;Schroeteler, 2015). Die partielle Gewichtsentlas-tung (Gurtvorrichtung) beim Lokomotionstrainingauf dem Laufband (▶Abb. 4.13) erleichtert klinisch

eine Vertikalisierung des Oberkörpers und schaffteine günstige Ausgangsstellung, um während desGehens die Rückenstrecker zu kräftigen. Um auf-rechtes Gehen im Alltag zu ermöglichen, sind ver-schiedene Hilfsmittel wie Rucksack, Korsett undStandard-Rollatoren sowie Teleskopstöcke im Ge-brauch. Durch diese können milde Formen derKamptokormie kompensiert werden (Gerton et al.,2010; de Sèze et al., 2008). Bei schwerer Kampto-kormie ist ein hoher Rollator mit Unterarmschalen(sogenannter Arthritisrollator ▶Abb. 4.14) effektiv,um die Gehstrecke in aufrechter Haltung zu stei-gern und Rückenschmerzen zu reduzieren(Schroeteler et al., 2011). Die gebeugte Haltungeines Patienten mit Kamptokormie ohne Hilfsmit-tel zeigt ▶Abb. 4.15.

4.1.4 Motorische Blockaden

SymptomeMotorische Blockaden unterbrechen Bewegungs-abläufe oft sehr plötzlich und können vorüber-gehend zu einem vollständigen Bewegungsstoppführen. Dieses Phänomen wird auch Freezing(engl. freezing = Einfrieren) genannt. Freezing be-trifft motorische Abläufe wie Gehen, Sprechen undSchreiben. Freezing des Gehens (FOG= freezing ofgait) wird aktuell definiert als ein episodisches Un-vermögen, über mehrere Sekunden hinweg eineeffektive Schrittbewegung zu generieren, und trittbei Patienten mit Parkinson-Syndrom oder ande-ren zentralen Gangstörungen (engl. higher levelgait disorder) auf. Ausgelöst wird FOG am häufigs-ten bei Körperdrehungen oder am Bewegungs-beginn. Räumliche Enge, Stress oder Ablenkungvermögen FOG ebenfalls zu provozieren (Giladi,2008).

Spezielle Therapien: Bewegung/ADL

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Eigentraining bei axialer Fehlhaltung undKamptokormieGezielte, möglichst tägliche muskuläre Kräftigungmit Erhalt der Gelenkbeweglichkeit kann Fehlhal-tungen reduzieren.

Übungsbereiche● Hüftstreckung (▶Abb. 4.8): Rückenlage mit Beinim Übergang zum Erhalt der Hüftbeweglichkeit.Der Fuß hat Bodenkontakt.

● Wirbelsäulenstreckung, Training am Hüftextensor(▶Abb. 4.9): Zusätzlich zum Eigentraining(▶Abb. 4.8 und ▶Abb. 4.10) wird am Hüftexten-sor in 2–3 Serien mit 12–20 Wiederholungen ge-gen das Eigengewicht bzw. gegen Widerstand bishöchstens 75% der Maximalkraft trainiert.

● Kräftigung der Rücken- und Hüftstrecker(▶Abb. 4.10): In Bauchlage das Knie beugen undden Oberschenkel anheben. Ca. 20 s abwechselndhalten und entspannen.

● Beide Seiten trainieren (▶Abb. 4.11): AufrechterStand, Füße dabei hüftbreit auseinander. Bei Be-darf ist ein leichtes Anlehnen erlaubt. Diese Un-terstützung wird im Laufe des Trainings abge-baut. Wechselseitiges Heben der Arme, bis sie dieWand berühren. Möglichst 20–30 Wiederholun-gen mit Pausen je Seite. ▶Abb. 4.12: Wenn esdie Kraft erlaubt, gleichzeitig mit dem Arm dasgegenseitige Bein heben.

Abb. 4.9 Training am Hüftextensor bei Kampto-kormie.

