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© ZAP Verlag, LexisNexis Deutschland GmbH, Münster 2007 1 / 39 Arbeitskreis für Insolvenz- und Schiedsgerichtswesen e. V., Köln, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Auflage 2000 Autor: Landfermann Allgemeine Wirkungen der Insolvenzeröffnung - AK InsO Köln von Dr. Hans-Georg Landfermann, Bonn A. Übersicht B. Auswirkungen auf die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse I. Der Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts auf den Insolvenzverwalter II. Verfügungen des Schuldners 1. Das Verfügungsverbot des § 81 Abs. 1 InsO im allgemeinen 2. Die Erstreckung des Verfügungsverbots auf künftige Bezüge (§ 81 Abs. 2 InsO) 3. Rechtsfolge eines Verstoßes 4. Zeitliche Abgrenzung der erfaßten Rechtshandlungen 5. Verpflichtungsgeschäfte des Schuldners III. Leistungen an den Schuldner IV. Sonderregeln zum Übergang des Verfügungsrechts C. Anhängige Rechtsstreitigkeiten I. Unterbrechung durch die Verfahrenseröffnung II. Aktivprozesse des Schuldners III. Passivprozesse mit Auswirkungen auf die Insolvenzmasse IV. Sonstige Passivprozesse D. Ausschluß der Einzelvollstreckung I. Vollstreckung durch Insolvenzgläubiger 1. Verbot der Vollstreckung nach Verfahrenseröffnung 2. Unwirksamkeit von Vollstreckungsmaßnahmen vor der Verfahrenseröffnung II. Vollstreckung durch Neugläubiger III. Vollstreckung durch Massegläubiger E. Ausschluß sonstigen Rechtserwerbs F. Zuweisung von Ansprüchen an die Masse I. Allgemeines II. Gesamtschaden III. Persönliche Haftung der Gesellschafter G. Aufrechnung im Insolvenzverfahren I. Allgemeines II. Die Grundregel des § 94 InsO III. Eintritt der Aufrechnungslage im Verfahren (§ 95 InsO) 1. Aufschiebend bedingte, nicht fällige und nicht gleichartige Forderungen 2. Währungsverschiedene Forderungen IV. Unzulässigkeit der Aufrechnung (§ 96 InsO) 1. Keine Aufwertung von Insolvenzforderungen durch die Verfahrenseröffnung 2. Anfechtbarkeit der Aufrechnungslage 3. Trennung von Insolvenzmasse und freiem Vermögen H. Die Rechtsstellung des Schuldners im Insolvenzverfahren I. Allgemeines II. Die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners

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Arbeitskreis für Insolvenz- und Schiedsgerichtswesen e. V., Köln, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Auflage 2000 Autor: Landfermann

Allgemeine Wirkungen der Insolvenzeröffnung - AK InsO Köln

von Dr. Hans-Georg Landfermann, Bonn

A. Übersicht B. Auswirkungen auf die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse I. Der Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts auf den Insolvenzverwalter II. Verfügungen des Schuldners 1. Das Verfügungsverbot des § 81 Abs. 1 InsO im allgemeinen 2. Die Erstreckung des Verfügungsverbots auf künftige Bezüge (§ 81 Abs. 2 InsO) 3. Rechtsfolge eines Verstoßes 4. Zeitliche Abgrenzung der erfaßten Rechtshandlungen 5. Verpflichtungsgeschäfte des Schuldners III. Leistungen an den Schuldner IV. Sonderregeln zum Übergang des Verfügungsrechts C. Anhängige Rechtsstreitigkeiten I. Unterbrechung durch die Verfahrenseröffnung II. Aktivprozesse des Schuldners III. Passivprozesse mit Auswirkungen auf die Insolvenzmasse IV. Sonstige Passivprozesse D. Ausschluß der Einzelvollstreckung I. Vollstreckung durch Insolvenzgläubiger 1. Verbot der Vollstreckung nach Verfahrenseröffnung 2. Unwirksamkeit von Vollstreckungsmaßnahmen vor der Verfahrenseröffnung II. Vollstreckung durch Neugläubiger III. Vollstreckung durch Massegläubiger E. Ausschluß sonstigen Rechtserwerbs F. Zuweisung von Ansprüchen an die Masse I. Allgemeines II. Gesamtschaden III. Persönliche Haftung der Gesellschafter G. Aufrechnung im Insolvenzverfahren I. Allgemeines II. Die Grundregel des § 94 InsO III. Eintritt der Aufrechnungslage im Verfahren (§ 95 InsO) 1. Aufschiebend bedingte, nicht fällige und nicht gleichartige Forderungen 2. Währungsverschiedene Forderungen IV. Unzulässigkeit der Aufrechnung (§ 96 InsO) 1. Keine Aufwertung von Insolvenzforderungen durch die Verfahrenseröffnung 2. Anfechtbarkeit der Aufrechnungslage 3. Trennung von Insolvenzmasse und freiem Vermögen H. Die Rechtsstellung des Schuldners im Insolvenzverfahren I. Allgemeines II. Die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners

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1. Inhalt der Pflichten 2. Durchsetzung der Pflichten III. Die Postsperre IV. Unterhalt aus der Insolvenzmasse

A. Übersicht

Im Dritten Teil der Insolvenzordnung , der den Titel "Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens" trägt, ist der Erste Abschnitt (§§ 80-102) mit "Allgemeine Wirkungen" überschrieben. Dieser Abschnitt enthält zunächst die Vorschriften, die das durch die Verfahrenseröffnung beschlagnahmte Vermögen des Schuldners, die Insolvenzmasse, durch Eingriffe in die Rechtspositionen der Beteiligten zusammenhalten: Verfügungen des Schuldners über die Masse werden für unwirksam erklärt, und das Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters wird näher geregelt (§§ 80-84), Vollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger werden verboten, zum Teil sogar rückwirkend ihrer Wirksamkeit beraubt (§§ 88-90), und sonstiger Rechtserwerb an Gegenständen der Insolvenzmasse wird ausgeschlossen (§ 91). In diesem Zusammenhang werden auch das Schicksal anhängiger Rechtsstreitigkeiten (§§ 85, 86) und die Zuweisung von Ansprüchen , die allen Insolvenzgläubigern in gleicher Weise zustehen, an die Insolvenzmasse (§§ 92, 93) geregelt. Einen für die Praxis besonders wichtigen Komplex bildet die Abgrenzung der Aufrechnungsbefugnisse im Insolvenzverfahren (§§ 94-96). Der Feststellung und Sicherung der Insolvenzmasse dienen schließlich auch die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners sowie die Möglichkeit einer Postsperre (§§ 97-99, 101, 102); im Zusammenhang damit regelt die Insolvenzordnung eventuelle Unterhaltszahlungen an den Schuldner und seine Familie (§§ 100, 101). Diese Vorschriften über die Rechtsstellung des Schuldners im Verfahren werden ergänzt durch Neuregelungen im Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung, nach denen bisherige Einschränkungen für den Gemeinschuldner bei der Ausübung bestimmter Berufe und Ehrenämter gemildert worden oder weggefallen sind. Beispielsweise sind die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes beseitigt worden, nach denen die Konkurseröffnung zwingend den Ausschluß des Schuldners vom Amt des Schöffen oder des Handelsrichters zur Folge hat. Nach neuem Recht "soll" zum ehrenamtlichen Richter nicht ernannt werden, wer in Vermögensverfall geraten ist1.

Nicht unter die "allgemeinen Wirkungen" der Verfahrenseröffnung faßt die Insolvenzordnung die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf die Erfüllung von Rechtsgeschäften und das Recht der Insolvenzanfechtung. Diese Materien werden im Zweiten und Dritten Abschnitt des Dritten Teils gesondert geregelt.

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Inhaltlich entsprechen die "allgemeinen Wirkungen" der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zum größten Teil den Wirkungen, die das bisherige Recht mit der Eröffnung eines Konkursverfahrens verband. Die einschlägigen Vorschriften der Konkursordnung waren allerdings nicht in einem Abschnitt zusammengefaßt, sondern sie fanden sich verstreut teils in den Allgemeinen Bestimmungen des Ersten Buches "Konkursrecht", teils in den ersten Titeln des Zweiten Buches "Konkursverfahren"; die Aufrechnungsregeln bildeten einen eigenen Titel des Ersten Buches. Auf die Bereiche, in denen die Insolvenzordnung den Inhalt des bisher geltenden Konkursrechts übernommen hat, wird im folgenden nur kurz eingegangen; insoweit kann auf die Kommentierungen und Lehrbücher zur Konkursordnung verwiesen werden. Schwerpunkt der Darstellung sind die Abweichungen vom bisherigen Recht wie das in verschiedenen Punkten

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geänderte Verfügungsverbot für den Schuldner (§ 81), die rückwirkende Unwirksamkeit von Vollstreckungsmaßnahmen (§ 88), das Vollstreckungsverbot für Massegläubiger (§ 90), die Zuweisung von Haftungsansprüchen an die Insolvenzmasse (§§ 92, 93) und die durch § 95 bewirkte Änderung der Aufrechnungsmöglichkeiten im Insolvenzfall. Auch die Stellung des Schuldners im Verfahren (§§ 97-102), die in mehrfacher Hinsicht neu abgegrenzt worden ist, bedarf näherer Erläuterung. Die "allgemeinen Wirkungen".der Verfahrenseröffnung treten überwiegend auch bei den besonderen Verfahrensarten ein, die in den letzten Teilen der Insolvenzordnung geregelt sind. Die wichtigsten Besonderheiten ergeben sich im Falle der Eigenverwaltung (§ 270 InsO). Da der Schuldner in diesem Fall grundsätzlich zur Verwaltung der Insolvenzmasse und zu Verfügungen über die Massegegenstände berechtigt bleibt - wenn auch unter der Aufsicht eines Sachwalters -, kommen die Vorschriften, die den Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts voraussetzen, nicht oder nur modifiziert zur Anwendung; solche Vorschriften sind nicht nur die Bestimmungen über die Unwirksamkeit von Verfügungen des Schuldners und über die beschränkten Wirkungen von Leistungen an den Schuldner (§§ 81, 82), sondern auch die Regelungen zu den Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners und zur Postsperre (§§ 97-99, 101). Die Bestreitung des Unterhalts des Schuldners aus der Insolvenzmasse ist für die Eigenverwaltung besonders geregelt (§ 278). Im vereinfachten Verbraucherinsolvenzverfahren (§§ 311-314) tritt an die Stelle des Insolvenzverwalters der Treuhänder (§ 313 Abs. 1), ohne daß dies weitere Auswirkungen auf die Anwendung der §§ 80-102 haben dürfte. - Im Insolvenzverfahren über das Gesamtgut einer Gütergemeinschaft gibt es einen weiteren Fall einer Zuweisung von Haftungsansprüchen an die Insolvenzmasse (§ 334).

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B. Auswirkungen auf die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse

I. Der Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts auf den Insolvenzverwalter

In § 80 Abs. 1 InsO wird ohne inhaltliche Abweichung von § 6 KO vorgesehen, daß die Befugnis des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über dieses zu verfügen, mit der Verfahrenseröffnung auf den Insolvenzverwalter übergeht. Die Abgrenzung der Insolvenzmasse ergibt sich aus den §§ 35-37 InsO, wobei der Unterschied zu der bisherigen Definition der Konkursmasse (§§ 1, 2 KO) in der Einbeziehung des Vermögens liegt, das der Schuldner während des Verfahrens erwirbt.

Es wurde schon in den einleitenden Bemerkungen darauf hingewiesen, daß der Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts im Falle der Eigenverwaltung nicht eintritt, und daß im Verbraucherinsolvenzverfahren der Treuhänder den Insolvenzverwalter ersetzt.

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II. Verfügungen des Schuldners 1. Das Verfügungsverbot des § 81 Abs. 1 InsO im allgemeinen Das Ziel, die Insolvenzmasse vor Schmälerung durch den Schuldner zu bewahren, verlangt, daß Verfügungen, die der Schuldner nach der Eröffnung des Verfahrens über Gegenstände der Masse vornimmt, unwirksam sind. Wie im früheren Konkursrecht (§ 7 KO) ist dieses Verfügungsverbot in § 81 Abs. 1 InsO sehr stark ausgestaltet: Bei Verfügungen des Schuldners über bewegliche Sachen wird der gute Glaube des Vertragspartners an die Verfügungsbefugnis des Schuldners nicht geschützt; das gleiche gilt für Verfügungen des Schuldners über Rechte, soweit sich nicht aus § 82 InsO

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(Leistungen an den Schuldner2) etwas anderes ergibt. Unberührt läßt die Vorschrift -wiederum in Übereinstimmung mit dem Konkursrecht - nur den Gutglaubensschutzbeim Erwerb von Rechten an Grundstücken und von diesen gleichgestellten Rechten. Die praktische Bedeutung dieser Ausnahme ist gering, da das Insolvenzgericht bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens darauf hinzuwirken hat, daß in das Grundbuch und die vergleichbaren Register für Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge ein Vermerk über die Verfahrenseröffnung eingetragen wird (§§ 32, 33 InsO). Nach der Eintragung des Vermerks ist ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen, da § 892 BGB und die übrigen einschlägigen Vorschriften des Immobiliarsachenrechts lediglich den guten Glauben daran schützen, daß das Grundbuch oder entsprechende Register inhaltlich richtig sind. Sind die Voraussetzungen eines gutgläubigen Erwerbs gegeben, so kann der Erwerb unter Umständen nach den Vorschriften über die Insolvenzanfechtung angegriffen werden; § 147 InsO erstreckt das Anfechtungsrecht auf einen solchen Rechtserwerb nach Verfahrenseröffnung. 2. Die Erstreckung des Verfügungsverbots auf künftige Bezüge (§ 81 Abs. 2 InsO) Zur Insolvenzmasse, die den Verfügungen des Schuldners entzogen wird, gehört nach dem neuen Recht auch der Neuerwerb des Schuldners während der Dauer des Insolvenzverfahrens (vgl. § 35 InsO). Vom Begriff der Insolvenzmasse nicht erfaßt wird das Vermögen, das der Schuldner nach der Beendigung des Verfahrens erwirbt. Dennoch erstreckt § 81 Abs. 2 InsO die Regelung über die Unwirksamkeit von Verfügungen auf den Fall, daß der Schuldner während des Insolvenzverfahrens über seine laufenden Bezüge für die Zeit nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens verfügt. Der Sinn der Regelung wird aus der Einschränkung deutlich, die in derselben Vorschrift enthalten ist: Unberührt bleibt das Recht des Schuldners zur Abtretung dieser Bezüge an einen Treuhänder mit dem Ziel der gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger. Diese Abtretung an einen Treuhänder, die Voraussetzung der gesetzlichen Restschuldbefreiung ist (vgl. § 287 Abs. 2 InsO) und die auch für die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Insolvenzplans oder - bei Verbrauchern und Kleingewerbetreibenden - eines Schuldenbereinigungsplans (§§ 304, 305 InsO) nutzbar gemacht werden kann, soll dem Schuldner möglich bleiben3.

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3. Rechtsfolge eines Verstoßes Die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Verfügungsverbot wird in § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO anders formuliert als in § 7 Abs. 1 KO: Während die letztere Vorschrift eine Unwirksamkeit "den Konkursgläubigern gegenüber" anordnet, spricht das neue Recht schlicht von der Unwirksamkeit der Verfügung des Schuldners. Wie in der Begründung des Regierungsentwurfs hervorgehoben wird4, bedeutet die Änderung der Formulierung jedoch nur eine Anpassung des Wortlauts an die Auslegung, die der konkursrechtlichen Vorschrift von der herrschenden Auffassung gegeben wurde5: Schon bisher wurde durchweg keine relative, sondern eine absolute Unwirksamkeit angenommen. Wer nach der Verfahrenseröffnung eine bewegliche Sache vom Schuldner erworben hatte, war auch im Verhältnis zu diesem nicht Eigentümer geworden6. Allerdings nahm die herrschende Meinung zu § 7 KO an, daß die absolute Unwirksamkeit "durch den Konkurszweck begrenzt" sei7. Die Verfügung des Schuldners werde wirksam, wenn der Schuldner nachträglich die Verfügungsbefugnis über den übereigneten Gegenstand zurückerlange, wie dies im Falle einer Freigabe durch den Verwalter oder der Beendigung des Verfahrens der Fall sei. Auch könne der Verwalter die Verfügung des Schuldners genehmigen, wodurch dann eine rückwirkende Heilung eintrete. Für diese Einschränkungen der absoluten Unwirksamkeit von Verfügungen des Schuldners gibt der Wortlaut des § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO keinen Anhaltspunkt. Es bedarf jedoch nicht der Aussage, daß die jetzt in § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO angeordnete Unwirksamkeit inhaltlich

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begrenzt sei, um die Beibehaltung der bisher anerkannten Ausnahmen zu rechtfertigen. Sie können zwanglos auf eine Analogie zu § 185 Abs. 2 BGB gestützt werden, der die Heilung von Verfügungen eines Nichtberechtigten über einen Gegenstand durch Genehmigung von seiten des Berechtigten oder durch nachträglichen Erwerb des Gegenstands regelt8. Die Schärfe des Verfügungsverbots zeigt sich noch einmal in der Vorschrift über die Gegenleistung der Person, der die Verfügung des Schuldners zugute kommen sollte. Inhaltsgleich mit § 7 Abs. 2 KO legt § 81 Abs. 1 Satz 3 InsO fest, daß die Gegenleistung nur insoweit aus der Insolvenzmasse zurückzugewähren ist, als die Masse durch sie bereichert ist. Der andere Teil, der die vom Schuldner empfangene Leistung an den Insolvenzverwalter herausgeben muß, hat also nur dann eine Gegenforderung, die aus der Masse zu erfüllen ist, wenn der Schuldner der Masse die Gegenleistung herausgegeben hat und noch eine ungerechtfertigte Bereicherung der Masse - im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO - gegeben ist.

