Aktuarielle Prinzipien: Rechnungsgrundlagen & Modellierung ...
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Lebensversicherungsmathematik
Aktuarielle Prinzipien:Rechnungsgrundlagen & Modellierung
von Todesfallversicherungen
InhaltTopic Lernziel
Rechnungsgrundlagen • Rechnungsgrundlagen als relevante Parameter der Versicherungsmathematik
Vereinfachtes Äquivalenzprinzip am Beispiel einer YRT Police
• Konzept der Bedarfsprämie• Modellierung einer einjährigen Lebensversicherung
Bedarfsprämie in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
• Konzept der natürlichen Risikoprämie • Konzept der riskierten Summe (Sum at Risk) • Prämienkalkulation in der Fondsgeb. LV
Die Thielschen Gleichungen am Beispiel einer LPT Police
• Konzept der Beitragszerlegung in eine (aktuellen) Risiko- und einen Sparanteil
• Kalkulation einer n-jährigen Todesfallversicherung mit konstante Bedarfsprämie
Weitergehende Aspekte • Thielsche Gleichungen und „best estimates“• Analytische Lösungen
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Hinweis: Der Zugang diese Kurseinheit entspricht nicht der traditionellen aktuariellenAusbildung, reflektiert aber die Erfordernisse der Praxis. Dabei ist in Bezug auf die Literatur (speziell für diese Einführung) zu achten.
Zum Nachlesen: Gerber § 3.1-3.2 & 5.1-5.3 (jeweils nur Teile, speziell stochastisches Modell). Führer § H.5 (Fondsgebundene Lebensversicherung)
Modellprodukt: YRT „einjährige Todesfallversicherung“ Lebensversicherung über n Jahr. VN zahlt jährlich die aktuelle Bedarfsprämie PYRT(t), die
das Risiko in Bezug auf Alter reflektiert, nicht aber veränderte Lebensumstände.
Die Bedarfsprämie ist definiert als die Prämie, die im Erwartungswert gerade ausreicht, alle Schäden zu decken (unter Berücksichtigung von Zins und Kosten)
Prämienzahlung erfolgt vorschüssig zu Beginn des Versicherungsjahres.
Versicherungsleistung wird – im Versicherungsfall – nachschüssig zum Ende des Versicherungsjahres ausgezahlt.
Hinweis: Der Ansatz vorschüssiger Prämien und nachschüssiger Leistungen (jeweils nach Ablauf des Versicherungsjahres) ist eine universelle Konvention der Versicherungsmathematik
Berücksichtigung einer 1-jährigen Verzinsung konzeptionell erforderlich
Bei einer genauen Ertragsrechnung kann mit Prämienzuschlägen (bei unter-jähriger Zahlung) und internen Zinsaufschlägen (bei vorzeitiger Auszahlung von Schäden) gearbeitete werden.
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Systematik der Rechnungsgrundlagen
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Definition:Rechnungsgrundlagen („RGL“) sind die universellen quantitative Annahmen, die allen versicherungsmathematischen Kalkulationen (Prämien, Reserven, Bilanzwerte) zu Grund liegen. RGL sind nie vertragsindividuell, sondern beziehen sich immer auf ein definiertes Teilportfolio Vertragsparameter (Versicherungssumme, Laufzeiten, VN-Daten) sind keine RGL
RGL 1ter Ordnung RGL 2ter Ordnung RGL 3ter OrdnungProspektiv mit Vorsichtsprinzip Prospektiv mit dem jeweils