Abb. 4.8 Übung zur Hüftstreckung: Rückenlage mitBein im Überhang zum Erhalt der Hüftbeweglichkeit.

Abb. 4.10 Kräftigung der Rücken- und Hüftstreckeraus der Bauchlage.

Abb. 4.11 Patient mitKamptokomie. Vertika-lisierung mit taktilemFeedback und Trainingder Rückenstrecker.

Abb. 4.12 Patient mitKamptokormie: Ver-tikalisierung mit takti-lem Feedback undTraining der Rücken-strecker, anspruchsvolleAusgangsstellung durchzusätzliches Anhebendes jeweils gegenseiti-gen Beines.

4.1 Physiotherapie bei Parkinson-Syndromen

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Eine Freezing-Episode liegt also vor, wenn die Un-terbrechung der Fortbewegung mindestens 1 Se-kunde besteht und nach einigen Sekunden wiederüberwunden werden kann (Fahn, 1995). Nur we-nige FOG-Episoden dauern länger als 30 Sekunden(Schaafsma et al., 2003). In den frühen Stadiensind ca. 20% der Erkrankten von FOG betroffen, beieiner Krankheitsdauer ab 20 Jahren und längererL-Dopa-Substitution zeigten bis zu 80% der IPS-Pa-tienten Freezing-Phänomene (Nieuwboer, 2013;Hely et al., 2008). Risikofaktoren für das Auftretenvon FOG bei Parkinson sind eine initiale Gang-störung und fehlender Ruhetremor bei Diagnose-stellung. Im Verlauf der Krankheit korreliert FOGstark mit Problemen des Gleichgewichts und Stür-zen und anderen Freezingphänomenen wie z. B.Freezing des Schreibens und Sprechens, sowie De-fiziten der Exekutivleistungen (Vercruysse et al.,2012). Eine Verschlechterung der Bradykinese undzunehmender Rigor hängen nicht mit FOG zusam-men (Nutt et al., 2011). Auch scheint Freezing ge-nerell häufiger bei Männern als bei Frauen vor-zukommen (Macht et al., 2007).

Bei atypischen Parkinson-Syndromen sind mo-torische Blockaden ebenfalls zu beobachten: DieHäufigkeit von Freezing liegt bei den vaskulären

Parkinson-Syndromen bei 57%, beim Normal-druckhydrozephalus bei 65% und bei progressiversupranukleärer Blickparese (PSP), bei Multisystem-atrophie vom Parkinson-Typ (MSA-P) und kortiko-basaler Degeneration (CBD) bei 45%. Bei durchMedikamente induziertem Parkinson tritt Freezingkaum auf (Giladi et al., 1997).

Die Kategorisierung von FOG kennt 3 Ansätze:FOG wird eingeteilt nach seinem Ansprechen aufMedikamente, nach der Auslösesituation oder demMuster der Beinbewegungen während der motori-schen Blockade (s. u. (S.77)). Tritt FOG währendder Phase schlechter Mobilität (Off) auf, wird es alsOff-FOG bezeichnet. Nicht L-Dopa-responsivesFOG ist gekennzeichnet durch Blockierungen desGehens während On-Phasen bei ansonsten guterBeweglichkeit (Nieuwboer, 2013). In Off-Phasensind Freezing-Phänomene generell häufiger als inOn-Phasen, da die Gabe von L-Dopa, besonders zuErkrankungsbeginn, diese meist aufzuheben ver-mag (Schaafsma et al., 2003).

Abb. 4.13 Laufband mit partieller Gewichtsentlastungbei Kamptokormie.

Abb. 4.14 Hoher Rollator zur leichteren axialen Auf-richtung.