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4. Zeitliche Abgrenzung der erfaßten Rechtshandlungen Die Unwirksamkeit betrifft nur Verfügungen des Schuldners, die nach der Verfahrenseröffnung vorgenommen worden sind. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die im Eröffnungsbeschluß angegebene Uhrzeit (vgl. § 27 InsO); zur Beweiserleichterung legt § 81 Abs. 3 InsO - wie § 7 Abs. 3 KO - fest, daß für Verfügungen am Tag der Eröffnung vermutet wird, daß sie nach der Eröffnung vorgenommen worden sind und damit von der Unwirksamkeitsfolge des § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO erfaßt werden.

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Mehraktige Rechtshandlungen wird man als in dem Zeitpunkt vorgenommen anzusehen haben, in dem das letzte Wirksamkeitserfordernis eingetreten ist9. Hat der Schuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Einigung für die Übereignung einer beweglichen Sache erklärt, die Sache aber erst nach Verfahrenseröffnung übergeben, so tritt kein Eigentumsübergang ein.

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Für Verfügungen, die der Schuldner vor der Verfahrenseröffnung unter einer aufschiebenden Bedingung getroffen hat, folgt allerdings aus der Sonderregelung in § 161 Abs. 1 Satz 2 BGB, daß ihre Wirksamkeit durch die Verfahrenseröffnung nicht beeinträchtigt wird. Will der Schuldner also eine bewegliche Sache übereignen und werden vor der Verfahrenseröffnung sowohl eine aufschiebend bedingte Einigung erklärt als auch die Sache übergeben, so wird die Übereignung wirksam, wenn die Bedingung nach der Verfahrenseröffnung eintritt10.

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Die Unwirksamkeit nach § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO tritt auch dann nicht ein, wenn der Schuldner vor der Eröffnung des Verfahrens ein Grundstück an einen Käufer aufgelassen und dieser ebenfalls vor Verfahrenseröffnung den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch gestellt hat, die Eintragung aber erst nach der Eröffnung erfolgt. In diesem Fall ergibt sich die Wirksamkeit der Verfügung des Schuldners aus § 878 BGB in Verbindung mit § 91 Abs. 2 InsO. Diese Vorschrift der Insolvenzordnung behält ausdrücklich die Wirksamkeit eines Rechtserwerbs vor, der sich nach der Verfahrenseröffnung aufgrund von § 878 BGB vollzieht11.

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5. Verpflichtungsgeschäfte des Schuldners Verpflichtungsgeschäfte des Schuldners nach der Verfahrenseröffnung sind wirksam, auch wenn sie sich auf Gegenstände der Insolvenzmasse beziehen. Sie begründen jedoch nur eine Verpflichtung des Schuldners persönlich , keine aus der Masse zu erfüllende Verbindlichkeit. Insofern ist § 81 InsO, der auf Verfügungsgeschäfte beschränkt ist, klarer als § 7 KO, der von "Rechtshandlungen" sprach und damit einer differenzierenden Auslegung bedurfte12. Daß Personen, die nach der Verfahrenseröffnung durch Verpflichtungsgeschäfte des Schuldners dessen Gläubiger geworden sind, weder

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Massegläubiger sind noch Insolvenzgläubiger, ergibt sich hinreichend deutlich aus anderen Vorschriften der Insolvenzordnung13. III. Leistungen an den Schuldner Vermögensrechtliche Ansprüche, die dem Schuldner im Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens zustehen, sind Bestandteile der Insolvenzmasse. Die geschuldete Leistung ist daher vom Insolvenzverwalter zur Insolvenzmasse einzuziehen. Leistet der Verpflichtete an den Schuldner, so wird er grundsätzlich nicht befreit.

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§ 82 legt aus Billigkeitsgründen eine Ausnahme fest, die trotz des stark abweichenden Wortlauts inhaltlich mit § 8 KO übereinstimmt14: Der Leistende wird von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn er zur Zeit der Leistung die Verfahrenseröffnung nicht kannte. Die Unkenntnis wird vermutet, wenn die Leistung vor der öffentlichen Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses erfolgt ist; maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem die öffentliche Bekanntmachung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 als bewirkt gilt15. Im neuen Gesetzestext wird als selbstverständlich nicht erwähnt, daß der Leistende auch dann befreit wird, wenn der Schuldner die Leistung zur Insolvenzmasse herausgibt16.

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Erfolgt eine Leistung an den Schuldner, ohne daß die Voraussetzungen des § 82 gegeben sind, so wird der Leistende auch im Verhältnis zum Schuldner nicht von seiner Verpflichtung befreit. Er kann die Leistung als ungerechtfertigte Bereicherung vom Schuldner zurückfordern17. Die neue Formulierung macht dies klarer als die Fassung des § 8 Abs. 1 KO, nach der die Befreiung "den Konkursgläubigern gegenüber" eintritt.

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Nach § 35 InsO gehören - abweichend vom Konkursrecht - auch Forderungen zur Insolvenzmasse, die der Schuldner während des Insolvenzverfahrens erwirbt, etwa Forderungen aus einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis des Schuldners (soweit sie nicht unpfändbar sind, § 36 Abs. 1 InsO). Auch bei der Berichtigung solcher Forderungen, die Neuerwerb darstellen, ist in Zukunft § 82 InsO zu beachten18.

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IV. Sonderregeln zum Übergang des Verfügungsrechts Das Recht zur Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses, die dem Schuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens angefallen sind, geht wegen des höchstpersönlichen Charakters des Ausschlagungsrechts nicht auf den Insolvenzverwalter über (§ 83 Abs. 1 InsO im Anschluß an § 9 KO). Gleiches gilt nach der neuen Vorschrift für den Anfall der Erbschaft oder des Vermächtnisses während des Insolvenzverfahrens. Das Bedürfnis für die Ausweitung der bisherigen Regelung folgte aus der Einbeziehung des Neuerwerbs in den Begriff der Insolvenzmasse (§ 35 InsO).

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Ist der Schuldner Vorerbe , so darf der Insolvenzverwalter keine Verfügungen vornehmen, die im Falle des Eintritts der Nacherbfolge dem Nacherben gegenüber unwirksam wären (§ 83 Abs. 2 InsO, vgl. § 128 KO).

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Ist gegen den Schuldner ein relatives Veräußerungsverbot erlassen worden, so ist der Insolvenzverwalter daran nicht gebunden (§ 80 Abs. 2 InsO, vgl. § 13 KO). In der Begründung des Regierungsentwurfs wird das Beispiel gebildet, daß dem Schuldner durch einstweilige Verfügung untersagt worden ist, eine Sache zu veräußern, die ein Gläubiger für sich beansprucht19. Die Befugnis des Verwalters zur Verwertung der Insolvenzmasse wird durch eine solche einstweilige Verfügung nicht eingeschränkt.

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Ebensowenig bindet den Verwalter eine vom Schuldner getroffene Vereinbarung, nach der bei einer Gemeinschaft nach Bruchteilen das Recht zur Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen oder zeitlich eingeschränkt worden ist. Die Aufhebung, die zur "Versilberung" des Vermögens des Schuldners erforderlich ist, erfolgt außerhalb des Insolvenzverfahrens (§ 84 Abs. 2 Satz 1 InsO, vgl. § 16 Abs. 2 Satz 1 KO).

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C. Anhängige Rechtsstreitigkeiten

I. Unterbrechung durch die Verfahrenseröffnung Ist bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwischen dem Schuldner und einem Dritten ein Rechtsstreit anhängig und bezieht sich dieser auf Vermögen, das zur Insolvenzmasse gehört, so wird der Rechtsstreit durch die Verfahrenseröffnung unterbrochen (§ 240 Satz 1 ZPO in der an die Insolvenzrechtsreform angepaßten Fassung des Artikels 18 Nr. 2 EGInsO). Der Schuldner, der nicht mehr zu Verfügungen über die Gegenstände der Insolvenzmasse befugt ist, verliert folgerichtig auch die Befugnis, Prozesse mit Wirkung für die Insolvenzmasse zu führen20.

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Ebenso konsequent ist, daß die Unterbrechung des anhängigen Rechtsstreits nach § 240 Satz 2 ZPO schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintritt, wenn ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergeht (vgl. § 21 Abs. 1, 2 und § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO)21.

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Das weitere Schicksal der unterbrochenen Rechtsstreitigkeiten ist unterschiedlich geregelt je nachdem, welchen Gegenstand diese haben. Im Anschluß an die §§ 10, 11 KO differenziert die Insolvenzordnung danach, ob der Rechtsstreit "für den Schuldner" oder "gegen den Schuldner" anhängig war. Der erste Fall wird in § 85 als "Aktivprozeß" bezeichnet, der zweite in § 86 als "Passivprozeß"22.

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II. Aktivprozesse des Schuldners "Aktivprozesse" im Sinne des § 85 InsO sind Rechtsstreitigkeiten, in denen der Schuldner ein Vermögensrecht in Anspruch nimmt, das im Insolvenzverfahren zur Insolvenzmasse gehört. Regelmäßig hat der Schuldner in diesem Prozeß die Rolle des Klägers. Auch ein Rechtsstreit, in dem gegen den Schuldner die Feststellung begehrt wird, daß ihm ein solches Vermögensrecht nicht zusteht, wird jedoch erfaßt23.

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Übereinstimmend mit § 10 KO sieht § 85 InsO vor, daß ein Aktivprozeß, der durch die Verfahrenseröffnung unterbrochen ist, zunächst nur vom Verwalter aufgenommenwerden kann, nicht vom Prozeßgegner. Der Verwalter hat damit eine gewisse Zeit zur Prüfung der Frage, ob er den Prozeß für die Masse weiterführen will24. Verzögert der Verwalter allerdings die Aufnahme, so kann der Gegner wie im Fall der Unterbrechung durch Tod (§ 239 ZPO) die Anberaumung eines Termins verlangen. Lehnt der Verwalter die Aufnahme des Rechtsstreits ab, so kann dieser sowohl vom Schuldner als auch vom Gegner aufgenommen werden. In der Ablehnung der Aufnahme des Rechtsstreits liegt zugleich die Erklärung, daß das streitige Recht nicht mehr für die Insolvenzmasse in Anspruch genommen, sondern dem Schuldner freigegeben wird25.

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III. Passivprozesse mit Auswirkungen auf die Insolvenzmasse Innerhalb der Passivprozesse ist noch einmal zu differenzieren: In § 86 regelt die Insolvenzordnung - übereinstimmend mit § 11 KO - nur Rechtsstreitigkeiten, die bei Erfolg des Gegners eine Verminderung der Insolvenzmasse zur Folge hätten. Musterfall ist die Aussonderung eines Gegenstands aus der Masse, gleichgestellt sind dieabgesonderte Befriedigung eines gesicherten Gläubigers und die Durchsetzung eines Anspruchs, der nach der Verfahrenseröffnung zum Masseanspruch geworden ist26. Ein solcher Rechtsstreit kann sowohl vom Verwalter als auch vom Gegner sofort nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgenommen werden. Es steht mit den Zielen des Insolvenzverfahrens im Einklang, wenn Streitigkeiten über Aussonderungs-, Absonderungs- und Masseansprüche möglichst schnell geklärt werden. Im Einzelfall mag der Verwalter durch das Recht des Gegners zur sofortigen Aufnahme allerdings in erheblichen Zeitdruck geraten. Immerhin ist er vor der Vollstreckung von

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Masseansprüchen in der Eingangsphase des Verfahrens durch das Vollstreckungsverbot des § 90 InsO geschützt27. Bei der Aufnahme von Rechtsstreitigkeiten, die Absonderungsansprüche betreffen, sind die Vorschriften der Insolvenzordnung über die Einbeziehung der gesicherten Gläubiger zu beachten28, insbesondere das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nach § 166 InsO. Hat ein Sicherungseigentümer den Schuldner auf Herausgabe der zur Sicherung übereigneten Sache zum Zweck der Verwertung verklagt, so ist der Klageantrag nach der Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens so umzustellen, daß das Verwertungsrecht des Verwalters berücksichtigt wird. Im Regelfall wird es ausreichen, jetzt die Feststellung des Bestehens des Sicherungseigentums zu beantragen.

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Nicht selten wird es vorkommen, daß der Verwalter einen gegen den Schuldner eingeklagten Anspruch sofort anerkennt. Die Folgen eines solchen Anerkenntnisses für die Kosten des Verfahrens sind in § 86 Abs. 2 InsO klarer als in § 11 Abs. 2 KO geregelt: Ein eventueller Kostenerstattungsanspruch des Gegners belastet nicht die Insolvenzmasse, sondern kann nur als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet werden. Ob der Gegner einen solchen Kostenerstattungsanspruch hat, ergibt sich allerdings auch aus der neuen Vorschrift nicht. Es soll nach der Begründung des Regierungsentwurfs dem allgemeinen Prozeßrecht entnommen werden29. Danach wird der Gegner die Kosten des Rechtsstreits selbst zu tragen haben, wenn der Schuldner keinen Anlaß zur Klage gegeben hat, wenn sich der Prozeß bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch in einer Lage befindet, in welcher der Schuldner ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO abgeben kann, und wenn der Verwalter den Anspruch sofort nach der Aufnahme des Rechtsstreits anerkennt30. Hat der Schuldner dagegen Anlaß zur Klage gegeben oder ist der Rechtsstreit bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens schon in einem fortgeschrittenen Stadium, so führt das sofortige Anerkenntnis des Verwalters zu einem Kostenerstattungsanspruch des Gegners, der als Insolvenzforderung geltend zu machen ist31.

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IV. Sonstige Passivprozesse Passivprozesse, die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen werden, aber von § 86 InsO nicht erfaßt werden, sind die Rechtsstreitigkeiten, in denen gegen den Schuldner Ansprüche geltend gemacht werden, die im Insolvenzverfahren als Insolvenzforderung einzuordnen sind. Ein solcher Prozeß kann, wie sich aus § 87 InsO ergibt, zunächst nicht aufgenommen werden: "Die Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen." Die im Prozeß geltend gemachte Forderung ist wie alle Insolvenzforderungen zur Tabelle anzumelden (§ 174 Abs. 1 InsO). Wird sie allerdings im Prüfungstermin bestritten, so kann der Gläubiger den unterbrochenen Rechtsstreit gegen den Widersprechenden aufnehmen, wobei der Klageantrag auf Feststellung des Anspruchs zur Tabelle zu ändern ist (§ 184 S. 2 InsO)32.

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Zur entsprechenden Regelung der Konkursordnung in § 12 KO hat der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten, daß ein durch die Konkurseröffnung unterbrochener Rechtsstreit, in dem eine Konkursforderung im Streit ist, vom Gläubiger gegen den Gemeinschuldner persönlich aufgenommen werden kann, wenn der Gläubiger auf die Konkursteilnahme verzichtet 33. In der Begründung zum Regierungsentwurf der Insolvenzordnung wird diese Auffassung für das neue Recht verworfen34. Im Interesse einer klaren Rechtslage sollen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Forderungen der Insolvenzgläubiger nur in diesem Verfahren durchgesetzt werden können. Die Haltung der Entwurfsverfasser hat sich in einer Änderung des Wortlauts niedergeschlagen: Während § 12 KO Beschränkungen nur für die "Forderungen auf

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Sicherstellung oder Befriedigung aus der Konkursmasse" vorsieht, betrifft § 87 InsO allgemein die Verfolgung der Forderungen der Insolvenzgläubiger. Die neue Vorschrift reicht auch in anderer Hinsicht weiter als ihr Vorbild in der Konkursordnung: Sie erfaßt auch die Forderungen, die nach bisherigem Recht von der Teilnahme am Verfahren ausgeschlossen, in das neue Insolvenzverfahren aber als nachrangige Insolvenzforderungen (§ 39 InsO) einbezogen sind. Für die Zukunft ist es also ausgeschlossen, daß Insolvenzgläubiger während des Verfahrens die Zinsen einklagen, die auf ihre Forderungen für die Zeit nach der Verfahrenseröffnung entfallen35. Die Durchsetzung nachrangiger Forderungen im Wege der Zwangsvollstreckung ist durch § 89 Abs. 1 InsO untersagt.

