Algebraische Geometrie WS 2005/2006

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Algebraische Geometrie WS 2005/2006 Skript erstellt von Christoph Sch¨ urhoff nach einer Vorlesung von Walter Gubler an der Uni Dortmund 10. Februar 2014

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Algebraische Geometrie

WS 2005/2006

Skript erstellt von Christoph Schurhoff

nach einer Vorlesung von Walter Gubler an der Uni Dortmund

10. Februar 2014

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Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung 2

1 Noethersche Ringe und Moduln 3

2 Grundlagen aus der Topologie 6

3 Zariski-Topologie 7

4 Der Hilbert’sche Nullstellensatz 9

5 Noethersche Normalisierung 11

6 Affine Varietaten 14

7 Rationale Funktionen und Lokalisierungen 17

8 Rationale Abbildungen 19

9 Quasi-affine Varietaten 21

10 Projektiver Raum 22

11 Projektive Varietaten 24

12 Funktionen auf projektiven Varietaten 27

13 Rationale Abbildungen projektiver Varietaten 28

14 Tangentialraum 29

15 Derivationen 32

16 Singulare ebene kubische Kurven 34

17 Glatte ebene Kubiken 37

18 Divisoren auf Kurven 42

19 Pullback von Divisoren 45

20 Der Satz von Bezout 47

21 Elliptische Kurven 48

22 Linearsysteme auf Kurven 50

23 Ausblick 53

A Dimension 54

B Funktionenkorper von Kurven 56

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0 Einleitung

Diese Vorlesung folgt sehr stark dem Buch von K. Hulek [Hu], in dem der Leser auch zusatzlichesMaterial findet.

Lineare Algebra: Losen von linearen Gleichungssystemen

Algebra: Losen von einer Polynomgleichung anxn + . . .+ a0 = 0

alg. Geometrie: Losen von beliebig vielen Polynomgleichungen in mehreren Variablen

fi(x1, . . . , xn) =d1∑

i1=0. . .

dn∑

in=0ai1,...,inx

i11 · · · xinn , fi(x1, . . . , xn) = 0 fur i = 1, . . . ,m

Im Folgenden sei K Korper.

Definition 0.1 An := Kn affiner Raum, f ∈ K[x1, . . . , xn] Polynom in den Variablen x1, . . . , xnmit Koeffizienten aus K. V (f) := {x ∈ Kn | f(x) = 0} Nullstellengebilde von f. Allgemeiner:T ⊂ K[x1, . . . , xn], V (T ) := {x ∈ Kn | f(x) = 0 ∀f ∈ T}

Definition 0.2 Eine algebraische Menge in An ist gleich V(T) fur geeignetes T.

Beispiel 0.3 Kreis x2 + y2 = 1→ x2 + y2 − 1 = 0. Allgemein sind alle Kegelschnitte alg. Mengenim K2. Auch Kugeln, Kegel und Hyperboloide.K = R, f(x, y) = x2 + y2 + 1, V (f) = ∅. Das ist eine Anomalie, die wir verhindern, wenn wir alg.abgeschlossene Korper betrachten.

Definition 0.4 K heißt algebraisch abgeschlossen, falls jedes f ∈ K[x]\K eine Nullstelle in Khat.

Bemerkung 0.5 Falls K alg. abg. ist, dann hat f(x) = 0 genau deg(f) viele Losungen, wenn mansie mit Vielfachheit zahlt.

Satz 0.6 (Fundamentalsatz der Algebra) C ist algebraisch abgeschlossen

Beweis: Angenommen f hat keine Nullstelle in C fur ein Polynom f(x) ∈ C[x]\C. Als Polynomist f holomorph, 1

f ist auch holomorph. f(x) = anxn + . . . + a0, an 6= 0, n ≥ 1. Wachstum fur |x|

sehr groß: f(|x|) ∼ |x|n ⇒ 1f(x) beschrankt. Nach dem Satz von Liouville ist eine auf C holomorphe,

beschrankte Funktion konstant.⇒ f(x) konstant. Widerspruch!Einen algebraischen Beweis findet man in [Ja1], Theorem 5.2.

Bemerkung 0.7 Falls K alg. abgeschlossen ist, kommt die Anomalie von Bsp 0.3 nicht vor. Des-halb setzen wir ab jetzt voraus, dass K alg. abgeschlossen ist.

Bemerkung 0.8 Die Voraussetzung ist nicht so schlimm, denn jeder Korper ist enthalten in einemalg. abgeschlossenen Korper.

Beispiel 0.9 Sei τ ∈ C, Imτ > 0. Eine meromorphe Funktion f auf C heißt elliptisch zum GitterZ+Zτ := Λ :⇔ f(z+1) = f(z) und f(z+τ) = f(z). Es gilt durch Induktion: f(mτ+n+z) = f(z).Elliptisch heißt auch doppelt periodisch. Λ ist diskrete Untergruppe von (C,+).

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qqqq

q q qq

z

τ τ + 1

z − 3 + 2τ

z − 2 + τ

1

Fundamentalparallelogramm von C/Λd.h jedes Element in C/Λ hat genau einen Reprasentanten im Fundamen-talparallelogramm. Jede elliptische Funktion zu Λ ist bestimmt durch dieWerte auf dem Fundamentalparallelogramm.

Beispiel einer elliptischen Funktion:

℘(z) =1

z2+

ω∈Λ\{0}

1

(z − ω)2 −1

ω2Weierstraß′sche ℘− Funktion

absolut konvergent (s. [Ah], 7.3.1). ℘ hat doppelte Pole in den Gitterpunkten Λ und ist sonstholomorph in z ; meromorph, elliptisch zum Gitter Λ (durch Umordnen der Summe). ℘ erfullt dieDGL ℘′2 = 4℘3− 60G2℘− 140G3 mit Gk =

ω∈Λ\{0}ω−2k. Betrachte Kubik C: y2 = 4x3 − 60G2x−

140G3, d.h. V (y2 − 4x3 + 60G2x+ 140G3). Mehr Details, s. [Ah], Chapter 7.

Satz 0.10 C/Λ→ C ∪ {∞}, z 7→ (℘(z), ℘′(z)) ist bijektiv.

Beweis: [HC], II.5.1.

Bemerkung 0.11 Die Kurve C ∪ {∞} heißt elliptische Kurve. Durch Satz 0.10 wird sie zu ei-ner Gruppe. Wir sehen, dass die komplexe Funktionentheorie mit der algebraischen Geometrieverknupft ist.

1 Noethersche Ringe und Moduln

Noethersch ist diejenige Eigenschaft in der algebraischen Geometrie, die analog zu endlich dimen-sional in der linearen Algebra ist.

Voraussetzung 1.1 R sei im Folgenden immer ein kommutativer Ring mit 1.

Definition 1.2 Ein R-Modul M ist eine kommutative Gruppe bzgl. + mit einer Skalarmultipli-kation: λ ∈ R, m ∈ M ; λ · m so, dass 2 Distributivgesetze gelten: (λ + µ)m = λm + µm,λ(m + m′) = λm + λm′. (λµ)m = λ(µm), 1 · m = m. ”Idee: Vektorraum aber nur Ring stattGrundkorper.”

Definition 1.3 Ein Homomorphismus ϕ :M → N von R-Moduln ist eine Abbildung mit

ϕ(m+m′) = ϕ(m) + ϕ(m′), ϕ(λm) = λϕ(m).

N ⊂M heißt Untermodul von M, falls u, u′ ∈ N ⇒ u+u′ ∈ N,λ ∈ R,u ∈ N ⇒ λu ∈ N, 0 ∈ N . SeiN Untermodul von M . Die abelsche Gruppe M/N wird naturlich zu einem R-Modul. Die abelscheGruppe M/N heißt Quotientenmodul.

Definition 1.4 Ein R-Modul M heißt noethersch :⇔ jede echt aufsteigende Folge von Untermo-duln N1 ( N2 ( . . . endlich ist.

Bem.: Sei V endl.-dim. VR uber dem Korper K. Beh.: V ist noethersch.Bew.: Sei 0 ( V1 ( V2 ( . . . aufsteigende Folge von UV. ⇒ 0 < dimV1 < dimV2 < . . . ≤ dimV ⇒spatestens bei Vn gilt Vn = V .Bei Moduln existiert der Dimensionsbegriff nicht, weil keine Basis existieren muss.

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Definition 1.5 Sei T ⊂M R-Modul. T erzeugt M :⇔ jedes a ∈M ist R-Linearkombination vonElementen aus T . M heißt endlich erzeugt :⇔ ∃T ⊂M , T endlich, T erzeugt M .

Proposition 1.6 Ein R-Modul M ist noethersch ⇔ Jeder Untermodul von M ist endlich erzeugt.

Beweis:

”⇒”: Sei N Untermodul von M . z.z.: N endlich erzeugt.Falls N = {0}, dann klar. Nehme deshalb an, dass es x1 ∈ N\{0} gibt. Setze N1 := Rx1.N1 ist Untermodul von N . Falls N1 = N , dann ist N erzeugt von x1. Also nehmen wir an,dass N1 6= N , d.h. ∃x2 ∈ N\N1. Setze N2 = Rx1 +Rx2. N2 ist wieder Untermodul von M .Falls N2 = N , dann ist N erzeugt von x1, x2. Sonst ∃x3 ∈ N\N2 usw. ; N1 ⊂ N2 ⊂ N3 ⊂ . . . ⊂ N .Weil N noethersch ist, bricht die Kette ab, d.h. ∃m : Nm = N ⇒ N ist erzeugt von x1, . . . , xm.

”⇐”: Sei jetzt jeder Untermodul endl.-erzeugt. z.z.: M noethersch:Ann.: Es gibt eine unendliche aufsteigende Folge N1 ⊂ N2 . . . von Untermoduln von M .

Betrachte N :=∞⋃

j=1Nj . Es ist klar, dass N Untermodul ist, weil die Kette aufsteigend ist.

Nach Vor. ist N endlich erzeugt von m1, . . . ,mr ∈ N . ⇒ mk ∈ Njk . Sei j das großte Elementder jk

′s⇒ m1, . . . ,mr ∈ Nj ⇒ N = Rm1 + . . .+Rmr ⊂ Nj ⊂ N ⇒ N = Nj = Nj+1 = . . .Widerspruch!

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Bemerkung 1.7 Ein kommutativer Ring R mit 1 ist selber ein R-Modul auf naturliche Art undWeise, in dem man die Ringmultiplikation als skalare Multiplikation nimmt.

Definition: Der Ring R heißt noethersch :⇔ R als R-Modul noethersch.

Bemerkung: Die Untermoduln von R sind dasselbe wie die Ideale von R. Ein Unterring muss keinUntermodul sein, z.B. ist Z ⊂ Z[t], aber f(t) ·m 6∈ ZBeispiel 1.8 Jeder Hauptidealbereich ist nach Proposition 1.6 ein noetherscher Ring, denn jederUntermodul (Ideal) ist erzeugt von einem Element. Bsp.: Z,K[x]

Bemerkung 1.9 Beachte, dass es in Proposition 1.6 nicht genugt, dassM endlich erzeugt ist. Dennjeder Ring R (komm., mit 1) ist als R-Modul endlich erzeugt von 1, aber es gibt nicht-noetherscheRinge wie anhand von C(R) in Serie 2, Aufgabe 1, gezeigt wird.

Proposition 1.10 Voraussetzung: M sei R-Modul, N Untermodul. Beh.: M ist noethersch ⇔ Nnoethersch und M/N noethersch.

Beweis: Serie 2, Aufgabe 2.

Proposition 1.11 Vor.: ϕ : N →M Homomorphismus von R-Moduln, N noethersch. Beh.: ϕ(N)noethersch.

Beweis: Sei M ′ ein Untermodul von ϕ(N). Z.z. ist nach Proposition 1.6, dass M ′ endlich erzeugtist. N ′ := ϕ−1(M ′) ist Untermodul von N ⇒ N ′ endlich erzeugt ⇒ ϕ(N ′) endlich erzeugt.ϕ(N ′) = ϕ(ϕ−1(M ′)) =M ′ ⇒M ′ endlich erzeugt. 2

Proposition 1.12 Vor.: R sei noetherscher Ring,M endlich erzeugter R-Modul. Beh.:M noether-scher R-Modul.

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Beweis: Zuerst folgt aus M1,M2 noethersche Moduln, dass M1 ⊕ M2 noethersch ist. (WendeProposition 1.10 an mit M =M1 ⊕M2, N =M1 ⊕ {0}, M/N ∼=M2 ⇒M1 ⊕M2 noethersch)Nach Voraussetzung ∃m1, . . . ,mr mit M = Rm1+ . . .+Rmr; ϕ : R⊕ . . .⊕R→M , (λ1, . . . , λr) 7→r∑

j=1λjmj ist surjektiver R-Modulhomomorphismus. ⇒ M noetherscher R-Modul 2

Satz 1.13 (Hilbertscher Basissatz) Voraussetzung: R noetherscher Ring; Beh.: R[x1, . . . , xn]ist noethersch.

Beweis: Nach Induktion nach n genugt es den Fall R[x] zu betrachten (denn z.B. R[x, y] =(R[x])[y]). Wichtig: n = 1 beweisen:Nach Proposition 1.6 genugt es zu zeigen, dass jedes Ideal I in R[x] endlich erzeugt ist. Fur jedesj ∈ N sei Mj := {aj ∈ R | fj(x) = ajx

j + aj−1xj−1 + . . . + a0 ∈ I} (”alle hochstens Koeffizien-

ten von Polynomen aus I vom Grad≤ j ”). Mj ist abgeschlossen unter ”+” und auch unter derMultiplikation mit λ ⊂ R, denn sei aj ∈ Mj , λ ∈ R ⇒ λfj(x) ∈ I ⇒ λaj ist hochster Koeffizientvon λfj, d.h. λaj ∈ Mj ⇒ Mj ist Ideal in R. Weiter gilt: M0 ⊂ M1 ⊂ M2 ⊂ M3 . . ., denn seiaj ∈Mj ⇒ xfj(x) ∈ I und hat Grad ≤ j + 1 mit hochstem Koeffizienten aj ⇒ aj ∈Mj+1

Weil R noethersch ist, gibt es ein Ideal N mit Mm = N fur alle n genugend gross. Da R noetherschist ⇒Mj endlich erzeugt, sagen wir durch bj1, . . . , bjkj . Nach Def. ∃fjk(x) = bjkx

j + gjk(x) ∈ I.Beh.: (fjk(x)) 0≤j≤m,1≤k≤kj erzeugen I als R-ModulBew.: Sei f ∈ I. Wir beweisen mit Induktion nach n = deg(f), dass f =

j,k

hjkfjk fur geeignete

hjk ∈ R[x]. Verankerung fur f = 0 ist klar.Induktionsschritt ⇒ f = bnx

n + f1 ∈ I ⇒ bn ∈Mn. Falls n ≥ m⇒ bn =∑

k

akbmk, ak ∈ R.Betrachte die zugehorigen Polynome: dann haben f und

∑akfmkx

n−m denselben hochsten Koeffi-zienten und denselben Grad.⇒ f−∑

k

akxn−mfmk hat Grad< n und ist in I ⇒ f−∑

k

akxn−mfmk =

j,k

hjkfjk. Falls n < m, dann lauft die Beweisfuhrung analog, in dem man m durch n ersetzt und

auf den Faktor xn−m jeweils verzichtet. �

z.B. istK[x1, . . . , xn] immer ein noetherscher Ring fur einen Korper K, denn K ist selber noethersch(hat nur die Ideale {0},K)

Definition 1.14 Eine Abbildung ϕ : R→ S von komm. Ringen mit 1 heißt Ringhomomorphis-

mus, falls ϕ(λµ) = ϕ(λ) · ϕ(µ), ϕ(λ+ µ) = ϕ(λ) + ϕ(µ), ϕ(1R) = 1S.Falls R ein noetherscher Ring ⇒ ϕ(R) noetherscher Ring.

Definition 1.15 Eine kommutative R-Algebra mit 1 ist ein komm. Ring A mit 1, der auch einR-Modul ist, sodass (λµ)a = λ(µa), λ(ab) = (λa)b.

Zentrales Beispiel: R[x1, . . . , xn] ist eine R-Algebra.

Definition: A heißt erzeugt von T als R-Algebra :⇔ ∀a ∈ A∃f ∈ R[x1, . . . , xr] und a1, . . . , ar ∈ Tso, dass a = f(a1, . . . , ar)

Korollar 1.16 Vor.: R komm. noetherscher Ring mit 1, A endl. erzeugte komm. R-Algebra mit1. Beh.: A ist noetherscher Ring

Beweis:A endl. erzeugt als Algebra heißt, dass die Abbildung ϕ : R[x1, . . . , xr]→ A, f(x1, . . . , xr) 7→f(a1, . . . , an) ein surjektiver (Algebra-) Ringhomomorphismus ist. ⇒ A noetherscher Ring, weilnach dem Hilbert’schen Basissatz R[x1, . . . , xn] noethersch ist. 2

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2 Grundlagen aus der Topologie

Topologische Raume sind zentral in der Mathematik, sie abstrahieren das Konzept des Raumes aufdie axiomatische Definition der offenen Menge.

Definition 2.1 Sei X eine Menge und U ⊂ Pot(X) mit den Axiomen

a) Ui ∈ U fur i ∈ I (beliebige Familie) ⇒ ⋃

i∈IUi ∈ U

b) Ui ∈ U fur I endlich ⇒ ⋂

i∈IUi ∈ U

c) ∅,X ∈ U

Dann heißt (X,U) topologischer Raum. Meist laßt man aus Bequemlichkeit U in der Notationweg. U ∈ U heißt offene Menge. X\U heißt abgeschlossene Menge.

Nach Axiom a)⇒ der Durchschnitt beliebig vieler abgeschlossener Mengen ist wieder abgeschlossen.(Seien Ai, abgeschlossen fur i ∈ I (beliebig) ⇒ Ai = X\Ui fur Ui offen.

i∈IAi = X\ ⋃

i∈IUi ⇒

i∈IAi

abgeschlossen.)Analog ist die Vereinigung von endlich vielen abgeschlossenen Mengen wieder abgeschlossen.

Beispiel 2.2 Metrischer Raum X mit Metrik d ; Topologie U gegeben durch U ∈ U :⇔ ∀x0 ∈U ∃ε > 0 mit {x ∈ X | d(x, x0) < ε} ⊂ Uz.B. X = Rn, d(x, y) = ‖x− y‖; Standardtopologie

Definition 2.3 Sei Y ⊂ X. Dann heißt Y :=⋂

Z ⊃ YZ abg.

Z der Abschluss von Y in X. Nach Def.

2.1 ist Y die kleinste abgeschlossene Menge, die Y enthalt. Falls Y = X, dann heisst Y dicht inX.

Definition 2.4 Sei f : X ′ → X Abbildung von topologischen Raumen. f heißt stetig :⇔ ∀U ∈U ⇒ f−1(U) ∈ U ′ ”Urbilder offener Mengen sind offen”.

Folgerung: f stetig, A abgeschlossen ⇒ f−1(A) abgeschlossen. (denn A = X\U , U ∈ U , f−1(A) =f−1(X\U) = X ′\f−1(U) abgeschlossen in X)

Definition 2.5 Ein topologischer Raum X heißt hausdorff’sch :⇔ ∀x, y ∈ X,x 6= y ⇒ ∃U, Voffen mit x ∈ U , y ∈ V , U ∩ V = ∅.

Bemerkung: Jeder metrischer Raum ist hausdorff’sch.

Definition 2.6 Sei (X,U) topologischer Raum und sei Y ⊂ X. Die auf Y von X induzierte To-pologie U ′ ist gegeben durch U ′ ∈ U ′ :⇔ ∃U ∈ U mit U ′ = U ∩ Y .

Definition 2.7 Ein topologischer Raum X heißt quasikompakt, falls Ui ∈ U beliebige Familiemit

i∈IUi = X ⇒ ∃I0 ⊂ I, I0 endlich mit

i∈IUi = X.

Falls X neben quasikompakt auch noch hausdorff’sch ist, dann heißt X kompakt.Eine Teilmenge Y eines beliebigen topologischen Raumes heisst (quasi-) kompakt :⇔ Y mit derinduzierten Topologie (quasi-) kompakt.

Beispiel 2.8 Y ⊂ Rn mit Standardtopologie: Y kompakt ⇔ Y abgeschlossen & beschrankt.Dies muss i.A. nicht gelten.

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Definition 2.9 Ein topologischer Raum X heißt irreduzibel :⇔ X 6= ∅ und falls X = Y1 ∪ Y2, Yiabgeschlossen ⇒ X = Y1 oder X = Y2.

Beispiel 2.10 X = R mit Standardtopologie ist nicht irreduzibel, denn z.B. R =]−∞, 0]∪ [0,∞[.

Proposition 2.11 Voraussetzung X hausdorff’schBehauptung: X irreduzibel ⇔ X einpunktig

Beweis: Serie 2, Aufgabe 3.

Definition 2.12 Ein topologischer Raum X heißt noethersch :⇔ jede absteigende Folge Y1 )

Y2 ) Y3 ) . . . (absteigende Kettenbedingung) von abgeschlossenen Mengen in X ist endlich.

Beispiel 2.13 X = R ist nicht noethersch (Serie 2, Aufgabe 4).

Satz 2.14 Voraussetzung: X noetherscher topologischer Raum. Dann gilt:

a) ∃Y1, . . . , Yr abgeschlossene irreduzible Teilmengen von X mit X = Y1 ∪ . . . ∪ Yr.

b) Falls in obiger Zerlegung kein Yj weggelassen werden kann, dann sind Y1, . . . , Yr bis auf Per-mutation eindeutig und heißen die irreduziblen Komponenten von X.

Beweis: von a): Indirekt. Annahme: Es gibt keine endliche Zerlegung wie in a) ⇒ X nicht irredu-zibel ⇒ X = Y1 ∪ Y ′

1

Ein Y1 kann ebenfalls keine endliche Zerlegung in irreduzibel abgeschlossene Teilmengen haben.Sagen wir, Y1 hat keine Zerlegung: Beginne neu mit Y1 statt X, Y1 ist auch noetherscher Raum.; Konstruiere Y2 abgeschlossen, Y2 ( Y1, sodass Y2 auch keine Zerlegung wie in a) hat. usw.

X ) Y1 ) Y2 ) Y3 ) . . .

Widerspruch zu noethersch!von b): Seien X = Y1 ∪ . . .∪ Yr = Y ′

1 ∪ . . .∪Y ′s zwei minimale Zerlegungen ⇒ Yk = (Yk ∩Y ′

1)∪ . . .∪(Yk ∩ Y ′

s) laßt sich nie als endliche Vereinigung von abg. Teilmengen zerlegen außer Yk ∩ Y ′j = Yk

fur ein j = j(k) (da Yk irreduzibel). ⇒ Yk ⊂ Y ′j(k). Analog Y

′k ⊂ Yi(k).⇒ Yk ⊂ Y ′

j(k) ⊂ Yi(j(k)). Weil

Zerlegung minimal ist ⇒ k = i(j(k)) und Yk = Y ′j(k). Analog k = j(i(k)), d.h. die Yj’s sind bis auf

Permutation eindeutig. 2

3 Zariski-Topologie

In der algebraischen Geometrie benutzt man eine ganz exotische Topologie, die mit unserer An-schauung fast nichts gemeinsam hat. Man benutzt sie deshalb, weil die abgeschlossenen Mengengerade die Nullstellenmengen von Polynomen sind.Voraussetzung: k algebraisch abgeschlossener Korper, An = kn.

Definition 3.1 Y ⊂ An heißt algebraisch :⇔ ∃T ⊂ k[x1, . . . , xn] und Y = V (T ) = {x ∈ An |f(x) = 0 ∀f ∈ T}U ⊂ An offen :⇔ An\U algebraische Menge in An

Behauptung: Dies induziert eine Topologie auf An, die wir Zariski-Topologie nennen.Beweis: Zu zeigen:

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a) (Ui)i∈I offenz.z.⇒ ⋃

i∈IUi offen =

i∈I(X\Ai) =

i∈IUi

(Ai := An\Ui)i∈I abgeschlossenwir zeigen

=⇒ ⋂

i∈IAi abgeschlossen ⇒

i∈IUi = X\ ⋂

i∈IAi offen)

Es genugt somit zu zeigen, dass der Durchschnitt einer beliebigen Familie von abgeschlossenenMengen wieder abgeschlossen ist!Ai = V (Ti), Ti ⊂ k[x1, . . . , xn] ⇒

i∈IAi =

i∈IV (Ti) = V (

i∈ITi) denn sei x ∈ ⋂

i∈IV (Ti).

Behauptung: x ∈ V (⋃

i∈ITi)

Beweis: Wahle f ∈ ⋃

i∈ITi ⇒ ∃i mit f ∈ Ti. Da x ∈ V (Ti)⇒ f(x) = 0

Umgekehrt sei x ∈ V (⋃

i∈ITi). Z.z.: x ∈

i∈IV (Ti). Wahle i ∈ I, z.z. x ∈ V (Ti)

Sei f ∈ Ti ⇒ f ∈ ⋃

j∈ITj ⇒ f(x) = 0 2

b) Z.z.: I0 endlich, U offen ⇒ ⋂

i∈I0Ui offen. Mit Induktion genugt es, dies fur 2 offene Mengen

zu zeigen. Durch Komplementbildung reicht es zu zeigen, dass A1 = V (T1), A2 = V (T2)abgeschlossen ⇒ A1 ∪A2 abgeschlossen.A1 ∪A2 = V (T ), T := {f1f2 | f1 ∈ T1, f2 ∈ T2}

”⊆ ”: Sei x ∈ A1 ∪A2, nehmen wir an in A1. Zu zeigen: x ∈ V (T ). Nehme f ∈ T , z.z.: f(x) = 0.Nach Definition f = f1 · f2. f1 ∈ T1 ⇒ f1(x) = 0⇒ f(x) = 0

”⊇ ”: Annahme: x 6∈ A1. Zu zeigen x ∈ A2. Weil x 6∈ A1 ⇒ ∃f1 ∈ T1, f1(x) 6= 0. Wahle f2 ∈ T2z.z.: f2(x) = 0. f1f2(x) = 0⇒ f2(x) = 0

2

Beispiel 3.2 U ⊂ A1 offen ⇔ U = ∅, U Komplement einer endlichen Menge. A ⊂ A1 abgeschlos-sen ⇔ A = A1 oder A endliche Menge.

Gegeben: z1, . . . , zn ∈ A1. Gesucht T ∈ k[x] mit {z1, . . . , zn} = V (T ). f(x) = (x− z1) · . . . · (x− zn)erfullt das. Umgekehrt sei A abgeschlossen und nicht A1. Dann gibt es ein f ∈ k[x], f 6= 0 so, dassf auf A verschwindet. Da f maximal deg(f) Nullstellen hat, muss A endlich sein.

Behauptung: A1 mit Zariski-Topologie ist nicht hausdorff’sch.Beweis: Wahle x 6= y ∈ A1 und U ∋ x, V ∋ y offen. Behauptung: U ∩ V 6= ∅. Bew.: ⇔(A1\U) ∪ (A1\V ) 6= A1

Anders gesagt mussen wir zeigen, dass die Vereinigung zweier abgeschlossener Mengen A1 6= A1,A2 6= A1 verschieden von A1 ist. Dies folgt aber aus A1, A2 endlich und A1 = k unendlich, da kalgebraisch abgeschlossen (siehe Serie 1, Aufgabe 3).

Die Zariski-Topologie auf C ist total verschieden von der Standardtopologie. Konvention ab jetzt:immer Zariski-Topologie.

Definition 3.3 Sei Y ⊂ An. Dann heißt I(Y ) := {f ∈ k[x1, . . . , xn] | f(Y ) = {0}} das Ver-

schwindungsideal von Y .(I(Y ) ist wirklich ein Ideal: Seien f, g ∈ I(Y ) ⇒ (f + g)(y) = f(y) + g(y) = 0 ∀y ∈ Y und seih ∈ k[x1, . . . , xn], f ∈ I(Y )⇒ (f · h)(y) = f(y)h(y) = 0 ∀y ∈ Y )

Lemma 3.4 Voraussetzung: T1 ⊂ T2 ⊂ k[x1, . . . , xn]. Behauptung: V (T1) ⊃ V (T2)

Lemma 3.5 Voraussetzung: Y1 ⊂ Y2 ⊂ An. Behauptung: I(Y1) ⊃ I(Y2)

Lemma 3.6 Voraussetzung: Y ⊂ An. Behauptung: V (I(Y )) = Y .

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Beweis: ”⊃”: V (I(Y )) ⊃ Y , denn y ∈ Y und f ∈ I(Y ) ⇒ f(y) = 0 ⇒ y ∈ V (I(Y )). WeilV (I(Y )) abgeschlossen ist per Definition ⇒ V (I(Y )) ⊃ Y”⊂”: ∃T ⊂ k[x1, . . . , xn] mit Y = V (T ) ⇒ I(Y ) ⊃ I(Y ) = I(V (T )) ⊃ T ⇒ V (I(Y )) ⊂ V (T ) =Y 2

Satz 3.7 An ist noetherscher topologischer Raum.

Beweis: Sei Y1 ) Y2 ) Y3 ) . . . echt absteigende Kette von abgeschlossenen Teilmengen. ⇒I(Y1) ⊂ I(Y2) ⊂ I(Y3) ⊂ . . . Hilbert

=⇒ ∃j mit I(Yj) = I(Yj+1)⇒ V (I(Yj)) = V (I(Yj+1))3.6⇒ Yj = Yj =

Yj+1 = Yj+1 2

Satz 3.8 Vor.: Y ⊂ An, Y abgeschlossen. Beh.: ∃f1 . . . , fr ∈ k[x1, . . . , xn] mit Y = V (f1 . . . , fr).