Spezielle Therapien: Bewegung/ADL

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▶ Einteilung von FOG in Subtypen anhand ver-schiedener Kriterien● Nach dem Zeitpunkt des Auftretens (Fahn,1995):○ Freezing beim Starten (start hesitation)○ Freezing beim Drehen (turning hesitation)○ Freezing in räumlicher Enge (tight quarters he-sitation)

○ Freezing in Zielnähe (destination hesitation)○ Freezing im offenen Raum (open space hesita-tion)

● Anhand unterschiedlicher Bewegungsmuster derBeine (Thompson, 1995):○ FOG mit kleinen, sich beschleunigendenSchritten mit Weggewinn, auch als Festination(lat. festinare = sich beeilen) bezeichnet

○ FOG mit einem Trippeln der Füße auf der Stelleohne Weggewinn

○ FOG als komplette Akinese ohne Beinbewe-gung

Ein funktionales Netzwerk kortikaler und subkor-tikaler Gebiete steuert das Gehen. Direkt verant-wortliche Areale für die Entstehung von Freezingkönnen deshalb nur schwer lokalisiert werden.Störungen der kortikalen und mesenzephalen Lo-komotionszentren unter Beteiligung von supple-mentär motorischem Areal, Striatum und Ncl. pe-

dunculopontinus scheinen bei FOG jedoch ursäch-lich beteiligt (Snijders et al., 2016).

Aktuell beschreiben vier Erklärungsmodelle dieEntstehung von FOG:● Schwellenwert-Modell: Das Gangbild Betroffenerist auch außerhalb der FOG-Episode arrhyth-mischer, asymmetrischer undweniger koor-diniert als das Gehen bei Patienten ohne Freezing.Die klassischen Auslösesituationen, wie z. B. Dre-hungen, erfordern komplexemotorische Gang-muster, die zumveränderten Gangbild einesFreezers noch hinzukommen. Dabeiwird einSchwellenwert überschritten und FOG tritt auf.

● Interferenz-Modell: Während motorischer Auf-gaben kommt es durch zusätzliche kognitiveoder limbische Belastung (dual task) zu konkur-rierenden Informationen innerhalb der gleichenneuronalen Netzwerke, die in momentanerÜberlastung, sichtbar als FOG, resultieren.

● Kognitives Modell: Die eingeschränkte automati-sche Kontrolle infolge der Basalganglienerkran-kung erfordert kognitive kompensatorische Kon-trolle. Da bei Patienten mit FOG gehäuft defizitä-re kognitive Leistungen auftreten, reicht dienutzbare Reserve nicht mehr aus.

● Decoupling-Modell: Ineffektive antizipatorischeHaltungsreaktionen (APA; engl. anticipatory pos-tural adjustments) verhindern eine ausreichendeGewichtsverlagerung vor dem ersten Schritt undverursachen FOG beim Starten (Nieuwboer et al.,2013).

Je nach Auslösesituation können unterschiedlicheKombinationen aus den beschriebenen vier Mo-dellen zur Erklärung von FOG herangezogen wer-den (Vercruysse et al., 2014).

Während der FOG-Episoden nimmt die Schritt-länge kontinuierlich ab, während die Kadenz(Schritte/Minute) abrupt ansteigt (Nieuwboer etal. 2001a). Freezing ist ein eigenständiges Symp-tom und von der Bradykinese bei Parkinson ab-grenzbar (Bloem et al., 2004). Die Trippelbewegun-gen der Beine bei FOG unterscheiden sich vom Par-kinson-Ruhetremor (4–6Hz) hinsichtlich Komple-xität der Beinbewegungen und Frequenz bei FOG(2–4Hz) (Bloem et al., 2004).

Auswirkung auf ADLEine erhöhte Sturzgefahr durch motorische Blocka-den ist nachgewiesen (Latt et al., 2009; Kerr et al.,2010, Hiorth et al., 2014). Sie sind Ursache für ca.25% der Stürze (Michalowska et al., 2005).

Abb. 4.15 Patient mit Kamptokormie im freien Stand.