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D. Ausschluß der Einzelvollstreckung

I. Vollstreckung durch Insolvenzgläubiger 1. Verbot der Vollstreckung nach Verfahrenseröffnung Als ein Verfahren der Gesamtvollstreckung verdrängt das Insolvenzverfahren die Einzelvollstreckung. Die Insolvenzgläubiger, zu deren gemeinschaftlicher Befriedigung das Insolvenzverfahren dient36, dürfen während der Verfahrensdauer weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners vollstrecken. Das ergibt sich aus § 89 Abs. 1 InsO in grundsätzlicher Übereinstimmung mit § 14 Abs. 1 KO.

Wie schon erwähnt wurde, erfaßt das Vollstreckungsverbot der Insolvenzordnung auch die nachrangigen Insolvenzgläubiger37.

33

Jede Art der Einzelzwangsvollstreckung zugunsten eines Insolvenzgläubigers ist unzulässig. Der Arrest und die einstweilige Verfügung werden in § 89 InsO - anders als in § 14 KO -nicht ausdrücklich erwähnt, sollen nach der Entstehungsgeschichte aber ebenfalls erfaßt werden38: Eine allgemeine Vorschrift des Regierungsentwurfs, die nach dem Muster des § 124 VerglO die Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung als Zwangsvollstreckung im Sinne des Gesetzes bezeichnete, ist vom Rechtsausschuß als selbstverständlich gestrichen worden39.

34

Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Vollstreckungsverbot entsprechen denen eines Verstoßes gegen § 14 KO: Wird trotz der Verfahrenseröffnung ein Gegenstand des Schuldnervermögens für einen Insolvenzgläubiger gepfändet, so entsteht nach der herrschenden gemischt öffentlichrechtlich/privatrechtlichen Theorie kein Pfändungspfandrecht. Die öffentlich-rechtliche Verstrickung des gepfändeten Gegenstands tritt jedoch ein und bleibt bestehen, bis sie mit den vorgesehenen verfahrensrechtlichen Rechtsbehelfen beseitigt wird40. Im Falle der verbotswidrigen Pfändung eines beweglichen Gegenstands ist nach § 766 Abs. 1 ZPO die Erinnerunggegeben. Über diese entscheidet jedoch nach neuem Recht (§ 89 Abs. 3 InsO) nicht das Vollstreckungsgericht, sondern das Insolvenzgericht. Dieses kann die Voraussetzungen des Vollstreckungsverbots, insbesondere die Eigenschaft des vollstreckenden Gläubigers als Insolvenzgläubiger, besser beurteilen als das Vollstreckungsgericht41.

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Einwendungen gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Grundbuchamts, insbesondere gegen die Eintragung einer Zwangshypothek , werden in Zukunft wie bisher mit den Rechtsbehelfen des Grundbuchrechts geltend zu machen sein42. Zwar enthält der Wortlaut des § 89 Abs. 3 InsO keine Beschränkung auf bewegliche Gegenstände, sondern er läßt das Insolvenzgericht allgemein über Einwendungen gegen die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung entscheiden. Es ergibt sich jedoch aus der Begründung des Regierungsentwurfs, daß allein daran gedacht ist, die Zuständigkeit für die Entscheidung über eine Erinnerung im Sinne des § 766 Abs. 1 ZPO vom

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Vollstreckungsgericht auf das Insolvenzgericht zu übertragen43. 2. Unwirksamkeit von Vollstreckungsmaßnahmen vor der Verfahrenseröffnung Hat ein Insolvenzgläubiger bereits vor der Eröffnung des Verfahrens durch Zwangsvollstrckung ein Pfändungspfandrecht an einer beweglichen Sache oder eine Zwangshypothek an einem Grundstück erlangt, so wird die Wirksamkeit dieser Sicherungsrechte von dem Verbot der Vollstreckung während des Verfahrens (§ 89 Abs. 1 InsO) nicht berührt. Das Pfändungspfandrecht oder die Zwangshypothek geben dem Gläubiger im Verfahren die Stellung eines absonderungsberechtigten Gläubigers (§ 50 Abs. 1 InsO). Hat der Gläubiger das Sicherungsrecht allerdings erst im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder gar erst in der Zeit zwischen Antrag und Eröffnung erlangt, so wird ihm die erlangte Rechtsposition mit der Verfahrenseröffnung wieder genommen: § 88 InsO erklärt Sicherungen, die in dem genannten Zeitraum an Gegenständen der Insolvenzmasse durch Zwangsvollstreckung erlangt worden sind, für unwirksam44.

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Die Regelung, die in der Konkursordnung kein Vorbild hat, ist an die sogenannte Rückschlagsperre des bisherigen Vergleichsrechts angelehnt, aber im einzelnen unterschiedlich ausgestaltet. Sie soll das Recht der Insolvenzanfechtung ergänzen: Die Begründung des Regierungsentwurfs geht davon aus, daß die von der neuen Vorschrift erfaßten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ohnehin nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO als "inkongruente Deckungen" anfechtbar wären. Zur Verfahrensvereinfachung werde an die Stelle der Anfechtbarkeit eine Unwirksamkeit ipso iure gesetzt45. Wer an der Auffassung zweifelt, daß Sicherheiten, die im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt worden sind, stets als "inkongruente Deckungen" anzusehen sind46, kann die Grundlage der Vorschrift auch allgemeiner in dem Ziel der Gleichbehandlung der Gläubiger in der Krise47 oder in dem Vorrang der Gesamtvollstreckung gegenüber der Einzelzwangsvollstreckung sehen, der besonders deutlich in § 7 Abs. 3 Satz 1 GesO zum Ausdruck gekommen ist: Nach dieser Vorschrift des bisherigen ostdeutschen Rechts ließ die Verfahrenseröffnung sogar alle vorher eingeleiteten Einzelvollstreckungsmaßnahmen, auch die zeitlich weit zurückliegenden, unwirksam werden48.

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Als Rechtsfolge sieht § 88 InsO vor, daß die erlangte Sicherung mit der Verfahrenseröffnung unwirksam wird. Ein für den Gläubiger entstandenes Pfändungspfandrecht erlischt also49. Offen läßt der Gesetzeswortlaut, ob auch die öffentlich-rechtliche Verstrickung ipso iure fortfällt. Hier wird man der Auffassung folgen müssen, die der Bundesgerichtshof für das Vorbild der Regelung in der Vergleichsordnung vertreten hat und die auch für § 7 Abs. 3 Satz 1 GesO befürwortet wird50: Die öffentlich-rechtliche Verstrickung wird von der Verfahrenseröffnung nicht unmittelbar berührt, jedoch hat das zuständige Vollstreckungsorgan sie von Amts wegen aufzuheben. Geschieht dies nicht, so kann die Aufhebung mit den jeweils gegebenen Rechtsbehelfen durchgesetzt werden, bei der Mobiliarvollstreckung also mit der Erinnerung nach § 766 ZPO.

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II. Vollstreckung durch Neugläubiger Ist der Schuldner eine natürliche Person, so bleibt ihm trotz des Verlustes der Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse die Möglichkeit, für seine Person durch Abschluß von Verträgen neue vermögensrechtliche Verpflichtungen zu begründen. Auch kraft Gesetzes können Forderungen gegen den Schuldner persönlich entstehen, z. B. aus einer unerlaubten Handlung. Die Vertragspartner und sonstigen Gläubiger des Schuldners als Person können ihre Forderungen auch während des Insolvenzverfahrens im Wege der Klage durchsetzen. Die Zwangsvollstreckung für diese Forderungen in die Insolvenzmasse ist jedoch nicht zulässig. Die Insolvenzmasse ist dem Zugriff der

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Neugläubiger entzogen; sie ist der Befriedigung der Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO), der absonderungsberechtigten Gläubiger (§§ 49-51 InsO) und der Massegläubiger (§ 53 InsO) vorbehalten. Unberührt bleibt das Recht der Neugläubiger, die Zwangsvollstreckung in das vom Insolvenzverfahren nicht erfaßte "freie Vermögen" des Schuldners zu betreiben. Für diese Vollstreckung geeignetes Vermögen wird jedoch regelmäßig während des Insolvenzverfahrens nicht vorhanden sein, da - vorbehaltlich einer Freigabe einzelner Gegenstände durch den Insolvenzverwalter - das gesamte pfändbare Vermögen des Schuldners, auch der Neuerwerb in dieser Zeit, zur Insolvenzmasse gehört (§§ 35, 36 InsO). Jedoch erlaubt die Zivilprozeßordnung den Gläubigern von Unterhaltsansprüchen und deliktischen Forderungen, in bestimmten Grenzen auch in den für andere Gläubiger unpfändbaren Teil des Arbeitseinkommens zu vollstrecken (§§ 850d, 850f Abs. 2 ZPO). Diese Vollstreckung bleibt auch während des Insolvenzverfahrens zulässig, da nur der für alle Gläubiger pfändbare Teil des Arbeitseinkommens zur Insolvenzmasse gehört51.

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Zulässig bleibt grundsätzlich auch der Zugriff der Neugläubiger auf das Vermögen, das dem Schuldner nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens gehört. Hierzu legt § 89 Abs. 2 Satz 1 InsO aber eine wichtige Ausnahme fest: Den Neugläubigern ist es untersagt, schon während des Insolvenzverfahrens in künftige "Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge" -insbesondere Arbeitseinkommen und Altersrente - zu vollstrecken. Soweit diese Bezüge pfändbar sind, sollen sie für die Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung stehen, die erforderlich wird, wenn der Schuldner die Restschuldbefreiung anstrebt52. Die Vollstreckung wegen eines Unterhaltsanspruchs oder einer deliktischen Forderung in den erweitert pfändbaren Teil der Bezüge bleibt wieder unberührt (§ 89 Abs. 2 Satz 2 InsO).

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III. Vollstreckung durch Massegläubiger Gläubiger von Forderungen, die nach der Verfahrenseröffnung durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden sind, werden durch das Insolvenzverfahren weder an einer Klage gegen den Insolvenzverwalter noch an einer Vollstreckung in die Insolvenzmasse gehindert. Wer mit dem Verwalter einen Vertrag abschließt, muß darauf vertrauen können, daß die Erfüllung in der vereinbarten Weise erfolgen wird und notfalls zwangsweise durchgesetzt werden kann53.

Der Ablauf des Insolvenzverfahrens kann jedoch empfindlich gestört werden, wenn Massegläubiger, deren Forderungen ohne Zutun des Verwalters entstanden sind, schon in der Eingangsphase des Verfahrens in die Masse vollstrecken und dieser dadurch die flüssigen Mittel entziehen, die insbesondere für eine zeitweilige Fortführung des Unternehmens des Schuldners erforderlich sind. Solche "oktroyierte" oder "aufgedrängte" Masseforderungen sind beispielsweise die Forderungen aus Miet- und Arbeitsverhältnissen, soweit diese im Insolvenzverfahren kraft Gesetzes zunächst fortbestehen54. Die Zwangsvollstreckung für diese Forderungen wird durch § 90 InsO eingeschränkt: Sie ist in den ersten sechs Monaten nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig.

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Die Vorschrift, die im bisher geltenden Recht ohne Vorbild ist, hat eine wechselvolle Entstehungsgeschichte: Die Kommission für Insolvenzrecht hatte vorgeschlagen, die Zwangsvollstreckung für Masseforderungen generell für unzulässig zu erklären, den Massegläubigern allerdings das Recht zu geben, im Einzelfall beim Insolvenzgericht zu beantragen, die Vollstreckung gegen den Insolvenzverwalter zuzulassen55. Die Bundesregierung bevorzugte die umgekehrte Lösung, die Vollstreckung generell zuzulassen, jedoch bei "oktroyierten" Masseforderungen die Einstellung der

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Zwangsvollstreckung durch das Insolvenzgericht auf Antrag des Insolvenzverwalters zu ermöglichen56. Der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages entschied sich zur Entlastung des Insolvenzgerichts für ein gesetzliches Vollstrekkungsverbot. Die Nachteile, die sich für die Massegläubiger aus dieser rigoroseren Lösung ergäben, seien hinnehmbar, zumal die Zinsen für ihre Forderungen während des Vollstrekkungsverbots weiterliefen57. Die Abgrenzung zwischen Masseverbindlichkeiten, die durch eine Rechtshandlung des Verwalters begründet worden sind, und "oktroyierten" Masseverbindlichkeiten wird in § 90 Abs. 2 InsO näher festgelegt. Wenn der Verwalter nach § 103 Abs. 1 InsO die Erfüllung eines gegenseitigen Vertrages wählt, den der Schuldner vor der Verfahrenseröffnung abgeschlossen hat, ist ein Vollstreckungsverbot für die Forderungen des Vertragspartners ebensowenig angebracht wie bei Verträgen, die der Verwalter selbst abschließt (§ 90 Abs. 2 Nr. 1). Gleiches gilt für ein Dauerschuldverhältnis, soweit es über den Termin hinaus fortbesteht, zu dem der Verwalter frühestens kündigen konnte (§ 90 Abs. 2 Nr. 2); sieht der Verwalter von der möglichen Kündigung ab, so ist dies für die Zeit nach dem hypothetischen Termin, zu dem diese Kündigung wirksam geworden wäre, der Erfüllungswahl gleichzuachten. Für die Zeit bis zu diesem Termin kommt es darauf an, ob der Verwalter die Gegenleistung in Anspruch genommen hat (§ 90 Abs. 2 Nr. 3); hat er dies abgelehnt, so greift das Vollstreckungsverbot. Beispielsweise ist ein Arbeitnehmer, dem der Verwalter sofort nach der Verfahrenseröffnung gekündigt hat und der vom Verwalter sofort freigestellt worden ist, während der ersten sechs Monate der Verfahrensdauer daran gehindert, wegen seiner Lohnansprüche für die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist die Zwangsvollstreckung in die Insolvenzmasse zu betreiben. Wird der Arbeitnehmer dagegen vom Verwalter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist beschäftigt, so muß auch sein Lohn pünktlich gezahlt werden.

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Nicht geregelt ist im Gesetz, ob über Einwendungen, die aufgrund des Vollstreckungsverbots gegen die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen erhoben werden, das Insolvenzgericht oder das Vollstreckungsgericht zu entscheiden hat. Es liegt nahe, hier § 89 Abs. 3 InsO entsprechend anzuwenden, der die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts im Parallelfall des Vollstreckungsverbots für Insolvenzgläubiger vorsieht58. Für diese Lösung spricht auch, daß der Regierungsentwurf, wie soeben geschildert, eine Einstellung der Zwangsvollstreckung für Massegläubiger durch das Insolvenzgericht vorsah. Das Anliegen des Bundestags-Rechtsausschusses war es, die Einstellungsmöglichkeit durch ein absolutes Verbot zu ersetzen; Bedenken gegen die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts hat er aber nicht geäußert.

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E. Ausschluß sonstigen Rechtserwerbs

Der Schutz der Insolvenzmasse vor Eingriffen durch Verfügungen des Schuldners oder durch Vollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger wird ergänzt und abgerundet durch § 91 InsO. Die Vorschrift schließt aus, daß nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in anderer Weise Rechte an Gegenständen der Insolvenzmasse erworben werden. Sowohl die Grundregel in Absatz 1 als auch die Ausnahmen in Absatz 2 decken sich inhaltlich mit § 15 KO. Im Vergleich zu diesem Vorbild fehlt allerdings die Einschränkung, daß der Rechtserwerb nur "gegenüber den Konkursgläubigern" unwirksam ist. Insoweit ist die gleiche Abweichung festzustellen wie bei der Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Verfügungsverbot des Schuldners59.

47

§ 91 Abs. 1 InsO verhindert beispielsweise, daß ein Gläubiger, dem vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine künftige Forderung zur Sicherung abgetreten worden ist, mit der Entstehung dieser Forderung nach Verfahrenseröffnung ein Absonderungsrecht

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erwirbt60. Als selbstverständlich sieht der Gesetzgeber an, daß die Vorschrift die Wirksamkeit von Verfügungen des Insolvenzverwalters und von Vollstreckungsmaßnahmen der Massegläubiger nicht in Frage stellt; ebensowenig wird ausgeschlossen, daß ein Gläubiger eine Grundschuld an einem Grundstück des Schuldners während des Insolvenzverfahrens auf einen Dritten überträgt61. Ausdrücklich ausgenommen vom Ausschluß sonstigen Rechtserwerbs ist der Erwerb von Rechten an Grundstücken und diesen gleichgestellten Schiffen und Luftfahrzeugen, der sich aufgrund von § 878 BGB62oder aufgrund der Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb vollzieht (§ 91 Abs. 2 InsO).

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F. Zuweisung von Ansprüchen an die Masse

I. Allgemeines Die Insolvenzordnung verallgemeinert in ihren §§ 92 und 93 einen Gedanken, der im früheren Recht in einzelnen Vorschriften des Gesellschaftsrechts und in einigen Gerichtsentscheidungen Ausdruck gefunden hatte63: Wenn alle Insolvenzgläubiger gegen dieselbe Person gleichartige Ansprüche haben, ist es nicht sinnvoll, daß die Gläubiger diese Ansprüche individuell durchsetzen. Vielmehr sollten diese Ansprüche gebündelt vom Insolvenzverwalter für die Insolvenzmasse geltend gemacht werden. Das dient der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger und erleichtert durch eine Vermehrung der Insolvenzmasse die Durchführung des Insolvenzverfahrens64.