Beweis: Y = Y = V (I(Y )), I(Y ) ist endlich erzeugt (Hilbertscher Basissatz), sagen wir durch

f1, . . . , frS3Aufg.1=⇒ Y = V (f1, . . . , fr) 2

Satz 3.9 Vor.: Y ⊂ An, Y abgeschlossen. Beh.: Y irreduzibel ⇔ I(Y ) Primideal

Beweis: ”⇒”: Sei I(Y ) kein Primideal. Z.z. Y nicht irreduzibel. ∃f, g ∈ k[x1, . . . , xn]\I(Y ), f ·g ∈I(Y ). Y1 = V (f)∩Y , Y2 = V (g)∩Y . Yi abgeschlossen und Yi ⊂ Y . Y1 ∪Y2 = Y ∩ (V (f)∪V (g))⇒Y1 ∪ Y2 = Y Zerlegung, aber Y1 6= Y , denn f |Y1 ≡ 0 und f |Y 6≡ 0. Analog Y2 6≡ Y . ⇒ Y nichtirreduzibel.”⇐”: Sei Y nicht irreduzibel. Z.z. I(Y ) ist kein Primideal: Y = Y1 ∪ Y2, Yi abgeschlossen Yi 6=Y ∀i = 1, 2 ⇒ I(Yi) ) I(Y ) ⇒ ∃fi ∈ I(Yi)\I(Y ). f1f2|Y=Y1∪Y2 ≡ 0, d.h. f1f2 ∈ I(Y ) ⇒ I(Y ) keinPrimideal. 2

Satz 3.10 Vor.: Y ⊂ An, Y abgeschlossen. Beh.: ∃ Zerlegung Y = Y1 ∪ . . . ∪ Yr, Yi abgeschlossen& irreduzibel Yi 6⊂ Yj ∀i 6= j. Die Yi sind bis auf Reihenfolge eindeutig und heißen die irreduziblenKomponenten von Y .

Beweis: Nach Satz 3.7 ist An noetherscher topologischer Raum. Da die angegebene Bedingungaquivalent zur Minimalitat der Zerlegung ist, folgt die Behauptung aus Satz 2.14. 2

Beispiel 3.11 V (x3(y − x2)) = {(x, y) | x3 = 0} ∪ {(x, y) | x2 = y} = V (x3) ∪ V (y − x2) =V (x) ∪ V (y − x2) ist Zerlegung in irreduzible Komponenten (nach 3.9, 3.10).

4 Der Hilbert’sche Nullstellensatz

Der Hilbertsche Nullstellensatz spielt in der algebraischen Geometrie eine ahnliche Rolle wie derHauptsatz der Galoistheorie in der Algebra. Er verbindet geometrische Objekte wie Punkte, abge-schlossene Teilmengen mit algebraischen Objekten wie Ideale.In diesem Abschnitt ist k ein algebraisch abgeschlossener Korper.

Beispiel 4.1 Vor.: f ∈ k[x1, . . . , xn]⇒ V (f) = V (fn) fur jedes n ≥ 1. ⇒ V (< f >) = V (< fn >), aber < f > 6=< fn >.

Wir wollen Ideale einfuhren, bei denen das nicht ”passieren” kann, d.h. ”Wurzelziehen” fuhrt nichtaus dem Ideal heraus. Spater wollen wir die Verschwindungsideale charakterisieren.

Definition 4.2 Vor.: J Ideal in komm. Ring mit 1. Dann heißt√J := {a ∈ R | an ∈ J fur einn ≥

1} Radikal von J. Klar: J ⊂√J

Lemma 4.3 Das Radikal ist ein Ideal.

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10

Beweis: Serie 3, Aufgabe 2. 2

Definition 4.4 Ein Ideal J von f heißt Radikalideal ⇔ J =√J .

Proposition 4.5 Jedes Primideal ist Radikalideal

Beweis: Sei ℘ ein Primideal von R. Wahle a ∈ √℘, z.z.: a ∈ ℘. ∃n > 1, an ∈ ℘. Nehme n minimal:an−1 · a ∈ ℘⇒ a ∈ ℘. 2

Lemma 4.6 Voraussetzungen: K Korpererweiterung von k und K endlich erzeugt als k-Algebra.Behauptung: K=k

Beweis: spater im 5. Abschnitt. 2

Satz 4.7 (Hilbert’scher Nullstellensatz) Voraussetzung: m ⊂ k[x1, . . . , xn]Beh.:

mMaximalideal ⇔ ∃α1, . . . , αn ∈ k mit m =< x1 − α1, . . . , xn − αn >

Beweis: ”⇐”: Algebrahomomorphismus ϕ : k[x1, . . . , xn] → k, f(x1, . . . , xn) 7→ f(α1, . . . , αn)”Einsetzungshomomorphismus”. Wir zeigen zuerst kern ϕ = m: Schreibe f in den neuen Koor-dinaten yi = xi − αi → f =

∑ajy

j11 . . . yjnn . Es gilt dann ϕ(f) = 0 ⇔ f(α1, . . . , αn) = 0 ⇔

∑aj0

j1 . . . 0jn = 0 ⇔ a0...,0 = 0, d.h. f ∈ m. Also ist m der Kern von ϕ. Isomorphiesatz:k[x1, . . . , xn]/m ∼= k ist ein Korper ⇒ m Maximalideal.”⇒”: Betrachte Quotientenhomomorphismus:

k[x1, . . . , xn] k[x1, . . . , xn]/m︸ ︷︷ ︸

Korper K

k

∪ ϕ

π

������

ϕ : k → K ist Korperhomomorphismus und somit injektiv. Wir identifizieren k mit seinem Bildin K um Lemma 4.6 anzuwenden. Es ist klar, dass K eine endlich erzeugte k-Algebra ist, dennπ(x1), . . . , π(xn) sind Erzeugende. Nach Lemma 4.6 ⇒ k ist isomorph zu K, dh. ϕ Isomorphismus.Seien αi := ϕ−1(π(xi)) ⇒ xi − αi ∈ m = kern π, denn π(xi − αi) = π(xi) − π(ϕ−1(π(xi))) =π(xi)− π(xi) = 0. Somit < x1 − α1, . . . , xn − αn >⊂ m und weil die linke Seite ein Maximalidealist (s. ”⇐”), gilt ”=”. 2

Korollar 4.8 Voraussetzung: J Ideal 6= k[x1, . . . , xn]. Behauptung: V (J) 6= ∅

Beweis: ∃m ⊃ J,m Maximalideal ⇒ V (J) ⊃ V (m) = V (< x1 − α1, . . . , xn − αn >) = V ({x1 −α1, . . . , xn − αn}) = {(α1, . . . , αn)} 6= ∅ 2

Korollar 4.9 Voraussetzung: J Ideal in k[x1, . . . , xn]. Behauptung: I(V (J)) =√J

Beweis: Sei Y ⊂ An ⇒ I(Y ) Radikalideal (denn f ∈√

I(Y ) ⇒ ∃n ≥ 1 : fn ∈ I(Y ) ⇒ fn|Y ≡0⇒ f |Y ≡ 0⇒ f ∈ I(Y )). Weil

√J das kleinste Radikalideal ist, das J enthalt ⇒ I(V (J)) ⊃

√J .

Es bleibt ”⊂ ” zu zeigen. Sei f ∈ I(V (J)). Zu zeigen: ∃n ≥ 1, fn ∈ J .Rabinowitsch-Trick:Jf :=< J, f(x1, . . . , xn)t − 1 >⊂ k[x1, . . . , xn, t] mit V (Jf ) = {Q = (P, b) ∈ An × A1 = An+1 |P ∈ V (J), f(P )b = 1} = ∅ (weil f ∈ I(V (J)) konnen nicht beide Bedingungen erfullt werden)4.8⇒ Jf = k[x1, . . . , xn, t]⇒ 1 ∈ Jf ⇒ ∃gj(x1, . . . , xn, t) ∈ k[x1, . . . , xn, t] und fj(x1, . . . , xn) ∈ J mit

1 =

r∑

i=1

gi(x1, . . . , xn, t)fi(x1, . . . , xn) + g0(x1, . . . , xn, t)(f(x1, . . . , xn)t− 1) (∗)

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Sei N die hochste Potenz von t, die in einem der g′is vorkommt. Multipliziere (∗) mit fN (x):

fN(x) =

r∑

i=1

gi(x, t)fN (x)fi(x) + g0(x, t)f

N (x)(f(x)t− 1)

⇒ fN(x) =

r∑

i=1

Gi(x, f(x)t)fi(x) +G0(x, f(x)t)(f(x)t − 1) ∈ k[x, t]

⇒ fN(x) =r∑

i=1

Gi(x, 1)fi(x) ∈ k[x, t]/ < f(x)t− 1 > (∗∗)

Behauptung: k[x] → k[x, t]/ < f(x)t − 1 > ist injektiv. (⇒ (∗∗) gilt auch in k[x] ⇒ f ∈√J)

Beweis: Sei p(x) im Kern ⇒ p(x) = q(x, t)(f(x)t − 1) ∈ k[x, t]⇒ q(x, t) = 0. 2

Beispiel 4.10 Falls k nicht algebraisch abgeschlossen ware, gilt der Hilbert’sche Nullstellensatznicht. Wir zeigen, dass es in R[x] ein Maximalideal m gibt mit m 6=< x− α > ∀α ∈ k.x2 + 1 irreduzibel ⇒ < x2 + 1 > Primideal. In einem Hauptidealbereich ist jedes Primideal ℘ 6= 0ein Maximalideal, denn sei ℘ =< f >⊂ I =< g > 6= R⇒ f = gh. Weil I 6= R⇒ g keine Einheit ⇒h Einheit. Insbesondere ist < x2 + 1 > Maximalideal.(anderes Argument: R[x]/ < x2 + 1 >∼= C Korper ⇒< x2 + 1 > maximal.) Aus Gradgrunden ⇒x− α 6∈< x2 + 1 > ∀α ∈ RKorollar 4.11 An ist ein irreduzibler topologischer Raum.

Beweis: I(An) = I(V ({0})︸ ︷︷ ︸An

) =√

{0} = {0} {0}prim=⇒ An irreduzibel (nach Satz 3.9). 2

Korollar 4.12 V und I definieren Bijektionen (ordnungsumdrehend)

a) {Radikalideale von k[x1, . . . , xn]} ←→ {Y ⊂ An | Y abgeschlossen}

b) {Primideale von k[x1, . . . , xn]} ←→ {Y ⊂ An | Y irreduzibel und abgeschlossen}

c) {Maximalideale von k[x1, . . . , xn]} ←→ {Y ⊂ An | |Y | = 1} ∧= An (Punkte im An)

Beweis: a) mit Lemma 3.6 und Korollar 4.9, b) aus Satz 3.9 und c) aus Satz 4.7. 2

5 Noethersche Normalisierung

Die noethersche Normalisierung bestimmt in einer endlich erzeugten k-Algebra einen ”grossen” Po-lynomring. Sie dient zur Normalisierung der Algebraelemente, man kann sie als Linearkombinationvon einem konstruierten Erzeugendensystem mit polynomialen Koeffizienten schreiben.k bezeichne immer einen algebraisch abgeschlossenen Korper.

Definition 5.1 Voraussetzung: R komm. Ring mit 1, A komm. R-Algebra mit 1A heißt endlich erzeugte R-Algebra :⇔ ∃ surjektiver Ringhomomorphismus: R[x1, . . . , xn]

ϕ→ A(Erzeugende: a1 = ϕ(x1), . . . , an = ϕ(xn) und wir schreiben A = R[a1, . . . , an].)A heißt endlich erzeugt als R-Modul :⇔ ∃ surjektiver R-Modulhomomorphismus: Rn → A gibt,d.h A = Ra1 + . . .+Ran.Wir nennen Elemente b1, . . . , bm ∈ A algebraisch unabangig uber R genau wenn es kein Polnomp(x1, . . . , xm) ∈ R[x1, . . . , xm] \ {0} gibt mit p(b1, . . . , bm) = 0.

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Bem: Offensichlich sind die Variablen x1, . . . , xn aus der Polynomalgebra R[x1, . . . , xn] selber al-gebraisch unabhangig uber R. Allgemeiner kann man sagen, dass b1, . . . , bm ∈ A algebraisch un-abhangig sind uberR genau wenn der EinsetzhomomorphismusR[x1, . . . , xm]→ A, f 7→ f(b1, . . . , bm)injektiv ist. Das folgt sofort aus der Definition. Das Bild ist nach Definition R[b1, . . . , bm] und somitist der Einsetzhomomorphismus genau dann ein Isomorphismus auf [b1, . . . , bm], wenn b1, . . . , bmalgebraisch unabhangig uber R sind.

Lemma 5.2 Voraussetzung: S komm. R-Algebra mit 1, M S-Modul.Behauptung: Falls M endlich erzeugt ist als S-Modul und falls S endlich erzeugt ist als R-Modul⇒ M endlich erzeugt ist als R-Modul.

Beweis: M = Sa1 + . . . + San, S = Rλ1 + . . .+Rλr ⇒M = Rλ1a1 + . . .+Rλran.

Lemma 5.3 Voraussetzung: A komm. R-Algebra mit 1, A endlich erzeugt als R-Modul.Beh.: Jedes a ∈ A ist ganzalgebraisch uber R, d.h. a ist NS von einem Polynom xn + λn−1x

n−1 +. . .+ λ0 = 0 fur geeignete λi ∈ R.

Bemerkung: 12 ist algebraisch uber Q (x − 1

2 = 0 oder 2x − 1 = 0) aber nicht ganzalgebraischuber Z.Beweis: A = Ra1 + . . .+Ran, a · ai =

n∑

j=1λijaj fur λj ∈ R also a · ai −

n∑

j=1λijaj = 0.

Setze M =

a− λ11 −λ12 . . . −λ1n... a− λ22

......

. . .

−λn1 . . . . . . a− λnn

∈Mat((n× n), A) mit M

a1...an

︸ ︷︷ ︸

6=0

= 0

Sei Madj Adjungierte von M ⇒ detM · 1An =Madj ·M ⇒ 0 =Madj ·M

a1...an

= detM ·

a1...an

det(M)aj = 0. Da die 1 Linearkombination von a1, . . . , an ist ⇒ det(M) · 1 = 0 ⇒ det(M) = 0,Aber det(M) = an + λn−1a

n−1 + . . .+ λ0 fur geeignete λi ∈ R (charakteristisches Polynom, wie inder linearen Algebra). 2

Lemma 5.4 Voraussetzung: A komm. R-Algebra mit 1, a ∈ A ganzalgebraisch uber R.Behauptung: R[a] endlich erzeugt als R-Modul.

Beweis:

R[a] = R · 1 +R · a+R · a2 + . . .+R · an−1 +R· an︸︷︷︸

+R · an+1 + . . . = R · 1 + . . . +Ran−1

= −λ0−λ1a . . . − λn−1an−1

⇒ R[a] erzeugt durch 1, . . . , an−1 als R-Modul.

Lemma 5.5 (Nakayama-Lemma) Voraussetzung: A komm. R-Algebra mit 1 6= 0, R Teilringvon A, A endlich erzeugt als R-Modul und m Maximalideal von R.Behauptung: mA 6= A

Beweis: Serie 4, Aufgabe 1.

Lemma 5.6 Voraussetzung: A komm. R-Algebra mit 1, A endlich erzeugt als R-Modul. Sei AKorper und R Teilring von A. Behauptung: R Korper.

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Beweis: Sei λ ∈ R\{0}. Zu zeigen λ invertierbar:λ−1 ∈ A ⊃ R. Nach Lemma 5.3 ist λ−1 ganzalgebraisch uber R, d.h. λ−n+an−1λ

−n+1+ . . .+a0 = 0

mit ai ∈ R ·λn−1

=⇒ λ−1 = −an−11− an−2λ− . . . − a0λn−1 ∈ R 2

Satz 5.7 (Noethersche Normalisierung) Vor.: A komm. k-Algebra mit 1, A = k[a1, . . . , an]Behauptung: ∃m ≤ n und y1, . . . , ym ∈ A, sodass

(i) y1, . . . , ym algebraisch unabhangig uber k.

(ii) A endlich erzeugt als k[y1, . . . , ym]-Modul.

((i) sagt aus, dass k[y1, . . . , ym] ⊂ A isomorph ist zum Polynomring)

Beispiel 5.8 A = k[x, y]/ < y2 − 2x+ 3 >A ist sicher nicht endlich erzeugt als k-Modul. Wahle y1 = x ∈ A.Behauptung: x transzendent =⇒ (i)

(Bew.: Falls f(x) = 0 ∈ A fur f ∈ k[x]⇒ f(x) = g(x, y)(y2 − 2x+ 3)⇒ f(x) = 0)Noch zu zeigen: A endlich erzeugt als k[x]

︸︷︷︸

R

-Modul. Es gilt A = R[y] aber es gilt sogar, dass A

endlich erzeugt ist als R-Modul wegen Lemma 5.4 (y2 − 2x+ 3 = 0 (∗))⇒ (ii).

Beispiel 5.9 A = k[x, y]/ < xy >1.Versuch: wie vorhin.Sei y1 = x. Behauptung: x ist transzendent =⇒ (i)(Bew.: Sei f(x) = 0 ∈ A⇒ f(x) = g(x, y) xy

︸︷︷︸

y−Grad≥1

∈ k[x, y]⇒ f ≡ 0)

Es gilt: A = R[y], R := k[x]. Nun ist A endlich erzeugt als R-Modul? 1, y, y2, y3, . . . sind R-linear unabhangig, weil die Gleichung x · y = 0 nicht hilft (keine Ganzheitsgleichung). 1.Versuchgescheitert.2.Versuch: Wahle y1 = y. Scheitert aus Symmetriegrunden!3.Versuch: Mache Koordinatentransformation x′ = x+ y, y′ = y ⇒ A = k[x′, y′]/ < (x′ − y′)y′ >.Wahle y1 = x′ ⇒ (i) analog wie vorhin und (ii) folgt aus A = R[y′], R = k[x′] und mit 5.4 wegender Ganzheitsgleichung (y′)2 − x′y′ = 0.

Beweis 5.10 (Beweis der Normalisierung) ζ : k[x1, . . . , xn] → A, f 7→ f(a1, . . . , an). Weila1, . . . , an k-Algebraerzeugende sind ⇒ ζ ist surjektiver k-Algebrahomomorphismus. I := kern ζ.Wir argumentieren mit Induktion nach n. Fur n = 0 ist A = k und wir wahlen m = 0, dh. wirwahlen ein leeres Erzeugendensystem von A = k. Das ist ein bisschen akademisch, aber es entsprichtdem bekannten Fall in der linearen Algebra, dass der Nullvektorraum die leere Menge als Basis hat.Wenn man den folgenden Induktionsschritt betrachtet, sieht man, dass das die richtige Konventionist.Nun sei also n ≥ 1 und der Fall n − 1 schon bewiesen. 1.Fall: I = {0}. ⇒ ζ ist Isomorphismus,wahle m = n, yi = ζ(xi) = ai

2.Fall: I 6= {0}. ⇒ ∃f ∈ I\{0}. Wir mochten gerne, dass f die Gestalt

f(x1, . . . , xn) = xdn + g(x1, . . . , xn)

hat fur ein Polynom g ∈ k[x1, . . . , xn] mit partiellem xn-Grad < d. Wie in Beispiel 5.9 kannman zeigen, dass es eine Koordinatentransformation der Form x′1 = x1 − α1xn, . . . , x

′n−1 = xn−1 −

αn−1xn, x′n = xn gibt, sodass dies gilt (siehe Serie 4, Aufgabe 3). Wir konnen also OBdA annehmen,

dass f diese Gestalt hat.Aus f ∈ I folgt f(a1, . . . , an) = 0. Weil nach Voraussetzung der hochste xn-Koeffizient von f gleich1 ist, muss an ganzalgebraisch sein uber k[a1, . . . , an−1]. Nach Lemma 5.4 ist A endlich erzeugt als

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A′ := k[a1, . . . , an−1]-Modul.Wir wenden nun die Induktionsvoraussetzung an fur die k-Algebra A′, die nach Definition n − 1Erzeugende hat. ⇒ ∃y1, . . . , ym ∈ A′ algebraisch unabhangig uber k, sodass A′ endlich erzeugt alsk[y1, . . . , ym]-Modul und m ≤ n − 1. Weil A endlich erzeugt ist als A′-Modul und weil A′ endlicherzeugt als k[y1, . . . , ym]-Modul, muss auch A endlich erzeugt sein als k[y1, . . . , ym]-Modul (Lemma5.2). 2

Beweis 5.11 (Beweis von Lemma 4.6) Setze A = K und wende Noethersche Normalisierung

an ⇒ k[y1, . . . , ym]︸ ︷︷ ︸

R

⊂ A. A endlich erzeugt als R-Modul (ii).5.6⇒ R Korper ⇒ m = 1, R = k ⇒

A = K ist endlich erzeugter k-Modul (Vektorraum)5.3⇒ jedes a ∈ K ist Nullstelle eines Polynoms

f(x) = xn + an−1xn−1 + . . .+ a0, ai ∈ k ⇒ a ∈ k (weil k algebraisch abgeschlossen). 2

6 Affine Varietaten

Affine Varietaten sind die Grundbausteine in der algebraischen Geometrie. Sie haben zwei Aspekte:einerseits der zugrundeliegende topologische Raum und andererseits die polynomialen Funktionen,die den Koordinatenring bilden.Wie immer sei k algebraisch abgeschlossener Korper.

Definition 6.1 Eine affine Varietat V ist eine algebraische Menge in einem Ank . Wir versehen

V mit der von Ank induzierten Topologie (Zariski-Topologie).

Definition 6.2 Die auf V ”zulassigen” Funktionen sind die Einschrankungen der Polynome aufV. Zwei Polynome f1, f2 erfullen f1|V = f2|V ⇔ f1 − f2|V = 0⇔ f1 − f2 ∈ I(V ); bilden den Koordinatenring k[V ] = k[x1, . . . , xn]/I(V ) (Raum der polynomialen Funktionenauf V)

Satz 6.3 V ist irreduzibel ⇔ k[V ] ist ein Integritatsbereich

Beweis: V irreduzibel3.9⇔ I(V ) Primideal ⇔ k[V ] = k[x]/I(V ) Integritatsbereich. 2

Satz 6.4 V ist noetherscher topologischer Raum.

Beweis: Satz 3.7 ⇒ An noetherscher topologischer RaumV abg.⇒ V noetherscher topologischer

Raum. 2

Satz 6.5 Voraussetzung: V affine Varietat in Ank . Behauptung: ∃ irreduzible affine Varietaten

Y1, . . . , Ym im Ank , sodass V = Y1 ∪ . . . ∪ Ym und Yi 6( Yj fur alle i 6= j. Die Yi sind eindeutig

bis auf Reihenfolge und heissen irreduzible Komponenten von V .

Beweis: Satz 3.10.

Satz 6.6 Voraussetzung: V affine Varietat in Ank .

Behauptung:

a) {Radikalideale von k[V ]} ←→ {Y ⊂ V | Y abgeschlossen}

b) {Primideale von k[V ]} ←→ {Y ⊂ V | Y irreduzibel und abgeschlossen}

c) {Maximalideale von k[V ]} ←→ {Y ⊂ V | |Y | = 1} (1-punktige Teilmengen in V)

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Beweis: {abgeschlossene Teilmengen vonAnk}

Korollar 4.12←→ Radikalideale von k[x1, . . . , xn]

Y −→ I(Y )

V (I) ←− I

Y ⊂ V ⇐⇒ I(Y ) ⊃ I(V )

Ideale J ⊃ I(V ) ←→ Ideale von k[V ] durch

J −→ π(J)

π−1(J) ←− J

Sei J ⊃ I(V ) Ideal. Zu zeigen: J Radikalideal ⇔ π(J) Radikalideal in k[V ]Bew.: ”⇒”: Sei f ∈ k[V ], ¯fm ∈ π(J) fur ein m ≥ 1⇒ fm ∈ π−1(π(J)) = J ⇒ f ∈ J ⇒ f ∈ π(J).”⇐”: Sei f ∈ k[x], m ≥ 1, fm ∈ J ⇒ ¯fm ∈ π(J) π(J)Radikal

=⇒ f ∈ π(J)⇒ f ∈ π−1(π(J)) =J

Beweis: b), c) analog aus Korollar 4.12. 2

Bemerkung 6.7 Eine Funktion f : V → k heißt polynomial ⇔ f = F |V , F ∈ k[x1, . . . , xn]Def. 6.2 ⇒ Raum der polynomialen Funktionen = k[V ]

Definition 6.8 Voraussetzung: V ist affine Varietat in Ank , W ist affine Varietat in Am

k .f : V →W heißt polynomial ⇔ ∃F1, . . . , Fm ∈ k[x1, . . . , xn] mit f = (F1, . . . , Fm)|V

Lemma 6.9 Seien y1, . . . , ym im Folgenden immer die Koordinatenfunktionen auf Amk , f : V →W

Behauptung: f polynomiale Abbildung ⇔ yj ◦ f polynomiale Funktion ∀j ⇔ G ◦ f ∈ k[V ] fur alleG ∈ k[W ].

Beweis: Die erste Aquivalenz folgt direkt aus der Definition einer polynomialen Abbildung unddie zweite Aquivalenz ist eine Folgerung aus der Tatsache, dass die Restklassen von y1, . . . , ym diek-Algebra k[W ] = k[x1, . . . , xm]/I(W ) mit 1 erzeugen. 2

Bem: Die letzte der drei aequivalenten Formulierungen ist intrinsisch, d.h. sie benutzt nicht dieEinbettungen der affinen Varietaten in die affinen Raumen.

Beispiel 6.10 Sei V = A1k, W = V (y − x2) Parabel in A2

k

f : V →W, x 7→ (x, x2)

x y = x2

Dann ist f eine polynomiale Abbildung.

Lemma 6.11 Voraussetzung: Vf−→W

g−→ X ⊂ Alk polynomiale Abbildungen affiner Varietaten.

Behauptung: g ◦ f polynomiale Abbildungen.

Beweis: f = (F1, . . . , Fm)|V , g = (G1, . . . , Gl)|W⇒ g ◦ f = (G1 ◦ f, . . . , Gl ◦ f)|V = (G1(F1, . . . , Fm), . . . , Gl(F1, . . . , Fm))|V 2

Definition 6.12 Voraussetzung: Vf−→W polynomiale Abbildung affiner Varietaten.

Definiere dann: f∗ : k[W ]→ k[V ], G 7→ G◦f (polynomiale Funktion nach Lemma 6.11 oder Lemma6.9)

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Lemma 6.13 a) f∗ ist k-Algebrahomomorphismus

b) (g ◦ f)∗ = f∗ ◦ g∗

Beweis: einfach.

Satz 6.14 Voraussetzung: ϕ : k[W ]→ k[V ] k-Algebren Homomorphismus. V,W Varietaten.Behauptung: ∃! f : V →W polynomiale Abbildung, sodass ϕ = f∗

Beweis: V ⊂ Ank , W ⊂ Am

k . Setze Fj = ϕ(yj) und f := (F1, . . . , Fm)|V (f ist polynomialeAbbildung). Zu zeigen: f(V ) ⊂W .Sei G ∈ I(W ) ⇒ G(y1, . . . , ym) = 0. In k[V ] gilt somit durch Anwenden des Algebrahom. ϕ dannG(F1, . . . , Fm) = ϕ(G(y1, . . . , ym)) = 0⇒ G(f(V )) = {0} ⇒ f(V ) ⊂W .Es gilt: ϕ = f∗⇐⇒ϕ(yj) = f∗(yj) ∀j (yi Generatoren von k[W ]) ⇔ ϕ(yj) = Fj ∀j.Das zeigt ϕ = f∗ und Eindeutigkeit. 2

Korollar 6.15 polynomiale Abbildungen V →WBijektion←→ k-Algebrahomomorphismen k[W ]→ k[V ]

f −→ f∗

f = (f1, . . . , fm)←− ϕ mit fj := ϕ(yj)

Definition 6.16 Sei f : V → W polynomiale Abbildung. Dann heißt f Isomorphismus :⇔ ∃g :W → V polynomiale Abbildung mit f ◦ g = IdW und g ◦ f = IdV .

Korollar 6.17 f Isomorphismus ⇔ f∗ Isomorphismus (von k-Algebren)

Beweis: ”⇒”: f sei Isomorphismus ⇒ ∃ so ein g ⇒ (f ◦ g)∗ = (IdW )∗6.13⇒ g∗ ◦ f∗ = Idk[W ].

Analog f∗ ◦ g∗ = Idk[V ].”⇐”: Sei also f∗ Isomorphismus ⇒ ∃ϕ : k[V ] → k[W ] mit Idk[W ] = ϕ ◦ f∗ und Idk[V ] = f∗ ◦ ϕ,ϕ k-Alg.hom. Nach Satz 6.14 ⇒ ∃ polynomial Abbildung g : W → V mit g∗ = ϕ. Aus (f ◦ g)∗ =

g∗ ◦ f∗ = ϕ ◦ f∗ = Idk[W ] = IdW∗ 6.15⇒ f ◦ g = IdW . Analog: g ◦ f = IdV . 2

Beispiel 6.18 A1 f→ V (y − x2), x 7→ (x, x2)Nach Beispiel 6.10 ist das eine polynomiale Abbildung. f ist bijektiv, denn sei g : V (y − x2)

︸ ︷︷ ︸

W

→ A1

mit (x, y) 7→ x. Es gilt f ◦g = Id und g◦f = Id. Da g polynomiale Abb. ist, ist f ein Isomorphismus.

Beispiel 6.19 A1 f→W = V (y2 − x3), x 7→ (x2, x3) (W ist die Neillsche Parabel im A2)Umkehrabbildung g : W → A1 mit

(x, y) 7→{

yx falls (x, y) 6= (0, 0)

0 falls (x, y) = (0, 0)

Beh.: f ◦ g = IdW . Denn: (0, 0) 6= (x, y) ∈W ⇒ y2 = x3

⇒ f ◦ g(x, y) = f(y

x) = ((

y

x)2, (y

x)3) = (

x3

x2,y3

y2) = (x, y)

Beh.: g ◦ f = IdV . Denn:

g ◦ f(x) = g(x2, x3) =

{x3

x2

0= x

Fazit: f bijektive polynomiale Abbildung mit Umkehrfunktion.

Behauptung: f ist kein Isomorphismus (und damit ist g keine polynomiale Abbildung).Bew.: f∗ : k[x, y]/ < y2 − x3 >= k[W ]→ k[A1] = k[x]. f∗(x) = x ◦ f = x2 und f∗(y) = y ◦ f = x3.⇒ f∗(k[W ]) ist erzeugt als k-Algebra durch x2, x3 ⇒ f∗(k[W ]) 6= k[x] = k[A1] ⇒ f∗ ist kein Iso.6.17⇒ f ist kein Isomorphismus.

Page 18: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

17

Satz 6.20 Voraussetzung: f : V → W polynomiale Abbildung affiner Varietaten.Behauptung: f ist stetig.

Beweis: Sei U ′ offen in W . Zu zeigen: f−1(U ′) offen in V . Y ′ := W\U ′ abgeschlossen. Es genugtzu zeigen: f−1(Y ′)

︸ ︷︷ ︸

V \f−1(U ′)

abg. in V.

