Akzeptanz erneuerbarer Energie - Eawag · 2019. 9. 5. · der Energiestrategie 2050 ... Im...

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Akzeptanz erneuerbarer Energie Karin Ingold, Abteilung Umweltsozialwissenschaften Institut für Politikwissenschaften, Uni Bern Ivana Logar, Abteilung Umweltsozialwissenschaften

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Akzeptanz erneuerbarer Energie

Karin Ingold, Abteilung UmweltsozialwissenschaftenInstitut für Politikwissenschaften, Uni Bern

Ivana Logar, Abteilung Umweltsozialwissenschaften

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• 2011: Fukushima und Atomausstieg

• 2012: Erarbeitung des ersten Massnahmenpaketsder Energiestrategie 2050

• 2017: Volksabstimmung

• 2018: Gesetzliche Grundlagen geschaffen mit demInkrafttreten des neuen Energiegesetzes und seinen Verordnungen

Ist dies die Energiewende? Was braucht es zu einer erfolgreichen Umsetzung der gesetzten Ziele?

Ausgangslage

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• NIMBY Phänomen???

Schwierigkeiten in der Umsetzung, warum?

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economist.org

Energyeducation.ca

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Soziale Akzeptanz: wovon?

5

Bkw.chAdmin.ch

Massnahmen (Politik) Infrastrukturprojekte (Energie)

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Soziale Akzeptanz: Ebene?

6

Bkw.chAdmin.ch

National Lokal

Massnahmen (Politik) Infrastrukturprojekte (Energie)

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Soziale Akzeptanz: durch wen?

7

Bkw.chAdmin.ch

National Lokal

Massnahmen (Politik) Infrastrukturprojekte (Energie)

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Soziale Akzeptanz: aktiv/passiv?

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Bkw.chAdmin.ch

National Lokal

Massnahmen (Politik)Aktive Unterstützung(Lobbying oder Entscheid?)

Infrastrukturprojekte (Energie)Einsprache (aktiv); Duldung (passiv)

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Soziale Akzeptanz: aktiv/passiv?

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Bkw.chAdmin.ch

National Lokal

Massnahmen (Politik)Aktive Unterstützung(Lobbying oder Entscheid?)

Massnahmen (Politik)Aktive Unterstützung/Ablehnung an der Urne

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• Soziale Akzeptanz ist ein vielschichtiger Begriff (Dermont et al. 2017; Wüstenhagen et al. 2007)

Wir müssen klar kommunizieren, worüber wir sprechen!

• Im Schweizer Kontext, und spezifisch in der Schweizer Energiepolitik spielen zwei Ebenen eine besonders wichtige Rolle:

Die Bevölkerung: Bürgerinnen und Bürger Die Kantone

Zwischenfazit

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Soziale Akzeptanz: Heute!

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Bkw.chAdmin.ch

Kanton und Bevölkerung Bevölkerung

Massnahmen (Politik)Generelle Zustimmung, hypothetische Unterstützung

Energieträger/ProjekteGenerelle Zustimmung, hypothetische Unterstützung

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• Online-Befragung

• Umfrage-Vortest: 3 Runden (N=540)

• Hauptumfrage 2016 durchgeführt

• Alle deutsch- und französisch-sprachigen Kantone

• Repräsentative Stichprobe von 1500 Befragten

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Bevölkerungsumfrage zum Ausbau der Wasserkraft

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• Bevorzugte Energiequellen?

• Einschätzung der Wasserkraft- und Kernenergie-Risiken?

• Präferenzen für den Ausbau der Wasserkraft?

• Zahlungsbereitschaft für den Ausbau der Wasserkraft?

• Ist die Bevölkerung besorgt über die Umweltauswirkungen?

