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Algebra I Walter Gubler 29. April 2010

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Algebra I

Walter Gubler

29. April 2010

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Dieses Skript wurde wahrend meiner Vorlesung Algebra I im WS 09/10an der Eberhard-Karls-Universtitat Tubingen von Robin Ropke erstellt, demich dafur vielmals danke. Das Skript kann nur fur die Horer meiner Vorlesungvon Nutzen sein. Wer sich sonst fur Algebra interessiert, der sei auf dieLiteraturliste am Ende verwiesen, aus der ich alle hier aufgeschriebenenInformationen genommen habe. Vielen Dank auch denjenigen, die mir Fehlerin der Mitschrift gemeldet haben. Es wird noch einige weitere Fehler geben,da die Mitschrift von mir nicht richtig uberpruft wurde. Wer weitere Fehlerfindet, soll sie bitte an [email protected] melden.

Walter Gubler

Einleitung

Die klassische lineare Algebra befasst sich mit dem Losen von linearen Glei-chungen. Das ist ein Spezialgebiet der klassischen Algebra, die sich mitdem Losen von polynomialen Gleichungen in einer oder mehreren Variablenbeschaftigt. Die moderne Algebra befasst sich mit dem Studieren von Ver-knupfungen. Dieser abstrakte Zugang hat den Vorteil, dass man eine Fullevon Anwendungen hat. In dieser Vorlesung werden wir die drei StrukturenGruppen, Ringe und Korper untersuchen, die wir schon in der linearen Alge-bra angetroffen haben. Die Vorlesung dient als Grundlage fur alle weiterenVorlesungen im Bereich Algebra und Zahlentheorie.

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Inhaltsverzeichnis

1 Gruppentheorie 51.1 Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.2 Nebenklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81.3 Faktorgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111.4 Zyklische Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151.5 Permutationsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191.6 Gruppenoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211.7 Die Sylow-Satze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261.8 Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

2 Ringtheorie 332.1 Ringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332.2 Ideale und Restklassenringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362.3 Beispiele fur Ringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402.4 Teilbarkeit in Monoiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422.5 Hauptideale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452.6 Faktorielle Ringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492.7 Polynome uber faktoriellen Ringen . . . . . . . . . . . . . . . 53

3 Korper 593.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593.2 Korpererweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613.3 Algebraische Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663.4 Zerfallungskorper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 693.5 Algebraisch abgeschlossene Korper . . . . . . . . . . . . . . . 73

4 Galois-Theorie 794.1 Normale Korpererweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794.2 Separable Korpererweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

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4 INHALTSVERZEICHNIS

4.3 Galois-Erweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 864.4 Zyklotomische Korpererweiterungen . . . . . . . . . . . . . . 954.5 Auflosbare Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1004.6 Konstruierbarkeit mit Zirkel und Lineal . . . . . . . . . . . . 1034.7 Auflosbarkeit algebraischer Gleichungen . . . . . . . . . . . . 110

A Ubungen 115

Literatur 127

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Kapitel 1

Gruppentheorie

1.1 Gruppen

Gruppen spielen eine wichtige Rolle in der Mathematik, sie treten haufigauf im Zusammenhang mit Symmetrien. Wir fassen in diesem Abschnitt dieGrundlagen zusammen, die zum Teil schon aus der linearen Algebra bekanntsind.

Definition 1.1.1. Eine Gruppe ist eine Menge G mit einer VerknupfungG×G −→ G mit (a, b) 7→ a · b mit folgenden Axiomen:

(i) (a · b) · c = a · (b · c)

(ii) ∃e ∈ G mit a · e = e · a = a

(iii) ∀a ∈ G : ∃a−1 ∈ G mit a · a−1 = a−1 · a = e

Eine Gruppe G mit einer Verknupfung ” · ” heißt abelsch, genau dann, wennsie kommutativ ist. d.h.

a · b = b · a ∀a, b ∈ G.

Bemerkung 1.1.2. (i) Das Neutralelement ist eindeutig

(ii) Die Inverse a−1 ist eindeutig zu jedem a ∈ G

(iii) (a · b)−1 = b−1 · a−1

(iv) Die Gleichung ax=b hat eine Losung in x. Es gilt: x = a−1bDie Gleichung ya=b hat eine Losung in y. Es gilt y = b · a−1

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6 KAPITEL 1. GRUPPENTHEORIE

Beweis. Folgt sofort alles aus den Axiomen.

1.1.3. Ein Homomorphismus ist eine Abbildung ϕ : G1 −→ G2 zwischenden Objekten, die die Struktur erhallt, d.h. wir haben hier eine Abbildungϕ : G1 −→ G2 zwischen Gruppen mit ϕ(a · b) = ϕ(a) · ϕ(b).

Unterobjekte sind Teilmengen eines gegebenen Objekts mit derselben ”ver-erbten” Verknupfung.

Wir definieren eine Untergruppe H einer Gruppe G H ⊆ G mit

e ∈ H a, b ∈ H =⇒ a · b ∈ H a ∈ H =⇒ a−1 ∈ H

Durch diese Axiome erreicht man, dass H selbst eine Gruppe bezuglich dervon G vererbten Verknupfung ist.

Bemerkung 1.1.4. Sei ϕ : G1 −→ G2 ein Homomorphismus

(i) ϕ(e1) = e2 fur das Neutralelement ei von Gi

(ii) ϕ(a−1) = ϕ(a)−1 fur alle a ∈ Gi

(iii) Sei ψ : G2 −→ G3 auch ein Gruppenhomomorphismus. Dann ist ψ ◦ϕein Gruppenhomomorphismus.

Beweis. (i)

ϕ(e1) = ϕ(e1 · e1) = ϕ(e1) · ϕ(e1) =⇒ ϕ(e1) = e2

Hier ist a = ϕ(e1) = b; ax = b hat also Losung x = ϕ(e1) und x = e2

(ii)ϕ(a) · ϕ(a−1) = ϕ(a · a−1) = ϕ(e1) = e2

Also ϕ(a−1) = ϕ(a)−1

(iii)

ψ ◦ ϕ(a · b) = ψ(ϕ(a · b)) = ψ(ϕ(a) · ϕ(b)) = ψ(ϕ(a)) · ψ(ϕ(b))

Also ist ψ ◦ ϕ ein Gruppenhomomorphismus.

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1.1. GRUPPEN 7

1.1.5. Sei ϕ : G1 −→ G2 ein Gruppenhomomorphismus. Wir defineren denKern von ϕ als

ker(ϕ) := ϕ−1(e2) = {a ∈ G1

∣∣ϕ(a) = e2}

ker(ϕ) ist eine Untergruppe von G1, ϕ(G1) ist eine Untergruppe von G2.Weiter ist ϕ genau dann injektiv, wenn ker(ϕ) = {e1}

Beispiel 1.1.6. N0 ist keine Gruppe bezuglich +, da kein Inverses. Jedochsind (Z,+), (Q,+), (R,+), (Q,+) Gruppen. Z, Q, R, C sind bzgl · keineGruppen, da die 0 kein Inverses hat.

1.1.7. Eine Menge M mit einer assoziativen Verknupfung · heißt Monoid,wenn es ein Neutralelement gibt. (N0,+), (Z, ·), (Q, ·) , (R, ·), (C, ·) sindMonoide.

Sei (M, ·) ein Monoid. Dann definieren wir

M∗ := {a ∈M∣∣∃a−1 ∈M mit a−1a = aa−1 = e}

Es folgt sofort aus der Definition, dass M∗ bezuglich ” · ” eine Gruppe ist.Als Beispiele erwahnen wir (Z, ·)∗ = {−1, 1}, (Q, ·)∗ = Q\ {0}.

Beispiel 1.1.8. Sei X eine Menge. Wir definieren uns:M(X) := die Menge aller Abbildungen f : X −→ X und wir benutzen dieVerknupfung ” · ” von Selbstabbildungen. Dann ist M(X) ein Monoid mitNeutralelement.M(X)∗ = ist die Menge der bijektiven Abbildungen. S(X) := M(X)∗ heißtdie symmetrische Gruppe auf X. Speziell wenn X = {1, . . . , n} ist, dann istS(X) die Permutationsgruppe SnJedes σ ∈ Sn hat ein Signum sig(σ) ∈ {−1, 1}. Die Abbildungsig : Sn −→ {±1} ist ein Gruppenhomomorphismus und ker(σ) ist nach 1.5eine Untergruppe von Sn die wir mit An bezeichen und die AlternierendeGruppe hießt.Fur n ≥ 2 sind Sn und An keine abelschen Gruppen.

Bemerkung 1.1.9. Sei V ein Vektorraum uber den Korper K. Wir be-zeichnen mit GL(V ) die Menge der Vektorraumautomorphismen. Dann istGL(V ) eine Untergruppe von S(V ).Fur V = Kn kann man GL(V ) mit der Gruppe der invertierbaren n × n-Matrizen (mit Matrizenmultiplikation) identifiziern. Diese Gruppe wird mitGL(n,K) bezeichnet. In der Linearen Algebra lernt man HomomorphismusGL(n,K) Det.−→ K∗(= K\ {0} , ·) kennen.

SL(n,K) := {A ∈ GL(n,K)∣∣ det(A) = 1}

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8 KAPITEL 1. GRUPPENTHEORIE

ist eine Untergruppe von GL(n,K) und heißt spezielle lineare Gruppe. Furn ≥ 2 ist SL(n,K) und damit auch GL(n,K) nicht abelsch.

Definition 1.1.10. Sei ϕ : G1 −→ G2 ein Gruppenhomomorphismus. Dannheißt ϕ Gruppenisomorphismus, wenn es einen Gruppenhomomorphismusψ : G2 −→ G1 gibt, so dass ϕ ◦ ψ = idG2 und ψ ◦ ϕ = idG1 . Falls G1 = G2,spricht man von einem Automorphismus von Gruppen.

Proposition 1.1.11. Sei ϕ : G1 −→ G2 ein Gruppenhomomorphismus.Dann ist ϕ genau dann ein Isomorphismus, wenn ϕ bijektiv ist.

Beweis. siehe Ubung

Definition 1.1.12. Sei (Gi)i∈I eine Familie von Gruppen. Dann betrachtenwir ∏

i∈IGi =

{(xi)i∈I

∣∣xi ∈ Gi}Wir definieren dann das Produkt der Gruppen (Gi)i∈I als

∏i∈I

Gi versehen

mit der Verknupfung

(xi)i∈I · (yi)i∈I := (xi · yi)i∈I

Bemerkung 1.1.13. Ein haufiges Beispiel ist I = {1, 2}, d.h. G1, G2. Wirhaben dann

G1 ×G2 ={

(g1, g2)∣∣gi ∈ I} mit (g1, g2) · (g′1, g′2) = (g1 · g′1, g2 · g′2)

Es folgt sofort, dass das Produkt von Gruppen wieder eine Gruppe ist.

1.2 Nebenklassen

In diesem Abschnitt ist G eine Gruppe und H eine Untergruppe von G.Unser Ziel ist es in ”G modulo H” zu rechnen.

Beispiel 1.2.1. G = Z und H = 7Z Wir haben dann m ≡ n modulo 7 ⇔m− n ∈ H ⇔ −n+m ∈ H .

Wir wollen diese Konstruktion auf eine beliebige Gruppe G verallgemei-nern. Eine Schwierigkeit dabei ist, dass G nicht kommutativ sein muss.

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1.2. NEBENKLASSEN 9

1.2.2. Wir wollen zuerst die Verknupfung ” ·” erweitern auf Teilmengen vonG. Per Definition ist das Produkt a priori nur auf den Elementen definiert(oder aquivalent auf 1-elementigen Teilmengen). Seien jetzt Y ⊆ G, Z ⊆ G.Wir definieren dann

Y · Z :={y ∈ Y, z ∈ Z

∣∣y · z} ⊆ GDamit erhalten wir eine Verknupfung ” · ” auf die Potenzmenge von GPot(G). Wir bestimmen durch Konvention dass gilt: ∅ · Z := ∅Assoziativitat folgt sofort aus der Assoziativitat von G.Neutralelement: {e} : {e} · Z = {e · z

∣∣z ∈ Z} = ZDamit ist Pot(G) ein Monoid. Es ist keine Gruppe, da die meisten Teilmen-gen kein Inverses haben (z.b. ∅).

Wenn H eine Untergruppe von G ist, dann gilt: H ·H = H. Fur g ∈ Gdefinieren wir

g ·H := {g} ·H = {g · h∣∣h ∈ H}

als Linksnebenklasse von H. Weiter definieren wir fur g1, g2 ∈ G die Relation

g1 ∼ g2 :⇐⇒ g2−1 · g1 ∈ H

und sagen, dass g1 kongruent zu g2 modulo H ist.

Proposition 1.2.3. ∼ ist eine Aquivalenzrelation

Beweis. reflexiv: g−1 · g = e ∈ H, d.h. g ∼ g

symmetrisch sei g1 ∼ g2, d.h. g2−1 · g1 ∈ H =⇒ g1−1 · (g2−1)−1 ∈H =⇒ g2 ∼ g1

transitiv Sei g1 ∼ g2, g2 ∼ g3, d.h. g2−1g1 ∈ H, g3−1g2 ∈ H =⇒(g3−1g2)(g2−1g1) ∈ H =⇒ g1 ∼ g3

Proposition 1.2.4. Sei g ∈ G. Dann ist die Aquivalenzklasse von g bezug-lich ∼ gleich der Linksnebenklasse gH.

Beweis. Aquivalenzklasse von

g = {g′ ∈ G∣∣g′ ∼ g} = {g′ ∈ G

∣∣g−1g′ ∈ H} = {g′ ∈ G∣∣g′ ∈ gH} = gH

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10 KAPITEL 1. GRUPPENTHEORIE

Bemerkung 1.2.5. Die Aquivalenzklassen einer Aquivalenzrelation zerle-gen die Grundmenge (hier = G) in disjunkte Teile. Wir wahlen aus jederAquivalenzklasse genau ein Element. Damit erhalten wir ein Reprasentaten-system.

In unserem Beispiel G = Z und H = 7Z konnen wir als Reprasentanten-system R = {0, 1, 2, . . . , 6} wahlen, aber andere Wahlen sind auch moglich,z.B. R = {−49, 8, 2, 3, 4, 5, 6}.

Ganz allgemein gilt aufgrund von 1.2.4

=⇒ G =⋃g∈R

gH. (?)

1.2.6. Sei g ∈ G. Dann definieren wir die Linkstranslation mit g durchTg : G −→ G mit x 7→ g ·x Die Linkstranslation ist eine bijektive Abbildung,denn sie hat als Umkehrabbildung Tg−1 .

Definition 1.2.7. Sei G nun eine endliche Gruppe. Die Anzahl der Linksne-benklassen von H heißt der Index von H in G. Der Index wird mit (G : H)bezeichnet.

Die Anzahl der Elemente von G heißt die Ordnung von G. Sie wird mitord(G) bezeichnet.

Theorem 1.2.8 (Lagrange).

ord(G) = ord(H)(G : H)

Beweis. Nach (?) gilt:ord(G) =

∑g∈R|gH|

Nach 1.2.6 gilt:

|gH| = |Tg(H)| Tg bij.= |H| = ord(H)

=⇒ ord(G) = |R| · ord(H) Weil R ein Reprasentantensystem ist und dieAquivalenzklasse gleich den Linksnebenklassen, muss |R| = (G : H) seinund es folgt der Satz.

Korollar 1.2.9. ord(H) ist ein Teiler von ord(G)

Bemerkung 1.2.10. Man kann 1.2.7–1.2.9 verallgemeinern fur unendlicheGruppen G, wenn man ord(G) =∞ setzt und die Rechenregeln∞ · n =∞∀n ∈ N ∪ {∞} im Satz von Lagrange benutzt.

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1.3. FAKTORGRUPPEN 11

1.3 Faktorgruppen

Unser Ziel: Sei H wieder eine Untergruppe von G. Wir wollen eine Grup-penstruktur G/H definieren, analog zu Z/7Z.

1.3.1. Wir definieren G/H als Menge der Aquivalenzklassen bezuglich ∼aus 2.6. Also ist G/H = {gH

∣∣g ∈ G} die Menge der Linksnebenklassennach 2.8. Intuitiv wurde man

(g1H) · (g2H) := g1g2H

definieren. Leider funktioniert dies nicht bei beliebigen Untergruppen H vonG, weil die Definition von der Wahl der Repasentanten g1 bzw g2 abhangt.Wir werden eine zusatzliche Eigenschaft an H verlangen und die entspre-chenden Untergruppen Normalteiler nennen. Fur Normalteiler werden wirzeigen, dass obige Definition klappt. Umgekehrt kann man zeigen, dass dieEigenschaft Normalteiler auch hinreichend ist.

Definition 1.3.2. Eine Untergruppe N von G heißt Normalteiler genaudann, wenn gilt:

gNg−1 = N ∀g ∈ G.

Wenn N ein Normalteiler von G ist, dann bezeichnen wir das mit N / G.

Bemerkung 1.3.3. (i) Zur Erinnerung: gNg−1 := {gxg−1|x ∈ N} undwir lassen oft ” · ” weg.

(ii) In einer abelschen Gruppe ist jede Untergruppe ein Normalteiler :

gNg−1 = Ngg−1 = Ne = N

Sei jetzt N / G. Wir erinnern an die Definition

g1 ∼ g2 ⇐⇒ g−12 g1 ∈ N.

Weiter ist G/N der Raum der Aquivalenzklassen. Fur g ∈ G wird mit g dieAquivalenzklasse von g bezeichnet. Wir haben in 1.2.4 gesehen, dass g = gNgilt. Unser Ziel ist es, eine Gruppenstruktur auf G/N reprasentantenweisezu definieren (analog zu Z/nZ):

Proposition 1.3.4. Sei N / G. Dann ist G/N eine Gruppe bezuglichg1 · g2 := g1g2.

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12 KAPITEL 1. GRUPPENTHEORIE

Beweis. Wir mussen zuerst zeigen, dass die oben definierte Verknupfungwohldefiniert ist auf G/N , d.h. unabhangig von der Wahl der Reprasentan-ten.Seien also g1 ∼ g′1, dann ist zu zeigen: g1 · g2 ∼ g′1 · g2.

(g′1g2)−1 · g1g2 = g−12 · (g

′1)−1g1︸ ︷︷ ︸

∈N,g1∼g′1

·g2 ∈ g−12 Ng2

Normalteiler= N =⇒ g1g2 ∼ g′1g2

Sei nun g2 ∼ g′2 dann ist zu zeigen : g1g2 ∼ g1g′2:

(g1g′2)−1 · (g1g2) = (g′2)−1g−11 g1g2 = (g′2)−1g2 ∈ N

Fazit: Die Verknupfung ist wohldefiniert auf G/NDie Gruppenaxiome fur G/N folgen aus den entsprechenden Axiomen furG, weil wir repasentatenweise rechnen durfen.

Definition 1.3.5. G/N heißt Faktorgruppe.

Bemerkung 1.3.6. Die Quotientenabbildung π : G −→ G/N , g 7→ g ist einsurjektiver Gruppenhomomorphismus, weil wir in G/N repasentantenweiserechnen durfen. Dann ist ker(π) = N

Beweis.

g ∈ ker(π) =⇒ π(g) = (e) =⇒ g = e =⇒ g ∼ e 1.2.4=⇒ g ∈ eN = N

Proposition 1.3.7. Sei ϕ : G1 −→ G2 ein Gruppenhomomorphismus, dannist ker(ϕ) ein Normalteiler von G1

Beweis. Schritt 1: Sei g1 ∈ G1, dann gilt: g1ker(ϕ)g−11 ⊆ ker(ϕ)

Fur x ∈ ker(ϕ) gilt:

ϕ(g1xg−11 ) = ϕ(g1)ϕ(x)ϕ(g1)−1

= ϕ(g1)e2ϕ(g1)−1

= ϕ(g1)ϕ(g1)−1

= e2

d.h. g1xg−11 ∈ ker(ϕ) und somit g1ker(ϕ)g−1

1 ⊇ ker(ϕ)

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1.3. FAKTORGRUPPEN 13

Schritt 2: Wir benutzen den ersten Schritt fur g−11 statt fur g1 dies ist

erlaubt, weil g−11 ∈ G1

1.Schritt=⇒ g−11 ker(ϕ)(g−1

1 )−1 ⊂ ker(ϕ) =⇒ g−11 ker(ϕ)g1 ⊆ ker(ϕ)

Mit Multiplikation von links mit g1 und von rechts mit g−11 folgt:

ker(ϕ) = g1(g−11 ker(ϕ)g1)g−1

1 ⊂ g1ker(ϕ)g−11

Theorem 1.3.8 (Homomorphiesatz). Sei ϕ : G1 −→ G2 Gruppenhomo-morphismus. Dann gibt es genau einen Homomorphismusϕ : G1/ker(ϕ) −→ G2, so dass ϕ(x) = ϕ(x). Weiter induziert ϕ einenIsomorphismus

G1/ker(ϕ) ∼−→ ϕ(G1).

Beweis. Siehe Ubung.

Theorem 1.3.9 (1. Isomorphiesatz). Sei G eine Gruppe, H eine Unter-gruppe und N / G. Dann gilt:

(1) HN ist eine Untergruppe von G mit Normalteiler N /HN

(2) H ∩N /H

(3) H/H ∩N −→ (HN)/N, x(H ∩N) 7→ xN ist ein Isomorphismus

Beweis. zu (1):Wir nehmen zwei Elemente h1n1 ∈ HN und h2n2 ∈ HN , mit hi ∈H,ni ∈ N und wir mussen zeigen, dass (h1n1)(h2n2) ∈ HN ist. Wirbenutzen, dass N ein Normalteiler in G ist, und somit

gNg−1 = N ∀g ∈ G

Wenn man dies fur g−1 statt g benutzen, folgt auch

g−1Ng = N ∀g ∈ G (?)

(h1n1)(h2n2) = h1h2 h−12 n1h2︸ ︷︷ ︸

∈N nach (?)

n2 ∈ h1h2Nn2

⊆ h1h2NNUntergruppe

⊆ HN

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14 KAPITEL 1. GRUPPENTHEORIE

Also ist ” · ” eine innere Verknupfung auf HN.Da e = e · e =⇒ e ∈ HNSei hn ∈ HN :

(hn)−1 = n−1h−1 = h−1 hn−1h−1︸ ︷︷ ︸∈N,daN/G

∈ h−1NH Untergruppe

⊆ HN

Somit sind alle Untergruppenaxiome erfullt und (1) folgt.

zu (2):Der Durchschnitt zweier Untergruppen ist offensichtlich wieder eineUntergruppe. Zu zeigen bleibt, dass H∩G die Normalteilereigenschafterfullt:Sei h ∈ H. Zu zeigen ist: h(H ∩N)h−1 = H ∩NSei also n ∈ H ∩ N . Weil H eine Untergruppe ist, muss hnh−1 ∈ H.Weil N / G =⇒ hnh−1 ∈ N . Zusammengefasst gilt: hnh−1 ∈ H ∩ Nund damit haben wir h(H ∩N)h−1 ⊆ H ∩N gezeigt. Wie im Beweisvon 3.9, folgt schon ”=”.

zu (3):Wir betrachten den Gruppenhomomorphismus

ϕ : H −→ (HN)/N, x 7→ xN.

Wir zeigen zuerst, dass ϕ surjektiv ist. Sei hnN ein beliebiges Elementaus (HN)/N . Weil N eine Untergruppe ist, zeigt man leicht, dassnN = N gilt. Dann gilt ϕ(h) = hN = hnN . Also ist ϕ surjektiv.

Als nachstes bestimmen wir den Kern der Abbildung ϕ.

h im Kern ⇐⇒ hN = eN = NN Untergruppe⇐⇒ h ∈ N

Also ist der Kern der obigen Abbildung ist gleich H ∩N .Nach dem Homomorphiesatz folgt, dass die induzierte Abbildungϕ : H/H ∩N ∼−→ HN ein Isomorphismus ist.

Theorem 1.3.10 (2. Isomorphiesatz). Sei H / G, N / G, N ⊆ H ⊆ G.Dann gilt

(1) N /H

(2) H/N / G/N

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1.4. ZYKLISCHE GRUPPEN 15

(3) (G/N)/(H/N) ∼−→ G/H, gN 7→ gH ist ein Gruppenisomorphis-mus.

Beweis. Siehe [1], Satz 1.2.9.

1.4 Zyklische Gruppen

Proposition 1.4.1. Sei Y ⊆ G. Dann ist

〈Y 〉 := {g1δ1 . . . grδr∣∣r ∈ N, gj ∈ Y, δj ∈ {−1, 1}}

die kleinste Untergruppe von G ist, die Y enthalt. Wir nennen 〈Y 〉 die vonY erzeugte Untergruppe von G.

Beweis. Nach Definition bestehen die Elemente auf der rechten Seite ausProdukten von Elementen aus Y oder ihrer Inversen. Deshalb ist klar, dassdie rechte Seite in jeder Untergruppe H enthalten ist mit H ⊇ Y . Weiter istdie rechte Seite eine Untergruppe, denn sie ist abgeschlossen unter ” · ” und(

g1δ1 . . . gr

δr)−1

= (grδr)−1 . . . (g1δ1)−1 = gr−δr . . . g1

−δ1

ist auch von dieser Bauart.

Definition 1.4.2. Fur g ∈ G definieren wir die Potenzen durch g0 := e und

gm := g · g · . . . · g︸ ︷︷ ︸m−mal

, g−m := (g−1)m

fur jedes m ∈ N. Die Ordnung von g ist definiert als

ord(g) := min{n ∈ N∣∣gn = e}

Wenn es kein n ∈ N gibt mit gn = e, dann sei die Ordnung ord(g) :=∞

Bemerkung 1.4.3. Im Abschnitt 1.4 wollen wir die ”einfachsten” Gruppenstudieren. Das sind diejenigen Gruppen, die von einem Element g erzeugtwerden. Sie heißen zyklische Gruppen und haben nach 1.4.1 die Form

G = {gn∣∣n ∈ Z}.

Beachte, dass eine zyklische Gruppe abelsch ist:

gngm = gn+m = gm+n = gmgn

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16 KAPITEL 1. GRUPPENTHEORIE

Das einfachste Beispiel einer zyklischen Gruppe ist Z. Dabei ist 1 daserzeugende Element. Beachte, dass der Erzeuger einer zyklischen Gruppenicht eindeutig ist. In Z ist auch -1 ein erzeugendes Element.

Proposition 1.4.4. (a) Jede Untergruppe von Z hat die Form mZ furgeeignetes m ∈ N

(b) Umgekehrt ist mZ eine Untergruppe von Z fur alle m ∈ Z

(c) m1Z = m2Z⇐⇒ m2 = ±m1

Beweis. zu (a):Sei H eine Untergruppe von Z. Dann konnen wir o.B.d.A: H 6= {0} sodass ∃k ∈ H\ {0} H UG=⇒ −k ∈ HAlso gibt es ein l ∈ H mit l > 0Sei m das kleinste positive Element in H. Wir behaupten, dassmZ = H ist. Weil H eine Untergruppe von Z ist und m ∈ H =⇒ mZ ⊆H. Sei h ∈ H. Mit der Division mit Rest gibt es q, r ∈ Z, 0 ≤ r < m,so, dass

h = q ·m+ r

Da h ∈ H und m ∈ H, folgt, dass q ·m ∈ H und somit auchr = h− q ·m ∈ H. Da wir m aber als das kleinste positive Element inH gewahlt haben, folgt r = 0 Also ist h = qm ∈ Zm, d.h. H ⊆ mZ.Insgesamt ist also H = mZ

(b) und (c) sind trivial.

Lemma 1.4.5. Sei G eine Gruppe und g ∈ G. Dann ist die Ordnung dervon g erzeugten Untergruppe 〈g〉 gleich der Ordnung von g. Sprich:

ord(g) = ord(〈g〉)

Beweis. Wir betrachten die Abbildung ϕ : Z −→ G, n 7→ gn. Aufgrund derPotenzgesetze ist ϕ ein Gruppenhomomorphismus und das Bild von ϕ istgerade gleich 〈g〉 nach 1.4.1. Damit ist ker(ϕ) eine Untergruppe von Z. NachProposition 1.4.4 gibt es ein m ∈ N0 mit ker(ϕ) = Zm. Nun gilt:

gn = gk ⇐⇒ gn−k = e⇐⇒ n− k ∈ ker(ϕ) = Zm⇐⇒ m∣∣n− k (?)

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1.4. ZYKLISCHE GRUPPEN 17

Fall 1: ord(g) <∞:Nach Definition ist ord(g) = kleinste positive Element in ker(ϕ) = m.Andererseits besteht 〈g〉 = {gl

∣∣l ∈ Z} aus den verschiedenen Elemen-ten

e = g0, g = g1, g2, . . . , gm−1 (nach (?))

=⇒ ord(〈g〉) = m = ord(g).

Fall 2: ord(g) =∞:Dann gibt es kein n ∈ Z mit gn = e =⇒ ker(ϕ) = {0}. Nach (?) sindsomit alle gn, n ∈ Z verschiedenen.=⇒ ord(〈g〉) =∞ = ord(g)

Proposition 1.4.6. Sei G eine Gruppe. Dann gilt:

(a) G ist genau dann zyklisch, wenn es ein m ∈ N0 gibt mit G ∼= Z/mZ.

(b) Falls G eine endliche zyklische Gruppe ist, gilt G ∼= Z/ord(G)Z.

(c) Eine unendliche zyklische Gruppe ist isomorph zu Z.

Beweis. zu (a):”⇐=”: ist trivial, da 1 erzeugend in Z/mZ ist.”=⇒” wir betrachten wieder den Gruppenhomomorphismus ϕ : Z −→ G,n 7→ gn aus dem Beweis von Lemma 1.4.5, wobeiG = 〈g〉. wir haben gesehen,dass ker(ϕ) = Zm gilt fur ein m ∈ N0 Nach dem Homomorphiesatz gilt:

Z/mZ = Z/ker(ϕ) ∼= ϕ(Z) Bew. 4.5= 〈g〉 Konstr.= G

Weiter folgt (b) und (c) sofort aus (a).

Bemerkung 1.4.7. Sei g ∈ G, ord(g) <∞, k ∈ Z. Dann gilt

gk = e⇐⇒ ord(g) | k

Beweis. Mit dem ϕ aus dem Beweis von Lemma 1.4.5 folgt:

gk = e⇐⇒ k ∈ ker(ϕ)⇐⇒ k ∈ mZ⇐⇒ k ∈ ord(g)Z⇐⇒ ord(g)∣∣k

Theorem 1.4.8. Sei G eine endliche Gruppe und sei g ∈ G. Dann gilt:

ord(g) | ord(G)

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18 KAPITEL 1. GRUPPENTHEORIE

Beweis. ord(g) = ord(〈g〉) | ord(G).

Lemma 1.4.9 (Lemma von Bezout). Seien a, b ∈ Z. Dann existiert x, y ∈ Zmit xa+ yb = ggT (a, b)

Beweis. Siehe lineare Algebra oder spater im Kapitel Ringtheorie.

Korollar 1.4.10. Fur m ∈ N gilt:

(Z/mZ)∗ = {k∣∣ggT (k,m) = 1}

Hierbei war (Z/mZ)∗ die Gruppe der invertierbaren Restklassen bezuglich”·”.

Beweis.

k ∈ (Z/mZ)∗ ⇔ ∃x ∈ Z/mZ mit k · x = 1⇔ ∃x ∈ Z mit k · x ≡ 1 (mod m)⇔ ∃x, y ∈ Z mit 1− kx = my

⇔ ∃x, y ∈ Z mit kx+my = 1⇔ ggT (k,m) = 1

” ⇐= ” folgt aus dem Lemma von Bezout. ” =⇒ ” Durch Negation: Wennl := ggT (k,m) 6= 1, dann gilt l | k und l | m und damit auchl | kx+my∀x, y ∈ Z.

Definition 1.4.11. Die Eulersche ϕ-Funktion ist gegeben durch

ϕ(m) := |(Z/mZ)∗|

fur alle m ∈ N, d.h. ϕ(m) ist die Anzahl der Elemente in 1, 2, . . . ,m− 1, dieteilerfremd zu m sind (nach Korollar 1.4.10).

Beispiel 1.4.12. (a) ϕ(10) = 4, da 1, 3, 7, 9 alle zu 10 teilerfremdenZahlen < 10 sind.

(b) ϕ(7) = 6

Theorem 1.4.13 (Satz von Euler). Sei a ∈ Z, m ∈ N und ggT (a,m) = 1.Dann gilt:

aϕ(m) ≡ 1 (mod m)

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1.5. PERMUTATIONSGRUPPEN 19

Beweis. Sei G := (Z/mZ)∗. Es ist eine endliche Gruppe bezuglich der Multi-plikation der Ordnung ϕ(m). Nach Korollar 1.4.10 gilt a ∈ G. Aus Theorem1.4.8 folgtord(a) | ord(G) = ϕ(m), also gilt ϕ(m) = l · ord(a) fur ein l ∈ N. NachDefinition gilt

1 = aord(a) =⇒ 1 = 1l =(aord(a)

)l= al·ord(a) = aϕ(m) ∈ (Z/mZ)∗.

Theorem 1.4.14 (Kleiner Satz von Fermat). Sei p prim. und a ∈ Z. Danngilt:

ap ≡ a (mod p)

Beweis. Fall 1: p - a:Nach dem Satz von Euler und ϕ(p) = p − 1 folgt ap−1 ≡ 1 (mod p)und somit ap ≡ a (mod p).

Fall 2: p teilt a:ap ≡ 0 ≡ a (mod p)

1.5 Permutationsgruppen

In diesem Abschnitt werden wir sehen, dass die symmetrische Gruppe S(X)aus 1.1.8 entscheidend ist fur die Gruppentheorie. Wir werden hier insbe-sondere Sn studieren.

Theorem 1.5.1 (Satz von Cayley). Jede Gruppe G ist isomorph zu einerUntergruppe von S(X) fur eine geeignete Menge X. Falls n = ord(G) <∞,dann kann man S(X) = Sn wahlen.

Beweis. Wir wahlen X = G und definieren eine Abbildung ϕ : G −→ S(X),g 7→ Tg, wobei Tg die Linkstranslation mit g ist. Wir haben in 1.2.6 gesehen,dass Tg eine bijektive Abbildung ist und damit ist ϕ wohldefiniert. Wirzeigen, dass ϕ ein Gruppenhomomorphismus ist.Seien g1, g2 ∈ G, dann gilt fur alle x ∈ X = G:

ϕ(g1g2)(x) = Tg1g2(x) = (g1g2)x = g1(g2x)

und derselbe Weg zuruck zeigt

ϕ(g1g2)(x) = Tg1(g2x) = Tg1(Tg2(x)) = (Tg1 ◦ Tg2)(x).

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20 KAPITEL 1. GRUPPENTHEORIE

Es folgt, dass ϕ(g1g2) = Tg1 ◦ Tg2 und somit ist ϕ ein Gruppenhomomor-phismus. Um zu sehen, dass G isomorph ist zu der Untergruppe ϕ(G) vonS(X), genugt es zu zeigen, dass ϕ injektiv ist. Dazu mussen wir nach 1.1.5zeigen, dass ker(ϕ) = {e} gilt.

g ∈ ker(ϕ)⇐⇒ Tg = idG ⇐⇒ g · x = x∀x ∈ G⇐⇒ g = e

und so folgt die Behauptung.Wenn ord(G) = n endlich ist, dann ist X = G bijektiv zu {1, . . . , n} und

somit konnen wir S(X) ersetzen durch {1, . . . , n}.

1.5.2. Die Elemente von Sn heißen Permutationen und sie werden mit

π =(

1 2 3 · · · nπ(1) π(2) π(3) · · · π(n)

)bezeichnet. Ein π ∈ Sn heißt Zyklus, wenn es verschiedene Elemente i1, . . . , irmit r ≥ 2 aus {1, . . . , r} gibt, so dass

i1 → i2 → i3 → . . .→ ir−1 → ir → i1 und π(j) = j ∀j /∈ {i1, . . . , ir}.