Y ′ = V (T ′) fur T ′ ⊂ k[W ]. f−1(Y ′) = {P ∈ V | f(P ) ∈ Y ′} = {P ∈ V | g ◦ f(P ) = 0 ∀g ∈ T ′} =V (T ) fur T := f∗(T ′). 2

7 Rationale Funktionen und Lokalisierungen

Rationale Funktionen sind Quotienten polynomialer Funktionen. Solche Quotientenbildung verall-gemeinert man in der Algebra unter Lokalisierungen. Wir werden sehen, dass solche Lokalisierungeneng verknupft sind mit lokal im geometrischen Sinn.Globale Voraussetzung: V irreduzible affine Varietat uber einem alg. abg. Korper.

Definition 7.1 Sei A Integritatsbereich und sei S ⊂ A\{0} mit

i) S multiplikativ abgeschlossen, d.h. s, t ∈ S ⇒ s · t ∈ S

ii) 1 ∈ S

AS := {as | a ∈ A, s ∈ S} heißt die Lokalisierung von A in S (”wie die Bruchrechnung”).AS ist ein Ring. Dank (i) ist +, · wohldefiniert und dank (ii) A → AS, a 7→ a/1.

Beispiel 7.2 S = A\{0}i) klar weil A Integritatsbereich ist.ii) erfullt, weil 1 6= 0 vorausgesetzt.AS = Quotientenkorper von A. Zum Beispiel: A = Z, S = Z\{0} ⇒ AS = QBeispiel 7.3 ℘ sei ein Primideal von A. S := A\℘.Behauptung: i) efullt. Bew.: Seien s, t ∈ S ⇒ s, t 6∈ ℘ ⇒ st 6∈ ℘ ⇒ st ∈ S. ii) ist klar, weil 1 6∈ ℘.Def.: A℘ := AS heißt Lokalisierung von A in ℘.

Bemerkung 7.4 Fur jedes S mit i),ii) gilt AS ⊂ Quot(A) (as 7→ as ).

Beispiel 7.5 Sei f ∈ A. S := {fn | n ∈ N}i) fn · fm = fn+m ii) f0 = 1Definiere: Af := AS

Definition 7.6 k(V ) := Quot k[V ] heißt Funktionenkorper. Die Elemente von k(V ) heißenrationale Funktionen.Zum Beispiel: V = An, k[V ] = k[x1, . . . , xn], k(V ) = k(x1, . . . , xn).

Bemerkung 7.7 Falls V nicht irreduzibel ware, dann ist kein Funktionenkorper moglich, weil k[V ]kein Integritatsbereich ist!

Definition 7.8 Sei f ∈ k(V ) rationale Funktion ⇒ f = gh mit g, h ∈ k[V ], h 6≡ 0. (g, h ist i.A.

nicht eindeutig bestimmbar)f regular in P :⇔ ∃g ∈ k[V ], h ∈ k[V ]\{0} mit f = g

h und h(P ) 6= 0 ”kein Pol”Definitionsbereich von f := dom(f) := {P ∈ V | f regular in P}

Definition 7.9 Sei P ∈ V . OV,P := {f ∈ k(V ) | f regular in P} heißt lokaler Ring von V in P.Sei U offen in V. Definiere dann OV (U) := {f ∈ k(V ) | f regular auf U}.

Page 19: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

18

Definition 7.10 Sei h ∈ k[V ]. Definiere offene Menge Vh := {P ∈ V | h(P ) 6= 0} in V .

Satz 7.11 Voraussetzung: f ∈ k(V ), h ∈ k[V ]. Behauptung:

(i) dom(f) ist offen und dicht

(ii) dom(f) = V ⇔ f ∈ k[V ]

(iii) dom(f) ⊃ Vh ⇔ f ∈ k[V ]h = k[V ][h−1]

Beweis: (i): Df := {h ∈ k[V ] | fh ∈ k[V ]} Ideal der Nenner (denn h ∈ Df ⇔ ∃g ∈ k[V ] mitg = f · h⇔ f = g/h oder h ≡ 0).Klar ist, dass Df ein Ideal ist.V \dom(f) = {P ∈ V | h(P ) = 0 ∀h ∈ Df} = V (Df ) (∗) ⇒ dom(f) ist offen.dom(f) 6= ∅ (denn f = g

h mit h ∈ k[V ]\{0}. Dann ist h 6≡ 0, also gibt es ein P ∈ V mith(P ) 6= 0⇒ P ∈ dom(f)). Weil eine offene nichtleere Teilmenge in einem irreduziblen Raum dichtsein muss (Serie 2, Aufgabe 5), folgt (i).

(ii): dom(f) = V(∗)⇔ V (Df ) = ∅ 4.7⇔ Df = k[V ]⇔ 1 ∈ Df ⇔ f ∈ k[V ]

(iii): V ⊃ dom(f) ⊃ Vh = {P ∈ V | h(P ) 6= 0} ⇔ V \dom(f)︸ ︷︷ ︸

(∗)= V (Df )

⊂ V \Vh︸ ︷︷ ︸

=V (h)

4.7⇔√Df ⊃

√< h > ⇔

√Df ∋ h⇔ ∃n ≥ 1, hn ∈ Df

Def.⇔ ∃g ∈ k[V ], f = g/hn ⇔ f ∈ k[V ][h−1]⇒ (iii) 2

Korollar 7.12 Voraussetzung: h ∈ k[V ]. Behauptung:

(i) OV (V ) = k[V ]

(ii) OV (Vh) = k[V ]h

Beweis:

(i) OV (V ) = {f ∈ k(V ) | dom(f) = V } 7.11 (ii)= k[V ]

(ii) OV (Vh) = {f ∈ k(V ) | dom(f) ⊃ Vh}7.11 (iii)

= k[V ]h

Bemerkung 7.13 Sei P ∈ V . Dann ist MP = {f ∈ k[V ] | f(P ) = 0} Kern des Einsetzungsho-morphismus k[V ] → k, P 7→ f(P ) ⇒ Mp Maximalideal, weil k Korper und surjektiv. MP ist daszu P gehorende Maximalideal aus Satz 6.6(c).Behauptung: OV,P = k[V ]MP

.

Beweis: OV,P = {f ∈ k(V ) | f regular in P} = {f ∈ k(V ) | ∃g, h ∈ k[V ], f = g/h, h(P ) 6= 0} =k[V ]S wobei S = {h ∈ k[V ] | h(P ) 6= 0} = k[V ]\MP ⇒ OV,P

Def.= k[V ]MP

2

Lemma 7.14 OV,P besitzt als einziges Maximalideal mP = {f ∈ OV,P | f(P ) = 0}

Beweis: mP ist der Kern des surjektiven Einsetzungshomomorphismus OV,P → k, f 7→ f(P ) ⇒mP ist ein Maximalideal.Sei f ∈ OV,P \mP . Zu zeigen: f liegt in keinem Ideal I 6= OV,P (denn dann gilt: I ⊂ mP ∀ IdealeI 6= OV,P ).

f = gh , g, h ∈ k[V ], h(P ) 6= 0. Weil f 6∈ mP

h(P )6=0⇒ g(P ) 6= 0⇒ hg ∈ OV,P ⇒ f invertierbar in OV,P .

Ware f ∈ I ⇒ 1 = f−1 · f ∈ I ⇒ I = OV,P Widerspruch!Somit f 6∈ I 2

Korollar 7.15 OV,P/mP∼→ k, O∗

V,P = OV,P \mP

Bemerkung 7.16 Nach dem Hilbertschen Basissatz sind alle Koordinatenringe noethersch unddamit auch alle Lokalisierungen. Es folgt aus 7.13, dass OV,P ein noetherscher Ring ist.

Page 20: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

19

8 Rationale Abbildungen

Rationale Abbildungen sind nur auf einer offenen dichten Teilmenge wohldefinierte polynomialeAbbildungen, ausserhalb sind sie undefiniert. Birationale Abbildungen identifizieren Varietaten fastuberall, das ist viel grober als die Isomorphie.Voraussetzung: Sei V irreduzible affine Varietat in An und W irreduzible affine Varietat in Am

uber einem alg. abg. Korper k.

Definition 8.1 f : V 99KW rationale Abbildung :⇔ f = (f1, . . . , fm), fj ∈ k(V ) und f(dom(f)) ⊂W , wobei der Definitionsbereich dom(f) :=

m⋂

j=1dom(fj).

Beachte, dass f nicht auf ganz V definiert sein muss, was mit der Bezeichnung 99K betont wird. Esgilt aber

Lemma 8.2 dom(f) ist offen und dicht in V (s. Definition 2.3) und damit insbesondere nicht leer.

Beweis: denn W1,W2 offen und dicht in V ⇒W1 ∩W2 offen und dicht in V :Argument: z.z.: W1 ∩W2 = V . Sei U := V \W1 ∩W2 ⇒ U ∩ (W1 ∩W2) = ∅ (∗) Weil U und W1

offen sind ⇒ U ∩W1 offen. Der Durchschnitt einer offenen nicht leeren Menge mit einer dichten

Menge ist immer nicht leer. Wegen (∗) folgt also U ∩W1 = ∅ W1dicht⇒ U = ∅ 2

Bem: Das Argument zeigt, dass der Durchschnitt einer offenen dichten Teilmenge mit einer be-liebigen dichten Teilmenge immer dicht ist. Der Durchschnitt zweier beliebiger dichter Teilmengenmuss aber nicht dicht sein wie das Beispiel Q und R\Q in R zeigt.

Proposition 8.3 Sei f : V 99K W eine rationale Abbildung. Dann ist f eine stetige Funktion vondom(f) nach W .

Beweis: Sei Y abgeschlossen in W . Wir mussen zeigen, dass f−1(Y ) abgeschlossen ist in dom(f).

1. Schritt: Jedes P ∈ dom(f) hat eine offene Umgebung U in dom(f) so, dass U ∩ f−1(Y ) abge-schlossen ist in U .

Weil Y abgeschlossen ist, gibt es T ⊂ k[y1, . . . , ym] so, dass Y = V (T ). Sei jetzt P ∈ dom(f). Danngibt es nach der Definition einer rationalen Abbildung g1, . . . , gm, h1, . . . , hm ∈ k[x1, . . . , xn] mith1(P ) 6= 0, . . . , hm(P ) 6= 0 so, dass f = (g1/h1, . . . , gm/hm). Sei U := dom(f) \ V (h1 · · · hm), dannist U eine offene Umgebung von P . Wie im Beweis von Satz 6.14 folgt

f−1(Y ) ∩ U = {Q ∈ U | q ◦ f(Q) = 0 ∀q ∈ T}.

Waren die Funktionen q ◦ f = q(g1/h1, . . . , gm/hm) Polynome, dann ware diese Menge sicher ab-geschlossen in U . Sei dj der partielle Grad von q bezuglich yj. Wenn wir q ◦ f = 0 mit hd11 · · · hdmmmultiplizieren, dann erhalten wir eine polynomiale Gleichung, die wegen der Definition von U aqui-valent ist. Das zeigt f−1(Y ) ∩ U abgeschlossen in U .

2. Schritt: f−1(Y ) abgeschlossen in dom(f).

Wir zeigen, dass das Komplement offen ist in dom(f). Sei P ∈ dom(f)\f−1(Y ). Dann gibt es nachdem ersten Schritt eine offene Umgebung U von P in dom(f) so, dass U ∩f−1(Y ) abgeschlossen istin U . Weil P 6∈ f−1(Y ), ist U \ f−1(Y ) eine offene Umgebung von P im Komplement von f−1(Y ).2.

Page 21: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

20

8.4 Wir betrachten zuerst folgendes Beispiel: f : A1 → A2, x 7→ (x, 0) polynomial und dadurchrational, g : A2

99K A1, (x, y) 7→ xy rationale Abbildung, dom(g) = {(x, y) ∈ A2 | y 6= 0} → g ◦ f

nicht definiert.

Es klappte nicht, weil f(V ) nicht dicht war. Eine beliebige rationale Abbildung f : V 99K W heißtdominant:⇔ f(dom(f)) dicht in W. Fur eine beliebige rationale Abbildung g : W 99K X ist danng ◦ f in allen P ∈ dom(f) definiert, in denen f(P ) ∈ dom(g) gilt. Weil f(V ) nach Voraussetzung

dicht8.2⇒ f(V ) ∩ dom(g) dicht und damit ist U := (f |dom(f))

−1dom(g) 6= ∅. Mit Proposition 8.3 istg ◦ f auf der offenen dichten Menge U definiert.

Lemma 8.5 Voraussetzung: Vf

99K Wg

99K X rationale Abbildung, f dominant.Behauptung: g ◦ f ist rationale Abbildung.

Beweis: g ◦ f = (g1 ◦ f, . . . , gl ◦ f) ist wohldefiniert auf der obigen offenen dichten Teilmenge U .Weil gj ◦ f regular auf U ⇒ gj ◦ f ∈ k(V )⇒ g ◦ f rationale Abbildung. 2

Warnung: Der Definitionsbereich von g ◦ f kann grosser sein als U , siehe Serie 6, Aufgabe 1.

Definition 8.6 Sei f : V 99KW dominante rationale Abbildung. f∗ : k(W )→ k(V ), f∗(g) := g◦f .

Proposition 8.7 Voraussetzung: f : V 99K W dominante rationale Abbildung. Behauptung: f∗ :k(W ) → k(V ) ist ein k-Korperhomomorphismus und somit injektiv. Falls f eine polynomiale Ab-bildung, ist f∗ die eindeutige Fortsetzung des k-Algebrahomomorphismus f∗ : k[W ] → k[V ] ausDefinition 6.12 zu einem Korperhomomorphismus.

Beweis: Man rechnet leicht auf geeigneten offenen dichten Teilmengen punktweise nach, dass f∗

ein Korperhomomorphismus ist: f∗(g1g2) = (g1g2) ◦ f = (g1 ◦ f)(g2 ◦ f) = f∗(g1)f∗(g2) alles aufdom(f) ∩ f−1(dom(g1) ∩ dom(g2)). ”+” analogSei jetzt f polynomiale Abbildung. f∗ wurde auf den Koordinatenringen auch durch Verknupfungdefiniert ⇒ Fortsetzung.Die Eindeutigkeit ist klar, weil jeder Ringhomomorphismus zwischen Integritatsbereichen hochstenseine Fortsetzung auf den Quotientenkorper hat (ϕ(ab ) =

ϕ(a)ϕ(b) ).

Satz 8.8 Voraussetzung: ϕ : k(W )→ k(V ) Korperhomomorphismus uber k.Behauptung: ∃! dominante rationale Abbildung f : V 99K W mit f∗ = ϕ.

Beweis: Seien y1, . . . , ym die Koordinatenfunktionen auf Am. Setze fj := ϕ(yj) mit yj = yj|W .Zu zeigen: f := (f1, . . . , fm) hat Bild in W.Sei G ∈ I(W ), z.z.: G(f(P )) = 0 ∀P ∈ dom(f). Zuerst gilt G(y1, . . . , ym) = 0. Wende ϕ an0 = G(ϕ(y1), . . . , ϕ(ym)) = G(f1, . . . , fm). Durch Einsetzen von P erhalten wir die Behauptung,dass f Bild in W hat. Das zeigt, dass f : V 99K W rationale Abbildung ist.Wir zeigen als nachstes, dass f dominant ist. Sei G ∈ k[y1, . . . , ym] so, dass G auf dem Bild von fverschwindet. Wir zeigen, dass dann G ∈ I(W ) sein muss und somit folgt, dass der Abschluss desBildes von f gleichW ist wie gewunscht. AberG ∈ I(W ) ist aquivalent zuG(y1, . . . , ym) = 0 ∈ k[W ]und das folgt ahnlich wie oben aus

0 = G(f1, . . . , fm) = ϕ(G(y1, . . . , ym))

und der Injektivitat von ϕ.f∗ = ϕ⇔ f∗(yj)

︸ ︷︷ ︸

=fj

= ϕ(yj) ∀j, denn yj erzeugen k(W ) uber k.

(k[W ] = k[y1, . . . , ym]⇒ k(W ) = k(y1, . . . , ym)).Das zeigt die Existenz und Eindeutigkeit. 2

Page 22: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

21

Proposition 8.9 Voraussetzung: Vf

99K Wg

99K X dominante rat. Abb. von irred. affinen Va-rietaten.Behauptung: g ◦ f dominante rationale Abbildung und (g ◦ f)∗ = f∗ ◦ g∗.

Beweis: zu zeigen: (g ◦ f)(dom(g ◦ f)) ist dicht.

dom(g ◦ f) ⊃ f−1(dom(g)) ∩ dom(f)

⇒ f(dom(g ◦ f)) ⊃ dom(g)︸ ︷︷ ︸

offen und dicht

∩ f(dom(f))︸ ︷︷ ︸

dicht, weil f dominant︸ ︷︷ ︸

dicht

⇒ g(f(dom(g ◦ f))) dicht. (Bild einer dichten Menge ist dicht im Bild und weil g dominant)

2

Definition 8.10 Sei f : V 99K W dominante rationale Abbildungf heißt birationale Abbildung ⇔ ∃g : W 99K V dominante rationale Abbildung mit f ◦ g = idWund g ◦ f = idV . V und W heißen birational aquivalent, falls es eine birationale Abbildung gibt.

Wichtig: f muss kein Isomorphismus im Sinne der polynomialen Abbildungen sein (siehe Serie 5,Aufgabe 2; Serie 6, Aufgabe 5).

Satz 8.11 V birational aquivalent zu W ⇔ k(V ) ∼= k(W ) als Korpererweiterung von k.

Beweis: Serie 6, Aufgabe 2.

9 Quasi-affine Varietaten

Das sind offene Mengen affiner Varietaten, sie sind wiederum aus affinen Varietaten zusammenge-baut.Seien in diesem Kapitel V ,W irreduzible affine Varietaten.

Definition 9.1 U ⊂ V heißt quasi-affine Varietat :⇔ U offen in V.

Definition 9.2 Voraussetzung: U,U ′ seien quasi-affine Varietaten in V und W.

(a) f : U → U ′ heißt Morphismus quasi-affiner Varietaten :⇔ ∃F : V 99K W rationale Abb.mit U ⊂ dom(F ), F |U = f .

(b) f heißt Isomorphismus quasi-affiner Varietaten :⇔ ∃g : U ′ → U Morphismus quasi-affinerVarietaten mit f ◦ g = idU ′ , g ◦ f = idU .

Bemerkung 9.3 Jede irreduzible affine Varietat ist naturlich quasi-affin. Nach Satz 7.11 stimmtder Begriff des Morphismus fur affine Varietaten mit dem der polynomialen Abbildung uberein.Nach Proposition 8.3 ist jeder Morphismus quasiaffiner Varietaten stetig.

Sei h ∈ k[V ]→ Vh := V \V (h) = {P ∈ V | h(P ) 6= 0}. Diese quasi-affine Varietaten sind besonderseinfach (siehe Satz 9.5) und konnen als Bausteine jeder quasi-affinen Varietat gebraucht werden(siehe Proposition 9.4).

Proposition 9.4 Voraussetzung: U quasi-affine Varietaten in V.

Behauptung: ∃h1, . . . , hr ∈ k[V ] mit U =r⋃

j=1Vhj

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Beweis: V \U = V (H1, . . . ,Hr) =r⋂

j=1V (Hj). Wahle hj := Hj|V ∈ k[V ]⇒ Beh. 2

Satz 9.5 Voraussetzung: h ∈ k[V ]Beh.: ∃ Isomorphismus f : Vh → X, wobei X affine Varietat in An+1, sodass f∗ : k[X]→ OV (Vh),g 7→ g ◦ f ein Isomorphismus ist.

Beweis: J := I(V ). Wahle H ∈ k[x], H|V = h. JH :=< J, tH − 1 >⊂ k[x, t]. X := V (JH) affineVarietat in An+1. p : X → Vh Projektion (x, t) 7→ x. q : Vh → X, x 7→ (x, 1

H(x)) sind Morphismenquasi-affiner Varietaten, die zueinander invers sind. Nehme f := q ⇒ Beh. 2

Bemerkung 9.6 Jede quasi-affine Varietat ist lokal durch affine Varietaten aufgebaut (9.4). Esgibt quasi-affine Varietaten, die nicht isomorph zu einer affinen Varietat sind.

10 Projektiver Raum

Der projektive Raum ist eine (ideale) Komplettierung des affinen Raumes, geometrisch gesehen ister perfekt in dem Sinn, dass viele Satze da ohne Ausnahmen gelten.Sei k beliebiger Korper.

Definition 10.1 u ∼ v ∈ kn+1\{0} ⇔ ∃λ ∈ k, u = λv. Pn := (kn+1\{0})/∼ Raum der Aqui-valenzklassen heißt projektiver Raum der Dimension n. Pn ist der Raum der 1-dimensionalenUnterraume von kn+1.

Beispiel 10.2 P1R Raum der 1-dimensionalen Unterraume in R2, S1 Einheitskreis.

&%'$

@@@@@

@@

@@@

��

���

�����

HHHHH

HHHHH

�����

�����

AAAAA

AA

AAA

��

���

����� P1 = S1/{−1, 1}

Definition 10.3 Die Aquivalenzklasse von x ∈ kn+1\{0} wird mit π(x) oder (x0 : . . . : xn) ∈ Pn

(homogene Koordinaten von π(x). Sie sind bestimmt bis auf Vielfache) bezeichnet.

Bemerkung 10.4 Bette An ein in Pn durch An → Pn, (x1, . . . , xn) 7→ (1 : x1 : . . . : xn). Sicherinjektiv, denn falls (1, x1, . . . , xn) = λ(1, y1, . . . , yn)⇒ λ = 1⇒ x = y.

Beispiel 10.5 A2R ⊂ P2R (x1, x2) 7→ (1 : x1 : x2)P2R\A2R = {(x0 : x1 : x2) ∈ P2R | x0 = 0} = {(0 : x1 : x2) | (x1, x2) ∈ k2 \ {0}} ∼= P1, denn es istklar, dass (0 : x′1 : x

′2) 6= (1 : x1 : x2) und umgekehrt ist so eine Klasse im Bild.P2R ”=” A2R ∪P1R = U0 ∪P(0× k2︸ ︷︷ ︸

W

)

Beispiel 10.6 A1 ⊂ P1, x 7→ (1 : x)P1\A1 = {(0 : x1) | x1 ∈ k∗} = {(0 : 1)}.

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23

Beispiel 10.7 k = C, A1C → P1CP1C\A1C = {(0 : x1) | x1 ∈ C1} = {(0 : 1)}. Dieser Punkt wird suggestiv mit ∞ bezeichnet. Wirkonnen die Riemannsche Zahlenkugel durch die stereographische Projektion mit P1C identifizieren.Dabei wird vom Nordpol auf die Aquatorebene projiziert. Dies ist eine Bijektion der Einheitssphareohne Nordpol

︸ ︷︷ ︸

=∞

auf die Aquatorebene︸ ︷︷ ︸

=C .

Bemerkung 10.8 Sei Uj = {(x0 : . . . : xn) ∈ Pn | xj 6= 0} (Bsp: U0 ⊂ PnR entspricht An aus10.4)ϕj : Uj → An, (x0 : . . . : xn) 7→ (x0

xj, . . . ,

xj−1

xj,xj+1

xj, . . . , xn

xj). ϕj wohldefiniert, d.h. unabhangig

von der Wahl der Reprasentanten (x0 : . . . : xn). Da man dividiert und die Koordinaten bis aufVielfache bestimmt ⇒ okay.ϕj bijektiv mit Umkehrabbildung: An → Uj ⊂ Pn, (x1, . . . , xn) 7→ (x1 : . . . : xj−1 : 1 : xj+1 : . . . :xn) Pn\Uj = {(x0 : . . . : xn) ∈ Pn | xj = 0} ”=” Pn−1

(x0 : . . . , xj−1 : 0 : xj+1 : . . . : xn)←− (x0 : . . . : xn−1)

Wir nennen die (Uj , ϕj) Standardkarten von Pn.

Bemerkung 10.9 Sei k = C (bzw. R). Die Standardtopologie auf Pn wird definiert dadurch, dassman zuerst auf Uj die Standardtopologie von An ubertragt durch ϕj . D.h. ϕj soll ein Homoomor-

phismus sein. Weil Pn =n⋃

j=0Uj (denn jedes π(x) ∈ Pn hat ein j mit xj 6= 0⇒ π(x) ∈ Uj) und weil

die Topologien ubereinstimmen auf Uj∩Uk ⇒ ∃! Topologie auf Pn, sodass dann Uj offen ist und die-se Topologie von An haben. Mit den Karten (Uj , ϕj) wird Pn zu einer komplexen Mannigfaltigkeit.Wir zeigen, dass Pn mit dieser Standardtopologie kompakt ist:

Beweis: Pn =n⋃

j=0

{(x0 : . . . : xn) ∈ Pn | maxi=0,...,n

|xi| = |xj |}︸ ︷︷ ︸

=Wj ⊂ Uj

ϕjhomoom.−→ An

∋ (x0 : . . . : xn)

ϕj(Wj) = {(y1, . . . , yn) ∈ An | |yi| ≤ 1} Einheitswurfel ⇒ Wj und damit Pn kompakt. 2

Definition 10.10 Sei jetzt k beliebiger Korper. Sei W Unterraum von kn+1, W 6= {0}P(W ) := {(x0 : . . . : xn) ∈ Pn | x ∈W} heißt projektiver Unterraum der Dimension dim(W )−1.Pn = Uj ∪ P(Wj)

︸ ︷︷ ︸

Hyperebene, weil dim(W )=n

, Wj = {x ∈ kn+1 | xj = 0}.

Falls W = {0}, setzen wir P(W ) = ∅ und dimP(W ) = −1.Proposition 10.11 Voraussetzung: P(W1), P(W2) projektive Unterraume von Pn.Behauptung: dim (P(W1) ∩P(W2)) = dimP(W1) + dimP(W2)− dimP(W1 +W2)

Beweis: P(W1) ∩P(W2) = P(W1 ∩W2)

Lineare Algebra: dim (W1 ∩W2) + dim (W1 +W2) = dimW1 + dimW2

dimP(W1 ∩W2) = dim (W1 ∩W2)− 1 = dimW1 + dimW2 − dim (W1 +W2)− 1 = dimW1 − 1 +dimW2 − 1− (dim (W1 +W2)− 1) = dimP(W1) + dimP(W2)− dimP(W1 +W2) 2

Beispiel 10.12 k = R, P2RSeien P(W1), P(W2) zwei verschiedene Geraden in P2 ⇒ dim (P(W1)∩P(W2)) = dim (P(W1)) +dim (P(W2))−dim (P(W1+W2)) = 0⇒ zwei verschiedene Geraden schneiden sich genau in einemPunkt.

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24

11 Projektive Varietaten

Analog zu den affinen Varietaten im affinen Raum werden die projektiven Varietaten im projektivenRaum eingefuhrt, man muss nur jedesmal Polynom durch homogenes Polynom ersetzen.Sei k wieder ein algebraisch abgeschlossener Korper.

Bemerkung 11.1 Fur P = (x0 : . . . : xn) ∈ Pn und f ∈ k[x0, . . . , xn] ist f(P ) = f(x0, . . . , xn)sinnlos, denn abhangig vom Reprasentanten. Sei jetzt f homogen vom Grad d ⇒ f(λx) = λdf(x).Immer noch abhangig von Reprasentanten von P, aber f(P ) = 0 (bzw. 6= 0) macht Sinn, weil dieNullstellen eines homogenen Polynoms f nicht vom Reprasentanten abhangen.V (f) := {(x0 : . . . : xn) ∈ Pn | f(x0, . . . , xn) = 0} Nullstellengebilde von f.Allgemeiner: T ⊂ k[x0, . . . , xn] alle Polynome in T seien homogen!V (T ) := {(x0 : . . . : xn) ∈ Pn | f(x0, . . . , xn) = 0 ∀f ∈ T} Nullstellengebilde von T.

Definition 11.2 V heißt projektive Varietat :⇔ ∃ T ⊂ k[x0, . . . , xn]hom mit V = V (T ).

Beispiel 11.3 Kubik in A2: x22 = x31 − x1 +1, d.h. betrachte V (f) ⊂ A2, f = x22 − (x31 − x1 + 1)ist affine Varietat.Ziel: Bestimme eine projektive Varietat C, sodass affine Kubik ⊂ C ⊂ P2.Betrachte Homogenisierung fhom (x0, x1, x2) = x0x

22 − (x31 − x20x1 + x30). C := V (fhom) ist eine

projektive Varietat. C∩A2 = V (f) (A2 → P2 (x1, x2) 7→ (1 : x1 : x2), fhom(1, x1, x2) = f(x1, x2)); Serie 7, Aufgabe 1.

Definition 11.4 Sei Y ⊂ Pn.Verschwindungsideal I(Y ) :=< {f ∈ k[x0, . . . , xn]hom | f(Y ) = {0}} > (< >

∧= Ideal erzeugt

von). S(Y ) := k[x0, . . . , xn]/I(Y ) homogener Koordinatenring von Y.

Definition 11.5 Sei S kommutative k-Algebra mit 1.S heißt graduiert (prazise N-graduiert) :⇔ S =

j∈N Sj︸︷︷︸

UR von S

als k-VR und SjSk ⊂ Sj+k ∀j, k ∈ NBemerkung 11.6 1 ∈ S0Bew.: Sei 1 =

∑sj mit sj ∈ Sj . Wahle tk ∈ Sk. Dann folgt aus tk = 1 ·tk =

j sjtk durch Vergleichder Komponenten in Sk, dass tk = s0tk. Weil jedes Element in S als Summe solcher tk geschriebenwerden kann, folgt, dass 1 = s0 ∈ S0.

Beispiel 11.7 k[x0, . . . , xn] ist graduierte k-Algebra mit S =⊕

j∈N{f ∈ k[x0, . . . , xn] | deg(f) = j}

Definition 11.8 Sei S komm. graduierte k-Algebra mit 1.M heisst graduierter S-Modul :⇔ M S-Modul mit Graduierung M =

j∈NMj , sodass SjMk ⊂

Mj+k ∀j, k. Insbesondere ist S ein graduierter S-Modul.N heißt graduierter S-Untermodul von M :⇔ N ist S-Untermodul von M, N =

j∈NNj , Nj =

Mj ∩N .I heißt graduiertes Ideal in S :⇔ I Ideal in S und I =

j∈N Ij mit Ij = Sj ∩ I.

