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1 Vorlesungskript: Internationales und Europäisches Umweltrecht – Allgemeiner Teil Prof. Dr. Andreas Fisahn Stand WiSe 06/07

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Vorlesungskript:

Internationales und Europäisches Umweltrecht –

Allgemeiner Teil

Prof. Dr. Andreas Fisahn

Stand WiSe 06/07

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A. ORGANISATIONEN DES VÖLKERRECHTS UND DIE UMWELT ........ 4

I. UNO ......................................................................................................................... 4

1. Geschichtliches:.................................................................................................... 4

2. UNO-Zielsetzungen.............................................................................................. 4

3. UNO-Organe ........................................................................................................ 4

4. Organisationen der UN-Familie ........................................................................... 7

5. Organe, die mit Umweltschutz befasst sind ......................................................... 8

a) Generalversammlung........................................................................................ 8

b) UNEP – Umweltprogramm der UNO .............................................................. 9

c) Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD).......................................... 10

d) UN-Familie und Umwelt ................................................................................ 11

II. Rechtsquellen .................................................................................................... 11

1. System des Völkerrechts .................................................................................... 11

a) Internationale Verträge im Bereich der Umwelt ............................................ 11

b) weitere völkerrechtliche Rechtsquellen.......................................................... 13

III. Freihandel und Umwelt – vom Gatt zur WTO.............................................. 13

1. Gatt – Vorgeschichte zur WTO.......................................................................... 13

2. Regelungen der WTO......................................................................................... 16

(1) Art. XI Allgemeine Beseitigung der mengenmässigen Beschränkungen19

(2) Art. XX Allgemeine Ausnahmen ........................................................... 19

3. Umweltschutz und WTO.................................................................................... 20

4. Vom Gatt zur Gats.............................................................................................. 21

B. EUROPÄISCHES UMWELTRECHT..................................................... 24

I. RECHTSAKTE DER EG UND IHRE WIRKUNGEN ................................. 24

II. Unmittelbare Wirkung und Vorwirkung....................................................... 25

III. Institutionen der EU-Überblick ...................................................................... 27

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1. Historisches: ....................................................................................................... 28

2. Notwendigkeit eines europäischen Umweltschutzes und Subsidiaritätsklausel 29

IV. Umweltziele im EGV:....................................................................................... 30

V. Kompetenzregeln im EGV................................................................................... 30

VI. Rechtsetzungsverfahren................................................................................... 33

1. Gesetzgebung...................................................................................................... 33

2. Komitologie ........................................................................................................ 34

VII. Umweltrecht als Ergebnis der Binnenmarktharmonisierung...................... 34

1. Problem und Lösung........................................................................................... 34

2. Relevanz ............................................................................................................. 35

VIII. Umweltschutz und die Beschränkung des Binnenmarktes....................... 35

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1. Teil: Umweltvölkerrecht

AA.. OOrrggaanniissaattiioonneenn ddeess VVööllkkeerrrreecchhttss uunndd ddiiee UUmmwweelltt

II.. UUNNOO

1. Geschichtliches:

1918 Gründung des Völkerbundes auf Anregung von US-Präsident Wilson

Ziel: im wesentlichen Friedensicherung

Nach 1945: Gründung der UNO oder Vereinten Nationen, Unterzeichnung der

UNO Charta am 26.6.1945

2. UNO-Zielsetzungen

Das zentrale Programm der UNO wird in Art. 1 der Charta formuliert:

- Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit

- Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen

- Achtung und Wahrung der Menschenrechte

- Lösung internationaler Probleme auf der Basis der Zusammenarbeit

⇒ auf Grundlage des letzten Programmpunktes sind unterschiedliche

Zielsetzungen möglich, darunter auch Umweltpolitik.

Umweltpolitik wird wahrgenommen durch verschiedene Unter-

Organisationen der UNO є der UNO-Familie

3. UNO-Organe

� Generalversammlung: Vertretung aller Mitgliedstaaten (188) mit je einer

Stimme – verabschiedet keine bindenden Beschlüsse, nur

Empfehlungen und Resolutionen = soft law, auf internationaler

Ebene aber bedeutsam. (z.B. Resolutionen zum Frieden im nahen

Osten)

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� Sicherheitsrat: (Artikel 24 I UN-Charta) kann Entscheidungen mit

Bindungswirkung für die Mitgliedstaaten treffen - „Maßnahmen bei

Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen“.

5 ständige Mitglieder (USA, GB, Frankreich, China, Russland) mit

Veto-Recht und 10 weitere rotierende Mitglieder (nicht ständige

Mitglieder) ohne Veto-Recht

� Der UN-Wirtschafts- und Sozialrat (engl.: Economic and Social Council,

ECOSOC) ist eine Dachorganisation, die die Arbeit mehrerer

Nebenorgane, und unter anderem auch die Aufgaben der

Spezialorgane der UNO koordiniert.

Zusammen mit der UN-Generalversammlung engagiert sich der

Wirtschafts- und Sozialrat auf wirtschaftlichen und sozialen Gebieten.

Konkrete Aufgaben sind zum Beispiel die Hebung des allgemeinen

Lebensstandards in der Welt und die Förderung der Menschenrechte.

Entsprechend seiner Aufgaben sind die Sitze im Rat verteilt, so dass

die Entwicklungsländer mit überproportional vielen Sitzen vertreten

sind.

� Treuhandrat: hat im heute seine Bedeutung verloren, verwaltete nach

dem 2. Weltkrieg Protektoratsgebiete = ehemalige Kolonien

Deutschlands und des Osmanischen Reiches.

� Der Internationale Gerichtshof (IGH) (engl.: International Court of

Justice, ICJ) ist das Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen

und hat seinen Sitz in Den Haag (Niederlande). Seine Funktionsweise

und Zuständigkeit sind in der UN-Charta und maßgeblich im IGH-

Statut geregelt.

Die 15 Richter des IGH, die alle unterschiedlicher Nationalität sein

müssen, werden gemeinsam von der UN-Generalversammlung und

dem UN-Sicherheitsrat gewählt, wobei eine spätere Wiederwahl

jederzeit möglich ist.

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Bei der Wahl achten die Staaten auf eine vorher in Form

von understandings festgelegte geografische

Repräsentation der 5 Weltregionen. Alle drei Jahre wird ein

Drittel der Richter neu gewählt. Wenn bei einem

Rechtsstreit kein Staatsangehöriger einer der beteiligten

Staaten Mitglied der Gerichts ist, kann auf Antrag ein von

diesem Staat vorgeschlagener Richter ad hoc am Verfahren

teilnehmen.

Als Partei können vor den IGH nur Staaten treten. Zur Zeit sind alle

Mitgliedsstaaten der UN berechtigt als Partei vor den IGH zu treten. Der

IGH hat nur Rechtsprechungskompetenz über einen Fall, wenn alle

Parteien diese für den jeweiligen Fall oder in abstrakter Form anerkannt

haben. Die Entscheidungen des IGH sind für die jeweiligen Parteien

bindend..

Unterorganisationen der Vereinten Nationen können mit jeweiliger

Ermächtigung durch die Generalversammlung beim IGH Rechtsgutachten

zu relevanten Themen anfordern. Die Generalversammlung oder der

Sicherheitsrat kann über jede Rechtsfrage ein Gutachten anfordern.

Zwar kam es in über fünf Jahrzehnten nur zu 76 Urteilen und 24

Rechtsgutachten (Stand: August 2003), doch war der IGH wesentlich an

der Fortentwicklung des Völkerrechts beteiligt.