Wir bezeichnen diesen Zyklusals π = (i1 · · · ir), dabei ist r die Ordnung vonπ. Zyklen der Ordnung 2 sind Transpositionen.

Proposition 1.5.3. Paarweise disjunkte Zyklen (i1 · · · ir) und (j1 · · · js)kommutieren. Disjunkt heißt

{i1, . . . , ir} ∩ {j1, . . . , js} = ∅.

Beweis. Durch Einsetzen der Zahlen k ∈ {1, . . . , n} sieht man durch eineFallunterscheidung, dass gilt:

((i1 · · · ir) ◦ (j1 · · · js)) (k) = ((j1 · · · js) ◦ (i1 · · · ir)) (k)

Proposition 1.5.4. Sei π ∈ Sn, (i1 · · · ir) ein Zyklus. Dann gilt:

π(i1 · · · ir)π−1 = (π(i1) · · ·π(ir))

Beweis. Funktionert analog durch einsetzen.

Theorem 1.5.5. Jedes π ∈ Sn ist ein Produkt von disjunkten Zyklen, ein-deutig bis auf Reihenfolge.

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1.6. GRUPPENOPERATIONEN 21

Beweis. Mit Induktion nach n:Beginne mit:

i1 = 1→ i2 → i3 → · · · → ir → i1

Der Zyklus (i1 · · · ir) stimmt mit π auf {i1, . . . , ir} uberein. Weil π einePermutation ist, muss π das Komplement K von {1, . . . ir} bijektiv auf sichselbst abbilden. Nach Induktion kann man π

∣∣K

als Produkt von disjunktenZyklen schreiben, eindeutig bis auf eine Reihenfolge, d.h

π∣∣K

= γ2 · · · γt γi ist Zyklus

Setze γ1 = (i1 · · · ir), dann gilt nach Konstruktion:

π = γ1γ2 · · · γt

Die Eindeutigkeit bis auf Reihenfolge ist klar nach Konstruktion.

Theorem 1.5.6. Jedes π ∈ Sn ist Produkt von Transpositionen.

Beweis. Nach Satz 5.5 konnen wir nun OBdA annehmen, dass π = (i1 · · · ir)Es gilt aber:

(i1 · · · ir) = (i1i2)(i2i3)(i3i4) · · · (ir−1ir)

1.6 Gruppenoperationen

Oft treten Gruppen geometrisch auf. Standardbeispiel aus Aufgabe 2 ist dieSymmetriegruppe G des regularen 6-Ecks X. Dies ist die Dieder-GruppeG = D6 mit 12 Elementen. Diese Situation wollen wir jetzt vollkommenabstrakt fur beliebige Gruppen G und beliebige Mengen X verallgemeinern.Dies liefert im nachsten Abschnitt die tiefliegenden Sylowsatze.

Definition 1.6.1. G operiert auf X ⇐⇒ wir haben eine AbbildungG×X −→ X, (g, x) 7→ g · x ∈ X mit:

(a) e · x = x

(b) g1 · (g2 · x) = (g1g2) · x ∀x ∈ X, g1, g2 ∈ G

• X selber wird damit nicht zu einer Gruppe erklart, nur g · x ∈ X istdefiniert fur g ∈ G und x ∈ X.

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22 KAPITEL 1. GRUPPENTHEORIE

• Fur g ∈ G definieren wir eine Abbildung Tg : X −→ X, x 7→ Tg(x) :=g · x. Beachte, dass Tg bijektiv ist mit inverser Abbildung Tg−1 .

Tg−1(Tg(x)) = Tg−1(g · x) = g−1(gx) = (g−1g)x = ex = x

Analog dazu funktioniert Tg ◦ Tg−1 = id

• Insbesondere ist Tg ∈ S(X) und (a), (b) zeigen, dass die AbbildungG −→ S(X), g 7→ Tg ein Gruppenhomomorphismus ist.

• Die Gruppenoperation von G auf X heißt effektiv genau dann wennTg = id nur fur g = e, d.h. der Kern des obigen Gruppenhomomor-phismus G −→ S(X) muss gleich {e} sein.

Beispiel 1.6.2. Sei G eine Gruppe. Wir wahlen X = G und dann habenwir folgende ”naturliche” Gruppenoperation von G auf X:Wir wahlen G × X −→ X, (g, x) 7→ gx als dieselbe Operation, die durchdie Gruppenverknupfung gegeben ist. Dann ist Tg(x) = gx gerade die ”alte”Linkstranslation. Diese Gruppenoperation ist effektiv:

TG = id⇐⇒ gx = x ∀x ∈ X ⇐⇒ g = e

Beispiel 1.6.3. Wir wahlen wieder X := G, definieren aber eine neue Grup-penoperation

G×X −→ X, (g, x) 7→ g � x := gxg−1.

Wir sagen, dass x mit g konjugiert wird. In diesem Fall gilt Tg(x) := gxg−1

und dieses Tg heißt innerer Automorphismus. Wir zeigen, dass Tg wirklichein Gruppen-Automorphismus ist. Die Bijektivitat haben wir ganz allgemeinin 1.6.1 gesehen ud die Behauptung ergibt sich aus

Tg(xy) = g(x, y)g−1 = gxeyg−1 = gxg−1gyg−1 = Tg(x)Tg(y).

Wir mussen noch zeigen, dass � eine Gruppenoperation ist von G auf X.Das uberlassen wir dem Leser als einfache Ubung.

Wir sagen, dass G durch Konjugation auf X = G operiert. Die Grup-penoperation muss nicht effektiv sein, z.B. wenn G abelsch ist, dann gilt:

Tg = id ∀g ∈ G

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1.6. GRUPPENOPERATIONEN 23

Beispiel 1.6.4. Jetzt nehmen wir X := Pot(G) als Potenzmenge von X.Dann operiert G effektiv durch Linkstranslation auf X:

G×X −→ X, (g, Y ) 7→ g · Y.

Man kann dieses Beispiel noch variieren und X als die Menge der Links-nebenklassen einer gegebenen Untergruppe H nehmen. Dieselbe Vorschriftliefert dann eine effektive Gruppenoperation auf der Menge der Linksneben-klassen oder aquivalent auf G/H.

Beispiel 1.6.5. G sei wieder eine Gruppe und X := Pot(G). Dann operiertG auf X = Pot(G) durch Konjugation:

G× Pot(G) =⇒ Pot(G) (g, Y ) 7→ g � y = gY g−1

Wieder ist es leicht zu zeigen, dass das eine Gruppenoperation ist.

Definition 1.6.6. Sei eine Gruppenoperation von G auf der Menge X ge-geben. Fur x ∈ X heißt

Gx = {gx∣∣g ∈ G}

die Bahn von X.

1.6.7. Wir definieren eine Relation ∼ auf X durch

x ∼ y ⇐⇒ ∃g ∈ G mit x = g · y

Wie in Abschnitt 1.2 zeigt man, dass ∼ eine Aquivalenzrelation ist und dieAquivalenzklassen sind die Bahnen.

Eine Gruppenoperation heißt transitiv, wenn X nur aus einer Bahn be-steht.

Definition 1.6.8. Fur x ∈ X heißt

Stab(x) := {g ∈ G∣∣g · x = x}

der Stabilisator von x ∈ X. Offensichtlich ist Stab(x) eine Untergruppe vonG.

Proposition 1.6.9. Wenn G auf X operiert und x ∈ X, dann ist

G/Stab(x) −→ G · x, gStab(x) 7→ g · x

eine Bijektion.

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24 KAPITEL 1. GRUPPENTHEORIE

Beweis. Wir mussen zeigen, dass die Abbildung wohldefiniert ist, das heißtunabhangig von der Wahl des Reprasentanten g in der LinksnebenklassegStab(x). Sei also g′ ∈ gStab(x), d.h. ∃h ∈ Stab(x) mit g′ = g · h

=⇒ g′x = (g · h)x = g(hx) = gx

Surjektiv ist klar aus der Definition der Bahn. Also bleibt die Injektivitatzu zeigen:

g1x = g2x

⇐⇒g−12 (g1x) = g−1

2 (g2x) = x

⇐⇒g−12 g1 ∈ Stab(x)

⇐⇒g1 ∈ g2Stab(x)⇐⇒g1Stab(x) = g2Stab(x)

Theorem 1.6.10 (Klassengleichung). Sei G eine endliche Gruppe, X eineendliche Menge und G operiere auf X. Sei R ein Reprasentatensystem ausX bezuglich der Aquivalenzrelation ∼ von oben, d.h. aus jeder Bahn wahlenwir genau ein Element. Dann gilt:

|X| =∑x∈R

(G : Stab(x))︸ ︷︷ ︸|G|/|Stab(x)|

Beweis. X ist eine disjunkte Vereinigung der Aquivalenzklassen = disjunkteVereinigung der Bahnen.=⇒ |X| =

∑x∈R|Gx|. Nach Prop 6.9 gilt:

|Gx| = |G/Stab(x)| = |G|/|Stab(x)| = (G : Stab(x)) nach Lagrange.

Definition 1.6.11. Sei G eine Gruppe. Dann ist

Z := {x ∈ G∣∣gx = xg∀g ∈ G}

das Zentrum von G.

Das Zentrum ist offensichtlich eine abelsche Gruppe und ein Normalteilervon G:

gZg−1 = Zgg−1 = Ze = Z

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1.6. GRUPPENOPERATIONEN 25

Definition 1.6.12. Sei G eine Gruppe, x ∈ G, dann heißt

Z(x) := {g ∈ G | gx = xg}

der Zentralisator von G.

1.6.13. Man zeight leicht folgende Eigenschaften:

(a) G ist abelsch ⇐⇒ G = Z ⇐⇒ G = Z(x) ∀x ∈ G.

(b) Z(x) ist eine Untergruppe von G.

(c) Z(x) = G⇐⇒ x ∈ Z.

1.6.14. Wir wenden nun die Klassengleichung 1.6.10auf die Operation vonG auf G an, die durch Konjugation gegeben ist (siehe Beispiel 1.6.3). Wirerinnern, dass X := G und die Operation ”� ” war definiert durch Konju-gation:

G×X −→ x, (g, x) 7→ g � x := gxg−1

Es gilt fur x ∈ G:

(i) Stab(x) := {g ∈ G∣∣g � x = x} = Z(x)

(ii) x ∈ Z ⇔ Z(x) = G⇔ {g ∈ G∣∣g � x = x} = G⇔ Bahn G� x hat nur

ein Element.

Beweis. Wir wollen uns die letzte Aquivalenz in (ii) genauer uberlegen:” =⇒ ” Es gelte {g ∈ G

∣∣g � x = x} = G. Dann folgt g � x = x ∀g ∈ G unddamit G� x = {x}.” ⇐= ” Falls die Bahn G � x einelementig ist, dann gilt G � x = {x} undsomit g � x = x ∀g ∈ G.

Theorem 1.6.15. Sei G eine endliche Gruppe. Wir wahlen aus jeder Kon-jugationsklasse {gxg−1

∣∣g ∈ G} = G�x genau ein Element und bilden damitdas Reprasentantensystem R. Weiter sei R′ := {x ∈ R

∣∣|G� x| > 1}. Danngilt die Klassengleichung

ord(G) = ord(Z) +∑x∈R′

(G : Z(x))

Beweis.ord(G) 1.6.10=

∑x∈R

(G : Stab(x))(i)=∑x∈R

(G : Z(x))

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26 KAPITEL 1. GRUPPENTHEORIE

Es gilt: R(ii)= Z∪R′

=⇒ ord(g) =∑x∈Z

(G : Z(x))+∑x∈R′

(G : Z(x))(c)=∑x∈Z

(G : G)︸ ︷︷ ︸=1

+∑x∈R′

(G : Z(x))

und dies zeigt sofort die Behauptung.

Korollar 1.6.16. Sei ord(G) = pk fur eine Primzahl p und k ∈ N. Danngilt: Z 6= {e}

Beweis. Nach Voraussetzung ist p | ord(G). Nach dem Satz von Lagrangegilt:

(G : Z(x)) = ord(G)︸ ︷︷ ︸pk

/ord(Z(x))

Wenn nun x ∈ R′ =⇒ |G � x| ≥ 2 und damit ist Z(x) 6= G nach (ii), alsogilt p | (G : Z(x)). Wenden wir das in der Klassengleichung 1.6.15 an, folgt:p | ord(Z).

1.7 Die Sylow-Satze

Es sei G eine endliche Gruppe. Fur eine Untergruppe H von G gilt:ord(H) | ord(G). Gibt es umgekehrt zu jedem m | ord(G) eine Untergrup-pe H so, dass ord(H) = m? Nicht unbedingt! Aber wir werden in diesemAbschnitt zeigen, dass dies stimmt, wenn m eine Primpotenz ist.

Beispiel 1.7.1. Fur n ≥ 5 kann zeigen, dass die alternierende GruppeAn := {π ∈ Sn

∣∣sig(π) = 1} eine einfache Gruppe ist, dh. sie hat keinenNormalteiler ausser {e} und sich selber (siehe [2], Theorem 4.11). Ande-rerseits wissen wir aus Aufgabe 7, dass jede Untergruppe vom Index 2ein Normalteiler ist. Wir werden gleich zeigen, dass ord(An) = n!

2 gilt.Doch zuerst bemerken wir, dass es fur m := ord(An)

2 keine Untergruppeder Ordnung H gibt. Wurde es eine Untergruppe H von An geben, mitord(H) = m =⇒ (An : H) = ord(An)

ord(H) = 2 =⇒ H / An Widerspruch!Die Ordnung von An bestimmt man mit dem Homomorphiesatz bezug-

lich dem Gruppenhomomorphismus

sig : Sn −→ {−1, 1}, π 7→ sig(π).

Dieser Homomorphismus ist surjektiv, da sig(τ) = −1 fur jede Transpositionτ . Nach Definition ist der Kern gleich An und somit ergibt der Homomor-phiesatz Sn/An ∼= {−1, 1} und vergleich der Ordnungen liefert ord(An) = n!

2 .

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1.7. DIE SYLOW-SATZE 27

Lemma 1.7.2 (Cauchy). Wenn G eine endliche abelsche Gruppe ist und pein Primteiler von ord(G), dann gibt es ein g ∈ G mit ord(g) = p.

Beweis. Mit Induktion nach ord(G).

Induktionsanfang fur p = ord(G): Wahle g ∈ G\{e}. Nach Lemma 1.4.5gilt:

ord(g) = ord(〈g〉) | ord(G)

Da g 6= e und ord(G) = p prim. =⇒ ord(g) = p

Induktionsschritt:Sei ord(G) > p wahle g ∈ G\{e}

Fall 1: p | ord(g):=⇒ ord(g) = pr. Somit hat g′ := gr die Ordnung p nach den Potenz-gesetzen.

(g′)p = (gr)p = grp = gord(g) = e

und es ist klar, dass g′ 6= e und somit ist ord(g′) = p.

Fall 2: p - ord(g):Weil G abelsch ist, muss 〈g〉 ein Normalteiler von G sein. Also konnenwir die Faktorgruppe G′ := G/〈g〉 betrachten. Es gilt mit dem Satzvon Lagrange:

ord(G′) = ord(G)/ord(〈g〉) = ord(G)/ord(g)

Nach Voraussetzung gilt p | ord(G) und p - ord(g). Somit folgt p |ord(G′). Weil g 6= e =⇒ ord(g) > 1 und somit ord(G′) < ord(G).Nach Induktionsvoraussetzung gibt es ein g′ ∈ G′ mit ord(g′) = p.Wahle ein g1 ∈ G mit g′ = g1 ∈ G′ = G/〈g〉

(g′)ord(g1) = g1ord(g1) = g

ord(g1)1 = e

1.4.7=⇒ ord(g′) | ord(g1). Da p = ord(g′) =⇒ p | ord(g1). wie im erstenFall konnen wir damit ein Element der Ordnung p konstruieren.

Theorem 1.7.3 (1. Sylow-Satz). Sei p eine Primzahl ein k ∈ N0 mitpk | ord(G) fur eine endliche Gruppe G. Dann gibt es eine Untergruppe Hvon G mit ord(H) = pk.

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28 KAPITEL 1. GRUPPENTHEORIE

Beweis. Mit Induktion nach ord(G).

Induktionsanfang:ord(G) = 1 =⇒ k = 0. Wahle H = {e}.

Induktionsschritt:Sei ord(G) > 1. Wir konnen annehmen, dann k > 0 ist. Fur k = 0 wahlenwir wieder H = {e}. Wir benutzen jetzt die Klassengleichung 1.6.15:

Fall 1: p - ord(Z).Dann existiert nach der Klassengleichung ein x ∈ R′, so, dass p - (G :

Z(x))Lagrange

= ord(G)ord(Z(x)) =⇒ pk | ord(Z(x)). Weil x ∈ R′ 1.6.14(iii)

=⇒ x /∈ Zund Z(x) 6= G =⇒ ord(Z(x)) < ord(G). Nach Induktionsvorausset-zung hat Z(x) eine Untergruppe H mit ord(H) = pk. Da H auch eineUntergruppe von G, folgt die Behauptung im ersten Fall.

Fall 2: p | ord(Z):Da Z eine abelsche Gruppe ist, konnen wir das Lemma von Cauchyanwenden und finden g ∈ Z mit ord(g) = p. Betrachte N := 〈g〉. WeilN eine Untergruppe von Z ist, muss N ein Normalteiler von G sein:

gNg−1 = Ngg−1 = Ne = N

Damit durfen wir die Faktorgruppe G′ := G/N betrachten.

ord(G′) = ord(G)/ord(N) = ord(G)/ord(g) = ord(G)/p

Nach Induktionsvoraussetzung hat G′ eine Untergruppe H ′ der Ord-nung ord(H ′) = pk−1. Sei π : G −→ G′ = G/N der Quotientenhomo-morphismus und H := π−1(H ′) Nach Aufgabe 1 gilt: π(H) = H/N =H ′ Beachte dass H ⊃ N .

ord(H) = ord(H ′) · ord(N) = pk−1 · p = pk

Definition 1.7.4. Eine Untergruppe H ⊂ G heißt p-Sylow-Untergruppe zurPrimzahl p, wenn ord(H) = pk und pk die maximale p-Potenz ist, die ord(G)teilt.

Theorem 1.7.5 (2. Sylow-Satz). Sei G eine endliche Gruppe und p prim.Dann gilt:

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1.8. KLASSIFIKATION 29

(a) Fur p-Sylow-Untergruppen p1, p2 gibt es ein g ∈ G so, dass P2 =gP1g

−1.

(b) Die Anzahl N der p-Sylow-Untergruppen von G teilt (G : P1) und esgilt N ≡ 1 (mod p)

(c) Jede Untergruppe H mit ord(H) = pl ist enthalten in einer p-Sylow-Untergruppe

Beweis. [2], 1.13

1.8 Klassifikation

Ein wichtiges Problem in allen Bereichen der Mathematik ist es, die Objektezu klassifizieren, d.h. man will eine Liste von Objekten angeben so, dass jedesObjekt genau zu einem Objekt der Liste isomorph ist. Zum Beispiel werdendie endlichen Mengen durch die Liste ({1, 2, . . . , n})n∈N0 klassifiziert. Einweiteres Beispiel aus der Algebra: Alle zyklischen Gruppen werden klassifi-ziert durch die Liste (Z/mZ)m∈N0 nach Proposition 1.4.6. Die Klassifikationder endlichen Gruppen ist viel schwieriger und wahrscheinlich unerreichbar.In diesem Abschnitt werden wir ein paar Teilresultate ohne Beweis sehen.

Theorem 1.8.1. Fur jede Primzahl p ist Z/pZ bis auf Isomorphie die ein-zige Gruppe der Ordnung p.

Beweis. Sei G eine Gruppe der Ordnung p. Dann existiert g ∈ G\{e}. Nachdem Satz von Lagrange gilt:

ord(〈g〉) | ord(G)

Da ord(G) = p prim und g 6= e folgt, dass ord(〈g〉) = p, d.h. G = 〈g〉. NachProposition 1.4.6(b) folgt:

G ∼= Z/ord(G)Z = Z/pZ

Theorem 1.8.2. Jede endliche abelsche Gruppe ist isomorph zu Z/n1Z ×. . .× Z/nrZ.

Beweis. [3], Satz 2.37 oder spater in Algebra 2.

Fur Gruppen G1, . . . , Gr wird das Produkt G1×. . .×Gr zu einer Gruppedurch komponentenweise Multiplikation.

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30 KAPITEL 1. GRUPPENTHEORIE

Theorem 1.8.3 (Chinesischer Restsatz). Sei n = q1 · . . . · qr ∈ N mitq1, . . . , qr paarweise teilerfremd. Dann gilt:

Z/nZ ∼−→ (Z/q1Z)× . . .× (Z/qrZ)

k (mod n) 7→ (k (mod q1), . . . , k (mod qr))

Beweis. Folgt spater in der Ringtheorie

Theorem 1.8.4 (Klassifikation abelscher Gruppen). Jede endliche abelscheGruppe G ist isomorph zu genau einer Gruppe der Form

(Z/q1Z)× . . .× (Z/qsZ) (1.1)

wobei q1, . . . , qs nicht notwendigerweise verschiedene Primzahlpotenzen sind.Dabei heißt (1.1) der Isomorphietyp der Gruppe G.

Beweis. Sei G eine endliche abelsche Gruppe. Nach Theorem 1.8.2 gilt:

G ∼= (Z/n1Z)× . . .× (Z/nrZ) (1.2)

Sei ni = pi1vi1 · . . . · piriviri die Primfaktorzerlegung von ni. Nach dem chi-

nesischen Restsatz gilt:

Z/niZ ∼= (Z/pi1vi1Z)× . . .× (Z/piriviriZ) (1.3)

Setzen wir (1.2) in (1.3) ein, dann erhalten wir G in der gewunschtenForm bis auf Isomorphie. Wir sollten nun noch zeigen, dass die Gruppe(Z/q1Z) × . . . × (Z/qrZ) in der Behauptung eindeutig ist. Dies wollen wirim folgenden Beispiel einsehen. Der allgemeine Fall geht analog und wird inAlgebra 2 bewiesen.

Beispiel 1.8.5. G := (Z/13Z)∗ ist eine abelsche Gruppe bzgl ”·”. Nach Ko-rollar 1.4.10 gilt: ord(G) = 12. Nach dem Klassifizierungssatz 1.8.4 konnenfolgende zwei Falle auftreten:

• G ∼= (Z/3Z)× (Z/4Z)

• G ∼= (Z/2Z)× (Z/2Z)× (Z/3Z)

Dies folgt daraus, dass 12 = 22 · 3 = 2 · 2 · 3 die einzigen Moglichkeiten sind,12 als Produkt von Primzahlpotenzen zu schreiben. In G gilt also:

21 = 2, 22 = 4, 23 = 8, 24 = 3, 25 = 6, 26 = 12 = −1

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1.8. KLASSIFIKATION 31

und somit27 = −2, · · · , 212 = 1.

Wir haben also in G ein Element der Ordnung 12 gefunden. Da in Z/2Z×Z/2Z × Z/3Z alle Elemente der Ordnung kleiner gleich 6 haben (weil wirkomponentenweise rechnen) gilt:

G ∼= Z/3Z× Z/4Z

Prazise gilt fur g = (g1, g2, g3) ∈ Z/2Z× Z/2Z× Z/3Z:

g = (g1, g2, g3)2g = (2g1, 2g2, 2g3)

...ng = (ng1, ng2, ng3)

Die erste Komponente ist 0, wenn n ∈ 2Z ist und analog die zweite Kompo-nente. Die dritte Komponente ist 0, wenn n ∈ 3Z. Insgesamt sehen wir also,dass ng = 0 fur n ∈ 6Z und dies zeigt, dass die Ordnung jedes Element inZ/2Z× Z/2Z× Z/3Z kleiner oder gleich 6 ist.

Proposition 1.8.6. Sei p eine Primzahl. Dann ist jede Gruppe der Ordnungp2 abelsch

Beweis. Siehe Ubungen, Aufgabe 17.

Proposition 1.8.7. Sei p eine ungerade Primzahl und G eine Gruppe derOrdnung 2p. Dann ist G entweder zyklisch oder isomorph zur DiedergruppeDp, d.h. zur Symmetriegruppe des regularen p-Ecks analog zu Aufgabe 2.

Beweis. [3], Folgerung 2.29.

1.8.8. Wir konnen damit alle Gruppen der Ordnung ≤ 7 klassifizieren

Ordnung Isomophietyp zyklisch abelsch Argmumentation1 {0} ja ja2 Z/2Z ja ja 1.8.13 Z/3Z ja ja 1.8.14 Z/4Z ja ja 1.8.6 und

(Z/2Z)× (Z/2Z) nein ja 1.8.45 Z/5Z ja ja 1.8.16 (Z/2Z)× (Z/3Z) ja ja

S3∼= D3 nein nein 1.8.7

7 Z/7Z ja ja 1.8.1

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32 KAPITEL 1. GRUPPENTHEORIE

Bemerkung 1.8.9. Eine Gruppe G heißt einfach ⇐⇒ {e} und G sinddie einzigen Normalteiler von G. In 1.7.1 hatten wir angesprochen, dass Aneinfach ist fur n ≥ 5. Mit Computerhilfe gelang es, alle einfachen endlichenGruppen zu klassifizieren. Der Beweis lasst sich aber von Menschen nichtnachvollziehen.

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Kapitel 2

Ringtheorie

2.1 Ringe

Die Theorie der Ringe orientiert sich an den beiden Standardbeispielen Zund dem Polynomring K[x] mit Koeffizienten im Korper K. In diesem Ab-schnitt werden die grundlegenden Eigenschaften gegeben.

Definition 2.1.1. Ein Ring R ist eine Menge R mit zwei inneren Ver-knupfungen +, · so, dass (R,+) eine abelsche Gruppe ist und so, dass ” · ”assoziativ ist. Weiter sollen die Distributivgesetze gelten:

a · (b+ c) = a · b+ a · c

und(b+ c) · a = b · a+ c · a

Wir wollen auch annehmen, dass R ein Einselement 1 bzgl ” · ” hat.

Definition 2.1.2. Ein Ring heißt kommutativ :⇐⇒ Multiplikation ” · ” istkommutativ.

Bemerkung 2.1.3. Wir bezeichnen die Inverse von a bzgl ” + ” mit −aund setzen a− b := a+ (−b). Wir benutzen folgende Rechenregeln:

(1) a · 0 = 0 = 0 · a

(2) Das Einselement ist eindeutig.

(3) −a = (−1) · a

(d) a · (b− c) = a · b− a · c und (b− c) · a = b · a− c · a

33

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34 KAPITEL 2. RINGTHEORIE

Beweis. Folgt alles sofort aus den Axiomen.

Definition 2.1.4. Ein Korper ist ein kommutativer Ring so, dass K\ {0}eine Gruppe bzgl ” · ” ist.

Beispiel 2.1.5. • Z ist ein kommutativer Ring

• Die n × n Matrizen mit Eintragen aus dem Korper K bilden einenRing der nicht kommutativ ist (fur n ≥ 2).

• Q,R,C,Z/pZ fur p prim bilden Korper.

2.1.6. Sei R ein kommutativer Ring. Wir wollen die aus Z bekannte Teilbar-keit auf R verallgemeinern. Wir nennen a ∈ R ein Teiler von b ∈ R genaudann, wenn es ein c ∈ R gibt, mit a · c = b. Wir nennen b ein Vielfaches vona. Notation a | b.

Wenn a | 1, dann heißt a eine Einheit von R. Nach Definition ist diesaquivalent dazu, dass a invertierbar ist bezuglich der Multiplikation. Wie inder Gruppentheorie gesehen, ist R bzgl der Multiplikation ein Monoid unddie Menge R∗ der Einheiten bildet eine Gruppe bzgl ” · ”.

Wenn es fur a ∈ R ein c ∈ R\ {0} gibt, mit a · c = 0, dann heißt aNullteiler in R. Man darf diesen Begriff nicht mit den Teilern von Null ver-wechseln! Jedes a ∈ R ist ein Teiler von Null in obigem Sinn, aber Nullteilersind meist ganz spezielle Elemente in R.

Definition 2.1.7. Ein Integritatsbereich ist ein kommutativer Ring R mit0 6= 1, der keine Nullteiler verschiedenen von 0 hat.

• Fur diese Integritatsbreiche lohnt es sich, die Teilbarkeitslehre zu be-trachten. Der einzige Ring mit 0 = 1 ist ubrigens {0}, denn aus0 = 1 =⇒ a = a · 1 = a · 0 = 0.

• Z∗ = {−1, 1}, Z ist ein Integritatsbereich.

• Wenn K ein Korper ist, gilt K∗ = K\ {0}. Beachte, dass K immer einIntegritatsbereich ist, denn

0 = acc 6=0⇒ 0 = c−1 · 0 = a.

• Wir betrachten R2 mit der komponentenweise Addition und Multipli-kation, d.h.

(x1, x2)+(y1, y2) = (x1+y1, x2+y2), (x1, x2)·(y1, y2) = (x1·y1, x2·y2)

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2.1. RINGE 35

Dadurch wird R2 zu einem Ring. Beachte, dass R2 kein Integritats-bereich ist. Die Nullteiler haben die Form (x, 0) oder (0, y), denn(0, x) · (y, 0) = (0, 0).

• Z/14Z ist auch kein Integritatsbereich, weil 2 und 7 Nullteiler sind.

2.1.8. Bekanntlich ist Q der kleinste Korper, der Z enthalt. Das wollen wirverallgemeinern fur einen Integritatsbereich. Wir wollen dazu den Quoti-entenkorper konstruieren. Weil diese Konstruktion schon in der LinearenAlgebra gemacht wurde, werden wir uns kurz halten.

Auf R× (R\ {0}) fuhren wir die Aquivalenzrelation

(a, b) ∼ (c, d) :⇐⇒ ad = bc

ein. Die Aquivalenzklasse von (a, b) bezeichnen wir wie gewohnt mit ab . Durch

die Verknupfungen

a

b+c

d:=

ad+ bc

bd

a

b· cd

:=a · cb · d

wird der Raum der Aquivalenzklasse zu einem Ring, den wir mit Quot(R)bezeichnen. Als Einselement haben wir a

a = 11 = 1. Man zeigt leicht, dass

Quot(R) ein Korper ist. Wir nennen Quot(R) deshalb den Quotientenkorpervon R.

Wir haben einen naturlichen injektiven Ringhomomorphismus

i : R −→ Quot(R), a 7→ a

1.

Damit identifizieren wir R mit dem Teilring i(R) von Quot(R). Wir im FallZ ⊂ Q betrachten wir deshalb R als Teilring von Quot(R).

Nach Konstruktion ist Quot(R) der kleinste Korper, der R enthalt.

Definition 2.1.9. Sei ϕ : R1 −→ R2 eine Abbildung zwischen Ringen.Dann heißt ϕ Ringhomomorphismus :⇐⇒ ϕ(a+ b) = ϕ(a) +ϕ(b), ϕ(a · b) =ϕ(a)ϕ(b) und ϕ(1) = 1.

Definition 2.1.10. Ein Ringhomomorphismus ϕ : R1 −→ R2 heißt Ringi-somorphismus :⇐⇒ ∃ψ : R2 −→ R1 Ringhom. so, dass ϕ ◦ ψ = idR2 .

Wie in der Gruppentheorie zeigt man, dass ein Ringhomomorphismusgenau dann ein Ringisomorphismus ist, wenn er bijektiv ist.

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36 KAPITEL 2. RINGTHEORIE

2.1.11. Fur Ringe R1, R2, . . . , Rr definieren wir auf R1 × . . . × Rr eineRingstruktur durch:

(a1, . . . , ar) + (b1, . . . , br) := (a1 + b1, . . . , ar + br)

und(a1, . . . , ar) · (b1, . . . , br) := (a1 · b1, . . . , ar · br)

Wenn r ≥ 2 ist, dann kann R1 × . . .×Rr kein Integritatsbereich sein wegenden Nullteilern (0, . . . 0, ai, 0, . . . 0).

Fur beliebige Familien (Ri)i∈I von Ringen konnen wir∏i∈I

Ri analog zu

einem Ring machen.

2.2 Ideale und Restklassenringe

In diesem Abschnitt sei R ein kommutativer Ring.

2.2.1. Wir haben in der Gruppentheorie die Faktorgruppe G/N definiert,falls N ein Normalteiler ist. Weil (R,+) eine abelsche Gruppe ist, wird somitR/H bzgl der Addition zu einer abelschen Gruppe fur jede additive Unter-gruppe H von R. Im Allgemeinen ist aber die reprasentatenweise definierteMultiplikation auf R/H nicht wohldefiniert. Deshalb fuhrt man folgendeDefinition ein:

Definition 2.2.2. Eine additive Untergruppe I von R heißt Ideal :⇐⇒a · I ⊆ I ∀a ∈ R

Analog zum Normalteiler in der Gruppentheorie besagt die NotationI / R, dass I ein Ideal ist in R.

Proposition 2.2.3. Mit der reprasentantenweise definierten Addition (a+b := a+ b) und Multiplikation (a · b := a · b) wird R/I zu einem Ring

Beweis. Aus der Gruppentheorie folgt, dass die Faktorgruppe (R/I,+) eineabelsche Gruppe ist. Wir wollen zeigen, dass die Multiplikation wohldefiniertist.

Sei also a1 = a2. Zu zeigen: a1 · b = a2 · b. Aber a1 = a2 heißt a1−a2 ∈ I.Daraus folgt mit dem Idealaxiom, dass (a1 − a2) · b = b · (a1 − a2) ∈ I. Alsofolgt b · a1 − b · a2 ∈ I und somit ist a1 · b = a2 · b.

Analog dazu zeigt man, dass aus b1 = b2 auch a · b1 = a · b2 folgt. Somitist die Multiplikation wohldefiniert.

Die Ringaxiome fur R/I folgen sofort aus den entsprechenden Axiomenfur R, weil wir reprasentantenweise rechnen durfen.

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2.2. IDEALE UND RESTKLASSENRINGE 37

Definition 2.2.4. Fur I /R definieren wir R/I als Faktorring. Wir nennendie Elemente von R/I Restklassen modulo I.

Bemerkung 2.2.5. Die kanonische Abbildung π : R −→ R/I, a 7→ a, istein surjektiver Ringhomomorphismus.

2.2.6. Fur einen Homomorphismus ϕ : R1 −→ R2 kommutativer Ringedefineren wir den Kern als

ker(ϕ) := {a ∈ R1

∣∣ϕ(a) = 0}.

Es ist leicht zu sehen, dass ker(ϕ) ein Ideal ist.

Wir erinnern daran, dass S ⊆ R Teilring des Ringes R heißt :⇐⇒ S mit”+, ·” von R ist selber ein Ring.

Satz 2.2.7 (Homomorphiesatz). Sei ϕ : R1 −→ R2 ein Homomorphismuskommutativer Ringe. Dann ist ϕ(R1) ein Teilring von R2 und es gilt:

R1/ ker(ϕ) ∼−→ ϕ(R1), a 7→ ϕ(a)

Beweis. Siehe lineare Algebra oder analog zur Gruppentheorie.

Proposition 2.2.8. Sei I / R. Dann ist I = R⇐⇒ I enthalt eine Einheit.

Beweis. ” =⇒ ” 1 ∈ I = R und damit enthalt I eine Einheit.” ⇐= ” Wir nehmen an, dass I eine Einheit u enthalt. Weil u Einheit

ist, muss u eine Inverse v bzgl der Multiplikation haben, d.h. v ∈ R mitv · u = 1. Sei a ∈ R. Wir mussen zeigen, dass a ∈ I. Wegen

a = 1 · a = u · v · a = v · a · u

folgt a ∈ I, indem wir u ∈ I und das Idealaxiom aus 2.2.2 benutzen. Dieszeigt I = R.

