Akutes Koronarsyndrom: Fakten und Trends Aus negativen ... · Hyperthermie. Jedenfalls mache man...

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14 CARDIOVASC 2014; 14 (2) Update: Akutes Koronarsyndrom und Herzinsuffizienz – Was ändert sich in der Therapie 2014? 14. März 2014 in Leipzig © Jochen Aumiller Aktuell Kardiologie Akutes Koronarsyndrom: Fakten und Trends Aus negativen Studien viel gelernt Von fünf Kardiologie-Lehrstühlen der neuen Bundesländer ausgerichtet nahm die Update-Veranstaltung in Leipzig das akute Koronarsyndrom (ACS) ins Vi- sier. Der Studienertrag 2013 wurde auf praktische Fortschritte und mögliche Leitlinienänderungen abgeklopft. Doch viele Ergebnisse enttäuschten. P rof. Ruth Strasser, Dresden, über- nahm es, die brisantesten Megastu- dien 2013 zu filetieren, mit ernüch- terndem Ergebnis. Filetstücke, die eine Modifizierung der Leitlinien und damit der erapiegewohnheiten rechtfertigen würden, waren eher rar. Sechs Studien mit ambitionierten Fragestellungen zum akuten Koronarsyndrom (ACS) blieben in ihrem Sieb hängen. Die meisten fielen in das Kapitel Pannen und Pleiten. Hier kommt eine Auswahl. VISTA-16 (e Vascular Inflammation Suppression to Treat Acute Coronary Syndromes) überprüſte an 5 145 ACS-Pa- tienten, ob eine Phospholipase A2-Hem- mung mit Varespladib (500 mg), von der man sich antiatherosklerotische Effekte erwartete, die kardiovaskuläre Sterblich- keit reduzieren kann. Heraus kam nicht nur keine günstige Wirkung, sondern ein erhöhtes Herzinfarktrisiko – eine Studie mit Alarmsignal. Prähospitale Prasugrel-Gabe bei NSTEMI bringt mehr Blutungen Ebenfalls verrechneten sich die Initiato- ren von ACCOAST (A Comparison of Prasugrel at the Time of Percutaneous Coronary Intervention Or as Pretreat- ment at the Time of Diagnosis in Patients with Non-ST-Elevation Myocardial In- farction). Sie hoen, dass eine erste, prähospitale Gabe von Prasugrel bei Pa- tienten mit NSTEMI (Nicht ST-Strecken- Hebungsinfarkt) bessere Ergebnisse er- zielt als die bislang bewährte Prasugrel- Gabe während der PCI. Dabei verglich man die Wirkung einer initialen Aufsät- tigungsdosis von 30 mg (im Mittel 4 Stunden vor Koronarangiografie) und ei- ner weiteren 30-mg-Dosis zum Zeit- punkt der PCI mit einer einzelnen Auf- sättigungsdosis von 60 mg zum Zeit- punkt der PCI. Das Ergebnis: Keine Wirksamkeitsverbesserung durch die in- itiale prähospitale Gabe, aber eine Erhö- hung der Blutungsrate. Dieses Studien- ergebnis hatte einen Rote-Hand-Brief der Herstellerfirmen zur Folge: Bei UA/NSTEMI-Patienten, bei denen die Koronarangiografie innerhalb von 48 Stunden nach der Krankenhausaufnah- me durchgeführt wird, sollte die Aufsätti- gungsdosis erst zum Zeitpunkt der PCI verabreicht werden, um das Risiko von Blutungen zu minimieren (...). Das Ergeb- nis zeigte ein erhöhtes Risiko von Blutun- gen, wenn eine initiale Aufsättigungsdosis vor der Koronarangiografie gefolgt von ei- ner weiteren Dosis zum Zeitpunkt der PCI gegeben wurde im Vergleich zu einer ein- zelnen Prasugrel-Aufsättigungsdosis zum Zeitpunkt der PCI. Es zeigten sich keine Unterschiede in der Wirksamkeit der bei- den Dosierungsregime. Strasser merkte noch an, dass die Pra- sugrel-Gabe erst nach dem Überblick über die Gefäßsituation den Vorteil hat, eine potenzielle operative Versorgung bei nicht intervenierbaren Koronarläsio- nen ermöglichen zu können. Hypothermie: Auf wie viel Grad soll abgekühlt werden? Die TTM-Studie (Targeted Temperature Management) an 950 Patienten sollte klären, ob man bei einer Temperatursen- kung 33 oder 36°C anstreben sollte. Infrage kommt eine therapeutische Hypothermie (TH) bei Patienten nach Herzstillstand, die trotz Reanimation be- wusstlos bleiben; ihr Risiko zu sterben oder neurologische Defekte davonzutra- gen, ist stark erhöht. Die Ergebnisse zeig- ten keinen Unterschied, egal ob auf 33 oder 36°C abgekühlte wurde. Strasser sieht diese Frage als nicht endgültig be- antwortet an. Man solle vor allem nicht den Fehlschluss ziehen, dass die TH da- mit „out“ sei. Ein Augenmerk ist auf das Ende der Hypothermiephase zu legen, denn hier drohe eine Postreanimations- Hyperthermie. Jedenfalls mache man nach aktuellem Kenntnisstand keinen Fehler, wenn man nur auf 36°C abkühle. Prof. Alexander Schmeißer, Magdeburg, wies ergänzend auf folgende Punkte hin: Die TH verbessert nachweislich den neurologischen Outcome nach Reani- mation. Die invasiven Kühlsysteme haben sich bewährt. Sie zeigen eine effektive In- duktion und Aufrechterhaltung der Hypothermie. Cave! In der Hypothermie sind die Metabolisierung und Aufnahme oral verabreichter Substanzen vermindert. Nach Reanimation sollte man außer bei eindeutig extrakardialen Ursachen

