Allgemeine Toxikologie Toxikologie der Hilfs- und Schadstoffe · Aufgabengebiete 1...

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Allgemeine Toxikologie Toxikologie der Hilfs- und Schadstoffe Dr.rer.nat. Martin Pfaffendorf Professor der Pharmakologie und Toxikologie Dr. rer.nat. Cornelius Courts Dr. rer.nat. Cornelius Hess PD Dr. rer.nat. Christian Tränkle Unterrichtsbegleitende Information: http://www.rechtsmedizin.uni-bonn.de/studium/lebensmittelchemie

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Allgemeine Toxikologie

Toxikologie der Hilfs- und Schadstoffe

Dr.rer.nat. Martin PfaffendorfProfessor der Pharmakologie und Toxikologie

Dr. rer.nat. Cornelius CourtsDr. rer.nat. Cornelius Hess

PD Dr. rer.nat. Christian Tränkle

Unterrichtsbegleitende Information:

http://www.rechtsmedizin.uni-bonn.de/studium/lebens mittelchemie

Toxikologie ist die Lehre von den Konsequenzen der Einwirkung chemischer Stoffe auf biologische Systeme.

gr.: Toxico n (Bogen), Pharmako n (Wirkstoff),‘toxicon pharmacon’ = Pfeilgift, Logo s (Lehre)

Experimentelle und regulatorische Toxikologie

Aufgabengebiete 1

Arzneimitteltoxikologie Vorklinische Prüfung auf Verträglichkeit, unerwünschte Wirkungen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch, Vergiftungserscheinungen bei Überdosierung

Gewerbetoxikologie Akute und chronische Toxizität von Arbeitsstoffen, Feststellung von Toleranzgrenzen (MAK-Werte in Luft, BAT-Werte in biologischem Material), Arbeitsschutz

Pestizidtoxikologie Toxizität bei Ausbringung im Feld, Rückstände in der Nahrung und Gebrauchsgegenständen

Nahrungsmitteltoxikologie Schadwirkungen natürlicher und künstlicher Nahrungsbestandteile

Kosmetik-Toxikologie Lokale und systemische Verträglichkeit von Kosmetika

Aufgabengebiete 2

Lufttoxikologie Analyse und Wirkungsermittlung von Schadstoffen in der Atmosphäre

Umwelttoxikologie Schadwirkungen chemischer Stoffe auf Öko-Systeme und Rückwirkungen auf den Menschen.

Spezielle Toxikologie

klinische Toxikologie Diagnose und Therapie akuter Vergiftungen, Giftstoffregister, Vergiftungsstatistik, Informationsstellen ‘Vergiftungszentralen’

Dermatotoxikologie Hautspezifische, toxikologische Aspekte

Immuntoxikologie Immunspezifische, toxikologische Aspekte

Neurotoxikologie Neurologisch, toxikologische Aspekte

Reproduktionstoxikologie toxikologische Aspekte der Fortpflanzung, Fertilität, Teratogenität

Toxikodynamik Wirkprinzipien von Giften

Toxikokinetik Aufnahme, Verteilung, Metabolismus und Ausscheidung von Giften

Relevante Variablen

Menge Dosis sola facit venenum

Die Dosis allein macht das Gift:

Theophrastus Bombastus von Hohenheim, ‘Paracelsus’ 1493-1541)

Einwirkungsart (Kontaktort bzw. Aufnahmeweg)

Cave: mengenunabhängige Gifte !

Relevante Variablen

Menge Dosis sola facit venenum

Die Dosis allein macht das Gift:

Theophrastus Bombastus von Hohenheim, ‘Paracelsus’ 1493-1541)

Einwirkungsart (Kontaktort bzw. Aufnahmeweg)

Einwirkungshäufigkeit

Einwirkungs(gesamt)zeit

Cave: mengenunabhängige Gifte !

Haber’sche Regel: Ein gegebener toxischer Effekt ist das Produkt aus der Konzentration des Wirkstoffes und seiner Expositionszeit. Nicht am Erbgut angreifende Gifte zeigen eine Schwellenkonzentration, unterhalb derer auch bei langer Exposition kein Effekt zu beobachten ist.