Beachte: graduiertes Ideal ←→ graduierter Untermodul von S.Sei N graduierter Untermodul von M.Behauptung: M/N graduierter S-Modul mit der Graduierung M/N =

j∈NMj/Nj

Beweis: einfach.Insbesondere gilt fur ein graduiertes Ideal I in S, dass S/I eine graduierte k-Algebra ist.

Page 26: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

25

Proposition 11.9 Voraussetzung: Y ⊂ Pn.Behauptung: I(Y ) ist graduiertes Ideal.

Beweis: Sei I(Y )j := {f ∈ I(Y ) | f homogen vom Grad j}.Zu zeigen: I(Y ) =⊕

j∈N I(Y )j . Es ist

klar, dass I(Y )j ∩ I(Y )k = {0} fur j 6= k. Sei f ∈ I(Y ), z.z.: f ∈ ⊕

j∈N I(Y )j .

f(x) =

r∑

j=1

fj︸︷︷︸

Aufspalten in

fj =r∑

k=1

fjk︸︷︷︸

homogen

(x) · gj(x)︸ ︷︷ ︸

homogen, gj |Y ≡0

⇒ f(x) =∑

j,k

fjk(x) gj(x)︸ ︷︷ ︸

homogen

≡ 0 auf Y

⇒ f ∈⊕

j∈N I(Y )j ⇒ Beh.

2

Korollar 11.10 S(Y ) = k[x0, . . . , xn]/I(Y ) ist graduierte k-Algebra.

Lemma 11.11 Voraussetzung: S wie vorher, J Ideal in S. Behauptung:

(i) J graduiert ⇔ J erzeugt von homogenen Elementen (a ∈ S heißt homogen ⇔ ∃j mit a ∈ Sjund j ist der Grad)

(ii) Falls J graduiertes Ideal 6= S ist, dann gilt: (J Primideal ⇔ f, g ∈ Shom & fg ∈ J ⇒ f oderg ∈ J)

(iii) Summe, Produkte, Durchschnitte und Radikale von graduierten Idealen sind wieder graduierteIdeale.

Beweis: Serie 7, Aufgabe 2.Bemerkung: graduierte Ideale heißen auch homogene Ideale.

Satz 11.12 Die projektiven Varietaten bilden genau die abgeschlossene Menge einer Topologie aufPn, die wir Zariski-Topologie nennen.

Beweis: V (T1) ∪ V (T2) = V (T1T2) und⋂

jV (Tj) = V (

jTj)⇒ Beh. 2

Satz 11.13 (Projektiver Nullstellensatz) Vor.: J homogenes Ideal in k[x0, . . . , xn]Behauptung:

(i) V (J) = ∅ ⇔√J ⊃< x0, . . . , xn >

(ii) Falls V (J) 6= ∅ : I(V (J)) =√J

Beweis: π : An+1\{0} → Pn, x 7→ π(x) := (x0 : . . . : xn) ist surjektiv. Vaff (J) als Nullstellenge-

bilde von J in An+1

(i) V (J) = ∅ ⇔ V aff (J) ⊂ {0} affiner NS⇐⇒√J ⊃< x0, . . . , xn >

(ii) Wir zeigen zuerst, dass I(V (J)) ein Radikalideal ist. Um das zu sehen, bemerken wir zuerstdass I(V (J) ein graduiertes Ideal ist (nach 11.9) und damit auch sein Radikal (siehe 11.11).Also ist das Radikal von homogenen Elementen erzeugt (wieder 11.11). Wir mussen also dieBedingung fn ∈ I(V (J)) ⇒ f ∈ I(V (J)) nur fur homogene f ∈ k[x0, . . . , xn] prufen. Diesfolgt aber sofort aus der Definition.

Sei jetzt V (J) 6= ∅. Wir mussen I(V (J)) =√J beweisen.

Page 27: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

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”⊃”: Wir zeigen, dass J ⊂ I(V (J)). Weil J erzeugt wird von homogenen Polynomen, genugtes zu zeigen, dass f ∈ I(V (J)) ist fur alle homogenen Polynome f ∈ J .f ∈ Jhom

per Def.⇒ f |V (J) ≡ 0⇒ f ∈ I(V (J))⇒ J ⊂ I(V (J))⇒√J ⊂ I(V (J))

”⊂”: Sei f ∈ I(V (J)). Zu zeigen: f ∈√J . Da I(V (J)) homogen ist (siehe Prop. 11.9)

⇒ OBdA f homogen ⇒ f |V aff (J) ≡ 0, da An+1\{0} π→ Pn, V aff (J)\{0} → V (J).

Aus dem affinen Nullstellensatz folgt f ∈√J

2

Korollar 11.14 Die Abbildungen J 7→ V (J) und V 7→ I(V ) definieren inverse Bijektionen zwi-schen:

(i) {homogene Radikalideale J ( k[x0, . . . , xn]} ←→ {projektive V arietatenV ⊂ Pn}

(ii) {homogene Primideale 6= 〈x0, . . . , xn〉} ←→ {irreduzible proj. V arietaten}

(iii) Maximale Elemente in {J homogenes Ideal, 〈x0, . . . , xn〉 6⊆√J} ←→ Pn

Beweis: V (I(Y )) = Y nach Definition der projektiven Varietat. I(V (J)) = J nach projektivemNullstellensatz ⇒ (i)(ii) Serie 7, Aufgabe 3 und (iii) leitet man einfach aus Korollar 4.12 her. 2

Uj = {(x0 : . . . : xn) ∈ Pn | xj 6= 0} sind die offenen Standardkarten in Pn mit Kartenabbildungϕj : Uj → An, (x0 : . . . : xn) 7→ (x0

xj, x1xj, . . . ,

xj−1

xj,xj+1

xj, . . . , xn

xj)

Satz 11.15 ϕj ist ein Homoomorphismus (insbesondere ist An → Pn ein Homoomorphismus aufdas Bild)

Beweis: OBdA gilt j = 0: f ∈ k[x0, . . . , xn] homogen ; faff (x1, . . . , xn) = f(1, x1, . . . , xn)g ∈ k[x1, . . . , xn], g 6= 0 ; Homogenisierung d = deg(g) ghom(x0, . . . , xn) = xd0g(

x1x0, . . . , xn

x0) ist

homogen vom Grad d (denn ghom(λx0, . . . , λxn) = λdxd0g(x1x0, . . . , xn

x0) = λdghom(xo, . . . , xn)). Be-

kannt: ϕ0 bijektiv. Sei T ′ ⊂ k[x1, . . . , xn]. Zu zeigen ϕ−10 V (T ′) abgeschlossen in U0. ϕ

−10 V (T ′) =

{ P︸︷︷︸

(x0,...,xn)

∈ U0 | g(ϕ0(P )) = 0︸ ︷︷ ︸

g(x1x0, . . . , xn

x0)

= x−d0 ghom(x1, . . . , xn)

∀g ∈ T ′}

Weil x0 6= 0⇒ ϕ−10 (V (T ′)) = {P ∈ U0 | ghom(P ) = 0 ∀g ∈ T ′} ist abgeschlossen √

Umgekehrt sei T ⊂ k[x0, . . . , xn]hom. Zu zeigen ϕ0(V (T )) abgeschlossen in An

ϕ0(V (T )) = {(x1, . . . , xn) ∈ An | (1 : x1 : . . . : xn) ∈ V (T )} = {(x1, . . . , xn) ∈ An | f(1, x1, . . . , xn) =0 ∀f ∈ T} ist abgeschlossen. 2

Nicht nur in diesem Beweis ist der Ubergang von einem homogenen Polynom f(x0, . . . , xn) zumaffinen Polynom gaff (x1, . . . , xn) := f(1, x1, . . . , xn) und umgekehrt von einem beliebigen Polynomg(x1, . . . , xn) zu seiner Homogenisierung ghom(x0, . . . , xn) nutzlich. Sie folgt folgenden Regeln:Es gilt g = (ghom)aff : (ghom)aff (x1, . . . , xn) = ghom(1, x1, . . . , xn) = 1dg(x1

1 , . . . ,xn

1 ) = g(x1, . . . , xn)

Umgekehrt sei f(x0, . . . , xn) homogen, f(x0, . . . , xn) = xm0 h(x0, . . . , xn)︸ ︷︷ ︸

teilerfremd zu x0

Dann gilt (faff )hom = h : (faff )hom(x0, . . . , xn) = xdeg(faff )0 faff (

x1x0, . . . , xn

x0) = x

deg(faff )0 ( 1

x0)df(x0, . . . , xn)

Es gilt faff (x0, . . . , xn) = f(1, x1, . . . , xn) = 1mh(1, x1, . . . , xn) ⇒ deg(faff ) = degh (weil h teiler-

fremd zu x0) ⇒ (faff )hom(x0, . . . , xn) = xdeg h−d0 f(x0, . . . , xn) = h(x0, . . . , xn)

Page 28: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

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Korollar 11.16 Wir identifizieren U0 mit An, d.h. An → Pn. Dann definieren die AbbildungenV 7→ V0 := V ∩ U0 und V0 7→ V0 folgende Bijektionen, die man leicht aus Satz 11.15 herleitet:

{irreduzible proj. V arietaten V ⊂ Pn mit V 6⊂ {x0 = 0}} ←→ {irreduzible V arietaten V0 ⊂ An}

12 Funktionen auf projektiven Varietaten

In naturlicher Art und Weise wird der algebraische Aspekt der projektiven Varietaten durch Gradu-ierungen beschrieben wie zum Beispiel der homogene Koordinatenring. Nur Konstanten sind dabeirichtige Funktionen!Sei V irreduzible projektive Varietat in Pn uber einem alg. abg. Korper k.

Definition 12.1 f heißt rationale Funktion auf V :⇔ f = gh , g, h ∈ S(V )d, h 6= 0, fur d ∈ N

(der Quotient der homogenen Polynome macht als Funktion nur Sinn, wenn g, h denselben Grad

haben: f(λx) = λdeg g

λdeg h · g(x)h(x) = f(x) ⇒ deg g = deg h). Die rationalen Funktionen bilden einen

Korper, den wir mit k(V ) bezeichnen und Funktionenkorper nennen.

Definition 12.2 f ∈ k(V ). f heißt regular in P ∈ V :⇔ ∃g, h ∈ S(V )d mit h(P ) 6= 0 und f = gh .

Definitionsbereich: dom (f) := {P ∈ V | f regular in P}. Lokaler Ring in P: OV,P := {f ∈k(V ) | f regular in P}

Lemma 12.3 Sei f ∈ k(V ). Dann ist dom (f) offen und dicht.

Beweis: J :=< {h ∈ S(V )d | fh = g f ur ein g ∈ S(V )d} > Ideal der Nenner von f , homogen ⇒V (J) = V \dom (f) abg.⇒ dom (f) offen. Wegen dom (f) 6= ∅ folgt dom (f) dicht (Aufgabe 5, Blatt2). 2

Lemma 12.4 mV,P = {f ∈ OV,P | f(P ) = 0} ist das einzige Maximalideal in OV,P .

Beweis: Einsetzhomomorphismus OV,P → k, f 7→ f(P ). Ist surjektiv mit ker = mV,P . Da k Korperist, ist mV,P ein Maximalideal. Sei f 6∈ mV,P ⇒ f = g

h , g, h ∈ S(V )d, h(P ) 6= 0. Aus f(P ) 6= 0 ⇒g(P ) 6= 0 ⇒ h

g ∈ OV,P ⇒ f invertierbar in OV,P . Sei J irgendein Ideal, J 6= OV,P ⇒ f 6∈ J , da finvertierbar ⇒ J ⊂ mV,P ⇒ mV,P einziges Maximalideal. 2

Lemma 12.5 Sei V0 = V ∩An 6= ∅. Dann ist k(V ) ∼= k(V0).

Beweis: k(V )→ k(V0), f(x0, . . . , xn) 7→ f(1, x1, . . . , xn) =g(1,...,xn)h(1,...,xn)

. F (x1, . . . , xn) =G(x1,...,xn)H(x1,...,xn)

7→

F (x1x0, . . . , xn

x0) =

G(x1x0

,...,xnx0

)

H(x1x0

,...,xnx0

). Wohldefiniertheit wegen x0 6= 0 auf V. Abbildungen sind invers. 2

Bemerkung 12.6 Wir gehen allgemein aus von einem Integritatsbereich S, der gleichzeitig gra-duierte k-Algebra mit 1 ist. Betrachte T ⊂ Shom :=

j∈NSj, T multiplikativ abg. und 1 ∈ T .

Wir erinnern an die Definition der Lokalisierung ST := {at | a ∈ S, t ∈ T} aus Kapitel 7.(ST )j := {at | ∃k ∈ N, a ∈ Sk+j, t ∈ Sk}. Die runde Klammer soll betonen, dass wir im Ge-gensatz zu fruher nur homogene Quotienten zulassen.Def.: S(T ) := (ST )0 = {at | deg (a) = deg (t), a ∈ S, t ∈ T}.Bsp.: k(V ) = S(V )(T ) mit T := {a ∈ S(V )hom | a 6= 0}

Beispiel 12.7 Sei ℘ homogenes Primideal ; S(℘) := S(T ), T = (S\℘)hom.

Beispiel 12.8 Sei f ∈ Shom\{0}. S(f) := S(T ) = { afn | n ∈ N, a ∈ Sn deg (f)}, T := {fn | n ∈ N}

Page 29: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

28

Die beiden folgenden Aussagen folgen sofort aus den Definitionen:

Lemma 12.9 k(V ) = S(V )({0}).

Lemma 12.10 Sei P ∈ V . Dann ist OV,P = S(V )(MV,P ) fur das Ideal MV,P in S(V ) erzeugt von{f ∈ S(V )hom | f(P ) = 0}.

Bemerkung 12.11 Sei h homogenes Element ∈ S(Y ). Vh := {P ∈ V | h(P ) 6= 0} ist offen in V.Beispiel: Vx0 = V ∩ An. Fur U offen in V sei OV (U) := {f ∈ k(V ) | U ⊂ dom (f)} der Ring derregularen Funktionen auf U.

Lemma 12.12 OV (Vh) = S(V )(h).

Beweis: Sei f ∈ k(V ). f ∈ OV (Vh) ⇔ dom (f) ⊃ VhBew.12.3⇔ V (Ideal der Nenner von f) ⊂

V (h)11.13⇔ hn ∈ Ideal der Nenner fur n ≥ 1 ⇔ hn ∈ Ideal der Nenner fur ein n ≥ 0 ⇔ f = g

hn ⇔f ∈ S(V )(h). 2

Satz 12.13 OV (V ) = k

Beweis: V projektive irreduzible Varietat in Pn. Vj := V ∩ {x ∈ Pn | xj 6= 0} = Vxj. OV (Vj)

12.12=

S(V )(xj). Klar: k ⊂ OV (V ). Sei f ∈ OV (V ), z.z.: f ∈ k. f =gj

xkjj

fur gj homogen vom Grad kj.

Wahle κ ≥n∑

j=0kj . Aus x

kjj f = gj ∈ S(V ) und weil jedes Monom in S(V )κ mindestens einen Faktor

xkjj enthalt. ⇒ S(V )κf ⊂ S(V )κ. Iterativ folgt S(V )κf

2 ⊂ S(V )κ und allgemein mit Induktion

S(V )κfq ⊂ S(V )κ ∀q ≥ 1.Es gibt ein xj mit xj 6≡ 0 auf V . Die Elemente xκj , x

κj f, x

κj f

2, . . . sindim endlich dimensionalen k-Vektorraum S(V )κ enthalten und deshalb linear abhangig.⇒ ∃n ∈N, n ≥ 1, mit fn + an−1f

n−1 + . . . + a0 = 0 fur geeignete ai ∈ k ⇒ f ist k-algebraisches Element

in k(V )k alg. abg.=⇒ f ∈ k. 2

13 Rationale Abbildungen projektiver Varietaten

Da es so wenige polynomiale Abbildungen zwischen projektiven Varietaten gibt, spielt die ratio-nale Abbildung, die ja nur auf einer offenen dichten Teilmenge wohldefiniert zu sein braucht, einewichtigere Rolle. Damit kann man alles auf rationale Abbildungen affiner Varietaten zuruckfuhren.Wir fuhren den Begriff der quasiprojektiven Varietat ein, der sowohl affine wie auch projektiveVarietaten verallgemeinert.Voraussetzung: V,W irreduzible projektive Varietaten in Pn bzw. Pm uber einem alg. abg. Korperk.

letztes Mal: f : V 99K k rationale Funktion f = gh , g, h ∈ S(V )d, h 6= 0.

Definition 13.1 Zu definieren: f : V 99K W rationale Abbildung.Im affinen Fall (s. Definition 8.1):

g : X︸︷︷︸

⊂An

99K Y︸︷︷︸

⊂Am

heißt rationale Abbildung :⇔ g = (g1, . . . , gm), gj ∈ k(V ), Bild ⊂ Y

Im projektiven Fall:

f : V 99KW heißt rationale Abbildung ⇔ f = (f0 : . . . : fm), fj ∈ k(V ), nicht alle 0, Bild ⊂W

f0, . . . , fm sind nicht eindeutig, f = (gf0 : . . . : gfm) fur jedes g ∈ k(V ) \ {0}.

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29

Definition 13.2 f heißt regular in P :⇔ ∃ Darstellung f = (f0 : . . . : fm), sodass P regular furalle fj und fj(P ) 6= 0 fur mindestens ein j.Beachte, dass f(P ) = (f0(P ) : . . . : fm(P )) nur definiert ist in Pn, falls nicht alle 0 sind.Definitionsbereich: dom (f) = {P ∈ V | f regular in P}.

Der Definitionsbereich ist offen und dicht in V .Bew.: Sei P ∈ dom (f) ⇒ ∃f0, . . . , fm ∈ k(V ), regular in P , nicht alle 0 in P . Es gibt gj , hj ∈ Sdjmit fj = gj/hj und hj(P ) 6= 0. Weil D := {Q ∈ V | hj(Q) 6= 0 ∀j} offen ist in V und E := {Q ∈V | gj(Q) = 0 ∀j} abgeschlossen ist in V , muss D \ E eine offene Teilmenge von V sein. Weiterist sie eine offene Umgebung von P , die sicher im Definitionsbereich von f enthalten ist. Weil Virreduzibel ist, muss sie dicht sein (Serie 2, Aufgabe 5). Weil P beliebig ist, folgt dom (f) offen unddicht.

Definition 13.3 Voraussetzung U1 ⊂ V , U2 ⊂W offen, f : U1 → U2

f heißt Morphismus :⇔ ∃g rationale Abbildung V 99K W , dom (g) ⊃ U1, g(U1) ⊂ U2 so, dassg|U1 = f . Ein Isomorphismus ist ein invertierbarer Morphismus.

Beispiel 13.4 ϕ : P1 → Pn, ϕ(t0 : t1) = (tn0 : tn−10 t1 : . . . : t

n1 ) = (1 : t1

t0: · · · : tn1

tn0) = (

tn0tn1

: · · · : t0t1

:

1) ⇒ rationale Abbildung, dom (ϕ) = P1, d.h. ϕ ist Morphismus P1 → Pm.

Bemerkung 13.5 Die Begriffe Morphismus und rationale Abbildung stimmen bei quasiaffinenVarietaten mit den alten Begriffen uberein.

Definition 13.6 U heisst quasiprojektive Varietat ⇔ U offene Teilmenge einer projektiven Va-rietat.

Bemerkung 13.7 Jede projektive Varietat ist selber quasiprojektiv. Jede affine Varietat ist qua-siprojektiv, denn U offen in U = V ⊂ Pm

Bemerkung 13.8 Alle Definitionen und Resultate uber rat. Abbildungen affiner Varietaten ubert-ragen sich auf rationale Abbildungen quasiprojektiver Varietaten, weil die rat. Abb. f : V 99K Wbestimmt ist durch den affinen Teil V0 = V ∩An und wegen k(V0) = k(V ) (siehe 12.5).

Proposition 13.9 Sei P ∈ U fur U quasiprojektive Varietat. Dann gibt es eine offene TeilmengeU0 von U mit P ∈ U0 so, dass U0 isomorph zu einer affinen Varietat ist.

Beweis: ∃V projektive Varietat in Pn so, dass U offen in V . Wahle Koordinate xj mit xj(P ) 6= 0.⇒ U ∩ {xj 6= 0} ist offene Umgebung von P und quasiaffin, weil V ∩ {xj 6= 0} affin ist (s. 11.16).9.5⇒ Beh.

14 Tangentialraum

In diesem Abschnitt fuhren wir den Tangentialraum klassisch ein als Tangenten an eine affineVarietat im affinen Raum, wie immer uber einem alg. abg. Korper k. Weil wir algebraisch argu-mentieren, spielen die linearen Anteile der Taylorpolynome die zentrale Rolle. Der Tangentialraumhat ausserhalb der Singularitaten eine konstante Dimension, die wir der Anschauung entsprechendals Dimension der Varietat definieren.Beispiel: f(x, y) = 0 in A2. Gradient (∂f∂x ,

∂f∂y )(P ) zeigt in Richtung Normale.

Wir ubertragen dieses Konzept aus der ebenen reellen Geometrie auf die algebraische Geometrie umuberhaupt den Tangentialraum zu definieren. Wir gehen aus von einem irreduziblen Polynom f ∈k[x1, . . . , xn]. Die zugehorige Hyperflache V := V (f) ist dann irreduzibel, wie wir im AppendixA einsehen werden.

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30

−1 −0.5 0 0.5

−0.8

0

0.8

Definition 14.1 Sei P ∈ V (f), P = (a1, . . . , an). Der Tangentialraum

TPV = {x ∈ An |n∑

i=1

∂f

∂xi(P )

︸ ︷︷ ︸

Normalenvektor ⊥ (x−a)

(xi − ai) = 0}

ist ein affiner Unterraum durch P.

Das heißt ∃ Unterraum W von kn, sodass TPV = a+W . Die Dimension des Tangentialraumes istdefiniert durch dimW . Es gilt dim TPV = n− 1 ∨ n.Lemma 14.2 Voraussetzung: L Gerade, d.h. affiner Unterraum der Dimension 1 durch P, V:=V(f)Behauptung: L ⊂ TPV ⇔ f |L eine mehrfache Nullstelle in P.

Beweis: Parametrisiere L, P = a, b Richtungsvektor der Geraden. L gegeben durch t ∈ A1 7→ a+tb.g(t) := f(a+ tb). Es gilt: g(0) = f(P ) = 0. Zu zeigen g hat mehrfache Nullstelle ⇔ L in TPV .

g hat mehrfache Nullstelle ⇔ ∂g∂t (0) = 0 ⇔ 0 = ∂

∂tf(a + tb)|t=0 =n∑

i=1bi

∂f∂xi

(P ) ⇔ L liegt in

Tangentialraum ⇒ Beh. 2

Definition 14.3 P regularer Punkt von V :⇔ dim TPV = n − 1. P singularer Punkt von V⇔ dim TPV = n.

Bemerkung 14.4 Vreg = {P ∈ V | P regular in V } ist offen und dicht in V = V (f)

Beweis: V \Vreg = V (f, ∂f∂x1

, . . . , ∂f∂xn

) abgeschlossen. Zz. Vreg 6= ∅ (denn damit als offene Menge

dicht, s. Serie 2, Aufgabe 7). Sonst ware V = V (f, ∂f∂x1

, . . . , ∂f∂xn

)4.7⇒ ∂f

∂xj∈ I(V ) =< f >. Aus

Gradgrunden ⇒ ∂f∂xj

= 0 ∀i⇒ f konstant. Widerspruch! 2

Bemerkung 14.5 Sei f ∈ k[x1, . . . , xn],P = a ∈ An. Taylorreihe von f in P, d.h. f(x) als Poly-nom schreiben in x−a : f(x) = g(x− a)

︸ ︷︷ ︸

Taylorentwicklung

= g(0)+ b1(x1−a1)+ . . .+ bn(xn−an)+ hohere Terme,

g(0) = f(P ). Sei jetzt P ∈ V (f) =: X ⇒ g(0) = 0. Lineare Terme in der Taylorentwicklung bezeich-nen wir mit L(f, P )(x1, . . . , xn) := b1(x1−a1)+. . .+bn(xn−an). Bestimme L(f, P ) explizit: f(x) =f(x−a+a) =

jbj( x−a+a)j =

jbja

j+j1aj1−11 aj22 · · · ajnn (x1−a1)+. . .+jnaj11 · · · ajn−1

n−1 (xn−an)+

hohere Terme. Wegen∑

jbja

j = f(P ) = 0 folgt

L(f, P ) =n∑

k=1

∂f

∂xk(P )(xk − ak)

Page 32: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

31

Definition 14.6 Sei V affine Varietat in An; I(V ) := {f ∈ k[x] | f(V ) = {0}}.

TPV :=⋂

f∈I(V )

V (L(f, P )) heisst Tangentialraum in P .

Zum Beispiel x2 + y2 − 1 = 0, z = 0. I(V ) =< x2 + y2 − 1︸ ︷︷ ︸

f1

, z︸︷︷︸

f2

>. x-y-Ebene ∩ Tangentialebene

an Zylinder = Tangente an Kreis.

Bemerkung: Tangentialraum ist affiner Unterraum von An.Im Fall eines irreduziblen Polynoms f ∈ k[x1, . . . , xn] und mit V := V (f) stimmt die neue Definitiondes Tangentialraums mit 14.1 uberein. Wir zeigen dazu allgemeiner fur eine beliebige affine VarietatV mit I(V ) = 〈g1, . . . , gm〉, dass

TPV =

m⋂

j=1

V (L(gj , P ))

gilt.

Dazu ist fur f ∈ I(V ) zu zeigen, dass V (L(f, P )) ⊃m⋂

j=1V (L(gj , P )). Wegen f ∈ I(V ) ⇒ f =

m∑

j=1fjgj mit fj ∈ k[x]. Mit der Leibnizregel und wegen gj(P ) = 0 folgt L(f, P ) = f1(P )L(g1, P ) +

. . .+ fm(P )L(gm, P ) und damit die Behauptung.

Satz 14.7 Sei r ∈ N. Dann ist {P ∈ V | dim TPV ≥ r} abgeschlossen in V.

Beweis: I(V ) =< g1, . . . , gm >. Oben haben wir gesehen, dass gilt: TPV =m⋂

j=1V (L(gj , P )) =

V (L(g1, P ), . . . , L(gm, P )) ⇒ dim TPV = dim (m⋂

j=1V (L(gj , P ))) = n − Rg( ∂gi

∂xk(P )) ⇒ dim TPV ≥

r ⇔ Rg( ∂gi∂xk

(P )) ≤ n − r ⇔ alle (n − r + 1)× (n − r + 1) Minoren der Matrix sind 0 ⇒ {P ∈ V |dim TPV ≥ r} = V (alle (n− r + 1)× (n− r + 1)Minoren von ∂gi

∂xk(P )). 2

Satz 14.8 Sei V irreduzible affine Varietat in An. Dann existiert ein r ≤ n und eine offene dichteTeilmenge V0 von V, sodass dim TPV = r ∀P ∈ V0 und dim TPV > r ∀P ∈ V \V0.

Beweis: r := min{dim TPV | P ∈ V }, V0 := {P ∈ V | dim TPV = r}. Zu zeigen: V0 offen und

dicht. V \V0 =n⋃

r′=r+1

{P ∈ V | dimTPV = r′} = {P ∈ V | dimTPV ≥ r+1} ist abgeschlossen nach

14.7. Nach Konstruktion ist V nicht leer und damit dicht als offene Menge (Serie 2, Aufgabe 7).2

Definition 14.9 Die Zahl r aus 14.8 heißt die Dimension von V.

Bemerkung 14.10 Sei V = V (f) Hyperflache in An ⇒ dim V (f) = n − 1 (siehe Beginn von§14). Auch sonst stimmt die Definition mit der Intuition uberein nach dem Satz uber impliziteFunktionen.

Definition 14.11 Falls V eine beliebige affine Varietat ist mit den irr. Komponenten V1, . . . , Vs :dim V := max

j=1,...,sdim Vj .

Definition 14.12 P ∈ V heißt regular :⇔ P liegt auf genau einer irr. Komponente Vj unddimTPV = dimVj. (Bem.: In Satz 14.8 ist V0 = {P ∈ V | P regular inV }.) P ∈ V heißt singular:⇔ P nicht regular. Eine Varietat heisst regular (oder glatt ) falls alle Punkte regular sind.

Page 33: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

32

15 Derivationen

Im letzten Abschnitt wurde der Tangentialraum einer affinen Varietat mit Hilfe ihrer Einbettungin den affinen Raum definiert. Jetzt machen wir das wie in der Differentialgeometrie ublich mitHilfe von Derivationen, die zu einer von der Einbettung unabhangigen Definition fuhren. k sei alg.abg. Korper.

Definition 15.1 Vorausetzung: A komm. k-Algebra mit 1. M A-Modul. δ : A → M heißt k-

Derivation ⇔ δ k-linear und δ(ab) = aδ(b) + bδ(a) (Leibnizregel)Zum Beispiel: A = C∞(R), δf = f ′

Lemma 15.2 Beachte, dass k ⊂ A durch λ 7→ λ ·1 (denn A ist eine k-Algebra und der Kern k → Amuss ein Ideal sein ⇒ ker = {0}) ; M wird k-VR.Behauptung: δ(k) = {0}

Beweis: δ(1) = δ(1 · 1) = 1 · δ(1) + 1 · δ(1) = 2δ(1) ⇒ δ(1) = 0δ k−linear

=⇒ δ(λ) = δ(λ · 1) = λδ(1) = 0

Satz 15.3 V affine Varietat in An, P = a ∈ V , V irreduzibel. TPV = V ({L(f, P ) | f ∈ I(V )}),OV,P lokaler Ring von V in P .Behauptung:

ϕ : TPV∼→ Derk(OV,P , k) (Derk(A,M) = {∂ : A→M | ∂ k −Derivation})

b 7→n∑

i=1

(bi − ai)∂

∂xi|P

Erlauterung: Hier A = OV,P , M = k ist ein A-Modul durch f︸︷︷︸

∈A=OV,P

· λ︸︷︷︸

∈ k=M

= f(P ) · λ ∈ k =M

∂∂xi

ist die partielle Ableitung. ∂∂xi

(∑

jaj · xj11 · · · xjnn ) =

jji · ajxj11 · · · x

ji−1

i−1 · xji−1i · xji+1

i+1 · · · xjnn

ist Derivation k[x] → k[x]. Induziert Derivation ∂∂xi|P : k[x] → k ”P einsetzen”. Im Allgemeinen

induziert dies keine Derivation k[x]/I(V ) = k[V ] → k. Denn es muss nicht ∂∂xi|P (f) = 0 gelten

∀f ∈ I(V ). Falls aber b ∈ TPV ⇒ L(f, P )︸ ︷︷ ︸

=n∑

i=1(bi−ai)

∂∂xi

f(P )

(b1, . . . , bn) = 0 ⇒n∑

i=1(bi − ai) ∂

∂xi|P : k[V ]→ k

wohldefiniert und eine k-Derivation.OV,P

7.13= k[V ]mP

(P∧= Maximalideal mP in k[V ]). f ∈ OV,P ⇒ f = g

h , g, h ∈ k[V ], h(P ) 6= 0.n∑

i=1(bi− ai) ∂

∂xi|P (f) =

n∑

i=1(bi− ai)( 1

h(P )∂∂xi|P (g)− 1

h2(P )g(P ) ∂

∂xi|P (h)) einzige sinnvolle Erweiterung

zu einer Derivation auf OV,P nach der Leibnizregel. Man rechnet einfach nach, dass es wirklich eineDerivation ist.