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Update: Akutes Koronarsyndrom und Herzinsuffizienz – Was ändert sich in der Therapie 2014? 14. März 2014 in Leipzig

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Aktuell Kardiologie

Akutes Koronarsyndrom: Fakten und Trends

Aus negativen Studien viel gelerntVon fünf Kardiologie-Lehrstühlen der neuen Bundesländer ausgerichtet nahm die Update-Veranstaltung in Leipzig das akute Koronarsyndrom (ACS) ins Vi-sier. Der Studienertrag 2013 wurde auf praktische Fortschritte und mögliche Leitlinienänderungen abgeklopft. Doch viele Ergebnisse enttäuschten.

Prof. Ruth Strasser, Dresden, über-nahm es, die brisantesten Megastu-dien 2013 zu filetieren, mit ernüch-

terndem Ergebnis. Filetstücke, die eine Modifizierung der Leitlinien und damit der Therapiegewohnheiten rechtfertigen würden, waren eher rar. Sechs Studien mit ambitionierten Fragestellungen zum akuten Koronarsyndrom (ACS) blieben in ihrem Sieb hängen. Die meisten fielen in das Kapitel Pannen und Pleiten. Hier kommt eine Auswahl.

VISTA-16 (The Vascular Inflammation Suppression to Treat Acute Coronary Syndromes) überprüfte an 5 145 ACS-Pa-tienten, ob eine Phospholipase A2-Hem-mung mit Varespladib (500 mg), von der man sich antiatherosklerotische Effekte erwartete, die kardiovaskuläre Sterblich-keit reduzieren kann. Heraus kam nicht nur keine günstige Wirkung, sondern ein erhöhtes Herzinfarktrisiko – eine Studie mit Alarmsignal.

Prähospitale Prasugrel-Gabe bei NSTEMI bringt mehr BlutungenEbenfalls verrechneten sich die Initiato-ren von ACCOAST (A Comparison of Prasugrel at the Time of Percutaneous Coronary Intervention Or as Pretreat-ment at the Time of Diagnosis in Patients with Non-ST-Elevation Myocardial In-farction). Sie hofften, dass eine erste, prähospitale Gabe von Prasugrel bei Pa-tienten mit NSTEMI (Nicht ST-Strecken-

Hebungsinfarkt) bessere Ergebnisse er-zielt als die bislang bewährte Prasugrel-Gabe während der PCI. Dabei verglich man die Wirkung einer initialen Aufsät-tigungsdosis von 30 mg (im Mittel 4 Stunden vor Koronarangiografie) und ei-ner weiteren 30-mg-Dosis zum Zeit-punkt der PCI mit einer einzelnen Auf-sättigungsdosis von 60 mg zum Zeit-punkt der PCI. Das Ergebnis: Keine Wirksamkeitsverbesserung durch die in-itiale prähospitale Gabe, aber eine Erhö-hung der Blutungsrate. Dieses Studien-ergebnis hatte einen Rote-Hand-Brief der Herstellerfirmen zur Folge:

„Bei UA/NSTEMI-Patienten, bei denen die Koronarangiografie innerhalb von 48 Stunden nach der Krankenhausaufnah-me durchgeführt wird, sollte die Aufsätti-gungsdosis erst zum Zeitpunkt der PCI verabreicht werden, um das Risiko von Blutungen zu minimieren (...). Das Ergeb-nis zeigte ein erhöhtes Risiko von Blutun-gen, wenn eine initiale Aufsättigungsdosis vor der Koronarangiografie gefolgt von ei-ner weiteren Dosis zum Zeitpunkt der PCI gegeben wurde im Vergleich zu einer ein-zelnen Prasugrel-Aufsättigungsdosis zum Zeitpunkt der PCI. Es zeigten sich keine Unterschiede in der Wirksamkeit der bei-den Dosierungsregime.“

Strasser merkte noch an, dass die Pra-sugrel-Gabe erst nach dem Überblick über die Gefäßsituation den Vorteil hat, eine potenzielle operative Versorgung

bei nicht intervenierbaren Koronarläsio-nen ermöglichen zu können.

Hypothermie: Auf wie viel Grad soll abgekühlt werden?Die TTM-Studie (Targeted Temperature Management) an 950 Patienten sollte klären, ob man bei einer Temperatursen-kung 33 oder 36°C anstreben sollte.

Infrage kommt eine therapeutische Hypothermie (TH) bei Patienten nach Herzstillstand, die trotz Reanimation be-wusstlos bleiben; ihr Risiko zu sterben oder neurologische Defekte davonzutra-gen, ist stark erhöht. Die Ergebnisse zeig-ten keinen Unterschied, egal ob auf 33 oder 36°C abgekühlte wurde. Strasser sieht diese Frage als nicht endgültig be-antwortet an. Man solle vor allem nicht den Fehlschluss ziehen, dass die TH da-mit „out“ sei. Ein Augenmerk ist auf das Ende der Hypothermiephase zu legen, denn hier drohe eine Postreanimations-Hyperthermie. Jedenfalls mache man nach aktuellem Kenntnisstand keinen Fehler, wenn man nur auf 36°C abkühle. Prof. Alexander Schmeißer, Magdeburg, wies ergänzend auf folgende Punkte hin:

—Die TH verbessert nachweislich den neurologischen Outcome nach Reani-mation. —Die invasiven Kühlsysteme haben sich bewährt. Sie zeigen eine effektive In-duktion und Aufrechterhaltung der Hypothermie. —Cave! In der Hypothermie sind die Metabolisierung und Aufnahme oral verabreichter Substanzen vermindert. —Nach Reanimation sollte man außer bei eindeutig extrakardialen Ursachen

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Aktuell Kardiologie

eine Koronarangiografie anstreben. Denn bei schätzungsweise 70% der Pa-tienten liegt eine kardiale Läsion vor.

Komplette Revasku- larisierung bleibt strittigFür viel Diskussion sorgte PRAMI (Pre-ventive Angioplastie in AMI). Bei STE-MI-Patienten wurden in einem Arm – wie bisher empfohlen – nur infarktauslö-sende Gefäße gestentet, im Präventiv-arm auch andere existente hochgradige Stenosen. Die Endpunkte: Tod, Reinfarkt oder refraktäre Angina. Heftig kritisiert wurde der Einschluss der refraktären Angina. Dieser Endpunkt gilt als „weich“ und war unterm Strich vorrangig für das Ergebnis verantwortlich. Die 60%ige re-lative Risikoreduktion im Präventivarm sorgte für eine Riesenüberraschung. Denn bisher waren alle Studien anderer Meinung und die Leitlinien raten davon ab, neben dem Infarktgefäß weitere Ko-ronarien mit Stenosen zu versorgen. Doch PRAMI hat laut Prof. Holger Thie-le, Ordinarius am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck, nicht die Power, um trotz der eklatanten Ergebnis-se die Leitlinien zu ändern. Nur 465 Pa-tienten wurden randomisiert und viele Fragen sind offen: Unbekannt ist z. B., wie hochgradig die anderen zusätzlich gestenteten Stenosen waren. Besser kon-trollierte Studien sind angelaufen. Sie werden zeigen, ob tatsächlich ein Um-denken in Richtung einer kompletten Revaskularisation einsetzen sollte.

Die VA-NEPHRON-D-Studie an ca. 1 500 Diabetikern erteilte der kombinier-ten Angiotensin-Inhibition (Losartan + Lisinopril) bei der diabetischen Nephro-pathie eine Absage. Die Studie wurde vorzeitig abgebrochen, da die duale Blo-ckade keinen Vorteil in punkto Mortali-tät brachte, aber man vermehrte Nieren-funktionsstörungen und eine erhöhte

Hyperkaliämierate dokumentierte. Die-se Therapiestrategie ist wohl obsolet.