aktuellen „best estimate“Retrospektiv (tatsächlicheRealisierung)
Fixiert bei t=0 für t= 0 … T Fixiert zum aktuellen Zeitpunkt S für t = S+1, … T
Gemessen zum aktuellenZeitpunkt S für t= S-1 (& S-2, …)
Relevant für − Prämienkalkulation (traditionell)− Bilanzierung und Steurn (HGB)− Traditionelle Steuerung
(volumengetrieben)
Relevant für− Risikobasiertes Pricing− Aufsicht (Solvency II) und
Bilanzirung (IFRS)− Ökonomische Steuerung
(ertragsgetrieben)
Relevant für− Gewinnermittlung (Bilanz)− Gewinnbeteiligung der
Versicherungsnehmer − Controlling
Rechnungsgrundlagen
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Ziel 1ter Ordnung 2ter OrdnungSterblichkeit Erwartungswert der
Versicherungsleistungzumeist qx
(1) gem. DAV-Tafel mit Zu- bzw. Abschlag
qx(2) = (1 – m%) qx
(1)
mit bestands-spezifischen Abschlag m (z.B 30% auf DAV-Tafel)
Zins Zeitwert des Geldes (Verzinsung zwischen Prämien- und Leistungszahlung)
Fester „Rechnungszins“ i%, vielfach gem. „Höchst-rechnungszins Verordung“ oder produktspezifisch
Aktueller risikoloser Zins z(s) für s = 0 …T
Kosten Deckung der Vertriebs-und Verwaltungs-aufwendungen
(α + β)*Prämie + Fixkostenα -> Vertriebskostenβ; Fix -> Verwaltungskosten
(α*) *Prämie + Fixα* > αFix < β*Prämie + Fixkosten
Storno Gewinne/Verluste aus vorzeitiger Kündigung durch VN
0 Gem. Stornotafel Sto(s) für s = 0 … T
InhaltTopic Lernziel
Rechnungsgrundlagen • Rechnungsgrundlagen als relevante Parameter der Versicherungsmathematik
Vereinfachtes Äquivalenzprinzip am Beispiel einer YRT Police
• Konzept der Bedarfsprämie• Modellierung einer einjährigen Lebensversicherung
Bedarfsprämie in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
• Konzept der natürlichen Risikoprämie • Konzept der riskierten Summe (Sum at Risk) • Prämienkalkulation in der Fondsgeb. LV
Die Thielschen Gleichungen am Beispiel einer LPT Police
• Konzept der Beitragszerlegung in eine (aktuellen) Risiko- und einen Sparanteil
• Kalkulation einer n-jährigen Todesfallversicherung mit konstante Bedarfsprämie
Weitergehende Aspekte • Thielsche Gleichungen und „best estimates“• Analytische Lösungen
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Äquivalenzprinzip (vereinfacht für YRT)Traditionelles Äquivalenzprinzip
Bedarfsprämien + Zins(1) = Leistungen(1) + Kosten(1)
Bei Verwendung von RGL erster Ordnung sind die Prämien so zu bemessen, dass sie unter Berücksichtigung des Zinses ausreichende sind alle Leistungen und Kosten aus den Versicherungsverträgen zu decken
Risikobasiertes ÄquivalenzprinzipBedarfsprämien + Zins(2) = Leistungen(2) + Kosten(2) ± Storno(2) + Marge
Bei Verwendung von RGL zweiter Ordnung sind die Prämien so zu bemessen, dass sie unter Berücksichtigung des Zinses ausreichende sind alle Leistungen, Kosten und Erträge bzw. Aufwendungen aus Storni so zu decken, dass dem Unternehmen eine angemessene Marge verbleibt
Die Marge „μ“ dient der Bedingung der Risikokapitalkosten zuzüglich der Gewinnerwartung des Unternehmens.