� Das UN-Sekretariat (englisch: United Nations Secretariat) ist das

wichtigste Administrationsorgan der Vereinten Nationen und hat

neben seinem Hauptsitz in New York drei Außenstellen in Genf,

Nairobi und Wien. Seine wichtigste Aufgabe liegt in der

organisatorischen Unterstützung der anderen UN-Organe. An der

Spitze steht der Generalsekretär. Der UN-Generalsekretär wird auf

Vorschlag des UN-Sicherheitsrates von der UN-Generalversammlung

für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt

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� Der Internationale Strafgerichtshof, IStGH (engl. International

Criminal Court, ICC) ist ein ständiges Gericht mit Gerichtsbarkeit über

Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen

und das Verbrechen der Aggression (noch nicht definiert, eine

Definition soll zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen). Der IStGH ist

eine unabhängige Internationale Organisation, mit Sitz in Den Haag,

deren Beziehungen zu den Vereinten Nationen über ein

Kooperationsabkommen geregelt ist. Oft wird er umgangsprachliche

auch als „UN-Kriegsverbrechertribunal“ bezeichnet. Zur Rechenschaft

gezogen werden kann ein Täter grundsätzlich nur dann, wenn er

einem Staat angehört, der das Statut ratifiziert hat oder wenn die

Verbrechen auf dem Territorium eines solchen Vertragsstaates

begangen wurden.

4. Organisationen der UN-Familie

Die UNO verfügt über eine Reihe (16) Unterorganisationen oder

Sonderorganisationen mit besonderen Zuständigkeitsbereichen.

Die Unterorganisationen werden durch die Generalversammlung zu speziellen

Zwecken gegründet und sind eigenständig in der Politikformulierung. Sie

werden vom Wirtschafts- und Sozialrat koordiniert.

Wichtige Unter- oder Sonderorganisationen sind:

- WHO = Weltgesundheitsorganisation

- ILO = Internat. Labour Organisation

- FAO = Food and Agriculture Organisation

- UNESCO = Erziehung, Wissenschaft und Kultur

- IWF oder IMF = Internationaler Währungsfonds

- Weltbank

- IAEA = Internat. Atomenergiebehörde

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- WTO = World Trade Organisation

5. Organe, die mit Umweltschutz befasst sind

a) Generalversammlung

1972 Stockholm Konferenz endet mit drei Abschlusserklärungen, Stockhomer

Deklaration, Aktionsplan und einer Resolution über institutionelle und finanzielle

Abmachungen:

Deklaration betont ein Recht. in einer menschenwürdigen Umwelt zu leben (1.

Prinzip) und ermahnt die Staaten, bei ihren Handlungen Folgen für die Umwelt

der Nachbarstaaten zu bedenken, bzw. Schäden dort zu vermeiden (2. Prinzip)

Mit der Resolution wird die UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen)

gegründet.

1982: world Charta of nature = Resolution, formuliert wurde schon das

Vorsorgeprinzip und sie enthält Aussagen über den Umgang mit Ungewissheit:

„Wenn potenziell schädliche Wirkungen nicht vollständig verstanden werden

können, sollten entsprechende Aktivitäten abgebrochen werden.“ Die Charta

bezieht den Umweltschutz erstmals nicht auf Vorteile für den Menschen.

1983: Einsetzung der Brundtland Kommission, die die Rio-Konferenz

vorbereitet.

1991: Moratorium für Fischfang mit Treibnetzen auf hoher See wird

beschlossen.

1992 Rio-Konferenz hatte verschiedene Ergebnisse:

� Rio-Deklaration: Katalog von 27 Empfehlungen (Prinzipien). Dazu gehörte

die Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit zwischen den Generationen, und (wie

Stockholm) Verbot grenzüberschreitender Umweltschäden und die

gegenseitige Informationspflicht. Forderung nach nationaler

Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung, Vorsorge- und

Verursacherprinzip.

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� Wald-Grundsatzerklärung enthält 15 Grundsätze bei der Bewirtschaftung

und nachhaltigen Entwicklung der Wälder.

� Die Agenda 21 umfasst detaillierte Handlungsaufträge, die für eine

nachhaltige ökologische, ökonomische und soziale Entwicklung im 21.

Jahrhundert zu erfüllen sind und die in alle Bereiche der Politik hineinreichen

sollen: Armutsbekämpfung, Bevölkerungs- und Entwicklungspolitik,

Gesundheitsvorsorge , Veränderung von Konsumgewohnheiten,

Landwirtschaft und Bodenschutz, Siedlungsentwicklung, Schutz der

Erdatmosphäre Schutz der Wasserressourcen Umgang mit Abfall- und

Chemikalien. Die Agenda gilt sowohl für Industrie- als auch für

Entwicklungsländer und soll in nationale und lokale Aktionspläne umgesetzt

werden.

� Die Klimaschutz-Konvention formulierte Reduktionsverpflichtungen für

Emissionen, die potenziell einen Klimawandel verursachen z.B. CO2, sie

wurde fortgesetzt durch das Protokoll von Kyoto.

� Die Biodiversität Konvention formuliert als Ziel die Erhaltung der genetischen

Vielfalt der Arten durch Artenschutz und Gebietsnaturschutz.

1997: Rio-Folgekonferenz zur Überprüfung der Fortschritte seit Rio – Ergebnis –

verheerend, die Situation hatte sich eher verschlechtert.

b) UNEP – Umweltprogramm der UNO

Gegründet durch Resolution der Stockholm Konferenz, nicht durch

völkerrechtlichen Vertrag ⇒ UNEP ist keine UN-Sonderorganisation, d.h. kein

eigenständiges völkerrechtliches Subjekt⇒ keine Vertragspartei oder

Rechtssetzungsorgan, sondern:

• Organisation, die direkt der Generalversammlung unterstellt ist

• mit Sitz in Nairobi

• die organisiert ist durch:

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o Verwaltungsrat (ständige Vertretung der Staaten zwischen den

Sitzungen der Generalversammlung mit unklaren Aufgaben)

o Sekretariat und Direktor (Leitungsebene)

o Umweltfonds, der bezahlt wird aus freiwilligen Beiträgen der

Mitgliedstaaten;

• und folgende Aufgaben hat:

o Förderung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der

Umwelt

o general policy guidance für die Leitung und Koordinierung der UN-

Umweltprogramme entwickeln

o ständige Beobachtung und Information über weltweite

Umweltprobleme

• Tatsächlich übernimmt UNEP z.B. folgende Funktionen:

o Entwurf des Umweltprogramms von Monte Video (1982) = soft

law, Richtlinien für Umweltpolitik

o Sponsoring internationaler Konferenzen, deren Ergebnis

verschiedene multilaterale Übereinkommen waren

o UNEP soll Rio weiter entwickeln.

c) Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD)

1993 durch Resolution geschaffen und hat folgende Struktur:

• Sekretariat

• Departement for Policy Coordination and Substainable Develeopment

Die Generalversammlung legte folgende Hauptthemen fest:

• Bekämpfung der Armut

• Veränderung der Konsum- und Produktionsstrukturen

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Tatsächlich hat CSD sich für Waldschutz eingesetzt und 1995 ein

intergovernemental Panel of Forests kreiert.

d) UN-Familie und Umwelt

� IAEA (Atomenergiebehörde) überwacht Sicherheitsstandards aller

Tätigkeiten mit Bezug zu radioaktiven Materialien

� IMO (International Maritime Organisation) hat zum Ziel die Reinhaltung der

Meere und verabschiedete als soft-law Regelwerk den „international

maritime goods code“.

� FAO (Landwirtschaftsbehörde) und WHO (Gesundheitsbehörde) sollen bei

der Formulierung von Landwirtschafts- und Gesundheitspolitiken auch die

Umwelt berücksichtigen.

IIII.. RReecchhttssqquueelllleenn

1. System des Völkerrechts

a) Internationale Verträge im Bereich der Umwelt

Zentrales Instrument des internationalen Umweltrechts sind bi- oder

multilaterale völkerrechtliche Verträge, d.h. Verträge zwischen einem oder

mehreren Staaten.

