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Experiment: Chladnische Figuren Versuchsziel: Die Chladnischen Figuren als bestimmte Schwingungszustände kennzeichnende Größen werden vorgestellt. Versuchsaufbau/- zubehör: Versuchsdurchführ ung: Eine Metallplatte wird mit Sand bestreut. Über einen unter ihr angebrachten Lautsprecher werden Schwingungen in ihr erzwungen. Versuchserklärung : Durch die erzwungenen Schwingungen wird der Sand von den Schwingungsbäuchen weggewirbelt und lagert sich an den Schwingungsknoten an. Versuchsergebnis: Die Chladnischen Figuren zeigen für bestimmte Frequenzen typische Muster. Muster auf einer runden Scheibe: Muster auf einer quadratischen Scheibe:

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Experiment: Chladnische Figuren

Versuchsziel: Die Chladnischen Figuren als bestimmte Schwingungszustände kennzeichnende Größen werden vorgestellt.

Versuchsaufbau/-zubehör:

Versuchsdurchführung: Eine Metallplatte wird mit Sand bestreut.

Über einen unter ihr angebrachten Lautsprecher werden Schwingungen in ihr erzwungen.

Versuchserklärung: Durch die erzwungenen Schwingungen wird der Sand von den Schwingungsbäuchen weggewirbelt und lagert sich an den Schwingungsknoten an.

Versuchsergebnis: Die Chladnischen Figuren zeigen für bestimmte Frequenzen typische Muster.

Muster auf einer runden Scheibe:

Muster auf einer quadratischen Scheibe:

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Der sichtbar gemachte GlockenklangZum 150. Todestag von Ernst-Friedrich Chladni, dem Begründer der Akustik

Von Jürgen Ostermeyer

FRA

NKFURT, l. April. "Gut gegen Fußpilz", trösten sich die Unverdrossenen, die in einem überfüllten öffentlichen Verkehrsmittel stehend an einer Stelle ausharren müssen, wo es „von unten kitzelt“: Folge von Vibrationen des Bodenblechs, zum Beispiel in Omnibussen, die freilich, wie auch moderne Schienenfahrzeuge, technisch mittlerweile so weit verbessert sind, dass sich die Schwingungen, die die von Federung und Durchbiegung stammenden allgemeinen Schwingungen überlagern, nicht mehr unangenehm bemerkbar machen. Doch zum Beispiel in der ältesten Serie der bei der Bundesbahn im Nahverkehr verwendeten „Silberfische“ waren in den ersten Jahren des Betriebseinsatzes auf den „gesickten“ (mit Versteifungswülsten versehenen) Bodenblechen der Plattformen bei genauem Hinsehen Schweißnähte zu erkennen, deren Richtung sowie Anfang und Ende keinen rechten Sinn zu ergeben schienen: Tatsächlich hatten die „Oberwellen“ (erste, zweite... „Harmonische“ - ein im Grenzbereich von Musik und physikalischer Akustik angesiedelter Begriff) beim schwingenden Durchbiegen dieser sehr leichten Eisenbahnwagen einen unangenehmen Vibrations-„Kitzeleffekt“ nach sich gezogen, der nach gründlichen Messungen durch Aufschneiden und erneutes

Zusammenschweißen der Bodenbleche behoben wurde.

„Schwingungsbäuche“ und „Schwingungsknoten“ - die gefühlsmäßig empfundenen Phänomene elastischer Körper - besitzen nicht nur bei den beschriebenen technischen Anwendungsfällen des Alltags ihre geometrische Figuration, sondern generell bei allen Schwingkörpern: indirekt eine Möglichkeit, Schall „sichtbar“ zu machen auf Umwegen und dann, wenn er vor festen Körpern ausgeht.

Schon das Vibrieren einer Stimmgabel, einem bei Musikinstrumenten benutzten „Eichgerät“ von genau definierter Tonhöhe (analog der Schwingungsfrequenz), ermöglicht die optische Beobachtung des Schalls: sowohl die Lage der größten Ausschläge an den Schenkelenden als auch der „Knoten“. Schwieriger ist dies bei den Glocken, wozu nach der exakten physikalischen Definition alle in der Fläche schwingenden Klangkörper gehören, somit auch ebene Platten, die in einem Punkt fest eingespannt sind.