Ökonomische Prämie Unabhängig von der Art der Prämienkalkulation ergeben sich identische Bedarfsprämien Abhängig vom ökonomischen Umfeld (Konkurrenz, Ertragserwartung) kann die tatsächliche
Prämie von der Bedarfsprämie abweichen. (Kein Thema der Versicherungsmathematik)7
Äquivalenzprinzip –Anwendung YRT „einjährige Todesfallversicherung“
Prämienzahlung : Bedarfsprämie PYRT (t) fällig zu Beginn der Periode t
Einjährige Verzinsung der Prämie: Zins(1) = (1 + i%) * PYRT(t)
Versicherungsleistung:Leistung L(t) in Höhe der vertraglichen Versichungssumme „VS“ zahlbar im Versicherungsfall zum Ende der Peride t mit Wahrscheinlichkeit qx+t
(1)
Konvention: Vertragsbeginn ist im Alter x, t = 1… T bezeichnet das Jahr der Versicherung
Kosten:
Kosten(1) = (α+β) * PYRT(t) + Fixkosten
Bedarfsprämie:
{1-(α+β) } * PYRT (t) = v * qx+t-1 * VS + Fixkosten Definition und allgemeine Konvention: v = (1+i%)-1
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YRT – Stochastische Modellierung einer einzelnen PoliceGrundlegende Definitionen für die stochastische Modellierung:
Π (ω,t) stochastische Prämie: Π (ω,t) = PYRT (t) für t < Tx(ω), Π (ω,t) = 0 sonst
Λ (ω,t) diskontierte stochastische Versicherungsleistung: v*Λ (ω,t)} = L(t) = VS für [t] = Tx(ω), Λ (ω,t)} =0 sonst
Γ (ω,t) = Π (ω,t) – v*Λ (ω,t) stochastische „Ertragsfunktion“ des VU
Modellierung:
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Erw {Γ(ω,t)} = v* μ per Definition der Bedarfsprämie
Erw {Π(ω,t)} = v*(Erw{Λ(ω,t)} + v*μ
Var {Γ(ω,t)} = Erw{Γ2(ω,t)} – μ2) = Erw{Π2} – 2 v* Erw{Π * Λ} + Erw{(v*Λ)2} - μ2
= (PYRT )2 – 2*qx+t-1 PYRT * VS +(v*qx+t-1*VS)2 - μ2
= (1/qx+t-1 – 1) (PYRT )2
YRT – Numerisches BeispielMusterpolice (für die gesamte Vorlesung, wenn nicht anders erwähnt): VP ist eine Frau, Alter 30 Versicherungssumme 100.000 €, Dauer n = 30 Jahre Rechnungszins i = 1 %, Sterbetafel aus DAV 1994 T mit Abschlag 30%, Kosten = 10% * P
Konzeptionelle Überlegungen: Bedarfsprämie steigt mit der Vertragsdauer exorbitant an
=> YRT Modell ist i.d.R. kein Vertragskonzept für lange Vertragsdauern Hohe Varianz der Ertragsfunktion auf einzelvertraglicher Basis
=> Versicherung lebt vom Ausgleich im Kollektiv Für ein Portfolio aus 100.000 identischen Policen sinkt die Standardabweichung um den Faktor
316. Damit liegt sie in der Größenordnung einer sinnvollen Marge (von μ=10% der Prämie)10
Alter qx Bedarfsprämie Stabw(Ertragsfunktion)
30 + 0 0,054% 60.6 2.38530 + 10 0,113% 125.5 3.36230 + 20 0,261% 287.3 5.11130 + 30 0,613% 681.6 7.825
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Rechnungsgrundlagen • Rechnungsgrundlagen als relevante Parameter der Versicherungsmathematik
Vereinfachtes Äquivalenzprinzip am Beispiel einer YRT Police
• Konzept der Bedarfsprämie• Modellierung einer einjährigen Lebensversicherung
Bedarfsprämie in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
• Konzept der natürlichen Risikoprämie • Konzept der riskierten Summe (Sum at Risk) • Prämienkalkulation in der Fondsgeb. LV
Die Thielschen Gleichungen am Beispiel einer LPT Police
• Konzept der Beitragszerlegung in eine (aktuellen) Risiko- und einen Sparanteil
• Kalkulation einer n-jährigen Todesfallversicherung mit konstante Bedarfsprämie
Weitergehende Aspekte • Thielsche Gleichungen und „best estimates“• Analytische Lösungen
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Modellprodukt: Fondsgebundene Versicherung
Lebensversicherung über n Jahr. VN zahlt jährlich einen Betrag „InvUL“ in einen Fondssparplan (legal: Fondgebundene Lebensversicherung, englisch Unit Linked „UL“).