50

75

100

Equieffektive Wirkung

Kon

zent

ratio

n

0 50 100 1500

25

50

75

100

Equieffektive Wirkung

Schwellenkonzentration

Zeit

Kon

zent

ratio

n

0 50 100 1500

25

Zeit

Kon

zent

ratio

n

R-Sätze sind gemäß folgenden Kriterien zuzuordnen:

R28 Sehr giftig beim VerschluckenAkute Toxizität:

LD50 oral, Ratte ≤ 50 mg/kg,Weniger als 100%ige Überlebensrate bei 5mg /kg, oral Ratte nach der Festdosis-Methode, oderHohe Mortalität bei oraler Verabreichung von Dosen < 25 mg/kg an Ratten

Sehr giftig

R27 Sehr giftig bei Berührung mit der HautAkute Toxizität:

LD50 dermal, Ratte oder Kaninchen: ≤ 50 mg/kgLD50 dermal, Ratte oder Kaninchen: ≤ 50 mg/kg

R26 Sehr giftig beim EinatmenAkute Toxizität:

LC50 inhalativ, Ratte, Aerosole oder Stäube: ≤ 0,25 mg/l/4hLC50 inhalativ, Ratte, Gase und Dämpfe: ≤ 0,5 mg/l/4h

R39 Ernste Gefahr irreversiblen SchadensErhebliche Anhaltspunkte, dass irreversible Gesundheitsschäden anderer Art als die in Abschnitt 4 genanntenDurch eine einmalige Verabreichung über einen geeigneten Aufnahmeweg im Allgemeinen im Bereich derOben genannten Dosen verursacht werden können

R-Sätze sind gemäß folgenden Kriterien zuzuordnen:

R25 Giftig beim VerschluckenAkute Toxizität:

LD50 oral, Ratte 25 < LD50 ≤ 200 mg/kg,kritische Dosis 5mg /kg, oral Ratte: 100% Überlebensrate, jedoch offensichtliche Vergiftungserscheinungen, oder hohe Mortalität bei oraler Verabreichung von Dosen > 25 mg/kg und < 200 mg/kg an Ratten

Giftig

R24 Giftig bei Berührung mit der HautAkute Toxizität:

LD50 dermal, Ratte oder Kaninchen: 50 < LD50 400 mg/kg

R23 Giftig beim EinatmenAkute Toxizität:

LC50 inhalativ, Ratte, Aerosole oder Stäube: 0,25 < LD50 ≤ 1mg/l/4hLC50 inhalativ, Ratte, Gase und Dämpfe: 0,5 < LD50 ≤ 2 mg/l/4h

R48 Gefahr ernster Gesundheitsschäden bei längerer ExpositionSchwerer Gesundheitsschaden (eindeutige funktionelle Störungen oder morphologische VeränderungenVon toxikologischer Bedeutung) kann bei wiederholter oder längerer Exposition über einen geeigneten Aufnahmeweg verursacht werden .

R-Sätze sind gemäß folgenden Kriterien zuzuordnen:

R22 Gesundheitsschädlich beim VerschluckenAkute Toxizität:

LD50 oral, Ratte 200 < LD50 ≤ 2000 mg/kg,kritische Dosis 50mg /kg, oral Ratte: 100% Überlebensrate, jedoch offensichtliche Vergiftungserscheinungen, oder weniger als 100% Überlebensrate bei 500 mg/kg, oral Ratte, oderhohe Mortalität bei oraler Verabreichung von Dosen > 200 mg/kg und < 2000 mg/kg an Ratten

R21 Giftig bei Berührung mit der HautAkute Toxizität:

Gesundheitsschädlich

LD50 dermal, Ratte oder Kaninchen: 400 < LD50 ≤ 2000 mg/kg

R20 Giftig beim EinatmenAkute Toxizität:

LC50 inhalativ, Ratte, Aerosole oder Stäube: 1 < LD50 ≤ 5mg/l/4hLC50 inhalativ, Ratte, Gase und Dämpfe: 2 < LD50 ≤ 20 mg/l/4h

R65 Gesundheitsschädlich: Kann beim Verschlucken Lu ngenschäden verursachenFlüssige Stoffe und Zubereitungen, die aufgrund ihrer niedrigen Viskosität eine Aspirationsgefahr für denMenschen darstellen.