4.1 Physiotherapie bei Parkinson-Syndromen

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Sachverzeichnis

AActivity-dependent Neuroplas-

ticity 33ADL-Training 102AFS, siehe Anti-Freezing-StockAkinese 11–12, 20, 27, 32, 67– frühmorgendliche 14Alien-Limb-Phänomen 21,

120Alltagsstruktur 109Amimie 41AMPS, siehe Assessment of

Motor and Process SkillsAngst 27Anosognosie 40, 44, 60Anterocollis 73Anti-Freezing-Stock 79Antizipatorisch posturale An-

passungen 81APA, siehe antizipatorisch pos-

turale AnpassungenApathie 27Aphasie 21, 23Aphonie 41Apomorphin-Dauerinfusion

28Apomorphin-Therapie 26Aspiration 53Assessment of Motor and Pro-

cess Skills 97Atemtherapie nach Midden-

dorf 47Atmung, paradoxe 46Atrophie, olivopontozerebella-

re 18

BBeweglichkeit, paradoxe 34Blicklähmung, siehe Blickpare-

seBlickparese 12, 20, 23, 50Blockaden, motorische 34Botulinumtoxin 24, 27Boxer-Parkinsonismus 15Bradykinese 11–12, 32, 67Bradyphrenie 20

CCanadian Occupational Per-

formance Measure 97–98CBD, siehe Degeneration, korti-

kobasaleChaining 71, 109COMT-Hemmer 24–25COPM, siehe Canadian Occupa-

tional Performance Measure

Corticobasal Degeneration,siehe Degeneration, kortiko-basale

Cueing 32, 34, 66, 69, 71, 78,89

Cues, intermittierende, sieheOn-off-Cues

CUPID-Projekt 90

DDDS, siehe Dysregulationssyn-

drom, dopaminergesDegeneration– kortikobasale 12, 23– striatonigrale 18Delir 26Demenz 20, 24, 27– frontotemporale 23Demenzdiagnostik 107Deutsche Gesellschaft für Neu-

rologie, Leitlinien 12–13, 44Domperidon 26Dopaminabbau 25Dopaminagonisten 24Dopaminerge Therapie, nicht-

motorische Fluktuationen13

Dopaminersatztherapie 24Dopaminmangel, siehe Off-

PhaseDysarthrie, rigid-hypokine-

tische, siehe Parkinson-Dysarthrie

Dyskinesie– biphasische 25– dopaminerg induzierte 30Dysphagien 50Dysregulationssyndrom,

dopaminerges 15Dystonie 21Dystrophie, neuroaxonale 24

EEcholalie 23ELLDopa-Studie 35End-of-Dose-Akinese 13, 25Entautomatisierung von Bewe-

gungsfolgen 32Enzephalopathie, subkortikale

vaskuläre 15, 27Equitest Balance Master 89Ergot-Dopaminagonisten 26Ergotherapie– kompensatorischer Thera-

pieansatz 97– restorativer Therapieansatz

97

Europäische Physiotherapie-Leitlinie zum idiopathischenParkinson-Syndrom 66

FFatigue 67Feedback-Mechanismen 68Feet-forward-Signal 89Five-Times-sit-to-stand-Test

67FOG 76, 90– Siehe auch FreezingFOG-Score 67FR, siehe Functional Reach TestFreezing 30, 34, 74, 76FTD, siehe Demenz, frontotem-

poraleFunctional Reach Test 68

GGait Ignition Failure, siehe

GanginitiierungshemmungGang- und Standunsicherheit

21Gangblockaden 59Ganginitiierungshemmung 17Gangstörung 17, 20Gehgeschwindigkeit 72Geistige Beschäftigung 109Genmutationen 23Glücksspiel, pathologisches 15Greifreflexe 21

HHallervorden-Spatz, siehe Dys-

tropie, neuroaxonaleHalluzinationen 22, 27Haltetremor 11Harninkontinenz 18HiBalance-Programm 84Higher Level Gait Disorder 74Hilfsmittel 100Hirnatrophie 17Huntington-Krankheit 24Hypersalivation 40Hypersexualismus 15Hypokinese 11–12, 32, 67–68Hypomimie 41Hypotonie, orthostatische 18Hypoventilation 46