Die Verträge sind rechtlich verbindlich und verpflichten die Staaten zu

bestimmten Handlungen.

Verträge werden in einem bestimmten Verfahren in Kraft gesetzt:

� Paraphierung des Entwurfs durch Ministerialbeamte

� Unterzeichnung durch Regierung der Staaten

� Zustimmung der nationalen Legislative

� Ratifikation und Beitritt zum Vertrag

Völkerrechtliche Verträge verpflichten die Beitrittsstaaten zu bestimmten

Handlungen vorwiegend Rechtsakten ⇒ Verträge müssen in nationales Recht

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transformiert werden. Erst dann gelten sie gegenüber dem Bürger und

begründen Rechte und Pflichten. Vertrag verpflichtet zunächst nur Staat zu

völkerrechtskonformen Handeln nach außen = dualistische Theorie. Diese gilt in

Deutschland, wenn auch nach Art. 25 GG die allg. Regeln des Völkerrechts

(Völkergewohnheitsrecht und allg. Rechtsgrundsätze der Kulturvölker)

Bestandteil des Bundesrechts sind und Gesetzes vorgehen.

In anderen Staaten gelten Völkerrechtsverträge auch innerstaatlich und

sind direkt innerstaatliches Recht mit Vorrang vor anderen Gesetzen

(Monistische Theorie, z.B. Niederlande)

Verträge unterscheiden sich von Resolutionen der Generalversammlung oder

Richtlinien, Guidelines usw. der UN-Organisationen, denn Verträge sind

bindend, die anderen sind internationales soft law.

Es gibt eine Fülle von völkerrechtlichen Verträgen mit Umweltschutz als Inhalt,

z.B.:

� Washingtoner Übereinkommen über den internationalen handel mit

gefährdeten Arten (CITES) von 1973

� Internationales Übereinkommen zur Verhütung der

Meeresverschmutzung (MARPOL) von 1973

� Wiener Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht von 1985, dazu

gehörig das Montrealer Protokoll von 1987

� Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden

Verbringung gefährlicher Abfälle von 1989

� ECE Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im

grenzüberschreitenden Bereich von 1991

� ECE Übereinkommen zum Schutz und Nutzung grenzüberschreitender

Wasserläufe und internationaler Seen von 1992

Problem der internationalen Verträge ist, dass Staaten sich ungern zu etwas

verpflichten, das nicht in ihrem Interesse ist ⇒ Konsens wird erreicht durch

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hohe Abstraktion und geringe Präzision der Pflichten. Probleme bestehen

außerdem bei der Durchsetzung (Erzwingung) der eingegangenen

Verpflichtungen, es fehlen in der Regel Sanktionsmöglichkeiten.

Es lassen sich mindestens zwei Strategien bei den Verträgen ausmachen:

� piecemeal approach: es wird nur ein Teil des Problems geregelt, der aber

schnell und relativ präzis (z.B. südpazifischer Verzicht auf Treibnetzjagd

zum Schutz von Thunfischen).

� Framework convention and protocol approach: Es wird zunächst eine

Rahmenvereinbarung mit abstrakten Zielen abgeschlossen, dann wird

diese durch Protokolle versucht konkret und verbindlich zu machen (z.B.

Klima-Schutz nach Rio.)

b) weitere völkerrechtliche Rechtsquellen

� Gewohnheitsrecht als Ausdruck allg. Übung der Anerkennung von Recht

o Problem: Dauer der Übung (umstritten), Anhaltspunkte faktische

Anerkennung; Resolutionen der UNO

� Allgemeine Grundsätze des Völkerrechts; z.B. Nicht-Einmischung,

Gleichheit der Staaten; stehen im Rang höher als Verträge.

� Allgemeine Rechtsgrundsätze der Kulturnationen

� Gerichtsentscheidungen und Meinungen der Wissenschaft

� Soft Law (zwischen Politik und rechtl. Normen – Codes of Conducts)

� Sekundärrecht internat. Organisationen

IIIIII.. FFrreeiihhaannddeell uunndd UUmmwweelltt –– vvoomm GGaatttt zzuurr WWTTOO

1. Gatt – Vorgeschichte zur WTO

22. Juli 1944 Vereinbarung von Bretton Woods : Industrieländer unter

Führung der USA, Bretton Wood, gekennzeichnet durch:

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• Ziel war ein stabiles Währungssystem, die reibungslose und von

Handelsbarrieren befreite Abwicklung des Welthandels bei festen

Wechselkursen. (z.B. 1 Dollar = 4.- DM)

• Goldbindung des US-Dollars. Dessen Wert war gegenüber dem Gold auf 35

$ je Unze festgelegt und es bestand eine Verpflichtung der US-Zentralbank,

Dollar in Gold einzulösen. Die anderen Mitglieder des Systems vereinbarten

starre Wechselkurse gegenüber dem Dollar. Das System war demnach

asymmetrisch gestaltet: Die USA waren völlig autonom in ihrer Währungs-

und Geldpolitik, während alle anderen Mitglieder des Bretton-Woods-

Systems ihren Wechselkurs gegenüber dem Dollar durch

Devisenmarktinterventionen sicherstellen mussten. Nur wenn sich

dauerhafte Ungleichgewichte ergaben, konnte im Rahmen einer

internationalen Vereinbarung der Wechselkurs verändert, also auf- oder

abgewertet werden (Realignment).

• Einrichtung von IWF und Weltbank als Steuerungsinstumente für den

Kreditverkehr und Aufbauhilfe für zerstörtes Europa

1947 Gründung der ITO (International Trade Organisation) Förderung des

globalen Handels unter Zuständigkeit der UNO, Berücksichtigung sozialer

Gesichtspunkte wie Vollbeschäftigung und Menschen- und Sozialrechte.

Die USA setzen dieser ITO das GATT entgegen, abgekoppelt von der UNO und

ohne soziale Komponenten. Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen

(englisch: General Agreement on Tariffs and Trade; GATT) wurde am 30.

Oktober 1947 abgeschlossen, als der Plan für eine Internationale

Handelsorganisation (ITO) nicht realisiert werden konnte. Das Abkommen trat

am 1. Januar 1948 in Kraft.

Das GATT von 1947 begründete keine Internationale Organisation, sondern war

ein gewöhnlicher völkerrechtlicher Vertrag, weshalb seine 23

Gründungsmitglieder (Australien, Belgien, Brasilien, Burma, Kanada, Ceylon,

Chile, Volksrepublik China, Kuba, Frankreich, Indien, Libanon, Luxemburg,

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Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Pakistan, Südrhodesien, Südafrikanische

Union, Syrien, Tschechoslowakei, Vereinigtes Königreich sowie USA) auch als

"Vertragsparteien" angesprochen wurden und nicht als Mitgliedstaaten. Die

Bundesrepublik Deutschland trat am 1. Oktober 1951 diesem Vertragssystem

bei.

Seit der Bildung des GATT gab es acht Handelsabkommens - “Runden” (jeweils

benannt nach den Orten, wo sie stattfanden), die die Grenzen des globalen

Handels nach und nach erweitern sollten. Die ersten sechs Runden betrafen

Senkung der Zölle (“tarifs”)

1973 wird Bretton Wood aufgehoben ⇒ freie Wechselkurse und keine

Goldbindung des Dollars mehr ⇒ Freihandel der Finanzmärkte ⇒ Spekulation in

Wechselkursschwankungen wird attraktiv usw. ⇒ Nationalstaaten verlieren

Kontrolle über Währungen als wirtschaftspolitisches Steuerungsmittel.

1973 Beginn der 7. Runde “Tokio-Runde” (1973-1979): Erweiterung der

Verhandlungsthemen : Privatisierung, Deregulierung:

�Freigabe der Wechselkurse,

�Aufhebung der Kapitalverkehrskontrollen,

�Liberalisierung des Außenhandels u.a.