R68 Irreversibler Schaden möglichErhebliche Anhaltspunkte, dass irreversible Gesundheitsschäden verursacht werden können.

Beschreibung von Vergiftungserscheinungen und Ergründung des Wirkmechanismus

Zielsetzungen

Experimentelle Toxikologie

Johann Jakob Wepfer (1620-1695)

Ich überlegte mir vielerlei. Endlich beschloß ich,

die Sache durch Experimente aufzuklären

Zielsetzungen

Experimentelle Toxikologie Beschreibung von Vergiftungserscheinungen und Ergründung des Wirkmechanismus

Regulatorische Toxikologie Bewertung von Befunden in Bezug auf ein potentielles Risiko für den Menschen

MAK : maximale Arbeitsplatzkonzentration

Regulatorische Toxikologie

Konzentration eines Gases, Dampfes oder Schwebstoffes in der Luftwelche bei einer regelmäßigen Exposition von max. 8 h pro Tag und40 h pro Woche ungefährlich ist

BAT : biologische Arbeitsstoff-ToleranzMaximale Konzentration eines Arbeitsstoffes im Blut und/oder Harnwelche bei regelmäßigen Exposition von max. 8 h pro Tag und 40 h pro Woche ungefährlich ist

TRK : Technische RichtkonzentrationenKonzentration potentiell kanzerogener Arbeitsstoffe in der Luftwelche bei einer regelmäßigen Exposition von max. 8 h pro Tag und40 h pro Woche , unter Berücksichtigung arbeitsmedizinischer und toxikologischer Erfahrung zu verantworten sind

EKA : Expositionsäquivalente krebserregender Arbeitsstoffe

Maximale Konzentration eines potentiell kanzerogenen Arbeitsstoffes im Blut und/oder Harn welche bei regelmäßigen Exposition von max. 8 h pro Tag und 40 h pro Woche unter Berücksichtigung arbeits-medizinischer und toxikologischer Erfahrung zu verantworten sind

Regulatorische Toxikologie

Ambient Monitoring Biomonitoring

Untersuchungs-material

Luft Blut / Harn

Beurteilungsobjekt Arbeitsplatz Personen

Stoffgruppen Toxische KanzerogeneArbeitsstoffe Arbeitsstoffe

Toxische KanzerogeneArbeitsstoffe Arbeitsstoffe

Grenzwert MAK TRK BAT EKA

Definiert als Schichtmittelwert Höchstwert

Regulatorische Toxikologie

Die erlaubte Tagesdosis (ETD) ( Acceptable Daily Intake, ADI) bezeichnetdie Dosis einer Substanz, wie etwa eines Lebensmittelzusatzstoffs, Pestizids oder eines Medikaments, die bei lebenslanger täglicher Einnahme als medizinisch unbedenklich betrachtet wird. Handelt es sich um ungewollte Verunreinigungen, spricht man von einer tolerierten Tagesdosis(Tolerable Daily Intake, TDI).(Tolerable Daily Intake, TDI).Angegeben wird der ETD-Wert in Milligramm bzw. Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag.

Regulatorische Toxikologie

NOEL oder NOEC (No Observed Effect Level oder Concentration) ist ein toxikologischer Endpunkt in der Toxizitätsbestimmung.Der NOEL entspricht der höchsten Dosis oder Expositionskonzentration eines Stoffes in subchronischen oder chronischen Studien, bei der keine statistisch signifikante behandlungsbedingte Wirkung beobachtet werden kann.