Ist die Door-to-balloon-Zeit wirklich so wichtig?Eine Faustregel lautet: Je rascher ein STEMI-Patient im Katheterlabor ist, umso besser die Prognose. Zeit ist also Leben. Ein Parameter scheint hier beson-ders wichtig zu sein und gilt vielfach als Qualitätskriterium der Versorgungsket-te: die Door-to-balloon-Zeit (D2B), also die Zeitspanne vom Eintreffen des Not-arztwagens in der Klinik und dem Be-ginn der Reperfusion. Sie soll laut Leitli-nien nicht länger als 90 min, besser noch deutlich kürzer sein. Dr. Daniel S. Me-nees, University of Michigan, ging der Frage nach, ob tatsächlich eine Korrela-tion zwischen D2B-Zeit und Mortalität besteht (NEJM 2013;369:901–9).

Er analysierte Daten von fast 100 000 STEMI-Patienten in 515 Zentren (2005

–2009). Das Ergebnis: kein Zusammen-hang. Das war ein Schlag ins Gesicht für die interventionellen Lehrmeinungen, wie Prof. Hüseyin Ince, Vivantes Klini-kum, Berlin, betonte. Die Aufregung leg-te sich, als man herausfand, dass man die D2B-Zeit im Gesamtkontext sehen muss, es also darauf ankommt, möglichst die Gesamt-Ischämiezeit und nicht nur die D2B-Zeit zu verkürzen.

Das ergaben zumindest die gepoolten Daten der Horizons-AMI- und Cadillac-Studien. Eine klare Relation der PCI-Re-sultate zeigte sich bei den Transportzei-ten: Bringt man den Patienten direkt in ein Katheterlabor, sind seine Chancen deutlich größer, als wenn man ihn erst ins benachbarte Krankenhaus abliefert, um ihn von dort in das nächste Herzzen-trum zu verfrachten. Nach Ince heißt die Moral aus dieser Geschichte: „Infarkt-netzwerke müssen flächendeckend etab-liert und gelebt werden.“

Im Dschungel der Blutungsdefinitionen

„Wie finde ich durch den Dschungel der Blutungsdefinitionen und wie kann ich Blutungen beeinflussen?“, lautete das Thema von Prof. Holger Nef, Gießen – eine in der klinischen Praxis brisante Frage. Denn in Studien werden oft ext-rem unterschiedliche Definitionen ver-wendet, die einem Vergleich der Daten im Wege stehen. Um die Vergleichbarkeit zu erleichtern, entwickelte man Blutungs-scores. Inzwischen gibt es aber auch schon eine Inflation an Scores. Nef griff die wichtigsten heraus: den TIMI-, Gus-to-, Acuity-Score, daneben noch Plato, Grace, Steeple, Isth. Die TIMI-, Gusto-, Acuity-Scores untergliedern in kleine, mittlere und schwere Blutungen oder schwere, kleinere und nicht signifikante Blutungen – je nach Score.

Nef spielte die Scores an Kasuistiken durch, um zu zeigen, dass auch die Scores Verwirrung stiften können:Fall 1: Ein 70-jähriger Patient unter 100 mg ASS und 75 mg Clopidogrel wird 6 Monate nach Implantation eines DES-Stents eingeliefert, er war gestürzt. Das craniale CT zeigte eine 2×3 cm frontale intraparenchymale Hämorrhagie.

Daraus ergeben sich folgende Scores, hier mit übereinstimmendem Ergebnis:

—TIMI: Major —GUSTO: Severe —ACUITY: Major

Fall 2: Ein 58-jähriger Patient mit N-STEMI bekam aktuell eine PCI mit DES im LAD. Während der PCI wurde Biva-lirudin appliziert, zudem ASS 100 mg, Ticagrelor 2×90 mg. Im Verlauf entwi-ckelte sich eine Hämatemesis, der Hb fiel von 13 g/dl auf 10,5. Er erhielt eine Ein-heit Erythrozyten-Konzentrat. Der Pati-ent hatte auch ein nicht blutendes Ulkus. Wie groß war das Ausmaß der Blutung?