1980 “Washington-Consensus”: “Liberalisierung und Deregulierung sind

für alle gut”

1982 IWF bekommt neue Rolle im Verhältnis zwischen Industrieländern,

multinationalen Konzernen und dritter Welt: langfristige Steuerung

durch Eingriffe in nationale Souveränitäten, Kreditabsicherungen,

Investitionsschutzprogramme,

Strukturanpassungsprogramme:

- die Wirtschaftspolitik muss "angebotsorientiert" werden, das

bedeutet günstige Produktionsbedingungen für Investoren (niedrige

Löhne, Sozialabgaben, Umweltstandards usw.)

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- sog. "Haushaltskonsolidierung" wird verlangt: Einsparung im

Sozial-, Gesundheits- und Erziehungsbereich, keine Subventionierung

von Nahrungsmitteln usw., um stabile Geldwertverhältnisse für Anleger

zu gewährleisten

- eine restriktive Geldpolitik, d.h. hohe Zinsen für Anleger und

Kapitalbesitzer

- hohe Devisenreserven sollen gehalten werden, d.h.

Handelsbilanzüberschüsse durch Exportorientierung auf billige Waren

für die Industrieländer, Drosselung der Importe, Senkung des Konsums

- Liberalisierung des Kapitalverkehrs - also Öffnung der Länder für

ungehinderte Investitionen - die dann auch kurzfristig wieder beendet

werden können, wenn die erwartete Rendite sich nicht realisiert oder in

Gefahr gerät

- Privatisierung staatlicher Versorgungsunternehmen,

Großkonzerne übernehmen - auch - die lokale Daseinsvorsorge zu

Profitbedingungen

1987 – 1995: 8. Runde “Uruguay-Runde” Erweitert die

Verhandlungsthemen noch mal dramatisch um Bereiche, die nichts mit

Waren, Zöllen, Steuern, Zinsen usw. zu tun haben, nämlich um

Bereiche wie Dienstleistungen, geistiges Eigentum, Sozial- und

Umweltstandards als Handelshemmnisse usw. Die Uruguay-Runde

endet mit

1994: Gatt wird zur WTO erweitert. Ziel der WTO ist der Freihandel zwischen

den Mitgliedstaaten.

2. Regelungen der WTO

Art. II Wirkungsbereich der WTO

1. Die WTO bildet den gemeinsamen institutionellen Rahmen für die Regelung der Handelsbeziehungen zwischen ihren Mitgliedern in Fragen im Zusammenhang mit den Übereinkünften und den dazugehörigen Rechtsinstrumenten, die diesem Abkommen als Anhänge beigefügt sind.

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Art. IV Aufbau der WTO

1. Eine Ministerkonferenz aus Vertretern aller Mitglieder tagt mindestens einmal alle zwei Jahre. Die Ministerkonferenz nimmt die Aufgaben der WTO wahr und trifft die dafür erforderlichen Massnahmen. Die Ministerkonferenz ist befugt, auf Antrag eines Mitglieds und im Einklang mit den Beschlussfassungsbestimmungen dieses Abkommens und der jeweiligen Multilateralen Handelsübereinkünfte in allen unter eines dieser Übereinkommen fallenden Fragen Beschlüsse zu fassen.

2. Ein Generalrat aus Vertretern aller Mitglieder tritt bei Bedarf zusammen. In der Zeit zwischen den Tagungen der Ministerkonferenz werden deren Aufgaben vom Generalrat übernommen.

5. Es werden ein Rat für Warenverkehr, ein Rat für Dienstleistungshandel und ein Rat für handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (im folgenden «Rat für TRIPS» genannt) eingesetzt, die unter der allgemeinen Leitung des Generalrats tätig sind. Der Rat für Warenverkehr überwacht das Funktionieren der Multilateralen Handelsübereinkünfte in Anhang 1A.

Art. VI Sekretariat

1. Es wird ein Sekretariat der WTO eingerichtet (im folgenden «Sekretariat» genannt), das einem Generaldirektor untersteht.

2. Die Ministerkonferenz ernennt den Generaldirektor und legt Bestimmungen über die Befugnisse, die Aufgaben, das Dienstverhältnis und die Amtsdauer des Generaldirektors fest.

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Anhang 1 A 1

1. Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen 1994 («GATT 1994») besteht aus: a) den Bestimmungen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens vom 30. Oktober 194718 im Anhang zu der zum Abschluss der zweiten Tagung des Vorbereitungsausschusses der UNO-Konferenz über Handel und Beschäftigung angenommenen Schlussakte (mit Ausnahme des Protokolls über die vorläufige Anwendung) in der durch die Rechtsinstrumente, die vor dem Inkrafttreten des WTO-Abkommens in Kraft getreten sind, berichtigten, geänderten oder modifizierten Fassung;

Gatt in der geltenden Fassung

Art. III Gleichbehandlung mit lnlandswaren in Bezug auf die Besteuerung

und andere gesetzliche Bestimmungen

1. Die Vertragspartner erkennen an, dass die Steuern und anderen inneren Abgaben, ebenso wie die Gesetzesbestimmungen, Verwaltungsanordnungen und Vorschriften bezüglich des Verkaufs, des Verkaufsangebotes, des Ankaufs, der Beförderung, der Verteilung oder Verwendung von Erzeugnissen auf dem Inlandsmarkt sowie die inländischen Kontrollmassnahmen bezüglich der Mengen oder der einzuhaltenden Verhältnisse bei der Mischung, der Verarbeitung oder Verwendung bestimmter Erzeugnisse nicht auf die

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eingeführten oder inländischen Waren zum Zwecke des Schutzes der inländischen Erzeugung angewendet werden dürfen.

2. Die aus dem Gebiet eines Vertragspartners in das Gebiet eines anderen Vertragspartners eingeführten Erzeugnisse sollen weder direkt noch indirekt mit irgendwie gearteten Steuern oder anderen inneren Abgaben belastet werden, welche höher sind als diejenigen, die die gleichartigen Erzeugnisse einheimischen Ursprungs direkt oder indirekt belasten.

4. Die Erzeugnisse des Gebietes eines Vertragspartners, die in das Gebiet eines anderen Vertragspartners eingeführt werden, sollen keiner ungünstigeren Behandlung unterworfen werden, als sie gleichartigen Erzeugnissen einheimischen Ursprungs in bezug auf alle Gesetzesbestimmungen, Verwaltungsanordnungen oder Vorschriften bezüglich des Verkaufs, des Verkaufsangebotes, des Ankaufs, der Beförderung, Verteilung und Verwendung dieser Erzeugnisse auf dem inneren Markt gewährt wird.

(1) Art. XI Allgemeine Beseitigung der mengenmässigen Beschränkungen

1. Kein Vertragspartner wird für die Einfuhr eines Erzeugnisses des Gebietes eines anderen Vertragspartners, für die Ausfuhr oder für den Verkauf zur Ausfuhr eines für das Gebiet eines anderen Vertragspartners bestimmten Erzeugnisses andere Verbote oder Beschränkungen als Zölle, Steuern oder andere Abgaben einführen oder aufrechterhalten, gleichviel ob diese in Gestalt von Kontingenten, Ein— oder Ausfuhrbewilligungen oder mittels irgendeines anderen Verfahrens angewendet werden.