Im Gegensatz dazu bezeichnet der NOAEL (No Observed Adverse Effect Level) die Dosis, bei der keine schädigende Wirkung beobachtet wird.die Dosis, bei der keine schädigende Wirkung beobachtet wird.Der NOEL für einen Stoff bezieht sich immer auf ein bestimmtes biologisches Messverfahren mit einer bestimmten Applikationsform und einer bestimmten Tierart oder einem bestimmten Zellkultursystem.D.h. ein Stoff kann somit verschiedene NOEL-Werte haben, abhängig vom Untersuchungsverfahren.

Regulatorische Toxikologie

Der Maximale Immissions-Konzentration (MIK-Wert ) ist eine Abkürzung für max. Immissionskonzentration ein Wert für eine bestimmte Luftverschmutzung, bei der nach dem aktuellen Stand des Wissens keine Schäden bei Menschen, Tierenund Pflanzen auftreten.Zum Schutz des Menschen werden maximale Immissionskonzentrationen festgelegt,deren Zeitbasis von 0,5 Stunden bis zu maximal einem Jahr reicht. Nicht erfasst werden hiermit Stoffe, die unter dem Verdacht stehen, eine krebserzeugende oder erbgutschädigende Wirkung zu besitzen, da für solche krebserzeugende oder erbgutschädigende Wirkung zu besitzen, da für solche Substanzen aus den oben genannten Gründen das Minimierungsgebot gilt.

Der Vorsorgewert ist ein allgemeiner Umwelt-Richtwert des Bundesgesundheitsamtes (BGA), der im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes zu unterschreiten ist.

Der Interventionswert ist ein allgemeiner Umwelt-Richtwert des Bundesgesundheitsamtes (BGA), bei dem Sofortmaßnahmen zur Abwehr von Gesundheitsgefahren zu ergreifen sind.

Akute Toxizität Stunden - TageSubakute Toxizität Wochen - MonateToxikokinetik Stunden - MonateChronische Toxizität Monate - JahreMutagenität Wochen - Monate

Zeitabhängige Strategien

Mutagenität Wochen - MonateKanzerogenität JahreReproduktionstoxizität Jahre (Generationen)

Allgemeine BegriffeGLP good laboratory practice

GCP good clinical practice

GMP good manufactures practice

Dosis Menge pro Zeiteinheit

Konzentration Menge pro Volumeneinheit

Effektivität maximal erreichbarer Effekt

Potenz Konzentrationsbereich der Wirkung

Effektive Dosis 50% (ED50) Dosis bei welcher die Hälfte

der maximalen Wirkung erreicht wird

Effektive Konzentration 50% (EC50) Konzentration bei

welcher die Hälfte der maximalen Wirkung erreicht wird.

Letale Dosis 50% (LD50) Dosis bei welcher die Hälfte aller

Versuchstiere sterben.

Toxikologische Wirkungen sind durch Gifte ausgelöste Veränderungen biologischer

Funktionen und/oder Strukturen.

Sie können sich am Ort der Gifteinwirkung abspielen:

lokale Schädigung , oder

nach Aufnahme in den Organismus und Verteilung in die Gewebe:

systemische Schädigung .

Allgemeine Begriffe

Die Veränderungen können reversibel oder irreversibel sein, der Übergang kann

allerdings fließend sein. Überwiegend ist die Wirkung an die Anwesenheit des

Giftes gebunden.

Primärwirkung ; doch gibt es Veränderungen an den gleichen oder anderen

Wirkorten nach Entfernen des Giftes: Sekundärwirkung .

Treten Effekte in Bezug auf die Stoffaufnahme verzögert auf, spricht man von

Latenz .

Eine toxikologische Wirkung ist das Resultat dreier Parameter:

Wirkqualität (Art der Wirkung)

Wirkstärke (Ausmaß des Unterschiedes zum unbeeinflußten Zustand)

Wirkdauer (Zeit vom Eintritt bis zum Ende der Wirkung bei einmaliger Exposition)

Wirkstärke und Wirkdauer sind quantitative Parameter; sie werden auch als

Wirkungsgröße integriert.

Allgemeine Begriffe

Wirkungsgröße integriert.