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Aktuell Kardiologie

—TIMI: Minor —GUSTO: Moderate —ACUITY: Major

Dieser Fall ist ein plastisches Beispiel für den „Dschungel“ an Blutungsscores. Aus dem Dilemma heraus entwickelte man den BARC-Score, benannt nach dem

„Bleeding Academy Research Consorti-um“, ein standardisierter Score für klini-sche Studien, der dem Ganzen eine sys-tematische Struktur verpasst:

—BARC 0: keine Blutung —BARC 1: Blutung ohne Maßnahme —BARC 2: jede Blutung, die nicht zu BARC 3, 4 oder 5 zählt. —BARC 3: A) Offene Blutung, Hb-Ab-fall 3–5 g/dl, jede Transfusion B) wie A) nur Hb-Abfall >5 g/dl, chirurgisches Eingreifen und Medi-

kamente nötig C) intrakranielle Blutung —BARC 4: Bypass-assoziierte Blutungen —BARC 5: fatale Blutungen

Nun herrschen durchaus unterschiedli-che Ansichten über den Stellenwert von Blutungen, unabhängig von den Scores.

Sind die meisten überhaupt schlimm? Die Häufigkeit von Blutungen nach Be-handlung einer ACS wird mit 1 bis 10% angegeben. Blutungen nach PCI werden mit einem „reduzierten Outcome“ asso-ziiert. Nef verwies auf die eindeutige Stu-dienlage. Treten Blutungen im Rahmen der Infarkttherapie auf oder muss trans-fundiert werden, erhöhte sich das Mor-talitätsrisiko. Das ist auch in den europä-ischen Leitlinien festgeschrieben. Blut-transfusionen sollte man bei hämodyna-

misch stabilen Patienten mit einem Hä-matokrit >25% oder einem Hb >7 g/dl möglichst nicht in Betracht ziehen.

Nicht zu vergessen: Blutungen können verhindert werden: So kommt es seltener dazu, wenn der radiale statt des femora-len Zugangs bei der Intervention genutzt wird. Vorausgesetzt, ein erfahrener In-terventionalist ist am Werk. Nicht selten liegt die Blutungsursache in einer Über-dosis der antithrombotischen Therapie. (Cave bei >75-Jährigen, Niereninsuffizi-enz und generell bei Frauen!). Nicht zu-letzt ist die Wahl des Antithromboti-kums entscheidend. So hat sich Bivaliru-din der Kombination aus Heparin und GP IIb/IIIa-Antagonist als überlegen er-wiesen.

Dr. med. Jochen Aumiller

Blick in die Glaskugel

Zukunft der ACS-Therapie

Ein Markenzeichen des Leipziger Update ist der Blick in die Glaskugel. Wetten auf die Zukunft also. Prof. Gerhard C. Schuler, Herzzentrum Leipzig, nahm sich die regio-nale Infarktversorgung im Großraum Leip-zig vor. Er deckte diplomatisch diverse Schwachstellen auf, indem er prophezeite, was sich ändern wird. Für ein lückenloses Netzwerk (Radius ca. 70 km) werde es 4 bis 5 Zentren mit hohem Volumen und ständi-ger Dienstbereitschaft geben. Es wird selbstverständlich werden, dass alle Pati-enten in den Zentren über Funk angemel-det und Infarktpatienten binnen 30 min im PCI-Zentrum abgeliefert werden. Notärzte werden eine „solide Ausbildung in Notfall-Kardiologie“ absolvieren und an regelmä-ßigen Fortbildungen teilnehmen. Und sie werden darüber informiert, was aus ihren Patienten geworden ist.

Bei der PCI wird die rasante Entwicklung weitergehen, die 1977 begann, als Andreas Grüntzig die erste Koronardilatation vor-nahm. Schuler hofft auf die bioresorbier-

baren Stents, die sich auflösen und keinen Fremdkörper hinterlassen. Schon heute wird dies dem Absorb-Stent nachgesagt, dessen Matrix aus dem Polymer Polylactid besteht. Polylactid wird auch in anderen Bereichen der Medizin eingesetzt (z. B. Nahtmaterial oder Gerüstmatrix für das Tissue Engineering). Es wird rückstandslos über den Citratzyklus abgebaut. Auch die Stentbeschichtung, das Immunsuppressi-vum Everolimus, soll bioresorbierbar sein.