IImpotenz 18Impulskontrollstörungen 15,

26Inaktivität 33INIM, siehe Instrumental-

improvisationInitiierungsstörungen, siehe

SprechblockadenInstrumentalimprovisation 63IPS, siehe Parkinson-Syndrom,

idiopathisches

KKalibrierung 68Kamptokormie 32, 72Kaufrausch 15Kohlenmonoxidvergiftungen

24Kommunikation mit demenz-

kranken Patienten 110Kompensationsstrategien 36,

55, 101Kompetenznetz Parkinson 37Körperliche Aktivität 108Kortikale Silent Period 33Kostempfehlungen 56Krise, akinetische 27

LL-Dopa 18, 24–26, 29L-Dopa-Dyskinesie 13–14,

27–28L-Dopa-Infusion 28L-Dopa-Langzeitsyndrom 13Laserpointer-Stock 79Lateralsklerose, amyotrophe

23Lee Silverman Voice Treatment

41, 68Lewy-Körper-Demenz 12, 21Lobärdegenerationen, fronto-

temporale, siehe Demez,frontotemporale

Lokomotionstraining 74LSVT, siehe Lee Silverman

Voice TreatmentLSVT BIG 36, 42, 68LSVT LOUD 36, 42, 44, 68, 119LSVT-Companion-System 45Lues 24

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aus: Ceballos-Baumann u. a., Aktivierende Therapien bei Parkinson-Syndromen (ISBN 9783132411869) © 2018 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Page 18: Aktivierende Therapien bei Parkinson-Syndromen 3. Auflage · Vorwort Ansätze, Parkinson-Symptome durch aktivierende Therapien zu bessern, reichen bis in das 19. Jahr-hundert zurück.

Sachverzeichnis

MMAFT, sieheMünchner Anti-

Freezing-TrainingMagnetgang 17Manganstoffwechselstörungen

24MDS-UPDRS, siehe Unified

Parkinson's Disease RatingScale, Motorischer Teil

MDT-PD, sieheMünchenerDysphagie Test

Medikamentenpumpen 28Metronom 78Mini-Balance-Evaluation-Sys-

tem-Test 67Mini-BESTest, siehe Mini Ba-

lance Evaluation SystemTest

Monoaminooxidase-(MAO)B-Hemmer 24

Montreal cognitive Assessment108

Morbus Binswanger 17Morbus Whipple 24Morbus Wilson 23Movement Disorders Society

107MP-3-Player 78MSA, siehe Multisystematro-

phieMSA-C-Multisystematrophie,

mit überwiegend zerebellä-ren Symptomen 18

MSA-P-Multisystematrophie,mit überwiegendem Parkin-sonismus 18

Multimodale Komplexbehand-lung 38

Multisystematrophie 12, 18,50, 118

Münchener Dysphagie-Test 52Münchner Anti-Freezing-Trai-

ning 80Music-based Movement Thera-

py 70Musiktherapie, neurologische

59

NNational Institute of Clinical

Excellence 44Neurodegeneration, Panto-

thenatkinase-2-(PANK2)as-soziierte 24

Neuroleptika 27Niemann-Pick Typ C 24Non-Ergot-Dopaminagonisten

26Nordic Walking 69Normaldruckhydrozephalus

14–15

NPH, siehe Normaldruckhydro-zephalus

Nucleus subthalamicus 28, 30

OOff-Phase 26, 32Off-Phasen-Dystonie 14, 25Okulomotorikstörungen 21On-off-Cues 79On-off-Schwankungen 13–14,

28, 34

PPalilalie 41Parkinson Activity Scale 67Parkinson-Demenz 21Parkinson-Dysarthrie 40Parkinson-Plus-Syndrom 11Parkinson-Syndrom– atypisches 11–12, 15– idiopathisches 11–12– idiopathisches, Ausschluss-

kriterien 13– idiopathisches, prospektive

positive Kriterien 13– im Rahmen anderer neuro-

degenerativer Erkrankungen11

– medikamentös induziertes15

– postenzephalitisches 15– sekundäres 11–12– vaskuläres 15Parkinson-Syndrom der unte-

ren Körperhälfte 17Parkinsonismus 11–12– toxischer 15Parkinsonoid 11PAS, siehe Parkinson Activity