50

Wird kein Insolvenzverwalter bestellt, sondern dem Schuldner unter der Aufsicht eines Sachwalters die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse belassen (Eigenverwaltung) , so ist nur der Sachwalter berechtigt, die der Masse zugewiesenen Ansprüche geltend zu machen (§ 280 InsO).

51

II. Gesamtschaden Eine solche Zuweisung von Ansprüchen der Insolvenzgläubiger an die Insolvenzmasse ist zunächst in § 92 InsO für den Fall vorgesehen, daß die Insolvenzgläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung der Insolvenzmasse einen Schaden erlitten haben. Wenn den Gläubigern aus dieser Masseminderung Schadensersatzansprüche zustehen, können diese im Insolvenzverfahren nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden65. Ob solche Schadensersatzansprüche gegeben sind, ergibt sich nicht aus § 92 InsO, sondern es richtet sich nach dem einschlägigen materiellen Recht66.

52

Unerheblich ist, ob das schadensbegründende Ereignis vor oder nach der Verfahrenseröffnung stattgefunden hat. Die Ansprüche gegen den Geschäftsführer einer insolventen GmbH wegen einer schuldhaften Schädigung der Gesellschaftsgläubiger vor dem Insolvenzantrag werden ebenso erfaßt wie Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter wegen einer pflichtwidrigen Masseminderung. Für den letzteren Fall gilt lediglich die Besonderheit, daß die Ansprüche nur von einem neu bestellten Insolvenzverwalter geltend gemacht werden können (§ 92 Satz 2 InsO); zulässig dürfte auch die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters zur Geltendmachung dieser Ansprüche sein67.

53

Die Zuweisung an die Masse erfolgt nur für solche Ansprüche, die sich auf Ersatz eines "gemeinschaftlich erlittenen" Schadens richten. Kein solcher Gesamtschaden liegt vor, wenn nur ein einzelner Gläubiger betroffen ist oder wenn der Anspruch eines einzelnen Gläubigers sich auf den Ersatz eines anderen Schadens richtet als die Ansprüche der übrigen Insolvenzgläubiger.

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Überträgt man die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Haftung für Verletzungen der Konkursantragspflicht des Geschäftsführers einer GmbH auf das

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neue Recht, so hat der Gläubiger einer insolventen GmbH, der seine Forderung nach dem Zeitpunkt erworben hat, zu dem der Geschäftsführer den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hätte stellen müssen, unter den Voraussetzungen des § 64 Abs. 1 GmbHG in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB einen individuellen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die Rechtsbeziehung zu der insolventen GmbH entstanden ist. Der Gläubiger ist auch während des Insolvenzverfahrens dazu berechtigt, seine Forderung gegen den Geschäftsführer selbst geltend zu machen68. Die Ansprüche der Gläubiger mit vorher erworbenen Forderungen richten sich dagegen auf Ersatz des "Quotenschadens" - des Schadens, der darin liegt, daß sie infolge der verspäteten Antragstellung eine geringere Quote auf ihre Forderungen erhalten. Für diese Ansprüche kommt eine Zuweisung an die Masse - mit der Folge, daß sie im Insolvenzverfahren nur vom Verwalter geltend gemacht werden können - in Betracht. Wenn neben diesen Gläubigern aber auch mindestens ein Insolvenzgläubiger vorhanden ist, der einen individuellen Schadensersatzanspruch hat, scheint nach dem Wortlaut des § 92 InsO die Zuweisung an die Masse daran zu scheitern, daß nicht alle Insolvenzgläubiger gemeinschaftlich den Quotenschaden verlangen können. Die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Individualschaden der "Neugläubiger" führt also, kombiniert mit dem Wortlaut des § 92 InsO, scheinbar zu der Konsequenz, daß in vielen Fällen der Quotenschaden doch wieder von jedem Gläubiger einzeln geltend zu machen ist. Der Absicht des Gesetzgebers entspricht dies nicht; die Schadenersatzpflicht des GmbH-Geschäftsführers wegen einer Verletzung seiner Insolvenzantragspflicht wird in der Begründung zum Regierungsentwurf als erster Beispielsfall für die Zuweisung von Haftungsansprüchen an die Masse angeführt69. Auch ist das Ergebnis schon deshalb wenig praxisgerecht, weil die Frage, ob neben den Gläubigern, deren Ansprüche sich auf den Quotenschaden richten, noch ein individuell geschädigter Gläubiger vorhanden ist, nicht immer leicht und schnell zu klären sein wird. Es empfiehlt sich daher, § 92 InsO so auszulegen, daß auch bei Vorhandensein einzelner Gläubiger mit individuellen Schadensersatzansprüchen die Ansprüche der übrigen Gläubiger auf den Quotenschaden der Masse zugewiesen und vom Insolvenzverwalter geltend zu machen sind. Der Verwalter hat dann eine Sondermasse für diese Gläubiger zu bilden70. Für die Ansprüche der Gläubiger mit individuellen Schadensersatzansprüchen sind die Voraussetzungen für eine Zuweisung an die Insolvenzmasse nach § 92 InsO nicht gegeben; diese Ansprüche sind trotz des Insolvenzverfahrens von den Gläubigern selbst geltend zu machen71. Die Höhe dieser Ansprüche wird sich allerdings erst bestimmen lassen, wenn der Ausfall im Insolvenzverfahren feststeht. Im Regierungsentwurf war zusätzlich der Fall geregelt, daß der zum Schadenersatz Verpflichtete unter Mißachtung der Massezuweisung an einen einzelnen Gläubiger leistet. In diesem Fall sollte die Vorschrift über Leistungen an den Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 82 InsO) entsprechend gelten. Außerdem war dort vorgesehen, daß ein Rechtsstreit, der zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für einen Insolvenzgläubiger anhängig ist und einen Anspruch auf Ersatz eines Gesamtschadens betrifft, durch die Verfahrenseröffnung unterbrochen wird und vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden kann72. Die Regelungen sind vom Rechtsausschuß nicht übernommen worden, jedoch nicht wegen inhaltlicher Bedenken, sondern lediglich zur Straffung des Gesetzes73. Daher wird sich die Rechtsprechung bei der Lösung derartiger Fälle an den Vorschriften des Regierungsentwurfs orientieren können74.

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III. Persönliche Haftung der Gesellschafter Bei der Offenen Handelsgesellschaft steht neben der Haftung der Gesellschaft die persönliche Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (§ 128

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HGB). Nach bisherigem Recht hinderte die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der OHG die Gläubiger der Gesellschaft nicht daran, ihre Ansprüche gegen die Gesellschafter aus deren Mithaftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten individuell geltend zu machen. Für den Fall, daß auch über das Privatvermögen eines Gesellschafters Konkurs eröffnet war, verwies § 212 KO die Gesellschaftsgläubiger allerdings in erster Linie auf den Gesellschaftskonkurs; im Konkursverfahren über das Vermögen des Gesellschafters konnte sie Befriedigung nur in Höhe ihres Ausfalls im Gesellschaftskonkurs verlangen. Die Insolvenzordnung hat diese Rechtslage dahin geändert, daß die Gläubiger der Gesellschaft mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Befugnis verlieren, die persönliche Haftung der Gesellschafter geltend zu machen. Diese Befugnis geht auf den Insolvenzverwalter über. Die Ansprüche aus der persönlichen Haftung werden ebenso wie die Ansprüche auf Ersatz eines Gesamtschadens der Insolvenzmasse zugewiesen (§ 93 InsO). Die Regelung betrifft nicht nur die OHG, sondern auch alle anderen Gesellschaftsformen mit persönlich haftenden Gesellschaftern, insbesondere die Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts, die nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO "insolvenzverfahrensfähig" ist, und, soweit es um die Haftung der Komplementäre geht, die Kommanditgesellschaft75. Eine - der Höhe nach begrenzte - persönliche Haftung für die Gesellschaftsschulden trifft auch den Kommanditisten, der seine Einlage nicht voll geleistet hat. Diese Haftung wurde schon nach bisherigem Recht im Gesellschaftskonkurs vom Verwalter geltend gemacht (§ 171 HGB). Daran hat sich im neuen Recht nichts geändert; § 171 HGB ist durch das Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung lediglich auf das Insolvenzverfahren umgestellt worden76.

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Zur praktischen Durchsetzung der Haftung der Gesellschafter ist folgendes zu bemerken77: Zu Beginn des Insolvenzverfahrens kann noch nicht feststehen, in welcher Höhe ein Rückgriff des Insolvenzverwalters auf die persönlich haftenden Gesellschafter erforderlich ist, um die Insolvenzmasse so aufzufüllen, daß alle Insolvenzforderungen abgedeckt werden können. Da der Verwalter aber die persönliche Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft geltend macht, ist er von Verfahrensbeginn an berechtigt, bis zur Höhe der Summe aller Insolvenzforderungen Zahlungen von den Gesellschaftern anzufordern. Zieht er so hohe Beträge ein, daß sich bei der Schlußverteilung an die Insolvenzgläubiger ein Überschuß ergibt, so ist dieser Überschuß vom Verwalter an die Gesellschafter zurückzuerstatten (§ 199 InsO). In der Praxis wird die Leistungsfähigkeit der Gesellschafter regelmäßig weit engere Grenzen setzen. Hat ein Gesellschafter neben der Haftung für die Gesellschaftsschulden persönliche Verbindlichkeiten, die er nicht erfüllen kann, so wird es auch nach der neuen Rechtslage häufig zu einem Nebeneinander von Gesellschaftsinsolvenzverfahren und Insolvenzverfahren über das Vermögen des Gesellschafters kommen.

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G. Aufrechnung im Insolvenzverfahren

I. Allgemeines Die Vorschriften der Insolvenzordnung über die Aufrechnung im Insolvenzverfahren modifizieren das allgemeine Aufrechnungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 387-396 BGB). Nach der Grundregel, daß eine bei Verfahrenseröffnung bestehende Aufrechnungslage vom Verfahren nicht berührt wird (§ 94 InsO), folgen Einzelregelungen, die teils diese Grundregel einschränken (anfechtbar erworbene Aufrechnungslage, § 96 Nr. 3 InsO), teils die Aufrechnungsmöglichkeit auf Fälle erweitern, in denen die Aufrechnungslage erst während des Verfahrens eingetreten ist (§ 95 Abs. 1 InsO) und kein Verstoß gegen bestimmte Aufrechnungsverbote vorliegt (§ 96 Nr. 1, 2 und 4 InsO). Alle diese Einzelregelungen lassen sich auf den Grundsatz

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zurückführen, daß das Vertrauen auf eine bestehende oder mit Sicherheit eintretende Aufrechnungslage Schutz verdient, daß im übrigen aber die Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger Vorrang vor dem Interesse eines einzelnen Gläubigers an einer Aufrechnung hat78. Zusätzlich legt das Gesetz fest, daß im Insolvenzverfahren unter gewissen Voraussetzungen auch die Aufrechnung von Forderungen zulässig ist, die auf unterschiedliche Währungen lauten (§ 95 Abs. 2 InsO). Diese vom Rechtsausschuß des Bundestages eingefügte Regelung wäre besser verallgemeinert und ins Bürgerliche Gesetzbuch eingestellt worden; sie ist auch für die Aufrechnung außerhalb eines Insolvenzverfahrens gerechtfertigt.

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Aus systematischer Sicht ist bemerkenswert, daß die Insolvenzordnung - anders als die Konkursordnung79 - die Aufrechnung nicht in einen Zusammenhang mit der Absonderung stellt. Vielmehr folgt sie der Vergleichsordnung80in der Sicht, daß die Aufrechnungsvorschriften zu den allgemeinen Regelungen über die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf die Rechtsstellung der Gläubiger gehören. In der Tat weist die Stellung des aufrechnungsberechtigten Gläubigers zwar viele Parallelen zur Stellung des Absonderungsberechtigten auf, die besonderen Regeln z. B. über das Entstehen einer Aufrechnungslage nach Verfahrenseröffnung erfordern aber eigenständige Wertungen. Im übrigen ist die Stellung des aufrechnungsberechtigten Gläubigers nach der Insolvenzordnung insofern stärker als die des Absonderungsberechtigten, als ein Insolvenzplan zwar Absonderungsrechte, nicht aber die Stellung eines aufrechnungsberechtigten Gläubigers einschränken kann81.

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II. Die Grundregel des § 94 InsO Ein Insolvenzgläubiger, der unmittelbar vor der Verfahrenseröffnung zur Aufrechnung berechtigt war, behält dieses Recht auch im Insolvenzverfahren. Soweit er sich durch Aufrechnung für seine Forderung befriedigen kann, braucht er diese nicht zur Tabelle anzumelden. § 94 InsO, der dies zum Ausdruck bringt, stimmt inhaltlich mit § 53 KO, § 54 Satz 1 VerglO und § 7 Abs. 5 GesO überein. Probleme der Abgrenzung des Begriffs der bei Verfahrenseröffnung bestehenden Aufrechnungslage können daher auf der Grundlage der Rechtsprechung und Literatur zum bisherigen Recht gelöst werden; dies gilt beispielsweise für den Fall, daß die Aufrechnungsmöglichkeit des Gläubigers ursprünglich gegenüber einem Dritten bestand und die gegen den Gläubiger gerichtete Forderung erst nach der Verfahrenseröffnung an den Verwalter abgetreten worden ist82

und für den Fall der Aufrechnung gegen eine Forderung aus einem gegenseitigen Vertrag, der bei Verfahrenseröffnung von beiden Seiten noch nicht voll erfüllt ist.83 Auch die Rechtsprechung zu der Frage, ob vertragliche Aufrechnungsverbote auch für den Insolvenzfall gelten, wird man auf das neue Recht übertragen können84.

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Ausdrücklich erwähnt wird in der neuen Vorschrift, daß auch eine Aufrechnungsbefugnis aufgrund einer Vereinbarung im Insolvenzverfahren keinen Einschränkungen unterliegt. War zwischen den Beteiligten also vor der Verfahrenseröffnung vereinbart, daß bestimmte der im Bürgerlichen Gesetzbuch festgelegten Voraussetzungen der Aufrechnung zwischen ihnen nicht gelten sollten - z. B. die Beschränkung der Aufrechnung auf fällige und gleichartige Forderungen durch § 387 BGB - und sind die übrigen Voraussetzungen der Aufrechnung bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegeben, so bleibt die Aufrechnung trotz der Verfahrenseröffnung möglich85. Nicht jede Aufrechnungsvereinbarung ist allerdings zivilrechtlich wirksam; beispielsweise liegt bei einer Konzernverrechnungsklausel ein Verstoß gegen § 9 AGBG nahe86.

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III. Eintritt der Aufrechnungslage im Verfahren (§ 95 InsO) 1. Aufschiebend bedingte, nicht fällige und nicht gleichartige Forderungen

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Die Konkursordnung erleichterte die Aufrechnung im Konkursverfahren gegenüber dem allgemeinen Recht dadurch, daß sie in § 54 KO den Konkursgläubigern die Aufrechnung auch mit nicht fälligen und nicht gleichartigen Forderungen gestattete. Mit dieser Regelung wurde die scheinbar logische Folgerung daraus gezogen, daß im Konkursverfahren betagte Forderungen als fällig galten (§ 65 Abs. 1 KO) und auf Naturalleistung gerichtete Ansprüche in Geld umgerechnet wurden (§ 69 KO). In Wahrheit hatte die Umrechnung aller Ansprüche der Konkursgläubiger in fällige Geldforderungen - die auch in der Insolvenzordnung (§§ 41, 45) vorgesehen ist - jedoch nur insoweit ihre Berechtigung, als sie die Gleichbehandlung der Gläubiger, insbesondere die Berechnung der Quote bei der Verteilung, erleichterte. Die Erstreckung dieser Regelung auf die Aufrechnung führte zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung der betroffenen Gläubiger; denn hier ging es nicht mehr um eine Vereinfachung der Berechnung, sondern darum, daß ein Gläubiger statt einer Quote volle Befriedigung erhielt87. Bei der Reform ist diese Regelung daher nicht übernommen worden. In § 95 Abs. 1 Satz 2 InsO wird ausdrücklich festgestellt, daß für die Aufrechnung die Vorschriften über die vorzeitige Fälligkeit und über die Umrechnung nicht auf Geld gerichteter Forderungen keine Anwendung finden88. Auch § 54 Abs. 3 KO, nach dem ein Gläubiger mit einer aufschiebend bedingten Forderung bis zum Eintritt der Aufrechnungslage eine Sicherstellung verlangen kann, hat in der Insolvenzordnung kein Gegenstück.