Hauptanliegen Bevölkerungsumfrage

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1. Einleitende Fragen (Energiespargewohnheiten, Bewusstsein für Stromkosten, bevorzugte Energiequellen)

2. Einstellung und Risikowahrnehmung von Wasserkraft und Kernenergie

3. Choice Experiment (Methode, die die Präferenzen der Befragten und die Zahlungsbereitschaft ermittelt)

4. Sozio-ökonomische Merkmale der Befragten

Struktur Fragebogen

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• Die Präferenzen ermittelt basierend auf:o Auswirkungen auf die Umwelto Erwarteten Anstieg/Abnahme

der Risiken (Staudammbruch oder Nuklearunfall)

Risikoleiter

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A) Ausbau

(Starke Effekte)

(1 von 650’000 Personen)

(1 von 4 Mio. Personen)

+100 CHF/Jahr

Neubau

B) Ausbau

(Geringe Effekte)

(1 von 750’000 Personen)

(1 von 7 Mio. Personen)

+300 CHF/Jahr

Erweiterung

C) Kein Ausbau

(Keine Effekte)

(1 von 900’000 Personen)

(1 von 3 Mio. Personen)

+0 CHF/Jahr

Jetziges Risiko

Kein Ausbau

Jetziges Risiko

Risiko durch einen Staudammbruchumzukommen

Art des Wasserkraftausbaus

Risiko durch einen Nuklearunfallumzukommen

Erhöhung der jährlichen Stromrechnung pro Haushalt

+40% Risiko +20% Risiko

-30% Risiko -60% Risiko

Design des Choice Experimentes

Welche Option bevorzugen Sie?

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0

200

400

600

800

1000

1200

Anza

hl d

er B

efra

gten

Präferenzen für verschiedene Energiequellen

Resultate

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Falls Sie an einer Volksabstimmung teilnehmen könnten, wie würden Sie stimmen?

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Stimme zu

77%

Stimme nicht

zu23%

Stimme zu

90%

Stimme nicht zu

10%

Ausstieg aus der Kernenergie in der Schweiz

Ausbau der Wasserkraft in der Schweiz

Grad der Unterstützung für Ausbau der Wasserkraft / Atomausstieg

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Risikowahrnehmung

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Wie wahrscheinlich ist aus Ihrer Sichtein Staudammbruch in der Schweiz?

Was denken Sie, wie stark würde ein StaudammbruchSie und ihre nähere Familie beeinflussen?

0=sehrunwahrscheinlich

10=sehrwahrscheinlich

0=gar nicht

10=sehrstark

Was denken Sie, wie stark würde ein NuklearunfallSie und ihre nähere Familie beeinflussen?

Wie wahrscheinlich ist aus Ihrer Sichtein Nukleanunfall in der Schweiz?

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Merkmale Choice ExperimentErweiterung bestehende Anlagen (statt Neubau) mit geringen Umwelt-Effekten PositivRisiko durch einen Staudammbruch umzukommen steigt um 40% (statt 20%) NegativRisiko durch einen Nuklearunfall umzukommen sinkt um 60% (statt 30%) PositivPreis (Erhöhung der jährlichen Stromrechnung pro Haushalt) Negativ

Wahrnehmung der PersonenBevorzugt Wasserkraft gegenüber anderen Energiequellen PositivBesorgnis über Staudammbruch in der Schweiz NegativBesorgnis über Nuklearunfall in der Schweiz Positiv

Sozio-ökonomische MerkmaleEinkommen PositivGeschlecht (männliche Befragte) PositivAlter PositivBefragte, die Umweltorganisationen unterstützen Positiv

Einflussfaktoren für Zahlungsbereitschaft

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Zahlungsbereitschaft

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0

50

100

150

200

250

71

171

Zahl

ungs

bere

itsch

aft

pro

Hau

shal

t& J

ahr(

CH

F)

Erweiterungbestehender Anlagen statt Neubau (geringe

Umwelt-Effekte)

Vermeidung einer Erhöhung des

Staudammbruch-Risikos um 40%

Reduzierung des Risikos

eines nuklearen Unfalls um 60%

192

=434 Fr. 45%

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Zahlungsbereitschaft

22

0

50

100

150

200

250

71

171

Zahl

ungs

bere

itsch

aft

pro

Hau

shal

t& J

ahr(

CH

F)

Erweiterungbestehender Anlagen statt Neubau (geringe

Umwelt-Effekte)

Vermeidung einer Erhöhung des

Staudammbruch-Risikos um 40%

Reduzierung des Risikos

eines nuklearen Unfalls um 60%

192

=242 Fr. 25%

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• Wasserkraft ist weiterhin beliebt! – aber: unumstrittenes zukünftiges Potenzial?