ScalePatterned sensory Enhance-

ment 62Perceive Recall Plan and Per-

form System 98Pillendrehen, siehe Ruhetre-

morPisa-Syndrom 73Pneumonie 18Polyneuropathie 25PPA, siehe AphasiePrävalenz des IPS 11PRPP, siehe Perceive Recall Plan

and Perform SystemPSE, siehe Patterned sensory

EnhancementPseudo-Parkinson 11PSP, siehe BlickparesePSP-PAGF 119PSP-Parkinsonismus 119Psychose

– exogene 27– pharmakogene 24, 27Punding 15Pyramidenbahnzeichen 21

QQueen’s-Square-Kriterien,

siehe UK Parkinson's DiseaseSociety Brain Bank ClinicalDiagnostic Criteria

RRAS, siehe rhythmisch-auditive

StimulationReflexe, posturale 11REM-Schlaf-Verhaltensstörung

18Rhythmic Speech Cueing

59–60Rhythmisch-auditive Stimula-

tion 58–59Richardson-Syndrom 119Rigor 11, 20, 27, 67Routineleistungen, automati-

sierte motorische 32RSC, siehe Rhythmic Speech

CueingRuhe-, Halte- und/oder Akti-

onstremor, atypischerirregulärer 18

Ruhetremor 11

SS3-Leitlinie 111Schlafhygiene 110Schreibtraining 102Schrittlänge 72Schutzschritte 66, 87Schwindelgefühl 18Seitenasymmetrie 21Selbstwirksamkeit 37Set-Shifting 32Shy-Drager-Syndrom 18Sialorrhö 27, 51Smartphones 78Soziale Kontakte 109Sprechblockaden 41Sprechtempo 41Standunsicherheit 11Steele-Richardson-Olszewski-

Syndrom, siehe BlickpareseStellreflexe 11Stereotypien 23Stimm-, Sprech-, Schluckstö-

rungen 30Stimmtremor 41Stoffwechselstörung 23Störung– aphasische, siehe Aphasie

– monogenetische 23Sturztagebuch 67, 101SVE, siehe Enzephalopathie,

subkortikale vaskuläreSynkopen beim Aufstehen 18

TTango 62, 71Telerehabilitation via Online-

Training 45THS, siehe tiefe Hirnstimula-

tionTiefe Hirnstimulation 28, 30Timed-up-and-go-Test 67, 72Timed-Walking-Test 67Training– der orofazialen Muskulatur

55– kognitives 112Transfer eingeübter Bewe-

gungsstrategien in Routine-aktivitäten 36

Tremor 28Trickmanöver zur Überwin-

dung von Startverzögerungund Freezing (Beispiele) 80

UÜberempfindlichkeit gegen

Neuroleptika 22UK Parkinson’s Disease Society

Brain Bank Clinical Diag-nostic Criteria 13

Unified Parkinson’s DiseaseRating Scale 66

VVerminderte Haltungsperzep-

tion 32Versanden 67Videofluoroskopie 54VIT, siehe vokale Intonations-

therapieVokale Intonationstherapie 61

WWahn 27Wearing-off 13–14, 25–26Wirkungsfluktuationen, siehe

On-Off-SchwankungenWirkungsschwankungen, siehe

On-off-SchwankungenWohnraumanpassungen 100

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aus: Ceballos-Baumann u. a., Aktivierende Therapien bei Parkinson-Syndromen (ISBN 9783132411869) © 2018 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Andres O. Ceballos-Baumann | Georg EbersbachAktivierende Therapien bei Parkinson-Syndromen

3. AuflageISBN: 9783132411869

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