Versicherungsleistung:
VN kann den Vertrag jederzeit kündigen und erhält das bis dato angesammelte Fondsguthaben abzüglich eines Abschlags
Bei planmäßigem Vertragsende nach T Jahren erhält der VN dann angesammelte Fondsguthaben
Bei Eintritt des Versicherungsfalls (i.d.R. Tod) erhält der VN das Maximum aus einer feste Versicherungs-Summe VS und dem Fondguthaben
Fortschreibung des Fondswerts F(t) – jeweils gemessen zu Jahresende – verändert sich im Zeitverlauf entsprechend der Übergangsgleichung
F(t) = F(t-1) + InvUL + Fondsrendite – Bedarfsprämie für Risikotragung (falls VS > F(t))
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Fondsgebundene Versicherung – Vererbung Versicherungsleistung:
Im Todesfall zahlt der Versicherer L(t) = SV Bedarfsprämie (bei naiver Anwendung des Äquivalenzprinzips):
Unmittelbare Übertragung des YRT-Konzepts:L(t) = VS => Risikoprämie PUL (t) = v * q x+t-1 * VS
Problem: Was passiert mit dem Fondsguthaben im Todesfall?Per Vertragskonstruktion ist dieser im Todesfall nicht zusätzlich zur VS auszuzahlen. Vielmehr fällt es an das VU. „Naive“ Bedarfsprämie passt nicht zum Vertragskonzept
Ausweg: Vererbung zu Gunsten des Bestands erlaubt Reduktion der naivenBedarfsprämie um einen Korrekturbetrag.
Hinweis:Das Konzept der „Vererbung zu Gunsten des Bestands“ ist fundamental für die Mathematik aller mehrperiodischen Versicherungsverträge.
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Unit Linked – Sum at Risk und natürliche Risikoprämie Bedarfsäquivalente Prämie (natürliche Risikoprämie)
PUL (t) = q x+t-1 * v (VS – F (t))
Zeitmodell:
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„vererbter“ Anteil
Sum at Risk („SaR(t)“)
F(t-1)Versicherungsjahr t
InvUL
PUL (t) Fondsrendite(t)
F(t) im Überlebensfall
VS im Todesfall
F(t) im Todesfall
VN-Sphäre
VU-Sphäre
Kosten
Modellprodukt „Unit Linked“ – Bestimmung der Risikoprämie
Bedarfsäquivalente Prämie (natürliche Risikoprämie):
PUL (t) = q x+t-1 * v (VS – F (t)) + γ * F(t)
Anmerkungen: Bei Unit Linked Policen ist es üblich, Kosten zu Jahresbeginn proportional zum
Fondswert zu entnehmen Bei nachschüssiger Leistung ist die SaR(t) erst zu Periodenende bekannt uns ist
entsprechend zu Periodenbeginn zu schätzen, um Prämie zu bestimmen Bester Schätzwert:
F(t+1) = (vrf )-1 (F(t) + InvUL ) mit vrf = (1+z(t))^-1 als Diskontfaktor zum risikolosen Zins(ergibt sich aus elementare Finanzmathematik via „no arbitrage“ Argument) Theoretisch kann ein VU bei bekanntem qx das Marktrisiko des Fonds mittels
Forward Kontrakte zu genau diesem Preis hedge. Alternative in der Praxis: Monatliche Entnahme der natürlichen Risikoprämie
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Rechnungsgrundlagen • Rechnungsgrundlagen als relevante Parameter der Versicherungsmathematik
Vereinfachtes Äquivalenzprinzip am Beispiel einer YRT Police
• Konzept der Bedarfsprämie• Modellierung einer einjährigen Lebensversicherung
Bedarfsprämie in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
• Konzept der natürlichen Risikoprämie • Konzept der riskierten Summe (Sum at Risk) • Prämienkalkulation in der Fondsgeb. LV
Die Thielschen Gleichungen am Beispiel einer LPT Police
• Konzept der Beitragszerlegung in eine (aktuellen) Risiko- und einen Sparanteil
• Kalkulation einer n-jährigen Todesfallversicherung mit konstante Bedarfsprämie
Weitergehende Aspekte • Thielsche Gleichungen und „best estimates“• Analytische Lösungen
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Modellprodukt: Todesfallversicherung mit konstanter Prämien-jährige Todesfallversicherung (engl. LPT = Level Premium Term Life)
Prämienzahlung („vorschüssig“): Konstante Bedarfsprämie für alle Vertragsperiode t = 1 ... n
Versicherungsleistung („nachschüssig“):Leistung L(t) bei Tod in Höhe der vertraglichen Versicherungssumme VS.