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Auch die Insolvenzordnung schließt die Aufrechnung mit aufschiebend bedingten, nicht fälligen und nicht gleichartigen Forderungen allerdings nicht völlig aus. Nach § 95 Abs. 1 Satz 1 kann die Aufrechnung dann erfolgen, wenn ihre Voraussetzungen während des Verfahrens eintreten, also z. B. die Forderung fällig wird. Dies gilt jedoch nicht (Satz 3), wenn schon vor dem Eintritt der Aufrechnungsvoraussetzungen die zur Masse gehörige Hauptforderung unbedingt und fällig geworden ist. Denn in diesem Fall hätte der Gläubiger auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens nicht auf den Eintritt der Aufrechnungslage vertrauen können; er hätte damit rechnen müssen, daß seine Verbindlichkeit notfalls zwangsweise gegen ihn durchgesetzt worden wäre, bevor die Aufrechnungslage eingetreten wäre. Die gleiche Wertung liegt der parallelen Vorschrift des § 392 BGB zugrunde, die die Aufrechnung gegen eine beschlagnahmte Forderung betrifft und diese Aufrechnung ausschließt, wenn die aufzurechnende Forderung erst nach der Beschlagnahme und später als die beschlagnahmte Forderung fällig geworden ist89. Im Ergebnis ist die Aufrechnung mit einer Forderung, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch aufschiebend bedingt, nicht fällig oder nicht gleichartig war, also nur in seltenen Ausnahmefällen möglich. Der großzügig anmutende Satz 1 des § 95 Abs. 1 InsO wird durch Satz 3 nahezu zur Bedeutungslosigkeit reduziert.

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2. Währungsverschiedene Forderungen Forderungen, die auf unterschiedliche Währungen lauten, können nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Aufrechnung grundsätzlich nicht aufgerechnet werden, da es an der von § 387 BGB verlangten Gleichartigkeit fehlt. Wirtschaftliche Gleichartigkeit, wie sie bei Forderungen gegeben ist, die auf frei konvertible Währungen lauten, reicht nach herrschender Auffassung nicht aus90. In manchen Fällen kann allerdings die Ersetzungsbefugnis des § 244 Abs. 1 BGB helfen: Lautet die Forderung eines Gläubigers, der aufrechnen will, auf einen DM-Betrag, die Gegenforderung aber auf eine ausländische Währung, so kann der Gläubiger wirksam die Aufrechnung erklären, da er nach § 244 Abs. 1 BGB seine Schuld auch in inländischer Währung erfüllen darf91.

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Nach der Insolvenzordnung (§ 95 Abs. 2) scheitert die Aufrechnung dagegen nicht an der Währungsverschiedenheit der aufzurechnenden Forderungen. Voraussetzung ist

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allerdings, daß die Forderungen am Zahlungsort der Forderung, gegen die aufgerechnet werden soll, frei konvertibel sind. Die Umrechnung erfolgt nach dem Kurswert, der für diesen Ort zur Zeit des Zugangs der Aufrechnungserklärung maßgeblich ist (§ 95 Abs. 2 Satz 2 InsO). Das entspricht dem Maßstab, der nach § 45 Satz 2 InsO für die Umrechnung von Insolvenzforderungen gilt, die auf ausländische Währungen lauten. Nach dem Standort der Regelung ist die Aufrechnung währungsverschiedener Forderungen nur nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer der Parteien zulässig. Jedoch ist es wenig sinnvoll, die Aufrechnung im Insolvenzverfahren unter leichteren Voraussetzungen zuzulassen als außerhalb des Verfahrens. Die Vorschrift kann daher analog auf die Aufrechnung außerhalb eines Insolvenzverfahrens angewendet werden92. Im Ergebnis ist die Rechtslage damit nicht anders, als wenn die Vorschrift ins Bürgerliche Gesetzbuch eingestellt worden wäre. Zur Verdeutlichung wäre es dennoch zweckmäßig, daß der Gesetzgeber den Standort der Regelung bei Gelegenheit ändert.

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IV. Unzulässigkeit der Aufrechnung (§ 96 InsO) 1. Keine Aufwertung von Insolvenzforderungen durch die Verfahrenseröffnung Aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger ergeben sich Einschränkungen der Aufrechnungsmöglichkeiten der Gläubiger. So darf nicht mit einer Insolvenzforderung aufrechnen, wer nach der Eröffnung eine Verpflichtung gegenüber der Insolvenzmasse übernommen hat (§ 96 Nr. 1 InsO); andernfalls würde die Insolvenzforderung nachträglich auf Kosten der übrigen Gläubiger aufgewertet. Aus dem gleichen Grunde darf nicht mit einer Insolvenzforderung aufgerechnet werden, die erst nach der Verfahrenseröffnung an eine Person abgetreten worden ist, die zu Leistungen in die Masse verpflichtet ist (§ 96 Nr. 2 InsO). Die diesbezüglichen Regelungen der Insolvenzordnung entsprechen § 55 Nr. 1 und 2 KO und bedürfen daher im Grundsatz hier keiner näheren Erläuterung.

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Allerdings ist auf Ausnahmen von der Vorschrift des § 96 Nr. 1 InsO hinzuweisen. Schon die Konkursordnung erlaubte in § 21 Abs. 3, daß der Mieter oder Pächter eines vom Gemeinschuldner vermieteten oder verpachteten Grundstücks noch für einen kurzen Zeitraum nach Verfahrenseröffnung gegen die Miet- oder Pachtzinsforderung mit einer Forderung aufrechnete, die ihm gegen den Schuldner zustand. Die Insolvenzordnung hat diese Ausnahme in § 110 Abs. 3 übernommen und in § 114 Abs. 2 eine weitere, praktisch weit bedeutsamere für Dienstverhältnisse hinzugefügt: Der Dienstherr des Schuldners kann gegen die Forderung auf Leistung der Bezüge noch für die Zeit von rund drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Forderungen aufrechnen, die ihm bei Verfahrenseröffnung als Insolvenzforderungen gegen den Schuldner zustehen. Für diese Zeit von drei Jahren würden nach § 114 Abs. 1 InsO Vorausabtretungen und Verpfändungen der Bezüge wirksam bleiben; es ist konsequent, dann auch zuzulassen, daß der Dienstherr, der vor der Verfahrenseröffnung im Hinblick auf seine Aufrechnungsmöglichkeiten davon abgesehen hat, den Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens durch Vorausabtretung oder Verpfändung zu sichern, gegen die Forderung auf die Bezüge für diesen Zeitraum aufrechnet93. Ergänzend legt § 294 Abs. 3 InsO fest, daß diese Aufrechnungsbefugnis dem Dienstherrn in unverändertem Umfang auch dann erhalten bleibt, wenn das Insolvenzverfahren vor Ablauf der drei Jahre endet und sich die siebenjährige "Wohlverhaltensperiode" mit dem Ziel der Restschuldbefreiung anschließt.

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2. Anfechtbarkeit der Aufrechnungslage Die Konkursordnung regelte in § 55 Nr. 3 detailliert den Fall, daß ein Schuldner des Gemeinschuldners vor der Verfahrenseröffnung eine Forderung gegen den Gemeinschuldner erwarb, obwohl er wußte, daß dieser seine Zahlungen eingestellt hatte

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oder daß die Eröffnung des Verfahrens beantragt worden war. In diesem Fall war die Aufrechnung grundsätzlich unzulässig, aus dem gleichen Grunde, aus dem die Erlangung einer Sicherung oder einer Befriedigung durch einen Gläubiger bei Kenntnis der wirtschaftlichen Krise des Schuldners anfechtbar wäre: Eine Forderung, die durch den Eintritt der Krise bereits entwertet ist, darf von einem Gläubiger, der die Situation kennt, nicht auf Kosten der übrigen Gläubiger wieder aufgewertet werden94. § 96 Nr. 3 InsO , der an die Stelle dieser Vorschrift der Konkursordnung tritt, bringt den geschilderten Grundgedanken klarer zum Ausdruck: Die Aufrechnung ist unzulässig, wenn die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt worden ist. Außerdem hat die allgemeine Formulierung der neuen Vorschrift den Vorteil, daß sie auch Fälle erfaßt, die vom Wortlaut des § 55 Nr. 3 KO nicht gedeckt, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Gläubiger aber entsprechend zu lösen waren. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß eine Bank, die über den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ihres Kunden unterrichtet ist, Zahlungen, die auf dessen Konto eingehen, nicht mehr wirksam mit ihren Forderungen gegen den Schuldner verrechnen kann, weil die Voraussetzungen der Aufrechnung in anfechtbarer Weise hergestellt worden sind95.

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Die weite Formulierung des § 96 Nr. 3 InsO läßt allerdings offen, unter welchen Voraussetzungen im einzelnen das Aufrechnungsverbot eingreift. Insbesondere bedarf der Klärung, ob die Herbeiführung einer Aufrechnungslage einer "kongruenten Deckung" (§ 130 InsO) oder einer "inkongruenten Deckung" (§ 131 InsO) gleichzustellen ist96. Für letzteres könnte sprechen, daß die Befriedigung durch Aufrechnung eine besondere Form der Befriedigung darstellt, mit der regelmäßig bei der Begründung des Schuldverhältnisses noch nicht gerechnet werden kann. Die Gleichstellung mit der "inkongruenten Deckung" hätte z. B. die Folge, daß bei Entstehung der Aufrechnungslage im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Aufrechnung stets unzulässig wäre, ohne daß es auf die Kenntnis des Gläubigers von der Krise ankäme97. Die Entstehungsgeschichte spricht aber entscheidend dafür, die Parallele zur "kongruenten Deckung" zu ziehen: § 55 Nr. 3 KO ist parallel zu § 30 Nr. 1 KO formuliert, und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofszur Ausweitung des Aufrechnungsausschlusses stützt sich ebenfalls auf die Vorschrift über die Anfechtung "kongruenter Deckungen"98. Damit tritt der Aufrechnungsausschluß nur ein, wenn bei Entstehung der Aufrechnungslage die Kenntnis des Gläubigers von der Krise - oder eine der in § 130 InsO der Kenntnis gleichgestellten subjektiven Voraussetzungen - gegeben war.

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Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Aufrechnungsverbot ist die Unwirksamkeit der dennoch abgegebenen Aufrechnungserklärung. War die Erklärung schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgegeben worden, so wird sie mit der Eröffnung rückwirkend unwirksam99.

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3. Trennung von Insolvenzmasse und freiem Vermögen § 96 Nr. 4 InsO verbietet die Aufrechnung mit Forderungen, die aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen sind, gegen Forderungen, die zur Insolvenzmasse gehören. Auch diese Regelung schließt an die Aufrechnungsverbote der Konkursordnung an (vgl. § 55 Nr. 1 KO). Sie hat jedoch im Rahmen der Insolvenzordnung eine größere Bedeutung, da die Einbeziehung des Neuerwerbs des Schuldners in die Insolvenzmasse (§ 35 InsO) zur Massezugehörigkeit auch solcher Forderungen führt, die nach der Verfahrenseröffnung vom Schuldner begründet werden.

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Verkauft der Schuldner beispielsweise einen Gegenstand, der unpfändbar ist und daher nicht zur Insolvenzmasse gehört, an einen Dritten, so gehört die Kaufpreisforderung als

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pfändbarer Neuerwerb nicht zum freien Vermögen des Schuldners, sondern zur Insolvenzmasse. Der Käufer muß den Kaufpreis an den Insolvenzverwalter leisten und kann folglich auch nicht mit einer Forderung aufrechnen, die ihm gegen den Schuldner persönlich zusteht. Weiß der Käufer allerdings nichts von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so wird man ihm analog § 406 BGB die Aufrechnung erlauben können100, ebenso wie ihm bei einer Zahlung an den Schuldner persönlich der Schutz des § 82 InsO zusteht101.

H. Die Rechtsstellung des Schuldners im Insolvenzverfahren

I. Allgemeines Die Insolvenzordnung regelt in den §§ 97 bis 102 wichtige Auswirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Rechtsstellung des Schuldners. Diese Bestimmungen ergänzen die Regelungen, die im weiteren Sinn die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse betreffen und bereits oben unter B. und C. dargestellt worden sind. Im einzelnen geht es in den genannten Vorschriften insbesondere um Auskunfts-und Mitwirkungspflichten des Schuldners, um die Postsperre und um den Unterhalt des Schuldners und seiner Familie. All diese Bereiche sind detaillierter geregelt als in der Konkursordnung; die Mitwirkungspflichten und ihre Durchsetzung sind zur Steigerung der wirtschaftlichen Effektivität des Insolvenzverfahrens verschärft, die Postsperre ist aus verfassungsrechtlichen Gründen stärker eingegrenzt. Ausdrücklich geregelt ist in § 101 InsO, wen die genannten Pflichten des Schuldners treffen und wem der Unterhalt zusteht, wenn der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist.

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Nicht im Rahmen des Insolvenzrechts, sondern im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Gesetze wird geregelt, welchen Einfluß die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft oder eines Gesellschafters auf den Fortbestand der Gesellschaft hat. Entsprechend der bisherigen Regelung für das Konkursverfahren wird die Gesellschaft aufgelöst, wenn das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet wird; dies gilt für juristische Personen ebenso wie für Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit102. Ebenso ist für alle Gesellschaftstypen vorgesehen, daß nach der Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der Gesellschaft vorsieht, von den Gesellschaftern die Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft beschlossen werden kann103. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters führt nur bei den Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit zur Auflösung der Gesellschaft104.

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Das bisherige Recht enthielt darüber hinaus in zahlreichen Gesetzen einzelne Vorschriften, die den Gemeinschuldner als eine Person, die "infolge gerichtlicher Anordnung in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt" ist, für untauglich erklärten, bestimmte Berufe - z. B. den Beruf des Rechtsanwalts105 - oder Ehrenämter - z. B. das Amt des Schöffen oder des Handelsrichters106 - auszuüben. Auch Einschränkungen der familienrechtlichen Stellung des Gemeinschuldners waren vorgesehen107; z. B. endete bisher die elterliche Sorge über das Kindesvermögen kraft Gesetzes mit der Eröffnung des Konkursverfahrens (§ 1670 BGB). Im Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung sind all diese Vorschriften aufgehoben oder so abgeändert worden, daß die negativen Rechtsfolgen nicht mehr automatische Folge der Verfahrenseröffnung sind, sondernallgemein bei Vermögensverfall verhängt werden können. Beispielsweise ist § 1670 BGB ersatzlos fortgefallen; wie in der Begründung zum Regierungsentwurf des Einführungsgesetzes ausgeführt wird, reicht es aus, daß bei einer Gefährdung des Kindesvermögens auf der Grundlage des § 1667 Abs. 1, 5 BGB die Vermögenssorge

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entzogen werden kann108. Die Vorschriften über die Untauglichkeit zum Amt des Schöffen und des Handelsrichters sind durch Regelungen ersetzt worden, nach denen zum Schöffen und zum Handelsrichter nicht ernannt werden soll, wer in Vermögensverfall geraten ist109. Die Zulassung zum Rechtsanwalt ist zu widerrufen, "wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet. .. ist"110. Mit diesen flexiblen Regelungen wird berücksichtigt, daß die Eröffnung des Insolvenzverfahrens keinen Ehrverlust zur Folge hat, sondern rein vermögensrechtliche Ziele verfolgt.111 Gerade bei Schuldnern, die natürliche Personen sind, soll sie möglichst ein Schritt auf dem Wege sein, die Vermögensverhältnisse des Schuldners wieder in Ordnung zu bringen. Dem würde es widersprechen, wenn an die Verfahrenseröffnung als solche negative Folgen für die Stellung des Schuldners in seiner Familie, in seinen Ehrenämtern und in seinem Beruf geknüpft würden. II. Die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners 1. Inhalt der Pflichten Nach § 97 Abs. 1 InsO trifft den Schuldner im Insolvenzverfahren eine sehr weitreichende Auskunftspflicht. Er hat "über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse" Auskunft zu erteilen. Im Anschluß an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Auskunftspflicht im Konkursverfahren wird ausdrücklich normiert, daß der Schuldner dabei auch Tatsachen anzugeben hat, die ihn der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen, daß solche Angaben des Schuldners aber in einem späteren Strafverfahren gegen ihn nicht verwendet werden dürfen112. Die Auskunftspflicht besteht uneingeschränkt gegenüber dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter und dem Gläubigerausschuß. Der Gläubigerversammlung hat der Schuldner nur Auskunft zu geben, wenn das Gericht dies anordnet.

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Den Auskunftspflichten im Insolvenzverfahren vorgelagert ist die Pflicht des Schuldners, dem Insolvenzgericht schon vor der Verfahrenseröffnung die Auskünfte zu erteilen, die es zur Entscheidung über einen zulässigen Insolvenzantrag benötigt (§ 20 InsO).

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Weit formuliert ist auch die Pflicht des Schuldners zur Unterstützung des Insolvenzverwalters (§ 97 Abs. 2 InsO). Wird das Unternehmen eines Einzelkaufmanns vom Insolvenzverwalter fortgeführt, so ist offensichtlich, daß der Schuldner dem Verwalter durch fachkundigen Rat gute Dienste leisten kann113. Als weiteres Beispiel für eine wichtige Mitwirkung des Schuldners im Verfahren nennt die Begründung zum Regierungsentwurf die Hilfe bei der Herbeischaffung von Auslandsvermögen114; der Zugriff des Verwalters auf ein Auslandskonto des Schuldners kann durch eine Vollmacht des Schuldners erleichtert oder, wenn der ausländische Staat die Wirkungen der deutschen Verfahrenseröffnung nicht anerkennt, überhaupt erst ermöglicht werden.