• Schweizer Bevölkerung unterstützt Ausbau der Wasserkraft und ist bereit, dafür zu bezahlen

• Negative Umweltauswirkungen sollen minimiert werden

• Wie soll politisch gesteuert werden? (Stadelmann-Steffen/Dermont 2017)

o Kosten ein Akzeptanz-Killer von links bis rechts o Umverteilung: keine klaren Präferenzen von links bis rechtso Hohe Unterstützung für erneuerbare Energien über alle Lager

Erkenntnisse auf Ebene der Bevölkerung

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• Energiepolitik ist eine kantonale Politik - gerade mit Auslauf der KEV im 2022 (Kosten-deckende Einspeisevergütung)o Regionale Gegebenheiten machen gewisse politische Anreize mehr oder weniger

möglich

• Umfrage in den Kantonen Bern, Luzern, Thurgau, Uri und Walliso Jahre 2016/2017; 120 Befragte; Experteninterviewo Energiefachstellen, Vertreter KMU, Parteien, Verbände

• Überall: «Information» ist der kleinste gemeinsame Nenner• Förderprogramme nirgends wirklich beliebt• Im Gegensatz zur Bevölkerung: «Pro-Sumer»• Erfahrungen (positiv/negativ) steigern die Akzeptanz!

Kammermann 2018; Kammermann/Ingold 2018

Wie sieht es auf der kantonalen Ebene aus?

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• Grund-Akzeptanz für erneuerbare Energien besteht!• Die Bevölkerung ist bereit, dafür zu bezahlen• Konkrete Projekte: Kommunikation von «innen nach aussen»• Zusammenspiel zwischen der Bevölkerungs- und der kantonalen Ebene

scheint zentralo Hier gibt es noch viel Luft nach obeno Wie kann man den Pro-Sumer Gedanken auch ohne KEV und kantonal

weitertragen?o Politische Elite muss potentielle Referenden ins Kalkül mit einbezieheno Auf Bewährtem aufbauen: sowohl bei der Energiequelle (Wasserkraft), als

auch bei den Instrumenten

Fazit

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Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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www.energypolicy.ch (eigene Website)

Wissen wie Energie-Präferenzen in Ihrem Kanton aussehen?? (eigene App)

https://www.nfp-energie.ch/de/key-themes/195/synthese(Synthese Akzeptanz: SNF)

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• Dermont, C., Stadelmann-Steffen, I., 2019. The role of policy and party information in direct-democratic campaigns. International Journal of Public Opinion Research (forthcoming).

• Dermont, C., Ingold, K., Kammermann, L., Stadelmann-Steffen, I., 2017. Bringing the policy making perspective in: a political science approach to social acceptance. Energy Policy 108 (July 2016), 359–368.

• Kammermann, L.; Ingold, K. 2018. Going beyond technocratic and democratic principles: Stakeholder acceptance of instruments in Swiss energy policy. Policy Sciences, online.

• Kammermann, L. 2018. Factors Driving the Promotion of Hydroelectricity. A Qualitative Comparative Analysis. Review of Policy Research 35 (2), 213–237.

• Mattmann, M., Logar, I., Brouwer, R., 2016. Hydropower externalities: A meta-analysis. Energy Economics 57, 66-77.

• Mattmann, M., Logar, I., Brouwer, R., 2019. Choice certainty, consistency and monotonicity in discrete choice experiments. Journal of Environmental Economics and Policy 8 (2), 109-127.

• Stadelmann-Steffen, I.; Dermont, C. 2017. Voting on Renewable Energy Policy: Why are Incentive-Based Instruments so Unpopular? Working Paper.

• Wüstenhagen, R., Wolsink, M., Bürer, M.J., 2007. Social acceptance of renewable energy innovation: an introduction to the concept. Energy Policy 35 (5), 2683–2691.

Quellen

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