Prämienzerlegung:
Idee: Die (noch zu bestimmende) zeitlich konstante Bedarfsprämie wird zu jeder Periode in eine zeitlich variable Risikoprämie (analog zum Unit Linked Fall), eine „Reserve-Prämie“ und einen Kostenanteil aufgespalten
Bedarfsprämie = PRisk (t) + PRes (t) + PKosten (t)
Die Reserveprämie ist in frühen Vertragsperiode positiv, gegen Vertragsende negativ.
Aus der Reserveprämie wird eine technische Rückstellung (engl. technical provision) gebildet, die mit dem Rechnungszins i verzinst wird. Prämienkalkulation erfolgt so, dass die Reserve zu Vertragsende wieder vollständig abgebaut ist.
Res (t) bezeichnet die derart aufgebaute Reserve jeweils zum Periodenende
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LPT – Rekursive Bestimmung der Reserve Prämienzerlegung:
Reserveentwicklung:Analog zur Entwicklung bei Unit Linked Policen gilt:
Übergangsgleichung: Einfache Umstellung der Gleichung liefert dann:
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Nettoprämie PLPT = Bedarfsprämie (t) – PKosten (t)
Beitragszerlegung PLPT = PRisk (t) + PRes (t)
Natürliche Risikoprämie PRisk (t) = qx+t-1 * v* SaR (t)= qx+t-1 * v * (VS – Res (t))
Res (t) = (1+i) * ( Res(t-1) + PRes (t))
= (1+i) * { Res(t-1) + PLPT – v*qx+t-1 VS + v*qx+t-1 Res (t) }
mit Res(0) = 0
(1-qx+t-1)* Res (t) = (1+i) * ( Res(t-1) + PLPT – qx+t-1* v* VS )
LPT – Zeitmodell
Rekursive Reservekalkulation auf Basis des Gleichungssystems:
Zeitmodell:
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Anfangsbedingung Res (0) = 0
Übergangsgleichungen Res (t) = v-1 (1-qx+t-1)-1 ( Res(t-1) + PLPT – qx+t-1 v VS )
Res(t-1)Versicherungsjahr t
Bedarfsprämie
PRisk (t)„virtuelle Entnahme“
Res (t) im Überlebensfall
VS im Todesfall
Res(t) Vererbung
VN-Sphäre
VU-Sphäre
Zins iKosten
LPT – Thielsches Gleichungssystem
Retrospektive Prämien- und Reservekalkulation durch Lösung des Gleichungssystems:
Definition:Bei gegebener Prämie PYRT und Versicherungssumme VS wird die aus der Übergangsgleichungen bestimmte Reserve auch „retrospektiv kalkulierte Rückstellung“ genannt.Das System der so abgeleiteten Übergangsgleichungen wir auch „ThielschesGleichungssystem“ genannt.