Beweis von Satz 15.3: Beachte ϕ ist affin, weil c 7→n∑

i=1ci

∂∂xi|P linear. Umkehrabbildung:

ψ : Der(OV,P , k)→ TPV , ∂ 7→ b, wobei bj = ∂(xj) + aj .

1) Zeige zuerst, dass ψ(∂) ∈ TPV .Sei f ∈ I(V ). Zu zeigen fur 1) ist, dass L(f, P )(ψ(∂)) = 0.

L(f, P )(ψ(∂)) = L(f, P )(∂(x1) + a1, . . . , ∂(xn) + an)

=

n∑

j=1

∂f

∂xj(P )(xj − aj)|∂(xj )+aj

=n∑

j=1

∂f

∂xj(P )∂xj = ∂f = 0

Page 34: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

33

2)

(ϕ ◦ ψ)(∂) = ϕ(∂(x1) + a1, . . . , ∂(xn) + an) =

n∑

i=1

∂xi∂

∂xi|P = ∂

Die letzte Gleichung ist klar fur alle xj und folgt aus Leibniz fur alle regularen Funktionen.

3)

(ψ ◦ ϕ)(b) = ψ(n∑

i=1

(bi − ai)∂

∂xi|P ) = (. . . , ∂(xj) + aj

︸ ︷︷ ︸, . . .) = b

n∑

i=1

(bi − ai)∂

∂xi|P (xj)

︸ ︷︷ ︸

=δij

+aj = bj − aj + aj = bj

2

Bemerkung 15.4 Im lokalen Ring OV,P stecken alle lokalen Informationen von V in P, d.h. fallsU eine affine Menge in V, U ∋ P ⇒ OU,P = OV,P (OV,P = {f ∈ k(V ) | f regular in P} = OU,P )⇒ OV,P ist unabhangig von der Einbettung von V in An und auch Der (OV,P , k)!Deshalb kann man den Tangentialraum von V in P durch TPV = Der (OV,P , k) definieren. NachSatz 15.3 ist die neue Definition naturlich isomorph zur alten.Somit konnen wir Tangentialraume fur alle quasiprojektiven Varietaten definieren.

Satz 15.5 Sei mV,P das Maximalideal in OV,P von P.Behauptung: TPV

∼→ (mV,P/m2V,P )

∗ (Dualraum), δ 7→ δ|mV,P

Beweis: Zuerst δ|mV,Pwohldefiniert in (mV,P/m

2V,P )

Zu zeigen: δ(f) = 0 ∀f ∈ m2V,P .

Sei f ∈ m2V,P ⇒ f =

n∑

j=1gj hj , gj , hj ∈ mV,P . δ(f)

Leibniz=

n∑

j=1gj(P )δhj + hj(P )δgj = 0

Zu zeigen: IsomorphismusUmkehrabbildung: (mV,P /m

2V,P )

∗ → TPV, l 7→ δ wobei δ definiert ist durch δ(f)︸︷︷︸

∈OV,P

= l(f − f(P ))

Zu zeigen: δ ist eine Derivation (. . .)√

Zu zeigen: wirklich Umkehrung (. . .)√

2

Definition 15.6 Sei f : V︸︷︷︸

∈P→ W

︸︷︷︸

∈QMorphismus irreduzibler Varietaten mit P ∈ V , Q = f(P ).

Differential : df : TPV︸︷︷︸

=Der(OV,P ,k)

−→ TQW︸ ︷︷ ︸

Der(OW,Q,k)

, δ 7→ δ ◦ f∗

wobei f∗ : OW,Q → OV,P , g 7→ g ◦ f naturlicher Ringhom.

Lemma 15.7 Voraussetzung: Vf→W

g→ XBehauptung: d(g ◦ f) = dg ◦ df . (Genauer zwischen den Tangentialraumen in P ∈ V , Q = f(P ),R = g(Q))

Beweis: d(g ◦ f)(δ) = δ ◦ (g ◦ f)∗ = δ ◦ f∗ ◦ g∗ = dg(δ ◦ f∗) = dg(df(δ)) = dg ◦ df(δ) 2

Korollar 15.8 Falls f ein Isomorphismus ⇒ df : TPV∼→ TQW ist ein linearer Isomorphismus.

Page 35: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

34

Definition 15.9 Sei V eine irreduzible quasiprojektive Varietat.

dim V := minP∈V

dim TPV

V allgemein, mit irred. Komponenten Vi: dim V = maxidim Vi.

Satz 15.10 Voraussetzung: Vϕ99KW birationale Abbildung quasiprojektiver Varietaten.

Behauptung: dim V = dimW

Beweis: ϕ ist ein Isomorphismus auf offenen dichten TM15.8⇒ isomorphe Tangentialraume auf den

offenen dichten Teilmengen. Weil jeder Punkt eine offene affine Umgebung hat (13.9), muss dasMinimum der Tangentialraumdimensionen nach Satz 14.8 auf einer offenen Menge angenommenwerden. Die schneidet obige offene dichte Teilmengen und damit sind die Minima fur V und Wgleich. ⇒dim V = dimW 2

16 Singulare ebene kubische Kurven

Nach dem allgemeinen theoretischen Teil der Vorlesung kommen jetzt zwei konkrete Abschnitte uberebene Kubiken. Im singularen Fall konnen wir sie bis auf Isomorphie durch 8 Beispiele klassifizieren.Voraussetzung: k alg. abg. und char k 6= 2, 3.

Definition 16.1 Eine ebene Kubik ist die proj. Varietat V (f) ⊂ P2 mit f ∈ k[x0, x1, x2] homogenvom Grad 3. Fur C := V (f) ist dim C = dimP2 − 1 = 1, d.h. C ist eine Kurve.

Proposition 16.2 Sei f(x0, x1, x2) = l1(x) l2(x) l3(x), li homogen vom Grad 1. Dann ist Cisomorph zu einer der folgenden Varietaten:

��������\

\\\\\\\

V (x0x1x2)

3 Geraden mit3 Schnittpkt.

����

@@@@

@@

@@

��

��

V (x0x1(x0 + x1))

3 Geraden durch(0:0:1)

����

@@@@

@@

@@

��

��

V (x0x1)

��������

V (x0)

Beweis: C = V (f) = V (l1 l2 l3) = V (l1) ∪ V (l2) ∪ V (l3).

• Falls V (l1) = V (l2) = V (l3) ; 4.Fall durch Koordinatentransf.: x′0 = l1(x), x′1, x

′2 linear

unabhangig, beliebig.

• Falls V (l1) = V (l2) 6= V (l3): l1 = λ l2, λ ∈ k. Koordinatentransf.: x′0 = l1(x), x′1 = l3(x), x

′2

linear unabhangig, beliebig ; Fall 3.

• Falls V (l1), V (l2), V (l3) verschieden, dann ist entweder < l1, l2, l3 > 2-dim. oder 3-dim.2-dim: OBdA l3 = λ1l1 + λ2l2 mit λ1 6= 0 6= λ2 ; Fall 2 mit x′0 = λ1l1, x

′1 = λ2l2, x

′2 linear

unabhangig, beliebig.3-dim: x′0 = l1, x

′1 = l2, x

′2 = l3 ; Fall 1.

Wir zeigen noch, dass die 4 Falle nicht paarweise isomorph sind.

Page 36: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

35

1.Fall 2.Fall 3.Fall 4.Fall

# irred. Komponenten 3 3 2 1

# Singularitaten 3 1 1 0

Weil das Isomorphie-Invarianten sind, folgt die Beh. 2

Proposition 16.3 Sei f(x0, x1, x2) = q(x)l(x), q irred., homogen vom Grad 2, l homogen vomGrad 1. Dann ist C = V (f) isomorph zu genau einer der folgenden Kubiken. Der Isomorphismuskann durch eine Koordinatentransformation gegeben werden.

���������

V ((x0x2 − x21)x1) oder zu V ((x0x2 − x21)x0)

Beweis: C = V (f) = V (q) ∪ V (l)

1) Die ebene Quadrik V (q) ist isomorph zur Parabel V (x0x2 − x21)Bew.: Mit Hauptachsentransformation, q irreduzibel und k algebraisch abgeschlossen folgt:

0 = q(x0, x1, x2) = (x′0)2 + (x′1)

2 + (x′2)2 = (x′0 +

√−1 x′1

︸ ︷︷ ︸

=x0

)(x′0 −√−1 x′1

︸ ︷︷ ︸

=x2

)− (√−1 x′2

︸ ︷︷ ︸

=x1

)2

2) Entweder |V (l) ∩ V (q)| = 2 oder 1.Bew.: Nach Koordinatentransformation OBdA: l = x0.V (l) ∩ V (q) = {(x0 : x1 : x2) ∈ P2 | x0 = 0, q(0, x1, x2)

︸ ︷︷ ︸

=:p (x1,x2) vom Grad 2

= 0}, p 6≡ 0 weil q irreduzibel,

p(x1, x2) = ax22 + bx1x2 + cx21. Fur a 6= 0 ist p(x1, x2) = x21(a(x2x1)2 + bx2

x1+ c) = x21a(

x2x1−

α)(x2x1− β) und damit q(0, x1, x2) = l1(x1, x2) · l2(x1, x2), li homogen vom Grad 1. Fur c 6= 0

analog und fur a = c = 0 ist q(0, x1, x2) = (bx1) · x2 ⇒ q(0, x1, x2) = 0 hat entweder zweiLosungen (0 : x1 : x2) (falls V (l1) 6= V (l2)) oder eine Losung (falls V (l1) = V (l2)).

3) Falls V (l)∩V (q) = {P1, P2} mit P1 6= P2 ⇒ V (l) 6= TPjV (q) fur j = 1, 2 (d.h. Gerade beruhrt

nicht die Quadrik).Bew.: Sei OBdA: l = x0. Sei Pj = (0 : a1 : a2). Zwei verschiedene Losungen von q(0, x1, x2) = 0heißt ( ∂

∂x1q(Pj),

∂∂x2

q(Pj)) 6= (0, 0). Wegen TPjV (q) = V ( ∂

∂x0q(Pj)x0 +

∂∂x1

q(Pj)(x1 − a1) +∂

∂x2q(Pj)(x2 − a2)) und V (l) = V (x0)⇒ nicht dieselben linearen Raume.

4) Falls V (l) ∩ V (q) = {P} ⇒ V (l) = TPV (q).Bew.: Nur eine Losung von q(0, x1, x2) = 0⇒ ( ∂

∂x1q(P ), ∂

∂x2q(P )) = (0, 0) ⇒ V (l) = TPV (q).

5) Betrachte ϕ : P1 → P2, (t0 : t1) 7→ (t20 : t0t1 : t21).

Nach 1) OBdA: q(x0, x1, x2) = x0x2 − x21. Dann ist ϕ ein Morphismus und es gilt ϕ(P1) =

V (q). Koordinatentransf.: (t0, t1) 7→(a bc d

)(t0t1

)

.

ϕ(

(a bc d

)(t0t1

)

) =

a2 2ab b2

ac ad+ bc bdc2 2cd d2

︸ ︷︷ ︸

=M

t20t0t1t21

Page 37: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

36

Koordinatentransformation: P2 → P2, x 7→ M · x lasst die Quadrik V (q) invariant. Nach 2)

∃ Matrix

(a bc d

)

, sodass ϕ−1(V (l) ∩ V (q)) ⊂ {(0 : 1), (1 : 0)}. Nach Koordinatentransf. mit

zugehorigem M ⇒ Schnittpunkte V (l) ∩ V (q) ⊂ {(0 : 0 : 1), (1 : 0 : 0)}.1.Fall: 2 Schnittpunkte ⇒ V (l) = V (x1)⇒ C = V ((x0x2 − x21)x1)2.Fall: 1 Schnittpunkt

4)⇒ V (l) = T(0:0:1)V (q) = V (x0)⇒ C = V ((x0x2 − x21)x0).Eindeutigkeit, weil 2 bzw. 1 Singularitat. Dabei benutzt man, dass die Singularitaten gleichden Schnittpunkten von V (l) und V (q) sein mussen, denn aufgrund der Irreduzibilitat von qrechnet man leicht nach, dass V (q) keine Singularitaten haben kann. 2

Bemerkung 16.4 Wir haben in 2) gesehen, dass jedes homogene Polynom vom Grad 2 in 2 Varia-blen als Produkt von 2 Linearformen geschrieben werden kann. Analog folgt, dass jedes homogenePolynom f(x0, x1) vom Grad d Produkt von d Linearformen ist.

Proposition 16.5 Voraussetzung: f irreduzibel, C = V (f) singulare ebene Kubik in P2.Behauptung: C hat genau eine Singularitat und ist entweder isomorph zu V (x21x0−x32−x0x22) oderzu V (x0x

21 − x32). Wieder ist der Isomorphismus durch eine Koordinatentransformation gegeben.

Affine Bilder (x0 = 1 setzen):

(0, 0)

gew. Doppelpunkt (0, 0)

V (x21 − x32 − x22) V (x21 − x32)

Spitze

Beweis: Nach einer Koordinatentransformation durfen wir annehmen, dass (1 : 0 : 0) eine Singu-laritat ist.f(x0, x1, x2) = a0x

30 + a1(x1, x2)x

20 + a2(x1, x2)x0 + a3(x1, x2) mit ai homogen vom Grad i. (1 : 0 :

0) ∈ C ⇒ f(1, 0, 0) = 0. 0 = a0 + a1(0, 0)︸ ︷︷ ︸

=0

+ a2(0, 0)︸ ︷︷ ︸

=0

+ a3(0, 0)︸ ︷︷ ︸

=0

⇒ a0 = 0. Weil (1 : 0 : 0) eine Singu-

laritat ist ⇒ 0 = ∂∂x1

f(1, 0, 0) = ∂∂x1

a1(0, 0) +∂

∂x1a2(0, 0) +

∂∂x1

a3(0, 0) ⇒ ∂∂x1

a1(0, 0) = 0. Analog∂

∂x2a1(0, 0) = 0 ⇒ a1(x1, x2) ≡ 0. ⇒ f(x0, x1, x2) = a2(x1, x2)x0 + bx31 + cx21x2 ++dx1x

22 + ex32

︸ ︷︷ ︸

a3(x1,x2)

.

Es gilt a2(x1, x2) 6≡ 0 (denn falls a2 ≡ 0 ⇒ f(x0, x1, x2) = bx31 + cx21x2 + dx1x22 + ex32 = Produkt

von 3 Linearformen (siehe 16.4) nicht irreduzibel (Wid.))16.4⇒ a2(x1, x2) = l1(x1, x2) · l2(x1, x2), li

homogen vom Grad 1.1.Fall: l1, l2 linear unabhangig. Koordinatentransf.: ; OBdA l1 = x1, l2 = x2 (x0 lassen wir un-verandert) ⇒ f(x0, x1, x2) = x0x1x2 + b′x31 + c′x21x2 + d′x1x22 + e′x32. Weil f irreduzibel ist ⇒ b′ 6=0, e′ 6= 0. Koordinatentransformation: x0 = 3

√b′e′x′0, x1 =

x′

13√b′, x2 =

x′

23√e′⇒ OBdA b′ = e′ = 1.

Neue Koordinatentransformation: x0 = x′0 − c′x′1 − d′x′2, x1 = x′1, x2 = x′2 ⇒ f(x′0, x′1, x

′2) =

x′0x′1x

′2 + x′31 + x′32 . Schreibweise: f(x0, x1, x2) = x0x1x2 + x31 + x32. Koordinatentransformation:

x0 = x′0, x1 = x′1 + x′2, x2 = x′2 − x′1 ⇒ f(x′0, x′1, x

′2) = x′0(x

′22 − x′21 ) + (x′1 + x′2)

3 + (x′2 − x′1)3︸ ︷︷ ︸

2x′32 +6x′

2x′21

f(x0, x1, x2) = x0(x22 − x21) + 2x32 + 6x21x2. Koordinatentransformation: x0 = x′0 + 6x′2, x1 = x′1,

x2 = x′2 ⇒ f(x′0, x′1, x

′2) = x′0(x

′22 − x′21 ) + 6(x′2)

3 + 2x′32 ⇒ f(x0, x1, x2) = x0(x22 − x21) + 8x32.

Ersetze f(x0, x1, x2) durch 18x0(x

22 − x21) + x32 und mache Koordinatentransformation x′0 = 1

8x0⇒ f(x0, x1, x2) = x0x

22 − x0x21 + x32

Page 38: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

37

2.Fall: l1, l2 linear abhangig. OBdA: l1 = l2 (f durch Faktor dividieren). Koordinatentransfor-mation: OBdA l1 = l2 = x1. f(x0, x1, x2) = x0x

21 + b′x31 + c′x21x2 + d′x1x22 + e′x32. f irreduzibel

⇒ e′ 6= 0. OBdA e′ = 1. Koordinatentransf.: x2 = x′2 − d′

3 x′1, x1 = x′1, x0 = x′0. ⇒ f(x′0, x

′1, x

′2) =

x′0x′21 + b′′x31+ c

′′x′21 x′2+x

′32 ⇒ f(x0, x1, x2) = x0x

21+ b

′′x31+ c′′x21x2+x

32. Mit x0 = x′0− b′′x′1− c′′x′2,

x1 = x′1, x2 = x′2 ⇒ f(x′0, x′1, x

′2) = x′0x

′21 + x′32 . OBdA: f(x0, x1, x2) = −x0

︸︷︷︸

x′

0

x21 − x32 ⇒ 2.Fall

⇒ Existenz.Zu zeigen: in beiden Fallen existiert nur eine Singularitat. Erster Fall:

0 =∂

∂x0f = x21 − x22

0 =∂

∂x1f = 2x0x1

0 =∂

∂x2f = −3x22 − 2x0x2

1.Unterfall: x0 = 0⇒ x2 = 0⇒ x1 = 0. Widerspruch!

2.Unterfall: x1 = 0⇒ x2 = 0⇒ Singularitat = (1 : 0 : 0) .

2.Fall:

0 =∂

∂x0f = x21

0 =∂

∂x1f = 2x0x1

0 =∂

∂x2f = −3x22

⇒ x1 = x2 = 0⇒ Singularitat = (1 : 0 : 0) ⇒ ∃! Singularitat in beiden Fallen.

Noch zu zeigen: die beiden Falle sind nicht isomorph. Wir skizzieren den Beweis (siehe auch Serie10, Aufgabe 1).Wenn wir x0 = 1 setzen, dann erhalten wir die beiden affinen Modelle V = V (x2 − y2 − y3) undW = V (x2− y3). Beide haben die Singularitat in P = (0, 0). Alle lokalen Informationen stecken imlokalen Ring, deshalb ist die Strategie zu zeigen, dass OV,P nicht isomorph sein kann zu OW,P . Dadie lokalen Ringe aber zu gross sind fur vernunftiges Rechnen, zeigt man besser, dass OV,P /m

iV,P

nicht isomorph ist zu OW,P/miW,P ist fur ein geeignetes i. Das genugt naturlich auch. Der Vorteil

ist, dass die Quotienten k = OV,P /mV,P Algebren sind. Es zeigt sich, dass i = 3 genugt. Man zeigtleicht, dass

k[V ]/(mV,P ∩ k[V ])3 ∼= OV,P /m3V,P

und mit k[V ]/I(V ) erhalt man die Beschreibung

k[x, y]/(I(V ) + 〈x, y〉3) ∼= OV,P /m3V,P .

Somit bilden die Restklassen von 1, x, y, xy, y2 eine Basis von OV,P/m3V,P als k-Vektorraum. Analog

bilden deren Restklassen eine Basis von OW,P/m3W,P . Aber als Algebren sind die beiden nicht

isomorph, denn in OV,P /m3V,P gibt es die linear unabhangigen Nullteiler x+ y, x− y. Andererseits

sind alle Nullteiler in OW,P/m3W,P Vielfache von x. �

17 Glatte ebene Kubiken

Auch im glatten Fall konnen wir alle ebenen Kubiken auf eine gewisse Art klassifizieren, es gibtaber jetzt unendlich viele nicht isomorphe.Voraussetzung: k algebraisch abgeschlossener Korper, char k 6= 2, 3.

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38

Bemerkung 17.1 Vor.: f(x0, x1, x2) homogen vom Grad 3 und C = V (f) ebene Kubik. Sei L =V (l) Gerade in P2 d.h. l(x0, x1, x2) homogen vom Grad 1. U = {α ∈ k3 | l(α0, α1, α2) = 0} = kerlUnterraum der Dimension 2. ∃ Basis b1, b2 von U. p : k3\{0} → P2, α 7→ [α]. L = {p(λ1b1 + λ2b2) |(λ1, λ2) ∈ k2\{0}}. Parametrisierung von L: ϕ : P1 → L, (λ1 : λ2) 7→ p(λ1b1 + λ2b2).(Zur Erinnerung: Zwei verschiedene Geraden inP2 schneiden sich genau in einem Punkt (10.11,10.12).Wie oft schneiden sich wohl eine Gerade und eine Kubik?)Dann ist f ◦ ϕ homogen vom Grad 3 auf P1, d.h. f ◦ ϕ = a0y

30 + a1y

20y1 + a2y0y

21 + a3y

31 . Wir

hatten in Bemerkung 16.4 gesehen, dass jedes homogene Polynom in 2 Variablen in Linearfaktorenzerfallt, weil k algebraisch abgeschlossen ist.(falls a3 6= 0, dann (y0 = 1, y1 = y) f ◦ ϕ(1, y) = a3(y − α1)(y − α2)(y − α3) ⇒ f ◦ ϕ(y0, y1) =a3(y1 −α1y0)(y1−α2y0)(y1 −α3y0). Falls a3 = 0, mache Koordinatentransformation, sodass neuesa3 6= 0)f ◦ϕ(y0, y1) = l1(y0, y1)l2(y0, y1)l3(y0, y1). V (lj) = {Qj} 1-punktige Menge in P1. Pj := ϕ(Qj) sinddie Schnittpunkte von L und C, weil ϕ L parametrisiert und f ◦ ϕ die Einschrankung von f auf List.

Definition 17.2 Sei P ein Schnittpunkt. Dann heißt |{j | Pj = P}| die Schnittmultiplizitat.Notation: IP (C,L) = Schnittmultiplizitat in P.

IP (C,L) = 1

C

P

L

IP (C,L) = 2

P

IP (C,L)=3

P

Falls P 6∈ C ∩ L, dann sei IP (C,L) = 0.Feststellung: Falls man die Schnittpunkte mit ihren Schnittmultiplizitaten zahlt, dann gibt es genau

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39

3 Schnittpunkte von C und L! Insbesondere C ∩ L 6= ∅. Das stimmt nur projektiv!

Proposition 17.3 Die Schnittmultiplizitat ist invariant unter Koordinatentransformation auf P2

und hangt nicht von der Wahl der Parametrisierung ab.

Beweis: Sei A : P2 → P2 Koordinatentransformation gegeben durch eine invertierbare 3×3 MatrixA. 0 = f(x) = f(A−1x′), 0 = l(x) = l(A−1x′). Neue Parametrisierung von l(x) = 0. ϕ′(y) = Aϕ(y).f ◦ ϕ = l1 l2 l3. f(A

−1x′) =: f ′(x′). f ′ ◦ ϕ′(y) = f(A−1Aϕ(y)) = f ◦ ϕ(y) = l1 l2 l3(y) ⇒ invariantunter A. 1.Beh. bewiesen. Sei jetzt ϕ′ : P1 → P2 eine andere Parametrisierung von L gegebendurch Basis b′1, b

′2. ∃ invertierbare 2 × 2 Matrix B mit ϕ′(y) = ϕ(By) ⇒ f ◦ ϕ′(y) = f(ϕ(By)) =

l1(By) l2(By) l3(By)⇒ Q′j = B−1Qj neue Nullstelle ⇒ ϕ′Q′

j = ϕ(BQ′j) = ϕ(BB−1Qj) = ϕ(Qj) =

Pj also die alten Schnittpunkte! 2

Proposition 17.4 IP (C,L) ≥ 2 ⇔ L ⊂ TPC

Beweis: Nach Prop 17.3 konnen wir beliebige Koordinatenwechsel machen und bringen P nachA2, OBdA P = (0, 0) ∈ A2. Statt mit f konnen wir jetzt mit faff (x, y) := f(1, x, y) rechnen(x0 = 1, x1 = x, x2 = y ; rechnen in A2 statt P2). TPC = {(x, y) ∈ A2 | ∂

∂xfaff (0, 0) · x +∂∂yfaff (0, 0) · y = 0}. ∃ Vektor v 6= 0, sodass L parametrisiert ist durch k → P2, t 7→ t · v.IP (C,L) ≥ 2 ⇔ f ◦ ϕ hat mehrfache Nullstelle in t = 0 ⇔ faff (tv) hat mehrfache NS in t =

0⇔ ∂

∂tfaff (tv)

︸ ︷︷ ︸∂∂x

faff (tv)v1+∂∂y

faff (tv)v2 (Kettenregel)

hat NS in t = 0⇔ ∂∂xfaff (0)v1 +

∂∂yfaff (0)v2 = 0⇔ v ∈

TPC. 2

Definition 17.5 P ∈ C heißt Wendepunkt :⇔ P regularer Punkt und fur L = TPC ⇒ IP (C,L) ≥3. L heißt dann Wendetangente.

(Unsere heutigen Uberlegungen funktionieren furC = V (f) ebene Kurve vom Grad d, d.h. f(x0, x1, x2)homogen vom Grad d. Dann schneidet C eine Gerade L in genau d Punkten mit Multiplizitatgezahlt. Dann ist 17.4 erfullt und mit 17.5 lasst sich ein Wendepunkt definieren. Bei Kubiken giltimmer IP (C,L) ≤ 3.)

Lemma 17.6 Zwei ebene Kubiken in P2 schneiden sich.

Beweis: spater mit dem Satz von Bezout, falls eine Kurve glatt ist (wir brauchen nur das!) 2

Definition 17.7 Sei jetzt C = V (f) eine glatte ebene Kubik.

Hessesche: Hf := det

(∂2f

∂xi∂xj

)

i,j=0,1,2

ist ein homogenes Polynom vom Grad 3. H = V (Hf ) Hessesche Kurve von C.

Satz 17.8 H ∩ C ist die Menge der Wendepunkte.

Beweis: Koordinatenwechsel mit invertierbarer 3× 3 Matrix A, x′ = Ax. Hf(Ax) = det(A)2 ·Hf(x)

(Bew. mit Kettenregel und lin. Algebra). Also ist die Aussage invariant unter Koordinatenwechsel.; OBdA prufen wir die Aussage in P = (1 : 0 : 0) und OBdA TPC = V (x1). Rechne also mit

affinen Koordinaten P∧= (0, 0) und TPC = {x = 0} = V (x). faff (x, y) = a0 + a1x + a2y +

a3x2 + a4xy + a5y

2 + g(x, y)︸ ︷︷ ︸

homogen vom Grad 3

. P ∈ C ⇒ faff (0, 0) = 0 ⇒ a0 = 0. TPC = V (x) ⇒ a2 = 0 und

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40

a1 6= 0. faff (x, y) = a1x+a3x2+a4xy+a5y

2+g(x, y), zuruck in homogenen Koordinaten x0, x1, x2:f(x0, x1, x2) = a1x

20x1 + a3x0x

21 + a4x0x1x2 + a5x0x

22 + g(x1, x2).

Hf = det

∂2f∂2x0

∂2f∂x0∂x1

∂2f∂x0∂x2

∂2f∂x1∂x0

∂2f∂2x1

∂2f∂x1∂x2

∂2f∂x2∂x0

∂2f∂x2∂x1

∂2f∂2x2

(1, 0, 0) = det

0 2a1 02a1 2a3 a40 a4 2a5

= −8a21a5

weil char k 6= 2 gilt Hf (1, 0, 0) = 0 ⇔ a5 = 0. IP (C, TPC) ≥ 3 ⇔ faff (0, y)︸ ︷︷ ︸

=a5y2+g(0,y)

hat 3-fache NS in

0⇔ a5 = 0⇔ Hf (1, 0, 0) = 0⇔ P ∈ H. 2

Bemerkung 17.9 Aus Lemma 17.6 und Satz 17.8 folgt: Jede glatte ebene Kubik hat einen Wen-depunkt. Der Satz 17.8 und sein Beweis verallgemeinern sich leicht fur beliebige ebene Kur-ven (in P2). Wir schliessen analog, dass jede glatte ebene Kurve einen Wendepunkt hat, fallsggT (char k, d− 1) = 1 (siehe [Hu], S.103/104).

Satz 17.10 Nach einem Koordinatenwechsel lasst sich jede glatte ebene Kubik auf die Weierstrass-Normalform x0x

22 = 4x31 − g2x20x1 − g3x30 bringen fur geeignete g2, g3 ∈ k.

Beweis: Nach 17.9 hat C = V (f) einen Wendepunkt und wir konnen eine Koordinatentransfor-mation machen, sodass P = (0 : 0 : 1) und die Wendetangente x0 = 0 ist. Wie im Beweis von Satz17.8 gilt fur f(x0, x1, 1) = a0 + a1x0 + a2x1 + a3x

20 + a4x0x1 + a5x

21 + g(x0, x1): P ∈ C ⇒ a0 = 0.