Unter Wirkungsmechanismus versteht man die Ausdeutung der Elementarvorgänge

toxikologischer Wirkungen auf biochemischer, genetischer, physikalischer und

physiologischer Ebene.

Jeder Wirkung liegt ein naturwissenschaftlich erklärbarer Mechanismus zugrunde.

Sind die Mechanismen nicht hinreichend bekannt, behilft man sich mit dem Ausdruck

Wirkungsweise .

Arten von Vergiftungen

chemisch substratabhängig (Enzyme, Rezeptoren u.a. Funktionsproteine)

substratunabhängig

genetisch mutagenkanzerogenkanzerogenteratogen

Für chemische Gifte läßt sich zumeist eine Schwellenkonzentration angeben, für Gifte, welche das Erbgut schädigen nicht (stochastische Wirkung).

Substratabhängig

Wirkmechanismen chemischer Gifte

Hemmung von Funktionsproteinen z.B. Enzyme, Rezeptoren, Ionenkanäle

Aktivierung von Funktionsproteinen z.B. Enzyme, Rezeptoren, Ionenkanäle

Falsche Substrate z.B. O2-Transport, Eiweißsynthese

Häufig geht der Wirkung von Giften eine Bindung an spezifische Bindungsstellen voraus, welche dann durch eine Aktivierung oder Hemmung die Homöostase des Systems, ggf. fatal, stört. Systems, ggf. fatal, stört. Zumeist folgen die Interaktionen der Gifte welche reversibel an spezifische Rezeptoren binden dem Massenwirkungsgesetz, sind also konzentrationsabhängig. Bis zum Erreichen des Reaktionsgleichgewichtes ist auch eine Zeitabhängigkeit gegeben, danach nicht mehr.Zumeist sind Rezeptoren sehr anspruchsvoll bezüglich der Struktur ihrer Liganden. Liegen diese als Racemat vor, so kann oft nur einer der Isomeren binden: Stereoselektivität

Wirkmechanismen chemischer Gifte

Hemmung von Funktionsproteinen z.B. Enzyme, Rezeptoren, Ionenkanäle

Aktivierung von Funktionsproteinen z.B. Enzyme, Rezeptoren, Ionenkanäle

Falsche Substrate z.B. O2-Transport, Eiweißsynthese

Denaturierung von Zellbestandteilen z.B. Säuren, Laugen, Enzyme

H+

ProteineKoagulationsnekroseH+

Kolliquationsnekrose

OCl-

Toxikodynamik

Für chemische Gifte läßt sich zumeist eine Schwellenkonzentration angeben,

für Gifte, welche das Erbgut schädigen nicht.

Je nach dem Verhalten an der Zielstruktur unterscheidet man Konzentrationsgifte ,

welche streng konzentrationsabhängig ihre Wirkung ausüben, und

Summationsgifte , welche einen irreversiblen Schaden zufügen, welcher sich bei Summationsgifte , welche einen irreversiblen Schaden zufügen, welcher sich bei

erneuter Exposition zum bereits vorhandenen summiert

(Beispiel Xeroderma pigmentosum, genetischer Mangel an DNA-Endonukleasen).

Die Stärke der Wirkung eines Giftstoffes hängt nicht in jedem Fall von der

absoluten Menge im Organismus, sondern von seiner Konzentration am Wirkort ab.

Sind zwei Personen, die eine von 50 kg, die andere von 100 kg Körpergewicht,

gegenüber der selben Dosis eines Giftstoffes exponiert, so kommt es im ersten Fall,

gleichmäßige Verteilung vorausgesetzt, zu einer doppelt so hohen Konzentration an

den Geweben als im zweiten Fall. Zu einer exakten Dosierung, wie sie z.B. bei

Toxikodynamik

den Geweben als im zweiten Fall. Zu einer exakten Dosierung, wie sie z.B. bei

vergleichenden Untersuchungen an Tieren unbedingt erforderlich ist, muß daher das

Körpergewicht (KG) berücksichtigt werden.

Die Dosis wird dann in g/kg KG angegeben.