Lemma:Das Thielsche Gleichungssystem (T+2 Gleichungen für T+2 Unbekannte) besitzt für Todesfall-Versicherungen eine eindeutige Lösung
Bestimmung des Lösungsvektors durch ein analytisches Verfahren, typischerweise rekursiv
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Anfangsbedingung Res (0) = 0
Übergangsgleichungen(für t = 1 …T)
Res (t) = v-1 (px+t-1)-1 *( Res(t-1) + PLPT – qx+t-1 *v *VS )
Finale Bedingung Res (T) = 0
LPT – Numerisches BeispielMusterpolice (für die gesamte Vorlesung, wenn nicht anders erwähnt):
VP ist eine Frau, Alter 30, Versicherungssumme 100.000 €, Dauer n = 30 Jahre Rechnungszins i = 1 %, Sterbetafel aus DAV 1994 T mit Abschlag 30%, Kosten = 10% * P
Numerische Beispiel
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Beitragszerlegung LPT
LPT – ReserveverlaufMusterpolice:
VP ist eine Frau, Alter 30, VS 100.000 €, n = 30 Jahre
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Max Reserve ca 10 * Prämie≈ Prämiensumme/3
Max Reserve nach 2/3 Laufzeit
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Rechnungsgrundlagen • Rechnungsgrundlagen als relevante Parameter der Versicherungsmathematik
Vereinfachtes Äquivalenzprinzip am Beispiel einer YRT Police
• Konzept der Bedarfsprämie• Modellierung einer einjährigen Lebensversicherung
Bedarfsprämie in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
• Konzept der natürlichen Risikoprämie • Konzept der riskierten Summe (Sum at Risk) • Prämienkalkulation in der Fondsgeb. LV
Die Thielschen Gleichungen am Beispiel einer LPT Police
• Konzept der Beitragszerlegung in eine (aktuellen) Risiko- und einen Sparanteil
• Kalkulation einer n-jährigen Todesfallversicherung mit konstante Bedarfsprämie
Weitergehende Aspekte • Thielsche Gleichungen und „best estimates“• Analytische Lösungen
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Thielsches Gleichungssystem mit RGL 2ter Ordnung
Das Thielsche Gleichungssystem ist universell zur Prämienkalkulation, unabhängig von der Art der Rechnungsgrundlagen.
Bei Verwendung von Rechnungsgrundlagen 2ter Ordnung ist zu beachten, dass
v(2)(t) ist der Diskontfaktor (1+z*(t))-1, abgeleitet aus der marktkonsistente Erwartung des kurzfristigen Zinses im Jahr t. Alternative: Marktkonsistente Schätzung eines konstanter Zinses.
Explizite Berücksichtigung der Marge
Thielsches Gleichungssystem:
Warnung: Das Thielsche Gleichungssystem auf Grundlage von RGL 2ter Ordnung ist bestens
geeignet zur Prämien-Kalkulation sowie für Profitabilitäts-Analyse. Eine stochastischen Modellierung ist möglich - sinnvoll speziell in Bezug auf Zinsen Die aus diesem Gleichungssystem abgeleiteten retrospektiven Reserven dürfen aber
nicht als „Best Estimate Reserven“ (Technical Provisions) unter Solvency II und IFRS verwendet werden. Letztere sind prospektiv zu Kalkulieren, siehe Folge-Vorlesung
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Übergangsgleichungen px+t-1 *Res (t) = v-1 (t) *(Res(t-1) + PLPT - Marge (t) – qx+t-1*v(t) *VS )
Analytische Lösung des Thielschen GleichungssystemsBeispiel: Term Life Versicherung gegen Einmalbeitrag
Prämienzahlung (Einmalprämie): Zahlung der Bedarfsprämie EPTL für alle Vertragsperiode einmalig zu Vertragsbeginn
Versicherungsleistung: Leistung L(t) bei Tod in Höhe der VS
Kosten: Fixkosten „Fix“ werden jährlich der Reserve entnommen
Lemma:
Für eine Term Life Versicherung gegen Einmalbeitrag ist die Bedarfsprämie
EPTL = (vk *kpx *qx+k VS + vk-1 * Fix)
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�𝐤𝐤=0
𝐧𝐧−𝟏𝟏
Ohne laufende Prämien aber unter Berücksichtigung von Fixkosten läßt sich die Übergangsgleichung nach Thiel darstellen als
Die Rekursive Lösung des Gleichungssystems liefert
Mit der modifizierten Anfangsbedingung Res(0) = EP folgt die Aussage des Lemma.
Finale Bedingung Res (n) = 0
(einsetzen) Res (n-1) = v qx+n-1 VS + Fix
(einsetzen) Res (n-2) = (v2 px+t-1 qx+n-1 + v qx+t-2) * VS + (v+1)* Fix
Induktionsschritt … …
Res(0) = (vk *kpx *qx+k VS + vk-1 * Fix)
Analytische Lösung - Beweis
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�𝐤𝐤=0
𝐧𝐧−𝟏𝟏
Res (t-1) = v* (px+t-1 * Res(t) + qx+t-1 VS) + Fix