TPC = V (x0) ⇒ a1 6= 0 & a2 = 0. P Wendepunkt mit Wendetangente V (x0) ⇒ a5 = 0.f(x0, x1, x2) = a1x0x

22 + a3x

20x2 + a4x0x1x2 + a6x

30 + a7x

20x1 + a8x0x

21 + a9x

31. Es gilt a9 6= 0

sonst ware x0 ein Teiler von f und damit ware f nicht irreduzibel und damit V (f) nicht eineglatte Kubik (siehe §16). Dividiere durch −a9 und erhalte ein neues f mit a9 = −1. Weil a1 6= 0Koordinatentransformation x′0 = a1x0, x

′1 = x1, x

′2 = x2. Wir erhalten folgendes neue f in den

neuen Koordinaten: f(x0, x1, x2) = x0x22 + (b1x

20 + b2x0x1)x2 − x31 + b3x0x

21 + b4x

20x1 + b5x

30. Wir

bringen den linearen x2-Term weg durch quadratisches Erganzen x2 = x′2− 12(b1x

′0+b2x

′1), x0 = x′0,

x1 = x′1neues=⇒ f(x0, x1, x2) = x0x

22 − x31 + c1x0x

21 + c2x

20x1 + c3x

30. x0 = x′0, x2 = x′2, x1 = x′1 +

c13 x

′0

neues=⇒ f(x0, x1, x2) = x0x

22 − x31 + d1x

20x1 + d2x

30. Mit x1 =

3√4x′1 ⇒ Beh.

Bemerkung 17.11 Falls eine ebene Kubik C (glatt oder nicht) durch eine Weierstrass-Normalform

wie in Satz 17.10 gegeben ist, dann ist C∩A2 durch die affineWeierstrass-Normalform y2 = 4x3 − g2x− g3gegeben und C\A2 = {(0 : 0 : 1)}.Lemma 17.12 Dann ist (0 : 0 : 1) ein Wendepunkt und x0 = 0 die Wendetangente.

Beweis: → Serie 10, Aufgabe 4. 2

Satz 17.13 Voraussetzung: Wie in 17.11.Behauptung: C glatt ⇔ 4x3 − g2x− g3 hat 3 verschiedene NS ⇔ g32 − 27g23 6= 0.

Beweis: (0 : 0 : 1), der Punkt im Unendlichen ist ein Wendepunkt, also per Def. glatt. Also konnenwir uns auf C ∩A2 beschranken und affin rechnen. Sei (x, y) ∈ Caff .

∂∂xfaff = ∂

∂x (4x3 − g2x− g3)

︸ ︷︷ ︸

p(x)

,

∂∂yfaff = 2y.

(x, y) singular ⇔ 2y = 0 und∂

∂xp(x) = 0

⇔ y = 0 &∂

∂xp(x) = 0

⇔ y = 0 & p(x) = 0 &∂

∂xp(x) = 0

⇔ y = 0 & x ist mehrfache NS von p

Page 42: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

41

Die Diskriminante g32 − 27g23 fur das kubische Polynom p ist genau dann 0, wenn p eine mehrfacheNullstelle hat (siehe [Ja1], p.259). Damit folgt sofort die Behauptung. 2

Definition 17.14 △ := g32 − 27g23 heißt die Diskriminante der Weierstraß-NF.

Bemerkung 17.15 Die Weierstraß-NF einer ebenen (glatten) Kubik C ist nicht eindeutig. Wirstudieren alle Koordinatenwechsel auf P2, welche die Weierstraß-NF y2 = 4x3 − g2x− g3 wieder ineine Weierstraß-NF uberfuren. Wir verlangen weiter, dass der Wendepunkt (0 : 0 : 1) in den Wen-depunkt (0 : 0 : 1) ubergehen soll (aus Satz 17.8 kann man mit Hilfe des Satzes von Bezout ablesen,dass es 9 Wendepunkte gibt). Weil x0 = 0 (bzw. x′0 = 0) die Wendetangenten in unserem fixiertenWendepunkt (0 : 0 : 1) sind, mussen sie ineinander uberfuhrt werden (Gerade im Unendlichen) unddeshalb A2 → A2 (unter Koordinatentransf.). Also genugt es, affine Koordinatentransformation(x, y) 7→ (x′, y′) zu betrachten.

Lemma 17.16 Ein affiner Koordinatenwechsel (x, y) 7→ (x′, y′) fuhrt eine Weierstraß-NF y2 =4x3 − g2x − g3 genau dann wieder in eine Weierstraß-NF uber, wenn x = u2x′ und y = u3y′ furein u ∈ k\{0}.Beweis: Ein affiner Koordinatenwechsel hat allgemein die Form x = α1x

′ + α2y′ + α3, y = β1x

′ +

β2y′ + β3 mit det

(α1 α2

β1 β2

)

6= 0. Setze ein x3 = (α1x′ + α2y

′ + α3)3 = α3

2(y′)3 + . . .. Weil in der

Weierstraß-NF kein y3 auftauchen darf ⇒ α2 = 0. ⇒ 0 6= α1β2 − α2β1 = α1β2 ⇒ α1 6= 0 6= β2.y2 = (β1x

′ + β2y′ + β3)

2 = . . . + 2β1β2x′y′ + . . .. Weil kein xy-Term vorkommen darf ⇒ β1 = 0.

x3 = (α1x′ + α3)

3 = . . . + 3α21α3(x

′)2 + . . .. Weil kein quadratischer Term in x auftauchen darf⇒ α3 = 0. Weil kein y auftaucht ⇒ β3 = 0 wegen y2 = (β2y

′ + β3)2 = . . . + 2β2β3y

′ . . .. Mache

Koordinatenwechsel x = α1x′, y = β2y

′ ⇒ β22y′2 = 4α3

1x′3 − g2α1x

′ − g3 ⇒ (y′)2 = 4α31

β22(x′)3 −

g2α1

β22(x′) ⇒ α3

1

β22= 1. Setze u := β2

α1⇒ u2 =

β22

α21= α1, u

3 =β32

α31= β2 ⇒ Koordinatenwechsel hat

die Form x = u2x′, y = u3y′. Umgekehrt folgt sofort, dass so ein Koordinatenwechsel zu einerWeierstraß-NF fuhrt. 2

Definition 17.17 Die J-Invariante von y2 = 4x3 − g2x− g3 ist definiert als J :=g32△ =

g32g32−27g23

.

Satz 17.18 Seien C und C ′ glatte ebene Kubiken gegeben durch y2 = 4x3 − g2x − g3 bzw. y2 =4x3 − g′2x− g′3. Dann sind J = J ′ ⇔ ∃ affiner Koordinatenwechsel, der C in C ′ uberfuhrt.

Beweis:

”⇐”: x = u2x′, y = u3y′ nach 17.16 ⇒ u6y′2 = 4u6x′3 − u2g2x′ − g3 ⇒ y′2 = 4x′3 − u−4g2x′ − u−6g3

⇒ g′2 = u−4g2, g′3 = u−6g3 ⇒ J ′ = g′32

g′32 −27g′23=

u−12g32u−12g32−27u−12g23

= J .

”⇒”: Sei J = J ′, d.h.

1.Fall: J = 0⇔ g2 = 0. Weil △ 6= 0 nach 17.13 ⇒g3 6= 0 6= g′3. Sei u := 6

√g3g′3. Koordinatentransf.

x = u2x′, y = u3y′. Dann wird y2 = 4x3 − g2x− g3 zu u6y2 = 4u6x3 − g2u2x− g3,y2 = 4x3 − u−4 g2

︸︷︷︸

=0

x2 − u−6g3,g3u6 = g3

g3/g′3= g′3. Also ist die neue WNF gleich

y2 = 4x3 − g′3.2.Fall: J = 1⇔ g3 = 0. Analog g′3 = 0 und g2 6= 0 6= g′2. Wahle u := 4

√g2g′2. Weiter analog

wie 1.Fall.

3.Fall: J 6= 0, 1, d.h. g2, g3, g′2, g

′3 6= 0. J = J ′ ⇒ 1− 27

g23g32

= 1− 27g′3

2

g′23 ⇒ g23

g32=

(g′3)2

(g′2)3 . Setze

α := g2g′2, β := g3

g′3⇒ β2 = α3. Fur v := β

α ⇒ v2 = α,v3 = β. Wahle u :=√v.

⇒ g′2 =g2u4 , g

′3 =

g3u6 , denn

g2u4 = g2

v2= g2

α = g2(g2/g′2)

= g′2.

C wird in C ′ uberfuhrt mit der Koordinatentransformation x = u2x′, y = u3y′.

2

Page 43: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

42

18 Divisoren auf Kurven

Zum Abschluss der Vorlesung wird ein Einblick in die Theorie der Kurven gegeben. Wir beginnenmit Divisoren, die man lokal als mit Multiplizitat gewichtete Nullstellen von Polynomen sehen soll.

In diesem Abschnitt sei C glatte projektive irreduzible Kurve uber einem alg. abgeschlossenenKorper. Kurve heißt dim C = 1, d.h. der Tangentialraum in jedem Punkt ist 1-dimensional. Aqui-valent dazu ist, dass die abgeschlossenen Mengen von C endlich sind oder gleich {C}. (Fur P1 folgtdies aus Beispiel 3.2, denn abgeschlossen heißt NS-Menge eines Polynoms p(x)→ endlich.)Bew: Aus Satz A.12 folgt, dass jede irreduzible abgeschlossene Menge verschieden von C 0-dimensional ist. Das sind aber genau die Punkte. Wenn man eine beliebige abgeschlossene Mengein ihre irreduziblen Komponenten zerlegt, folgt die Behauptung.

Definition 18.1 Ein Element aus der freien abelschen Gruppe Div(C) =⊕

P∈CZ[P ] mit Basis

{[P ] | P ∈ C} heißt Divisor auf C.

(Sei A eine abelsche Gruppe. Dann heißt A frei, falls es eine Basis gibt von A als Z-Modul.Genauer: ∃{bj | j ∈ I}, sodass

i) {bj} Z-linear unabhangigii) {bj} Z-erzeugend in M. )

Wir fuhren die Divisoren ”zu Fuß” ein. Ein Divisor ist eine formale Linearkombination von Punkten,

d.h. D =r∑

j=1mj [Pj ]

︸︷︷︸

formales Symbol

, wobei mj ∈ Z, Pj verschiedene Punkte sind. Zwei Divisoren D und

D′ heißen gleich, falls

D︸︷︷︸

=r∑

j=1mj [Pj ]

= D′︸︷︷︸

=s∑

k=1nk[Qk]

⇔ r = s, (P1, . . . , Pr) = (Q1, . . . , Qs) (bis auf Reihenfolge)

und die Multiplizitaten mj und nk sollen auch gleich sein fur die entsprechenden Punkte.Beispiel: C = P1. [0] + 2[1] = 2[1] + [0] aber [0] + 2[1] 6= [1] + 2[0] und [0] + 2[1] 6= [2] + 2[1].Sei p(x) = x2 − 4, zugehoriger Nullstellen-Divisor: [2] + [−2]. Sei p(x) = x2 − 2x + 1, zugehorigerNullstellen-Divisor: 2[1].Divisoren kann man auch addieren:Fuhre die Schreibweise D =

P∈Cmp[P ] mit nur endlich vielen Multiplizitaten mP 6= 0 ein.

D = D′ ⇔ mP = m′P ∀P ∈ C. Seien D1 =

P∈Cm

(1)P [P ], D2 =

P∈Cm

(2)P [P ] Divisoren. D1 +

D2 =∑

P∈C(m

(1)P + m

(2)P )[P ]. Dann bildet Div(C) := {Divisoren auf C} eine abelsche Gruppe.

{[P ] | P ∈ C} bildet eine Basis von Div(C) als Z-Modul.

Bemerkung 18.2 Fur P ∈ C ⇒ OC,P lokaler Ring. Nach 7.16 ist OC,P noethersch.OC,P := {f ∈ k(C) | ∃g, h homogen vom selben Grad, f = g

h |C , h(P ) 6= 0}. Teilring in k(C) ⇒OC,P Integritatsbereich. Lokaler Ring heißt, dass es nur ein Maximalideal gibt.Hier: mP = {f ∈ OC,P | f(P ) = 0}OC,P \mP ist gleich der Menge aller Einheiten in OC,P (denn sei f ∈ OC,P ⇒ f = g

h |C wie oben

mit h(P ) 6= 0. Sei f ∈ OC,P \mP ⇒ f(P ) 6= 0⇒ g(P ) 6= 0⇒ f−1 = hg |C ∈ OC,P ).

Wir benotigen ein wenig kommutative Algebra:Sei A ein kommutativer lokaler Ring mit 1 und Maximalideal m (d.h. m ist einziges Maximalideal).Beh.: A\m ist die Menge der Einheiten.

Page 44: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

43

Bew.: Indirekt: Sei a ∈ A\m keine Einheit ⇒ Aa 6= A (sonst ware 1 ∈ Aa, d.h. ∃a′ ∈ A, a′a = 1.)Aa ist Ideal ⇒ ∃ Maximalideal m′ mit Aa ⊂ m′ (→ Algebra). Es gibt genau ein Maximalideal⇒ m = m′ ⇒ a ∈ m. Widerspruch! 2

Lemma 18.3 (Nakayama-Lemma) Vor.: M endlich erzeugter A-Modul, m Maximalideal vonA, mM =M .Behauptung: M = {0}

Beweis: Annahme: Sei M =r∑

j=1Ayj 6= 0.

Also OBdA alle yj 6= 0. yj =∑ajkyk, ajk ∈ m. 0 = (1 − a)y, y =

y1...yr

, a = (ajk). Sei

(1 − a)Adj. die adjungierte Matrix von 1 − a → det(1 − a)1r = (1 − a)Adj.(1 − a) (lin. Alg.).

0 = (1 − a)Adj(1 − a)y = det(1 − a)y =

det(1 − a)y1...

det(1− a)yr

. Weil yj 6= 0⇒ det(1 − a) = 0. det(1 − a)

ist das char. Polynom von a an der Stelle 1, d.h. 0 = det(1 − a) = 1n + b11n−1 + . . . + bn, wobei

bj = Summe von Produkten der ajk sind ∈ m ⇒ 1 = −b1 − . . .− bn ∈ m. Widerspruch! 2

Korollar 18.4 Voraussetzung: M endlich erzeugter A-Modul, y1, . . . , yr ∈M , sodass M/mM =<y1, . . . , yr > (=

∑Ayj). Behauptung: M =< y1, . . . , yr > (=

∑Ayj).

Beweis: Betrachte N := M/ < y1, . . . , yr >. Weil M ein endlich erzeugter A-Modul ist, muss dasauch fur N gelten.

mN = m(M/ < y1, . . . , yr >) = (mM+ < y1, . . . , yr >)/ < y1, . . . , yr >(∗)= M/ < y1, . . . , yr >= N.

In (*) haben wir benutzt, dass y1, . . . , yr ∈M/mM erzeugen und damit M =< y1, . . . , yr > +mMgilt. Aus dem Nakayama-Lemma folgt N = 0 ⇒ M =< y1, . . . , yr > 2

Bemerkung 18.5 Sei jetzt P ∈ C → OC,P lokaler Ring. dim C = 1C glatt⇒ TPC ist 1-dim. k-VR.

Satz 15.5 ⇒ TPC∼→ (mP /m

2P )

∗ ⇒ mP/m2P ist 1-dim. k-VR. ∃t ∈ mP , sodass t 6= 0 ∈ mP/m

2P ,

t erzeugt mP/m2P . Dann ist mP erzeugt von t nach Korollar 18.4 (fur M = m). Dabei haben

wir benutzt, dass m endlich erzeugtes Ideal ist, weil A = OC,P noethersch ist. Beachte weiterk = OC,P /mP , d.h. t ist erzeugend in M/mM = m/m2 als OC,P -Modul.Fazit: mP ist ein Hauptideal erzeugt von t ⇒ mk

P ist erzeugt von tk.Beh.: mk+1

P ( mkP (sonst gilt: tk ∈ mk+1

P , d.h. tk = gtk+1, g ∈ OC,P ⇒ tk · (1 − gt︸︷︷︸

∈mP

) =

0OC,P Integritatsbereich

=⇒ 1− gt = 0⇒ 1 = gt ∈ mP Wid.)

Lemma 18.6 (Krull’scher Durchschnittssatz)

∞⋂

k=1

mkP = {0}

Beweis: folgt aus noethersch und OC,P Integritatsbereich, siehe [Hu], Lemma VI 1.1. Eine Formu-lierung fur einen beliebigen noetherschen Ring findet man in [Ja2], Section 7.13. �

Definition 18.7 Sei g ∈ OC,P . vP (g) := sup{k | g ∈ mkP } Vielfachheit von g in P .

Page 45: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

44

Lemma 18.8 k = vP (g) ⇔ ∃ Einheit u in OC,P mit g = utkP .

Beweis:”⇒”: Sei k = vP (g) ⇒ g ∈ mkp ⇒ g = utkp, u ∈ OC,P . Zu zeigen: u ist Einheit, d.h.

u ∈ OC,P \mP . Ist u ∈ mP ⇒ g ∈ mk+1P Widerspruch zur Maximalitat von k.

”⇐”: Sei g = utkP , u Einheit in OC,P ⇒ g ∈ mkP . Zu zeigen: g 6∈ mk+1

P . Ware g ∈ mk+1P ⇒ g =

atk+1P , a ∈ OC,P ⇒ atk+1

p = utkP ⇒ (atP − u)tkP = 0⇒ u = atP ∈ mP . Widerspruch. 2

Proposition 18.9 i) vP (g) =∞ ⇔ g = 0.

ii) vP (g1g2) = vP (g1) + vP (g2)

iii) vP (g1 + g2) ≥ min(vP (g1), vP (g2))

Beweis:

i) Folgt aus 18.6, denn vP (g) =∞ heißt g ∈ ⋂

k

mkP .

ii) Nach 18.8: g1 = u1tvP (g1)P , g2 = u2t

vP (g2)P fur Einheiten u1, u2 inOC,P .⇒ g1g2 = u1u2t

vP (g1)+vP (g2)P .

Weil u1u2 Einheit18.8⇒ vP (g1g2) = vP (g1) + vP (g2).

iii) Sei k = min{vP (g1), vP (g2)} ⇒ g1, g2 ∈ mkP ⇒ g1 + g2 ∈ mk

P ⇒ vP (g1 + g2) ≥ k. 2

Proposition 18.10 ∃! vP : k(C) → Z ∪ {∞} mit den Eigenschaften i) − iii) auf k(C), welchedie Funktion vP von OC,P fortsetzt. Die Fortsetzung ist eine diskrete Bewertung auf k(C) mitBewertungsring OC,P .

Beweis: Serie 12, Aufgabe 2.Wir nennen vP (f) immer noch die Vielfachheit. Sie kann negativ werden, dann heißt P ein Polvon f .

Beispiel 18.11 Falls C = P1 und P ∈ A1 mit der Koordinate α, g ∈ k[x]⇒ vP (g) = Vielfachheitder Nullstelle α im Polynom g (siehe Serie 12, Aufgabe 3).

Definition 18.12 Fur f ∈ k(C)\{0} sei div(f) := ∑

P∈CvP (f)[P ]. div(f) heißt der Hauptdivisor

zu f.

Lemma 18.13 Es gilt vP (f) 6= 0 nur fur endlich viele P ∈ C, d.h. div(f) ist wirklich ein Divisor.

Beweis: f = gh fur homogene Polynome g, h vom selben Grad, g, h 6≡ 0 auf C. {g = 0} und {h = 0}

echt abgeschlossene Teilmenge von C. ⇒ {g = 0} ∪ {h = 0} endlich. Fur P 6∈ {g = 0} ∪ {h = 0} istf(P ) 6= 0, also Einheit in OC,P ⇒ vP (f) = 0. 2

Proposition 18.14 div(f1f2) = div(f1) + div(f2)

Beweis: Serie 12, Aufgabe 4. 2

Definition 18.15 deg(D) =∑

P

mP , wobei D =∑mP [P ] Divisor heißt der Grad von D. Trivial:

deg(D1 +D2) = deg(D1) + deg(D2).

Definition 18.16 D heißt linear aquivalent zu D′ (Notation: D ∼ D′) :⇔ D −D′ = Hauptdi-visor.Divisoren bilden eine Gruppe Div(C). Hauptdivisoren bilden eine Untergruppe von Div(C) (We-gen 18.14) ⇒ Aquivalenzklassen bilden Gruppen Pic(C) = Div(C)/{Hauptdivisoren}. Sie heißtPicardgruppe (oder Divisorengruppe).

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45

19 Pullback von Divisoren

Wir prasentieren eine Verallgemeinerung des Fundamentalsatzes der Algebra. Sie besagt, dass diemit Multiplizitat gezahlten Faserpunkte eines Morphismus unabhangig von der Faser sind. AlsFolgerung leiten wir her, dass eine rationale Funktion gleichviele Null- und Polstellen hat.In diesem Abschnitt sei ϕ : C → C ′ ein surjektiver Morphismus von irreduziblen glatten projekti-ven Kurven und k algebraisch abgeschlossener Korper.

rrrrr

Pullback von [Q] ”=” Summe der Faserpunkte mit der Vielfachheit in der Faser.

ϕC ′

C

P

Q

Bemerkung 19.1 Sei Q ∈ C ′ und P ∈ ϕ−1(Q)︸ ︷︷ ︸

Faser (von ϕ) uber Q

, ϕ∗ : OC′,Q → OC,P , f′ 7→ f ′◦ϕ. ϕ∗ ist injektiver

Ringhomomorphismus, weil ϕ surjektiv (f ′ ◦ ϕ ≡ 0ϕ surjektiv⇒ f ′ ≡ 0). Sei tQ lokaler Parameter in

Q, d.h. mQ = OC′,Q tQ, ϕ∗(tQ) ∈ OC,P .

Behauptung: ϕ∗(tQ) ∈ mP .Bew: mP = {f ∈ OC,P | f(P ) = 0}. Z.z.: 0 = (ϕ∗(tQ))(P ). (ϕ∗(tQ))(P ) = (tQ ◦ ϕ)(P ) =

tQ(ϕ(P ))ϕ(P )=Q

= tQ(Q) = 0

Definition 19.2 vP (ϕ∗(tQ)) heißt die Multiplizitat von P in der Faser. Notation: mϕ(P ). Aus

19.1 ⇒ mϕ(P ) ≥ 1. Behauptung: mϕ(P ) ist unabhangig von der Wahl von tQ.

Beweis: Sei t′Q ein anderer lokaler ParametermQ=<tQ>=<t′Q>

=⇒ vQ(t′Q) = vQ(tQ) = 1

18.9ii)⇒ vQ(t′Q/tQ) =

0⇒ t′Q/tQ︸ ︷︷ ︸

=:u

ist Einheit in OC′,Q ⇒ vP (ϕ∗(t′Q)) = vP (ϕ

∗(u · tQ))ii)= vP (ϕ

∗(u)︸ ︷︷ ︸

Einheit

)

︸ ︷︷ ︸

=0

+vP (ϕ∗(tQ)). 2

Beispiel 19.3 Sei p(x) ∈ k[x] vom Grad d. P1 ϕ→ P1, x 7→ p(x) Morphismus affiner Teil. (x0 :

x1) 7→ (xd0 : p

(x1x0

)

xd0)

︸ ︷︷ ︸

Homogenisierung

genauer. Wir studieren die Faser uber Q = β ∈ A1. P︸︷︷︸

∈ ϕ−1(Q) ⇔

p(α) = β, p(x) = β, p(x)−β = ad(x−α1)k1 · . . . ·(x−αr)

kr . Es gibt d Faserpunkte mit Multiplizitatgezahlt. Diese Multiplizitat ist gleich der Multiplizitat der Faser:Wir wollen zeigen, dass kj gleich der Multiplizitat mϕ(αj), d.h. die Multiplizitat von αj in derFaser. tQ = Erzeuger des Maximalideals mQ, wobei Q = β ∈ A1. tQ = x− β ist lokaler Parameter,ϕ∗(tQ) = tQ ◦ ϕ = p(x)− β = (x− αj)

kj

︸ ︷︷ ︸

tαj

gj(x), wobei gj(αj) 6= 0⇒ vαj(ϕ∗(tQ))

︸ ︷︷ ︸

=mϕ(αj )

= kj .

Beobachtung: Falls man alle Faserpunkte mit Multiplizitat zahlt, dann hat jede Faser genau dFaserpunkte. Dieser Grad ist in unserem Beispiel auch gleich dem Grad der Korpererweiterung

k(P1)ϕ∗

→ k(P1) (Serie 13, Aufgabe 1).

Page 47: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

46

Allgemein wird der Grad von ϕ wird definiert als

Def.: deg(ϕ) := [k(C) : k(C ′)], d.h. der Grad der Korpererweiterung k(C ′)ϕ∗

→ k(C).

Satz 19.4 (Verallgemeinerung des Fundamentalsatzes der Algebra)

i) [k(C) : k(C ′)] = deg(ϕ) <∞

ii) ∀Q ∈ C ′ ⇒ deg(ϕ) =∑

P∈ϕ−1(Q)

mϕ(P )

d.h. es gibt genau deg(ϕ) Faserpunkte uber Q (mit Multiplizitat).

Beweis: siehe [Hu], Satz VI 2.2. 2

Definition 19.5 Pullback von D′ =∑

Q∈C′ mQ[Q] ∈ Div(C ′).Falls D′ = [Q]⇒ ϕ∗(D′) :=

P∈ϕ−1(Q)

mϕ(P )[P ].

Allgemein setzt man ϕ∗ durch Linearitat auf Div(C ′) fort, d.h.

ϕ∗(D′) =∑

Q∈C′

mQϕ∗([Q]) =

Q∈C′

P∈ϕ−1(Q)

mQmϕ(P )[P ]

Bemerkung 19.6 Multiplizitat von ϕ∗(D′) in P nicht 0mϕ(P )≥1⇔ mQ 6= 0. Weil es nach Satz 19.4

maximal deg(ϕ) Faserpunkte gibt ⇒ nur endlich viele Multiplizitaten von ϕ∗(D) sind 6= 0, dh.ϕ∗(D′) ist ein Divisor auf C.

Lemma 19.7 Voraussetzung: D′1,D

′2 ∈ Div(C ′).

Behauptung: ϕ∗(D′1 +D′

2) = ϕ∗(D′1) + ϕ∗(D′

2).

Beweis: aus Konstruktion. 2

Satz 19.8 deg ϕ∗(D′) = deg(ϕ) deg(D′) ( deg(∑mP [P ]) =

∑mp ).

Beweis: beide Seiten sind linear in D′. OBdA D′ = [Q]. Mit Satz 19.4 folgt

deg ϕ∗[Q] = # Faserpunkte uber Q = deg(ϕ)

Lemma 19.9 Sei f ∈ k(C)\k. Dann ist f als Morphismus C → P1 surjektiv.

Beweis: In der folgenden Proposition 19.10 werden wir allgemeiner sehen, dass rationale Abbildun-gen zwischen irred. proj. glatten Kurven Morphismen sind. Also induziert eine rationale Funktionwirklich einen Morphismus nach P1. Die Pole gehen dabei einfach nach (0 : 1). Sei Q ∈ P1\f(C).Durch Koordinatentransf.: OBdA Q = (0 : 1). Damit ist f : C → P1\{(0 : 1)} = A1. Also hat fkeine Pole und ist damit regular auf C ⇒ f konstant (nach 12.13) Widerspruch! 2

Proposition 19.10 Sei f : C1 99K C2 rationale Abbildung irred. proj. glatter Kurven. Dann ist fMorphismus, d.h. uberall regular.

Beweis: Sei C2 abg. Teilmenge von Pn ⇒ f = (f0 : . . . : fn) mit fi ∈ k(C1), C1 → Pn, P 7→ (f0(P ) :

. . . : fn(P )). Sei t1 lokaler Parameter in P1, d.h. mP1 =< t1 >⇒ fj = tvP1

(fj)1 uj, uj ∈ O∗

C1,P1. Die

fj sind nur bestimmt bis auf Multiplikation mit einer rationalen Funktion. Multipliziere mit t−m1 ,

wobei m = minj{vP1(fj)}. f ′j := fj · t−m

1 ⇒ vP1(f′j) ≥ 0 und 6= 0 fur mindestens ein j. ⇒ f regular.

2

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47

Korollar 19.11 Zwei irred. proj. glatte Kurven sind genau dann birational aquivalent, wenn sieisomorph sind.

Beweis: Proposition 19.10. 2

Satz 19.12 Der Grad eines Hauptdivisors ist 0.

Beweis: D Hauptdivisor, d.h. ∃f ∈ k(C)\{0} : D = div(f) =∑

P∈CvP (f)[P ]. Nach 19.9 ist

f : C → P1 surjektiv (oder f konstant ⇒ div(f) = 0, deg div(f) = 0). Sei P eine Nullstellevon f , d.h. vP (f) > 0.Beh.: mf (P ) = vP (f) (1).Bew: mf (P ) = vP (t0 ◦ f) = vP (f) mit t0 = x lokaler Parameter in 0.

Beh.: Sei jetzt P Polstelle von f , d.h. vP (f) < 0. Dann ist mf (P ) = −vP (f). (2)Bew: mf (P ) = vP (t∞ ◦ f) = vP (1/f) = −vP (f) mit t∞ = 1/x lokaler Parameter in ∞.

deg(div(f)) =∑

P∈CvP (f) =

P∈C, vP (f)>0

vP (f)+∑

P∈C, vP (f)<0

vP (f) =∑

P NSvP (f)−

P PS−vP (f)

(1),(2)=

P NSmf (P )−

P PSmf (P ) = 0 nach 19.4. 2

Korollar 19.13 Fur f ∈ k(C) \ k gilt div(f) = f∗[0]− f∗[∞].

Beweis: f∗[0] =∑

P NS

mf (P )[P ], f∗[∞] =

P PS

mf (P )[P ]. div(f) =∑

P∈CvP (f)[P ]

19.12 Bew.=

P NS

mP (f)[P ]−∑

P PS

mP (f)[P ] = f∗[0] − f∗[∞]. 2

Satz 19.14 i) ∀ P,Q ∈ P1 gilt [P ] ∼ [Q].

ii) Falls es P,Q ∈ C gibt mit P 6= Q, [P ] ∼ [Q]⇒ C ∼= P1.

Beweis:

i) OBdA: P,Q ∈ A1 (sonst Koordinatenwechsel). ⇒ [P ] − [Q] = div(f) fur f = x−αx−β , α = P ,

β = Q affine Koordinaten.

ii) Aus der Voraussetzung folgt: ∃f ∈ k(C) mit div(f) = [P ]− [Q]. f 6∈ k (sonst ware div(f) =Nulldivisor), 19.13 ⇒ div(f) = f∗[0]− f∗[∞]⇒ f∗[0]

︸ ︷︷ ︸

deg=deg f

= [P ]︸︷︷︸

deg=1

, f∗[∞] = [Q]⇒ deg(f) = 1.