Korollar 2.2.9. In einem Korper K sind {0} und K die einzigen Ideale.

Beweis. Wenn I 6= {0} ein Ideal ist, dann enthalt I eine Einheit und es folgtI = K nach 2.2.8

Korollar 2.2.10. Sei K wieder ein Korper und ϕ : K −→ R ein Ringho-momorphismus. Wir nehmen weiter an, dass R 6= {0}. Dann ist ϕ injektiv.

Beweis. Wie in der Gruppentheorie ist injektiv aquivalent zu kerϕ = {0}.Sei also I = kerϕ. Nach 2.2.9 gilt entweder I = {0} oder I = K. Wegenϕ(1) = 1 ist der zweite Fall ausgeschlossen und somit kerϕ = {0}

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38 KAPITEL 2. RINGTHEORIE

Definition 2.2.11. (a) I / R heißt Maximalideal :⇐⇒ I maximales Ele-ment von {I / R

∣∣I 6= R} bzgl der partiellen Ordnung ⊆.

(b) I / R heißt Primideal genau wenn I 6= R und wenn

ab ∈ I =⇒ a ∈ I oder b ∈ I.

Proposition 2.2.12. Sei R 6= I / R. Dann gilt:

(a) I Primideal ⇐⇒ R/I Integritatsbereich

(b) I Maximalideal ⇐⇒ R/I Korper

Beweis. Fur (a) verweisen wir auf Aufgabe 18 und beweisen hier nur (b):” =⇒ ”: Es gilt [0] 6= [1], da I 6= R vorausgesetzt, =⇒ (R/I)\{[0]} 6= ∅und [1] ist das Einselement. Insbesondere ist R/I nach Proposition 2.2.3 einkommutativer Ring. Es bleibt also zu zeigen: Existenz von Inversen bzgl derMultiplikation.

Sei [a] ∈ (R/I)\{[0]}, das heißt [a] 6= [0] und somit a /∈ I. Weiter istJ := I+Ra ein Ideal. Dass J die Eigenschaften des Ideals erfullt, zeigen wirfolgendermaßen:

• J 6= ∅, da I ⊂ J

• r ∈ R, i1 + r1a ∈ J ⇒ r(i1 + r1a) = ri1︸︷︷︸∈I

+ rr1a︸︷︷︸∈R

∈ J

• i1+r1a, i2+r2a ∈ J ⇒ (i1+r1a)+(i2+r2a) = (i1 + i2)︸ ︷︷ ︸∈I

+ (r1 + r2)a︸ ︷︷ ︸∈R

∈ J

Aus a /∈ I folgt J 6= I. Weil I ein Maximalideal ist, muss J = R gelten.Damit gibt es x ∈ I und y ∈ R mit 1 = x+ ya. Also gilt fur die Restklassenmodulo I, dass [1] = [y][a] = [a][y] und damit ist [a] invertierbar in R/I.Damit haben wir gezeigt, dass R/I ein Korper ist.

” ⇐= ” Sei R/I Korper. Wahle J / R mit J ) I. Zu zeigen ist J = R.Wahle x ∈ J\I. Dann gilt [x] 6= [0] in R/I. Weil R/I ein Korper ist, gibtes ein [y] ∈ (R/I)\{[0]} mit [x][y] = [y][x] = [1]. Daraus schliessen wir1 ∈ xy︸︷︷︸

∈J

+I ⊂ J und nach 2.2.8 folgt J = R.

Korollar 2.2.13. Jedes Maximalideal ist ein Primideal

Beweis. Folgt direkt aus 2.2.12

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2.2. IDEALE UND RESTKLASSENRINGE 39

Proposition 2.2.14. Sei S ein Integritatsbereich, ϕ : R −→ S ein Ringho-momorphismus. Dann ist ker(ϕ) ein Primideal.

Beweis. Siehe Aufgabe 21.

Es ist leicht zu sehen (siehe Aufgabe 19), dass fur zwei Ideale I, J vonR auch I ∩ J und I + J wieder Ideale von R sind.

Satz 2.2.15 (Chinesischer Restsatz fur Ringe). Seien I1, . . . , In Ideale vonR mit Ik + Il = R ∀k 6= l, k, l ∈ {1, . . . , n}. Dann ist die Abbildung

ϕ : R −→ (R/I1)× . . .× (R/In) a 7→ (a+ I1, . . . , a+ In)

ein surjektiver Ringhomomorphismus und ker(ϕ) = I1 ∩ . . . ∩ In.Mit dem Homomorphiesatz 2.2.7 induziert ϕ also einen kanonischen Iso-

morphismus

ϕ : R/(I1 ∩ . . . ∩ In) ∼−→ (R/I1)× . . .× (R/In).

Beweis. 1. Schritt: Ij +⋂k 6=j Ik = R

Fur k 6= j gibt es ein a′k ∈ Ik und ein ak ∈ Ij mit 1 = ak + a′k. MitAusmultiplizieren und der Idealeigenschaft folgt

1 =∏k 6=j

(ak + a′k) ∈ Ij +⋂k 6=j

Ik.

Aus 2.2.8 ergibt sich der 1. Schritt.

2. Schritt: ϕ surjektiv.

Nach dem 1. Schritt gibt es Elemente ej ∈ Ij und e′j ∈⋂k 6=j Ik mit 1 = ej +

e′j . Wir wahlen ein Element (a1+I1, . . . , an+In) aus (R/I1)×. . .×(R/In) undmussen zeigen, dass es im Bild von ϕ ist. Fur j 6= k gelten die Kongruenzen

e′j ≡ 1 (mod Ij), e′k ≡ 0 (mod Ij)

und somit erhalten wir

aj ≡ e′jaj ≡ e′1a1 + · · ·+ e′nan (mod Ij).

Fur a := e′1a1 + · · ·+ e′nan folgt

(a1 + I1, . . . , an + In) = (a+ I1, . . . , a+ In) ∈ (R/I1)× . . .× (R/In)

und somit gilt ϕ(a) = (a1 + I1, . . . , an + In) wie gewunscht.

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40 KAPITEL 2. RINGTHEORIE

3. Schritt: ϕ ist ein Ringhomomorphismus.

Dies folgt sofort aus der Tatsache, dass die Restklassenabbildungen R →R/Ij Ringhomomorphismen sind.

4. Schritt: ker(ϕ) = I1 ∩ . . . ∩ Ina ∈ ker(ϕ)⇐⇒ a ≡ 0 (mod Ij) ∀j ⇐⇒ a ∈

⋂nj=1 Ij

2.3 Beispiele fur Ringe

Wir werden in diesem Abschnitt drei bedeutende Ringkonstruktionen stu-dieren.

2.3.1. Sei R ein kommutativer Ring und n ∈ N =⇒ Mn(R) Ring n × n-Matrizen und Eintragen aus R.

Fur A = (aij) ∈Mn(R) haben wir die Deterimante

det(A) :=∑σ∈Sn

sig(σ)a1,σ(1) · . . . · an,σ(n)

mit der Eigenschaft

det(A ·B) = det(A) det(B). (2.1)

fur alle A,B ∈ Mn(R). Dies folgt wie in der linearen Algebra, da dort dieKorpereigenschaften von R nicht benutzt wurden.

Der Kofaktor cij zu aij ist definiert als

cij = (−1)i+j det(akl)k 6=i,l 6=j .

Dabei nehmen wir die Determinante aus der (n− 1)× (n− 1)-Untermatrixvon A, die durch Streichen der i-ten Zeile und der j-ten Spalte entsteht. DieAdjungierte zu A ist die n × n-Matrix adj(A) := Ct, wobei C die Matrix(cij) aus den Kofaktoren ist. Es gilt adj(A) ∈Mn(R) und analog zur linearenAlgebra folgt

A · adj(A) = adj(A) ·A = det(A). (2.2)

Theorem 2.3.2. A invertierbar in Mn(R)⇐⇒ det(A) invertierbar in R.

Beweis. ” =⇒ ” folgt aus (2.1).”⇐= ” Aus (2.2) folgt A−1 = det(A)−1 · adj(A).

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2.3. BEISPIELE FUR RINGE 41

2.3.3. Die Menge H := {A ∈ M2(C)∣∣∃z, w ∈ C : A =

(z w−w z

)} bildet

einen Teilring von M2(C) und ihre Elemente heißen Quaternionen. Dass diesein Teilring ist, sieht man leicht, bis auf die Abgeschlossenheit bzgl. ” · ”. Esgilt aber:(

z1 w1

−w1 z1

)·(z2 w2

−w2 z2

)=(z1z2 − w1w2 z1w2 + w1z2−z2w1 − w2z1 −w1w2 + z1z2

)∈ H

Man hat die Norm

N(A) := det(A) = |z|2 + |w|2.

Sei A ∈ H, A 6= 0. Dann folgt aus (2.2)

adj(A) =(z −ww z

)=⇒ A−1 =

1N(A)

adj(A) ∈ H.

Folgerung: Die Quaternionen bilden einen Ring, in dem jedes Element 6= 0ein Inverses hat. Wir nennen dies einen Schiefkorper. Achtung! Hier ist ” · ”ist nicht kommutativ.

Der 2-dimensionale R-Vektorraum⟨(1 00 1

),

(i 00 −i

)⟩R

:={a ·(

1 00 1

)+ b ·

(i 00 −i

) ∣∣a, b ∈ R}bildet einen kommutativen Teilring vonH, der isomorph zu C ist unter der R-

linearen Abbildung, die bestimmt wird durch(

1 00 1

)7→ 1 und

(i 00 −i

)7→

i. Die Umkehrabbildung C→ H ist gleich

a+ bi 7→ a

(1 00 1

)+ b

(i 00 −i

)oder mit z := a+ ib ist diese Abbildung gegeben durch

z 7→(z 00 z

)= <z

(1 00 1

)+ =z

(i 00 −i

).

Damit lasst sich C mit einem Teilring von H identifizieren, wie das beiZahlbereichserweiterungen so ublich ist.

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42 KAPITEL 2. RINGTHEORIE

Wir definieren j :=(

0 1−1 0

), k :=

(0 ii 0

). Dann gelten folgende Re-

chenregeln:

i2 = j2 = k2 = −1ij = −ji = k

jk = −kj = i

ki = −ik = j

Somit lasst sich H schreiben als:

H := {x0 + ix1 + jx2 + kx3

∣∣x0, x1, x2, x3 ∈ R}

2.3.4. Seien R,S kommutative Ringe. Der Ring R[x] der Polynome in derVariablen x mit Koeffizienten in R wird analog zum in der linearen Algebrabetrachteten Spezialfall eines Korpers definiert.

Wenn R ein Teilring von S ist, dann haben wir fur s ∈ S einen Ringho-momorphismus

R[x] −→ S, f 7→ f(s),

der Einsetzungsungshomomorphismus heißt.Allgemeiner gilt: Sei f : R −→ S ein Ringhomomorphismus und sei

s ∈ S, dann gibt es genau einen Ringhomomorphismus ϕS : R[x] −→ S mitϕS(x) = s. Um ihn zu konstruieren, setzt man ϕS(

∑k

akxk) :=

∑k

ϕ(ak)sk.

Wir definieren fur f =∑k

akxk ∈ R[x] \ 0 den Grad von f durch

grad(f) := max{k∣∣ak 6= 0}

und wir setzen grad(0) := −∞.Wenn nun R ein Integritatsbereich ist, dann hat man die Gradformel

grad(f · g) = grad(f) + grad(g) ∀f, g ∈ R[x].

Insbesondere ist dann auch R[x] ein Integritatsbereich und es gilt R[x]∗ =R∗.

2.4 Teilbarkeit in Monoiden

Wir hatten schon im Abschnitt 2.1 gesehen, dass man die Teilbarkeitsleh-re im Rahmen der Integritatsbereiche studieren kann. Weil dabei nur die

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2.4. TEILBARKEIT IN MONOIDEN 43

multiplikative Struktur des Ringes eine Rolle spielt, kann man Teilbarkeitallgemeiner in einem kommutativen Monoid untersuchen, das die Kurzungs-regel erfullt.

Wir betrachten also in diesem Abschnitt ein kommutatives Monoid M ,das die Kurzungsregel erfullt. Wir schreiben die Verknupfung von M multi-plikativ. Dann bedeutet die Kurzungsregel folgendes:

ab = ac⇒ b = c ∀a, b, c ∈M.

In den Anwendungen wird M = R\ {0} sein, fur einen IntegritatsbereichR. Wir definieren Teiler, Vielfache und Einheiten von M analog zu 2.1.6.

Definition 2.4.1. a, b ∈ M heißen assoziiert :⇐⇒ a | b und b | a. Wirschreiben dann a ∼ b. Weil | transitiv ist, muss ∼ eine Aquivalenzrelationsein. Aus der Kurzungsregel folgt sofort

a ∼ b⇐⇒ ∃u ∈M∗ (Einheit) mit a = ub.

Definition 2.4.2. a ∈M heißt irreduzibel genau dann, wenn gilt:

(i) a /∈M∗

(ii) b | a =⇒ b ∼ 1 oder b ∼ a

Definition 2.4.3. a ∈M heißt prim genau dann, wenn gilt:

(i) a /∈M∗

(ii) a | bc =⇒ a | b oder a | c

Proposition 2.4.4. a prim =⇒ a irreduzibel.

Beweis. Wenn b | a gilt, dann muss es ein c ∈ R geben mit a = cb. Ins-besondere gilt a | cb. Weil p als prim vorausgesetzt wurde, folgt a | c odera | b. Falls a | c gilt, dann liefert die Kurzungsregel b ∼ 1 (und somit a ∼ c).Falls a ∼ b gilt, dann leiten wir analog b ∼ a her. Damit muss a irreduzibelsein.

Bemerkung 2.4.5. Die Umkehrung von 2.4.4 gilt im Allgemeinen nicht.Wichtig fur uns sind die Monoide, die die Umkehrung erfullen. Wir sagendann, dass M die Primbedingung erfullt.

Definition 2.4.6. • Die Zerlegung a = p1 . . . ps heißt Faktorisierung inirreduzible Elemente pi

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44 KAPITEL 2. RINGTHEORIE

• Die Faktorisierung heißt eindeutig, falls p1, . . . , ps bis auf Permutationund Ubergang zu assoziierten Elementen bestimmt sind.

• M heißt faktoriell :⇐⇒ jedes Element aus M\M∗ hat eine eindeutigeFaktorisierung in irreduzible Elemente.

Definition 2.4.7. M genugt der Teilerkettenbedingung :⇐⇒ Es gibt keineunendliche Kette . . . | an | an−1 | . . . | a1 von paarweise nicht assoziiertenElementen ai ∈M .

Lemma 2.4.8. Jedes faktorielle Monoid erfullt die Teilerkettenbedingung.

Beweis. Dies ist eine einfache Ubung.

Lemma 2.4.9. Falls M die Teilerkettenbedingung erfullt, dann hat jedesa ∈ M\M∗ eine Faktorisierung in irreduzible Elemente. Diese muss nichtnotwendigerweise eindeutig sein.

Beweis (indirekt). Angenommen es gibt ein Element a ∈ M\M∗ das keineFaktorisierung in irreduzible Elemente hat. Nach der Teilerkettenbedingungkonnen wir annehmen, dass a keinen nicht-assoziierten Teiler hat, der auchkeine solche Faktorisierung hat.(Falls es einen solchen Teiler gibt, der keineFaktorisierung in irreduzible Elemente hat, wahlen wir diesen als a. DiesesVorgehen ist aber endlich, da die Teilerkette endlich ist.) Beachte: a istnicht irreduzibel, sonst ware a seine eigene Faktorisierung. =⇒ a = b · cmit b � 1 und b � a =⇒ c � 1 und c � a. Nun muss b oder c auch keineFaktorisierung in irreduzible Elemente haben, sonst ware das Produkt dieserbeiden Faktorisierungen eine Faktorisierung in irreduzible Elemente. Dies istein Widerspruch zur Minimalitat von a.

Lemma 2.4.10. Falls a = p1 . . . pr = q1 . . . qs mit p1, . . . , pr prim undq1, . . . , qs irreduzibel, dann gilt r = s und ∃π ∈ Sr mit pi ∼ qπ(i) ∀i = 1, . . . , r.

Beweis. Induktion nach r:p1 | q1 . . . qs

p1 prim=⇒ p1 | q1 (nach Vertauschung)

q1 irred.=⇒ p1 ∼ q1, d.h.

∃u ∈M∗ : p1 = uq1. Somit gilt

uq1p2 . . . pr = q1 . . . qs.

Weil u eine Einheit ist, muss auch p′2 := up2 prim sein. Mit der Kurzungs-regel folgt

p′2p3 . . . pr = q2 . . . qs.

Mit Induktion folgt dann die Behauptung.

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2.5. HAUPTIDEALE 45

Theorem 2.4.11. M faktoriell ⇐⇒M genugt der Primbedingung und derTeilerkettenbedingung.

Beweis. ” =⇒ ” 2.4.8 liefert die Teilerkettenbedingung. Die Primbedingungist Ub. 7 A26.

”⇐= ”Existenz: Folgt direkt aus 2.4.9Eindeutigkeit: Wegen der Primbedingung folgt aus 2.4.10 die Eindeu-

tigkeit.

2.4.12. Beachte, dass | auf M/ ∼ eine partielle Ordnung definiert. ZurErinnerung:

Partielle Ordnung ⇐⇒ reflexiv︸ ︷︷ ︸a|a

, transitiv︸ ︷︷ ︸a|b,b|c⇒a|c

, antisymmetrisch︸ ︷︷ ︸a|b,b|a⇒a=b

.

Falls es ein maximales Element c bzgl. | under den gemeinsamen Teilernvon a und b gibt, dann heißt c der grosste gemeinsame Teiler von a und b.Wenn c = ggT(a, b) existiert, dann ist c bis auf Assoziiertheit eindeutig.

Analog ist kgV (a, b) definiert als minimales Element bzgl der partiellenOrdnung | unter den gemeinsamen Vielfachen von a und b. Bei exotischenMonoiden muss das gemeinsame Vielfache nicht notwendigerweise existieren.Wenn es aber existiert, dann ist ganz einfach zu sehen, dass es eindeutig ist.

2.4.13. Sei M ein faktorielles Monoid, seien a, b ∈M und

a =∏p prim

pvp(a), b =∏p prim

pvp(b)

die Faktorisierungen von a und b in irreduzible Elemente. Dann existierender großte gemeinsame Teiler und das kleinste gemeinsame Vielfache von aund b und es gilt

ggT(a, b) =∏p prim

pmin(vp(a),vp(b)), kgV(a, b) =∏p prim

pmax(vp(a),vp(b)).

Im Monoid Z \ 0 sind diese Formeln aus der Schule bekannt. Dieselben Ar-gumente beweisen auch den allgemeinen Fall, was in Aufgabe 27 gezeigtwerden soll.

2.5 Hauptideale

In diesem Abschnitt ist R ein kommutativer Ring. Wir werden endlicheErzeugendensysteme von Idealen definieren. Besonders einfach sind Ideale,

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46 KAPITEL 2. RINGTHEORIE

die nur von einem Element erzeugt sind. Sie heißen Hauptideale. Wir wer-den Teilbarkeitseigenschaften ubersetzen in entsprechende Eigenschaften derHauptideale.

2.5.1. Seien g1, . . . , gr ∈ R. Dann ist 〈g1, . . . , gr〉 := Rg1 + Rg2 + . . .+ Rgrdas kleinste kleinste Ideal in R, das g1, . . . , gr enthalt.

Definition 2.5.2. Die Elemente g1, . . . , gr heißen Erzeugende des Ideals I,falls I = 〈g1, . . . , gr〉 gilt.

Definition 2.5.3. (i) I / R Hauptideal :⇐⇒ I wird von einem Elementerzeugt.

(ii) R heißt Hauptidealbereich :⇐⇒ jedes Ideal ist Hauptideal und R istein Integritatsbereich.

Beispiel 2.5.4. Z ist ein Hauptidealbereich, da alle additiven Untergruppendie Form nZ haben (siehe Lemma 1.4.4).

Lemma 2.5.5. Seien g, g′ ∈ R. Dann gilt:

(i) 〈g〉 ⊆ 〈g′〉 ⇐⇒ g′ | g

(ii) 〈g〉 = 〈g′〉 ⇐⇒ g ∈ R∗g′, falls R ein Integritatsbereich ist.

Beweis. • zu (i): 〈g〉 ⊆ 〈g′〉 ⇐⇒ g ∈ 〈g′〉 ⇐⇒ ∃a ∈ R : g = ag′ ⇐⇒ g′ | g

• zu (ii): ” =⇒ ”: 〈g〉 = 〈g′〉 (i)=⇒ ∃u, v ∈ R : g′ug und g = vg′ =⇒ g′ =

uvg′ =⇒ (1 − uv)g′ = 0. Falls g′ = 0, dann gilt auch g = 0 und dieBehauptung ist trivial. Falls g′ 6= 0, dann muss 1 = uv gelten, weil Rein Integritatsbereich ist. Also gilt g ∈ R∗g′.”⇐= ”: Aus g ∈ R∗g′ folgt g | g′ und g′ | g. Mit (i) folgt 〈g〉 = 〈g′〉.

2.5.6. Ab jetzt ist R ein Integritatsbereich. Wir ubertragen alle Beziehun-gen aus Abschnitt 2.4 auf das Monoid M := R\ {0}. Wir haben oft modulo∼ gerechnet, das heißt, wir haben den Raum der Aquivalenzklassen M/M∗

betrachtet. Nach Lemma 2.5.5 ist dieses Monoid isomorph zum Monoid derHauptideale 6= 0 in R bzgl. [g] 7→ Rg = 〈g〉. Dabei entspricht die Teilerrela-tion | der partiellen Ordnung ” ⊇ ” der Hauptideale.

Um die Null dabei zu haben, definieren wir ggT(a, 0) := ggT(0, a) := aund kgV(a, 0) := kgV(0, a) := 0∀a ∈ R.

Im Allgemeinen muss ggT(a, b) nicht immer existieren. Wir konnen denggT(a, b) von a, b ∈ R folgendermassen charakterisieren: Ein Element c ∈ R

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2.5. HAUPTIDEALE 47

ist bis auf Multiplikation mit Einheiten genau dann gleich ggT(a, b), wennfolgende beiden Bedingungen erfullt sind:

• c | a und c | b;

• falls c′ ∈ R ein gemeinsamer Teiler von a und b ist, dann gilt c′ | c.

Analoge Bemerkungen gelten fur kgV(a, b). Wir fordern weiter, dass 0weder prim noch irreduzibel sein soll.

Proposition 2.5.7. Sei R ein Integritatsbereich, g ∈ R\ {0}, I = 〈g〉. Danngilt:

I Primideal ⇐⇒ g prim .

Beweis. ” =⇒ ”: Es gelte g | ab fur a, b ∈ R. Dann folgt ab ∈ I =〈g〉 I Primideal=⇒ a ∈ I oder b ∈ I =⇒ g | a oder g | b.

” ⇐= ”: Falls ab ∈ I fur a, b ∈ R, dann folgt g | ab g prim=⇒ g | a oder

g | b =⇒ a ∈ I = 〈g〉 oder b ∈ I.

Proposition 2.5.8. Sei R ein Hauptidealbereich, a, b ∈ R. Dann gilt:

(i) ggT(a, b) existiert und 〈a, b〉 = 〈ggT(a, b)〉.

(ii) kgV(a, b) existiert und 〈kgV(a, b)〉 = 〈a〉 ∩ 〈b〉.

Beweis. (i): Da R Hauptidealbereich, ∃d ∈ R : 〈d〉 = 〈a, b〉 =⇒ d | a undd | b. Falls es ein c ∈ R gibt mit c | a und c | b, dann folgt wegend = xa + yb mit x, y ∈ R auch c | d. Nach 2.5.6 gilt ggT(a, b) = d bisauf Multiplikation mit Einheiten.

(ii): Geht analog, siehe Aufgabe 28.

Proposition 2.5.9. Sei R ein Integritatsbereich, a ∈ R\ {0}. Dann gilt:

(i) a prim =⇒ a irreduzibel

(ii) a irreduzibel =⇒ a prim, falls R ein Hauptidealbereich ist.

Aussage (ii) ist aquivalent zu der in 2.4.5 gegebenen Primbedingung furdas Monoid R \ {0}.

Beweis. (i): Folgt aus 2.4.4.

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48 KAPITEL 2. RINGTHEORIE

(ii): Sei a | bc mit b, c ∈ R. Wir nehmen a - b an. Weil a irreduzibel ist,folgt ggT(a, b) = 1. Nach 2.5.8 gibt es x, y ∈ R mit 1 = ax + by unddamit

=⇒ c = cax+ cby =⇒ a | c.

Lemma 2.5.10. Sei R ein Hauptidealbereich, I ein Primideal =⇒ I = {0}oder I ist maximal.

Beweis. Siehe Aufgabe 29.

Beispiel 2.5.11. Z hat die Ideale nZ, n ≥ 0. Diese sind nach 2.5.5 alleverschieden und es gilt: Maximalideale ⇐⇒ pZ, p prim.

Satz 2.5.12 (Chinesischer Restsatz fur einen Hauptidealbereich R). Seieng1, . . . , gr paarweise teilerfremd in R\ {0}. Dann gilt:

R/〈g1 · . . . · gr〉∼−→ (R/〈g1〉)× . . .× (R/〈gr〉)

Beweis. Fur k 6= l gilt

〈gk〉+ 〈gl〉 = R2.5.5,2.5.8⇐⇒ ggT(gk, gl) ∼ 1

Also folgt die Behauptung mit 2.2.15.

Korollar 2.5.13. Sei R ein Hauptidealbereich, dann gilt:

(R/〈g1, . . . , gr〉)∗∼−→ (R/〈g1〉)∗ × . . .× (R/〈gr〉)∗

Proposition 2.5.14. Sei g ∈ R\ {0}, R ein Hauptidealbereich. Dann gilt:

[a] ∈ (R/〈g〉)∗ ⇐⇒ ggT(a, g) ∼ 1

Beweis. [a] eine Einheit⇐⇒ ∃x ∈ R so, dass xa = 1 (mod 〈g〉)⇐⇒ ∃x, y ∈R : xa + yg = 1 ⇐⇒ 1 ∈ 〈a, g〉 ⇐⇒ 〈a, g〉 = R

2.5.8⇐⇒ 〈ggT(a, g)〉 = R2.5.5⇐⇒

ggT(a, g) ∼ 1.

2.5.15. Spezialfall : R = Z. Fur n ∈ N sei ϕ(n) := ord((Z/nZ)∗) die euler-sche ϕ-Funktion.

Es gilt: ϕ(n) = |{k ∈ {1, . . . , n− 1}∣∣ ggT(k, n) = 1}| nach 2.5.14 und

ϕ(n ·m) = ϕ(n) · ϕ(m)

fur n und m teilerfremd nach 2.5.13. Um die eulersche ϕ-Funktion zu be-rechnen, benutzt man weiter die offensichtliche Formel

ϕ(pr) = pr − pr−1

fur jede Primzahl p.

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2.6. FAKTORIELLE RINGE 49

2.6 Faktorielle Ringe

Die wichtigste Eigenschaft des Ringes Z ist die eindeutige Primfaktorisierungseiner Elemente. Wir werden in diesem Abschnitt diejenigen Ringe studieren,die auch diese Eigenschaft haben.

Definition 2.6.1. Ein Integritatsbereich R heißt faktoriell ⇐⇒ R\ {0} istfaktoriell.

Proposition 2.6.2 (Division mit Rest). Sei R ein kommutativer Ring, g =adx

d + ad−1xd−1 + . . .+ a0 ∈ R[x], ad ∈ R∗ = (R[x])∗. Dann gilt:

∃!g, r ∈ R[x] mit f = g · q + r und mit grad(r) < d = grad(g).

Beweis. Mit dem aus der Schule bekannten Algorithmus zur Polynomdivi-sion analog zum Fall Z.

Definition 2.6.3. Ein Integritatsbereich R mit Gradabbildungd : R\ {0} −→ N0 heißt euklidischer Ring, wenn ∀f, g ∈ R, g 6= 0 ∃g, r ∈ Rmit f = q · g + r und d(r) < d(g) oder r = 0.

Das heißt, ein euklidischer Ring erlaubt die Division mit Rest.

Beispiel 2.6.4. (a) Z mit d(m) = |m| ist ein euklidischer Ring.

(b) Fur einen Korper K ist K[x] mit d(f) = grad(f) ein euklidischer Ring.

(c) Ein Korper K ist ein euklidischer Ring fur irgendeine Funktion d :K\ {0} −→ N0.

Theorem 2.6.5. Jeder euklidischer Ring ist ein Hauptidealbereich.

Beweis. Der Beweis verlauft analog zu Lemma 1.4.4, siehe Aufgabe 35.

Theorem 2.6.6. Jeder Hauptidealbereich ist faktoriell.

Beweis. Wir wollen Theorem 2.4.11 benutzen und mussen dafur zeigen, dassR\ {0} die Teilerkettenbedingung und die Primbedingung erfullt. Letzteresfolgt aus 2.5.9. Die erste Bedingung zeigen wir uber einen Widerspruch.

Sei also · · · | an | an−1 | · · · | a0 eine unendliche Teilerkette von nichtassoziierten Elementen in R\ {0}. 2.5.5=⇒ 〈a0〉 ( 〈a1〉 ( 〈a2〉 ( . . . ist eine echteaufsteigende Kette von Idealen. Nach Aufgabe 20 ist I :=

⋃j∈N0

〈aj〉 ein Ideal.

Weil R ein Hauptidealbereich ist, gibt es ein g ∈ R\ {0} so, dass 〈g〉 = I.Aufgrund der Definition von I existiert ein j ∈ N0 mit g ∈ 〈aj〉. Daraus folgt

〈g〉 = 〈aj〉 = 〈aj+1〉 = 〈aj+2〉 = . . . .

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50 KAPITEL 2. RINGTHEORIE

Dies ist allerdings ein Widerspruch. Damit folgt die Behauptung.

Korollar 2.6.7. Jeder euklidische Ring ist faktoriell.

Beweis. Folgt direkt aus 2.6.5 und 2.6.6.

2.6.8 (Euklidischer Algorithmus). Fur einen euklidischen Ring kann manden ggT zweier Elemente mit dem euklidischen Algorithmus bestimmen. SeiR ein euklidischer Ring mit Gradabbildung d : R\ {0} −→ N0. Weiter seiena, b ∈ R mit b 6= 0. Unser Ziel ist die Bestimmung des ggT(a, b).

• Schritt 1: Setze a0 := a und a1 := b. Nach Division mit Rest bekom-men wir: a0 = qa1 + r mit q, r ∈ R, d(r) < d(a1) oder r = 0. Setze nuna2 := r. Aufgrund der Summenregel gilt: ggT(a, b) = ggT(a0, a1) =ggT(a1, a2).

• Schritt 2: Falls r = a2 = 0, dann gilt a1 | a0 und damit ggT(a, b) = b.

Falls r = a2 6= 0, dann gehe zu Schritt 1 zuruck mit (a1, a2) statt(a0, a1).

Wegen d(a1) > d(a2) > d(a3) > ... ≥ 0 terminiert der Algorithmus inendlich vielen Schritten. Das heißt es gibt ein n ∈ N mit an+1 = 0 und damitggT(a, b) = ggT(a0, a1) = . . . = ggT(an−1, an) = an.

Beispiel 2.6.9. Berechne zuerst ggT(42, 15):

• 42 = 2 · 15 + 12

• 15 = 1 · 12 + 3

• 12 = 4 · 3 + 0 =⇒ ggT(12, 3) = 3 =⇒ ggT(42, 15) = 3

Als weiteres Beispiel berechnen wir ggT(25326, 1555):

a b q r25326 1555 16 4461555 446 3 217446 217 2 12217 12 18 112 1 12 0

Somit gilt ggT(25326, 1555) = 1.

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2.6. FAKTORIELLE RINGE 51

2.6.10. Gegeben sei eine lineare diophantische Gleichung

ax+ by = c (2.3)

fur gegebene a, b ∈ Z\0. Diophantisch bedeutet hier, dass wir die Gleichunginnerhalb von Z losen wollen, d.h. gesucht sind alle (x, y) ∈ Z2, welche dieobige Gleichung erfullen.Die Idee ist hier ein zum euklidischen Algorithmus analoges Losungsverfah-ren. Division mit Rest liefert a = qb + r mit r ∈ {0, . . . , |b| − 1}. Damitist

ax+ by = c ⇔ b(qx+ y) + rx = c

⇔ bx1 + ry1 = c,

wobei in der zweiten Umformung x1 := qx + y und y1 := x gesetzt wordensind. Man beachte, dass es sich hierbei in der Tat um eine Aquivalenzum-formung handelt, da sich die Variablensubstitution innerhalb von Z durchx = y1 und y = x1 − qy1 ruckgangig machen laßt.Setze a0 := a, a1 := b und a2 := r. Dann ist die alte Gleichung a0x+a1y = cund die neue Gleichung a1x+ a2y = c mit den Bezeichnungen aus dem eu-klidischen Algorithmus.Wir wiederholen das Verfahren parallel zum euklidischen Algorithmus, also

a0x+ a1y = c ⇔ a1x1 + a2y1 = c

⇔ a2x2 + a3y2 = c

⇔ . . ....⇔ an−1xn−1 + anyn−1 = c.

Die letzte Gleichung ist hierbei beim Abbrechen des euklidischen Algorith-mus erreicht und hat die Form

an(qnxn + yn) = c. (2.4)

Da an|an−1, folgt an−1 = qnan, was die Gleichheit im letzten Schritt erklart.Aus 2.6.9 folgt an = ggT(a, b) und so erhalten wir als Fazit:

i) Falls ggT(a, b) kein Teiler von c ist, so hat die Gleichung (2.4) undsomit auch (2.3) keine Losung (x, y) ∈ Z.

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52 KAPITEL 2. RINGTHEORIE

ii) Falls c von ggT(a, b) geteilt wird, so bestimmen wir die allgemeineLosung von (2.3), indem wir die Gleichung (2.4) losen und die Ergeb-nisse dann ”‘ruckwarts einsetzen”’.Genauer bedeutet dies, dass wir xn ∈ Z beliebig wahlen und yn :=can− qnxn setzen. Dies ist dann die allgemeine Losung von (2.4) und

durch Rucktransformation erhalten wir die allgemeine Losung der Aus-gangsgleichung (2.3) in Abhangigkeit des Parameters xn.

Beispiel 2.6.11. Wollen wir uns einmal den obigen Algorithmus in seinerAnwendung betrachten. Sei hierzu die diophantische Gleichung

10098x+ 1485y = 594

gegeben. Fur den euklidischen Algorithmus erhalten wir

10098 = 6 · 1485 + 1188.

Mit x1 = 6x+ y und y1 = x folgt weiter

1485x1 + 1188y1 = 594.

Division mit Rest liefert

1485 = 1 · 1188 + 297.

Damit setzen wir x2 = x1 + y1 und y2 = x1 und erhalten:

1188x2 + 297y2 = 594.

Wenn wir weiter machen mit dem euklidischen Algorithmus, erhalten wir

1188 = 4 · 297 + 0.

Somit ist297(4x2 + y2) = 594

unsere letzte Gleichung und es gilt fur den grossten gemeinsamen Teiler

ggT(10098, 1485) = 297.

Da 297 ein Teiler von c = 594 ist, konnen wir die diophantische Gleichunglosen. Nach Kurzen erhalten wir die allgemeine Losung dieses Ausdrucks aus4x2 + y2 = 2 mit beliebigem x2 ∈ Z und somit y2 = 2− 4x2. Es geht weitermit der Umkehrung der Substitution. Wir erhalten:

• x1 = y2 = 2− 4x2 und y1 = x2 − x1 = x2 − (2− 4x2) = 5x2 − 2

• x = y1 = 5x2 − 2 und y = x1 − 6x = −34x2 + 14

Und eben diese letzten Werte x und y sind unsere allgemeine Losung furbeliebiges x2 ∈ Z.