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Den Schuldner trifft darüber hinaus eine Bereitschaftspflicht , die im Vergleich zur Aufenthaltsbeschränkung nach § 101 Abs. 1 KO flexibler formuliert ist (§ 97 Abs. 3 InsO): Er hat jederzeit für die Erfüllung seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflichten auf Anordnung des Gerichts zur Verfügung zu stehen. Darüber hinaus hat er alle Handlungen zu unterlassen, die der Erfüllung dieser Pflichten zuwiderlaufen. Beispielsweise darf er keine Unterlagen vernichten, aus denen der Verwalter Hinweise auf Anfechtungsmöglichkeiten entnehmen könnte.

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Ist der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit , so treffen die Auskunfts-, Mitwirkungs- und Bereitschaftspflichten zunächst die organschaftlichen Vertreter, also bei der Aktiengesellschaft die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat, bei der GmbH den

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Geschäftsführer, bei der OHG die vertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschafter (§ 101 Abs. 1 Satz 1 InsO)115. Der Auskunftspflicht unterliegen zusätzlich ehemalige organschaftliche Vertreter, die in den letzten zwei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, in der Zeit zwischen Antrag und Eröffnung oder während des Insolvenzverfahrens ausgeschieden sind (§ 101 Abs. 1 Satz 2 InsO). Angestellte und ehemalige Angestellte - in den genannten zeitlichen Grenzen - sind ebenfalls zur Auskunft verpflichtet, brauchen aber keine Angaben zu machen, die sie der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen würden (§ 101 Abs. 2 InsO). Für den Fall der Eigenverwaltung sind die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners zu modifizieren. Der Schuldner, der unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse selbst verwaltet, hat nicht "den Verwalter zu unterstützen", wie es § 97 Abs. 2 InsO verlangt, sondern nach Maßgabe der §§ 275, 277 InsO mit ihm zusammenzuwirken. Die Auskunftspflichten des Schuldners bleiben jedoch auch in dieser Situation sinnvoll; es tritt lediglich der Sachwalter an die Stelle des Insolvenzverwalters. Auch für die Bereitschaftspflicht des § 97 Abs. 3 InsO bringt die Eigenverwaltung keine wesentliche Änderung.

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2. Durchsetzung der Pflichten Zur Durchsetzung der Pflichten des Schuldners sieht § 98 InsO drei Zwangsmittel vor: die eidesstattliche Versicherung, die Zwangsvorführung und die Haft.

Die eidesstattliche Versicherung dient dem Ziel, daß der Schuldner die von ihm verlangten Auskünfte richtig und vollständig erteilt. Sie wird vom Insolvenzgericht angeordnet, wenn sie erforderlich erscheint116. Für die Einzelheiten ist die Zivilprozeßordnung maßgebend117.

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Der Schuldner kann dem Gericht zwangsweise vorgeführt und in Haft genommenwerden, wenn er eine Auskunft oder eine eidesstattliche Versicherung oder die Erfüllung einer Mitwirkungspflicht verweigert. In diesen Fällen dient die Anordnung der Haft der Durchsetzung einer konkreten Handlung des Schuldners. Der Schuldner kann aber auch dann verhaftet werden, wenn er sich - z. B. durch eine Flucht ins Ausland - der Erfüllung seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflichten allgemein entziehen will oder wenn er seinen Unterlassungspflichten zuwiderzuhandeln droht, beispielsweise damit beginnt, Unterlagen beiseitezuschaffen.

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Da die Verhaftung einen tiefen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Schuldners bedeutet, darf sie nur nach Anhörung des Schuldners und nach Prüfung der Verhältnismäßigkeit angeordnet werden118. Bei Fluchtgefahr ist die Anhörung selbstverständlich in einer Weise durchzuführen, die dem Schuldner keine Gelegenheit zur Flucht gibt; z. B. kann sie mit einer Zwangsvorführung verbunden werden. Sobald der Schuldner den Widerstand gegen die Erfüllung seiner Pflichten aufgibt bzw. keine konkreten Anhaltspunkte für eine Flucht oder für Verstöße gegen Unterlassungspflichten mehr vorliegen, ist der Haftbefehl aufzuheben; das wird in § 98 Abs. 3 Satz 2 InsO ausdrücklich hervorgehoben. Gegen die Anordnung von Haft oder die Ablehnung eines Antrags auf Aufhebung des Haftbefehls wegen Wegfall seiner Voraussetzungen - nicht gegen die übrigen Zwangsmittel - ist die sofortige Beschwerde möglich. Im übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Haft entsprechend, darunter die Höchstgrenze von sechs Monaten (§ 913 ZPO).

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Ist der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit , so können die Zwangsmittel des § 98 InsO ohne Einschränkung zur Durchsetzung der Pflichten der gegenwärtigen und der innerhalb der bereits genannten Frist ausgeschiedenen organschaftlichen Vertreter angewendet werden (§ 101

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Abs. 1 InsO). Die geschilderten Auskunftspflichten der Angestellten können dagegen nicht auf diesem Weg erzwungen werden; sie müssen notfalls durch Klage vor dem ordentlichen Gericht durchgesetzt werden. Die Begründung zum Regierungsentwurf verweist allerdings ergänzend auf die Möglichkeit des Insolvenzgerichts, diese Angestellten aufgrund von § 5 Abs. 1 InsO als Zeugen zu vernehmen und in diesem Rahmen ggf. Ordnungsmittel einzusetzen (§§ 380, 390 ZPO)119. III. Die Postsperre Aus der bisherigen Praxis ist bekannt, daß sich aus den Postsendungen, die an den Schuldner gerichtet sind und nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingehen, oft Hinweise auf Vermögenswerte oder Vermögenstransaktionen des Schuldners ergeben, die dem Verwalter noch unbekannt sind. Auch im künftigen Insolvenzverfahren ist daher die Anordnung des Gerichts, daß die für den Schuldner bestimmten Postsendungen nicht dem Schuldner, sondern dem Verwalter auszuhändigen sind, ein wichtiges Hilfsmittel zur Feststellung und Sicherung der Masse.

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Die Voraussetzungen und die Grenzen einer solchen Postsperre werden allerdings in der Insolvenzordnung sorgfältiger bestimmt als im bisherigen Recht. Die Formulierung des § 121 KO erweckte den Eindruck, daß die Anordnung einer Postsperre durch das Konkursgericht regelmäßig zu erfolgen habe und daß lediglich bei besonderen Umständen von ihr abgesehen werden könne. Es war jedoch anerkannt, daß der Richter vor der Anordnung einer Postsperre zwischen dem verfassungsrechtlich geschützten Interesse des Gemeinschuldners an der Achtung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 Abs. 1 GG) und dem Schutz der Gläubiger vor Benachteiligungen abzuwägen hatte. Eine routinemäßige Verhängung der Postsperre war unzulässig120. Für das neue Recht stellt der Wortlaut des § 99 InsO klar, daß eine Postsperre nur angeordnet werden darf, "soweit dies erforderlich erscheint, um für die Gläubiger nachteilige Rechtshandlungen des Schuldners aufzuklären oder zu verhindern". Aus derselben Bestimmung ergeben sich auch weitere Beschränkungen: Vor der Anordnung ist der Schuldner zu hören; wenn besondere Umstände dies nicht geraten erscheinen lassen, ist die Anhörung unverzüglich nachzuholen. Die Anordnung der Postsperre ist zu begründen. Dem Schuldner steht die sofortige Beschwerde zu. Sobald die Voraussetzungen für eine angeordnete Postsperre ganz oder teilweise wegfallen, hat das Gericht die Anordnung - nach Anhörung des Verwalters - aufzuheben.

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Wie die Begründung zum Regierungsentwurf hervorhebt, ist der Begriff der Postsendung weit zu verstehen, so daß er auch Telegramme, Fernschreiben und Telekopien erfaßt. Eine Telefonsperre soll jedoch nicht ermöglicht werden121.

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Im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit wird häufig kein Bedürfnis für eine Postsperre bestehen, da die für die juristische Person oder Gesellschaft bestimmte Post regelmäßig ohne weiteres dem Verwalter ausgehändigt werden wird, der mit der Verfahrenseröffnung die Führung der Geschäfte des Schuldners übernommen hat122. § 101 Abs. 1 Satz 1 InsO erlaubt jedoch, daß in diesen Fällen eine Postsperre gegen die organschaftlichen Vertreter des Schuldners verhängt wird, wenn ein besonderer Anlaß dazu besteht123.

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Ist im Insolvenzverfahren die Eigenverwaltung angeordnet, so daß der Schuldner unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse selbst verwaltet, so ist eine Postsperre nicht angebracht. Die Kenntisse, die der Sachwalter für die Überwachung der Geschäftsführung benötigt, kann er sich in ausreichendem Maße durch seine Einsichts-und Auskunftserteilungsansprüche gemäß § 274 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 22 Abs. 3 InsO verschaffen124.

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Schon im Eröffnungsverfahren kann eine Postsperre verhängt werden. Dies war nach dem ursprünglichen Wortlaut der Insolvenzordnung nicht ganz eindeutig125. Es ist jedoch im Dezember 1998 durch Einfügen einer neuen Nummer 4 in § 21 Abs. 2 InsO ausdrücklich vorgesehen worden126.

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IV. Unterhalt aus der Insolvenzmasse Die Vorschriften über den Unterhalt, der dem Schuldner und seinen Angehörigen aus der Insolvenzmasse gewährt werden kann, stimmen im Ausgangspunkt mit der Regelung der Konkursordnung überein 127: Es steht im Ermessen der Gläubigerversammlung, ob und in welchem Umfang dem Schuldner und seiner Familie Unterhalt gewährt werden soll. Bis zu einem solchen Beschluß der Gläubigerversammlung kann der Insolvenzverwalter über die Gewährung von Unterhalt entscheiden128, wobei nicht mehr als der "notwendige Unterhalt" gewährt werden kann (§ 100 InsO)129. Durch die Einordnung des zugesagten Unterhalts als letztrangige Masseverbindlichkeit ist gewährleistet, daß die übrigen Massegläubiger keinen Nachteil haben (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO). - In der bisherigen Praxis war es selten, daß dem Gemeinschuldner und seiner Familie Unterhalt gewährt wurde130; daran wird sich unter der Geltung des neuen Rechts kaum etwas ändern.

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Genauer als die Konkursordnung legt § 100 Abs. 2 InsO fest, welchem Personenkreisder Verwalter bis zur Entscheidung der Gläubigerversammlung Unterhalt leisten darf. Nur der Schuldner, sein gegenwärtiger oder früherer Ehegatte, seine minderjährigen unverheirateten Kinder und der andere Elternteil des (nichtehelichen) Kindes des Schuldners dürfen bedacht werden131. Die Gläubigerversammlung ist an diese Umschreibung einer - leicht erweiterten - Kleinfamilie nicht gebunden. Sie wird allerdings kaum geneigt sein, einen größeren Personenkreis mit Unterhalt zu unterstützen.

98

Betrifft das Insolvenzverfahren eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit 132, so gelten nach § 101 Abs. 1 Satz 3 InsO die Vorschriften über die Unterhaltsgewährung entsprechend für die vertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschafter des Schuldners. In den Grenzen des § 100 InsO kann damit auch die Familie des Gesellschafters einer insolventen Offenen Handelsgesellschaft oder Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts vom Insolvenzverwalter oder von der Gläubigerversammlung unterstützt werden. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person kommen keine Unterhaltszahlungen aus der Masse in Betracht.

99

Im Falle der Eigenverwaltung gilt für den Unterhalt des Schuldners und seiner Familie eine andere, großzügigere Regelung: § 278 InsO ermächtigt den Schuldner, für sich und den in § 100 Abs. 2 Satz 2 bezeichneten Kreis von Angehörigen aus der Masse die Mittel zu entnehmen, die er zu einer bescheidenen Lebensführung "unter Berücksichtigung der bisherigen Lebensverhältnisse" benötigt.

100

1

Vgl. § 33 Nr. 5, § 109 Abs. 3 GVG idF von Artikel 12 Nr. 3, 4 EGInsO; Begründung zum Regierungsentwurf EGInsO, BT-Drucks. 12/3803, S. 2 - bei a -, S. 63 f. = Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, Texte mit Einführung und den amtlichen Materialien, 2. Aufl., S. 592 - bei a -, S. 625 f.; s. auch Uhlenbruck, Das neue Insolvenzrecht, S. 877 f. - Weitere Beispiele unten bei Rn. 80.

2

Dazu sogleich bei Rn. 15.

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3

Begründung zu § 92 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 136 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 298 f. u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 395.

4

A. a. O. (vorige Fußnote).

5

Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 7 Rn. 14-30; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 7 Rn. 6-7a.

6

Weitere Beispiele bei Eickmann in: Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, § 32 Rn. 15-45; vgl. auch Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht, Bd. II Insolvenzrecht, 12. Aufl., Rn. 8.6.

7

RGZ 157, 294 sprach von einer "Unwirksamkeit gegenüber allen, aber nur für die Zwecke des Konkurses". Ähnlich auch für das neue Recht: Lüke, in: Kübler/Prütting, InsO, § 81 Rn. 15.

8

Ebenso Jauernig, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, 20. Aufl., § 69 IV 2; HK-InsO/Eickmann, § 81 Rn. 9; FK-InsO/App, § 81 Rn. 12 f.; vgl. auch Häsemeyer, Insolvenzrecht, 2. Aufl., Rn. 10.02, 10.11.

9

Lüke, in: Kübler/Prütting a. a. O. (oben Fn. 7), § 81 Rn. 11 f.; Häsemeyer a. a. O. (oben Fn. 8), Rn. 10.12; ebenso zu § 7 KO Jaeger/Henckel, a. a. O. (oben Fn. 5), § 7 Rn. 42; Kuhn/Uhlenbruck a. a. O. (oben Fn. 5), § 7 Rn. 20.

10

Häsemeyer a. a. O. (oben Fn. 8), Rn. 10.23; Bork, Einführung in das neue Insolvenzrecht, Rn. 149; zu § 15 KO Jaeger/Henckel, a. a. O. (oben Fn. 5), § 15 Rn. 60.

11

Daraus wird zu schließen sein, daß eine solche Verfügung des Schuldners nicht etwa schon deshalb als wirksam betrachtet werden soll, weil sie als vor der Verfahrenseröffnung vorgenommen einzuordnen wäre (zustimmend HK-InsO/Eickmann, § 81 Rn. 5 f.). Zwar ergibt sich aus § 140 Abs. 2 InsO, daß für das Recht der Insolvenzanfechtung hier der Zeitpunkt des Eintragungsantrags entscheidend wäre. Schon der Standort des § 140 spricht jedoch dafür, diese Vorschrift nicht außerhalb des Bereichs der Insolvenzanfechtung anzuwenden.

12

Vgl. Jaeger/Henckel, a. a. O. (oben Fn. 5), § 7 Rn. 15 f. Allerdings läßt die neue Formulierung auch neue Abgrenzungsprobleme entstehen. So wird man § 81 Abs. 1

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analog anwenden müssen auf rechtsgeschäftsähnliche Handlungen des Schuldners wie Mahnungen und Fristsetzungen. Vgl. Lüke, in: Kübler/Prütting, InsO, § 81 Rn. 2, 5-7; ausführlich von Olshausen, "Verfügung" statt "Rechtshandlung" in § 81 InsO, ZIP 1998, 1093 ff. 13

Vgl. insbes. § 55 Abs. 1 Nr. 1 und § 38; Begründung zu § 92 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 135 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 298 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 395.

14

Begründung zu § 93 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 136 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 299 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 396.

15

HK-InsO/Eickmann, § 82 Rn. 9.

16

So ausdrücklich § 8 Abs. 1 KO.

17

Vgl. zu § 8 KOJaeger/Henckel, a. a. O. (oben Fn. 5), § 8 Rn. 47; Gottwald/Eickmann, a. a. O. (oben Fn. 6), § 32 Rn. 74.

18

Aus § 35 InsO ist dagegen nicht zu folgern, daß jede Leistung an den Schuldner alsNeuerwerb zur Insolvenzmasse gehört und damit den Leistenden unabhängig von den Voraussetzungen des § 82 befreit. Vgl. Lüke, in: Kübler/Prütting, InsO, § 82 Rn. 1 - 4.

19

BT-Drucks. 12/2443, S. 135, zu § 91 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 298 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 394.

20

Vgl. Jaeger/Henckel, a. a. O. (oben Fn. 5), § 10 Rn. 1.

21

Für das bisherige Recht wurde die Unterbrechungswirkung der Anordnung einer Sequestration allerdings von der herrschenden Meinung abgelehnt, vgl. Kuhn/Uhlenbruck, a. a. O. (oben Fn. 5), § 106 Rn. 10.

22

Vgl. zur Systematik Häsemeyer a. a. O. (oben Fn. 8), Rn. 10.45.

23

Vgl. FK-InsO/ App , § 85 Rn. 5; zum früheren Recht RGZ 73, 276; Jaeger/Henckel, a. a. O. (oben Fn. 5), § 10 Rn. 106.

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24

Bei einem Rechtsstreit "mit erheblichem Streitwert" hat der Verwalter die Zustimmung des Gläubigerausschusses einzuholen, bevor er den Rechtsstreit aufnimmt oder die Aufnahme ablehnt, § 160 Abs. 2 Nr. 3 InsO.