Culprit-Läsionen aufspüren

Weiterhin hofft Schuler auf eine Methode, mit der man culprit-Läsionen identifizie-ren kann, also „schuldige“ Stenosen, die einen Infarkt auslösen können, im Gegen-satz zu non-culprit („unschuldige“) Läsio-nen, die den Durchfluss nicht nennens-wert stören und die man nicht interventi-onell angehen sollte. Es wäre in der Tat ein Durchbruch, falls sich mit einem bildge-benden Verfahren riskante und stumme Stenosen zuverlässig unterscheiden lie-ßen, also man rupturierte oder rupturge-fährdete Läsionen identifizieren könnte. Er setzt auf eine Methode, die bisher in der Onkologie zur Identifizierung von Kno-chenmetastasen genutzt wird: die Positro-nenemissionstomografie (PET) unter Ver-wendung des Isotops 18F-NaF. Dass es sich durchaus um eine begründete Hoff-nung handelt, hat kürzlich Nikhil V. Joshi, Universität Edinburgh, in einer prospekti-ven Studie gezeigt.

Vielleicht gelingt es so auch, die stabilen Plaques auszuschließen, die keine Inter-vention brauchen, außer sie wären für eine Flusslimitierung verantwortlich. Die Be-schränkung auf instabile Plaques wäre nicht nur für die Patienten ein Segen, auch die explodierenden Kosten in der Kardiolo-gie könnten wenigstens etwas gedämpft werden. (J. A.)

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Prof. Gerhard C. Schuler, Herzzentrum Leipzig, verspricht sich viel von den bio-resorbierbaren Stents.

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Xarelto 15 mg / 20 mg Filmtabletten. Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Wirkstoff: Rivaroxaban. Vor Verschreibung Fachinformation beachten. Zusammensetzung: Wirkstoff: 15 mg / 20 mg Rivaroxaban. Sonstige Be-standteile: Mikrokristalline Cellulose, Croscarmellose-Natrium, Lactose-Monohydrat, Hypromellose, Natriumdodecylsulfat, Magnesiumstearat, Macrogol (3350), Titanoxid (E171), Eisen(III)oxid (E172). Anwendungsgebiete: Prophylaxe von Schlaganfällen und sys-temischen Embolien bei erwachsenen Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern und einem oder mehreren Risikofaktoren, wie kongestiver Herzinsuffizienz, Hypertonie, Alter ab 75 Jahren, Diabetes mellitus, Schlaganfall oder transitorischer ischämischer At-tacke in der Anamnese. Behandlung von tiefen Venenthrombosen (TVT) und Lungenembolien (LE) sowie Prophylaxe von rezidivierenden TVT und LE bei Erwachsenen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Rivaroxaban oder einen d. sonst. Bestandteile; akute, klinisch relevante Blutungen; Läsionen od. Situationen, wenn diese als signifikantes Risiko für eine schwere Blutung angesehen werden; gleichzeitige Anwendung von anderen Antikoagulanzien außer bei Umstellung der Antikoagulationstherapie auf od. von Rivaroxaban od. wenn unfrakt. Heparin in Dosen gegeben wird, die notwendig sind, um die Durchgängigkeit eines zentralvenösen oder arteriellen Katheters zu erhalten; Lebererkrankungen, die mit einer Koagulopathie u. einem klinisch relevanten Blutungs-risiko, einschließlich zirrhotischer Patienten mit Child Pugh B und C, verbunden sind; Schwangerschaft u. Stillzeit. Vorsichtsmaßnahmen und Warnhinweise: Klinische Überwachung in Übereinstimmung mit der antikoagulatorischen Praxis während der ge-samten Behandlungsdauer empfohlen. Die