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2.7. POLYNOME UBER FAKTORIELLEN RINGEN 53

2.7 Polynome uber faktoriellen Ringen

Sei R ein faktorieller Ring; das bedeutet, dass fur jedes Element in R\ {0}eine Faktorisierung in irreduzible Elemente existiert und dass diese Faktori-sierung bis auf Reihenfolge und Multiplikation mit Einheiten eindeutig ist.

In diesem Abschnitt beweisen wir, dass der Polynomring R[x] der Poly-nome mit Koeffizienten in R auch ein faktorieller Ring ist. Am Schluss zeigenwir noch ein Irreduzibilitatskriterium fur Polynome. Die Irreduzibilitat vonPolynomen ist schwierig zu prufen und das Kriterium von Eisenstein ist ofthilfreich.

Zur Erinnerung: a, b ∈ R heißen assoziiert ⇐⇒ a = ub fur ein u ∈ R∗.Wir notieren dann a ∼ b und dies ist eine Aquivalenzrelation. Weiter sei Pein Reprasentantensystem der irreduziblen Elemente in R. Mit Q bezeichnenwir den Quotientenkorper von R, d.h.:

Q = {ab

∣∣a, b ∈ R, b 6= 0}

Satz 2.7.1. Sei α ∈ Q\ {0}. Dann gibt es fur jedes p ∈ P genau ein vp(α) ∈Z so, dass vp(α) = 0 bis auf endlich viele p ∈ P und so, dass

α = u∏p∈P

pvp(α)

fur ein eindeutig bestimmtes u ∈ R∗.

Beweis. Wir nehmen zuerst α ∈ R\ {0} an. Weil R faktoriell ist, gilt α = q1 ·. . . · qr fur irreduzible Elemente q1, . . . , qr ∈ R, eindeutig bis auf Reihenfolgeund Multiplikation mit Einheiten. Fur jedes qi gibt es genau ein pi ∈ P undein ui ∈ R∗ mit qi = uipi. Es folgt α = up1 · . . . · pr fur u := u1 · . . . ·ur ∈ R∗.Indem wir die gleichen pi sammeln, erhalten wir die gewunschte Darstellung.Wenn α = a

b ∈ Q\ {0} beliebig ist, dann benutzen wir den obigen Fallfur Zahler und Nenner. Damit folgt die Existenz im Allgemeinen und dieEindeutigkeit folgt leicht aus der Eindeutigkeit der Faktorisierung in R.

2.7.2. Wir setzen vp(0) := ∞. Wir nennen vp(α) die p-adische Bewertungvon α ∈ Q. Es gilt

vp(α · β) = vp(α) + vp(β),

was wir leicht aus 2.4.13 herleiten konnen.

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54 KAPITEL 2. RINGTHEORIE

2.7.3. Wir wollen die p-adische Bewertung verallgemeinern auf Polynome

f(x) =n∑i=0

aixi ∈ Q[x]:

vp(f) := mini=0,...,n

vp(ai)

Bemerkung 2.7.4. Es gelten folgende Eigenschaften:

(a) vp(f) =∞⇐⇒ f = 0

(b) vp(f) ≥ 0 ∀p ∈ P⇐⇒ f ∈ R[x]

Beweis. Die Aquivalenz in (a) ist klar. Um (b) zu beweisen, benutzen wirdie offensichtliche Tatsache aus der Faktorisierung in irreduzible Elemente,dass fur α ∈ Q\ {0} gilt: α ∈ R⇐⇒ vp(α) ≥ 0 ∀p ∈ P

Lemma 2.7.5 (Gauß-Lemma). Seien f, g ∈ Q[x] und p ∈ P. Dann gilt:

vp(f · g) = vp(f) + vp(g)

Beweis. Falls f ∈ Q, dann stimmen vp(f) uberein aus der Definition 2.7.3und Satz 2.7.1. Nach 2.7.2 gilt also vp(f · g) = vp(f) + vp(g), falls f, g ∈ Q.Wir durfen im Allgemeinen annehmen, dass f 6= 0 und g 6= 0. Man darfauf Grund der obigen Bemerkung f und g mit beliebigen Elementen aus Q∗

multiplizieren. Also dufen wir annehmen, dass f, g ∈ R[x]. Analog darf manannehmen, dass die Koeffizienten von f (bzw g) teilerfremd sind. Dann giltvp(f) = vp(g) = 0, denn ware z.B. vp(f) > 0, dann gilt min vp(ai) > 0 furdie Koeffizienten ai von f und damit p | ai fur alle Koeffizienten ai. Daswiderspricht aber der Teilerfremdheit der Koeffizienten.

Es bleibt also vp(f · g) = 0 zu zeigen. Fur p ∈ P haben wir einen surjek-tiven Ringhomomorphismus

Φp : R[x] −→ (R/pR)[x],n∑i=0

aixi 7→

n∑i=0

aixi.

Es gilt

ker(Φp) = {n∑i=0

aixi | ∀i⇒ p | ai} = pR[x] = {f ∈ R[x]

∣∣vp(f) > 0}. (?)

Nach Proposition 2.5.7 ist pR = 〈p〉 ein Primideal in R. Es folgt mitProposition 2.2.12, dass R/〈p〉 ein Integritatsbereich ist. Insbesondere ist

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2.7. POLYNOME UBER FAKTORIELLEN RINGEN 55

(R/〈p〉)[X] ein Integritatsbereich (als Polynomring uber einem Integritats-bereich, siehe 2.3.4).

Weil Φp ein Ringhomomorphismus ist, muss Φp(f ·g) = Φp(f) ·Φp(g) 6= 0gelten, denn wegen vp(f) = 0 = vp(g) folgt mit (?), dass f, g 6∈ ker(Φp).Wieder mit (?) folgt vp(f · g) = 0 wie gewunscht

Korollar 2.7.6. Sei h ∈ R[x] normiert, d.h. der hochste Koeffizient vonh ist 1. Weiter seien f, g ∈ Q[x] auch normiert mit h = f · g. Dann sindf, g ∈ R[x].

Beweis. Da h ∈ R[x], gilt vp(h) ≥ 0 nach 2.7.4. Weil h normiert und vp(1) =0 =⇒ vp(h) = 0. Mit dem Gauß-Lemma folgt

0 = vp(h) = vp(f) + vp(g).

Weil f, g normiert sind, folgt vp(f) ≤ 0 und vp(g) ≤ 0, somit folgt mit derBeziehung von oben vp(f) = vp(g) = 0.

2.7.7. Sei f(x) =n∑i=0

aixi ∈ Q[x]. Dann definieren wir den Inhalt von f als

µ(f) :=∏p∈P

pvp(f).

Mit dem Gauß-Lemma folgt dann:

µ(f · g) = µ(f) · µ(g) (2.5)

Wenn f ∈ R[x], dann folgt leicht mit der Charakterisierung des ggTdurch die Primfaktorzerlegung aus 2.4.13, dass µ(f) = ggT(a0, . . . , an).

Theorem 2.7.8. Falls R ein faktorieller Ring ist, dann ist auch R[x] einfaktorieller Ring.

Beweis. Aus Theorem 2.6.5 kennen wir diese Behauptung fur einen KorperK (anstatt fur einen faktoriellen Ring R), denn K[x] ist ein euklidischerRing und damit faktoriell. Wir wenden das im Folgenden fur den Quoti-entenkorper Q von R an und reduzieren den allgemeinen Fall auf diesenSpezialfall.

Schritt 1: Sei f ∈ R[x] vom Grad ≥ 1. Dann ist f irreduzibel in R[x]genau dann, wenn f irreduzibel in Q[x] ist und wenn gleichzeitig µ(f) = 1ist.

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56 KAPITEL 2. RINGTHEORIE

Beweis von Schritt 1. ” =⇒ ” Sei also f irreduzibel in R[x] und f = ghfur g, h ∈ Q[x]. Wir mussen zeigen, dass g oder h eine Einheit in Q[x] ist.Sei γ, δ das kgV der Nenner von g bzw h. Damit gilt: g′ := γg ∈ R[x] undh′ := δh ∈ R[x]. Somit ist

γδf = γδgh = g′h′

eine Identitat von Polynomen in R[x]. Weil γ der Hauptnenner von g ist,muss γ jeden Koeffizienten von h′ teilen. Analog teilt δ jeden Koeffizientenvon g′. Somit gilt h′′ := h′/γ ∈ R[x] und g′′ := g′/δ ∈ R[x]. Weil f = g′′h′′

und weil f irreduzibel in R[x] ist, muss g′′ oder h′′ eine Einheit in R[x] sein.O.B.d.A: g′′ ∈ R[x]∗. Insbesondere gilt dann g′′ ∈ Q[x]∗ und damit

g = δγ ∈ Q[x]∗ = Q∗. Es folgt, dass f irreduzibel in Q[x] ist.

Es gilt f = µ(f) ·f ′ fur ein Polynom f ′ ∈ R[x], da der Inhalt µ(f) = ggTder Koeffizienten ist.

Da f irreduzibel in R[x] und vom Grad ≥ 1, muss µ(f) ∈ R[x]∗ geltenund damit folgt µ(f) ∈ R∗, d.h. µ(f) = 1.

”⇐= ” Umgekehrt sei f irreduzibel in Q[x] und µ(f) = 1. Wir nehmenan, dass f = gh mit g, h ∈ R[x]. Zu zeigen ist nun, dass g oder h ∈ R[x]∗.

Aus (2.5) folgt, dass 1 = µ(f) = µ(g) · µ(h). Insbesondere muss dannµ(g) = µ(h) = 1 gelten. Weil f irreduzibel in Q[x] ist, muss g oder h ∈Q[x]∗ = Q\ {0} sein.

O.B.d.A: g ∈ Q\ {0}. Aus g ∈ R[x] folgt g ∈ R\ {0}. Wegen µ(g) = 1folgt g ∈ R∗ = R[x]∗ Damit folgt der erste Schritt.

Beweis des Theorems. Weil Q[x] faktoriell ist, gilt f = f1 · . . . · fr fur irre-duzible Polynome fi ∈ Q[x]. Wir ersetzen fi durch R-Vielfache in R[x] mitInhalt 1, dann gilt: f = µ(f) · f1 · . . . · fr mit fi ∈ R[x] und µ(fi) = 1 furi = 1, . . . , r (benutze (2.5)). Weil fi irreduzibel in Q[x] ist, muss fi irreduzi-bel in R[x] sein nach Schritt 1.

Wenn wir jetzt noch die Faktorisierung von µ(f) in irreduzible Faktorenaus R benutzen ( da ja R faktoriell ist), erhalten wir eine Faktorisierung vonf in irreduzible Polynome in R[x].

Es bleibt die Eindeutigkeit zu zeigen. Seien also f = f1 ·. . .·fr = g1 ·. . .·gszwei solche Faktorisierungen in irreduzible Polynome in R[x]. Wir durfenannehmen, dass f1, . . . , fa bzw g1, . . . , gb die Faktoren vom Grad ≥ 1 sind.Mit (2.5) und durch ersetzen der Faktoren durch R∗-Vielfache erhalten wir

f = µ(f)f1 . . . fa = µ(f)g1 . . . gb,

da nach dem 1. Schritt µ(fi) = µ(gj) = 1 gilt. Insbesondere gilt

f1 . . . fa = g1 . . . gb.

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2.7. POLYNOME UBER FAKTORIELLEN RINGEN 57

WeilQ[x] faktoriell ist, erhalten wir a = b und dass f1, . . . , fa = g1, . . . , gbbis auf Reihenfolge und Multiplikation mit Elementen aus Q∗. Letztere Ele-mente mussen aus R∗ sein, weil der Inhalt all dieser Polynome gleich 1 ist.Wir schließen weiter

fa+1 · · · fr = gb+1 · · · gs.

Weil R faktoriell ist, sind diese Faktoren bis auf Reihenfolge und Multipli-kation mit R∗ gleich.

Korollar 2.7.9. Falls K ein Korper und n ∈ N, dann ist der PolynomringK[x1, . . . , xn] in den Variablen x1, . . . , xn ein faktorieller Ring.

Beweis. Der Polynomring K[x1, . . . , xn] wurde in Aufgabe 25 eingefuhrt.Wir haben gesehen, dass

K[x1, . . . , xn] = S[xn]

fur den Polynomring S := K[x1, . . . , xn−1]. Mit Induktion wissen wir, dassS ein faktorieller Ring ist. Aus Theorem 2.7.8 folgt die Behauptung.

Theorem 2.7.10 (Eisensteinsches Irreduzibilitatskriterium). Sei f(x) =anx

n + an−1xn−1 + . . . + a0 ∈ R[x] vom Grad n ≥ 1. Weiter sei p ein

irreduzibles Element aus R mit p - an, p | ai ∀i < n und p2 - a0. Dann istf(x) irreduzibel in Q[x].

Beweis. Wir betrachten wieder den surjektiven Ringhomomorphismus

Φp : R[x] −→ (R/pR)[x],∑

αkxk 7→

∑αkx

k.

Nach Proposition 2.5.7 ist pR = 〈p〉 ein Primideal in R. Es folgt mitProposition 2.2.12, dass R/〈p〉 ein Integritatsbereich ist. Also ist R/〈p〉 einTeilring seines Quotientenkorpers, den wir hier mit F bezeichnen. Weil F [X]ein euklidischer Ring ist, muss er faktoriell sein (siehe Korollar 2.6.7). WennR ein Hauptidealbereich ist, dann ist R/〈p〉 sogar ein Korper (siehe Lem-ma 2.5.10 und Proposition 2.2.12). Das stimmt aber nicht fur jeden faktori-ellen Ring!

Wir erinnern daran, dass der Inhalt µ(f) von f gleich dem ggT derKoeffizienten a0, . . . , an ist. Es gilt somit f = µ(f) · f ′ fur ein f ′ ∈ R[x]mit µ(f ′) = 1, wobei f ′ := a′nx

n + . . . + a′0 mit a′j := ajµ(f) ∈ R. Weil

p - an =⇒ p - µ(f) und damit gelten die Vorraussetzungen des Theoremsauch fur f ′. Weil f genau dann irreduzibel ist, wenn f ′ irreduzibel ist, konnenwir also O.B.d.A annehmen, dass f = f ′ und damit µ(f) = 1. Nach dem 1.Schritt im Beweis von Theorem 2.7.8 gilt:

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58 KAPITEL 2. RINGTHEORIE

f(x) irreduzibel in Q[x]µ(f)=1⇐⇒ f(x) irreduzibel in R[x].

Wir argumentieren nun indirekt und nehmen an, dass f(x) nicht irreduzibelin R[x] ist.

=⇒ f(x) = g(x) · h(x) mit g(x), h(x) ∈ R[x] und g(x), h(x) 6∈ R[x]∗. Esseien

g(x) = bkxk + bk−1x

k−1 + . . .+ b0, h(x) = clxl + . . .+ c0

mit bk 6= 0, cl 6= 0. Wir bemerken zuerst, dass k, l ≥ 1. (Wenn z.B. l = 0ware, dann folgt aus 1 = µ(f) = µ(g)µ(h) und h = c0, dass h = c0 ∈ R∗und das ware ein Widerspruch.)

Weil Φp ein Ringhomomorphismus ist, folgt:

anxn = Φp(f) = Φp(g) · Φp(h)

Weil F [x] faktoriell ist, muss die Faktorisierung in irreduzible Elemente ein-deutig sein. Weil x irreduzibel ist, mussen Φp(g) und Φp(h) Potenzen von xsein ( bis auf Multiplikation mit Konstanten). Somit gilt

Φp(g) = bkxk, Φp(h) = clx

l.

Insbesondere gilt b0 = 0 = c0 und damit p | b0, p | c0. Weil a0 = b0 · c0, mussp2 | a0 gelten. Dies ist ein Widerspruch zur Annahme und damit folgt dieBehauptung.

Beispiel 2.7.11. f(x) = xp−1 +xp−2 + . . .+x+ 1 ist irreduzibel in Q[x] furjede Primzahl p. Beweisidee: Kriterium von Eisenstein fur f(x + 1), sieheUbungen.

Beispiel 2.7.12. Sei K := k(t) der Korper der rationalen Funktionen uberdem Korper k, d.h. K ist der Quotientenkorper von k[t]. Dann ist xn − tirreduzibel in K[x] fur jedes n ∈ N. Beweisidee: R := k[t] ist faktoriell undt ist irreduzibel in R, dann das Kriterium von Eisenstein anwenden.

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Kapitel 3

Korper

3.1 Grundlagen

In diesem Abschnitt sei K ein Korper. Wir benutzen die Ringtheorie fur denPolynomring K[x] um die im folgenden nutzlichen Fakten zu erhalten:

3.1.1. (a) K[x] ist ein euklidischer Ring bezuglich dem Grad (siehe 2.6.2)und damit ist K[x] ein faktorieller Ring, d.h. es gibt eine Faktorisie-rung in irreduzible Faktoren in K[x] und die Faktorisierung ist bis aufReihenfolge und Multiplikation mit Einheiten eindeutig.

(b) Beachte, dass K[x]∗ = K∗ = K\ {0} (siehe 2.3.4)

(c) fur f(x) ∈ K[x] sind folgende Aussagen aquivalent:

(i) grad(f) ≥ 1 und falls f = g · h mit g, h ∈ K[x], dann mussgrad(g) = 0 oder grad(h) = 0 gelten.

(ii) f /∈ K[x]∗ ∪ {0} und falls f = g · h mit g, h ∈ K[x], dann mussg ∈ K[x]∗ oder h ∈ K[x]∗ gelten.

(iii) f ist irreduzibel in K[x]

(iv) f ·K[x] ist ein Maximalideal in K[x]

(v) K[x]/〈f〉 ist ein Korper

Beweis.

(i)(b)⇐⇒ (ii)

Def.⇐⇒ (iii) 2.5.7−2.5.10⇐⇒ (iv) 2.2.12⇐⇒ (v)

59

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60 KAPITEL 3. KORPER

3.1.2. Falls die irreduziblen Faktoren von f ∈ K[x]\K alle Grad 1 haben,dann sagt man, dass f in Linearfaktoren zerfallt. Wenn dann der fuhrendeKoeffizient von f gleich an ist, folgt

f(x) = an(x− α1)v1 · . . . · (x− αr)vr (1)

fur paarweise verschiedenen α1, . . . αr ∈ K und v1, . . . , vr ∈ N. Es ist durcheinsetzen klar, dass α1, . . . , αr alle Nullstellen von f sind. Wir nennen vj dieMultiplizitat der Nullstelle αj

Proposition 3.1.3. Sei α ∈ K eine Nullstelle von f(x) ∈ K[x]. Dann∃!g(x) ∈ K[x] mit f(x) = (x− α)g(x).

Das nennt man Abspalten der Nullstelle α.

Beweis. Polynomdivision von f(x) durch x−α liefert: ∃!g(x) ∈ K[x], h(x) ∈K[x] mit f(x) = g(x)(x − α) + h(x) mit grad(h) < grad(x − α) = 1 Somitist h eine Konstante, d.h. h ∈ K Setzen wir die Nullstelle α in das obigePolynom ein, dann folgt h = 0.

Satz 3.1.4. Sei f(x) ∈ K[x]\ {0} vom Grad n. Dann hat f(x) hochstens nverschiedene Nullstellen in K.

Beweis. Mit Induktion n folgt dies leicht durch Abspalten von Nullstellen.

Proposition 3.1.5. Es gibt genau einen Ringhomomorphismus ϕ : Z −→K. Es gilt ker(ϕ) = Zp fur genau eine Primzahl p oder fur p = 0.

Beweis. Fur n ∈ N muss ϕ(n) = ϕ(1 + . . .+ 1︸ ︷︷ ︸n−mal

) = ϕ(1) + . . .+ ϕ(1)︸ ︷︷ ︸n−mal

=

1 + . . .+ 1︸ ︷︷ ︸n−mal

=: n ∈ K gelten. Weiter muss ϕ(−n) = −ϕ(n) = −n ∈ K

gelten. Damit ist ϕ eindeutig bestimmt. Umgekehrt kann man das benut-zen um einen Ringhomomorphismus ϕ zu definieren. Nach 2.5.4 ist Z einHauptidealbereich und damit gilt ker(ϕ) = Zp fur ein p ∈ Z. Nach 2.2.14 istker(ϕ) ein Primideal, also muss p prim oder 0 sein (nach 2.5.7). Der Erzeu-ger p ist eindeutig bis auf Multiplikation mit Einheiten, d.h. mit ±1. WeilPrimzahlen > 0 sind, muss p eindeutig sein.

3.1.6. Die Zahl p aus Proposition 3.1.5 heißt Charakteristik von K und wirdmit char(K) bezeichnet.

Beispiele: Q,R,C sind Korper der Charakteristik 0, weil wir fur ϕ dieInklusion Z ⊂ Q,R,C wahlen konnen. Wenn p Primzahl, dann ist Z/pZ

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3.2. KORPERERWEITERUNGEN 61

ein Korper der Charakteristik p. Als ϕ hat man die ReduktionsabbildungZ −→ Z/pZ modulo p

3.1.7. Eine Teilmenge F ⊂ K heißt Teilkorper (oder Unterkorper), wennF bzgl. dem vererbten ”+, ·” wieder ein Korper ist. Da der Duchschnittvon einer Familie von Teilkorpern von K offensichtlich wieder wieder einTeilkorper K ist, muss es einen kleinsten Teilkorper P in K geben und zwargilt:

P :=⋂

F Teilkorper von K

F

Wir nennen P den Primkorper von K.Ein Homomorphismus (bzw Isomorphismus) zwischen Korpern ist defi-

niert als ein Ringhomomorphismus (bzw Ringisomorphismus)

Proposition 3.1.8. (a) Sei p eine Primzahl. Dann gilt: char(K) = p⇐⇒Primkorper P ∼= Z/pZ

(b) char(K) = 0⇐⇒ Primkorper P ∼= Q

Beweis. zu (a) ”=⇒” Sei p = char(K) > 0. Weil das Bild von ϕ als Ringvon 1 erzeugt wird (sogar als additive Gruppe), muss ϕ(Z) ⊆ P . Nach demHomomorphiesatz gilt:

ϕ(Z) ∼= Z/ ker(ϕ) 3.1.5= Z/pZ

Somit ist ϕ(Z) ein Teilkorper von K. Weil der Primkorper P der kleinsteTeilkorper ist, folgt P = ϕ(Z) und mit dem Homomorphiesatz folgt dieBehauptung.

”⇐=” folgt sofort.zu (b) folgt mit ahnlichen Argumenten wie (a)

Bemerkung 3.1.9. Jeder Teilkorper von K hat dieselbe Charakteristik wieK. Dies folgt sofort aus Proposition 3.1.5.

3.2 Korpererweiterungen

Bis zum Schluss der Vorlesung werden wir Korpererweiterungen untersu-chen. Die zentralen Resultate werden in der Galoistheorie gemacht. In die-sem Abschnitt werden wir die Grundlagen bereitstellen.

Wie immer sei K ein Korper.

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62 KAPITEL 3. KORPER

Definition 3.2.1. Eine Korpererweiterung L von K ist ein Korper L ⊇ Kso, dass Addition und Multiplikation von L auf K mit derjenigen von Kubereinstimmt. Dann ist K ein Teilkorper (oder Unterkorper) von L und Lheißt Oberkorper. Zum Beispiel ist C eine Korpererweiterung von R und Rist eine Korpererweiterung von Q.

3.2.2. Wir betrachten jetzt eine Korpererweiterung L von K. Dann ist Lein ”naturlicher” K-Vektorraum in dem wir + von L ubernehmen und alsskalare Multiplikation K ×L −→ L, (λ, β) 7→ λ · β die Multiplikation von Lbenutzen.

Wir definieren den Grad von L uber K als:

[L : K] :=

{dimK(L) falls diese Dimension endlich∞ sonst

Beispiel 3.2.3. [R : Q] = ∞: Falls [R : Q] = n < ∞ ware, dann folgtR ∼= Qn als Q-Vektorraum. Da Q abzahlbar ist, ist auch Qn abzahlbar(Cantorsches Diagonalargument). Somit ware dann auch R abzahlbar. Diesist jedoch ein Widerspruch.

Beispiel 3.2.4. [C : R] = 2, da 1 und i eine reelle Basis von C ist.

Proposition 3.2.5 (Gradformel). Seien M ⊇ L ⊇ K Korpererweiterungen.Dann gilt:

[M : K] = [M : L] · [L : K]

Beweis. Seien β1, . . . , βl K-linear unabhangige Elemente aus L und seienγ1, . . . , γm L-linear unabhangige Elemente aus M .

In einem ersten Schritt zeigen wir, dass (βiγj)1≤i≤l,1≤j≤m K-linear un-abhangige Elemente aus M sind.

Seien λij ∈ K mit∑

1≤i≤l,1≤j≤mλijβiγj = 0. Zu zeigen ist λij = 0∀i, j.

0 =m∑j=1

l∑i=1

λijβiγj =m∑j=1

γj

l∑i=1

λijβi =m∑j=1

(m∑j=1

λij︸︷︷︸∈K

βi︸︷︷︸∈L︸ ︷︷ ︸

L

)γj

Weil γ1, . . . , γm L-linear unabhangig ist, folgtl∑

i=1λijβi = 0∀j = 1, . . . ,m.

Weil die λij ∈ K und weil β1, . . . , βl K-linear unabhangig ist, folgt damitλij = 0∀i = 1, . . . , l und ∀j = 1, . . . ,m.

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3.2. KORPERERWEITERUNGEN 63

Im zweiten Schritt zeigen wir die Behauptung, falls m := [M : L] <∞ undl := [L : K] <∞.

Wir wahlen eine Basis β1, . . . , βl von L als K-Vektorraum und eine Basisγ1, . . . , γm von M als L-Vektorraum. Nach dem ersten Schritt wissen wir,dass (βiγj)1≤i≤l,1≤j≤m K-linear unabhangig inM ist. Um nun das gewunsch-te [M : K] = ml zu zeigen, genugt es zu beweisen, dass (βiγj)1≤i≤l,1≤j≤m einK-Erzeugendensystem in M bildet (weil wir damit eine K-Basis erhalten).

Sei γ ∈ M . Weil die Elemente γ1, . . . , γm eine L-Basis von M bilden,

existieren µ1, . . . , µm ∈ L mit γ =m∑j=1

µjγj . Weil β1, . . . , βl eine K-Basis in

L ist, gibt es λ1j , . . . , λlj ∈ K mit µj =l∑

i=1λijβi. Zusammen ergibt sich

γ =m∑j=1

µjγj =m∑j=1

(l∑

i=1

λijβi)γj =m∑j=1

l∑i=1

λij(βiγj)

Damit folgt, dass (βiγj)1≤i≤l,1≤j≤m ein K-Erzeugendensystem in M bildenund es folgt der zweite Schritt.

Im dritten Schritt zeigen wir die Behauptung, fur den fall, dass [L : K] oder[M : L] =∞ gilt.

Wir nehmen dir K-linear unabhangige Elemente β1, . . . , βl aus L und L-linear unabhangige Elemente γ1, . . . , γm ausM . Nach dem ersten Schritt sinddann (βiγj)1≤i≤l,1≤j≤m K-linear unabhangig in M , also folgt [M : K] ≥ ml.Nach Vorraussetzung konnen wir m oder l beliebig groß wahlen

=⇒ [M : K] =∞

Beispiel 3.2.6. Folgendes wichtige Verfahren konstruiert zu einem gegebenirreduziblen Polynom f(x) ∈ K[x] eine Korpererweiterung L von K, die eineNullstelle von f(x) enthalt.

Wir setzen L := K[x]/〈f(x)〉. Nach 3.1.1 ist L ein Korper, weil f(x)irreduzibel ist. Wir haben einen Korperhomomorphismus K −→ L, α 7→α := α + 〈f(x)〉, wobei wir hier α als das konstante Polynom α ansehen.Weil jeder Korperhomomorphismus injektiv ist (siehe 2.2.10), erhalten wireinen kanonischen Isomorphismus von K auf sein Bild in L und damit durfenwir K mit diesem Teilkorper von L identifizieren. Wir erhalten so L alsKorpererweiterung von K.

Fur β := x ∈ L gilt:

f(β) = f(x) = f(x) = 0

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64 KAPITEL 3. KORPER

Also ist β ∈ L eine Nullstelle von f(x).

Wichtig ist die Bestimmung von [L : K]. Es gilt dann [L : K] = grad(f).

Beweis. Sei γ ∈ L. Nach Konstruktion gilt γ = g(x) fur ein g(x) ∈ K[x].Nach Divion mit Rest ∃!q(x), r(x) ∈ K[x] mit g(x) = q(x)f(x) + r(x) undgrad(r) < grad(f)

=⇒ γ = g(x) = g(x)f(x) + r(x)f(x)=0

= r(x) = r(x)

Benutzen wir nun grad(f(x)) =: n und r(x) = an−1xn−1 + . . . + a0, sowie

β := x, dann folgt aus obigem, dass

γ = an−1βn−1 + an−2β

n−2 + . . .+ a0

gilt. Also ist 1, β, . . . , βn−1 ein K-Erzeugendensystem. Die Eindeutigkeit derKoordinaten a0, . . . , an−1 ∈ K folgt leicht aus der Eindeutigkeit von r(x)und der Konstruktion. Damit ist 1, β, . . . , βn−1 eine K-Basis von L undsomit [L : K] = n = deg(f)

Beispiel 3.2.7. Wir betrachten die Funktion f(x) := x2 + 1 ∈ R[x], hierist also K := R. Dieses Polynom ist irreduzibel, denn sonst wurde f(x) =g(x)h(x) mit grad(g) ≥ 1, grad(h) ≥ 1 gelten fur geeignete g, h ∈ R[x]. Weil2 = grad(f) = grad(g) + grad(h) gilt =⇒ grad(g) = grad(h) = 1. das heißtg(x) = a1x + a0 mit a1 6= 0 und a0, a1 ∈ R =⇒ −a0

a1ist Nullstelle von

g(x) und damit auch von f(x). Da f(x) aber keine Nullstelle in R hat, folgtdaraus ein Widerspruch!!

Somit lasst sich Verfahren 3.2.6 anwenden und wir erhalten einen Erwei-terungskorper L := K[x]/〈x2 + 1〉 und Nullstelle β := x von x2 + 1 Dannist L isomorph zum Korper C durch die Abbildung L ∼−→ C, g(x) 7→ g(i) =a1i+ a0, da β2 = −1 gilt.

3.2.8. Wenn L eine Korpererweitung von K ist, dann kurzen wir das mitL/K ab. Das hat nichts mit Faktorringen und auch nichts mit Division zutun, sondern ist einfach eine Notation.

Seien L/K und F/K zwei Korpererweiterungen. Ein K-Homomorphis-mus ϕ : L −→ F ist ein Ringhomomorphismus so, dass ϕ

∣∣K

= idK gilt.Letztere Bedingung ist aquivalent dazu, dass ϕ K-linear ist.

Ein K-Isomorphismus ist ein K-Homomorphismus ϕ : L −→ F so, dasses einen K-Homomorphismus als Umkehrabbildung gibt. Letzteres ist aqui-valent dazu, dass der K-Homomorphismus ϕ : L −→ F bijektiv ist. FallsL = F ist, dann sprechen wir von einem K-Automorphismus.

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3.2. KORPERERWEITERUNGEN 65

Im Beispiel 3.2.7 haben wir gesehen, dass es einen naturlichen R-Isomor-phismus von L nach C gibt.

3.2.9. Sei L/K eine Korpererweiterung und sei S ⊂ L. Dann gibt es einenkleinsten Teilring von L, der K und S umfasst. Die Existenz folgt daraus,dass es sicher einen Teilring gibt, der K und S umfasst, und zwar L. Wei-ter ist der Durchschnitt einer beliebigen Familie von Teilringen wieder einTeilring und somit ist

K[S] :=⋂

R⊇S∪KR

der kleinste Teilring, der S und K enthalt. Dabei lauft R im Index uber alleTeilringe von L, die K und S enthalten.

Proposition 3.2.10. Sei K[(xs)s∈S ] der Polynomring in den Variablen(xs)s∈S

(a) Dann gibt es genau einen Ringhomomorphismus ϕ : K[(xs)s∈S ] −→ Lmit ϕ(α) = α∀α ∈ K und mit ϕ(xs) = s∀s ∈ S

(b) K[S] = bild(ϕ) = {p(s1, . . . , sn)∣∣n ∈ N, p(x1, . . . , xn) ∈ K[x1, . . . , xn]

und s1, . . . , sn ∈ S}

Beweis. Wir beweisen die Behauptung zuerst fur S endlich und setzen n :=|S|. Dann ist

ϕ : K[x1, . . . , xn] −→ L, p(x1, . . . , xn) 7→ p(s1, . . . , sn)

der Einsetzungshomomorphismus, der (a) erfullt und die Eindeutigkeit istklar aus der Konstruktion.

Wenn S unendlich ist, benutzen wir

K[(xs)s∈S ] =⋃S0

K[(xl)l∈S0 ]

wobei S0 uber alle endlichen Teilmengen von S lauft. Damit konnen wir denunendlichen Fall auf den endlichen zuruckfuhren.

3.2.11. In der Situation von 3.2.9, d.h. L/K und S ⊆ L, bezweichen wirmit K(S) den kleinste Teilkorper von L, der K und S enthalt. Wieder gilt:

K(S) =⋂

F⊇K∪SF

wobei F uber alle Teilkorper von L lauft, die K und S enthalten. K(S) heißtdie von S erzeugte Korpererweitungerung von K in L.

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66 KAPITEL 3. KORPER

Proposition 3.2.12. Der Quotientenkorper von K[S] ist als Korpererwei-terung von K isomorph zu K(S)

Beweis. Wir haben den Homomorphismus ϕ : Quot(K[S]) −→ K(s), ab 7→

ab ∈ L Weil dies injektiv ist, und das Bild ein Korper der K und S enthalt,folgt die Behauptung.

3.3 Algebraische Zahlen

Wie immer bezeichnet K einen Korper. Nullstellen vor Polynomen mit Koef-fizienten in K sind ein klassisches Studienobjekt in der Algebra. Wir nennensie algebraisch uber K. In diesem Abschnitt werden wir ihre grundlegendenEigenschaften untersuchen. Diese algebraischen Zahlen liegen im Allgemei-nen in einem Erweiterungskorper von K.

Definition 3.3.1. Sei L eine Korpererweiterung von K, was wir mit L/Kbezeichnen. Dann heißt β ∈ L algebraisch uber K :⇐⇒ ∃p(x) ∈ K[x]\ {0}so, dass p(β) = 0. Wenn β nicht algebraisch uber K ist, dann nennen wir βtranszendent uber K.

Beispiel 3.3.2. Die Zahl i ∈ C ist algebraisch uber R und sogar uber Q,denn i ist Nullstelle von p(x) = x2 +1 ∈ Q[x]. Die Zahlen e und π sind nichtalgebraisch uber Q. Der Beweis ist schwierig und benutzt Analysis. (SieheLiteratur).

Weiter ist n√m fur jedes n,m ∈ N algebraisch uber Q, weil n

√m Nullstelle

von p(x) = xn −m ∈ Q[x] ist.

Lemma 3.3.3. Sei β ∈ L fur Korpererweiterung L/K. Dann ist β algebra-isch uber K ⇐⇒ der Einsetzungshomomorphismus K[x] −→ L, p(x) 7→ p(β)ist nicht injektiv.

Beweis. Zunachst bemerken wir, dass der Einsetzungshomomorphismus einRinghomomorphismus ist. Somit ist der Kern {p(x) ∈ K[x]

∣∣p(β) = 0} einIdeal. β algebraisch uber K ⇐⇒ ∃p(x) ∈ K[x]\ {0} so, dass p(β) = 0 ⇐⇒ker 6= {0} Ringhom.⇐⇒ Ringhom. nicht injektiv.