(2) Art. XX Allgemeine Ausnahmen

Unter dem Vorbehalt, dass die nachstehenden Massnahmen nicht in einer Weise durchgeführt werden, dass sie ein Mittel zur willkürlichen oder ungerechtfertigten Diskriminierung zwischen den Ländern, bei denen die gleichen Verhältnisse vorliegen, oder eine verschleierte Beschränkung im internationalen Handel darstellen, soll keine Bestimmung des vorliegenden Abkommens so ausgelegt werden, dass sie einen Vertragspartner hindern würde, folgende Massnahmen zu beschliessen oder durchzuführen: a. Massnahmen, die für den Schutz der öffentlichen Moral erforderlich sind;

b. Massnahmen, die für den Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Personen und Tieren oder die Erhaltung des Pflanzenwuchses erforderlich sind;

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g. Massnahmen zum Schutz natürlicher Hilfsquellen, bei denen die Gefahr der Erschöpfung besteht, wenn solche Massnahmen gleichzeitig mit Beschränkungen der einheimischen Produktion oder des einheimischen Verbrauchs durchgeführt werden;

3. Umweltschutz und WTO

Problem: Verbot der Schleppnetzfischerei (zum Schutz der Delphine beim

Thunfischfang) und der Einfuhr von mit Schleppnetzen gefangenen

Thunfischen. Ist das eine Maßnahme zum Schutz natürlicher Hilfsquellen?

Entschieden werden Streitigkeiten von extra eingerichteten WTO-Gerichten.

Streitschlichtungsverfahren der WTO

Ein Streitschlichtungsverfahren läuft grundsätzlich nach einem vorgegebenen

Schema ab.

� formelle Konsultationen der Parteien um Meinungsverschiedenheiten beizulegen

� Streitschlichtungsorgan setzt ein in der Regel dreiköpfiges Expertengremium (Panel) ein. Panel verfasst Bericht mit Feststellung einer Verletzung von WTO Recht und empfehlung zur Streibeilegung

� Streitschlichtungsorgan muss über Annahme entscheiden � Keine Annahme, wenn eine Streitpartei (innerhalb 60 Tagen) Berufung

beim appellate body einlegt � oder das Streitschlichtungsorgan einstimmig beschließt, den Bericht nicht

anzunehmen (negativer Konsens). � Appelate Body entscheidet innerhalb von drei Monaten. � Streitschlichtungsorgan kann Entscheidung nur einstimmig zurückweisen � Unterlegene Partei muss entsprechende Maßnahmen ergreifen

Beispiel: USA verhängte ein Importverbot gegen Garnelen aus Indien, Pakistan

und Malysia. Offizieller Grund war der Schutz der Meeresschildkröten, die im

Beifang der entsprechenden Ländern vorkamen und getötet wurden. Die Flotte

der USA war dagegen mit „Turtle excluder devices“ ausgerüstet.

Appelate Body meint: Das Import Verbot für asiatische Garnelen verstoße

gegen WTO Recht. Die Schildkröten fielen zwar unter Art. XX g Gatt, aber das

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21

US Verfahren sei diskriminierend. Erforderlich sei eine internat. Kooperation vor

einseitigen Handelsbeschränkungen (vgl. Ginzky, ZUR 99, 216)

Aber Einschränkung von Der Einschränkung in Art. XX Gatt im „Übereinkommen

über die anwendung sanitärer und phytosanitärer Maßnahmen:

Artikel 2 Grundlegende Rechte und Verpflichtungen 1. Die Mitglieder haben das Recht, sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen zum Schutz von Leben oder Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen zu treffen, vorausgesetzt, daß solche Maßnahmen den Bestimmungen dieses Übereinkommens nicht entgegenstehen. 2. Die Mitglieder stellen sicher, daß sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen nur in einem solchen Ausmaß angewendet werden, das notwendig ist, um das Leben oder die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen zu schützen, diese Maßnahmen auf wissenschaftlichen Grundsätzen beruhen und nicht ohne ausreichende wissenschaftliche Beweise aufrecht erhalten werden, soweit im Artikel 5 Absatz 7 nichts anderes vorgesehen ist.

4. Vom Gatt zur Gats

Gats = General agreement on Trade and Services: Abkommen zur

Liberalisierung des Dienstleistungsbereichs.

Das GATS-Abkommen wurde am Ende der Uruguay-Runde unterzeichnet und

trat am 1995 in Kraft (GATS 1995). Zugleich wurde damals beschlossen, den

Vertrag nach fünf Jahren zu überarbeiten. Die Verhandlungen dauern an,

inzwischen gibt es massiven Widerstand z.B. von attac, vor allem aber von den

Ländern des Südens.

Art. 3 Abs 1 GATS umfasst alle Dienstleistungen, mit Ausnahme solcher Dienstleistungen, die im Rahmen staatlicher Zuständigkeit erbracht werden. Dienstleistungen, die im Rahmen staatlicher Zuständigkeit erbracht werden, werden definiert als Dienstleistungen, die weder zu kommerziellen Zwecken noch im Wettbewerb mit einem oder mehreren Dienstleistungserbringern erbracht werden.

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Die Forderungen gehen dahin, den staatlichen Bereich, der durch Art. 3

ausgenommen wird, ebenfalls „für den Markt“ zu öffnen, d.h. Privatisierung und

Deregulierung.

Forderungen gehen auf Privatisierung in den Bereichen:

� Post – und Telekommunikation

� Energie- und Wasserversorgung

� Bildung und Kultur

� Gesundheit

Privatisierung führt meist zu privaten Konzentrationsprozessen, statt ein

öffentlicher agiert ein privater Monopolist, was weit übler ist. Folge der

„Liberalisierung“ des Energiemarktes in Deutschland ist die Zerschlagung der

Stadtwerke und die Aufteilung des Marktes unter den großen Monopol-

Energieunternehmen.

Bis 1998 bestand in Deutschland die sogenannte dreistufige

Versorgungsstruktur:

� 8 überregionale Verbundunternehmen, die 82 Prozent des Stroms

erzeugten

� ca. 80 regionale Versorgungsunternehmen (7 Prozent der

Stromerzeugung)

� ca. 900 kommunale Versorgungsunternehmen (11 Prozent der

Stromerzeugung)

Der freie Wettbewerb hat seit 1999 zu einem starken Preiskampf geführt.

Stromanbieter haben ihre Überkapazitäten abgebaut, ihre Unternehmen

umgebaut und rationalisiert. Die Folge davon war ein Konzentrationsprozess auf

dem deutschen Energiemarkt. Rund 80 größere Stromanbieter fusionierten und

rund 500 kleinere Unternehmen vereinbarten Kooperationen oder strategische

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Allianzen, um sich Marktanteile zu sichern. Die Zahl der großen

Verbundunternehmen reduzierte sich von acht auf vier. Aus Preussen-Elektra

und den Bayernwerken entstand der Stromanbieter E.ON. RWE schloss sich

mit VEW zusammen. Aus Bewag, HEW, Laubag und VEAG wurde Vattenfall

Europe. Die großen Konzerne E.ON und RWE beherrschen allein etwa zwei

Drittel des Marktes. Zusammen mit Vattenfall und ENBW sind 90 Prozent des

Marktes in der Hand von nur vier Unternehmen.

Lokale Steuerung der Energieversorgung und Verwendung i.S.d. Umwelt wurde

zerstört.

Nächster Schritt und umkämpft ist die Wasserversorgung.

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24

BB.. EEuurrooppääiisscchheess UUmmwweellttrreecchhtt

II.. RReecchhttssaakkttee ddeerr EEGG uunndd iihhrree WWiirrkkuunnggeenn

Rechtsakte der EG nach Art. 249 EGV:

Art Charakter Adressat Geltung

Verordnung Abstrakt,

allgemein

Mitgliedstaaten +

Bürger

• Unmittelbar

anwendbar

• In allen Teilen

verbindlich

Richtlinie Abstrakt

allgemein

Mitgliedstaaten • Von MS

umzusetzen

• Verbindlich

• Ausnahmsweise

direkte Wirkung

Entscheidung

(z.B. Genehmigung von

Beihilfen; Bußgelder und

Zwangsmaßnahmen =

exekutivische Akte

aufgrund RL oder VO

Individuell

Konkret

Bestimmte

Mitgliedstaaten

Nat. und jur.