25

HK-InsO/Eickmann, § 86 Rn. 14; zum früheren Recht Kuhn/Uhlenbruck, a. a. O. (oben Fn. 5), § 10 Rn. 9 - 11.

26

Z. B. durch das Fortbestehen eines gegenseitigen Vertrages nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO, vgl. zum bisherigen Recht Jaeger/Henckel, a. a. O. (oben Fn. 5), § 11 Rn. 6 f.

27

Dazu unten bei Rn. 43 - 45.

28

Begründung zu §§ 96 und 97 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 136 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 301 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 397 f.

29

BT-Drucks. 12/2443, S. 136 f. = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 301 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 398.

30

Nicht erforderlich ist, daß das Anerkenntnis sofort nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgegeben wird, so zutreffend HK-InsO/Eickmann, § 86 Rn. 12 gegen die Formulierung des Verfassers in der Vorauflage.

31

So zu § 11 KOJaeger/Henckel, a. a. O. (oben Fn. 5), § 11 Rn. 22; vgl. auch Gerhardt, in Gottwald: (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, a. a. O. (oben Fn. 6), § 33 Rn. 43.

32

Vgl. FK-InsO/Schulz, § 184 Rn. 5; zum bisher geltenden Recht Gottwald/Gerhardt, a. a. O. (oben Fn. 31), § 33 Rn. 46.

33

BGHZ 72, 234 [BGH 12.10.1978 - VI ZR 67/77]; zustimmend Jaeger/Henckel, a. a. O. (oben Fn. 5), § 12 Rn. 8 m. w. N.

34

BT-Drucks. 12/2443 S. 137 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 302 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 399.

35

HK-InsO/Eickmann, § 87 Rn. 3; zur abweichenden Praxis unter dem bisherigen Recht

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Kuhn/Uhlenbruck, a. a. O. (oben Fn. 5), § 12 Rn. 1b. 36

Vgl. § 1 Satz 1, § 38 InsO.

37

Vgl. oben Rn. 32.

38

Und zwar generell, ohne die Einschränkung, die heute von der herrschenden Meinung - z. B. Jaeger/Henckel, a. a. O. (oben Fn. 5), § 14 Rn. 57 - daraus entnommen wird, daß § 14 Abs. 2 KO nur Gegenstände der Konkursmasse von einer Zwangsvormerkung ausschließt.

39

Vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/7302, S. 8, 156 (zu § 12) = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 228 Fn. 3.

40

HK-InsO/Eickmann, § 89 Rn. 5; FK-InsO/ App , § 89 Rn. 15; zu § 14 KOJaeger/Henckel, a. a. O. (oben Fn. 5), § 14 Rn. 41 f.; Gottwald/Gerhardt, a. a. O. (oben Fn. 31), § 34 Rn. 18-20.

41

Begründung zu § 100 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 138 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 304 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 401. -Diese Übertragung einer Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts auf das Insolvenzgericht ist einer der wenigen Fälle, in denen die Vorschläge der Kommission für Insolvenzrecht für zusätzliche Zuständigkeiten des Insolvenzgerichts (vis attractiva concursus) in die Insolvenzordnung übernommen worden sind (Zweiter Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz, Köln 1986, S. 52-57). Die vorangegangenen Gesetzentwürfe hatten noch zahlreiche weitere Fälle enthalten; die meisten sind jedoch bei den Beratungen im Rechtsausschuß unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung zusätzlicher Belastungen des Insolvenzgerichts nicht in das Gesetz übernommen worden.

42

HK-InsO/Eickmann, § 89 Rn. 10; FK-InsO/ App , § 89 Rn. 16; zum bisherigen Recht Jaeger/Henckel, a. a. O. (oben Fn. 5), § 14 Rn. 47; Gottwald/Gerhardt, a. a. O. (oben Fn. 31), § 34 Rn. 23.

43

A. a. O. (oben Fn. 41). - Zu den Rechtsbehelfen gegen Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung vgl. FK-InsO/ App , § 89 Rn. 17.

44

Lohnpfändungen werden sogar ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Pfändung unwirksam, § 114 Abs. 3 InsO. Diese Regelung ist im Zusammenhang mit den

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Vorschriften über die Restschuldbefreiung zu sehen. - Für die Pfändung von Miet- oder Pachtzinsforderungen bei Verträgen über Grundstücke und Räume ist außerdem § 110 Abs. 1, 2 Satz 2 InsO zu beachten, der die Pfändung grundsätzlich nur bis zum Ablauf des bei Verfahrenseröffnung laufenden Monats wirksam sein läßt. Diese zusätzliche Einschränkung verdrängt nicht etwa § 88, a. A. HK-InsO/Eickmann, § 88 Rn. 15; offenbar auch HK-InsO/Marotzke, § 110 Rn. 9. 45

Vgl. die Begründung zu § 99 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 137 = Balz/Landfermann, a. a. O.(oben Fn. 1), S. 302 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 399 ff.

46

Solche Zweifel äußern z. B. Baur/Stürner, a. a. O. (oben Fn. 6), Rn. 19.38.

47

Vgl. Gerhardt, Anm. zu BGH, LM § 30 KO Nr. 57.

48

Der Bundesgerichtshof sieht die Grundlage des § 7 Abs. 1 Satz 3 GesO darin, daß der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung stärker zur Geltung gebracht werden solle; außerdem solle verhindert werden, daß vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens eingeleitete Einzelvollstreckungen nach der Eröffnung fortgesetzt werden und die Abwicklung des Gesamtvollstreckungsverfahrens stören: BGH, NJW 1995, 1159 [BGH 26.01.1995 - IX ZR 99/94]. Kritisch zur Schlechterstellung der Sicherheiten, die durch Vollstreckung erlangt sind, gegenüber rechtsgeschäftlich eingeräumten Sicherheiten M. Wolf, Allgemeine Wirkungen der Insolvenzeröffnung, in: Leipold (Hrsg.), Insolvenzrecht im Umbruch, 1991, S. 113, 115 ff.

49

Ebenso Gerhardt, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 216 Rn. 48; HK-InsO/Eickmann, § 88 Rn. 11. -Karsten Schmidt vertritt allerdings zu der ähnlichen Formulierung des § 7 Abs. 3 Satz 1 GesO die Auffassung, die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens löse nur ein Verwertungsverbot für die Dauer des Verfahrens aus (Kilger/Karsten Schmidt, KO, 16. Aufl., § 7 GesO Anm. 3a). Diese Auffassung läßt sich jedoch kaum mit dem Gesetzeswortlaut in Einklang bringen. Gegen die Auslegung des § 88 InsO im Sinne einer relativen Unwirksamkeit, wie sie der BGH bei der Parallelvorschrift des § 7 Abs. 3 S. 1 GesO annimmt (BGH ZIP 1995, 1425 mit abl. Anm. Mitlehner), spricht entscheidend, daß der Gesetzgeber generell die Konzeption einer Unwirksamkeit nur "gegenüber den Konkursgläubigern" aufgegeben hat (vgl. für das Verfügungsverbot des § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO oben Rn. 7).

50

Vgl. zu §§ 28, 104 VerglO BGH, ZIP 1980, 23, 24 und zu § 7 Abs. 3 Satz 1 GesOGerhardt, in: Gottwald (Hrsg), Nachtrag "Gesamtvollstreckungsordnung" zum Insolvenzrechts-Handbuch, S. 47 f. Rn. 14. Gegen eine Aufhebung von Amts wegen allerdings HK-InsO/Eickmann, § 88 Rn. 12.

51

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Begründung zu § 100 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 137 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 303 f. u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 401; FK-InsO/ App , § 89 Rn. 14. 52

Vgl. die parallele Regelung für Verfügungen des Schuldners in § 81 Abs. 2 InsO - oben Rn. 6 - und die Begründung zu §§ 92 und 100 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 136, 137 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 298 f., 303 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 395.

53

Begründung zu § 101 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 138 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 305 u. Uhlenbruck, a. a. O., (Fn. 1), S. 402. -Eine Ausnahme enthält allerdings § 123 Abs. 3 S. 2 InsO, der die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einem nach Verfahrenseröffnung aufgestellten Sozialplan ausschließt, obwohl nach § 123 Abs. 2 Satz 1 InsO eine solche Sozialplanforderung als Masseforderung anzusehen ist.

54

Vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 2, § 108 InsO.

55

Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, Köln 1985, Leitsatz 1. 2. 10 Abs. 5, S. 118; Zweiter Bericht, a. a. O. (oben Fn. 41), Leitsatz 3.1.2, S. 75.

56

§ 101 Regierungsentwurf, vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 24, 138 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 304 u. Uhlenbruck, a. a. O., (Fn. 1), S. 402.

57

Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/7302, S. 165, zu § 101 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 306 u. Uhlenbruck, a. a. O., (Fn. 1), S. 402.

58

Vgl. oben Rn. 35. - Zustimmend Vallender, Einzelzwangsvollstreckung im neuen Insolvenzrecht, ZIP 1997, 1993, 1999; HK-InsO/Eickmann, § 90 Rn. 13; ebenso Häsemeyer a. a. O. (oben Fn. 8) Rn. 10.05.

59

§ 81 Abs. 1 Satz 1 InsO/§ 7 Abs. 1 KO, vgl. oben Rn. 7.

60

Begründung zu § 102 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 138 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 307. - Weitere Beispiele zu § 15 KO, die auf die neue Vorschrift übertragen werden können, bei Baur/Stürner, a. a. O. (oben Fn. 6), Rn. 8.13-8.15. Vgl. auch Häsemeyer, a. a. O. (oben Fn. 8), Rn. 10.17 - 10.29.

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61

Die § 91 InsO entsprechende Vorschrift des Regierungsentwurfs, § 102, stellte in einem eigenen Absatz klar, daß diese Fallgestaltungen nicht erfaßt werden. Im Rechtsausschuß des Bundestages wurde der Absatz als überflüssig gestrichen. Vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/7302, S. 36, 165 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 307.

62

Vgl. dazu oben Rn. 12.

63

Beispielsweise legt § 62 Abs. 2 AktG fest, daß der Anspruch einer Aktiengesellschaft gegen einen Aktionär auf Rückgewähr unzulässiger Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen unter bestimmten Voraussetzungen auch von den Gläubigern geltend gemacht werden kann, daß im Konkursverfahren aber der Verwalter dieses Recht ausübt. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß Ansprüche aus einer sittenwidrigen Schädigung der Gläubiger durch Vermögensverschiebungen (§ 826 BGB) im Konkursverfahren grundsätzlich vom Verwalter geltend zu machen sind (BGH, WPM 1973, 1354, 1355).

64

Vgl. die Begründung zu §§ 103, 105 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 139 f. = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 308-311.

65

§ 92 InsO geht auf ausführliche Vorschläge der Kommission für Insolvenzrecht zur Zuweisung von Haftungsansprüchen an die Insolvenzmasse zurück. Vgl. Erster Bericht a. a. O. (oben Fn. 55), S. 444 - 453.

66

Bork, Gesamt(schadens)liquidation im Insolvenzverfahren, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 1337 Rn. 10.

67

Im Regierungsentwurf war dies ausdrücklich zugelassen. Der Rechtsausschuß des Bundestages hat alle Vorschriften zum Sonderinsolvenzverwalter gestrichen und dazu bemerkt, die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters sei in den vom Regierungsentwurf geregelten Fällen - ebenso wie im bisherigen Konkursrecht - auch ohne eine ausdrückliche Erwähnung im Gesetz zulässig. Vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/7302, S. 162 - zu § 77 - und S. 165 - zu § 103 - = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 268 Fn. 2 und S. 309 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 406.

68

Vgl. BGHZ 126, 181, 201 [BGH 06.06.1994 - II ZR 292/91]; BGH, ZIP 1995, 211, 212 f.; BGH, WM 1998, 944.

69

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Begründung zu § 103 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 139 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 308 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 405 f. unter Hinweis auf BGH, WPM 1986, 237, 238. 70

Zustimmend HK-InsO/Eickmann, § 92 Rn. 6, 12. So auch kürzlich für das bisher geltende Recht BGH WPM 1998, 944, 946: "Da sonach zwischen den Schadensersatzansprüchen der Neu- und der Altgläubiger zu differenzieren ist und der Konkursverwalter nur letztere geltend machen kann, darf er die hierauf eingezogenen Beträge nur für die Altgläubiger verwenden und muß dies bei der Masseverteilung entsprechend berücksichtigen." Im gleichen Sinne schon vor dieser Entscheidung Dauner-Lieb, Die Berechnung des Quotenschadens, ZGR 1998, 617, 627 f. Kritisch dagegen Karsten Schmidt, Insolvenzordnung und Gesellschaftsrecht, ZGR 1998, 633, 662 ff.; ders. , NZI 1998, 9; die Lösung des BGH fortentwickelnd Altmeppen/Wilhelm, NJW 1999, 673.

71

Die Ansprüche der "Neugläubiger" sind nicht etwa in einen Individualanspruch und in einen - vom Verwalter geltend zu machenden, für jeden Neugläubiger gesondert zu bestimmenden - Quotenschadenersatzanspruch zu zerlegen, a. A. Bork, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 1339 ff. Rn. 17-20, der allerdings die Berechnungsschwierigkeiten einräumt, die sich aus dieser Auffassung ergeben.

72

§ 103 Abs. 2, § 104 Regierungsentwurf, vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 24 f. = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 308.

73

Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/7302, S. 165 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 310 f.

74

Bork, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 1343 ff. Rn. 27, 32 - Kritisch zum Inhalt der Bestimmungen des Regierungsentwurfs allerdings Karsten Schmidt, Labyrinthus creditorum, Gesellschaftsrechtliche Haftung im Insolvenzverfahren nach §§ 92, 93 InsO, ZGR 1996, 209, 214 ff.

75

Für das Insolvenzverfahren über das Gesamtgut einer Gütergemeinschaft findet sich in § 334 Abs. 1 InsO eine parallele Regelung zu § 93 InsO: Auch die persönliche Haftung der Ehegatten für die Gesamtguts-Verbindlichkeiten ist vom Insolvenzverwalter geltend zu machen.

76

Karsten Schmidt hatte in seinem Gutachten für den 54. Deutschen Juristentag vorgeschlagen, nach dem Vorbild des § 171 Abs. 2 HGB alle Haftungsansprüche der Gesellschaftsgläubiger gegen die Gesellschafter der Insolvenzmasse zuzuweisen (Verhandlungen des 54. DJT, Bd. I Teil D S. 46). Auf diesen Vorschlag gehen § 105

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Regierungsentwurf und § 93 InsO zurück. 77

Vgl. auch die Begründung zu § 105 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 140 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 311 u. Uhlenbruck, a. a. O., (Fn. 1), S. 408; Karsten Schmidt, ZGR 1996 a. a. O. (oben Fn. 74), S. 217 ff.

78

Häsemeyer, a. a. O. (oben Fn. 8), Rn. 19.01 - 19.06, fordert rechtspolitisch, daß der Eintritt der Aufrechnungslage der Erfüllung der betroffenen Insolvenzforderung gleichzustellen sei. Die Aufrechnung durch einen Insolvenzgläubiger sollte nach seiner Auffassung offenbar keine weitergehenden Wirkungen haben als die Erfüllung der Forderung des Insolvenzgläubigers durch den Schuldner im Zeitpunkt der Entstehung der Aufrechnungslage. Jedoch würde dieser Ansatz dazu führen, entgegen der Wertung des § 392 BGB das Vertrauen eines Gläubigers auf das Entstehen einer Aufrechnungslage nicht zu schützen. Diese Konsequenz zieht Häsemeyer nicht. Er erkennt offenbar die Vertrauensschutzregelung des § 95 Abs. 1 InsO als berechtigt an (vgl. Häsemeyer, Die Aufrechnung nach der Insolvenzordnung, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Rn. 3, 14-27). - Anders argumentiert von Wilmowsky, Aufrechnung in der Insolvenz, NZG 1998, 481, 482 ff.: Nicht nach den Gründen für einen Fortbestand der Aufrechnungsbefugnisse in der Insolvenz sei zu fragen, sondern nach der Veranlassung für Eingriffe in diese Befugnisse insbes. durch den Grundsatz der anteiligen Befriedigung der Insolvenzgläubiger.

79

Vgl. die §§ 53-56 KO (Aufrechnung), die an die §§ 47-51 KO (Absonderung) anschließen.

80

Vgl. § 54 VerglO (Aufrechnung), der an die Vorschriften über die Beschränkungen der Vollstreckungs- und Klagebefugnisse der Gläubiger und über die gegenseitigen Verträge anschließt.

81

Vgl. § 217 InsO und die Begründung zu § 106 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 140 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 312 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 410.

82

Vgl. BGHZ 56, 111 [BGH 21.04.1971 - VIII ZR 190/69] und Dieckmann, Zur Aufrechnung, in: Insolvenzrecht im Umbruch, a. a. O. (oben Fn. 48), S. 211, 213.

83

Vgl. BGHZ 129, 336 = JZ 1996, 49 [BGH 04.05.1995 - IX ZR 256/93] mit kritischer Anmerkung Bork; weiter - ebenfalls kritisch gegenüber dem BGH - Häsemeyer, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 666 Rn. 56; Adam, Die Aufrechnung im Rahmen der Insolvenzordnung, WM 1998, 801, 803 ff.