3.3.4. Sei weiter L/K eine Korpererweiterung und β ∈ L algebraisch. Danngibt es genau ein normiertes Polynom p(x) ∈ K[x]\ {0} mit P (β) = 0, dasminimalen Grad hat. Wir nennen dieses p(x) das Minimalpolynom von βuber K und bezeichnen es im Folgenden mit pmin(x).

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3.3. ALGEBRAISCHE ZAHLEN 67

Wir haben im Beweis von Lemma 3.3.3 gesehen, dass der Kern {p(x) ∈K[x]

∣∣p(β) = 0} des Einsetzungshomomorphismus ein Ideal ist. Das brauchenwir fur folgendes Kriterium.

Lemma 3.3.5. Es sei p(x) ∈ K[x] ein normiertes Polynom mit p(β) = 0.Dann sind folgende Aussagen aquivalent:

(a) p(x) erzeugt das Ideal {q(x) ∈ K[x]∣∣q(β) = 0}

(b) q(x) ∈ K[x], q(β) = 0 =⇒ p(x) | q(x)

(c) p(x) ist das Minimalpolynom von β uber K

(d) p(x) ist irreduzibel

Beweis. (a) =⇒ (b) Weil p(x) das Ideal erzeigt, gilt {q(x) ∈ K[x]∣∣q(β) =

0} = K[x]p(x) und somit folgt (b).(b) =⇒ (c) Damit gilt grad(p) ≤ grad(pmin). Weil beide Polynome nor-

miert sind, folgt p(x) = pmin(x) nach Definition des Minimalpolynoms.(c) =⇒ (d) Sei p(x) = q(x) · r(x) mit Polynomen q(x), r(x) ∈ K[x]

vom Grad ≥ 1. Wir mussen zeigen, dass dies nicht moglich ist. Damit folgtdann, dass p(x) irreduzibel in K[x] ist. Weil p(x) normiert ist, konnen wirauch annehmen, dass q(x) und r(x) normiert sind. Aus p(β) = 0 folgt,q(β) = 0 oder r(β) = 0. In jedem Fall haben wir ein normiertes Polynomin K[x] gefinden, das β als Nullstelle hat und das kleineren Grad hat alsp(x) = pmin(x). Dies ist ein Widerspruch.

(d) =⇒ (a) Wir haben schon eingesehen, dass der Kern des Einest-zungshomomorphismus K[x] −→ L, q(x) 7→ q(β) gleich dem Ideal I :={q(x) ∈ K[x]

∣∣q(β) = 0} ist. Weil K[x] ein Hauptidealbereich ist, gibt es einp0(x) ∈ K[x] \ {0} mit I = K[x]p0(x) und somit folgt p0 | p, da p ∈ I Nach(d) ist p(x) irreduzibel und somit p0(x) und p(x) bis auf Multiplikation mitEinheiten gleich, d.h. ∃λ ∈ K∗ mit p(x) = λp0(x). Wir schließen daraus,dass auch p(x) das Ideal I erzeugt.

3.3.6. Sei L/K eine Korpererweiterung und β ∈ L. Es sei nach 3.2.9 K[β]der kleinste Teilring von L der K und β enthalt. Nach Proposition 3.2.10ist K[β] das Bild des Einsetzungshomomorphismus und somit gilt:

K[β] = {p(β)∣∣p(x) ∈ K[x]}

Proposition 3.3.7. K[β] Unterkorper ⇐⇒ β algebraisch uber K.

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68 KAPITEL 3. KORPER

Beweis. ”⇐= ” Sei β algebraisch uber K. Nach dem Homomorphisatz 2.2.7fur den Einsetzungshom. gilt K[β] ∼= K[x]/ kern des Einsetzungshom.

Nach dem Kriterium 3.3.6 gilt, dass der Kern erzeugt wird vom Mini-malpolynom pmin(x) von β uber K =⇒ K[β] ∼= K[x]/〈pmin(x)〉.

Nun ist pmin(x) irreduzibel (wieder nach 3.3.6). Mit 3.1.1 folgt, dassK[x]/〈pmin〉 und somit auch K[β] Korper sind.

” =⇒ ” Wir nehmen an, dass β transzendent ist uberK und mussen dannzeigen, dass K[β] kein Korper sein Kann. Wieder mit dem Homomorphiesatzfolgt:

K[β] ∼= K[x]/ Kern des Einsetzhom.Weil β transzendent ist uber K, muss der Einsetzungshom. injektiv sein

nach 3.3.3 und damit ist der Kern gleich {0} also folgt K[β] ∼= K[x]. WeilK[x]∗ = K∗ ist, kann K[x] und damit auch K[β] kein Korper sein.

Proposition 3.3.8. Sei L/K eine Korpererweiterung, β ∈ L und β al-gebraisch uber K. Dann induziert der Einsetzungshomomorphismus einenIsomorphismus

K[x]/〈pmin(x)〉 ∼−→ K[β]

Beweis. Seihe Beweis von 3.3.7

Proposition 3.3.9. Unter den Voraussetzungen von Proposition 3.3.8 gilt:

[K[β] : K] = grad(pmin)

Beweis. [K[β] : K] 3.3.8= [(K[x]/〈pmin(x)〉) : K] 3.2.9= = grad(pmin)

Beispiel 3.3.10. Sei m ∈ Z, die kein Quadrat ist in Z. Dann ist Q[√m] ein

Unterkorper in C (nach 3.3.7)[Q[√m] : Q

]= 2

Weil das Minimalpolynom von√m gleich x2−m ist. Konkret haben wir die

Q-Basis 1,√m in Q[

√m] = Q(

√m)

Proposition 3.3.11. Sei β ∈ L. Dann ist β algebraisch uber K ⇐⇒ ∃Unterkorper F von L mit K ⊆ F ⊆ L so, dass β ∈ F und [F : K] <∞.

Beweis. ” =⇒ ” Wir wahlen F := K[β]. Dann gilt β ∈ F und K ⊆ F ⊆ L.Weil β algebraisch ist, zeigt Propostion 3.3.7, dass F ein Unterkorper vonL ist. Aus Proposition folgt [F : K] = grad(pmin) <∞.

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3.4. ZERFALLUNGSKORPER 69

” ⇐= ” Sei F der Unterkorper auf der rechten Seite der Aquivalenz.Weil β ∈ F und [F : K] < ∞, muss 1, β, . . . , βn K-linear abhangig sein furn := [F : K]. Damit gibt es a0, . . . , an ∈ K, nicht alle 0, mit

a0 · 1 + a1 · β + . . .+ anβn = 0.

Damit ist β algebraisch uber K.

Theorem 3.3.12. Sei L/K eine Korpererweiterung. Dann ist M := {β ∈L∣∣β algebraisch uber K} ein Unterkorper von L mit M ⊇ K

Beweis. Fur β ∈ K ist p(x) = x− β ∈ K[x] und hat Nullstelle β. Somit giltβ ∈M und damit ist K ⊆M gezeigt. Insbesondere gilt 0, 1 ∈M .

Um zu zeigen, dass M ein Unterkorper ist von L, genugt es zu zeigen,dass β ± γ, βγ ∈ M fur beliebige Elemente β, γ ∈ M , γ 6= 0. Uberraschen-derweiße ist es schwierig, explizit Polynome zu finden, mit Nullstelle β + γoder β − γ oder βγ oder γ−1. Als Ausweg benutzen wir Proposition 3.3.11.

Weil β algebraisch uber K ist, gibt es einen Unterkorper Fβ von L mitβ ∈ Fβ und [Fβ : K] < ∞ (nach 3.3.11). Weil γ algebraisch uber K, mussoffensichtlich γ auch algebraisch uber Fβ ⊇ K. Wieder mit 3.3.11 gibt eseinen Zwischenkorper F mit Fβ ⊆ F ⊆ L und γ ∈ F , [F : Fβ] < ∞.Nach der Gradformel gilt [F : K] = [F : Fβ][Fβ : K] < ∞ Also ist F einUnterkorper von L, der β ± γ, βγ, γ−1 enthalt, weil β, γ ∈ F . Wieder mit3.3.11 folgt β ± γ, βγ, γ−1 ∈M .

3.4 Zerfallungskorper

Sei K ein Korper und p(x) ∈ K[x]. Ein wichtiges Ziel in der Algebra ist dieKonstruktion aller Nullstellen von p(x). Dabei konnen wir nicht erwarten,dass alle Nullstellen im Grundkorper K liegen, sondern wir mussen zu geeig-neten Korpererweiterungen von K ubergehn. In diesem Abschnitt werdenwir die kleinste Korpererweiterung von K konstruieren, die alle Nullstellenvon unserem gegebenen Polynom p(x) enthalt. Diese Erweiterung werdenwir Zerfallungskorper nennen.

Wenn z.B. p(x) = x2 − 2 ist und K = Q, dann ist der Zerfallungskorpervon p(x) gleich Q[

√2] = {a+ b

√2∣∣a, b,∈ Q}.

Proposition 3.4.1. Sei ϕ : L −→ L′ ein Homomorphismus von Korperer-weiterungen von K, d.h. L′/L ist auch eine Korpererweiterung von K undϕ ist ein Homomorphismus von Korpern, sodass ϕ

∣∣K

= idK . Dann gilt:

∀β ∈ L =⇒ p(ϕ(β)) = ϕ(p(β))

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70 KAPITEL 3. KORPER

Insbesondere werden alle Nullstellen von p(x) in L auf Nullstellen von p(x)in L′ abgebildet.

Beweis. Sei p(x) = anxn+an−1x

n−1+. . .+a1x+a0 mit ai ∈ K, i = 1, . . . , n.

p(ϕ(β)) = anϕ(β)n + an−1ϕ(β)n−1 + . . .+ a0

∣∣ϕ(ai) = ai

= ϕ(an)ϕ(β)n + ϕ(an−1)ϕ(β)n−1 + . . .+ ϕ(a0)

= ϕ(anβn) + ϕ(an−1βn−1) + . . .+ ϕ(a0)

= ϕ(anβn + an−1βn−1 + . . .+ a0) = ϕ(p(β))

Sei nun p(β) = 0. Dann folgt aus dem ersten Teil:

0 = ϕ(0) = p(ϕ(β)) = p(ϕ(β)) =⇒ ϕ(β) ist NS wie behauptet

3.4.2. Wir suchen zuerst eine Korpererweiterung von K, die alle Nullstel-len von p(x) enthallt. Genauer suchen wir eine Korpererweiterung L vonK, sodass p(x) in ein Produkt von Linearfaktoren aus L[x] zerfallt. Dabeiwollen wir in einem ersten Schritt eine Korpererweiterung konstruiern, dieuberhaupt eine Nullstelle enthallt. Dabei durfen wir annehmen, dass p(x)irreduzibel ist in K[x], denn im Allgemeinen genugt es, eine Nullstelle ei-nes irreduziblen Faktors zu konstruieren. Dies geschieht in der folgendenProposition.

Proposition 3.4.3. Sei p(x) irreduzibel in K[x]. Dann gilt:

(a) Es gibt eine Korpererweiterung L/K mit einer Nullstelle β ∈ L vonp(x), sodass L = K[β].

(b) Sei ϕ : K −→ L′ ein Korperhomomorphismus. Dann existiert genauein Ringhomomorphismus ϕ : K[x] −→ L′[x] mit den Eigenschaften,dass ϕ

∣∣K

= ϕ und ϕ(x) = x.

(c) Falls β′ eine Nullstelle von ϕ(p) in L′ ist, dann gibt es genau einenKorperhomomorphismus ϕ′ : L −→ L′ mit den Eigenschaften, dassϕ′∣∣K

= ϕ und ϕ′(β) = β′

Beweis. zu (a): Die Existenz von L und Nullstelle β ∈ L haben wir imBeispiel 3.2.6 gesehen. Dort hatten wir L := K[x]/〈p(x)〉 und β := x+〈p(x)〉gesetzt. Damit folgt nach Definition, dass L = K[β]. Dies zeigt (a).

zu (b): Wir definieren: ϕ(m∑j=0

bjxj) :=

m∑j=0

ϕ(bj)xj . Die Existenz und Ein-

deutigkeit folgt analog wie im Einsetzungshom. in 3.2.10.

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3.4. ZERFALLUNGSKORPER 71

zu(c): Wir bezeichnen mit ιβ den Einsetzhom. ιβ : K[x] −→ L mit β.Analog bezeichnet ιβ′ den Einsetzhom. L′[x] −→ L′ mit β′.

Also haben wir folgendes kommutative Diagramm

K[x]ϕ //

ιβ

��

ϕ′

##GGGG

GGGG

GL′[x]

ιβ′

��L

ϕ′// L′

wobei das ϕ′ erst noch zu definieren ist. Weil β′ eine Nullstelle des Polynomsϕ(p) ist, gilt folgendes:

ϕ′(p) = ιβ′ ◦ ϕ(p) = (ϕ(p)) (β′) = 0

Somit gilt p(x) ∈ ker ϕ′. Wir definieren nun ϕ′(γ) fur irgendein γ ∈ L. WeilL = K[β], gilt γ = q(β) fur ein q(x) ∈ K. Nach dem Beweis aus (a) ist q(x)eindeutig bis auf Addition mit Elementen aus dem Ideal 〈p(x)〉

Wir definieren ϕ′(γ) := ϕ′(q) ∈ L′. Dies ist unabhangig von der Wahl vonq, weil ϕ′(p) = 0 nach obiger Betrachtung. Weil ϕ′ = ιβ′ ◦ ϕ ein Ringhom. istund weil wir bei ϕ′ reprasentantenweise rechnen durfen, folgt sofort, dass ϕ′

ein Korperhom. ist. Weil ϕ∣∣K

= ϕ, folgt auch ϕ′∣∣k

= ϕ und damit ϕ′∣∣K

= ϕ.Weiter gilt:

ϕ′(β) = ϕ′(x+ 〈p(x)〉) = ϕ′(x) = ιβ′ ◦ ϕ(x) = (ϕ(x))(β′) = β′

Das zeigt die Existenz und die Eindeutigkeit ergibt sich leicht aus der Kon-struktion.

Satz 3.4.4. Sei p(x) ∈ K[x] vom Grad n ≥ 1. Dann gibt es eine Korperer-weiterung L von K, sodass p(x) in ein Produkt von Linearfaktoren in L[x]zerfallt und [L : K] ≤ n!

Beweis. Min Induktion nach n.Wenn n = 1, dann ist p(x) = a1x+ a0 und dies ist schon ein Linarfaktor

in K[x], also konnen wir K = L wahlen und es gilt [L : K] = 1!Fuhren wir nun den Induktionsschritt durch. Sei also n ≥ 2. Nach Bei-

spiel 3.2.6 gibt es eine Korpererweiterung L′/K die eine Nullstelle β vonp(x) enthalt. Nach 3.2.9 gilt:

[L′ : K] = grad(pmin(x)) ≤ grad(p(x)) = n (?)

Wir spalten nun die Nullstelle β ab, d.h. es gibt ein Polynom q(x) ∈ L′[x],sodass p(x) = (x− β)q(x) (??).

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72 KAPITEL 3. KORPER

Weil q(x) den Grad n − 1 hat, konnen wir die Induktionsannahme ver-wenden fur das Polynom q(x) ∈ L[x]. Also gibt es eine KorpererweiterungL/L′, sodass [L : L′] ≤ (n− 1)! und

q(x) = bn−1(x− β1) · . . . · (x− βn−1)

fur geeignete β1, . . . , βn−1 ∈ L. Setzen wir das in (??) ein, erhalten wir, dassauch p(x) in ein Produkt von Linearfaktoren aus L[x] zerfallt.

Aus [L : K] 3.2.8= [L : L′][L′ : K](?)

≤ (n− 1)! ·n = n! folgt die Behauptung.

Bemerkung 3.4.5. Sei L/K eine Korpererweiterung und S eine Teilmengevon L, die aus K-algebraischen Zahlen besteht. Wir erinnern uns daran, dasswir mit K[S] den kleinsten Teilring bezeichnet haben, der K und S umfasst.Weiter ist K[S] der kleinste Teilkorper von L, der K und S enthalt. Weilnun alle Elemente von S als K-algebraisch vorrausgesetzt werden, gilt:

K[S] = K(S)

Beweis. Wir mussen nur zeigen, dass K[S] ein Korper ist, d.h. wir mussenzeigen, dass β−1 ∈ K[S]∀β ∈ K[S]\ {0}. Nach 3.3.7 wissen wir, dass K[β]ein Teilkorper ist (da s K-algebraisch) und somit β−1 ∈ K[β] ⊆ K[S]

Theorem 3.4.6. Sei f(x) ∈ K[x]. Dann gibt es eine KorpererweiterungL/K so, dass f(x) = an(x − β1) · . . . · (x − βn) mit β1, . . . , βn ∈ L undmit L = K(β1, . . . , βn) (?). Diese Korpererweiterung L/K ist bis auf K-Isomorphie eindeutig und L heißt der Zerfallungskorper von f(x).

Beweis. Die Existenz von L folgt aus Satz 3.4.4. Genauer gibt es nach Satz3.4.4 eine Korpererweiterung L′ von K, sodass (?) gilt mit β1, . . . , βn ∈ L′.Dabei ist an der hochste Koeffizient von f(x) und damit an ∈ K. Wir seztennun L := K(β1, . . . , βn) und erhalten die Existenz. Die Eindeutigkeit folgtin 2 Schritten.

Schritt 1: Sei ϕ : K −→ L′ ein Korperhom und sei ϕ : K[x] −→ L′[x]der Hom. aus 3.4.3(b). Weiter gelte:

ϕ(f) = ϕ(an)(x− β′1) · . . . · (x− β′n) (??)

fur geeignete β′1, . . . , β′n ∈ L′

Behauptung: ∃ Homomorphismus ϕ′ : L −→ L′ von Korpererweiterunguber K, sodass ϕ(βi) = βi∀i = 1, . . . , n nach geeigneter Permutation derNullstellen β′1, . . . , β

′n

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3.5. ALGEBRAISCH ABGESCHLOSSENE KORPER 73

Beweis: Mit Induktion nach n = grad(f)Sei p(x) ∈ K[x] ein irreduzibler Faktor von fi(x) mit Nullstelle βn, d.h.

ϕ(βn) = 0. Dann ist p(βn) eine Nullstelle von ϕ(p). Weil ϕ ein Ringhom=⇒ ϕ(p) | ϕ(f). Somit ist ϕ(βn) eine Nullstelle von ϕ(f). Nach (??) sindβ′1, . . . , β

′n die Nullstelle von ϕ(f). Nach umnummerierung durfen wir an-

nehmen dass β′n = ϕ(βn)Nach Proposition 3.4.3(c) ∃! Homomorphismus ϕn : K[βn] −→ L′ mit

ϕn∣∣K

= ϕ und ϕ(βn) = β′n. Beachte, dass wir die Nullstellen βn bzw β′nabspalten konnen und es somit ein f1(x) ∈ (K[βn])[x] gibt, sodass f(x) =f1(x)(x − βn) und ϕ(f) = g1(x)(x − β′n) fur ein g1(x) ∈ (K[β′n])[x]. wirwenden nun Induktion an auf das Polynom f1(x) ∈ (K[βn])[x] und erhalteneinen Korperhom. ϕ′ : L −→ L′ mit ϕ′

∣∣K

= ϕn und ϕ′(βi) = β′i∀i = 1, . . . , nnach geeigneter Permutation der β′1, . . . , β

′n−1 Dies zeigt den ersten Schritt.

Schritt 2: Eindeutigkeit des Zerfallungskorpers.Sei L′ ein weiterer Zerfallungskorper. Nach dem 1. Schritt existiert ein

Korperhom ϕ′ : L −→ L′ mit ϕ′∣∣K

= id und ϕ′(βi) = βi nach geeig-neter Permutation der Nullstellen β′1, . . . , β

′n von f(x) in L′. Wegen L′ =

K(β′1, . . . , β′n) −→ ϕ′ surjektiv. Weil jeder Korperhom. injektiv ist =⇒ ϕ′

Isomorphismus.

3.5 Algebraisch abgeschlossene Korper

Die komplexen Zahlen haben den Vorteil, dass jedes Polynom in ein Produktvon Linearfaktoren zerfallt. In diesem Abschnitt werden wir zuerst diese Ei-genschaftn beweisen und dann zeigen, dass jeder Korper eine Korpererwei-terung mit dieser Eigenschaft hat.

Definition 3.5.1. Ein Korper K heißt algebraisch abgeschlossen ⇐⇒ jedesPolynom in K[x] vom Grad ≥ 1 hat mindestens eine Nullstelle.

Proposition 3.5.2. Sei K algebraisch abgeschlossen. Dann zerfallt jedesp(x) ∈ K[x]\K zerfallt in ein Produkt von Linearfaktoren aus K[x].

Beweis. Mit Induktion nach n = grad(p)Der Fall n = 1 ist trivial. Falls n > 1, dann haben wir eine Nullstelle α

von p(x) nach Definition von algebraisch abgeschlossen. Wir spalten dieseNullstelle ab, wie in 3.1.3 =⇒ p(x) = (x − α) · q(x) fur ein q ∈ K[x] vomGrad n− 1. Mit Induktion fur q(x) folgt die Behauptung.

Satz 3.5.3 (Fundamentalsatz der Algebra). C ist algebraisch abgeschlossen.

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74 KAPITEL 3. KORPER

Wir fuhren hier einen recht elementaren Beweis. In der Funktionentheo-rie gibt es einen elementaren Beweis mit dem Satz von Liouville. Einen reinalgebraischen Beweis kann man mit der Galois-Theorie fuhren.

Beweis. Sei p(x) = anxn + an−1x

n−1 + . . .+ a0 ∈ C[x] vom Grad ≥ 1. Es istnun zu zeigen, dass p(x) Nullstellen in C hat.

O.B.d.A an = 1. Aus der Dreiecksungleichung zeigt man in Analysis:

|a− b| ≥ |a| − |b| fur a, b ∈ C

Sei nun z ∈ C. Wenden wir dies fur a = zn und b = −(an−1zn−1 + . . .+ a0)

an, und es folgt:

|p(z)| = |a− b|≥ |a| − |b|= |zn| − |an−1z

n−1 + . . .+ a0|≥ |zn| − |an−1z

n−1| − . . .− |a0| (1)

Wir benutzen nun, dass fur j = 0, . . . , n− 1 gilt,

|z|j ≥ max(1, |z|)j ≥ max(1, |z|)n−1

Setzen wir dies nun in obiges ein, so folgt:

|p(z)| ≥ |z|n − (|an−1|+ . . .+ |a0|) max(1, |z|)n−1 (2)

Wir setzen jetzt r := 1 + |a0|+ |a1|+ . . .+ |an−1| und betrachten den Kreis.Zuerst nehmen wir an, dass |z| ≥ r. Damit folgt

|p(z)| ≥ |z|n − (|a0|+ . . .+ |an−1|)|z|n−1(|z| − (|a0|+ . . .+ |an−1|))≥ |z|n−1(r − (|a0|+ . . .+ |an−1|))

Also gilt nach Definition von r:

|p(z)| ≥ |z|n−1|z|≥1

≥ |z|

Weil |z| ≥ r ≥ |a0| ist nach Definition von r, folgt

|p(z)| ≥ |a0| (3)

Nun sei |z| ≤ r. Aus der Analysis wissen wir aufgrund der Stetigkeit von|p(x)|, dass die Funktion |p(x)| auf dem kompakten Kreis {w ∈ C

∣∣|w| ≤r} =: C ein Minimum in einem z0 ∈ C annehmen muss.

=⇒ |p(z0)| ≤ |p(0)| = |a0| (4)

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3.5. ALGEBRAISCH ABGESCHLOSSENE KORPER 75

Aus (3) und (4) folgt, dass z0 das Minimum von |p(x)| auf ganz C ist.Beachte, dass p eine Nullstelle hat ⇐⇒ |p(z0)| = 0

Wenn wir zum Polynom p(x+z0) ubergehen, durfen wir annehmen, dassz0 = 0 ist. (Wenn z1 eine Nullstelle von p(x + z0) ist, dann ist z1 + z0 vonp(x). Weiter ist 0 das Minimum von |p(x+ z0)|).

Z.z.: p(0) = 0 fur das Minimum 0.Wir zeigen indirekt: wir nehmen an, dass |p(0)| > 0. Damit folgt a0 =

p(0) 6= 0. Wir wahlen k ≥ 1 minimal, sodass ak 6= 0, d.h. es gibt q(x) ∈ K[x]mit

p(x) = a0akxk + q(x)xx+1 (5)

Bei der Einfuhrung der Gauß’schen Zahlenebene lerntman, dass man belie-bige Wurzeln aus komplexen Zahlen ziehen kann. Also ∃w ∈ C mit

wk = −a0

ak(6)

Aus der Stetigkeit folgt, dass

limt→0

twk+1q(tw) = 0

=⇒ ∃0 < t < 1 mit t|wk+1q(tw)| < |a0| (7)

Weiter gilt

p(tw) = a0 + ak(tw)k + q(tw) · (tw)k+1

= a0 + aktk(−a0

ak) + q(tw) · (tw)k+1

= a0(1− tk) + tk+1wk+1 · q(tw) (8)

Wir setzen un alles zusammen und erhalten

|p(tw)| ≤ |a0|(1− tk) + |tk+1wk+1q(tw)|≤ |a0|(1− tk) + tk|a0|= |a0| (9)

Beachte, dass (9) ein Widerspruch zu der Anname ist, dass 0 ein Minimumvon —p(x)— und damit |p(x)| ≥ |p(0)| = |a0| gelten soll.

3.5.4. Wir erinnern uns an das Zornsche Lemma. Das ist ein Axiom in derMathematik, das man nicht beweisen kann und das man an verschiedenenStellen der Mathematik braucht, zum Beispiel um die Existenz einer Basisin einem beliebigen Vektorraum zu zeigen.

Sei M eine Menge die bzgl. ≤ partiell geordnet ist.

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76 KAPITEL 3. KORPER

• Eine obere Schranke von K ⊂M in M ist z ∈M , sodass

x ≤ z ∀x ∈ K

• eine KEtte in M ist ein K ⊆M , sodass ∀x, y ∈ K

=⇒ ∃z ∈ K mit x ≤ z und z ≤ z

3.5.5 (Zornsches Lemma). Falls jede Kette K von M eine obere Schranke inM hat, dann gibt in M ein maximales Element xmax, d.h. x ∈M , xmax ≤ x

=⇒ xmax = x

Lemma 3.5.6. Sei R ein kommutativer Ring und J0 /R mit J0 6= R. Dannexisitiert ein maximales Ideal Jmax in R mit J0 ⊇ Jmax

Beweis. Sei M = {J / R∣∣J 6= R, J0 ⊆ J}. Dann ist M partiell geordnet

bezuglich ⊆. Wir zeigen nun, dass die Vorraussetzund des Zornschen Lem-mas erfullt sind.

Sei also K eine Kette, dann ist⋃J∈K

J auch ein Ideal auf Grund der

Kettenbedingung (wie in Aufgabe 20). Weil 1 /∈ J∀J ∈ K =⇒ 1 /∈⋃J∈K

J

Somit ist⋃J∈K

J eine obere Schranke von K in M . Nach dem Zornschen

Lemma gibt es ein maximales Element Jmax in M und das ist offenbar dasgesuchte Maximalideal.

3.5.7. Sei T eine Menge. Fur jedes t ∈ T sei xt eine Variable. Falls T endlichist, dann haben wir in Aufgabe 20 den Polynomring K[(xt)t∈T ] eingefuhrt.Im Allgemeinen setzen wir K[(xt)t∈T ] :=

⋃T0⊆T,|T0|<∞

K[(xt)t∈T ]. Man zeigt

leicht, dass K[(xt)t∈T ] ein kommutativer Ring ist (vgl. Aufgabe 26).

Theorem 3.5.8. Jeder Korper K ist ein Teilkorper eines algebraisch abge-schlossenen Korpers

Beweis. Wir verallgemeiner die Konsturktion aus Beispiel 3.2.6. Setze T :=K[x]\K. fur jedes f ∈ T wahlen wir eine Varibale xf wie oben. Sei R :=K[(xf )f∈T ] der zugehorige Polynomring. Insbesondere enthalt R das Poly-nom f(xf ). Wir definieren J0 als das Ideal in R, das von {f(xf )

∣∣f ∈ T}erzeugt wird. Es gilt somit

J0 = {g1f1(xf1) + . . .+ gnfn(xfn)∣∣n ∈ N, f1, . . . , fn ∈ T, g1, . . . , gn ∈ R}

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3.5. ALGEBRAISCH ABGESCHLOSSENE KORPER 77

Wir behaupten, dass J0 6= R gilt. Wenn nicht, dann ware 1 ∈ J0 und damithat man eine Darstellung

1 = g1f1(xf1) + . . .+ gnfn(xfn) (10)

wie oben. Sei L der Zerfallungskorper von f(x) := f1(x) . . . fn(x). Dann hatjedes fj(x) fur j = 1, . . . , n eine Nullstelle zj ∈ L. Wir setzen zj ein furxfj in (10) fur alle j = 1, . . . , n und es folgt 1=0. Widerspruch!. Somit giltJ0 6= R.

Nach dem Lemma 3.5.6 gibt es ein maximales Ideal Jmax in R mit J0 ⊆Jmax. Nach 2.2.12 muss K1 = R/Jmax ein Korper sein.

Kkonst.Polyn. //

=:ϕ00R

Quot.abb// K1 = R/Jmax

Weil ϕ ein Ringhom. Zwischen Korpern ist, muss ϕ injektiv sein unddamit furen K mit seinem Bild ϕ(K) identifizieren. =⇒ K Teilkorper vonK1. Beachte, dass jedes Polynom f ∈ T = K[x]\K in K1 eine Nullstellehat, namlich xf + Jmax (analog zu Beispiel 3.2.6). Wir iterieren nun dieKonstuktion und erhalten einen Korperturm

K =: K0 ⊂ K1 ⊂ K2 ⊂ K3 ⊂ . . .

Dann ist M :=∞⋃j=0

Kj ein Korper, wie man leicht auf Grund der Kettenei-

genschaft beweist. Sei g(x) ∈M [x] vom Grad ≥ 1.

=⇒ j ∈ N0 mit g(x) ∈ Kj [x]

Es gilt g(x) ∈ Kj =⇒ g(x) hat eine Nullstelle α ∈ Kj ⊆ M . Dann ist Malgebraisch abgeschlossen.

Definition 3.5.9. Eine Korpererweiterung L/K heißt algebraisch ⇐⇒ allex ∈ L sind K-algebraisch.

Bemerkung 3.5.10. Nach Proposition 3.3.11 sind alle Korpererweiterun-gen mit [L : K]∞ algebraisch.

Proposition 3.5.11. Seien K ⊆ L ⊆ M Korpererweitungen und γ ∈ M .Falls γ L-algebraisch ist und falls L/K algebraisch ist, dann muss γ K-algebraisch sein.

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78 KAPITEL 3. KORPER

Beweis.

∃bi ∈ L mit γn + bn−1γn−1 + . . .+ b0 = 0 (11)

Da alle bi K-algebraisch sind, kann man mit Proposition 3.3.11 einen Zwi-schenkorper K ⊆ F ⊆ L konstruieren mit bi ∈ F∀i = 0, . . . , n − 1 undγ ∈ F . Da γ F -algebraisch ist wegen (11) =⇒ E := F [γ] ein Unterkorperist von M mit [E : F ] <∞. Nach der Gradnfomrel folgt

[E : K] = [E : F ][F : K] <∞

aus Proposition 3.3.11 =⇒ γ K-algebraisch.

Theorem 3.5.12. Es gibt einen algebraisch abgeschlossenen Korper K, derK als Teilkorper enthalt, mit der Eigenschaft, dass K/K algebraisch ist.Dadurch ist K bis auf Isomorphie von Korpererweiterungen von K eindeutigbestimmt und wir nennen K den algebraisch Abschluss von K.

Beweis. Nach Theorem 3.5.8 ∃M Oberkorper von K, sodass M algebraischabgeschlossen ist. Wir setzen K := {β ∈M

∣∣βK-algebraisch}.Nach Proposition 3.5.11 ist K auch algebraisch abgeschlossen und alge-

braisch uber K. Das zeigt die Existenz.Die Eindeutigkeit bis auf Isomorphie wird in den Ubungen gezeigt. Dort

sieht man auch, dass der Isomorphismus nicht eindeutig ist.

Beispiel 3.5.13. R = C, aber wir werden in den Ubungen sehen, dassQ 6= C

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Kapitel 4

Galois-Theorie

4.1 Normale Korpererweiterungen

Sei K ein Korper. Im Abschnitt 3.4 haben wir zu einem f(x) ∈ K[x]den Zerfallungskorper konstruiert. In diesem Abschnitt beschreiten wir denumgekehrten Weg. Wir betrachten eine endliche Korpererweiterung L/Kund fragen nach einer intrinsischen Charakterisierung der Eigenschaft, dassL Zerfallungskorper ist (d.h. Charakterisierung unabhangig vom Polynomf(x)).

Dabei heißt L/K endliche Korpererweiterung :⇐⇒ [L : K] <∞.

Definition 4.1.1. L/K heißt normale Korpererweiterung genau dann, wennfur jedes irreduzible Polynom p(x) ∈ K[x] mit einer Nullstelle in L gilt, dassp(x) in L[x] in Linearfaktoren zerfallt.

Lemma 4.1.2. Seien L1 und L2 endliche Korpererweiterungen von K mitL1 = K(α1) und L2 = K(α2). Falls α1 und α2 dasselbe Minimalpolynomuber K haben, dann gibt es genau einen Isomorphismus ϕ : L1 −→ L2 vonKorpererweiterungen uber K so, dass ϕ(α1) = α2.

Zur Erinnerung: K(α1) ist der kleinste Korper, der K und α1 enthalt.Weil L1/K eine endliche Korpererweiterung ist, muss α1 algebraisch seinuber K und damit ist K(α1) auch gleich dem kleinsten Ring K[α1], der Kund α1 enthalt (vgl 2.2).

Beweis. Sei pmin(x) das Minimalpolynom von α1 uber K und damit auchvon α2. Nach 3.3.8 gilt:

ϕ1 : K[x]/〈pmin(x)〉 ∼−→ K(α1), q(x) 7→ q(α1) ist Isomorphismus

79

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80 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

Analog erhalt man Isomorphismus ϕ2 : K[x]/〈pmin(x)〉 ∼−→ K(α2).Dann ist ϕ : ϕ2 ◦ϕ−1

1 der gesuchte Isomorphismus und die Eindeutigkeitist klar.

Lemma 4.1.3. Sei ϕ : L1 −→ L2 ein Homomorphismus von Korperer-weitungen von K und p(x) ∈ K[x]. Dann werden die Nullstellen von p(x)aus L1 durch ϕ injektiv in die Nullstellen von p(x) aus L2 abgebildet. FallsL1 = L2, dann permutiert ϕ die Nullstellen von p(x) in L1 = L2

Beweis. Siehe 3.4.1

Proposition 4.1.4. Fur eine endliche Korpererweiterung L/K sind folgen-de Aussagen aquivalent:

(a) L/K ist eine normale Korpererweiterung

(b) L ist Zerfallungskorper eines Polynoms f(x) ∈ K[x]

Beweis. (a)=⇒(b): Weil [L : K] < ∞, gibt es α1, . . . , αr ∈ L mit L =K(α1, . . . , αr). Genauer:

Mit Induktion nach [L : K] > 1, dann gibt es ein α1 ∈ L/K. Dann giltnach der Gradformel

[L : K(α1)] =[L : K]

[K(α1) : K]< [L : K]

Aus der Induktionsannahme folgt L = K(α1)(α2, . . . , αr) = K(α1, . . . , αr).Fur j = 1, . . . , r sei fj(x) ∈ K[x] das Minimalpolynom von αj uber K.