Personen

Unmittelbar

anwendbar

verbindlich

Empfehlung Allgemein/

abstrakt oder

individuell/

konkret

Alle oder einzelne

MS; (einzelne)

Personen

unverbindlich

Stellungnahme

Art.6 FFH-RL

Individuell/

konkret oder

abstrakt/

algemein

MS; EG-Organe;

Personen;

Unbestimmte

Adressaten

Unverbindlich

(?)

Im Europäischen Verfassungs-Entwurf Art. 32 ff

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25

Art. 33 I UA 1: Europäische Gesetze = Verordnungen

Art. 33 I UA 2: Europäische Rahmengesetze = Richtlinien

Art. 33 I UA 3; 35: Europäische Verordnung = Abgeleitete

Rechtssetzungsbefugnis der Kommission, exekutivische allgemein/ abstrakte

Regelungen (= deutscher RVO)

Art. 33 I UA 4: Europäischer Beschluss = konkrete verbindliche Entscheidung

(individuelle oder allgemein) (vgl. Verwaltungsakt)

Art. 33 I UA 5: Empfehlungen und Stellungnahmen bleiben wie bisher soft law.

EG-Umweltrecht hat meist die Form einer Richtlinie, oft die Form von

Verordnungen;

VO z.B.: Artenschutz-VO, Öko-Audit-VO

Rl: Vogelschutzrichtlinie, Wasserrahmenrichtlinie, FFH-RL, IVU-RL

IIII.. UUnnmmiitttteellbbaarree WWiirrkkuunngg uunndd VVoorrwwiirrkkuunngg

Probleme entstehen, wenn Rl. vom MS nicht oder nicht korrekt (abweichend

von den Regelungen der Richtlinie) umgesetzt werden. Dann gibt es mehrere

Möglichkeiten:

1. Die Kommission verklagt den MS vor dem EuGH (Art. 226)

2. MS verklagt MS vor dem EuGH (Art. 227)

Folge ist ein Urteil, das zunächst sanktionslos aber verbindlich ist.

Wird weiter nicht umgesetzt, kann die Kommission noch einmal Klagen. Im

2. Urteil kann der EuGh Strafgelder in empfindlicher Höhe verhängen (Art.

228).

Bürger der MS können den EuGH nicht anrufen. (Nur Europäisches Gericht

erster Instanz bei Streitigkeiten zwischen Beamten und EG, Art. 235, oder

um öffentlich-rechtliche Verträge, Art. 238). D.h. Bürger können nicht

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prüfen lassen, ob EGV eingehalten wird, indem Rl korrekt umgesetzt

wurden. Kontrolle ist nur mittelbar möglich.

3. Im Rechtsstreit kann nationales Recht europarechtskonform ausgelegt

werden, wenn die nationale Norm einen entsprechenden Spielraum

belässt.

4. Besteht der Spielraum nicht, kann das nationale Gericht, den EuGH mit

der Frage anrufen, ob das nationale Gesetz gegen Europarecht verstößt.

(Vorabentscheidung Art.234)

5. (Bisher) nicht oder fehlerhaft umgesetzte Richtlinien entfalten

Direktwirkung zwischen Bürger und Staat, wenn sie

- Inhaltlich unbedingt (kein Zwischenakt außer Umsetzung oder andere

Voraussetzungen erforderlich)

- Hinreichend bestimmt sind und

- Den Bürger begünstigen; d.h. Keine horizontale Wirkung zwischen den

Bürgern.

Sie entfalten Direktwirkung für die staatlichen Stellen (objektive unmittelbare

Wirkung – Großkrotzenburg = EuGH Slg. 1995 S. I- 2189, ) wenn sie:

- inhaltlich unbedingt

- hinreichend bestimmt sind

- und den Bürger nicht belasten.

Amtsträger müssen die Richtlinie bei Entscheidungen von Amts wegen

anwenden oder berücksichtigen.

Vorwirkung gibt es bisher nur im Bereich des Umweltrechts, und ergibt sich aus

der Vertragstreue gemäß Art. 10. MS unterlassen alle Maßnahmen, die die

Verwirklichung einer Rl faktisch konterkarieren. Beispiel: Schutzpflicht für

Europäisches FFH-Gebiet.

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IIIIII.. IInnssttiittuuttiioonneenn ddeerr EEUU--ÜÜbbeerrbblliicckk

Kommisssion

initiiert Rechtsakte, führt sie

aus und überwacht

Ausführung durch MS

Europäischer Rat

= Minister und Kanzler aller MS

� benennt gemeinschaftlich K-

Präs

� entsendet Kommissare

� Beschließt Rechtsakte

Europäisches Parlament

� Mitwirkung an Gesetzgebung

� Bestätigung der Kommission / Veto

Bürger der Mitgliedstaaten

Regierung der

Mitgliedstaaten

EuGH

Überwacht:

Vereinbarkeit von

RA mit EGV,

Umsetzung der

RL durch MS

Präsident

Kommisare

Richtlinien

und VO

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Ziele und Kompetenzen der Gemeinschaft im Bereich des Umweltschutzes

EU hat keine Kompetenz-Kompetenz, d.h. nur Aufgaben und Hoheitsrechte, die

von MS abgetreten wurden, kann sie wahrnehmen.

Folge: Für Rechtakte ausdrückliche Kompetenz erforderlich; meist mit

Zielstellung verbunden. Umweltschutz nicht immer im Aufgabenkatalog der

Gemeinschaft:

1. Historisches:

1957 EWG-Vertrag: keine spezifischen Vorschriften um Umweltschutz

1972: Beschluss der Staats- und Regierungschefs: Umweltschutz ist

Gemeinschaftsaufgabe:

1973: 1. Aktionsprogramm für den Umweltschutz

Exkurs: Bedeutung von Aktionsprogrammen:

- werden vom Rat oder der Kommission erstellt

- dienen der Konkretisierung von Gesetzgebungsprogrammen und

allgemeinen Zielvorgaben. Waren zunächst soft law, also regelmäßig

nicht verbindlich. Nach Maastricht (1992) in Art. 175 III EGV. Werden

im Mitentscheidungsverfahren erlassen – zumindest intern

verbindlich.

Aktionsprogramme sind keine Gesetzgebungsakte , aber soweit sie EGV-

Ziele konkretisieren mehr als Orientierungshilfen.

1987: einheitliche europäische Akte nimmt Umweltschutz in EGV auf.

1992: Maastricht-Vertrag: Stärkung des Umweltschutzes.

1997: Amsterdamer Vertrag mit weiterer Fortschreibung des

Umweltschutzbereichs – Demokratisierung der Zuständigkeit –

Mitentscheidungsverfahren.

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2001: Nizza-Vertrag zur Osterweiterung ohne wesentliche Änderungen im

Umweltbereich.

2004: EU-Verfassung enthält Neustrukturierung des Primärrechts mit

Änderungen auch für Umweltschutz

2. Notwendigkeit eines europäischen Umweltschutzes und

Subsidiaritätsklausel

10.7.1976: Giftgas Unfall von Seweso

Tankerunfälle 1978 – Amoco Cadiz 223000 t Rohöl vor bretonischer Küste

1991 Haven im Hafen vor Genua 144000 t Rohöl

1999: Erika wieder vor bretonische Küste – 14000 t Rohöl

1986 Sandoz-Chemiefabrik Basel verunreinigt Rhein

1986: Reaktor-Gau von Tschernobyl

Bewusstsein über grenzüberschreitende Umweltschäden.

Art. 5 II – Subsidiaritätsklausel (=Art. 9 EU-Verf): Gemeinschaft wird nur tätig,

wenn Ziele auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden

können.

Erforderlich

- Transnationale Aspekte

- Bei Alleingängen der MS werden Ziele des Vertrages verfehlt oder gar

konterkariert (Umweltschutz unterläuft Wettbewerb)

- Vorteile von Gemeinschaftslösungen wg. Des Umfangs und der Wirkungen

gegenüber nationalen Lösungen

Für Umweltrecht oft anzunehmen – inzwischen gibt’s europ. Gesetze zu allen

Umweltbereichen.