Gabe von Xarelto sollte bei Auftreten einer schweren Blutung unterbrochen werden. Mit zunehmendem Alter kann sich d. Blutungsrisiko erhöhen. Die Anwendung von Rivaroxaban wird nicht empfohlen bei Patienten: - mit einer schweren Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance < 15 ml/min), - die gleichzeitig eine systemische Behandlung mit Wirkstoffen erhalten, die sowohl CYP3A4 als auch P gp stark inhibieren, z. B. Azol-Antimykotika oder HIV-Proteaseinhibitoren, - die gleichzeitig mit starken CYP3A4 Induktoren behandelt werden, es sei denn, d. Patient wird engmaschig auf Zeichen u. Symptome einer Thrombose überwacht, - mit einem erhöhten Blutungsrisiko und, da keine Daten vorliegen, bei Patienten: - unter 18 Jahren, - mit künstlichen Herzklappen, - mit einer LE, die hämodynamisch instabil sind oder eine Thrombolyse oder pulmonale Embolektomie benötigen, - die zeitgleich mit Dronedaron behandelt werden. Die Anwendung sollte mit Vorsicht erfolgen bei Patienten: - mit einer schweren Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance 15 – 29 ml/min), - mit einer Nierenfunktionsstörung, wenn gleichzeitig andere Arzneimittel eingenommen werden, die zu erhöhten Rivaroxaban Plasmaspiegeln führen, - die gleichzeitig auf die Gerinnung wirkende Arzneimittel erhalten. Für Patienten mit einer mittelschweren oder schweren Nierenfunktionsstörung sowie für Patienten mit einer TVT/LE, deren abgeschätztes Blutungsrisiko überwiegt, gelten spezielle Dosisempfehlungen. Bei Patien-ten mit dem Risiko einer ulzerativen gastrointestinalen Erkrankung kann eine ulkusprophylaktische Behandlung erwogen werden. Obwohl d. Behandlung mit Rivaroxaban keine Routineüberwachung d. Exposition erfordert, können d. mit einem kalibrierten quantitativen Anti-Faktor Xa-Test bestimmten Rivaroxaban-Spiegel in Ausnahmesituationen hilfreich sein. Xarelto enthält Lactose. Nebenwirkungen: Häufig: Anämie, Schwindel, Kopfschmerzen, Augeneinblutungen, Hypotonie, Hämatome, Epistaxis, Hä-moptyse, Zahnfleischbluten, gastrointestinale Blutungen, gastrointestinale u. abdominale Schmerzen, Dyspepsie, Übelkeit, Verstopfung, Durchfall, Erbrechen, Pruritus, Hautrötung, Ekchymose, kutane und subkutane Blutung, Schmerzen in den Extremitäten, Blutungen im Urogenitaltrakt (Menorrhagie sehr häufig bei Frauen < 55 Jahre b. d. Behandlung d. TVT, LE sowie Prophylaxe von deren Rezidiven), Nierenfunktionseinschränkung, Fieber, periphere Ödeme, verminderte Leistungsfähigkeit, Transaminasenan-stieg, postoperative Blutungen, Bluterguss, Wundsekretion. Gelegentlich: Thrombozythämie, allergische Reaktion, allergische Dermatitis, zerebrale und intrakranielle Blutungen, Synkope, Tachykardie, trockener Mund, Leberfunktionsstörung, Urtikaria, Hä-marthros, Unwohlsein, Anstieg von: Bilirubin, alkalischer Phosphatase im Blut, LDH, Lipase, Amylase, GGT. Selten: Gelbsucht, Blutung in einen Muskel, lokale Ödeme, Anstieg von konjugiertem Bilirubin, vaskuläres Pseudoaneurysma. Häufigkeit nicht bekannt: Kompartmentsyndrom oder (akutes) Nierenversagen als Folge einer Blutung. Gelegentlich in gepoolten Phase III Studien: Angioödeme u. allergische Ödeme. Verschreibungspflichtig. Stand: FI/12, November 2013 Bayer Pharma AG, 13342 Berlin, Deutschland