Betrachte f(x) := f1(x) · . . . · fr(x). Nun zerfallt f(x) in Linearfaktoren ausL[x], denn auf Grund der Normalitat von L/K gilt dies fur alle fj(x).

Um zu zeigen, dass L/K der Zerfallungskorper von f(x) ist, mussen wirzeigen, dass L von den Nullstellen von f(x) als Korpererweiterung von Kerzeugt wird. Dies stimmt, weil L schon vom Teil α1, . . . , αr der Nullstellenerzeugt wird.

(b)=⇒ (a): Sei L der Zerfallungskorper von f(x) ∈ K[x], d.h.

f(x) = an(x− γ1) · . . . · (x− γn) fur γ1, . . . , γn ∈ L mit L = K(γ1, . . . , γn)

Wir mussen zeigen, dass jedes irreduzible Polynom p(x) ∈ K[x] mit einerNullstelle α ∈ L sogar in Linearfaktoren in L[x] zerfallt. wir betrachten p(x)als Polynom in L[x] und erhalten nach Satz 3.4.6 dazu den ZerfallungskorperF . Sei also β eine Nullstelle von p(x) aus F . Wir mussen zeigen, dass β ∈ Lgilt.

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4.1. NORMALE KORPERERWEITERUNGEN 81

Nach Lemma 4.1.2 gibt es genau einen Isomorphismus

ϕ : K(α) −→ K(β) mit ϕ(α) = β

(denn p(x) ist das gemeinsame Minimalpolynom von α und β uber K). Nunist L der Zerfallungskorper von f(x) als Polynom in K(α)[x]. Weiter istL(β) damit der Zerfallungskorper von f(x) als Polynom in K(β)[x]. NachSatz 3.4.6 ist der Zerfallungskorper bis auf Isomorphie eindeutig und damitgibt es eine Fortsetzung von ϕ : K(α) ∼−→ K(β) zu einem IsomorphismusL∼−→ L(β). Nach der Gradformel gilt:

[L : K] = [L(β) : K] = [L(β) : L][L : K]

und somit [L(β) : L] = 1 d.h. L = L(β) und damit β ∈ L

Korollar 4.1.5. Sei L/K eine endliche Korpererweiterung. Dann ∃ Korper-erweiterung F/L so, dass F/K normale Korpererweiterung (mit [F : K] <∞).

Beweis. Weil [L : K] < ∞ =⇒ L = K(α1, . . . , αr). Sei fj(x) ∈ K[x] dasMinimalpolynom von αj uber K. Wir betrachten den Zerfallungskorper Fvon f := f1 · . . . · fr uber L. Damit haben wir Korpererweiterung:

K ⊆ L ⊆ F

Wir behaupten, dann F der Zerfallungskorper von f uber K ist.Nach Konstruktion zerfallt f(x) in Linearfaktoren aus L[x]. Es bleibt

zu zeigen, dass die Nullstellen von f(x) in L die Korpererweiterung L/Kerzeugen. Nach Konstruktion sind α1, . . . , αr solche Nullstellen, aber es wirdnoch weitere Nullstellen αr+1, . . . , αs von f(x) in L geben.

K(α1, . . . , αs) = K(α1, . . . , αr)(αr+1, . . . , αs) = L(αr+1, . . . , αs)

und somitK(α1, . . . , αs) = L(α1, . . . , αs) = F.

Damit folgt, dass F der Zerfallungskorper von f(x) uber K ist. Aus Propo-sition 4.1.4 folgt, dass F/K noramle Korpererweiterung ist.

Lemma 4.1.6. Sei F ein Zwischenkorper der normalen KorpererweiterungL/K, d.h. K ⊆ F ⊆ L. Dann ist L/F eine normale Korpererweiterung.

Beweis. Nach Proposition 4.1.4 ist L/K der Zerfallungskorper eines f(x) ∈K[x]. Dann ist L auch der Zerfallungskorper von f(x) uber f . Wieder mitProposition 4.1.4 folgt, dass L/F normal ist.

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82 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

4.2 Separable Korpererweiterungen

Sei K ein Korper. Fur f(x) = anxn+an−1x

n−1 + . . .+a1x+a0 ∈ K[x] kannman die Ableitung f ′(x) formal einfuhren durch:

f ′(x) := nanxn−1 + (n− 1)an−1x

n−2 + . . .+ a1 ∈ K[x] (?)

Da es auf einem beliebigen Korper keinen naturlichen Konvergenzbegriffgibt, funktioert die aus der Analysis ubliche Definition mit dem Differen-tialquotienten hier im Allgemeinen nicht. Trotzdem gelten fur die Ableitungvon Polynomen die ublichen Regeln wie Linearitat, Produktregel und Ket-tenregel. Diese Regeln muss man hier beweisen mit Hilfe der Definition (?),dies lassen wir aber weg. Die beweise sind einfach und folgen entweder direktoder mit Induktion nach dem Grad.

In diesem Abschnitt werden wir separable Korpererweiterungen studie-ren. Das ist eine wichtige Eigenschaft in der Galoistheorie, die folgenderma-ßen definiert ist:

Definition 4.2.1. (a) Ein Polynom f(x) ∈ K[x]\K heißt separabel :⇐⇒f(x) hat nur einfache Nullstellen im Zerfallungskorper von f(x).

(b) Sei L/K eine algebraische Korpererweiterung. Dann heißt β ∈ L se-parabel uber K :⇐⇒ Minimalpolynom von β ist uber K separabel.

(c) Eine algebraische Korpererweiterung L/K heißt separabel :⇐⇒ alleβ ∈ L sind separabel uber K.

Die meisten endlichen Korpererweiterungen sind separabel, wie wir baldsehen werden. Um die Separabilitat von Polynomen zu untersuchen, wer-den wir die weiter oben eingefuhrte formale Ableitung f ′ eines Polynoms fbenutzen.

Lemma 4.2.2. Wir bezeichnen den ggT von zwei Elementen f, g aus demHauptidealbereich A mit ggTA(f, g). Aus dem Abschnitt 2.5 wissen wir, dassggTA(f, g) existiert und eindeutig ist bis auf Multiplikation mit Einheiten.

(a) Falls B ein Hauptidealbereich ist und A ein Teilring ist von B, derebenfalls Hauptidealbereich ist, dann gilt:

ggTA(g, f) = ggTB(g, f)

(b) Falls L/K eine Korpererweiterung ist, dann gelten die Voraussetzun-gen und damit auch die Behauptung von (a) fur A = K[x], B = L[x].

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4.2. SEPARABLE KORPERERWEITERUNGEN 83

Beweis. Der ggTA(g, f) =: d ist charakterisiert unter den gemeinsamen Tei-ler von f und g in A dadurch, dass jeder andere gemeinsame Teiler von fund g ein Teiler von d ist. Analog fur d′ := ggTB(f, g) in B Somit folgt d | d′in B. Nach dem Lemma von Bezout (siehe 2.5.8) gibt es a, b ∈ A so, dass

d = af + bf =⇒ d ∈ 〈f, b〉B︸ ︷︷ ︸Ideal erzeugt von f und g in B

= 〈d′〉B

Somit ist d′ | d =⇒ d = d′ bis auf Multiplikation mit Einheiten. Dies zeigt(a).

(b) folgt aus (a), weil Polynome in einer Variablen mit Koeffizienten auseinem Korper euklidische Ringe sind und damit Hauptidealbereiche (siehe2.6).

Im Folgenden wird mit K der algebraische Abschluss von K bezeichnet(siehe 3.5). Man darf statt K auch mit dem Zerfallungskorper des auftre-tenden Polynoms arbeiten, der einfacher zu konstruieren war (siehe 3.4).

Lemma 4.2.3. Sei f(x) ∈ K[x]\K. Dann gilt:

(a) Die mehrfachen Nullstellen von f(x) in K sind gleich den gemeinsa-men Nullstellen von f und f ′ in K

(b) f separabel =⇒ f ′ 6= 0 ∈ K[x]

(c) Falls f irreduzibel in K[x], dann gilt die Umkehrung in (b)

Beweis. (a) Sei α eine Nullstelle von f(x) in K. Wir spalten diese ab underhalten f(x) = (x−α) · g(x) fur g(x) ∈ K[x]. Mit der Produktformelfolgt dann:

f ′(x) = g(x) + (x− α)g′(x) (1)

Es gilt: α ist eine mehrfache Nullstelle von f(x) ⇐⇒ α ist Nullstellevon g(x) ⇐⇒ 2-fache Nullstelle von f ′(x). Es gilt: f ′(α) = g(α) nach(1)

(b) folgt aus (a), denn f hat eine Nullstelle α in K (da grad(f) ≥ 1) undwegen (a) muss f ′(α) 6= 0 sein, sonst ware α eine mehrfache Nullstellevon f im Widerspruch zu f separabel.

(c) Es sei jetzt f irreduzibel in K[x]. Weiter gelte f ′ 6= 0 ∈ K[x]. Da derggTK[x](f, f ′) ein Teiler von f und f ′ ist, muss er einen kleineren Grad

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84 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

haben als f . Weil f irreduzibel, muss ggTK[x](f, f ′) = 1 gelten (bis aufMultiplikation mit Einheiten). Nach Lemma 4.2.2 gilt:

ggTK[x](f, f′) = ggTK[x](f, f

′) = 1

Somit konnen f und f ′ keine gemeinsame Nullstelle α in K haben,sonst ware (x − α) ein gemeinsamer Teiler. Nach (a) folgt, dass fseparabel ist.

Im obigen Lemma haben wir f(x) ∈ K[x]\K betrachtet, d.h. grad(f) ≥1. Mit unserer Erfahrung aus der Analysis konnen wir uns schwer ein solchesPolynom vorstellen mit f ′ = 0 ∈ K[x]. In Charakteristik 0 gilt naturlichf ′ 6= 0 fur alle solchen f, denn

f ′(x) = n · an︸ ︷︷ ︸6=0

xn−1 + . . .

Proposition 4.2.4. Sei char(K) = 0. Dann ist jedes irreduzible Polynomseparabel.

Beweis. Da f irreduzibel, gilt

deg(f) ≥ 1obige Bem.⇒char(K)=0

f ′ 6= 0 ∈ K[X]Lemma 4.2.3c)⇒ f separabel

Korollar 4.2.5. Falls char(K) = 0, ist jede algebraische KorpererweiterungL/K separabel.

Beweis. Sei α ein Element von L/K. Wir bezeichnen das Minimalpolynomvon α uber K mit f(x). Nach obigem ist f ′ 6= 0 ∈ K[x]. Mit Lemma 4.2.3(c)folgt, dass f und damit L/K separabel ist.

Satz 4.2.6. Sei L/K eine algebraische Korpererweiterung, die von S ⊆ Lerzeugt wir, d.h. L = K(S). Dann ist L/K genau dann separabel, wenn alleβ ∈ S separabel uber K sind.

Beweis. Siehe [1], Korollar 3.6.10

Beweis. Da f irreduzibel =⇒ grad(f) ≥ 1 =⇒ f ′ 6= 0 ∈ K[x]Lemma 4.2.3(c)

=⇒ fseparabel.

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4.2. SEPARABLE KORPERERWEITERUNGEN 85

Satz 4.2.7 (Satz vom primitiven Element). Sei L/K eine endliche separa-bele Korpererweiterung. Dann gibt es ein primitives Element α von L/K,d.h. L = K(α).

Beweis. Wir beweisen in den Ubungen, dass jede endliche Untergruppe vonF ∗ zyklisch ist fur jeden Korper F .

Fall 1: K endlich. Weil [L : K] <∞ =⇒ L endlich. Nach obigem ist L∗

zyklisch, d.h. erzeugt als Gruppe von a ∈ L∗ =⇒ L = K(a).Fall 2: K unendlich. Weil [L : K] < ∞, gilt L = K(a1, . . . , ar). Wir

benutzen Induktion nach r. Wenn r = 1, dann ist L = K(a1).Sei r ≥ 2. Nach Induktion gilt K(a1, . . . , ar−1) = K(b). Also folgt L =

K(a1, . . . , ar) = K(a1, . . . , ar−1)(ar) = K(b)(c) = K(b, c). Es genugt alsoden Fall r = 2 zu beweisen, mit a1 = b, a2 = c.

Seien f und g die Minimalpolynome von b und c uber K

=⇒f(x) = (x− b1) · . . . · (x− bn) ∈ K[x]

g(x) = (x− c1) · . . . · (x− cm) ∈ K[x]

Durch Umnummerierung durfen wir annehmen, dass b = b1, c = c1. WeilL/K separabel ist, gilt bi 6= bj und ck 6= cl ∀i 6= j und ∀k 6= l. Da |K| =∞,∃d ∈ K mit

bi + dcj 6= b+ dc (2)∀i = 1, . . . , n, ∀j = 2, . . . , n

Wahle d verschieden von den Elementen (cj − c)−1(b− bi). Setze a = b+ cd.Beachte, dass f(a− dx) und g(x) genau dann eine gemeinsame Nullstelle cjhaben in K, wenn a− bi − dcj = 0 fur ein i ∈ {1, . . . , n}

⇐⇒b+ dc = bi + dcj fur ein i ∈ {1, . . . , n}(2)⇐⇒i = j = 1

Damit ist c = c1 eine gemeinsame Nullstelle, d.h.

x− c = ggTK[x](f(a− dx), g(x)) = ggTK(a)[x](f(a− dx), g(x))

Also muss x − c ∈ K(a)[x] und damit c ∈ K(a). Weiter folgt b = a − cd ∈K(a) und damit K(b, c) = K(a).

Korollar 4.2.8. Wir betrachten endliche Korpererweiterungen K ⊆ L ⊆ Fso, dass L/K separabel und F/K normal. Dann ∃![L : K] Homomorphismenϕ : L −→ F von Korpererweiterungen uber K (d.h. ϕ

∣∣K

= idK).

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86 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

Beweis. Nach 4.2.7 gilt L = K(α) weil L/K separabel. Sei f(x) das Mi-niamlpolynom von α uber K. Nach Abschnitt 2.2 gilt [L : K] = grad(f) =:n. Nun ist L erzeugt von α und damit ist jeder Korperhomomorphismusϕ : L −→ F bestimmt durch das Bild ϕ(α). Weiter muss ϕ(α) eine Nullstel-le von f(x) sein. Umgekehrt induziert die Wahl einer Nullstelle von f(x) soeinen Homomoprhismus ϕ (vgl 4.2.2 und 4.2.3). Also gibt es genau so vieleϕ′s wie f(x) Nullstellen in F hat. Weil F/K normal ist und f(x) ein irredu-zibles Polynom in K[x] mit Nullstelle α ∈ F , muss f(x) genau n Nullstellenhat. Dann gibt es genau n ϕ′s.

Proposition 4.2.9. Sei K ⊆ F ⊆ L Korpererweiterungen. Dann ist L/Kseparabel ⇐⇒ L/F und F/K separabel.

Beweis. ” =⇒ ”: geht ganz einfach”⇐= ”: [1], Korollar 3.6.11

4.3 Galois-Erweiterung

Wir betrachten in diesem Abschnitt eine endliche Korpererweiterung L/K.Im Allgemeinen ist es schwierig einen Uberblick uber alle Zwischenkorperzwischen K ⊆ F ⊆ L zu kriegen. Die Hauptidee von Galois war es, ei-ne bijektive Korrespondenz zwischen den Untergruppen von Aut(L/K) undden Zwischenkorpern anzugeben unter gewissen Voraussetzung an L/K. Daes einfacher ist, die Untergruppen von Aut(L/K) zu bestimmen, ist damitdie Ausgangsfrage gelost. Diese Methode wird in den folgenden Abschnit-ten die Konstruierbarkeit mit Zirkel und Lineal und die Auflosbarkeit vonpolynomialen Gleichungen mit Radikalen losen.

4.3.1. Wir erinnern daran, dass

Aut(L/K) := {ϕ : L −→ L∣∣ϕ Isomorphismus , ϕ

∣∣K

= idK}

die Automorphismengruppe von L/K heißt. Sei S ⊆ Aut(L/K). Dann defi-nieren wir

LS := {α ∈ L∣∣σ(α) = α∀σ ∈ S}

In den Ubungen wird gezeigt, dass LS ein Zwischenkorper ist. Er heißtFixkorper von S.

Lemma 4.3.2. Sei L/K separabel. Dann ist |Aut(L/K)| ≤ [L : K].

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4.3. GALOIS-ERWEITERUNG 87

Beweis. Nach Korollar 4.1.5 gibt es eine Korpererweiterung F von L so,dass F/K normale Korpererweiterung. Wir haben also

K ⊆ L︸ ︷︷ ︸endlicher Grad

⊆ F

︸ ︷︷ ︸normal

Da L/K separabel ist, haben wir in 4.2.8 gesehen, dass es genau [L : K]Homomorphismen ϕ : L −→ F von Korpererweiterungen uber K gibt. DieAutomorphismen σ : L −→ L von Korpererweiterungen uber K sind nungenau diejenigen ϕ mit ϕ(L) ⊆ L. Damit folgt |Aut(L/K)| ≤ [L : K]

Bemerkung Wir haben im Beweis des Lemmas ausgenutzt, dass jederHomomorphismus ϕ : L −→ L von Korpererweiterungen uber K bijektivund damit ein Automorphismus ist. Weil ϕ ein Homomorphismus zwischenKorpern, muss ϕ injektiv sein muss (siehe 2.2.10). Weil ϕ

∣∣K

= idK , mussϕ K-linear sein. ( ϕ(λα) = ϕ(λ)ϕ(α) = λϕ(α)∀λ ∈ K,α ∈ L.) Weil Lein endlicher K-Vektorraum ist nach Voraussetzung und ϕ eine injektiveK-lineare Selbstabbildung, muss ϕ surjektiv sein (siehe lineare Algebra).

Proposition 4.3.3. Sei L/K separabel. Dann sind folgende Aussagen aqui-valent

(a) L/K ist normale

(b) |Aut(L/K)| = [L : K]

(c) LAut(L/K) = K

Beweis. (a) =⇒ (b):Wir benutzen den Beweis von Lemma 4.3.2. Wir konnen F = L wahlen,

da L/K normal vorausgesetzt wurde. Wir haben gesehen, dass es genau[L : K] Homomorphismen ϕ : L −→ F = L von Korpererweiterungenuber K gibt. Weil F = L, sind das alles Automorphismen und es folgt|Aut(L/K)| = [L : K].

(b) =⇒ (c) Es gelte also |Aut(L/K)| = [L : K]. Wir definieren F :=LAut(L/K). Nach 4.3.1 ist F ein Zwischenkorper von L/K, d.h. K ⊆ F ⊆ L.Zu zeigen : K = F . Wegen K ⊆ F gilt Aut(L/K) ⊇ Aut(L/F ). Andererseitssei ϕ ∈ Aut(L/K). Wir behaupten, dass ϕ ∈ Aut(L/F ). Es ist also zu zeigen,dass ϕ(α) = α∀α ∈ F . Weil F der Fixkorper von Aut(L/K) ist, folgt dasdirekt aus der Definition des Fixkorpers. Also ist Aut(L/K) = Aut(L/F ).

|Aut(L/K)| = |Aut(L/F )|4.3.2≤ [L : F ]

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88 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

Dabei benutzen wir 4.3.2 fur F statt K und beachten dabei, dass L/F auchseparabel ist nach 4.2.9. Aus der Voraussetzung von (b) folgt [L : K] ≤ [L :F ] und da K ⊆ F , folgt [L : K] = [L : F ] und auch K = F . Dies zeigt (c).

K ⊆ F ⊆ L. Wir haben [L : F ] ≥ [L : K] gezeigt. Wegen der Gradformel[L : K] = [L : F ][F : K] folgt [L : K] ≥ [L : F ], also ”=”. Wieder mit derGradformel folgt [F : K] = 1, d.h. K = F .

(c) =⇒ (a) Schritt 1: Sei α ∈ L und H eine Untergruppe der Automor-phismengruppe Aut(L/K). Dann hat das Polynom

q(x) :=∏σ∈H

(x− σ(α)) =n∏i=1

(x− σi(α))

Koeffizienten in LH .Beweis: Weil |Aut(L/K)| < ∞ (Lemma 4.3.2, da [L : K] < ∞), muss

q(x) ein Polynom sein. A priori hat es Koeffizienten in L, weil alle σ(α) ∈ L.Wir multiplizieren q(x) aus und erhalten

q(x) = x|H| −∑σ∈H

σ(α)x|H|−1 +∑

1≤i<j≤nσi(α)σj(α)x|H|−2

− . . .+ (−1)|H|σ1(α) . . . σn(α)

Dies folgt auch aus dem bekannten Satz von Vieta, wobei wir Elemente vonH nummerieren mit σ1, . . . , σn. Wir wahlen irgend ein ϕ ∈ H. Es gilt:

ϕ

(n∑i=1

σi(α)

)=

n∑i=1

ϕ ◦ σi(α)

Weil H eine Gruppe ist, induziert Multiplikation mit ϕ einfach eine Permu-tation der Elemente aus H.

=⇒ ϕ

(n∑i=1

σi(α)

)=

n∑i=1

σi(α)

Weil ϕ ∈ H beliebig, muss der Koeffizientn∑i=1

σi(α) von q(x) in LH liegen.

Analog folgt dies fur die anderen Koeffizienten und damit der 1. Schritt.Wir wollen zeigen, dass die Korpererweiterung L/K normal ist. Wir

nehmen ein irreduzibles Polynom p(x) ∈ K[x] mit einer Nullstelle α ∈ Lund mussen zeigen, dass p(x) in Linearfaktoren aus L[x] zerfallt.

Wir wenden den 1. Schritt an, mit H := Aut(L/K). Dann hat q(x) Ko-

effizienten in LH = LAut(L/K) (c)= K. Also ist q(x) ∈ K[x] mit Nullstelle α

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4.3. GALOIS-ERWEITERUNG 89

(weil σ = id ∈ H, also x − α Faktor von q(x)). Andererseits ist p(x) einirreduzibles Polynom in K[x] mit Nullstelle α und somit das Minimalpo-lynom von α (vgl. 3.3.5). Es folgt p(x) | q(x) wieder mit 3.3.5. Weil q(x)nach Konstruktion in Linearfaktoren aus L[x] zerfallt, muss dies auch furden Teiler p(x) gelten. Somit ist L/K normal, d.h. es gilt (a).

Definition 4.3.4. L/K heißt Galoiserweiterung :⇐⇒ L/K normal undseparabel. In dieser Situation nennen wir Aut(L/K) die Galoisgruppe vonL/K und wir bezeichnen sie mit Gal(L/K).

Satz 4.3.5. Sei L/K separabel, H Untergruppe von Aut(L/K). Dann istL/LH eine Galoiserweiterung und Gal(L/LH) = H.

Beweis. Weil L/K separabel ist, gilt der Satz vom primitiven Element, d.h.∃α ∈ L mit L = K(α). Nach 4.2.9 ist L/LH separabel. Sei p(x) das Minimal-polynom von α uber LH und q(x) wie im 1. Schritt des Beweises 4.3.3(c). Ausdem 1. Schritt wissen wir, q(x) ∈ LH [x] und damit folgt wieder p(x) | q(x).Weiter gilt wegen L = K(α) auch L = LH(α).

[L : LH ] = grad(p) ≤ grad(q) = |H|

Es gilt H ⊆ Aut(L/LH) nach Definition des Fixkorpers.

=⇒ |H| ≤ |Aut(L/LH)|4.3.2≤ [L : LH ] = H

Also uberall ”=”. und somit H = Aut(L/LH). Nach Prop. 4.3.3 ist damitL/LH normal und somit auch eine Galoiserweiterung.

Sei L/K eine endliche Korpererweiterung. Unser Ziel ist es, alle Zwi-schenkorper K ⊆ F ⊆ L zu bestimmen.

Zu einem Zwischenkorper kann man zu einer Untergruppe H der Auto-morphismengruppe Aut(L/K) den Fixkorper LH := {α ∈ L

∣∣σ(α) = α∀σ ∈H} betrachten, denn LH ist ein Zwischenkorper L/K.

Wir erinnern daran, dass L/K Galoiserweiterung heißt, falls L/K ei-ne noramle und separable Korpererweiterung ist. In diesem Fall heißt dieGruppe Gal(L/K) := Aut(L/K) die Galoisgruppe von L/K.

Theorem 4.3.6 (Hauptsatz der Galoistheorie). Sei L/K eine Galoiserwei-terung. Dann ist die Abbildung

{H∣∣H Untergruppe von Gal(L/K)} −→ {F

∣∣F Zwischenkorper von L/K},

gegeben durch H 7→ LH , bijektiv mit Umkehrabbildung F 7→ Aut(L/F ).

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90 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

Beweis. Sei H eine Untergruppe von Gal(L/K). Sei F := LH der zugehorigeZwischenkorper. Dann gilt:

Aut(L/F ) = Aut(L/LH) = H nach Satz 4.3.5.

Umgekehrt sei F ein Zwischenkorper von L/K. Wir setzen H := Aut(L/F ).Nach 4.1.6 ist L/F eine normale Korpererweiterung und nach 4.2.9 ist L/Feine separable Korpererweiterung. Das werden wir benutzen um 4.3.3 anzu-wenden fur L/LH (statt L/K):

LH = LAut(L/F ) 4.3.3= F

Wir sehen, dass die Abbildungen aus dem Hauptsatz zueinander invers sindund damit folgt die Behauptung.

Proposition 4.3.7. Sei L/K eine Galoiserweiterung, G := Gal(L/K),H,H1, H2 Untergruppen von G, F Zwischenkorper von L/K. Dann gilt:

(a) H1 ⊆ H2 ⇐⇒ LH1 ⊇ LH2

(b) ord(H) = [L : LH ], [G : H] = [LH : K]

(c) L/F ist Galoiserweiterung

(d) σ ∈ G =⇒ Gal(L/σ(F )) = σGal(L/F )σ−1

(e) σ ∈ G =⇒ LσHσ−1

= σ(LH)

(f) H / G⇐⇒ LH/K normale Korpererweiterung

(g) Wenn H / G =⇒ Gal(LH/K) ∼= G/H

Beweis. Siehe Aufgabe 54.

Bemerkung 4.3.8. Sei L = K(α1, . . . , αr) fur Nullstellen α1, . . . , αr vonp(x) ∈ K[x]. Die α1, . . . , αr mussen aber nicht alle Nullstellen von p(x) in Lumfassen. Sei Z := {α ∈ L

∣∣p(α) = 0}. Dann gilt

(a) Fur σ ∈ Aut(L/K) gilt σ(Z) = (Z) und σ∣∣Z

ist eine Permutation vonZ.

(b) Die Abbildung

Aut(L/K) −→ S(Z), σ 7→ σ∣∣Z

ist ein injektiver Gruppenhomomorphismus, der uns erlaubt die Au-tomorphismengruppe Aut(L/K) mit einer Untergruppe von S(Z) zuidentifizieren.

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4.3. GALOIS-ERWEITERUNG 91

Beweis. (a) Ist der Spezialfall in Lemma 4.1.3.

(b) Die Abbildung in (b) erhalten wir durch Einschrankung und damit istsie ein Gruppenhomomorphismus, da in beiden Fallen die Verknupfunggleich der Verknupfung von Abbildungen ist. Die Abbildung σ 7→ σ

∣∣Z

ist injektiv, weil σ durch die Bilder σ(α1), . . . , σ(αr) der erzeugendenα1, . . . , αr ∈ Z bestimmt.

Beispiel 4.3.9. Sei K = Q und L der Zerfallungskorper von p(x) = x3− 2.Wir wollen nun alle Zwischenkorper F von L/K bestimmen.

1. Schritt: Bestimme L und [L : Q] (vgl Aufgabe 44).

Die Nullstellen von p(x) in C sind:

α1 = 3√

2, α2 = ζ33√

2, α3 = ζ23

3√

2 (4.1)

mit ζ3 := e2πi3 . Nach Definition des Zerfallungskorpers gilt

L = K(α1, α2, α3) = Q(α1, α2, α3).

Beachte, dassζ3 =

α2

α1=α3

α2(4.2)

gilt und damit ζ3 ∈ L. Wir haben folgenden Korperturm:

K = Q ⊆ Q(ζ3) ⊆ Q(ζ3, α1) ⊆ L.

Weil α2 = ζ3α1 und α3 = ζ3α2 ist nach (4.1), folgt auch

L = Q(α1, α2, α3) ⊆ Q(ζ3, α1)

und damit Q(ζ3, α1) = L.

Wir betrachten nun den Zwischenkorper

Q ⊆ Q(α1) = Q( 3√

2) ⊆ L = Q(ζ3, α1).

Nach dem Kriterium von Eisenstein (was wir wegen K = Q nutzendurfen), gilt, dass x3 − 2 irreduzibel und damit das Minimalpolynomvon α1 =

√32 ist. Es folgt

[Q( 3√

2 : Q] = grad(Minimalpolynom) = 3.

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92 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

Weil ζ3 eine Nullstelle von x2 + x + 1 ist, muss das Minimalpolynomvon ζ3 uber Q( 3

√2) ein Teiler von x2 +x+1 sein. Ware x2 +x+1 nicht

irreduzibel in Q( 3√

2)[x], dann ware das Minimalpolynom vom Grad 1und somit ζ3 ∈ Q( 3

√2). Da ζ3 /∈ R und Q( 3

√2) ⊆ R, kann das nicht

passieren.

=⇒[L : Q(α1)] = grad(Minimalpolynom) = 2=⇒[L : Q] = [L : Q(α1)] · [Q(α1) : Q] = 2 · 3 = 6

2. Schritt: Wir raten Zwischenkorper von L/K:

Q, Q( 3√

2), Q(ζ3), Q(ζ23 ), Q(α3), Q(α2), Q( 3

√2 + ζ3), L

Es gibt dabei 2 Probleme:

– Wir wissen nicht, ob verschiedene Teilnehmer aus der Liste auchverschieden sind als Zwischenkorper

– Wir wissen nie, ob wir alle Zwischenkorper aufgelistet haben!

Deshalb wollen wir den Hauptsatz der Galoistheorie anwenden, derdiese beiden Probleme umgeht.

3. Schritt: Zeige, dass L/K eine Galoiserweiterung ist:

L/K = Q ist normal, weil L=Zerfallungskorper (siehe 4.1.4)

L/K = Q ist separabel, weil char(K) = 0 (siehe 4.2.5)

=⇒ L/K ist Galoiserweiterung

4. Schritt: Bestimme die Galoisgruppe G := Gal(L/K):

Nach der vorigen Bemerkung 4.3.8 ist G eine Untergruppe der Permu-tationsgruppe S({α1, α2, α3}) ∼= S3

Wegen 6 = [L : K] 4.3.3= |Gal(L/K)| = |G| ≤ |S3| = 3! = 6 gilt uberall” = ” und damit sogar G = S3

5. Schritt: Bestimme alle Untergruppen von G = Gal(L/K) :

Benutze dabei die Sprache der Permutationen:

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4.3. GALOIS-ERWEITERUNG 93

Ordnung H1 {id}2 {id, (12)}

{id, (13)}{id, (23)}

3 {id, (123), (132)}6 G

6. Schritt: Wir bestimmen alle Zwischenkorper von L/K.

Nach dem Hauptsatz der Galoistheorie sind die Zwischenkorper gege-ben als die Fixkorper LH , wobei H aber alle Untergruppen von S3

∼= Glauft.

ord(H) = 1: H = {id} −→ Zwischenkorper F := LH = L

ord(H) = 2 Es gibt 3 Untergruppen der Ordnung 2, weil es 3Transpositionen gibt.

Fall 1: H = {id, (12)} −→ Zwischenkorper F := LH =? DerAutomorphismus σ zu (12) (unter S({α1, α2, α3}) ∼= S3) istgegeben durch σ(α1) = α2, σ(α2) = α1, σ(α3) = α3. Nahelie-gend ist nun die Behauptung LH = Q(α3).Zuerst bestimmen wir den Grad :

[F : Q] = [LH : Q]4.3.7(b)

= [G : H] =ord(G)ord(H)

= 3

Weiter gilt wegen α3 ∈ LH auch Q(α3) ⊆ LH . Wir habenim 1. Schritt gesehen, dass [Q(α3) : Q] = 3 und damit folgtQ(α3) = LH = F .

Fall 2: H = {id, (13)} analog=⇒ F := LH = Q(α2)

Fall 3: H = {id, (23)} analog=⇒ F := LH = Q(α1)und es gilt weiter [F : Q] = 3.

ord(H) = 3: H = {id, (123), (132)}. Sei σ ∈ G das Element, das(123) entspricht. Es gilt dann σ(α1) = α2, σ(α2) = α3, σ(α3) = α1

Weil (132) = (123)2, folgt sofort, dass σ H erzeugt, und LH = Lσ

(Falls σ(α) = α =⇒ σ2(α) = σ(α) = α).Moglicher Kandidat fur ein Element in Lσ ist α1α2α3, denn

σ(α1α2α3) = α2α3α1 = α1α2α3 .

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94 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

Allerdings gilt α1α2α3 = 2 wegen

x3 − 2 = (x− α1)(x− α2)(x− α3),

deshalb hilft das nicht weiter. Wir wissen namlich aus der selebenUberlegung wie oben, dass [LH : Q] = [G : H] = 2 gelten muss.Wir konnten mit ein wenig Zeit diesen Zwischenkorper erraten.Wir zeigen hier aber einen systematischen Weg um den Zwi-chenkorper zu finden.Zuerst mussen wir eine Q-Basis von L finden: Q ⊆ Q(α1) ⊆ L =Q(α1ζ3).Nach 3.2.6 ist 1, α1, α

21 eine Q-Basis von Q(α1), weil x3 − 2 das

Minimalpolynom von α1 uber Q ist.Analog ist 1, ζ3 eine Q(α1)-Basis von L, weil x2 + x + 1 das Mi-nimalpolynom von ζ3 uber Q(α1) ist.3.2.5=⇒ 1, α1, α

21, ζ3, α1ζ3, α

21ζ3 ist eine Q-Basis von L. Sei α ∈ L.

Dann ∃!a0, a1, . . . , a5 ∈ Q mit

α = a0 + a1α1 + a2α21 + a3ζ3 + a4α1ζ3 + a5α

21ζ3 (4.3)

Wegen σ(ζ3) = σ(α3α2

) = α1α3

= ζ−23 = ζ3 ( da ζ3

3 = 1) folgt:

σ(α) = a0 + a1α2 + a2α22 + a3ζ3 + a4ζ3α2 + a5ζ3α

22. (4.4)

Wir wissen, dass x2 +x+1 das Minimalpolynom von ζ3 ist. Wennwir also die Beziehung ζ2

3 + ζ3 + 1 = 0 benutzen, folgt

σ(α) = a0 +a1ζ3α1−a2(α21 +ζ3α

21)+a3ζ3−a3(α1 +ζ3α1)+a5α

21.

Somit gilt:α ∈ LH ⇐⇒ α = σ(α)⇐⇒ (4.3) = (4.4)⇐⇒

a0 = a0, a1 = −a4, a2 = −a2 + a5, a3 = a3, a4 = a1 − a4, a5 = −a2

⇐⇒ a1 = a4 = a2 = a5 = 0

Fazit: LH = {a0 + a3ζ3∣∣a0, a3 ∈ Q} = Q(ζ3)

ord(H) = 6, dh. H = G: =⇒ F := LH = Q, da L/Q Galoiserwei-terung (siehe 4.3.3)Somit haben wir die 6 Zwischenkorper

Q,Q(α1),Q(α2),Q(α3),Q(ζ3), L.

Nach dem Hauptsatz der Galoistheorie sind das alle und sie sindpaarweise verschieden.

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4.4. ZYKLOTOMISCHE KORPERERWEITERUNGEN 95

Schritt 7: Welche Zwischenkorper F/Q sind normale Korpererweite-rungen?