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IIVV.. UUmmwweellttzziieellee iimm EEGGVV::

Art. 2 EGV (Art. 3 III EuVerf): nachhaltige Entwicklung und hohes Maß an

Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität = Ziele der Gemeinschaft

Art.3 l: Politik auf dem Gebiet der Umwelt gehört zum Aufgabenbereich der

Gemeinschaft.

Art. 6: Querschnittsaufgabe – Umweltschutz soll in anderen Politiken

berücksichtigt werden.

Querschnittaufgabe und Ziel „hohes Maß an Umweltschutz“

- Keine Kompetenznormen

- Kein Vorrang des Umweltschutzes bei der Abwägung

(Beispiele: Dänemark erhebt Pfand auf alle Getränkebehälter,

schränkt Warenverkehrsfreiheit ein. EuGH: Umweltbelang ist

gewichtig genug, also Vorrang des Umweltschutzes. (EuGH Slg 1988,

S. 4607). Anders in der Leybucht-Entscheidung. Ein

Vogelschutzgebiet kann zum Zwecke des Deichbaus, aus Gründen des

Hochwasserschutzes, verkleinert werden, also hier kein Vorrang des

Umweltschutzes – allerdings sehr enge Ausnahme (EuGH Slg. 1991 I,

S. 883).

- Querschnittsklausel nicht durchsetzbar.

Neu Art. 37 GR-Charta = Art. II 37 EU-Verf: fordert ebenfalls: hohes

Schutzniveau, Verbesserung der Umweltqualität und nachhaltige Entwicklung

VV.. KKoommppeetteennzzrreeggeellnn iimm EEGGVV

Zuständigkeit für Umweltpolitik ergibt sich aus Art. 174 ff EGV:

Art. 174 I: Ziele der Umweltpolitik

• Erhaltung und Schutz der der Umwelt sowie Verbesserung der Qualität –

erhaltender Umweltschutz und entwickelnder Umweltschutz

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• Menschliche Gesundheit – wohl mehr als allg. Zuständigkeit für

Gesundheitspolitik – nämlich Gesundheitsschutz durch Umweltschutz,

individuelle und allgemein.

• Umsichtige und rationale Verwendung der natürlichen Ressourcen –

Nachhaltigkeit, Ressourcen sparen;

• Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene usw. – Europ.

Regelungen zum Umweltschutz extraterritorial – Artenschutz-VO, Schutz des

Regenwaldes.

Art. 174 II: Prinzipien und Grundsätze der Umweltpolitik

1. Vorsorge – Abgrenzung zur Gefahrenabwehr: Allgemein:

Umweltbeeinträchtigungen nach Möglichkeit vermeiden und Gefahren

ausschließen.

Abgrenzung Gefahr und Gefahrenabwehr – Risiko und Vorsorge

Gefahr:

� Eintritt eines Schadens

� Gegenwärtig und

� räumlich nah

� Hohe Wahrscheinlichkeit (reziprok zur Schadenshöhe)

� Kausalität

Beim Risiko fehlt eines der Elemente

� Ungewissheit des Schadens, Unterhalb der Schadensschwelle

� In unbekannter Zukunft, zeitlich nicht absehbar,

� An unbekannten Orten

� Mit geringer oder unbekannter Wahrscheinlichkeit

� Mit unbekannten Wirkungsketten

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Bestimmungen sind auch beim Gefahrenbegriff keine absoluten Größen,

sondern relative. Gefahr ergibt sich erst in der Zusammenschau.

2. hohes Schutzniveau = große Bedeutung des Umweltschutzes.

3. Vorbeugung = Vorsorge, evtl. früher, aber Abgrenzung nicht wirklich

möglich.

4. Verursacherprinzip: „polluter pay principle“ – wer die Suppe einbrockt, muss

sie auch auslöffeln.

nur Kostentragung oder auch Minimierungspflichten? (Beispiel: Verkehr)

5. Ursprungsprinzip: Umweltschäden an der Ursache bekämpfen, keine „end of

pipe“ Technologie, sondern integrierter Umweltschutz – schon in der

Produktion bedenken.

6. Im EU-Recht gilt auch das Verhältnismäßigkeitsprinzip: vom EuGH mehrfach

angewendet. Explizit in Art. I ) IV EU-Verf

Art. 174 II UA 2 betrifft Ausnahmeklauseln bei der Vorschriften zur

Marktharmonisierung – hier noch zurückstellen.

Art. 174 III – zu berücksichtigen sind:

- Umwelt und Entwicklungen in den Regionen i.V.m. Abs.2 –

Ausnahmeklauseln für Regionen möglich (zeitlang besondere

Emissionsregeln für Großfeuerungsanlangen in Spanien) oder Hilfen bei

positiven Umweltmaßnahmen = finanzielle Unterstützung der Regionen.

- Vorteile und Belastungen meint nicht Kosten/Nutzen i.S.e. quantitativen

ökonomischen Abwägung, sondern qualitative politische Zielbestimmung.

Art. 174 IV: Kompetenzregelung für eine Eu-Umweltaußenpolitik.

Politikbereiche und Kompetenzen sind in Teil III der Eu-Verf übernommen

worden. Zusätzlich findet man in Art. I 13 Kompetenzregelung für

Umweltpolitik.

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VVII.. RReecchhttsseettzzuunnggssvveerrffaahhrreenn

1. Gesetzgebung

Standardverfahren in der Umweltpolitik ist das Mitentscheidungsverfahren

gemäß Art. 175 I EGV: verweist auf Art. 251 – Schritte:

• Vorschlag Kommission

• Stellungnahme des EP (evtl. Änderungen)

• Entscheidung des Rates mit qualifizierter Mehrheit: Annahme oder bei

Abweichungen

• Festlegung eines gemeinsamen Standpunktes

• Konsultation des Parlaments

• Ablehnung, Änderung oder Annahme

• Bei Änderung – Stellungnahme der Kommission

• Entscheidung des Rates – bei Abweichungen:

• Vermittlungsausschuss

• Keine Einigung = Ablehnung

• Sonst weitere Entscheidung von Rat und Parlament

Auch Aktionsprogramme werden in diesem Verfahren beschlossen (Art. 175 III)

Weitere Verfahren:

Art. 252 Verfahren der Zusammenarbeit: - Parlament wird angehört und kann

Einstimmigkeit des Rates erzwingen. Letztlich kann es Entscheidung nicht

verhindern oder andere Entscheidung erzwingen.

Art. 208: Verfahren der Anhörung – Parlament wird nur angehört – bei

fehlender Zustimmung keine Konsequenz für die Entscheidung im Rat.

Anhörungsverfahren wird abweichend vom Grundsatz in Art. 175 II auch für

bestimmte Politiken mit Umweltbezug gefordert:, nämlich:

- Maßnahmen steuerlicher Art

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- Raumordnung und Bodennutzung

- Bei Auswirkungen auf Wahl der Energiequellen durch einen MS

Art. 175 II Ua 2: Rat kann einstimmig für obige Felder beschließen, dass

qualifizierte Mehrheit ausreicht. (zweistufig mit wenig sinn)

2. Komitologie

Rechtsakte enthalten Ermächtigungsgrundlagen für die Kommission, die

Durchführung zu bestimmen (Instrument bisher: Entscheidungen). Im

Umweltrecht: technische Stantands bedeutsam.

Für Durchführungsentscheidungen gibts Verfahrensbeschluss (1999/468). Drei

verschiedene Verfahren normiert: Beratungsverfahren, Verwaltungsverfahren,

Regelungsverfahren.