84

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Vgl. BGH NJW 1975, 442 [BGH 02.12.1974 - II ZR 132/73]; 1978, 2244 [BGH 06.07.1978 - III ZR 65/77]; 1984, 357 [BGH 12.10.1983 - VIII ZR 19/82]; Häsemeyer, Insolvenzrecht, a. a. O. (oben Fn. 8) Rn. 19.09; FK-InsO/ App , § 94 Rn. 18 f. 85

Vgl. auch die Regelung über Rahmenverträge für die Verrechnung von Finanzgeschäften in § 104 Abs. 2 Satz 3 InsO. - Kritisch zur Möglichkeit vertraglicher Erweiterungen der Aufrechnung Häsemeyer, Insolvenzrecht, a. a. O. (oben Fn. 8) Rn. 19.27 - 19.31 und Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Rn. 10, 40 f.; der neuen Regelung im Prinzip zustimmend dagegen von Wilmowsky a. a. O. (oben Fn. 78) S. 483.

86

Vgl. BGHZ 81, 15, 17 f. [BGH 03.06.1981 - VIII ZR 171/80] - In Betracht kommt sogar, die Konzernverrechnungsklausel als übermäßige Benachteiligung der anderen Vertragspartei auch in einem Individualvertrag für unwirksam zu halten, nachdem der erweiterte Eigentumsvorbehalt in Form des Konzernvorbehalts durch den neuen § 455 Abs. 2 BGB (eingefügt durch Artikel 33 Nr. 17 EGInsO) generell für unzulässig erklärt worden ist. - Ob bei unterstellter Wirksamkeit einer Konzernverrechnungsklausel die bisherige Rechtsprechung (BGH a. a. O.), daß eine solche Klausel im Konkurs keine Wirksamkeit entfaltet, auf das neue Insolvenzverfahren übertragen werden kann (dafür Adam a. a. O. - oben Fn. 83 - S. 803 f.), erscheint im Hinblick auf den ausdrücklichen Schutz vertraglicher Aufrechnungsvereinbarungen in § 94 InsO zweifelhaft.

87

Darauf hat Häsemeyer schon in KTS 1982, 507, 566 nachdrücklich hingewiesen. Vgl. auch die Begründung zu § 107 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 140 f. = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 313 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 410.

88

§ 95 Abs. 1 InsO ändert dagegen nichts daran, daß die Aufrechnung durch einen Insolvenzgläubiger nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß die zur Masse gehörige Hauptforderung zwar noch nicht fällig, aber schon erfüllbar ist (vgl. § 387 a. E. i. V. m. § 271 Abs. 2 BGB; Jauernig, a. a. O. - oben Fn. 8 - § 79 III; Häsemeyer, Insolvenzrecht a. a. O. - oben Fn. 8 - Rn. 19.18; FK-InsO/ App , § 95 Rn. 4).

89

Vgl. die Begründung zu § 107 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 141 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 313 u. Uhlenbruck, a. a. O., (Fn. 1), S. 410 und Dieckmann, a. a. O. (oben Fn. 82), S. 224 ff.; Bork, Einführung a. a. O. (oben Fn. 10), Rn. 267-269.

90

OLG Frankfurt/M. NJW 1967, 501, 503 [OLG Frankfurt am Main 27.10.1966 - 11 U 42/66]; MünchKomm/von Feldmann, BGB, 3. Aufl., § 387 Rn. 16; a. A. Maier-Reimer, NJW 1985, 2049, 2051.

91

Darauf wird in der Begründung zu § 107 Regierungsentwurf der Insolvenzordnung

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aufmerksam gemacht, BT-Drucks. 12/2443, S. 141 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 313 f. u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 410 f. 92

Jauernig, a. a. O. (oben Fn. 8), § 79 II, hält sogar eine unmittelbare Anwendung für möglich.

93

Forderungen, die erst nach der Verfahrenseröffnung gegen den Schuldner persönlich entstehen, sind nach der Insolvenzordnung - anders als nach § 21 Abs. 3 KO - nicht in dieser Weise begünstigt, da § 110 Abs. 3 und § 114 Abs. 2 InsO nur von § 96 Nr. 1 InsO freistellen und mit den übrigen Aufrechnungsbeschränkungen auch § 96 Nr. 4 InsO gelten lassen. Vgl. zur Rechtfertigung und Abgrenzung der Regelung auch die Begründung zu § 132 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 151 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 343 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 443 und Dieckmann, a. a. O. (oben Fn. 82), S. 231 ff. - Im Diskussionsentwurf der Insolvenzordnung von 1988 war eine § 114 Abs. 2 InsO entsprechende Regelung noch nicht vorhanden (vgl. § 122 Diskussionsentwurf Gesetz zur Reform des Insolvenzrechts, Köln 1988); sie wurde im Referentenentwurf ergänzt, nachdem Wochner, BB 1989, 1065, 1066 auf die Problematik hingewiesen hatte.

94

Vgl. auch die Verweisung auf § 33 in § 55 Nr. 3 Satz 2 KO.

95

BGHZ 58, 108, 113 ff. [BGH 02.02.1972 - VIII ZR 152/70]; vgl. auch BGHZ 86, 190 [BGH 22.12.1982 - VIII ZR 214/81]; BGHZ 86, 349 [BGH 26.01.1983 - VIII ZR 254/81]. - Entgegen Bork (Einführung a. a. O. - oben Fn. 10 - Rn. 266) und Adam (a. a. O. - oben Fn. 83) S. 803 erfaßt der Wortlaut des § 96 Nr. 3 InsO auch den Fall, daß ein Schuldner des Insolvenzschuldners vor der Verfahrenseröffnung in anfechtbarer Weise eine Forderung gegen den Insolvenzschuldner erworben hat; denn durch den Erwerb dieser Forderung ist er zum "Insolvenzgläubiger" geworden, der "die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat". Häsemeyer, Insolvenzrecht a. a. O. (oben Fn. 8), Rn. 19.16, bezeichnet den Wortlaut als "mißverständlich".

96

Vgl. Dieckmann, a. a. O. (oben Fn. 82), S. 220 ff.

97

Vgl. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

98

Vgl. die in Fn. 95 zitierten Entscheidungen. Daß § 96 Nr. 3 an diese Vorbilder anknüpft, ergibt sich aus der Begründung zu § 108 Regierungsentwurf, vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 141 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 314 f. - Für die Gleichstellung der Aufrechnung mit der "kongruenten Deckung" auch Häsemeyer, Insolvenzrecht a. a. O. (oben Fn. 8), Rn. 19.15 und Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Rn. 35.

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99

Begründung zu § 108 Regierungsentwurf, a. a. O. (Fn. 98). - Der Vorschlag der Kommission für Insolvenzrecht (Erster Bericht, a. a. O. [oben Fn. 49] -, Leitsatz 5.9), eine solche Erklärung lediglich als anfechtbar zu behandeln, ist nicht übernommen worden; im übrigen lehnt sich § 96 Nr. 3 InsO eng an Leitsatz 3.6.4 im Ersten Bericht an.

100

So Dieckmann, a. a. O. (oben Fn. 82), S. 223; für einen weitergehenden Schutz des Geschäftspartners des Schuldners Windel KTS 1995, 367, 394-403.

101

Vgl. oben Rn. 17.

102

Vgl. § 728 Abs. 1 Satz 1 BGB (für die jetzt "insolvenzverfahrensfähige" BGB-Gesellschaft), § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB (für die OHG), § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG, § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG, § 101 GenG, jeweils in der seit dem 1. 1. 1999 geltenden Fassung, die sie durch Artikel 33 Nr. 21, Artikel 40 Nr. 6, Artikel 47 Nr. 9, Artikel 48 Nr. 5 und Artikel 49 Nr. 18 EGInsO erhalten haben.

103

Vgl. die neuen Fassungen des § 728 Abs. 1 Satz 2 BGB, des § 144 Abs. 1 HGB, des § 274 Abs. 2 Nr. 1 AktG, des § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG und des § 117 Abs. 1 S. 1 GenG (bei der Genossenschaft war ein solcher Fortsetzungsbeschluß nach bisherigem Recht nicht möglich).

104

Vgl. § 728 Abs. 2 Satz 1 BGB und § 131 Abs. 2 Nr. 2 HGB (dieser in der Fassung, die er durch Artikel 3 Nr. 29 i. V. m. Artikel 19 Nr. 2 des Handelsrechtsreformgesetzes vom 22. Juni 1998, BGBl. I S. 1474, erhalten hat).

105

Vgl. § 7 Nr. 10, § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO und für den Notar § 50 Abs. 1 Nr. 5 BNotO, jeweils in der bis 1999 geltenden Fassung.

106

Vgl. § 32 Nr. 3 und § 109 Abs. 3 GVG, jeweils in der bis 1999 geltenden Fassung.

107

Vgl. im einzelnen Gottwald/Eickmann, a. a. O. (oben Fn. 6), § 31 Rn. 1-11.

108

Begründung zu Artikel 31 Nr. 28 Regierungsentwurf des Einführungsgesetzes, BT-Drucks. 12/3803, S. 79.

109

§ 33 Nr. 5 und § 109 Abs. 3 Satz 2 GVG, wie sie durch Artikel 12 Nr. 3 und 4 EGInsO

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eingefügt worden sind. 110

§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO in der Fassung des Artikels 16 Nr. 2 EGInsO.

111

Vgl. die Begründung zu Artikel 12 Nr. 2 und 4, Artikel 15 Nr. 2 Buchstabe a, Regierungsentwurf des Einführungsgesetzes, BT-Drucks. 12/3803, S. 63 f., 66 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 625 f., - Vgl. weiter Häsemeyer, Insolvenzrecht a. a. O. (oben Fn. 8) Rn. 24.02 - 24.06.

112

Vgl. BVerfGE 56, 37 [BVerfG 13.01.1981 - 1 BvR 116/77] und die Begründung zu § 109 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 142 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 317.

113

Der Schuldner ist nach § 97 Abs. 2 nicht zur (ständigen) Mitarbeit verpflichtet, sondern zur (punktuellen) Mitwirkung; nur dies ist ihm ohne eine Vergütung zumutbar. Vgl. HK-InsO/Eickmann, § 97 Rn. 6; Kübler/Prütting/Lüke, § 97 Rn. 11, 17. - Die Bedenken von Grub, Die Stellung des Schuldners im Insolvenzverfahren, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Rn. 43 gegen die "subtile Art moderner Knechtschaft" dürften bei dieser Auslegung ins Leere gehen.

114

BT-Drucks. 12/2443, S. 142 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 2), S. 318.

115

Auch ein "faktischer Geschäftsführer" kann zur Auskunftserteilung verpflichtet sein, vgl. FK-InsO/ App , § 97 Rn. 9; Lüke, in: Kübler/Prütting, § 101 Rn. 4.

116

Zur Feststellung dieser Erforderlichkeit hat das Gericht die Umstände des Falles zu würdigen; hohe Anforderungen sind nicht zu stellen. Vgl. Kübler/Prütting/Lüke, § 98 Rn. 3 Fn. 12. Abweichend einerseits FK-InsO/ App , § 98 Rn. 2, der Anhaltspunkte für die Unwahrheit der Unvollständigkeit verlangt, andererseits HK-InsO/Eickmann, § 98 Rn. 4, der die eidesstattliche Versicherung schon dann für "erforderlich" hält, wenn die Auskunft für das Verfahren von nicht nur geringfügiger Bedeutung ist.

117

Vgl. für die eidesstattliche Versicherung nach § 125 KO, die allerdings vom Vollstreckungsgericht abgenommen wurde, Gottwald/Eickmann, a. a. O. (oben Fn. 6), § 31 Rn. 19-25.

118

Zur Verhältnismäßigkeit vgl. Lüke, in: Kübler/Prütting, § 98 Rn. 8.

119

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Begründung zu § 115 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 144 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 325. 120

Vgl. OLG Bremen, ZIP 1992, 1757 = NJW 1993, 798 [OLG Bremen 01.04.1992 - 2 W 22/92]; Kuhn/Uhlenbruck, a. a. O. (oben Fn. 5), § 121 Rn. 1; Gottwald/Eickmann, a. a. O. (oben Fn. 6), § 31 Rn. 27 f.

121

BT-Drucks. 12/2443, S. 143 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 320. - Zu § 121 KO hat das Bundesverfassungsgericht eine Telefonsperre für zulässig erklärt (BVerfG, ZIP 1986, 1337), obwohl diese weder vom Wortlaut der Vorschrift gedeckt war noch großen praktischen Nutzen für den Verwalter und die Gläubiger versprach. - Als neue Art der "Postsendung" ist jedoch mit der technischen Entwicklung der letzten Jahre die elektronische Post ("e-mail") hinzugekommen; es empfiehlt sich, bei der Anordnung der Postsperre klarzustellen, daß auch e-mail-Sendungen erfaßt werden sollen, und den Anordnungsbeschluß dem Dienstleister ("provider") des Schuldners zuzustellen (vgl. Münzel/Böhm, Postsperre für eMail? ZInsO 1998, 363, 368).

122

Begründung zu § 115 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 144 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 325 u. Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 423.

123

Die zum früheren Recht vertretene Auffassung, die gegen eine OHG oder KG verhängte Postsperre erfasse automatisch auch die an die persönlich haftenden Gesellschafter gerichteten Sendungen (Kuhn/Uhlenbruck a. a. O. -oben Fn. 5 - § 121 Rn. 3a), kann auf die neue, differenzierte Regelung nicht übertragen werden (a. A. Lüke, in: Kübler/Prütting, § 99 Rn. 7; FK-InsO/ App , § 99 Rn. 8).

124

Einschränkend HK-InsO/Eickmann § 99 Rn. 4, der für Einzelfälle ein Bedürfnis sieht, trotz Eigenverwaltung eine Postsperre zugunsten des Sachwalters anzuordnen.

125

In der Vorauflage war an gleicher Stelle die Anregung an den Gesetzgeber gegeben worden, die Frage im Gesetz zu klären.

126

Artikel 2 Nr. 1 Buchstabe c EGInsOÄndG vom 28. Dezember 1998, BGBl. I S. 3836. Dazu wird im Bericht des BT-Rechtsausschusses ausgeführt: "Mit der Ergänzung von § 21. .. wird sichergestellt, daß die Postsperre in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise als vorläufige Sicherungsmaßnahme angeordnet werden kann." (BT-Drucks. 14/120, S. 12 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 231).

127

Vgl. § 58 Nr. 3, § 129 Abs. 1, § 132 Abs. 1 KO.

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128

Der Regierungsentwurf hatte dem Schuldner und bestimmten nahen Angehörigen im Falle ihrer Bedürftigkeit einen Anspruch auf Unterhalt aus der Masse einräumen wollen. Die Mehrheit im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages befürchtete jedoch eine zusätzliche Gerichtsbelastung durch Streitigkeiten über diesen Anspruch. Sie nahm in Kauf, daß die Beibehaltung der Grundsätze der Konkursordnung für die Unterhaltsgewährung im Rahmen der Insolvenzordnung eine gewisse Schlechterstellung der auf Unterhalt angewiesenen Person bedenkt, da der pfändbare Teil des Neuerwerbs des Schuldners nach § 35 InsO in die Insolvenzmasse einbezogen ist und daher nicht mehr für einen Zugriff der Unterhaltsgläubiger zur Verfügung steht (Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/3702, S. 167 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 324).

129

"Notwendig" ist der Unterhalt, der dem Schuldner nach den §§ 11, 12 Bundessozialhilfegesetz zusteht, Begründung zu § 114 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 143 = Balz/Landfermann a. a. O. (oben Fn. 1), S. 323; zustimmend HK-InsO/Eickmann, § 100 Rn. 8; Lüke, in: Kübler/Prütting, § 99 Rn. 5.

130

Nur in 2 - 3 % der eröffneten Konkursverfahren wurde dem Schuldner Unterhalt aus der Masse gewährt, vgl. Gessner/Rhode/Strate/Ziegert, Die Praxis der Konkursabwicklung in der Bundesrepublik Deutschland, 1978, S. 54 f., 201 f.

131

Die Begründung zu § 114 Regierungsentwurf verweist für diese Abgrenzung auf § 850d Abs. 2 Buchstabe a ZPO und §§ 1609, 1615l Abs. 3 Satz 3 BGB, aus denen sich ergibt, daß dieser Personenkreis unterhaltsrechtlich als besonders schutzwürdig angesehen wird (BT-Drucks. 12/2443, S. 143 = Balz/Landfermann, a. a. O. (oben Fn. 1), S. 323 u.Uhlenbruck, a. a. O. (Fn. 1), S. 421). - Statt von dem "anderen Elternteil seines Kindes" sprach § 100 Abs. 2 Satz 2 InsO ursprünglich von "der Mutter seines nichtehelichen Kindes"; die Änderung des Wortlauts erfolgte durch Artikel 14 § 7 des Kindschaftrechtssreformgesetzes vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2942).

132

Die Definition dieses Begriffs in § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO ist durch Artikel 2a des Gesetzes vom 22. Juli 1998 (BGBl. I S. 1878) um die Partnerschaftsgesellschaft erweitert worden.