Nach 4.3.7(f) gilt: F/Q normal ⇐⇒ H / G. Die Normalteiler von Gsind die Untergruppen der Ordnung 1,3,6, weil Permutationen genaudann konjugiert sind, wenn sie dieselben Zyklenlangen haben (siehe1.5.4). Also sind Q,Q(ζ), L die normalen Korpererweiterungen, wasman auch direkt rausfinden kann.

4.4 Zyklotomische Korpererweiterungen

Korpererweitungen, die von einer Einheitswurzel erzeugt werden, sind be-sonders gut zuganglich. Sie werden in diesem Abschnitt studiert mit Hilfeder Galoistheorie. Das hat im Folgenden Anwendungen fur die Konstruktiondes regularen n-Ecks mit Zirkel und Lineal.

In diesem Abschnitt ist K ein Korper und K ein algebraischer Abschlussvon K.

Definition 4.4.1. ζ ∈ K heißt n-te Einheitswurzel in K :⇐⇒ ζn = 1Bei den komplexen Zahlen haben die n-ten Einheitswurzeln die Form

e2πi·kn (k ∈ Z), aber im Allgemeinen sind das vollig ”abstrakte” Elemente in

K (z.B. wenn K = Z/pZ).

Lemma 4.4.2. Sei p = char(K) 6= 0, n = pk ·m mit p - m. Dann gilt

{ζ ∈ K∣∣ζn = 1} = {ζ ∈ K

∣∣ζm = 1}.

Beweis. In Aufgabe 39 haben wir gesehen, dass gilt:

(a+ b)p = ap + bp

in p := char(K) 6= 0. Somit gilt:

xn − 1 = (xm)pk − 1 = (xm − 1)p

k

und es folgt die Behauptung.

4.4.3. Die n-ten Einheitswurzeln in K bilden offensichtlich eine Gruppebezuglich ·, die wir mit Un bezeichnen. Das Lemma 4.4.2 kann man benutzenum das Studium von Un auf den Fall p := char(K) - n zuruckfuhren (wegenUn = Um).

In jedem Fall ist Un eine endliche Gruppe der Ordnung ≤ n, da Un dieNullstellenmenge von xn−1 in K (Satz 3.1.4) ist. Als endliche Untergruppevon K

∗ muss Un zyklisch sein (siehe Aufgabe 47).

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96 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

Lemma 4.4.4. Falls char(K) - n, dann ist Un zyklisch der Ordnung n.

Beweis. Wir haben schon gesehen, dass Un zyklisch ist (siehe 4.4.3). Seif(x) := xn − 1. Dann gilt f ′(x) = nxn−1 6= 0, da char(K) - n. Somit habenf(x) und f ′(x) keine gemeinsamen Nullstellen (da f ′ nur 0 als Nullstelle inK hat). Mit Lemma 4.2.3 folgt, dass f(x) separabel uber K ist, d.h. alleNullstellen sind verschiedenen. Damit gibt es n verschiedene n-te Einheits-wurzeln in K. d.h. ord(Un) = n

4.4.5. Weil Un zyklisch ist (gilt auch, wenn char(K) | n), gibt es ein er-zeugendes Element ζ, d.h. Un = 〈ζ〉. Solche Erzeuger heißen primitive n-teEinheitswurzeln. Nach 1.4.6 haben wir einen Gruppenisomorphismus

ϕ : Z/nZ −→ Un, m 7→ ζm.

Weil dieser Isomorphismus ϕ von der Wahl des primitiven Elementes ζabhangt, ist der Isomorphismus nicht kanonisch.

Behauptung: Sei ζ primitive Einheitswurzel. Dann ist ζ ′ ∈ Un ge-nau dann eine primitive n-te Einheitswurzel, wenn es ein m ∈ Z gibt, mitggT(m,n) = 1 und ζ ′ = ζm.

Sei also ζ ′ ∈ Un. Weil Un = 〈ζ〉 =⇒ ∃m ∈ Z mit ζ ′ = ζm.

ζ ′ primitive n-te Einheitswurzel ⇐⇒ 〈ζ ′〉 = UnϕIso.⇐⇒ m erzeugt Z/nZ

1 erzeugt Z/nZ⇐⇒ 1 ∈ 〈m〉 ⇐⇒ ∃r ∈ Z mit 1 = r · m ⇐⇒ m ∈ (Z/nZ)∗ ⇐⇒ggT(m,n) = 1

Fazit: Wenn ζ eine primitive n-te Einheitswurzel ist, dann erhaltenwir alle anderen primitiven Einheitswurzeln durch ζm, m = 1, . . . , n undggT(m,n) = 1. Insgesamt gibt es also ϕ(n) primitive Einheitswurzeln, wo-bei ϕ hier die Eulersche ϕ-Funktion ist.

Satz 4.4.6. Sei n ∈ N und char(K) - n. Weiter sei ζ eine primitive n-teEinheitswurzel in K. Dann gilt:

(a) K(ζ)/K ist Galoiserweiterung.

(b) ∀σ ∈ Gal(K(ζ)/K) =⇒ ∃!k(σ) ∈ (Z/nZ)∗ mit σ(ζ) = ζk(σ).

(c) Die Abbildung

ψ : Gal(K(ζ)/K) −→ (Z/nZ)∗, σ 7→ k(σ)

ist ein injektiver Gruppenhomomorphismus.

(d) Der Isomorphismus ψ ist kanonisch, d.h. K(ζ) und ψ sind unabhangigvon der Wahl der primitiven n-ten Einheitswurzel ζ.

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4.4. ZYKLOTOMISCHE KORPERERWEITERUNGEN 97

Beweis. Wir zeigen zuerst, dass K(ζ) der Zerfallungskorper des Polynomsxn − 1 uber K ist. Es gilt:

xn − 1 =∏ζ′∈Un

(x− ζ ′)

Weil ζ primitiv ist, gilt ζ ′ = ζm fur ein m ∈ Z. Also ist ζ ′ ∈ K(ζ) fur alleζ ′ ∈ Un. Somit zerfallt xn − 1 in Linearfaktoren in K(ζ)[x]. Es bleibt zuzeigen, dass K(ζ) von den Nullstellen von xn − 1 erzeugt wird. Weil schondie Nullstelle ζ die Erweiterung K(ζ) von K erzeugt, ist dies trivial. Damitmuss K(ζ) der Zerfallungskorper von xn − 1 sein.

Es folgt aus 4.1.4, dass K(ζ) eine normale Korpererweiterung von K ist.Weiter ist xn − 1 ein separables Polynom, denn es hat nach Lemma 4.4.4genau n verschiedene Nullstellen (hier benutzen wir char(K) - n). Es folgt,dass ζ separabel uber K ist (da das Minimalpolynom ein Teiler von xn − 1sein muss). Nach 4.2.6 folgt, dass K(ζ) eine separable Korpererweiterungvon K ist. Zusammen ergibt sich (a).

Wir zeigen nun (b). Sei σ ∈ Gal(K(ζ)/K). Weil ζn = 1, folgt 1 = σ(1) =σ(ζn) = σ(ζ)n. Somit gilt: σ(ζ) ∈ Un = 〈ζ〉, d.h. ∃k(σ) ∈ Z mit σ(ζ) = ζk(σ).Wir mussen noch zeigen, dass σ(ζ) eine primitive n-te Einheitswurel ist.Zuerst machen wir ein paar Voruberlegungen.

Zuerst wollen wir einsehen, dass k(σ) eindeutig ist in (Z/nZ)∗. Sei k′ ∈ Zmit σ(ζ) = ζk

′. Dann gilt:

ζk∗−k(σ) = ζk′/ζk(σ) = σ(ζ)/σ(ζ) = 1

damit folgt k′ = k(σ) (mod n), da ζ eine primitive n-te Einheitswurzel ist(dies steckt alles in 4.4.5). Also folgt die Eindeutigkeit von k(σ).

Falls λ ∈ Gal(K(ζ)/K) ist, gilt:

(λ ◦ σ)(ζ) = λ(σ(ζ)) = λ(ζk(σ)) = λ(ζ)k(σ) = (ζk(λ))k(σ) = ζk(λ)k(σ)

und andererseits(λ ◦ σ)(ζ) = ζk(λ◦σ)

Aus der Eindeutigkeit ergibt sich:

k(λ)k(σ) = k(λ ◦ σ) ∈ Z/nZ (?)

Offensichtlich gilt: k(id) = 1 ∈ Z/nZ. Wenden wir nun (?) an fur λ := σ−1,dann folgt:

k(σ−1)k(σ) = k(id) = 1 ∈ Z/nZ.

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98 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

Also ist k(σ) ∈ (Z/nZ)∗ und damit ist σ(ζ) = ζk(σ) eine primitive n-teEinheitswurzel. Dies zeigt (b).

Nun zeigen wir (c). Nach (b) ist die Abbildung wohldefiniert. Wegen (?) istψ ein Gruppenhomomorphismus. Um zu zeigen, dass ψ injektiv ist, mussenwir zeigen, dass aus σ ∈ ker(ψ) folgt σ = id. Sei also

σ ∈ ker(ψ) =⇒ k(σ) = 1 =⇒ σ(ζ) = ζk(σ) = ζ1 = ζ

Weil ζ die Korpererweiterung K(ζ)/K erzeugt und σ(ζ) = ζ, muss σ dieIdentitat auf dem ganzen Korper K(ζ) sein. Dies zeigt also (c)

Sei ζ ′ eine andere primitive n-te Einheitswurzel. Weil Un = 〈ζ〉, gibt es einm ∈ Z, mit ζ ′ = ζm und somit gilt K(ζ ′) ⊆ K(ζ). Durch vertauschen derRollen von ζ und ζ ′ folgt K(ζ) ⊆ K(ζ ′) und somit K(ζ) = K(ζ ′).

Wegen

σ(ζ ′) = σ(ζm) = σ(ζ)m = (ζk(σ))m = (ζm)k(σ) = (ζ ′)k(σ)

funktioniert dasselbe k(σ) auch fur ζ ′ und damit hangt k(σ) ∈ (Z/nZ)∗ nichtab von der Wahl der primitiven n-ten Einheitswurzel ζ. Dies zeigt (d).

4.4.7. Falls K = Q und ζ eine primitive n-te Einheitswurzel ist, dannnennen wir K(ζ) den n-ten Kreisteilungskorper (oder n-ter zyklotomischerKorper). In diesem Fall konnen wir ζ := e

2πin ∈ C wahlen.

Satz 4.4.8. Fur K = Q ist ψ : Gal(Q(ζ)/Q) −→ (Z/nZ)∗ aus 4.4.6 einGruppenisomorphismus und damit gilt [Q(ζ) : Q] = ϕ(n), wobei ϕ die Eu-lersche ϕ-Funktion ist.

Beweis. Sei f das Minimalpolynom von ζ uber Q. Da ζ eine Nullstelle vonxn − 1 ist, folgt:

f · h = xn − 1 (?)

fur h(x) ∈ Q[x]. Offensichtlich ist h ein normiertes Polynom (Koeffizienten-vergleich). Nach 2.7.6 folgt, dass f, h ∈ Z[x]. Sei p eine Primzahl, p - n. Dannist ζp primitive Einheitswurzel (nach 4.4.5).

Schritt 1: f(ζp) = 0.Wir beweisen indirekt: Wenn f(ζp) 6= 0, muss h(ζp) = 0 gelten nach (?).

Also ist ζ eine Nullstelle von h(xp). Wie oben folgt:

h(xp) = f(x)g(x) (??)

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4.4. ZYKLOTOMISCHE KORPERERWEITERUNGEN 99

mit g(x) ∈ Z[x] und normiert. Wir bezeichnen mit h ∈ Z/pZ[x] das Polynom,das durch Reduktion der Koeffizienten modulo p entsteht. In 2.7.5 habenwir gesehen, dass aus (??) folgt:

h(xp) = f(x) · g(x)

Weiter gilt (a+ b)p = ap + bp in Z/pZ und damit folgt

h(x)p = h(xp) = f(xp)g(xp)

Damit gilt: ggT(f, h) 6= 1, denn grad(f) ≥ 1. Aus (?) folgt analog:

f(x) · h(x) = xn − 1

=⇒ xn − 1 hat mehrfache Nullstellen, dann f(x) und h(x) haben im alge-braischen Abschluss Z/pZ eine gemeinsame Nullstelle. Also ist xn − 1 keinseparables Polynom in (Z/pZ)[x]. Weil p - n, folgt mit 4.4.6, dass xn − 1genau n verschiedene Nullstellen hat im algebraischen Abschluss von Z/pZ.Dies ist ein Widerspruch. Dies zeigt den 1. Schritt.

Schritt 2: Sei ζ ′ eine primitive n-te Einheitswurzel in Q. Dann istf(ζ ′) = 0.

Wir haben in 4.4.5 gesehen, dass die primitiven n-ten Einheitswurzelndie Form ζk haben, mit ggT(k, n) = 1. Also gibt es so ein k mit ζ ′ = ζk. Esgibt somit Primzahlen p1, . . . , pr, alle teilerfremd zu n, mit k = p1 · . . . · pr.Wir definieren ζ1 := ζp1 . Dann ist ζ1 eine primitive n-te Einheitswurzelund es gilt nach Schritt 1: f(ζ1) = 0. Setze ζ2 := ζp21 . Dies ist wieder eineprimitive n-te Einheitswurzel. Wenden wir nun den 1. Schritt fur ζ1 statt ζan (beachte, dass f auch das Minimalpolynom ist von ζ1, da f irreduzibelist), dann folgt f(ζ2) = 0. In r Schritten erhalten wir, dass f(ζ ′) = f(ζr) = 0.Hier benutzten wir ζ ′ = ((((ζp1)p2)p3) . . .)pr = ζr.

Jetzt zeigen wir die Behauptung in Satz 4.4.8: Aus dem 2. Schritt folgt,dass alle primitiven n-ten Einheitswurzeln Nullstellen von f sind. Es gibtnach 4.4.5 genau ϕ(n) primitive n-te Einheitswurzeln, wobei

ϕ(n) := |(Z/nZ)∗|

die Eulersche ϕ-Funktion ist.

[Q(ζ) : Q] 3.2.9= grad(f) ≥ Anzahl verschiedener Nullstellen ≥ ϕ(n)

Andererseits ist Q(ζ) eine Galoiserweiterung von Q (Satz 4.4.6(a)) und da-mit folgt

[Q(ζ) : Q] = ord(Gal(K(ζ)/K)).

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100 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

Weil ψ : Gal(Q(ζ)/Q) −→ (Z/nZ)∗ injektiv ist (4.4.6(c)), folgt:

[Q(ψ) : Q] ≤ ord((Z/nZ)∗) = ϕ(n)

Zusammen ergibt sich ϕ(n) = [Q(ζ) : Q] und die Surjektivitat von ψ.

4.5 Auflosbare Gruppen

Im Hauptsatz der Galoistheorie haben wir gesehen, dass die Untergruppender Galoisgruppe alle Zwischenkorper klassifizieren. Deshalb kommen wir indiesem Abschnitt auf die Gruppentheorie zuruck und untersuchen auflosbareGruppen, die in einem gewissen Sinn aus zyklischen Gruppen aufgebautwerden. Diese Gruppen werden am Schluss der Vorlesung in der Theorie derAuflosbarkeit von algebraischen Gleichungen durch Radikale wichtig werden.

In diesem Abschnitt sei G eine Gruppe.

Definition 4.5.1. Eine Gruppe G heißt auflosbar genau dann, wenn es eineNormalreihe

G0 := {e} / G1 / G2 / . . . / Gn−1 / Gn := G (1)

gibt, so, dass die Faktoren Gj/Gj−1 abelsch sind fur j = 1, . . . , n.

Proposition 4.5.2. Sei G auflosbar und H eine Untergruppe von G. Dannist H auflosbar.

Beweis. Sei Hj := Gj ∩H, dann folgt leicht, dass

{e} = H0 / H1 / . . . / Hn = H

eine Normalreihe in H ist. Nach dem 1. Isomorphiesatz 1.3.9 gilt:

Hj ∩Gj−1 / Hj und Hj/Hj ∩Gj−1∼−→ (HjGj−1)/Gj−1

Somit ist Hj/Hj−1 = Hj/Hj ∩ Gj−1 isomorph zu einer Untergruppe vonGj/Gj−1. Nach Voraussetzung ist Gj/Gj−1 abelsch und damit ist auchHj/Hj−1 abelsch. Es folgt, dass H auflosbar ist.

Proposition 4.5.3. Sei N /G. Dann ist G auflosbar ⇐⇒ N und G/N sindauflosbar.

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4.5. AUFLOSBARE GRUPPEN 101

Beweis. ” =⇒ ”: Sei also G auflosbar. Wir wahlen eine Normalreihe wiein (1) mit abelschen Faktoren. Nach Proposition 4.5.2 ist N auflosbar. Wirmussen zeigen, dassG/N auflosbar ist. Sei π : G −→ G/N der Quotientenho-momorphismus. Weil π ein surjektiver Gruppenhomomorphismus ist, mussGj := π(Gj) eine Normalreihe in G := G/N sein. Wir betrachten den Grup-penhomomorphismus ϕ : Gj −→ Gj/Gj−1 g 7→ π(g)Gj−1. Offensichtlich istauch ϕ ein surjektiver Gruppenhomomorphismus und es gilt Gj−1 ⊆ ker(ϕ).Wir erhalten damit ein surjektiven Gruppenhomomorphismus

Gj/Gj−1 −→ Gj/ ker(ϕ)

(vgl 2. Isomorphiesatz 1.3.10). Weil das Bild einer abelschen Grupe wiederabelsch ist, muss Gj/ ker(ϕ) eine abelsche Gruppe sein. Nach dem Homo-morphiesatz 1.3.8 gilt:

Gj/ ker(ϕ) ∼= Bild(ϕ) = Gj/Gj−1

Also ist auch Gj/Gj−1 abelsch. Es folgt, dass G = G/N auflosbar ist.”⇐= ”: Es seien N und G/N auflosbar. Wir wahlen eine Normalreihe

{e} = G0 / G1 / . . . / Gk = N

mit abelschen Faktoren. Weiter wahlen wir eine Normalreihe

{e} = Gk / Gk+1 / . . . / Gn = G/N

mit abelschen Faktoren (nach Umnummerierung). Wir setzenGj := π−1(Gj)fur j = k+ 1, . . . , n, wobei π : G −→ G/N wieder der Quotientenhomomor-phismus ist. Die Bezeichnungen passen wegen Gk = π−1(e). Offensichtlicherhalten wir jetzt eine Normalreihe von G:

{e} = G0 / G1 / . . . Gk = N / Gk+1 / . . . / Gn = G

Nach dem 2. Isomorphiesatz 1.3.10 gilt fur j > k :

Gj/Gj−1∼= (Gj/N)/(Gj−1/N) = Gj/Gj−1

Somit ist Gj/Gj−1 abelsch fur j > k Weil das trivialerweiße auch fur j ≤ kgilt, muss G auflosbar sein.

Korollar 4.5.4. Sei ϕ : G1 −→ G2 Gruppenhomomorphismus und G1 seiauflosbar. Dann ist ϕ(G1) auflosbar.

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102 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

Beweis. Nach dem Homomorphiesatz 1.3.8 gilt ϕ(G1) ∼= G1/ ker(ϕ). NachProposition 4.5.3 ist G1/ ker(ϕ) auflosbar und damit auch ϕ(G1)

Satz 4.5.5. G auflosbar⇐⇒ ∃ Normalreihe wie in (1) so, dass alle Gj/Gj−1

zyklische Gruppen der Ordnung pj sind fur Primzahlen pj.

Beweis. Siehe [1], Satz 5.4.7

• Wir erinnern daran, dass Z := {g ∈ G∣∣gh = hg∀h ∈ G} das Zentrum

von G ist.

• Falls ord(G) = pk fur eine Primzahl p und k ∈ N, dann heißt G einep-Gruppe.

• Wir haben in 1.6.16 gesehen, dass Z 6= {e} fur jede p-Gruppe G.

Korollar 4.5.6. Jede endliche p-Gruppe G ist auflosbar.

Beweis. Mit Induktion nach n = ord(G).n = 1 ist trivial (wir lassen hier auch G = {e} zu).Sei n > 1 Nach unserer Voruberlegung ist Z 6= {e}

Fall 1: Z = G : Dann ist G eine abelsche Gruppe und damit auflosbar(wahle Normalreihe {e}︸︷︷︸

G0

/ Z︸︷︷︸G1

)

Fall 2: Z 6= G : Beachte, dass Z ein Normalteiler ist von G auf-grund der Definition des Zentrums. Weil Z abelsch ist, muss Z wie-der auflosbar sein. Weiter ist G/Z auflosbar nach Induktion, dennord(G/Z) = ord(G)/ ord(Z) < ord(G) = n. Proposition 4.5.3 furN := Z zeigt, dass G auflosbar ist.

Beispiel 4.5.7. Fur n ≤ 4 ist Sn auflosbar, aber S5 ist nicht auflosbar! Daes sich dabei um kleine Gruppen der Ordnung ≤ 120 handelt, kann man daseinfach mit einem Computer entscheiden. Fur einen mathematischen Beweisverweisen wir auf [1], Bemerkung 5.4.5. Weil S5 eine Untergruppe von Sn istfur alle n ≥ 6, sind alle diese Gruppen aufgrund von 4.5.2 nicht auflosbar.

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4.6. KONSTRUIERBARKEIT MIT ZIRKEL UND LINEAL 103

4.6 Konstruierbarkeit mit Zirkel und Lineal

In diesem Abschnitt werden wir eine abschließende Antwort geben, welcheKonstruktionen mit Hilfen von Zirkel und Linear Durchfuhrbar sind. Dieswird uns mit Hilfe der Galoistheorie gelingen und wir werden das auf dieklassischen Probleme anwenden.

4.6.1. Was lasst sich aus einer gegebenen Strecke mit Zirkel und Linealkonstruieren? Zum Beispiel kann man ein gleichseitiges Dreieck zu gegebenerSeitenlange konstruieren.

Wir wollen das Problem in die Algebra ubersetzen. Wir konnen die ge-gebene Strecke mit [0, 1] ∈ C identifizeren. Dann stellt sich also die Frage,welche Punkte z ∈ C sich mit Hilfe von Zirkel und Lineal aus den gegebenenPunkten 0, 1 konstruieren lassen?

Sei Z die Menge aller solcher Punkte z ∈ C. Es gelten folgen Eigenschaf-ten fur Z.

(a) Z ⊆ Z durch ”Abtragen” der Strecke [0, 1].

(b) i ∈ Z, da man die Mittelsenkrechte von −1 und 1 zeichnen kann.

(c) z ∈ Z ⇐⇒ <(z),=(z) ∈ Z.

Abbildung 4.1: Thaleskreis

z ∈ C ist genau dann konstruierbar, wenn so-wohl der Realteil als auch der Imaginarteil kon-struierbar sind. Dies ergibt sich zum Einen dar-aus, dass wir, sollte z ∈ Z sein, einfach ein Lotfallen konnen bzw. den Thaleskreis zeichnen undauf der anderen Seite einfach die Senkrechte in<z,=z errichten.

Lemma 4.6.2. Z ist ein Teilkorper von C

Beweis. Addition: Seien z1, z2 ∈ Z. Zu zeigen ist z1 + z2 ∈ Z.Wir verschieben Parallelen durch z1 und z2 7→ z1 + z2 ∈ Z.Multiplikation: Seien z1, z2 ∈ Z. Zu zeigen: z1 · z2 ∈ Z. Nach 4.6.1(c)

genugt es zu zeigen, dass

<(z1z2) = <(z1)<(z2)−=(z1)=(z2)=(z1z2) = <(z1)=(z2) + =(z1)<(z2)

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104 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

beide in Z sind. Also genugt es zu zeigen, dass fur u, v ∈ R∩Z auch u · v ∈R ∩ Z. Hier benutzen wir, dass Z nach obigem abgeschlossen ist unter ”+”und damit offensichtlich auch unter ”-”. Seien also u, v ∈ Z∩R. Wir benutzenden Strahlensatz. a : b = c : d. Wir wahlen b := u, c := v und a = 1. Dannzeichnen wir die Parallele in obiger Figur und erhalten so, dass d = bc = uv.Somit ist Z ist Unterring von C. Es bleibt zu zeigen fur z ∈ Z\ {0}, dassauch 1

z ∈ Z ist.1z

=z

zz=<(z)|z|2

− i=(z)|z|2

Nach 4.6.1(c) sind <(z),=(z), z ∈ Z und nach Pythagoras auch |z|2 ∈ Z.Nach 4.6.1(b) gilt auch i ∈ Z. Weil wir schon wissen, das Z abgeschlossenist unter ”+”,”-”,”·”, genugt es zu zeigen, dass Z∩R abgeschlossen ist unterDivision. Dies folgt wieder mit dem Strahlensatz.

Proposition 4.6.3. Wir betrachen Korpererweiterungen K ⊆ F ⊆ L undnehmen an, dass F/K normal ist. Dann gilt fur jeden K-Homomorphismusϕ : F −→ L die Inklusion ϕ(F ) ⊆ F .

Beweis. Sei α ∈ F . Wir bezeichnen das Minimalpolynom von α uber K mitf(x). Damit ist α eine Nullstelle von f(x). Nach 4.1.3 ist ϕ(α) wieder eineNullstelle von f(x). Weil F/K normal ist, zerfallt f(x) in Linearfaktorenaus F [x]. Damit sind alle Nullstellen von f(x) aus L schon in F enthalten.Also gilt ϕ(α) ∈ F

Proposition 4.6.4. Sei f(x) ein irreduzibles separables Polynom in K[x]mit Zerfallungskorper L.

(a) L/K ist Galoiserweiterung

(b) Sei α eine Nullstelle von f(x) in L und β ∈ L. Dann gilt:

β Nullstelle von f(x)⇐⇒ ∃σ ∈ Gal(L/K) mit β = σ(α)

Beweis. Spater.

Theorem 4.6.5. Sei z ∈ C. Dann ist z genau dann mit Lineal und Zirkelkonstruierbar aus den gegebenen Punkten 0, 1, wenn es einen Teilkorper Lvon C gibt mit den Eigenschaften, dass

• z ∈ L

• L/Q Galoiserweiterung

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4.6. KONSTRUIERBARKEIT MIT ZIRKEL UND LINEAL 105

• [L : Q] = 2n fur ein n ∈ N0

Beweis. Schritt 1: Wenn w ∈ Z, dann gilt auch√w ∈ Z.

Abbildung 4.2: Hohensatz

Wenn w > 0, dann benutzen wirden Hohensatz, der besagt, dass in-nerhalb eines rechtwinkeligen Drei-ecks das Quadrat der Hohe gleichdem Produkt der beiden Hypothenu-senabschnitte ist. Mit den Notatio-nen aus der nebenstehenden Abbil-dung heißt dies also, dass h2 = p · qgilt. Wahlen wir an dieser Stelle p =1 und q = w, so konnen wir sehen,dass wir auf diese Weise h =

√w

konstruieren konnen. Fur beliebige w ∈ C ist√w = ±

√R · e

iϕ2 , wobei

w = Reiϕ die Polardarstellung ist. Wenn w konstruierbar ist, dann auch Rund nach dem Spezialfall damit auch

√R. Somit ist

√w konstruierbar, denn

wir konnen auch den Winkel halbieren. Dies zeigt Schritt 1.

h2 = p · q Wahle p = w, q = 1 =⇒ h2 = pq = w =⇒ h =√w

Wenn w ∈ Z beliebig, dann konnen wir mit obigem√|w| konstruieren.

Weiter konnen wir mit Zirkel und Lineal Winkel halbieren und erhalten so√w im Allgemeinen. Dies zeigt Schritt 1.

” =⇒ ” Sei z ∈ Z. Gesucht ist ein solches L. wir machen uns zuerst klar,was konstruierbar bedeutet. Es gibt z1, z2, . . . , zn mit zn = z so, dass zj ausz1, . . . , zj−1 erhalten wird, durch eine der folgenden Operationen:

(i) schneiden zweier zulassiger Geraden;

(ii) schneiden einer zulassigen Geraden mit einem zulassigen Kreis;

(iii) schneiden zweier zulassiger Kreise.

Eine Gerade heißt dabei zulassig, wenn sie duch zwei schon konstruierba-re Punkte geht, d.h. aus {P1, . . . , Pj−1}. Ein Kreis heißt zulassig, wennsein Zentrum in {P1, . . . , Pj−1} liegt und er duch einen weiteren Punkt aus{P1, . . . , Pj−1} geht. Wir sagen, dass Pn nach n Schritten aus 0, 1 konstruiertwurde.

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106 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

Wir beweisen mit Induktion nach n, dass es einen Teilkorper L von Cgibt mit der Eigenschaft

i, z1, . . . , zn ∈ L,L/Q Galoiserweiterung , [L : Q] = 2m,m ∈ N.

Fur n = 0 muss z ∈ {0, 1} gelten(in 0 Schritten konstruierbar, also gegeben).Dann wahlen wir L = Q(i).

Sei jetzt n ∈ N. Nach der Induktionsannahme gibt es einen TeilkorperF von L mit:

i, z1, . . . , zn−1 ∈ F, F/Q Galoiserweiterung , [F : Q] = 2k

Wir erhalten zn aus z1, . . . , zn−1 mit Hilfe von einer der drei Operationen(i),(ii),(iii). Wir nehmen an, dass Operation (iii) benutzt wurde. Die anderenFalle sind analog und einfacher. Dann ist zn = z = x+ iy Losung von zweiKreisgleichungen.

(x− xj)2 + (y − yj)2 = R2j (j = 1, 2) (1)

Dabei sind x1+iy1 und x2+iy2 Punkte aus {P1, . . . , Pn−1}. Nach Proposition4.6.3 bildet die komplexe Konjugation F in sich ab. Fur w ∈ F folgt, dass<(w) = w+w

2 und =(w) = w−w2i beide in F sind. Ebenso gilt |w|2 ∈ F . Weil

die Kreise zulassig sind, folgt xj , yj , R2j ∈ F ∩ R fur j = 1, 2.

Offenbar durfen die beiden Kreise nicht konzentisch sein. O.B.d.A x1 6=x2.

x2 + (y − yj)2 = R2j + 2xjx− x2

j (j = 1, 2) (2)

und mit Subtration der beiden Gleichungen

(y − y1)2 − (y − y2)2 = λ+ 2(x1 − x2)x (3)

fur ein λ ∈ F . Auflosen nach x und einsetzen in eine der beiden Gleicungenin (1) liefert eine quadratische Gleichung in y mit Koeffizienten in F ∩ R

Sei ∆ die Diskriminante dieser quadratischen Gleichung =⇒ ∆ ∈ F . Die

Losungsformel fur quadratische Gleichungen liefert y ∈ F (√

∆)(3)

=⇒ x ∈F (√

∆).Wir betrachten nun den Zerfallungskorper L des Minimalpolynoms f(x)

von√

∆ uber Q. Es gilt Q ⊆ F ⊆ F (√

∆) ⊆ L. Weil char(Q) = 0, mussL/Q eine Galoiserweiterung sein (4.1.4 und 4.2.5) mit z = zn = x + iy ∈F (√

∆) ⊆ L. Weiter ist f als irreduzibles Polynom in char = 0 separabel(siehe 4.2.5). Wir bezeichnen die Nullstellen von f mit α1 =

√δ, α2, . . . , αd.

Nach 4.6.4 ∃σj ∈ Gal(L/Q) mit αj = σ(α1). Wegen α21 = ∆ folgt

α2j = (σ(α1))2 = σ(α2

1) = σ(∆) ∈ F nach 4.6.3

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4.6. KONSTRUIERBARKEIT MIT ZIRKEL UND LINEAL 107

Somit gilt [F (α1, . . . , αj) : F (α1, . . . , αj−1)] ∈ {1, 2}. Wir haben den Korper-turm

Q ⊆ F ⊆ F (α1) ⊆ F (α1, α2) ⊆ . . . ⊆ F (α1, . . . , αn) = L.

Mit der Gradformel folgt [F : Q] = 2k fur ein k ∈ N. Damit hat L diegewunschten Eigenschaften. Und dies zeigt ” =⇒ ”

“⇐=”: Umgekehrt nehmen wir an, dass es fur z ∈ C ein L gibt wiein der Behauptung. Weil L/Q eine Galoiserweiterung ist, folgt nach demHauptsatz der Galoistheorie und der Folgerung 4.3.7, dass die GaloisgruppeG := Gal(L/Q) die Ordnung [L : Q] = 2k hat. Damit ist G eine 2-Gruppe.Nach Korollar 4.5.6 ist G auflosbar. Nach Satz 4.5.5 gibt es eine Normalreihe

{e} = G0 / G1 / . . . / Gn = G,

mit zyklischen Faktoren Gj/Gj−1 der Ordnung pj fur Primzahlen pj . Es gilt

pj = |Gj/Gj−1| =|Gj ||Gj−1|

=|Gj ||Gj−1|

| |Gj |.

Nach dem Satz von Lagrange ist |Gj | ein Teiler von |G| = 2k. Es folgt pj = 2fur alle pj . Wir wenden den Hauptsatz der Galoistheorie an auf die obigeNormalreihe und betrachten die entsprechenden Fixkorper Lj := LGj . Dieergibt einen Korperturm

L = L0 ⊇ L1 ⊇ . . . ⊇ Ln = Q.

Nach der Folgerung 4.3.7 gilt

[Lj−1 : Lj ] = |Gj/Gj−1| = 2.

Sei αj ∈ Lj−1 \Lj . Dann hat das Minimalpolynom von αj uber Lj den Grad2. Wir bezeichnen mit ∆j die Diskriminante dieses quadratischen Polynom.Da die Koeffizienten in Lj liegen, folgt auch ∆j ∈ Lj . Aus der Losungsformelfur quadratische Polynome folgt sofort, dass

Lj−1 = Lj(αj) = Lj(√

∆j)

gilt. Wir zeigen nun induktiv nach n, dass alle Elemente in Ln konstruierbarsind. Wenn n = 0, dann gilt Ln = Q ⊂ Z X. Sei nun n > 0. Dann folgt nachInduktion, dass L1 ⊂ Z. Es gilt

L = L1(√

∆)

nach obigem. Weil√

∆1 ∈ Z nach dem 1.Schritt, folgt L ⊂ Z (da Z einKorper). Insbesondere gilt z ∈ L ⊂ Z.X

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108 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

Theorem 4.6.6. Sei z1 := 0, z2 := 1, z3, . . . , zr ∈ C und z ∈ C. Dann istz aus den gegebenen Punkten z1, . . . , zr konstruierbar mit Zirkel und Linealgenau dann, wenn es einen Teilkorper L von C gibt mit

• z ∈ L

• L/Q(z1, . . . , zr, z1, . . . , zr) ist eine Galoiserweiterung (insbesondere giltz1, . . . , zr, z1, . . . , zr ∈ L).

• [L : Q(z1, . . . , zr, z1, . . . , zr)] = 2k fur ein k ∈ N0.

Beweis. Ahnlich wie in 4.6.5, siehe [1], 6.4.1.

Beispiel 4.6.7 (Delisches Problem). Kann man die Kantenlange eines Wur-fels mit Volumen 2 konstruieren? Algebraische Ubersetzung: 3

√2 ∈ Z?.

Antwort: Nein!

Beweis. Das Minimalpolynom von 3√

2 uber Q ist x3−2 nach dem Kriteriumvon Eisenstein (vergleiche 4.3.9). Somit gilt

[Q( 3√

2) : Q] = 3.

Wenn es nun eine Korpererweiterung L von Q gabe mit 3√

2 ∈ L und [L :Q] = 2k, dann folgt Q( 3

√2) ⊆ L und mit der Gradformel gilt

3 = [Q( 3√

2) : Q] =[L : Q]

[L : Q( 3√

2)]=

2k

x.

Also folgt 3|2k. Widerspruch. Nach dem Theorem 4.6.5 folgt 3√

2 /∈ Z.