Für die Risikoabschätzung in der Toxikologie wird von einem Normalgewicht (70 kg)

ausgegangen, um eine Aussage für das Gesamtkollektiv der Bevölkerung machen

zu können. Dies muss bei der Übertragung auf andere Populationen

berücksichtigt werden.

Toxikodynamik

Außer dem Körpergewicht unterscheidet auch die Ansprechbarkeit Individuen eines

Kollektivs. Im Regelfall wird eine glockenförmige Normalverteilung bezüglich der

Ansprechbarkeit beobachtet. Eine Zwei- oder Mehrgipfligkeit weist auf die Anwesenheit

von Subpopulationen hin (Beispiel Pseudocholinesterasemangel,

Glucose-6-phosphat-Dehydrogenasemangel).

Die Empfindlichkeit eines Organismus hängt, neben genetischen Dispositionen, noch

von Faktoren wie dem Lebensalter, dem Allgemeinzustand, Co-expositionen oder

dem Ernährungszustand (quantitativ und qualitativ) ab.

ToxikodynamikStraub‘sche Schwanzphänomen nach Morphingabe

Toleranz

Bei der wiederholten Gabe von Gift- bzw Arzneistoffen kann es zu einer

Wirkungsabschwächung kommen. Diese kann kinetischer oder dynamischer Art sein.

Einer toxikokinetischen Wirkungsabschwächung liegt die Induktion abbauender

(Leber-) Enzyme zugrunde. Die durch den Erstkontakt mit dem Giftstoff vermehrt

exprimierten Enzyme bauen den Giftstoff bei den folgenden Expositionen

schneller ab, d.h. eine gleiche Dosis führt zu weniger Effekt.

Toleranz

Bei der wiederholten Gabe von Gift- bzw Arzneistoffen kann es zu einer

Wirkungsabschwächung kommen. Diese kann kinetischer oder dynamischer Art sein.

Einer toxikokinetischen Wirkungsabschwächung liegt die Induktion abbauender

(Leber-) Enzyme zugrunde. Die durch den Erstkontakt mit dem Giftstoff vermehrt

exprimierten Enzyme bauen den Giftstoff bei den folgenden Expositionen

schneller ab, d.h. eine gleiche Dosis führt zu weniger Effekt.

Ein Beispiel für eine toxikodynamisch bedingte Wirkungsabschwächung ist die Ein Beispiel für eine toxikodynamisch bedingte Wirkungsabschwächung ist die

Gewöhnung an den Morphingebrauch (ungeklärter Mechanismus) und der

Wirkungsverlust von ß-Adrenozeptorstimulatien (z.B. Isoprenalin) durch die Abnahme

der Rezeptorenanzahl nach wiederholter Exposition.

Ist der Zeitverlauf der Wirkungsabnahme sehr schnell, d.h. im Bereich von Minuten oder Stunden, so spricht man von Tachyphylaxie . Dieser Vorgang ist bei Hemmstoffen Der neuronalen Wiederaufnahme, wie z.B. Amphetaminen oderEphedrin zu beobachten.

Ist ein Organismus vollständig unempfindlich gegen einen Giftstoff, so spricht man

von Resistenz . Diese kann absolut oder relativ sein, d.h. der Organismus spricht

überhaupt nicht bzw. nur bei (gegenüber dem Normalkollektiv) sehr hohen

Dosierungen an (Beispiel Antibiotikaresistenz, Atropinase bei Kaninchen, Antikörper

gegen Schlangengifte, Insulinresistenz)

Eine Resistenz kann erworben oder durch das Erbgut weitergegeben sein.

Rezeptortheorie

[A] [R] <--k-1 k+1 --> [AR]

A

R

A

R

A=Ligand, R=Rezeptor, AR= Ligand-Rezeptorkomplex, k1=Assoziationskonstante,

k1 [A] [R] = k2 [AR]

A=Ligand, R=Rezeptor, AR= Ligand-Rezeptorkomplex, k1=Assoziationskonstante, k2=Dissoziationskonstante

Es gilt [Rt] = [R] + [AR] Rt = totale Anzahl Rezeptoren

Für Gleichgewichtsbedingungen gilt KA=k1/k2KA=Gleichgewichtsdissoziationskonstante KA =die Konzentration des Liganden A, bei welcher 50% aller Rezeptoren besetzt sind.