Nach Definition gilt [k(C) : k(C ′)] = 1, d.h. f∗ : k(C ′)∼→ k(C) ist Korperisomorphismus uber

k.S6,Aufg.2⇒ f birational

19.11⇒ f Isomorphismus.

20 Der Satz von Bezout

Wir haben in §17 gesehen, dass eine Gerade und eine ebene Kubik sich in genau drei Punkten(mit Multiplizitat gezahlt) schneiden. Der Satz von Bezout verallgemeinert das auf den Schnitt vonbeliebigen Kurven. Er hat viele geometrische Anwendungen wie zum Beispiel den Satz von Pascal(s. Serie 13, Aufgabe 3).Voraussetzung: C irred. glatte ebene Kurve in P2 und C ′ sei eine irreduzible ebene Kurve in P2

mit C 6= C ′ uber einem algebraisch abgeschlossenen Korper.

Bemerkung 20.1 Es ist aus Dimensionsgrunden leicht zu sehen, dass jede ebene Kurve Nullstel-lenmenge eines homogenen Polynoms ist. Also gilt C = V (f), C ′ = V (g), wobei f irred. hom.Polynom vom Grad d und g irred. hom. Polynom vom Grad d′. Sei P ∈ C. Wahle j mit xj(P ) 6= 0(Koordinate). Definiere die Multiplizitat mP (g) von g|C in P durch vP (g/x

d′j ) = mP (g) (g sonst

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48

nicht wohldefiniert als Funktion). Das hangt nicht von der Wahl von j ab, da xi/xj Einheit in P,falls auch xi(P ) 6= 0. div(g|C ) :=

P∈CmP (g)[P ]. Beachte: alle Multiplizitaten ≥ 0 und damit kein

Hauptdivisor. mP (g) > 0⇔ P NS von g ⇔ P ∈ C ∩ C ′.

Definition 20.2 mP (g) heißt die Schnittmultiplizitat von C und C ′ in P. Notation: IP (C,C′) :=

mP (g). Falls P 6∈ C ∩C ′, dann sei IP (C,C′) = 0.

Bemerkung 20.3 Falls C Gerade, dann ist IP (C,C′) die alte Schnittmultiplizitat aus Kapitel 17.

Proposition 20.4 Voraussetzung: P ∈ A2.Behauptung: IP (C,C

′) = dimOA2,P/ < faff , gaff >

Beweis: k[C ∩A2] = k[x, y]/〈faff 〉 und durch Lokalisieren folgt OC,P/〈gaff 〉 ∼= OA2,P/〈faff , gaff 〉(s. 7.13).mP (g) = vP (g/x

deg(g)0 ) = vP (gaff )

S13,Aufg.2= dim(OC,P /〈gaff 〉) = dim(OA2,P/〈faff , gaff 〉)2

Bemerkung 20.5 Wir konnen fur beliebige Kurven C,C ′ die Schnittmultiplizitat mit Hilfe vonProposition 20.4 definieren. Sie ist dann symmetrisch in C und C ′.

Definition 20.6 Die Schnittzahl von C und C ′ ist definiert als C · C ′ :=∑

P∈P2

IP (C,C′) =

P∈C∩C′

IP (C,C′).

Bemerkung 20.7 C · C ′ =∑

P∈P2

IP (C,C′) = deg div(g|C ) nach der Definition (div(g|C ) =

P∈CIP (C,C

′)[P ] (kein Hauptdivisor)).

Satz 20.8 (Bezout) Die Schnittzahl C · C ′ = deg(f) · deg(g).

Beweis: OBdA C 6⊂ {x0 = 0} (sonst Koordinatenwechsel x0 ↔ x1) g/xd′0 |C ∈ k(C)

Satz 19.12−→deg div(g/xd

0 |C) = 0. 0 = deg div(g/xd′

0 |C) = deg div(g|C ) − deg div(xd′

0 |C) = deg div(g|C ) −d′deg div(x0|C)⇒ deg div(g|C ) = deg div(xd

0 |C) = d′ · deg div(x0|C)⇒ C · C ′ 20.7= deg div(g|C ) = d′ · deg div(x0|C) = d′ deg div(x0|C).L = div(x0) ist eine Gerade. Fur eine Gerade wurde der Satz von Bezout schon in 17.5 bewiesen.⇒ L · C

︸ ︷︷ ︸

20.4,20.7= deg(div(x0|C))

= deg(f)⇒ C · C ′ = deg(f) · deg(g). 2

Korollar 20.9 C ∩ C ′ 6= ∅.

Beweis: deg(f) deg(g) ≥ 1⇒ 1 ≤ deg(f) deg(g) = C · C ′ =∑

P∈C∩C′

IP (C,C′)

︸ ︷︷ ︸

≥1

⇒ C ∩ C ′ 6= ∅. 2

21 Elliptische Kurven

Wir werden sehen, dass jede glatte ebene Kubik kanonisch eine abelsche Gruppe bildet sobaldman das Nullelement festgelegt hat. Die Gruppenaxiome sind nicht trivial, man benutzt zu ihrerVerifikation eine Bijektion zur Divisorenklassengruppe. Elliptische Kurven sind auf eine Art einfacheObjekte in der algebraischen Geometrie, doch liefern sie wichtige Erkenntnisse in viele Bereiche derMathematik (Funktionentheorie, Topologie, Kryptographie). Die wichtigste Bedeutung haben siein der Zahlentheorie, in der sie den Durchbruch beim Beweis der Fermatschen Vermutung gebrachthaben.

Page 50: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

49

Voraussetzung: k algebraischer abgeschlossener Korper, char k 6= 2, 3.In diesem Abschnitt sei C eine ebene irreduzible glatte Kubik in P2 (→§17). Aus 17.10 ⇒ OBdAC gegeben durch die Weierstrass-Normalform, d.h. Caff gegeben durch y2 = 4x3 − g2x − g3. SeiP0 = (0 : 0 : 1) der einzige Punkt von C\A2.

Motivation: Das reelle Bild einer solchen Kurve sieht z.B. so aus:

rr

r

r rr

P +Q

P

Q

y

x

R

R0 bzw. −P R1

Idee: Verknupfung mit Hilfe der Picardgruppe interpretieren ⇒ Gruppe.

Definition 21.1 Pic(C) = Div(C)/{Hauptdivisor} Picardgruppe. Homomorphismus deg : Pic(C)→Z, cl(D) 7→ deg(D) (beachte deg(Hauptdivisor)Satz 19.12

= 0⇒ wohldefiniert, denn deg(D+Hauptdivisor) =deg(D) + deg(Hauptdivisor) = deg(D))Def.: Pic0(C) = kern deg = {cl(D) | deg(D) = 0} ist eine Untergruppe von Pic(C).

Satz 21.2 φ : C → Pic0(C), P 7→ cl([P ]− [P0]) ist bijektiv.

Beweis: deg([P ] − [P0]) = 1− 1 = 0⇒ φ(P ) ∈ Pic0(C).

1. Injektiv: Sei φ(P ) = φ(Q)⇒ cl([P ]− [P0]) = cl([Q]− [P0])⇒ cl([P ]) = cl([Q]), d.h. [P ] ∼ [Q].Nach Satz 19.14 ⇒ P = Q oder C ∼= P1. Nach Serie 13 Aufgabe 4 folgt aus dem 2. Fall, dass Csingular ist. Wid. ⇒ P = Q und damit ist φ injektiv.

2. Surjektiv: Seien P,Q ∈ C und L = PQ die Verbindungsgerade (Tangente, falls P = Q). L(L = {l = 0} fur eine Linearform l(x0, x1, x2)) schneidet C in einem dritten Punkt R ( 17.2 oderBezout), l/x0 ∈ k(C)⇒ div(l/x0|C) = [P ] + [Q] + [R]− 3[P0]

⇒ [P ] + [Q] + [R] ∼ 3[P0]. (1)

Wende das an furQ = P0 ⇒ [P ] + [R0] ∼ 2[P0] (2)

fur R0 = dritter Schnittpunkt von PP0 in C.

[P ]− [Q](2)∼ 2[P0]− [R0]− [Q]

(1)∼ [R1]− [P0] (3)

↑[R0] + [Q] + [R1] ∼ [P0] (R1

∧= 3. Schnittpunkt von R0Qmit C)

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50

Sei jetzt cl(D) ∈ Pic0(C). Zu zeigen: D im Bild von φ.

⇒ D ∼r∑

j=1

([Pj ]− [Qj ]) (4)

weil deg(D) = 0. Behauptung: cl(D) ∈ Im φ.Bew.: Mit Induktion nach n := Anzahl Pj , Qj verschieden von P0.

n = 1 : ⇒ D ∼ [P ]− [P0]⇒ cl(D) = φ(P ) oder D ∼ [P0]− [P ](2)⇒ D ∼ [P0]− (2[P0]− [R0])

= [R0]− [P0]⇒ cl(D) = φ(R0).

Sei n > 1 (Induktion: Aussage bekannt fur alle n′ < n):

Fall a) ∃j 6= k mit Pj 6= P0, Pk 6= P0:

(1)⇒ [Pj ] + [Pk] ∼ 3[P0]− [R] (5)

Setze (5) in (4) ein. ⇒ neue Darstellung von cl(D) mit n′ < n. Mit Induktion ⇒ Behauptung.

Fall b) ∃j 6= k mit Qj 6= P0, Qk 6= P0: Bew.: analog.

Fall c) sonst. Dann existiert j, k mit Pj 6= P0, Qk 6= P0.

(3)⇒ [Pj ]− [Qj ] ∼ [R1]− [P0] (6)

Setze (6) in (4) ein ⇒ neue Darstellung von cl(D) mit n′ < nInd.⇒ Behauptung. 2

Bemerkung 21.3 Wir ubertragen das Gruppengesetz mit φ−1 auf C und nennen C mit diesemGruppengesetz eine elliptische Kurve. Der Nullpunkt = P0, weil φ

−1(Nulldivisor) = P0. Inver-se von P ∈ C ist −P = φ−1(cl(−φ(P ))) = φ−1(cl([P0]− [P ])). Nach (2)⇒ [P0]− [P ] ∼ [R0]− [P0],wobei [R0] der dritte Schnittpunkte von PP0 mit C ist. ⇒ φ−1(cl([R0] − [P0])) = R0 ⇒ −P =Spiegelbild von P an der x-Achse.

Addition: P +QDef.= φ−1(φ(P ) + φ(Q)) = φ−1(cl([P ]− [P0]) + cl([Q]− [P0])) = φ−1(cl([P ] + [Q]−

2[P0]))(1)= φ−1(cl([P0]− [R])) = −R (siehe oben) ⇒ siehe Zeichnung.

Bemerkung 21.4 Man kann irgendeine glatte Kubik C (in irgendeiner char k) mit irgendeinemPunkt P0 ∈ C zu einer Gruppe machen mit Nullpunkt P0 durch die bijektive Abbildung C →Pic0(C), P 7→ cl([P ] − [P0]). C heißt dann elliptische Kurve mit Nullpunkt P0 (Beweis analog).

22 Linearsysteme auf Kurven

In der Theorie der Kurven ist der Satz von Riemann-Roch am Wichtigsten. Er verbindet denGrad von Divisoren mit einer topologischen Invarianten, dem Geschlecht einer Kurve sowie mit derDimension von gewissen Linearsystemen. Letztere kann man geometrisch als globale Schnitte vonGeradenbundeln interpretieren, darauf wird hier aber nicht eingegangen. Im Fall einer Uberlagerungwerden die beiden Geschlechter mit der Hurwitzschen Geschlechtsformel verknupft.Sei C irreduzible glatte projektive Kurve (k algebraisch abgeschlossen).

Definition 22.1 Sei D1 =∑

P∈CmP [P ],D2 =

P∈CnP [P ] ∈ Div(C). Definiere dann partielle Ord-

nung: D1 ≥ D2 ⇔ mP ≥ nP ∀P ∈ C.

Definition 22.2 Sei D ∈ Div(C). Das lineare System zu D ist definiert als L(D) := {f ∈k(C)\{0} | div(f) ≥ −D} ∪ {0}.

Page 52: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

51

Lemma 22.3 L(D) ist ein Vektorraum.

Beweis: 0 ∈ L(D)√

Sei λ ∈ k, f ∈ L(D). OBdA λ 6= 0. div(λf) = div(f)f∈L(D)

≥ −D⇒ λf ∈ L(D).Seien f, g ∈ L(D), zu zeigen: f + g ∈ L(D).

vP (f) ≥ −mP (D), vP (g) ≥ −mP (D), vP (f + g)vP Bewertung

≥ min{vP (f), vP (g)} ≥ −mP (D) ⇒div(f + g) ≥ −D ⇒ f + g ∈ L(D). 2

Definition 22.4 l(D) := dimk L(D) heißt die Dimension des linearen Systems.

Satz 22.5 l(D) <∞. Ohne Beweis, siehe [Hu], Lemma VI.4.1.

Bemerkung 22.6 Falls D ∼ D′ ⇒ l(D) = l(D′).

Beweis: Sei D − D′ = div(g) ⇒ L(D) = {f ∈ k(C)\{0} | div(f) ≥ −D︸︷︷︸

−D′−div(g)

} ∪ {0} = {f ∈

k(C)\{0} | div(fg) ≥ −D′} ∪ {0}, d.h. f ∈ L(D) ⇔ fg ∈ L(D′) ⇔ f ∈ g−1L(D′) ⇒ gL(D) =L(D′), d.h. L(D) ∼= L(D′), f 7→ gf ist Isomorphismus von k-Vektorraumen. 2

Bemerkung 22.7 Sei f ∈ k(C). Fur jeden regularen Punkt P von f liegt dann f im lokalen RingOC,P . Sei mP das Maximalideal von OC,P , dann definieren wir das Differential (df)P ∈ T ∗

C,P∼=

mP /m2P (siehe Satz 15.5) durch (df)P := f − f(P ) ∈ mP /m

2P .

Sei g ∈ k(C) so, dass das Differential dg nicht identisch null ist. So eine rationale Funktion existiertimmer, man kann einen lokalen Parameter in einem Punkt nehmen. Bei einer Konstanten waredas Differential naturlich identisch null. Fur P ∈ C, regular fur f und g und mit (dg)P 6= 0,Kurve⇒ dim(T ∗

C,P ) = 1 ⇒ (dg)P Basis von T ∗C,P ⇒ ∃!λ(P ) ∈ k mit (df)P = λ(P )(dg)P . Man kann

zeigen, dass λ ∈ k(C). Setze dfdg = λ.

Beispiel 22.8 C = P1, f, g ∈ k(P1) = k(x). Betrachte P ∈ A1, gegeben durch die affine Koordi-nate x.dfdx = f ′, dg

dx = g′ ; dfdg = df

dx · dxdg = f ′/g′ (Vor.: g′ 6≡ 0).Beachte, dass es in char p auch nicht konstante Funktionen wie zum Beispiel xp gibt, deren Ablei-tung identisch verschwindet.

Definition 22.9 Sei f ∈ k(C) so, dass df nicht identisch verschwindet. KC =∑

P∈CvP (

dfdtP

)[P ]

heißt kanonischer Divisor. Naturlich muss man noch zeigen, dass dies wirklich ein Divisor ist,dh. nur endlich viele Multiplizitaten sind verschieden von Null. Wir lassen aber den Beweis weg.Zur Illustration betrachte man Beispiel 22.14.

Bemerkung 22.10 Zwei kanonische Divisoren von C unterscheiden sich durch einen Hauptdivisor

Beweis: K ′C definiert durch g. K ′

C =∑

P∈CvP (

dgdtp

)[P ] =∑

P∈CvP (

dg

df· dfdtP

)[P ]

︸ ︷︷ ︸

vP (dgdf

)+vP ( dfdtP

)

= div(dg

df︸︷︷︸

∈k(C)

)

︸ ︷︷ ︸

Hauptdivisor

+KC .2

Definition 22.11 Aus obigem folgt, dass cl(KC) ∈ Pic(C) wirklich durch C kanonisch bestimmtist. g(C) := l(KC) heißt das Geschlecht von C. Wegen 22.6 durch C bestimmt.

Satz 22.12 (Satz von Riemann-Roch) Voraussetzung: D ∈ Div(C).Behauptung: l(D)− l(KC −D) = deg(D) + 1− g(C)

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52

Beweis: [Ha], Theorem IV.1.3, schwierig. 2

Korollar 22.13 deg(KC ) = 2g(C) − 2.

Beweis: Wahle D = KC im Satz von Riemann-Roch.

l(KC)︸ ︷︷ ︸

g(C)

−l(0) = deg(KC ) + 1− g(C) (1)

L(0) = {f ∈ k(C)\{0} | div(f) ≥ 0} ∪ {0} = {f ∈ k(C) | f ohne Pol} = {f ∈ k(C) |f regular auf C} 12.13

= k.l(0) = 1 in (1) einsetzen ⇒ 2g(C) − 1 = deg(KC ) + 1. 2

Beispiel 22.14 KP1 =∑

P∈P1

vP (dxdtP

)[P ].

Sei jetzt P ∈ A1 gegeben durch affine Koordinate α⇒ tP = x−α. dxdtP

= dxd(x−α) = 1⇒ vP (

dxdtP

) = 0.

Falls P = ∞ ∈ P1 ⇒ tP = 1x .

dxdtP

= d(1/tP )dtP

= − 1t2P⇒ vP (

dxdtP

) = −2 ⇒ deg(KP1) = v∞( dxdtP

) =

−2 22.13⇒ g(P1) = 0. 2

Ab jetzt setzen wir char(k) = 0 voraus.

Definition 22.15 Sei jetzt ϕ : C → C ′ surjektiver Morphismus irred. projektiver glatter Kurven.Rϕ :=

P∈C(mϕ(P ) − 1)[P ] heißt Verzweigungsdivisor. (Nur Faserpunkte mit Multiplizitat ≥ 2

tragen etwas bei, solche Punkte heißen verzweigt)

Satz 22.16 (Hurwitz’sche Geschlechtsformel)

2g(C)− 2 = (2g(C ′)− 2)deg(ϕ) + deg(Rϕ)

Beweis: ohne Beweis, ziemlich einfach, siehe [Ha], Corollary IV.2.4.

Beispiel 22.17 Sei C glatte ebene Kubik in P2. Nach Satz 17.10 ist C OBdA gegeben durch(char k 6= 2, 3) y2 = 4x3−g2x−g3. Betrachte ϕ : C → P1, (x, y) 7→ x. deg(ϕ) = 2, weil jeder Punkt

2 Urbilder hat (mit Multiplizitat). Muliplizitat = 2⇔ genau ein Urbild⇔{

4x3 − g2x− g3 = 0

oder x =∞.

Es gibt genau diese 4 Verzweigungspunkte, sie haben Multiplizitat = 2⇒ Rϕ hat Grad 4.

Hurwitz ⇒ 2g(C) − 2 = (2 · 0− 2) · 2 + 4 = 0⇒ g(C) = 1 .

22.18 Umgekehrt kann man mit dem Satz von Riemann-Roch zeigen, dass jede glatte irred.projektive Kurve C mit g(C) = 1 isomorph zu einer ebenen Kubik in P2 ist. Wir skizzieren denBeweis:Wir haben eine aufsteigende Kette von Linearsystemen

L([P0]) ⊂ L(2[P0]) ⊂ L(3[P0]) ⊂ L(4[P0]) ⊂ L(5[P0]) ⊂ L(6[P0]),

wobei P0 ∈ C fest gewahlt sei. Nach dem Satz von Riemann-Roch hat der Vektorraum L(j[P0])die Dimension j fur j = 1, . . . , 6. Klarerweise ist 1 eine Basis von L([P0]) und wir erganzen mitf zu einer Basis 1, f von L(2[P0]), sowie mit g zu einer Basis 1, f, g von L(3[P0]). Beachte, dassf einen doppelten Pol und g einen dreifachen Pol in P0 haben. Vergleicht man die Polordnungenin P0, dann findet man, dass 1, f, g, f2, fg linear unabhangig sein mussen und damit sind sie eineBasis von L(5[P0]). Die sieben Elemente 1, f, g, f2, fg, g2, f3 sind alle in L(6[P0]). Weil L(6[P0])aber sechsdimensional ist, muss es eine nichttriviale Relation

c0 + c1f + c2g + c3f2 + c4fg + c5f

3 + c6g2 = 0

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53

geben mit ci ∈ k nicht alle 0. Weil die ersten 5 Elemente linear unabhangig sind und die beidenLetzten als einzige Polordnung 6 haben, mussen c5 und c6 verschieden von Null sein. Wir erhaltenalso eine rationale Abbildung von C in die projektive ebene Kubik mit affinem Teil

c0 + c1x+ c2y + c3x2 + c4xy + c5x

3 + c6y2 = 0,

indem wir P ∈ C abbilden auf (f(P ), g(P )). Mit ein wenig zusatzlicher Theorie (siehe [Ha], Pro-position IV.4.6) kann man zeigen, dass dies ein Isomorphismus ist.

23 Ausblick

In diesem Abschnitt geben wir noch einen Ausblick auf die algebraische Geometrie, sowie Litera-turhinweise. Sei wie immer k ein algebraisch abgeschlossener Korper. Zur Sicherheit nehmen wiran, dass char(k) = 0, vieles gilt aber allgemein.

23.1 Man kann zeigen, dass jede irreduzible glatte projektive Kurve C isomorph ist zu einer ab-geschlossenen Kurve in P3 ([Hu], Korollar 6.5.8). Jede beliebige Kurve ist birational aquivalent zueiner ebenen Kurve ([Ha], Corollary IV.3.11).Die Klassifikation der irreduziblen glatten projektiven Kurven C bis auf Isomorphie ist nichtvollstandig gelost (siehe [Ha], IV.5, IV.6). Einige einfache Fakten sind:

• Falls g(C) = 0, dann ist C isomorph zu P1 (nach dem Satz von Riemann-Roch sind zweibeliebige Punkte linear aquivalent, dann Satz 19.14 anwenden).

• Falls g(C) = 1, dann ist C eine elliptische Kurve. Die elliptischen Kurven werden bis aufIsomorphie durch die J-Invariante klassifiziert (siehe [Ha], Theorem IV.4.1; vgl. mit Satz17.18).

• Jede ebene Kurve C vom Grad d hat Geschlecht g = 12 (d − 1)(d − 2) (siehe [Ha], Exercise

II.8.4).

23.2 Auf glatten irreduziblen projektiven FlachenX kann man Schnittzahlen von Kurven einfuhrenwie wir das in Kapitel 20 fur P2 gemacht haben und diese erlauben es einen Satz von Riemann-Rochfur X zu formulieren, der eine genauso zentrale Rolle spielt wie in der Kurventheorie (siehe [Ha],V.1). Die Klassifikation dieser Flachen ist noch viel schwieriger und wird sinnvollerweise nur bisauf birationale Aquivalenz untersucht, weil bis auf Isomorphie hoffnungslos ist (siehe [Ha], V.6).Interessant ist das Beispiel der irreduziblen glatten Kubiken in P3, dh. X = V (f) fur ein irredu-zibles homogenes Polynom f(x0, . . . , x3) vom Grad 3 ohne Singularitaten. Man kann zeigen, dasses auf X genau 27 Geraden gibt. Zum Beispiel findet man auf

x30 + x31 + x32 + x33 = 0

die 9 Geraden V (x0 − ζx1, x2 − ζ ′x3), wobei ζ, ζ ′ die dritten Wurzeln von −1 durchlaufen. DurchPermutationen erhalt man leicht 27 Geraden und in diesem Beispiel ist es einfach nachzurechnen,dass es alle sind. Man kann zeigen, dass jede irreduzible glatte Kubik in P3 birational zu P2 ist.Siehe [Hu], Kapitel V oder [Ha], V.4 fur mehr Informationen.

23.3 In hoheren Dimensionen wird es schon bei glatten kubischen Hyperflachen X in Pn schwierig.Fur n = 4 ist X nicht mehr birational zu P3. Fur n ≥ 5 weiss man nicht, ob X birational zu Pn−1

ist.

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23.4 Abschliessend wollen wir noch eine kurzen Leitfaden in weiterfuhrende Literatur geben:

Die algebraischen Grundlagen fur die algebraische Geometrie findet man im Gebiet der kommu-tativen Algebra. Sie beinhaltet zum Beispiel den Begriff noethersch aus unserem Kapitel 1, denHilbertschen Nullstellensatz, die noethersche Normalisierung, die Lokalisierung (Kapitel 7), Gradu-ierungen (Kapitel 11) und die Dimensionsbetrachtungen aus dem Appendix. Die Grundlagen findetman in [Ja2], weiterfuhrende Bucher sind Matsumura [Ma] und Zariski–Samuel [ZS]. Neuer ist dasBuch von Eisenbud [Ei] mit Ausblick auf die algebraische Geometrie und mit Berucksichtigungdes berechnenden Aspekts mit Hilfe von Grobnerbasen. Fur letzteres sind die beiden Bucher vonKreuzer–Robbiano [KR] zu empfehlen.

Wie gesagt ist diese Vorlesung auf dem Buch von Hulek [Hu] aufgebaut. Zu empfehlen fur dasumfassende Studium der algebraischen Geometrie ist das Buch von Hartshorne [Ha]. Im er-sten Kapitel wird die Theorie der algebraischen Varietaten uber einem algebraisch abgeschlossenenKorper k betrachtet, ein bisschen umfangreicher als Kapitel 1-15 dieses Skripts. Im zweiten Ka-pitel werden Schemata erklart. Das sind Verallgemeinerungen unserer Varietaten, wenn man stattk einen beliebigen kommutativen Ring als Basisring zulasst. Das hat Anwendungen in der Klas-sifikation (zum Beispiel von Kurven) und auch in der Zahlentheorie, wo der Grundring dann Z

ist. Im dritten Kapitel wird die zugehorige Kohomologietheorie gemacht. Im vierten Kapitel wirddie Kurventheorie viel umfangreicher behandelt als unsere Kapitel 16-22 und im funften Kapitelwerden Flachen betrachtet.Neuere Bucher gibt es von Gortz–Wedhorn [GW] und Liu [Liu]. Als weitere Alternative gibt es diebeiden Bucher von Shafarevich [Sh], sie sind aber insbesondere fur den Gebrauch von Schematafast zu knapp. Dafur wird der komplex analytische Teil breiter diskuttiert. In der komplexenalgebraischen Geometrie ist der Grundkorper k = C und man benutzt analytische statt alge-braische Methoden (siehe Beispiel 0.9 fur die analytische Betrachtung elliptischer Kurven). Dazuist die Hauptreferenz Griffiths–Harris [GH].Fur das ausfuhrliche Studium der elliptischen Kurven in beliebiger Charakteristik ist Silverman[Si] zu empfehlen.Als Enzyklopadie fur die algebraische Geometrie gibt es die Bucher von Grothendieck [EGA].

A Dimension

In diesem Appendix diskutieren wir die Dimension einer affinen Varietat vom algebraischen Stand-punkt aus. Wie immer ist k ein algebraisch abgeschlossener Korper.

A.1 Sei R ein faktorieller Ring. Der Inhalt von f =∑m

i=0 aixi ∈ R[x] ist definiert als

µ(f) := ggT(a0, . . . , am).

Die wichtigste Eigenschaft ist das folgende Gauss Lemma.

Lemma A.2 Fur f, g ∈ R[x] gilt µ(fg) = µ(f)µ(g).

Beweis Siehe Algebra. �

Theorem A.3 Falls R faktorieller Ring ist, dann ist auch R[x] faktoriell.

Beweis Aus der Algebra kennen wir das fur einen Korper K, dann ist K[x] euklidischer Ring unddamit faktoriell. Wir wenden das im folgenden fur K gleich dem Quotientenkorper von R an.1. Schritt: Sei f ∈ R[x] vom Grad ≥ 1. Dann ist f irreduzibel in R[x] genau wenn f irreduzibelin K[x] ist und wenn µ(f) = 1 gilt.Sei also f irreduzibel in R[x] und f = gh fur g, h ∈ K[x]. Seien γ, δ das kgV der Nenner von g bzw.h. Dann gilt g′ := γg ∈ R[x] und h′ := δh ∈ R[x]. Weil f ∈ R[x], muss γ|µ(h′) und δ|µ(g′) gelten.

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Durch Kurzen konnen wir also annehmen, dass g, h ∈ R[x] und damit muss entweder g oder h eineEinheit in R[x] sein. Damit aber auch in K[x] und somit ist f irreduzibel in K[x]. Offensichtlichgilt µ(f) = 1, sonst ware µ(f) ein nichttrivialer Faktor. Dies zeigt ”⇒”.Umgekehrt sei f irreduzibel in K[x] mit µ(f) = 1. Wir nehmen an, dass f = gh mit g, h ∈ R[x].Aus dem Gauss Lemma folgt 1 = µ(f) = µ(gh) und somit µ(g) = µ(h) = 1. Weiter ist OBdA geine Einheit in K[x], dh. g ∈ K. Weil g ∈ R[x] ist, folgt g ∈ R und wegen µ(g) = 1 ist g invertierbarin R. Dies zeigt den ersten Schritt.Wir zeigen jetzt, das f ∈ R[x] eine Faktorisierung in irreduzible Faktoren aus R[x] hat. Es giltf = f1 . . . fr fur irreduzible Polynome fi ∈ K[x]. Wir ersetzen fi durch R-Vielfache in R[x] mitInhalt 1, dann gilt also f = µ(f)f1 . . . fr und fi ∈ R[x], µ(fi) = 1 fur alle i = 1, . . . , r. Nach demersten Schritt sind die fi alle irreduzibel in R[x]. Wenn wir jetzt noch die Primfaktorisierung vonµ(f) in R benutzen, erhalten wir die gewunschte Zerlegung von f in irreduzible Faktoren in R[x].Es bleibt zu zeigen, dass diese Faktorisierung eindeutig ist bis auf Reihenfolge und Multiplikationmit Einheiten. Seien also f = f1 . . . fr = g1 . . . gs zwei solche Faktorisierungen in irreduzible Fak-toren in R[x]. Wir beachten nur diejenigen vom Grad ≥ 1 und erhalten nach Umnummerierungf = µ(f)f1 . . . fa = µ(f)g1 . . . gb. Nach dem ersten Schritt ist also f1 . . . fa = g1 . . . gb eine Faktori-sierung in irreduzible Faktoren in K[x] und damit bis auf Reihenfolge gleich (da Inhalt immer 1).Weil µ(f) = fa+1 . . . fr = gb+1 . . . gs eine Faktorisierung in irreduzible Faktoren in R ist, folgt ausR faktoriell, dass auch diese Faktoren bis auf Multiplikation mit Einheiten und Reihenfolge gleichsind. �

Korollar A.4 Fur jeden Korper K ist K[x1, . . . , xn] faktorieller Ring.