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Schlaganfall-Prophylaxe bei Vorhofflimmern

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Xarelto 15 mg / 20 mg Filmtabletten. Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Wirkstoff: Rivaroxaban. Vor Verschreibung Fachinformation beachten. Zusammensetzung: Wirkstoff: 15 mg / 20 mg Rivaroxaban. Sonstige Be-standteile: Mikrokristalline Cellulose, Croscarmellose-Natrium, Lactose-Monohydrat, Hypromellose, Natriumdodecylsulfat, Magnesiumstearat, Macrogol (3350), Titanoxid (E171), Eisen(III)oxid (E172). Anwendungsgebiete: Prophylaxe von Schlaganfällen und sys-temischen Embolien bei erwachsenen Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern und einem oder mehreren Risikofaktoren, wie kongestiver Herzinsuffizienz, Hypertonie, Alter ab 75 Jahren, Diabetes mellitus, Schlaganfall oder transitorischer ischämischer At-tacke in der Anamnese. Behandlung von tiefen Venenthrombosen (TVT) und Lungenembolien (LE) sowie Prophylaxe von rezidivierenden TVT und LE bei Erwachsenen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Rivaroxaban oder einen d. sonst. Bestandteile; akute, klinisch relevante Blutungen; Läsionen od. Situationen, wenn diese als signifikantes Risiko für eine schwere Blutung angesehen werden; gleichzeitige Anwendung von anderen Antikoagulanzien außer bei Umstellung der Antikoagulationstherapie auf od. von Rivaroxaban od. wenn unfrakt. Heparin in Dosen gegeben wird, die notwendig sind, um die Durchgängigkeit eines zentralvenösen oder arteriellen Katheters zu erhalten; Lebererkrankungen, die mit einer Koagulopathie u. einem klinisch relevanten Blutungs-risiko, einschließlich zirrhotischer Patienten mit Child Pugh B und C, verbunden sind; Schwangerschaft u. Stillzeit. Vorsichtsmaßnahmen und Warnhinweise: Klinische Überwachung in Übereinstimmung mit der antikoagulatorischen Praxis während der ge-samten Behandlungsdauer empfohlen. Die Gabe von Xarelto sollte bei Auftreten einer schweren Blutung unterbrochen werden. Mit zunehmendem Alter kann sich d. Blutungsrisiko erhöhen. Die Anwendung von Rivaroxaban wird nicht empfohlen bei Patienten: - mit einer schweren Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance < 15 ml/min), - die gleichzeitig eine systemische Behandlung mit Wirkstoffen erhalten, die sowohl CYP3A4 als auch P gp stark inhibieren, z. B. Azol-Antimykotika oder HIV-Proteaseinhibitoren, - die gleichzeitig mit starken CYP3A4 Induktoren behandelt werden, es sei denn, d. Patient wird engmaschig auf Zeichen u. Symptome einer Thrombose überwacht, - mit einem erhöhten Blutungsrisiko und, da keine Daten vorliegen, bei Patienten: - unter 18 Jahren, - mit künstlichen Herzklappen, - mit einer LE, die hämodynamisch instabil sind oder eine Thrombolyse oder pulmonale Embolektomie benötigen, - die zeitgleich mit Dronedaron behandelt werden. Die Anwendung sollte mit Vorsicht erfolgen bei Patienten: - mit einer schweren Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance 15 – 29 ml/min), - mit einer Nierenfunktionsstörung, wenn gleichzeitig andere Arzneimittel eingenommen werden, die zu erhöhten Rivaroxaban Plasmaspiegeln führen, - die gleichzeitig auf die Gerinnung wirkende Arzneimittel erhalten. Für Patienten mit einer mittelschweren oder schweren Nierenfunktionsstörung sowie für Patienten mit einer TVT/LE, deren abgeschätztes Blutungsrisiko überwiegt, gelten spezielle Dosisempfehlungen. Bei Patien-ten mit dem Risiko einer ulzerativen gastrointestinalen Erkrankung kann eine ulkusprophylaktische Behandlung erwogen werden. Obwohl d. Behandlung mit Rivaroxaban keine Routineüberwachung d. Exposition erfordert, können d. mit einem kalibrierten quantitativen Anti-Faktor Xa-Test bestimmten Rivaroxaban-Spiegel in Ausnahmesituationen hilfreich sein. Xarelto enthält Lactose. Nebenwirkungen: Häufig: Anämie, Schwindel, Kopfschmerzen, Augeneinblutungen, Hypotonie, Hämatome, Epistaxis, Hä-moptyse, Zahnfleischbluten, gastrointestinale Blutungen, gastrointestinale u. abdominale Schmerzen, Dyspepsie, Übelkeit, Verstopfung, Durchfall, Erbrechen, Pruritus, Hautrötung, Ekchymose, kutane und subkutane Blutung, Schmerzen in den Extremitäten, Blutungen im Urogenitaltrakt (Menorrhagie sehr häufig bei Frauen < 55 Jahre b. d. Behandlung d. TVT, LE sowie Prophylaxe von deren Rezidiven), Nierenfunktionseinschränkung, Fieber, periphere Ödeme, verminderte Leistungsfähigkeit, Transaminasenan-stieg, postoperative Blutungen, Bluterguss, Wundsekretion. Gelegentlich: Thrombozythämie, allergische Reaktion, allergische Dermatitis, zerebrale und intrakranielle Blutungen, Synkope, Tachykardie, trockener Mund, Leberfunktionsstörung, Urtikaria, Hä-marthros, Unwohlsein, Anstieg von: Bilirubin, alkalischer Phosphatase im Blut, LDH, Lipase, Amylase, GGT. Selten: Gelbsucht, Blutung in einen Muskel, lokale Ödeme, Anstieg von konjugiertem Bilirubin, vaskuläres Pseudoaneurysma. Häufigkeit nicht bekannt: Kompartmentsyndrom oder (akutes) Nierenversagen als Folge einer Blutung. Gelegentlich in gepoolten Phase III Studien: Angioödeme u. allergische Ödeme. Verschreibungspflichtig. Stand: FI/12, November 2013 Bayer Pharma AG, 13342 Berlin, Deutschland

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Schlaganfall-Prophylaxe bei Vorhofflimmern

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