Geregelt wird die Stimmverteilung und erforderliche Mehrheiten im

Verwaltungsausschuss. Entscheidend: der Verwaltungsausschuss besteht nicht

nur aus Kommissionsmitgliedern, sondern auch aus Experten und

gesellschaftlichen Interessenvertretern.

Standards und technische Regel oft von größerer Bedeutung als Rechtsnormen,

weil konkret.

Demokratisierung oder Gefahr für die Demokratie?

VVIIII.. UUmmwweellttrreecchhtt aallss EErrggeebbnniiss ddeerr BBiinnnneennmmaarrkktthhaarrmmoonniissiieerruunngg

1. Problem und Lösung

Wegen Querschnittsklausel (Art.6) soll Umweltschutz in anderen Politikfeldern

auftauchen.

Wirken sich umweltrechtliche Regelungen direkt auf den Wettbewerb aus.

Gleiche Wettbewerbsbedingungen erfordern gleiche umweltrechtliche

Regelungen. Kompetenznorm ist dann nicht Art. 174/175, sondern Art. 95 EGV

Wie grenzt man ab? EuGH: subjektive und objektive Betrachtung des

vorrangigen Regelungszieles.

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Beispiel: Abfallrahmenrichtlinie – vorrangiges Ziel ist Gesundheit und Umwelt,

Binnenmarkt nur Nebeneffekt, also Art.95 ist nicht Kompetenznorm.

Gegenbeispiel: Richtlinie 91/157 über gefährliche Stoffe enthaltende Batterien

RL 94/62 über Verpackungen und Verpackungsabfälle

2. Relevanz

Wofür ist die Unterscheidung wichtig?

1. kein Unterschied mehr für Gesetzgebungsverfahren – Art. 95 verweist

auch auf Mitentscheidung in Art. 251

2. Art. 176: MS kann schärfere Schutzmaßnahmen ergreifen oder

beibehalten – das gilt nicht bei Harmonisierungsrichtlinien. Art. 95 IV und

V: MS kann Bestimmungen (schärfere) zum Schutz der Umwelt

beibehalten und aufgrund neuer wiss. Erkenntnisse einführen. Etwas

strengere Anforderungen in 95, im Ergebnis aber zum Schutz der Umwelt

auch schärfere Bestimmungen möglich

Faktische Konsequenzen hat die unterschiedliche Grundlage im Umweltrecht

nicht mehr.

Möglich ist auch Regelung mit gleichberechtigten Zielen auf Politikbereich und

Umwelt, (z.B. Agrarpolitik und Umwelt – Agrarpolitik sieht nur Anhörung vor)

Vorschlag: dann gelten beide Kompetenznormen und das Verfahrensrecht muss

kombiniert werden, die jeweils strengeren Anforderungen sind einzuhalten.

Problem: Was ist strenger? mehr Parlamentsbeteiligung oder höhere

Zustimmung im Rat.

VVIIIIII.. UUmmwweellttsscchhuuttzz uunndd ddiiee BBeesscchhrräännkkuunngg ddeess BBiinnnneennmmaarrkktteess

Binnenmarkt beruht zentral auf den Grundfreiheiten:

Art. 23: freier Warenverkehr

Art. 39: Freizügigkeit für Arbeitnehmer

Art.49: Dienstleistungsfreiheit

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Art. 56: Kapitalverkehrsfreiheit

Beispiel freier Warenverkehr – inhaltlich konkretisiert in Art. 28: Verbot

mengenmäßiger Beschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung.

Mengenmäßige Beschränkung = alle Maßnahmen, die die Ein- oder Ausfuhr

einer Ware völlig oder zeitlich begrenzt beschränken oder der menge nach

begrenzen.

Maßnahmen gleicher Wirkung zentral definiert durch folgende Urteile:

Dassonville = EuGH Rs 8/74 Slg. 1974, 847

Maßnahmen gleicher Wirkung = alle staatlichen Maßnahmen, die geeignet sind,

unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell den Handelsverkehr

zwischen den Mitgliedstaaten zu behindern.

Also: diskriminierende Wirkung nicht entscheidend, sondern reine Import- oder

Exporthindernisse.

Keck = EugH Rs C – 267/91 Slg. 1993, I – 6097

Änderung des weiten Begriffs der Maßnahme gleicher Wirkung :

Keine Handelshemmnisse sind Regelungen

1. der Verkaufs- oder Absatzmodalitäten von Waren (Z.B. Verbot des

Verkausf unter Einkaufspreis, Ladenöffnungszeiten, nicht

produktbezogene Regelungen, für die gilt weiter Dassonville),

2. die für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer unterschiedslos gelten, die

ihre Tätigkeit im Inland ausüben und

3. die den Absatz der inländischen Erzeugnisse und derjenigen aus anderen

MS rechtlich und tatsächlich in gleicher Weise regulieren. (keine

mittelbare Diskriminierung)

Diskriminierungsfreier Marktzugang steht wieder im Mittelpunkt.

Cassis de Dijon = EuGH Rs 120/ 78 Slg. 1979, 649

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Liefert Rechtfertigungsgründe für Marktbeschränkungen, nämlich unter der

Voraussetzung (immanente Schranken des freien Warenverkehrs):

1. fehlende EG-Regelungen

2. mitgliedstaatliche Ein- oder Ausfuhrbeschränkungen sind wegen

zwingenden Erfordernissen des Gemeinwohls notwendig (z.B. steuerliche

Kontrolle, Lauterkeit des Handelsverkehrs, Verbraucherschutz,

Medienvielfalt, Kulturpolitik, Arbeitsschutz und Umweltschutz

3. unterschiedslose Geltung der Regelungen für in- und ausländische Waren

(keine Diskriminierung ausländischer Waren – materiale nicht formale

Sichtweise).

Weitere Rechtfertigung für Einfuhrbeschränkungen schließlich in Art. 30: Zum

Schutz - von Gesundheit und Leben von Menschen, Tieren,

Pflanzen (zusätzliche Ausnahmen für den Umweltschutz erforderlich?= Ja:

Beispiel Dosenpfand,)

- der öffentlichen Sittlichkeit

- Sicherheit und Ordnung

- des nationalen Kulturgutes

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Folien

I. Maßnahmen gleicher Wirkung zentral definiert durch folgende Urteile:

Dassonville = EuGH Rs 8/74 Slg. 1974, 847

Maßnahmen gleicher Wirkung = alle staatlichen Maßnahmen, die geeignet sind,

unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell den Handelsverkehr

zwischen den Mitgliedstaaten zu behindern.

Keck = EugH Rs C – 267/91 Slg. 1993, I – 6097

Keine Handelshemmnisse sind Regelungen

4. der Verkaufs- oder Absatzmodalitäten von Waren

5. die für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer unterschiedslos gelten, die

ihre Tätigkeit im Inland ausüben und

6. die den Absatz der inländischen Erzeugnisse und derjenigen aus anderen

MS rechtlich und tatsächlich in gleicher Weise regulieren.

Cassis de Dijon = EuGH Rs 120/ 78 Slg. 1979, 649

Rechtfertigungsgründe für Marktbeschränkungen, nämlich unter der

Voraussetzung:

4. fehlende EG-Regelungen

5. mitgliedstaatliche Ein- oder Ausfuhrbeschränkungen sind wegen

zwingenden Erfordernissen des Gemeinwohls notwendig - z.B.

steuerliche Kontrolle, Lauterkeit des Handelsverkehrs,

Verbraucherschutz, Medienvielfalt, Kulturpolitik, Arbeitsschutz und

Umweltschutz.

6. unterschiedslose Geltung der Regelungen für in- und ausländische

Waren.

II. Weitere Rechtfertigung für Einfuhrbeschränkungen in Art. 30 EGV: zum

Schutz.

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- von Gesundheit und Leben von Menschen, Tieren, Pflanzen

- der öffentlichen Sittlichkeit

- Sicherheit und Ordnung

- des nationalen Kulturgutes