[AR]/[Rt] = [A]/([A]+KA) oder [AR] = [A][Rt]/([A]+KA)

Effekt[A] = Effekt max [A]/([A]+EC 50)

Rezeptor-Ligand Interaktion

Rezeptor

SpezifischeBindungsstelle

Agonist

RezeptorAntagonist

unspezifischeBindungsstelle

020406080

100 Agonist

Antagonist

Inverse agonist

Effe

ct

Möglichkeiten der Ligand-Rezeptor Interaktion

agonistantagonistInverseagonist

+-

-11 -10 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3

-100-80-60-40-20

0

log molar [ligand]

Effe

ct

60

80

100 Agonist 1

Agonist 2

Effect

Effektivitätsunterschiede

Voller Agonist vs. partiellem Agonist

-11 -10 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3

0

20

40

60

log molar [agonist]

Effect

60

80

100 Agonist 1

Agonist 2

Effect

Unterschiede in der Potenz

Starker vs. schwachem Agonist

-11 -10 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3

0

20

40

60

log molar [agonist]

Effect

Kompetitiver Rezeptor Antagonismus

60

80

100 Ohne Antagonist

Antagonist Konzentration 1

Antagonist Konzentration 10

Antagonist Konzentration 100

Eff

ek

agonistantagonist

-10 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2

0

20

40

60 Antagonist Konzentration 100

log mol

[Agonist]

Eff

ek

t

Nicht-kompetitiver Rezeptorantagonismus1. Irreversibele Bindung

60

80

100 ohne Antagonist

Antagonist Konzentration 1

Antagonist Konzentration 10

Antagonist Konzentration 100

Effekt

agonistantagonist

-11 -10 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3

0

20

40

60 Antagonist Konzentration 100

log molar [Agonist]

Effekt

Auch irreversible Interaktionen sind konzentrationsabhängig, wenn sich das Agens bei der Reaktion verbraucht (z.B. irreversible Bindung an Rezeptoren). Bis zu diesem Moment bleibt die Reaktion zeitabhängig.

2. Allosterische Bindung

Nicht-kompetitiver Rezeptorantagonismus

60

80

100 Ohne Antagonist

Antagonist Konzentration 1

Antagonist Konzentration 10

Antagonist Konzentration 100

Effek

t

agonistantagonist

-11 -10 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1 0

0

20

40

log molar

[Agonist]

Effek

Agonist 1 Agonist 2

Physiologischer Antagonismus

Adrenalin Acetylcholin

+ -Herzfrequenz

AgonistAntagonist

Chemischer Antagonismus

Protamin Heparin

Eine Konzentrationsabhängigkeit gilt nicht für Interaktionen mit dem Erbgut, bei

welchem theoretisch bereits eine (!) Interaktion genügt, um kanzerogen, teratogen

oder mutagen zu wirken.

mutagen kanzerogenSomatische Zellen

Auch bei Prozessen, bei welchen sich das Agens nicht verbraucht, ist per se keine Konzentrationsabhängigkeit gegeben (z.B. Prionen, Diphterietoxin, Infektionen). Diese Reaktionen sind einzig zeitabhängig.

mutagen kanzerogen

teratogenZellen in der Keimbahn

teratotoxisch

Allgemeine Begriffe

Affinität Verhältnis des gebundenen zum ungebundenen Anteil einesStoffes in der Anwesenheit eines Rezeptors

Ligand Stoff der mit Affinität an einem Rezeptor bindet

Agonist Ligand, welcher den Rezeptor aktivieren kann

Antagonist Ligand, welcher den Rezeptor nicht (!) aktivieren kann

Rezeptor

kompetitiver AntagonismusInteraktion eines Antagonisten mit dem Rezeptor, welche reversibel ist und durch gesteigerte Konzentrationes eines Agonisten überwunden werden kann