Beispiel 4.6.8 (Quadratur des Kreises). Lasst sich zu einem Kreis mitRadius 1 ein flachengleiches Quadrat konstuieren? Algebraische Uber-satzung:

√π ∈ Z?

Beweis. Ware√π ∈ Z, dann gilt auch π ∈ Z. Weil π transzendent ist

(siehe [3], 7.10), gibt es uberhaupt keine endliche Korpererweiterung vonQ, die π enthalt (siehe Abschnitt III.3). Nach Theorem 4.6.5 folgt π /∈ Z.Widerspruch.

Beispiel 4.6.9 (Dreiteilung des Winkels). Kann man jeden Winkel ϕ mitZirkel und Lineal durch 3 teilen? Algebraische Ubersetzung: Ist eiϕ/3

konstuierbar aus 0,1,eiϕ. Antwort: Nein!

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4.6. KONSTRUIERBARKEIT MIT ZIRKEL UND LINEAL 109

Beweis. Wir mussen einen Winkel ϕ angeben, der sich nicht dritteln lasst.Nicht geeignet ist ϕ = π

2 , weil man ein gleichseitiges Dreieck konstruierenkann und durch Halbierung des Winkels π

3 erhalten wir π6 wie gewunscht.

Besser ist es, ϕ = 2π3 zu wahlen. Wir mussen zeigen, dass eϕi/3 nicht aus

0,1,eϕi konstruierbar ist. Wir gehen indirekt vor und nehmen an, dass dieKonstruktion moglich ist. Nach Theorem 4.6.6 fur z1 = 0, z2 = 1, z3 = ei2π/3

muss es einen Teilkorper L von C geben mit

Q(e2πi/3) = Q(e2πi/3, e−2πi/3) = Q(z1, z2, z3, z1, z2, z3) ⊆ L

und [L : Q(e2πi/3)] = 2k fur ein k ∈ N0.Es sollt weiter gelten e2πi/9 ∈ L.

Q⊂ Q(e2πi/3) ⊂ Q(e2πi/9) ⊂︸ ︷︷ ︸[ : ]=2k

L.

Es gilt[Q(e2πi/9) : Q] =

Satz 4.4.8ϕ(9) =

2.5.1532 − 32−1 = 6

Nach der Gradformel folgt folgt 6 | [L : Q] = 2k. Widerspruch.

Lemma 4.6.10. Sei r, s ∈ N, r ≥ 2, p = rs + 1 Primzahl. Dann ist s = 2k

fur ein k ∈ N0.

Beweis. Es gilt s = 2k · l mit l ungerade. Wir wenden die Formel

xl + 1 = (x+ 1)(xl−1 − xl−2 +− . . .+ 1)

fur x = r2k

an. Dann folgt nach den Potenzgesetzen

p = rs + 1 = (r2k)l + 1 = xl + 1 = (x+ 1)(· · · ) = (r2

k+ 1)(· · · ).

Weil p prim ist, muss rl2k

+ 1 = rs + 1 = p gleich r2k

+ 1 sein. Es folgt l = 1wie gewunscht.

Beispiel 4.6.11 (Regulare n-Ecke). Wir konnen nun auch beantworten, wel-che regelmaßigen n-Ecke sich konstruieren lassen. Dies ist aquivalent zu derFrage, ob ζn = e

2πin ∈ Z ist. Da Q[ζn] nach 4.4.6 und 4.4.8 eine Galoiserwei-

terung vom Grad ϕ(n) ist, wird ζn genau dann in Z liegen, wenn ϕ(n) = 2k

fur ein k ∈ N0 gilt (wieder mit Theorem 4.6.5). Sei also n = pν11 · · · pνrr diePrimfaktorzerlegung. Damit ist:

ϕ(n) := (p1 − 1)pν1−11 · · · (pr − 1)pνr−1

r .

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110 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

Es lasst sich an dieser Stelle somit als Fazit festhalten, dass ein n-Eck genaudann konstruierbar ist, wenn n = 2kq1 · · · qs gilt, wobei q1, . . . , qs paarweiseverschiedene Fermatsche Primzahlen sind, d.h. Primzahlen der Form22k + 1 fur ein k ∈ N0. Die einzigen bekannten Fermat-Primzahlen sind3, 5, 17, 257, 65537.

4.7 Auflosbarkeit algebraischer Gleichungen

In diesem Abschnitt werden wir folgendes klassisches Problem der Algebralosen: Gibt es fur eine polynomiale Gleichung in einer Variablen eine alge-braische Losungsformel? Dieses Problem wurde von Galois in den Jahren1830-32 mit Hilfe seiner Galoistheorie gelost. Wir skizzieren nur die Ideenund verweisen auf [1], 6.1 und 6.2, fur Einzelheiten (oder Proseminar SS 10).

In diesem Abschnitt sei K ein Korper der Charakteristik 0 und es sei Keine algebraischer Abschluss von K.

Beispiel 4.7.1 (Quadratische Gleichung). Bekannterweise hat die quadra-tische Gleichung x2 + bx+ c = 0 die Nullstellen

x1,2 =−b±

√b2 − 4c

2.

Gibt es so eine Formel fur Polynome vom Grad n ≥ 3? Wir prazisieren dasfolgendermaßen:

Definition 4.7.2. Sei f(x) ∈ K[X]. Dann heißt f(x) = 0 auflosbar durchRadikale :⇐⇒ die Nullstellen von f(x) in K lassen sich mit Hilfe von Ele-menten aus K und mit den algebraischen Operationen +,−, ·,÷, n√ (n ∈ N)ausdrucken.

4.7.3. Sei L der Zerfallungskorper von f uber K. Nach 4.1.4 ist L/K nor-male Korpererweiterung. Aus char(K) = 0 4.2.5=⇒ L/K separabel. Insgesamtist L/K eine Galoiserweiterung. Wir nennen Gf := Gal(L/K) die Galois-gruppe von f . Fur n ∈ N bezeichnen wir wie fruher mit Un die Menge(Gruppe) der n-ten Einheitswurzeln in K.

Satz 4.7.4. Sei Un ∈ K, a ∈ K. Wir wahlen irgend eine Nullstelle w vonxn − a in K. Dann gilt:

a) L := K(w) ist eine Galoiserweiterung von K.

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4.7. AUFLOSBARKEIT ALGEBRAISCHER GLEICHUNGEN 111

b) Es gibt einen kanonischen injektiven Gruppenhom. Gal(L/K) → Un(unabhangig von der Wahl von w) und damit ist Gal(L/K) eine zykli-sche Gruppe.

Beweis. Siehe [1], Satz 4.8.3 b).Zu diesem Satz gibt es folgende Umkehrung:

Satz 4.7.5. Sei Un ⊆ K, L/K sei eine Galoiserweiterung mit zyklischerGaloisgruppe der Ordnung n. Dann ∃a ∈ K mit L = K(w) fur jede Nullstellew von xn − a in K.

Beweis. Siehe [1], Satz 4.8.3 a).

Theorem 4.7.6. f(x) ∈ K[X]. Dann ist f(x) = 0 auflosbar durch Radikale⇐⇒ Gf auflosbare Gruppe.

Beweisidee. Wir skizzieren den Beweis nur, fur Einzelheiten verweisen wirauf [1], Theorem 6.15. In einem ersten Schritt uberlegt man sich, dass manendlich viele Einheitswurzeln zu K adjungieren darf, ohne dass sich diebeiden Aussagen andern (technischer Beweis). Also durfen wir annehmen,dass Un ⊆ K fur alle n | ord(Gf ).“⇐=”. Wir nehmen, dass Gf eine auflosbare Gruppe ist. Also gibt es eineNormalreihe

{e} = G0 C . . .CGr = Gf (4.5)

mit zyklischen Faktoren Gj/Gj−1 der Ordnung pj prim (Satz 4.5.5). Nach4.7.3 ist Gf die Galoisgruppe des Zerfallungskorpers L von f(x) uber Kund L/K ist eine Galoiserweiterung. Nach dem Hauptsatz der Galoistheorie(Theorem 4.3.6) und seiner Folgerung 4.3.7 bilden die Fixkorper

L = LG0 ⊇ LG1 ⊇ . . . ⊇ LGr = K (4.6)

einen Korperturm so, dass LGj−1/LGj eine normale Korpererweiterung istmit

Gal(LGj−1/LGj ) ∼= Gj/Gj−1. (4.7)

Aus (4.7), dass Gal(LGj−1/LGj ) eine zyklische Gruppe der Ordnung pj ist.Aus (4.5) und dem Satz von Lagrange folgt pj | ord(Gf ). Also gilt Upj ⊆K ⊆ LGj nach dem ersten Schritt. Wir durfen also Satz 4.7.5 anwenden furdie Korpererweiterung LGj−1/LGj und n = pj . Es gibt also ein aj ∈ LGj

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112 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

so, dass LGj−1 = LGj (wj) fur jede Nullstelle wj von xpj − aj . Zuerst einmalbetrachten wir das fur LGr−1 ⊇ LGr = K. Dann gilt

LGr−1 = K(wr), wobei ”wr = pr√ar” mit ar ∈ K.

Aus Abschnitt III.3 wissen wir, dass K(wr) = K[wr]. Damit gibt es fur jedesα ∈ LGr−1 ein g(x) ∈ K[X] mit

α = g( pr√ar).

Durch Iteration dieses Verfahren in (4.6) stellen wir fest, dass jedes Elementvon L = LG0 sich mit Hilfe der Operationen +, · und pj

√ (j = 1, . . . , r)darstellen lasst. Da L der Zerfallungskorper von f ist, liegen alle Nullstellenvon f(x) aus K schon in L und damit folgt, dass f(x) = 0 auflosbar durchRadikale ist.“=⇒”. Im wesentlichen kann man obigen Beweis umkehren. Aus f(x) = 0auflosbar durch Radikale erhalt man einen Korperturm wie in (4.6). Mit demHauptsatz der Galoistheorie erhalten wir eine Normalreihe wie in (4.5). Mit(4.7) und Satz 4.7.4 folgt, dass Gj/Gj−1 zyklisch ist. =⇒ Gf ist auflosbar.

Korollar 4.7.7. Sei f(x) ∈ K[X], deg(f) ≤ 4. Dann ist f(x) = 0 auflosbardurch Radikale.

Beweis. Sei L der Zerfallungskorper von f uber K. Beachte, dass f maxi-mal 4 verschiedene Nullstellen in L hat und die erzeugen L uber K. NachBemerkung 4.3.8 ist Gf eine Untergruppe der Permutationsgruppe der Null-stellen. Es folgt, dass Gf isomorph ist zu einer Untergruppe von S4. WeilS4 auflosbar ist (siehe 4.5.7), muss auch jede Untergruppe von S4 auflosbarsein (siehe 4.5.2). =⇒ Gf ist ein auflosbare Gruppe. Nach Theorem 4.7.6 istf(x) = 0 auflosbar durch Radikale.

Bemerkung 4.7.8. Mit Hilfe von Theorem 4.7.6 konnen wir zu jeder ge-gebenen Gleichung f(x) = 0 entscheiden, ob die auflosbar durch Radikaleist. Wir mochten aber analog zu Beispiel 4.7.1 eine Formel haben, die furalle Polynome f(x) von einem gegebenen Grad n gilt. Um das zu erreichen,betrachten wir die Koeffizienten von f(x) als unbestimmte Parameter.Wir nennen dann

f(x) = xn + yn−1xn−1 + . . .+ y1x+ y0

das allgemeine Polynom n-ten Grades. Es liegt in Q(y0, . . . , yn−1)[X],wobei wir y0, . . . , yn−1 als neue Variable betrachten. Hier ist Q(y0, . . . , yn−1)der Quotientenkorper des Polynomrings Q[y0, . . . , yn−1].

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4.7. AUFLOSBARKEIT ALGEBRAISCHER GLEICHUNGEN 113

Satz 4.7.9. Fur das allgemeine Polynome f n-te Grades gilt Gf ∼= Sn.

Beweis. Siehe [1], Satz 4.3.4.

Bemerkung 4.7.10. Sei L der Zerfallungskorper des allgemeinen Polynomsn-ten Grades f . Nach 4.3.3 und 4.7.9 folgt [L : K] = ord(Gf ) = n! und damitist die allgemeine Schranke [L : K] ≤ n! aus 3.4.4 best moglich!

Theorem 4.7.11. Die allgemeine Gleichung f(x) = 0 n-ten Grades istgenau dann durch Radikale auflosbar, wenn n < 5 gilt.

Beweis. Wenn n ≤ 4, dann ist die Gleichung f(x) = 0 auflosbar durchRadikale nach 4.7.4. Wenn n ≥ 5, dann ist Sn nicht auflosbar nach 4.5.7.Wegen Gf ∼= Sn (siehe 4.7.9) ist auch Gf nicht auflosbar. Aus Theorem 4.7.6folgt, dass f(x) = 0 nicht durch Radikale auflosbar ist.

Bemerkung 4.7.12. Fur explizite Formeln in den Fallen n = 3, 4 verweisenwir auf [1], 6.2. Diese komplizierten Formeln werden Cardano zugeschrieben,stammen aber eigentlich von Ferro und Tartaglia (16. Jahrhundert).

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114 KAPITEL 4. GALOIS-THEORIE

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Anhang A

Ubungen

Aufgabe 1:Seien G,H Gruppen und sei ϕ : G −→ H ein Gruppenhomomorphismus.Zeigen Sie:

a) Ist U eine Untergruppe von H, dann ist ϕ−1(U) eine Untergruppe vonG.

b) Ist U eine Untergruppe von G, dann ist ϕ(U) eine Untergruppe vonH.

c) ϕ ist genau dann injektiv, wenn ker(ϕ) = {e} gilt.d) ϕ ist genau dann ein Isomorphismus, wenn ϕ bijektiv ist.e) Ist ϕ surjektiv, dann liefert die Abbildung U 7→ ϕ−1(U) eine Bijektion

zwischen der Menge aller Untergruppen von H und der Menge allerderjenigen Untergruppen von G, die den Kern von ϕ enthalten.

Aufgabe 2:Sei V := R2 und G := GL(V ) die Gruppe der Automorphismen von V . Wirw”ahlen ein regelm”a”siges Sechseck S ⊆ V zentriert in 0.

a) Zeigen Sie, dass die Menge D6 := {g ∈ G | g(S) = S} eine Untergruppevon G ist.

b) Bestimmen Sie explizit alle Elemente von D6.

Solche Invariantengruppen Dn von regelm”a”sigen n-Ecken hei”sen Dieder-gruppen. Ist Dn eine abelsche Gruppe?

Aufgabe 3:Sei G eine Gruppe und H 6= ∅ eine Teilmenge von G. Auf G × G sei eineRelation ∼ definiert durch

g1 ∼ g2 :⇔ g1g−12 ∈ H.

115

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116 ANHANG A. UBUNGEN

Zeigen Sie:a) Die Relation ∼ ist genau dann eine ”Aquivalenzrelation, wenn H eine

Untergruppe von G ist.b) Ab jetzt nehmen wir an, dass H eine Untergruppe von G ist. Dann

sind die ”Aquivalenzklassen von ∼ gerade die Rechtsnebenklassen Hgvon H in G.

c) Es existiert eine Bijektion zwischen der Menge der Rechtsnebenklassenund der Menge der Linksnebenklassen von H in G.

d) Die Menge der Rechtsnebenklassen von H in G bildet mit der re-pr”asentantenweise definierten Multiplikation genau dann eine wohl-definierte Gruppe, wenn H ein Normalteiler von G ist.

Aufgabe 4:Seien G,H Gruppen und ϕ : G −→ H ein Gruppenhomomorphismus. ZeigenSie, dass es dann genau einen Isomorphismus ϕ : G/ker(ϕ) −→ ϕ(G) gibt,so dass ϕ(g) = ϕ(g) fur alle g ∈ G.

Aufgabe 5:Seien σ, π ∈ Sn mit σ = ( 1 2 3 4 5 6

3 4 5 2 1 6 ) und π = ( 1 2 3 4 5 66 1 2 4 3 5 ).

a) Finde die Zyklenzerlegung fur σ und π.b) Berechne die Inverse von σ und π.c) Schreibe σ als Produkt von Transpositionen.d) Berechne das Konjugat πσπ−1.

Aufgabe 6:Seien a, b ∈ {1, . . . , n} mit a 6= b fest gew”ahlt. Zeigen Sie, dass f”urn ≥ 3 die alternierende Gruppe An von den Dreierzyklen (a, b, k) mit k ∈{1, . . . , n}\{a, b} erzeugt wird, d.h. dass jede gerade Permutation als Pro-dukt solcher Dreierzyklen darstellbar ist.

Aufgabe 7:a) Sei G eine Gruppe der Ordnung 9. Wie viele Teilmengen besitzt die

Menge G und wie viele davon enthalten das neutrale Element vonG? Welche Elementeanzahl darf eine Teilmenge haben, damit sie imEinklang mit dem Satz von Lagrange zu einer echten Untergruppe vonG gehoren kann? Wie viele Teilmengen mit neutralem Element gibt eszu der jeweiligen Anzahl?

b) Zeigen Sie, dass eine Untergruppe einer Gruppe G vom Index zweistets ein Normalteiler von G ist.

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Aufgabe 8:Seien G, H Gruppen und G zyklisch. Zeigen Sie:

a) Jede Untergruppe von G ist zyklisch.b) Ist ϕ : G −→ H ein Gruppenhomomorphismus, so sind ker(ϕ) und

ϕ(G) zyklisch.c) Seien nun G,H endlich und zyklisch. Es ist G × H genau dann eine

zyklische Gruppe, wenn ord(G) und ord(H) teilerfremd sind.

Aufgabe 9:Sei p eine Primzahl und U eine Untergruppe der symmetrischen Gruppe Sp,die eine Transposition τ und einen p-Zykel σ enthalt. Zeigen Sie, dass danngilt U = Sp.

Aufgabe 10:Sei G eine endliche Gruppe und H eine Untergruppe von G. Zeigen Sie:

a) H operiert effektiv auf der Menge G durch Linksmultiplikation.b) Die Aussage welchen Satzes erhalt man, wenn man die Klassenglei-

chung fur die Operation aus a) anwendet.

Aufgabe 11:Bestimmen Sie alle Untergruppen der Diedergruppe D6 aus Aufgabe 2. Tes-ten Sie fur jede Untergruppe, ob sie zyklisch, abelsch, Normalteiler oderp-Sylowuntergruppe ist.

Aufgabe 12:Seien p und q Primzahlen mit p < q.

a) Sei G eine Gruppe der Ordnung pq. Bestimmen Sie die Anzahl derq-Sylowunter-gruppen von G.

b) Eine Gruppe G heißt einfach, falls {e} und G die einzigen NormalteilervonG sind. Zeigen Sie, dass jede Gruppe der Ordnung p2q nicht einfachist.

Satz: Sei G eine endliche Gruppe, sei p der kleinste Primteiler von ord(G)und U eine

Untergruppe von G vom Index p. Dann ist U ein Normalteiler vonG.

Aufgabe 13:Vervollstandigen Sie den folgenden Beweis des obigen Satzes:

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118 ANHANG A. UBUNGEN

Sei X die Menge aller Untergruppen von G und operiere G auf X durchKonjugation. Die Elemente der Bahn GU von U unter G haben die Ge-stalt . Es gilt U Stab(U) und nach Proposition 6.9 ist|GU | = (G : Stab(U)). Somit besteht die Konjugationsklasse GU entwederaus oder aus Elementen. Im ersten Fall ist U offensichtlichein Normalteiler von G. Im anderen Fall gilt U = Stab(U), denn UStab(U) und (G : U) (G : Stab(U)). Da G auf GU durch Konjugationoperiert, gibt es einen Homomorphismus

ϕ : G −→ S(GU , GU ), g 7→ (hUh−1 7→ ghUh−1g−1),

wobei S(GU , GU ) die Permutationsgruppe auf GU bezeichnet. Nach demHomomorphiesatz und dem Satz von Lagrange ist (G : ker(ϕ)) ein Teilervon |S(GU , GU )| = . Da (G : ker(ϕ)) auch ein Teiler der Ordnungvon G und p nach Voraussetzung der kleinste Primteiler von ord(G) ist, giltinsbesondere (G : ker(ϕ)) = . Es ist also

= (G : ker(ϕ)) = (G : U) · (U : ker(ϕ)) = p · (U : ker(ϕ)),

d.h. (U : ker(ϕ)) = und damit U ker(ϕ). Da nun der Kern vonϕ ein Normalteiler von G ist, ist auch U ein Normalteiler von G. �

Aufgabe 14:Klassifizieren Sie alle Gruppen der Ordnung 9, 10 und 11. Geben Sie an,welche dieser Gruppen zyklisch oder abelsch sind.

Aufgabe 15:Sei G eine abelsche Gruppe der Ordnung 36. Bestimmen Sie alle Isomor-phietypen von G.

Aufgabe 16:Bestimmen Sie den Isomorphietyp der abelschen Gruppe (Z/24Z)∗ und ge-ben Sie explizit einen Isomorphismus an.

Aufgabe 17:Sei p eine Primzahl und G eine Gruppe der Ordnung p2. Zeigen Sie:

a) G ist abelsch.b) G ist entweder zyklisch oder isomorph zu Z/pZ× Z/pZ.

Aufgabe 18:Sei R ein kommutativer Ring und I ein Ideal von R. Zeigen Sie, dass I genaudann ein Primideal ist, wenn R/I ein Integritatsbereich ist.

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Aufgabe 19:Sei R ein kommutativer Ring und seien I, J Ideale von R. Zeigen Sie, dassdann auch I + J := {a+ b | a ∈ I, b ∈ J} und I ∩ J Ideale von R sind.

Aufgabe 20:Sei R ein kommutativer Ring und sei I1 ⊆ I2 ⊆ I3 ⊆ · · · eine aufsteigendeKette von Idealen Ij von R. Zeigen Sie, dass dann auch

⋃j∈N

Ij ein Ideal von

R ist.

Aufgabe 21:SeiR ein kommutativer Ring, sei S ein Integritatsbereich und sei ϕ : R −→ Sein Ringhomomorphismus. Zeigen Sie, dass ker(ϕ) ein Primideal von R ist.

Aufgabe 22:Zeigen Sie:

a) Die Menge der Quaternionen

H ={(

z w−w z

)| z, w ∈ C

}bildet mit der ublichen Matrizenaddition und -multiplikation einenSchiefkorper.

b) Mit Hilfe der Abbildung

C −→ H, z 7→(z 00 z

)lasst sich C als Teilring von H ansehen.

Aufgabe 23:Seien x1, . . . , xr,m1, . . . ,mr ∈ Z, wobei m1, . . . ,mr ≥ 2 paarweise teiler-fremden Zahlen und sei ni = m1 · · ·mi−1 f”ur i = 1, . . . , r + 1.

a) Zeigen Sie, dass f”ur jedes i ∈ {1, . . . , r} ein Zahl ai ∈ Z existiert mit1 ≤ ai < mi und aini ≡ 1 mod mi.

b) F”ur i = 1, . . . , r sei bi ∈ Zmit 0 ≤ bi < mi und bi ≡ (xi−∑i−1

k=1 bknk)aimod mi. Zeigen Sie, dass die Zahl x = b1n1 + · · · + brnr simultaneL”osung der Kongruenzen

x ≡ x1 mod m1

x ≡ x2 mod m2

...x ≡ xr mod mr

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120 ANHANG A. UBUNGEN

ist. Geben Sie alle Losungen des Systems an.c) Berechnen Sie eine simultane L”osung der Kongruenzen

x ≡ 1 mod 2, x ≡ 2 mod 3, x ≡ 4 mod 5.

Aufgabe 24:Seien m und n teilerfremde ganze Zahlen.Beweisen Sie den chinesischen Restsatz Z/mnZ ∼= Z/mZ× Z/nZ.

Aufgabe 25:Sei R ein kommutativer Ring mit 1.

a) Den Polynomring R[x1, . . . , xn] in den n Variablen x1, . . . , xn definie-ren wir rekursiv durch R[x1, . . . , xn] := (R[x1, . . . , xn−1])[xn]. ZeigenSie, dass man die Elemente als formale Summen∑

j∈Nn0

ajxj11 · · ·x

jnn (∗)

mit nur endlich vielen Koeffizienten aj ∈ R verschieden von Nullschreiben kann. Geben Sie die Additions- und die Multiplikationsfor-mel an fur Polynome der Form (∗).

b) Wenn M ein beliebiges kommutatives Monoid ist mit Verknupfung +,dann definieren wir

R[M ] := {(aµ)µ∈M | aµ ∈ R, aµ 6= 0 nur fur endlich viele µ} .

Wir definieren auf R[M ] die Verknupfungen

(aµ)µ∈M + (bµ)µ∈M := (aµ + bµ)µ∈M

(aµ)µ∈M · (bµ)µ∈M :=∑

λ+ν=µ

aλ · bν

Zeigen Sie, dass R[M ] damit zu einem kommutativen Ring wird.

c) Welches Monoid muss man wahlen, damit der in Aufgabenteil a) de-finierte Polynomring R[x1, . . . , xn] zu einem Spezialfall der Konstruk-tion in b) wird?

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Aufgabe 26:Zeigen Sie, dass jedes faktorielle Monoid der Primbedingung genugt.

Aufgabe 27:Sei M ein faktorielles Monoid, seien a, b ∈M und

a =∏p prim

pvp(a), b =∏p prim

pvp(b)

die Faktorisierungen von a und b in irreduzible Elemente. Zeigen Sie, dassder großte gemeinsame Teiler und das kleinste gemeinsame Vielfache von aund b existieren und dass gilt

ggT(a, b) =∏p prim

pmin(vp(a),vp(b)), kgV(a, b) =∏p prim

pmax(vp(a),vp(b)).

Aufgabe 28:Sei R ein Hauptidealbereich. Zeigen Sie, dass fur a, b ∈ R\{0} gilt

〈a〉 ∩ 〈b〉 = 〈kgV(a, b)〉.

Aufgabe 29:Zeigen Sie, dass in einem Hauptidealbereich jedes von {0} verschiedenePrimideal ein Maximalideal ist.

Aufgabe 30 [Lemma von Bezout]:R sei ein Hauptidealbereich und a, b, c ∈ R. Zeigen Sie, dass es x, y ∈ R gibtmit xa+ yb = ggT(a, b). Zeigen Sie allgemeiner, dass die lineare diophanti-sche Gleichung

xa+ yb = c

genau dann eine Losung (x, y) ∈ R2 hat, wenn ggT(a, b)|c.

Aufgabe 32:Zeigen Sie, dass der Polynomring K[x, y] uber einem Korper K kein Haupt-idealbereich ist.

Aufgabe 33:Zeigen Sie, dass der Ring Z[i] ⊂ C der Gaußschen Zahlen mit der Gradab-bildung d(x) = |x|2 einen euklidischen Ring bildet und bestimmen Sie seineEinheiten.

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122 ANHANG A. UBUNGEN

Aufgabe 34:Zeigen Sie, dass der Ring Z[

√−5] nicht faktoriell ist, indem Sie ein Element

finden, das irreduzibel aber nicht prim ist.

Aufgabe 35:Zeigen Sie, dass jeder euklidische Ring ein Hauptidealbereich ist.

Aufgabe 36:

(a) Bestimmen Sie den gr”o”sten gemeinsamen Teiler von 11413 und 3636.

(b) Finden Sie die allgemeine Losung (x, y) ∈ Z2 der diophantischen Glei-chung 11413x+ 3636y = 202 mit Hilfe des auf dem euklidischen Algo-rithmus basierenden Verfahrens.

Aufgabe 37:Sei R ein faktorieller Ring und f ∈ R[x]\{0} ein primitives Polynom, d.h.vp(f) = 0 fur alle Primelemente p ∈ R. Zeigen Sie:

a) Sei S ein Integritatsbereich und ϕ : R[x] −→ S ein Ringhomomorphis-mus, der kein Polynom positiven Grades auf eine Einheit in S abbildet.Ist dann ϕ(f) irreduzibel in S, so ist f irreduzibel in R[x].

b) Sei f(x) = anxn + · · · + a1x + a0 mit a0, . . . , an ∈ R und p ∈ R

ein Primelement mit p - an. Ist das Polynom [an]xn + · · · [a1]x + [a0]irreduzibel in (R/〈p〉)[x], so ist f irreduzibel in R[x].

c) Fur jedes a ∈ R ist f(x+a) genau dann irreduzibel in R[x], wenn f(x)irreduzibel in R[x] ist.

Aufgabe 38:Sei p eine Primzahl. Zeigen Sie:

a) Das Polynom f(x) = xp−1 + · · ·+ x+ 1 ist irreduzibel in Q[x].[Hinweis: Betrachten Sie zunachst das Polynom f(x+ 1).]

b) Die folgenden Polynome sind in den jeweiligen Ringen irreduzibel:i) x5 + 4x4 − 8x+ 6 ∈ Q[x],

ii) x3 + 3x+ 1 ∈ Q[x],iii) x2 + 2x+ 2 ∈ Z[x],iv) y3 + (x+ 1)2y + x2 − 1 ∈ Q[x, y].

Aufgabe 39:Sei p eine Primzahl und K ein Korper der Charakteristik p. Zeigen Sie, dass

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die Abbildung ϕ : K −→ K mit ϕ(a) = ap fur alle a ∈ K ein Korperhomo-morphismus ist.

Aufgabe 40:

a) Zeigen Sie, dass jedes Polynom in R[x] mit ungeradem Grad eine reelleNullstelle besitzt.

b) Bestimmen Sie alle irreduziblen Polynome in R[x].

Aufgabe 41Geben Sie ein Beispiel eines K”orpers, f”ur den es ein Polynom gibt, dasalle K”orperelemente als Nullstellen hat.

Aufgabe 42Finden Sie f ∈ Q[x] mit Nullstelle

√2 +√

3.

Aufgabe 43:Bestimmen Sie den Grad der folgenden K”orpererweiterungen von Q.

a) Q[i√

3 ]

b) Q[√

2 +√

2 ]

c) Q[ 5√

5 ]

d) Q[e2πi5 ]

Aufgabe 44:Geben Sie den Grad des Zerf”allungsk”orpers von x3 − 2 ”uber Q an.

Aufgabe 45:Sei K ein Korper. Zeigen Sie, dass der algebraische Abschluss K/K bis aufK-Isomorphie eindeutig ist. Begrunden Sie, weshalb solch ein K-Isomorphis-mus zwischen algebraischen Abschlussen nicht eindeutig bestimmt ist.[Hinweis: Verwenden Sie das Zornsche Lemma.]

Aufgabe 46:Bestimmen Sie den Grad der Korpererweiterung Q/Q und zeigen Sie Q 6= C.

Aufgabe 47Zeigen Sie:

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124 ANHANG A. UBUNGEN

a) Ist G eine endliche, abelsche, nicht zyklische Gruppe, dann existierteine Zahl d ∈ N, so dass d ein echter Teiler von ord(G) ist und fur alleg ∈ G gilt gd = e.[Hinweis: Verwenden Sie den Struktursatz aus Abschnitt I.8.]

b) Ist K ein Korper, so ist jede endliche Untergruppe von K∗ zyklisch.

Aufgabe 48:Welche der folgenden Korpererweiterungen ist normal?

a) Q( 5√

3) uber Q.

b) Q(e2πi/7, 7√

2) uber Q.

Begrunden Sie Ihre Antwort ausfuhrlich.

Aufgabe 49:Sei m ∈ N ein Produkt paarweise verschiedener Primzahlen und n ∈ N.Bestimmen Sie den Grad der Korpererweiterung Q( n

√m)/Q. Geben Sie

die kleinste normale und separable Korpererweiterung L/Q an, fur die giltQ( n√m) ⊆ L ⊆ C.

Aufgabe 50:Sei K ein endlicher Korper der Charakteristik p. Zeigen Sie:

a) Es gilt |K| = pn fur ein n ∈ N.b) Jede algebraische Korpererweiterung von K ist separabel.

Aufgabe 51:Sei p eine Primzahl und K = (Z/pZ)(t) der Quotientenkorper des Polynom-rings in der Unbestimmten t uber dem Korper Z/pZ. Zeigen Sie, dass das Po-lynom xp−t ∈ K[x] eine mehrfache Nullstelle besitzt und dass K[x]/〈xp−t〉eine nicht-separable Korpererweiterung von K ist.

Aufgabe 52:Sei L eine endliche Korpererweiterung von K mit AutomorphismengruppeAut(L/K).

a) Zeigen Sie fur eine Teilmenge F von L, dass Aut(L/F ) := {σ ∈Aut(L/K) | σ(a) = a ∀a ∈ F} eine Untergruppe von Aut(L/K) ist.

b) Zeigen Sie fur eine Teilmenge H von Aut(L/K), dass LH := {a ∈ L |σ(a) = a ∀σ ∈ H} ein Zwischenkorper von L/K ist.

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c) Zeigen Sie fur eine Teilmenge F von L, dass F ⊆ LAut(L/F ).

d) Zeigen Sie fur eine Teilmenge H von Aut(L/K), dass H ⊆ Aut(L/LH).

Aufgabe 53:Bestimmen Sie alle Zwischenkorper der Korpererweiterung

a) Q(e2πi5 )/Q,

b) Q(√

2,√

3)/Q.

Aufgabe 54: (4 Punkte)Sei L/K eine Galoiserweiterung von endlichem Grad mit ZwischenkorperK ⊆ F ⊆ L. Weiter seien H,H1, H2 Untergruppen von Gal(L/K) undσ ∈ Gal(L/K). Zeigen Sie:

a) H1 ⊆ H2 ⇔ LH1 ⊇ LH2 .

b) ord(H) = [L : LH ].

c) [Gal(L/K) : H] = [LH : K].

d) L/F ist eine Galoiserweiterung.

e) Gal(L/σ(F )) = σGal(L/F )σ−1.

f) LσHσ−1

= σ(LH).

g) H ist genau dann ein Normalteiler von Gal(L/K), wenn LH/K einenormale Korpererweiterung von K ist.

h) Ist H ein Normalteiler von Gal(L/K), dann sind Gal(LH/K) undGal(L/K)/H isomorph.

Aufgabe 55:Sei p eine Primzahl, sei n ∈ N und q = pn. Zeigen Sie:

a) Der Zerfallungskorper von xq − x ∈ (Z/pZ)[x] besitzt q Elemente.b) Bis auf Isomorphie existiert genau ein Korper mit q Elementen. Er

wird mit Fq bezeichnet.c) Jeder endliche Korper ist isomorph zu genau einem Korper des TypsFq.

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126 ANHANG A. UBUNGEN

Aufgabe 56:Sei Fq der endliche Korper mit q = pn Elementen, wobei p eine Primzahlund n ∈ N ist. Zeigen Sie:

a) Fq/Fp ist eine Galoiserweiterung.b) Der Frobenius-Automorphismus Fq −→ Fq, a 7→ ap erzeugt die Ga-

loisgruppe von Fq/Fp, d.h. Gal(Fq/Fp) ist eine zyklische Gruppe derOrdnung n.

Aufgabe 57:Entscheiden Sie, welche der folgenden Winkel sich mit Zirkel und Linealdritteln lassen:

a) α1 =π

2,

b) α2 =π

5,

c) α3 =π

12.

Aufgabe 58:Entscheiden Sie, fur welche n ≤ 50 der Winkel π

n mit Zirkel und Linealkonstruierbar ist.

Aufgabe 59:Sei der Winkel α = π

7 gegeben. Entscheiden Sie, fur welche n ∈ N sich derWinkel π

n aus α mit Zirkel und Lineal konstruieren lasst.

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Literaturverzeichnis

[1] S. Bosch: Algebra, 4. uberarbeitete Auflage. Berlin: Springer (2001).

[2] N. Jacobson: Basic Algebra I. 2. Auflage. New York: Freeman andCompany (1985).

[3] J. Wolfart: Einfuhrung in die Zahlentheorie und Algebra. Vieweg(1996).

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