Beweis: Da K faktoriell ist und weil K[x1, . . . , xn] = K[x1, . . . , xn−1][xn], folgt die Behauptungmit Induktion nach n. �

Korollar A.5 Sei f ∈ k[x1, . . . , xn]. Dann ist V (f) genau dann irreduzibel in An wenn f positivePotenz eines irreduziblen Polynoms ist.

Beweis: Wir behaupten, dass f genau dann irreduzibel ist wenn das von f erzeugte Ideal 〈f〉 ink[x1, . . . , xn] ein Primideal ist. Das Korollar folgt dann aus Korollar 4.12.”⇒”: Sei also f irreduzibel. Fur g, h ∈ k[x1, . . . , xn] mit gh ∈ 〈f〉 gilt gh = fe fur e ∈ k[x1, . . . , xn].Weil k[x1, . . . , xn] faktoriell ist (Theorem 16.3), gilt f |g oder f |h und damit sind g oder h in 〈f〉.Also ist 〈f〉 ein Primideal.”⇐”: Sei 〈f〉 ein Primideal und seien g, h ∈ k[x1, . . . , xn] mit gh = f . Dann gilt OBdA g ∈ 〈f〉.Durch Gradvergleich folgt, dass f und g bis auf Multiplikation mit einer Einheit in k ubereinstim-men. Dies zeigt f irreduzibel. �

Korollar A.6 Sei f ein homogenes Polynom in k[x0, . . . , xn]. Dann ist V (f) irreduzibel in Pn

genau wenn f eine positive Potenz eines irreduziblen Polynoms ist.

Beweis: Nach obigem Beweis ist f genau dann irreduzibel wenn 〈f〉 ein Primideal in k[x0, . . . , xn]ist. Somit folgt die Behauptung aus Korollar 11.14. �

A.7 Sei L/K eine Korpererweiterung. Dann heissen α1, . . . , αm ∈ L K-algebraisch abhangigwenn es ein p ∈ K[x1, . . . , xm]\{0} gibt mit p(α1, . . . , αm) = 0. Andernfalls heissen sie algebraischunabhangig uber K.

Satz A.8 Wir nehmen an, dass die Korpererweiterung L/K erzeugt wird von α1, . . . , αm ∈ L.Dann gilt:

(a) Es gibt eine maximale K-algebraische unabhangige Teilmenge B aus {α1, . . . , αm}.

(b) |B| ist unabhangig von der Wahl des Erzeugendensystems α1, . . . , αm und der Wahl von B.

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56

(c) Es gilt [L : K(B)] < ∞, wobei K(B) die von B erzeugte Teilkopererweiterung von K in List.

Wir nennen B eine Transzendenzbasis von L/K und |B| wird als Transzendenzgrad von L/Kbezeichnet. Der Beweis des Satzes erfolgt mit ahnlichen Argumenten wie der analoge Satz in derlinearen Algebra zur linearen Unabhangigkeit und Basis (siehe [Ja2], Section 8.12).

Beispiel A.9 Sei L := K(x1, . . . , xn) der Quotientenkorper des Polynomrings K[x1, . . . , xn]. Dannist x1, . . . , xn algebraisch unabhangig uber K und damit eine Transzendenzbasis von L/K. DerTranszendenzgrad von L/K ist hier also n.

A.10 Sei R ein kommutativer Ring mit 1. Wir betrachten Ketten

℘1 ( ℘2 ( · · · ( ℘r

von verschiedenen Primidealen in R. Hier ist r die Lange der Kette. Dann ist die Krulldimensionvon R definiert als das Supremum der Langen all dieser Ketten minus 1.Eine Kette heisst maximal, falls sie nicht mehr verfeinert oder vergrossert werden kann.

A.11 Sei V eine affine Varietat. Dann ist die Krulldimension von k[V ] gleich dem Supremumder Langen der Ketten von irreduziblen abgeschlossenen Teilmengen in V minus 1. Dies folgt ausKorollar 4.12.

Satz A.12 Sei V eine irreduzible quasiprojektive Varietat uber k. Dann sind folgende Zahlen gleich:

(a) dim(V );

(b) Krulldimension von OV,P fur P ∈ V ;

(c) Krulldimension von k[U ] fur U offene affine und nicht leere Teilmenge von V ;

(d) Der Transzendenzgrad von k(V ) uber k.

Weiter ist die Lange r jeder maximalen Kette von irreduziblen abgeschlossenen Teilmengen in Vgleich und r − 1 = dim(V ).

Beweis: Siehe [Ma], Chapter 5. Entscheidend ist darin die Dimensionsformel in Theorem 23. Umden Zusammenhang zwischen den Dimensionen des lokalen Rings und dem Koordinatenring zuverstehen, braucht man 7.13 und Serie 5, Aufgabe 5. Fur die Aquivalenz zu (a) benutzt man auchSatz 15.5. �

B Funktionenkorper von Kurven

Funktionenkorper von Kurven spielen auch in der algebraischen Zahlentheorie eine wichtige Rolle.Dieser Appendix soll dazu eine Brucke schlagen. In diesem Appendix ist k ein algebraisch abge-schlossener Korper und C eine irreduzible glatte projektive Kurve uber k.

B.1 In der algebraischen Zahlentheorie betrachtet manDedekindbereiche. Das sind noetherscheIntegritatsbereiche der Krulldimension 1, die ganz abgeschlossen sind (im Quotientenkorper). Einnoetherscher Integritatsbereich ist genau dann ein Dedekindbereich, wenn jede Lokalisierung inMaximalidealen ein diskreter Bewertungsring ist [Ja2, Theorem 10.6].

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Beispiel B.2 Der Koordinatenring k[U ] einer nichtleeren affinen offenen Teilmenge U von C istein Dedekindbereich: In diesem Fall sind die Maximalideale von k[U ] die Punkte von U nach demHilbertschen Nullstellensatz (siehe Satz 6.6). Die Lokalisierung in einem Maximalideal ist dann derlokale Ring im entsprechenden Punkt P (Bemerkung 7.13). Nach Proposition 18.10 ist dies eindiskreter Bewertungsring mit Bewertung vP . Da k[U ] nach dem Hilbertschen Basissatz noetherschist, muss k[U ] nach B.1 ein Dedekindbereich sein.

Proposition B.3 Die Abbildung P 7→ vP ergibt eine Bijektion von C auf die Menge der diskretenBewertungen auf dem Funktionenkorper k(C).

Beweis: Es ist klar, dass die Abbildung wohldefiniert ist. Wir zeigen injektiv in den Ubungen. Seijetzt A ein diskreter Bewertungsring mit Bewertung v. Weiter nehmen wir an, dass C eine projektiveKurve in Pn ist mit homogenen Koordinaten x0, . . . , xn. Durch Umordnen konnen wir annehmen,dass v(x1/x0) ≥ 0, . . . , v(xn/x0) ≥ 0. Also gilt fur die affine Varietat U := C∩An, dass k[U ] ⊂ A. Seim das Maximalideal von A. Ware m∩k[U ] gleich {0}, dann wurde k[U ]\{0} ⊂ A∗ gelten. Da k(C)der Quotientenkorper von k[U ] ist, musste die Bewertung v dann identisch 0 auf k(C)\{0} sein imWiderspruch zu unserer Definition einer diskreten Bewertung. Also ist m ∩ k[U ] ein Primideal vonk[U ] verschieden von {0}. Weil dim(U) = dim(C) = 1 gilt, muss also m∩k[U ] ein Maximalideal seindes Koordinatenringes k[U ] und entspricht damit einem Punkt P mit Maximalideal MP = m∩k[U ]in der Korrespondenz von Satz 6.6. Weil OC,P die Lokalisierung von k[U ] inMP ist (siehe 7.13) undweil v(k[U ] \MP ) = {0}, gilt OC,P ⊂ A. Wir zeigen OC,P = A indirekt. Falls es ein a ∈ A \ OC,P

geben wurde, dann gilt vP (a−1) = −vP (a) > 0 weil (OC,P , vP ) ein Bewertungsring ist. Also muss

a−1 im Maximialideal mP von OC,P liegen. Nun erhalt man aber mP durch Lokalisieren von MP

in der oben betrachteten multiplikativen Teilmenge k[U ] \MP , deren Elemente alle v-Bewertung0 haben. Also folgt aus MP ⊂ m auch mP ⊂ m. Somit gilt v(a−1) > 0 und damit v(a) < 0.Das widerspricht, dass a zu dem Bewertungsring A gehort. Es folgt OC,P = A. Weil eine diskreteBewertung durch ihren Bewertungsring eindeutig bestimmt ist, folgt v = vP und damit ist auchdie Surjektivitat in der Behauptung gezeigt. �

B.4 Wir betrachten nun eine endliche Korpererweiterung L/K und einen diskreten Bewertungs-ring R mit Quotientenkorper K und Maximalideal m. Dann zeigt man in der algebraischen Zah-lentheorie, dass es einen diskreten Bewertungsring S mit Quotientenkorper L und Maximalidealm′ gibt so, dass R ⊂ S und m′ ∩ R = m (dies folgt aus der Fortsetzbarkeit von Absolutbetragenin [Ja2, Theorem 9.12]). Wir schreiben w|v fur die entspechenden diskreten Bewertungen v auf Kund w auf L. Wenn t (bzw. t′) der Erzeuger von m (bzw. m′) ist, dann gilt t = u(t′)e fur ein u ∈ S∗

und ein e ≥ 1. Wir nennen e den Verzweigungsindex von w uber v und bezeichnen ihn mit ew/v.In der selben Situation erhalten wir einen Homomorphismus R/m→ S/m′ der Restklassenkorper.Der Grad dieser Korpererweiterung heißt Restklassengrad (oder Tragheitsgrad) von S uber Rund wird mit fw/v bezeichnet.

Satz B.5 Sei v eine diskrete Bewertung auf dem Korper K und L/K eine endliche separableKorpererweiterung. Dann gilt

w|vew/vfw/v = [L : K],

wobei w uber alle diskreten Bewertungen von L lauft wie in B.4.

Beweis: [Ja2, Theorem 9.15]. �

Beispiel B.6 Nun betrachten wir einen surjektiven Morphismus ϕ : C → C ′ von irreduziblenprojektiven glatten Kurven uber k. Dadurch erhalten wir eine Korpererweiterung k(C)/k(C ′) derFunktionenkorper. Weil beide Funktionenkorper endlich erzeugte Korpererweiterungen von k vomTranszendenzgrad 1 sind (da C und C ′ Kurven), muss k(C)/k(C ′) eine endliche Korpererweiterung

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58

sein, deren Grad man mit deg(ϕ) bezeichnet. Wenn P ∈ C und Q ∈ C ′, dann gilt vP |vQ genaudann, wenn ϕ(P ) = Q (siehe Ubungen). In diesem Fall ist evP /vQ gleich der Fasermultiplizitatmϕ(P ) aus Definition 19.2 und fvP /vQ = 1 (da der Restklassenkorper der Bewertungsringe immerk ist). Falls nun k(C)/k(C ′) separabel ist, dann folgt Satz 19.4 aus Satz B.5.

Bemerkung B.7 Jeder Funktionenkorper einer irreduziblen Kurve uber k ist nach Satz A.12eine endlich erzeugte Korpererweiterung von k vom Transzendenzgrad 1. Umgekehrt kann manzeigen, dass jede endliche erzeugte Korpererweiterung K/k vom Transzendenzgrad 1 isomorph istzu k(C)/k fur eine projektive glatte irreduzible Kurve C uber k (siehe [Ha, Theorem I.6.9]). NachSatz 8.11 und Korollar 19.11 ist C bis auf Isomorphie eindeutig.

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Ubungen 59

Ubungen

Serie 1

Aufgabe 1 Sind die folgenden Mengen algebraisch in R2?

a) M1 := {(cos t, sin t) | t ∈ [0, 2π]}

b) M2 := {(t, sin t) | t ∈ R}Aufgabe 2 Zeigen Sie fur einen Korper k, dass man die folgenden Gruppen als algebraische Teil-mengen von kn

2+1 ansehen kann.

a) Gl(n, k) = {A ∈ Mat(n× n, k) | A invertierbar}

b) O(n, k) = {A ∈ Mat(n× n, k) | A ·At = 1n}

Aufgabe 3 Zeigen Sie, dass jeder algebraisch abgeschlossene Korper unendlich ist.

Aufgabe 4 Welche der Z-Moduln Z,Q,Z[x],Z[i] sind noethersch?

Aufgabe 5 Welche der Ringe in Aufgabe 4 sind noethersch?

Serie 2

Aufgabe 1 Zeigen Sie, dass der Ring der stetigen reellen Funktionen auf R nicht noethersch ist.

Aufgabe 2 Sei N ein Untermodul des R-ModulsM . Beweisen Sie, dassM genau dann noetherschist, wenn N und M/N noethersch sind.

Aufgabe 3 Welche Hausdorffraume sind irreduzibel?

Aufgabe 4 Zeigen Sie, dass R bezuglich der Standardtopologie nicht noethersch ist.

Aufgabe 5 Zeigen Sie, dass jede offene nichtleere Teilmenge U eines irreduziblen topologischenRaumes X dicht (d.h. U = X) und irreduzibel ist.

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Ubungen 60

Serie 3

Aufgabe 1 Sei I das Ideal erzeugt von den Polynomen

f1, · · · , fr ∈ k[x1, . . . , xn].

Beweisen Sie, dass V (I) = V (f1, . . . , fr) gilt.

Aufgabe 2 Beweisen Sie, dass das Radikal eines Ideals wieder ein Ideal ist.

Aufgabe 3 Zerlegen Sie V (x2 − yz, xz − x) in seine irreduziblen Komponenten.

Aufgabe 4 Welche der folgenden Ideale in C[x, y, z] sind gleich?

• I1 = 〈xy + y2, xz + yz〉

• I2 = 〈xy + y2, xz + yz + xyz + y2z〉

• I3 = 〈xy2 + y3, xz + yz〉

Aufgabe 5 Welche Nullstellengebilde der Ideale in Aufgabe 4 sind gleich?

Serie 4

Aufgabe 1 Sei R ein kommutativer Ring mit 1 und A eine kommutative R-Algebra mit 1 6= 0,die endlich erzeugt als R-Modul ist. Weiter sei R Teilring von A. Zeigen Sie fur jedes Maximalidealm von R, dass mA 6= A gilt (Nakayama-Lemma).

Aufgabe 2 Illustieren Sie die Noethersche Normalisierung an den folgenden beiden Beispielen:

(a) A = k[x1, x2]/〈x22 − x31 + x1〉(b) A = k[x, y, z]/〈xyz, (xy)2, z5〉

Aufgabe 3 Sei f(x1, . . . , xn) ∈ k[x1, . . . , xn]. Zeigen Sie, dass es geeignete α1, . . . , αn−1 ∈ k gibtso , dass

f(x1 + α1xn, . . . , xn−1 + αn−1xn, xn) = cxdn + g(x1, . . . , xn)

gilt fur d = deg(f), fur ein geeignetes c ∈ k \ {0} und fur ein g ∈ k[x1, . . . , xn] mit partiellemxn-Grad < d.

Serie 5

Page 62: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

Ubungen 61

Aufgabe 1 Es sei C = V (y2 − x3) die Neillsche Parabel in A2C. Zeigen Sie, dass die Abbildung

ϕ : A1C −→ C, t 7→ (t2, t3)

ein Homoomorphismus bezuglich der Zariski-Topologie ist. Gilt das auch bezuglich der gewohnlichenkomplexen Topologie?

Aufgabe 2 Beweisen Sie, dass die Hyperbel V (xy − 1) in A2 nicht isomorph zu A1 ist.

Aufgabe 3 Geben Sie ein Beispiel dafur, dass das Bild einer polynomialen Abbildung f : An → Am

im allgemeinen keine algebraische Menge ist.

Aufgabe 4 Zeigen Sie, dass die Zariski-Topologie auf A2 = A1 ×A1 nicht isomorph zur Produkt-topologie der mit der Zariski-Topologie versehenen Faktoren ist.

Aufgabe 5 Es sei ℘ ein Primideal in dem Integritatsbereich R. Zeigen Sie, dass es eine Bijekti-on gibt zwischen der Menge der Primideale ℘′ ⊂ ℘ in R und der Menge der Primideale in derLokalisierung R℘.

Serie 6

Aufgabe 1 Geben Sie ein Beispiel rationaler Abbildungen f, g mit

dom(f) ∩ f−1dom(g) ( dom(g ◦ f).

Aufgabe 2 Zeigen Sie, dass zwei irreduzible affine Varietaten birational aquivalent sind dann undnur dann wenn ihre Funktionenkorper isomorph uber k sind.

Aufgabe 3 Seien V,W irreduzible affine Varietaten mit Punkten P ∈ V , Q ∈ W und sei ϕ :OW,Q → OV,P ein k-Algebrenisomorphismus. Zeigen Sie, dass es genau eine birationale Abbildungf von V nach W gibt so, dass P ∈ dom(f) und

f∗|OW,Q= ϕ

gilt.

Aufgabe 4 Zeigen Sie, dass V (y2 − x3) birational zu A1 ist.

Aufgabe 5 Zeigen Sie, dass jeder irreduzible Kegelschnitt in A2 birational zu A1 ist.

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Ubungen 62

Serie 7

Aufgabe 1 Betrachten Sie die affine Kurve Caff = V (y2 − x3 − ax − b) fur a, b ∈ k. BestimmenSie die projektive Kurve C in P2, die Caff als dichte Teilmenge enthalt. Was ist C \ Caff?

Aufgabe 2 Sei J ein Ideal in einer kommutativen graduierten k-Algebra S mit 1. Zeigen Siefolgende Behauptungen:

a) J ist genau dann homogen, wenn J von homogenen Elementen erzeugt wird.

b) Falls J homogen ist, dann ist J ein Primideal genau wenn aus fg ∈ J fur homogene f, g ∈ Simmer folgt, dass f oder g in J liegt.

c) Summen, Produkte, Durchschnitte und Radikale homogener Ideale sind wieder homogeneIdeale.

Aufgabe 3 Zeigen Sie, dass eine projektive Varietat Y in Pn genau dann irreduzibel ist, wennI(Y ) ein Primideal in dem homogenen Koordinatenring S(Y ) ist.

Aufgabe 4 Betrachten Sie die rationale Normkurve C gegeben als die Menge aller (x0 : x1 : x2 :x3) ∈ P3 so, dass der Rang der Matrix

(x0 x1 x2x1 x2 x3

)

kleiner oder gleich 1 ist.

a) Beweisen Sie, dass C eine projektive Varietat ist.

b) Zeigen Sie, dassC = V (x0x2 − x21, x0x23 − 2x1x2x3 + x32)

gilt.

Serie 8

Aufgabe 1 Beweisen Sie, dass Pn ein noetherscher topologischer Raum ist.

Aufgabe 2 Zeigen Sie, dass jede projektive Varietat sich als Vereinigung von endlich vielen irre-duziblen projektiven Varietaten schreiben lasst und dass diese bis auf Reihenfolge eindeutig sind,falls man verlangt, dass keine in einer anderen enthalten ist.

Aufgabe 3 Sei Y eine affine Varietat in An mit Zariski-Abschluss Y in Pn. Zeigen Sie, dass I(Y )erzeugt wird von den Homogenisierungen der Polynome in I(Y ).

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Ubungen 63

Aufgabe 4 Zeigen Sie anhand der rationalen Normkurve (s. Aufgabe 4, Serie 7), dass in obigerAufgabe 3 das Ideal I(Y ) nicht notwendigerweise von den Homogenisierungen eines Erzeugenden-systems g1, . . . , gr von I(Y ) erzeugt wird. Such Sie sie sogar ein Erzeugendensystem so, dass dasNullstellengebilde der Homogenisierungen verschieden von Y ist.

Serie 9

Aufgabe 1 Bestimmen Sie die singularen Punkte der projektiven Varietat

V (x20x21 + x20x

22 + x21x

22 − x0x1x2x3)

in P3C.

Aufgabe 2 Fur welche Werte (λ : µ) ∈ P1C ist der Abschluss der affinen Kurve

{(x, y) ∈ A2 | (λ+ µ)y2 − (λ+ µ)x3 − µx = 0}

in P2C singular?

Aufgabe 3 Sind die affinen Varietaten V (xy, xz, yz) und V (z, xy(x+ y)) isomorph?

Aufgabe 4 Gegeben sei der Morphismus

ϕ : A1 −→ A4, t 7→ (t4, t5, t6, t7).

Zeigen Sie, dassX = ϕ(A1) eine affine algebraische Kurve ist und berechnen Sie den TangentialraumT0X. Schliessen Sie daraus, dass X nicht zu einer Kurve in A3 isomorph ist.

Serie 10

Aufgabe 1 Zeigen Sie, dass die ebenen Kubiken V (x21x0 − x32 − x0x22) und V (x0x

21 − x32) nicht

isomorph sind.

Aufgabe 2 Zeigen Sie, dass die beiden Kubiken aus Aufgabe 1 birational zu P1 sind.

Aufgabe 3 Welche der folgenden Kubiken a)-e) sind isomorph?

a) x0x22 = x31 − x0x21 − x20x1 + x30

b) x30 + x31 + x32 = 0

c) x31 − 5x21x2 + x1x22 − 3x32 = 0

d) x31 − x0x21 − x20x1 + x30 = 0

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Ubungen 64

e) x0x22 = x31 − 3x0x

21 + 3x20x1 − x30

Aufgabe 4 Zeigen Sie fur gegebene g2, g3 ∈ k, dass die ebene Kubik

x0x22 = x31 − g2x20x1 − g3x30

in (0 : 0 : 1) einen Wendepunkt hat und bestimmen Sie die Wendetangente.

Serie 11

In dieser Serie soll immer von einem Korper k der Charakteristik 0 ausgegangen werden.

Aufgabe 1 Bestimmen Sie die Wendepunkte, eine Weierstrass-Normalform und die J-Invarianteder ebenen Kubik x30 + x31 = x32.

Aufgabe 2 Bringen Sie y2+y = x3−x durch affine Koordinatentransformationen auf Weierstrass-Normalform und bestimmen Sie die J-Invariante.

Aufgabe 3 Gibt es einen affinen Koordinatenwechsel, der die Kubik aus Aufgabe 2 in die ebeneKubik y2 = x3 − x2 + x uberfuhrt?

Aufgabe 4 Berechnen Sie die Schnittpunkte der ebenen Kubik x31+x32 = 2x0x1x2 mit der Geraden

x1 = λx2 und ihre Schnittmultiplizitaten in Abhangigkeit des Parameters λ ∈ k.

Serie 12

Aufgabe 1 Sei K ein Korper. Dann ist eine diskrete Bewertung auf v eine surjektive Abbildungv : K −→ Z ∪ {∞} mit den Eigenschaften:

(i) v(x) =∞ genau dann wenn x = 0;

(ii) v(xy) = v(x) + v(y);

(iii) v(x+ y) ≥ min(v(x), v(y)).

Dann heisst R := {x ∈ K | v(x) ≥ 0} Bewertungsring von v. Zeigen Sie folgende Eigenschaften:

a) R ist ein lokaler Ring mit 1. Bestimmen Sie das Maximalideal und die Einheiten von R mitHilfe von v;

b) R ist ein Hauptidealbereich;

c) Primelemente in R sind eindeutig bis auf Multiplikation mit Einheiten.

d) Interpretieren Sie die Bewertung mit Hilfe der Primfaktorzerlegung.

Page 66: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

Ubungen 65

Aufgabe 2 Zeigen Sie, dass ein Ring R mit einer surjektiven Funktion v : R −→ N ∪ {∞} ineinem Bewertungsring im Sinn der Definition in Aufgabe 1 enthalten ist. Zeigen Sie, dass der lokaleRing einer irreduziblen glatten Kurve ein Bewertungsring ist.

Aufgabe 3 Sei ab jetzt k ein algebraisch abgeschlossener Korper. Sei f ∈ k[x] und sei P ∈ A1

gegeben durch die Koordinate α ∈ k. Zeigen Sie, dass die Vielfachheit von f als regulare Funktionin P gleich der Vielfachheit der Nullstelle α ist.

Aufgabe 4 Sei C eine irreduzible projektive glatte Kurve uber k und seien f, g ∈ k(C) \ {0}.Zeigen Sie, dass div(fg) = div(f) + div(g) gilt.

Aufgabe 5 Seien p, q ∈ k[t] teilerfremd und α, β, γ verschiedene Elemente aus k so, dass q, p −αq, p − βq, p− γq Quadrate sind in k[t]. Zeigen Sie, dass p und q konstant sind.

Aufgabe 6 Beweisen Sie, dass eine irreduzible ebene projektive Kubik uber k genau dann bira-tional aquivalent zu P1 ist wenn C singular ist.

Serie 13

Aufgabe 1 Sei L = k(x) der Korper der rationalen Funktionen in x und K = k(p(x)) fur einPolynom p vom Grad d. Zeigen Sie, dass [L : K] = d gilt.

Aufgabe 2 Sei C glatte irreduzible projektive Kurve uber k und g ∈ OC,P \ {0} eine regulareFunktion in P ∈ C. Beweisen Sie

dim(OC,P /〈g〉) = vP (g).

Aufgabe 3 Sei k ein algebraisch abgeschlossener Korper der Charakteristik ungleich 2. Seien p, q ∈k[t] teilerfremd und α, β, γ verschiedene Elemente aus k so, dass q, p−αq, p− βq, p− γq Quadratesind in k[t]. Zeigen Sie, dass p und q konstant sind.

Aufgabe 4 Beweisen Sie, dass eine irreduzible ebene projektive Kubik uber k genau dann biratio-nal aquivalent zu P1 ist wenn C singular ist. Dabei soll die Charakteristik von k verschieden von 2und 3 sein.

Serie 14

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Ubungen 66

Aufgabe 1 Sei C glatte projektive Kubik uber k, deren affiner Teil gegeben sei durch dieWeierstrass-Normalform y2 = 4x3−g2x−g3. Auf C gibt es eine naturliche Gruppenstruktur + mit O = (0 : 0 : 1)als Neutralelement (siehe Vorlesung). Berechnen Sie alle 2-Torsionspunkte dieser Gruppe (dh. diePunkte P mit P + P = O).

Aufgabe 2 Sei C die projektive ebene Kubik, deren affiner Teil durch die Weierstrass-Normalformy2 = x3 + x+1 gegeben ist. Der Grundkorper habe Charakteristik 5. Mit dem Gruppengesetz vonobiger Aufgabe addiere man die Kurvenpunkte (0, 1) und (4, 2).

Aufgabe 3 Zeigen Sie den folgenden Satz von Pascal: Es sei C ein glatter Kegelschnitt in P2 undseien P1, . . . , P6 sechs verschiedene Punkte von C. Mit Li bezeichnen wir die Verbindungsgeradevon Pi und Pi+1, wobei P7 = P1. Dann liegen L1 ∩ L4, L2 ∩ L5 und L3 ∩ L6 auf einer Geraden.

• Wenn ℓj die Geradengleichung von Lj ist und λ ein Parameter in k ist, dann zeigen Siezuerst, dass V (ℓ1ℓ3ℓ5 − λℓ2ℓ4ℓ6) alle obigen neun Punkte enthalt. Zeigen Sie, dass dabei diedrei Schnittpunkte der Geraden nicht auf C liegen.

• Zeigen Sie, dass fur eine geeignete Wahl des Parameters λ mindestens 7 Punkte auf C liegen.

• Wenden Sie nun den Satz von Bezout an um die Behauptung zu zeigen.

• Uberlegen Sie sich zusatzlich, dass der Satz von Pascal auch fur den nicht algebraisch abge-schlossenen Korper k = R folgt.

Page 68: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

LITERATUR 67

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Page 69: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

Index

Abschluss, 6algebraisch abhangig, 55algebraisch unabhangig, 55algebraische Menge, 2

Bewertungsring, 64

Dedekindbereich, 56Derivation, 32Differential, 33Dimension, 31diskrete Bewertung, 64Divisor, 42

kanonischer, 51Verzweigungs-, 52

Divisorengruppe, 44dominant, 20

elliptische Kurve, 50

Fasermultiplizitat, 45Funktionenkorper, 17

ganzalgebraisch, 12Gauss Lemma, 54Geschlecht, 51glatte Varietat, 31Grad eines Divisors, 44Grad eines Morphismus, 46graduiert, 24

Hauptdivisor, 44hausdorff’sch, 6Hessesche, 39Hilbert’scher, 5

Basissatz, 5Nullstellensatz, 9

Homomorphismus, 3Hurwitzsche Geschlechtsformel, 52

Inhalt, 54irreduzibel, 7

Komponenten, 9Isomorphismus, 16

Koordinatenring, 14homogener, 24

Krullscher Durchschnittssatz, 43

lineare Aquivalenz, 44Linearsystem eines Divisors, 50

Lokalisierung, 17

Modul, 3Morphismus, 21, 29Multiplizitat, 42

Nakayama Lemma, 43noethersch, 4Noethersche Normalisierung, 11Nullstellengebilde, 2

Picardgruppe, 44Pol, 44Pullback eines Divisors, 46

Quotientenkorper, 17

Radikal, 9regular, 30regulare Varietat, 31regularer Punkt einer Funktion, 27regularer Punkt einer Varietat, 31Restklassengrad, 57Ring

lokaler, 17

Satz von Bezout, 48Satz von Riemann-Roch, 51Schnittmultiplizitat, 38Schnittzahl, 48singular, 30

Tangentialraum, 30, 31topologischer Raum, 6Tragheitsgrad, 57Transzendenzbasis, 56Transzendenzgrad, 56

Varietat, 14affine, 14projektive, 24

Varietatquasi-affine, 21quasiprojektive, 29

Verschwindungsideal, 8Verzweigungsindex, 57

Weierstrass-Normalform, 40Diskriminante, 41J-Invariante, 41

Wendepunkt, 39

68

Page 70: Algebraische Geometrie WS 2005/2006

INDEX 69

Wendetangente, 39

Zariski-Topologie, 7