Funktionsprotein, welches Moleküle mit spezifischen Struktureigenschaften binden kann und durch diese Interaktion eine zelluläre Reaktion hervorrufen kann

ToxikodynamikWirkmechanismus Wirkqualität Wirkquantität

Giftstoff tödliche Dosis (µg/kg) Molekülmasse

Botulinustoxin A 0,00003 900.000Tetanustoxin 0,0001 150.000Ricin 0,02 66.000Diphterietoxin 0,3 72.000Diphterietoxin 0,3 72.000Tetrachlordibenzodioxin (TCDD) 1 320Tetrodotoxin 10 319Aflatoxin B1 10 312Curarin 500 696Strychnin 500 334Nicotin 1.000 162Di-Isopropylfluor-phosphat (DFP) 3.000 184NaCN 10.000 49Phenobarbital 100.000 232NaCl 1.430.000

Vesikel

Transmitter

Effektorzelle

Synaptischer Spalt

Rezeptor

Vesikel

Transmitter

Effektorzelle

Synaptischer Spalt

Rezeptor

Neuron

Vesikel

Transmitter

Effektorzelle

Synaptischer Spalt

Rezeptor

Vesikel

TransmitterHemmung der Neurotransmission

Vesikelstabilisator

Botulinustoxin

Effektorzelle

Synaptischer Spalt

Rezeptor

Botulinustoxin

Lähmung

Botulinus tetani

Tetanustoxin

Krampf

Corynebakteriophage betatox+

Corynebacterium diphteriae

Diphterietoxin

RachenentzündungHerzmuskelschwächeHerzarrhythmien

Hemmung der zellulären Proteinsynthese

Seveso

O

O

Cl

Cl

Cl

Cl

Tetrachlordibenzodioxin

Tetrodotoxin

Extrazellulär

Na+K+

Cl- Cl- Cl-

Intrazellulär

Na+ K+

--

- -

- - - - -

-- -

-

---

-- -

Extrazellulär

Na+K+

Cl- Cl- Cl-

Intrazellulär

Na+ K+

ATP ADP

--

- -

- - - - -

-- -

-

---

-- -

Extrazellulär

Na+K+

Cl- Cl- Cl-

Intrazellulär

Na+ K+ATP ADP

--

- -

- - - - -

-- -

-

---

-- -

Extrazellulär

Na+K+

Cl- Cl-

+ - -80

-60

-40

-20

0

20

Time

Mem

bra

ne P

ote

ntial

(mV)

Ruhepotential

Intrazellulär

Na+ K+ATP ADP

--

- -

- - - - -

-- -

-

---

-- -

+ -+

Extrazellulär

Na+K+

Cl- Cl-

-80

-60

-40

-20

0

20

Time

Mem

bra

ne P

ote

ntial

(mV)

RuhepotentialDepolarisation

+ -

Intrazellulär

Na+ K+ATP ADP

--

- -

- - - - -

-- -

-

---

-- -

-++ Na+

Extrazellulär

Na+K+

Cl- Cl-

-80

-60

-40

-20

0

20

Time

Mem

bra

ne P

ote

ntial

(mV)

Depolarisation

+ -

Repolarisation

Intrazellulär

K+ATP ADP

--

- -

- - - - -

-- -

-

---

-- -

-++ Na+Na+

DepolarisationRepolarisation

1 m/sec – 100 m/sec Licht (300.000.000 m/sec)

Na+K+

Cl- Cl-

-80

-60

-40

-20

0

20

Time

Mem

bra

ne P

ote

ntial

(mV)

RuhepotentialKeine Depolarisation

+ -

Hemmung der Nervenleitung

LokalanästhetikumTetrodotoxin

Na+ K+ATP ADP

--

- -

- - - - -

-- -

-

---

-- -

-++ Na+

Hemmung der Nervenleitung

LokalanästhetikumTetrodotoxin

Taubheitsgefühl

DepolarisationRepolarisation

TaubheitsgefühlLähmung