Wird eine solche Platte, horizontal liegend und mit Sand bestreut, zum Beispiel durch einen Geigenbogen zum Klingen gebracht, so sammeln sich die Sandkörner an eben jenen Stellen, wo die Schwingungsausschläge gleich Null sind, an den „Knoten“. Dabei entstehen Formen unterschiedlicher Gestalt,

bekannt als die so genannten Chladnischen Klangfiguren und bezeichnet nach jenem Physiker, der aufgrund ausgedehnter experimenteller und theoretischer Arbeiten die Akustik oder die Lehre vom Schall zu einem selbständigen Zweig der Physik machte und somit letztlich die Voraussetzungen für ganz andere Anwendungsbereiche schuf, wie zum Beispiel unerwünschter Schwingungen, seien sie direkt unter der Fußsohle fühlbar oder „nur“ als Geräuschbelästigung, Herr zu werden.

Am 30. November 1756 wurde Ernst Florens Friedrich Chladni in Wittenberge geboren. Sein Vater, ein Universitätsprofessor, bestimmte den Sohn für eine geisteswissenschaftliche Laufbahn, die sich mit dem Erwerb des Doktortitels der Rechte und der Philosophie zunächst erfolgreich anbahnte. Die zu jener Zeit in allgemeinem Aufstreben befindlichen Naturwissenschaften faszinierten den jungen Geisteswissenschaftler indes weit mehr als sein Metier; und Chladni, dem ein zweites oder Parallelstudium durch unglückliche Umstände verwehrt war, wurde - wie man es heute nennen würde - angesichts einer sicheren Karriere zum „Ausgeflippten“, der seinen Lebensunterhalt durch irgendwelche Vorträge und Konzertreisen verdiente.

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Immerhin muss diese Tätigkeit nicht nur den Mann ernährt, sondern auch Mittel und Muße für systematische Forschungsarbeiten eingebracht haben; die Beschäftigung mit der Musik gebar schließlich einen Katalog von Fragestellungen, Experimenten und Schlussfolgerungen, der inzwischen das Fundament für unser heutiges Wissen über die Zusammenhänge von mechanischen Schwingungen und hörbaren Tönen bildet.

Zwar hatte der im 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung lebende Grieche Pythagoras ein Zahlenverhältnis schwingender Saiten, genauer: den Zusammenhang von Länge und Tonhöhe untersucht; aber um die Wende zum 19. Jahrhundert herrschte die Ansicht vor, Schall sei vorwiegend ein Phänomen, das mit Luft (oder ähnlichen Gasen) zu tun habe.

Chladni trennte in seiner Definition vom Wesen des Schalls die Schwingungen (den „eigentlichen“ Schall) von dem sie transportierenden Medium, wobei seine berühmten „Klangfiguren“ auf schwingenden Bronze- oder Glasplatten immerhin den verblüffenden Beweis lieferten, dass hier ein sichtbarer (anhand der Sandfiguren) Vorgang identisch mit etwas Hörbarem sei.

Die Einordnung des Schalls in die Schwingungs- und Wellenlehre führte dazu, je nach dem

Verhältnis des Schwingungsvorganges zu seiner Fortpflanzungsrichtung so genannte Longitudinal-, Transversal- und Drehschwingungen (längs, quer und um eine Rotationsachse) zu unterscheiden, wobei Chladni auch die Geschwindigkeit des Schalls in Gasen und festen Körpern ermittelte. Sozusagen als „Nebenprodukt“ dieser Forschungen entstanden zwei neue „Musikinstrumente“: das Euphon und der Klavierzylinder, die zwar wenig gebräuchlich wurden, die aber ihr Erfinder virtuos spielen konnte.

In einem sein Hauptarbeitsgebiet überhaupt nicht berührenden Metier machte Chladni eine Aussage, die aufgrund ihrer prophetischen Genauigkeit (wie erst später bestätigt wurde) allerdings schließen lässt, der Wissenschafter habe sich näher damit beschäftigt;

denn die Feststellung, dass die Meteoriten - auf die Erde stürzende Materiebrocken - kosmischen Ursprungs seien, berührte eine damals noch völlig unerforschte Frage. Chladni sprach sogar von „eisenhaltigen Feuerkugeln“ -, was im Hinblick auf die Zusammensetzung der „Sternschnuppen“ ebenfalls eine Erkenntnis von verblüffender Voraussicht war.

Um so kurioser will es dann anmuten, dass erst der deutsche Physiker Gustav Robert Kirchhoff (1824 bis 1887) eine genaue Erklärung der auf schwingenden Platten entstehenden Klangfiguren gab, was ihr Entdecker, der so vieles andere zu deuten vermocht hatte, allerdings nicht mehr erlebte: Ernst-Friedrich Chladni starb am 3. April 1827, vor nunmehr 150 Jahren, in Breslau.

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FAZ, 2.4.1977

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Chladni 1800 bei einem Vortrag

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E. Bäringhausen, Über Chladnische Klangfiguren, PdN-Ph 2/45 (1996), S.11, Abb.2