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78 ALLTAGS- UND SPRINT-HELDEN BACKSTAGE GLEMSECK „Isse große Spaß.“ Der luft- gekühlte Ducati- Umbau von South Garage Cafe aus Italien gewann den Sprint über die Achtel-Meile

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ALLTAGS- UND SPRINT-HELDEN

BACKSTAGEGLEMSECK

„Isse großeSpaß.“ Der luft-gekühlte Ducati-Umbau von SouthGarage Cafe ausItalien gewannden Sprint überdie Achtel-Meile

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Irgendwer hat die Pforten desHimmels geöffnet und zeigt unsganz deutlich, wer die wichtigs-

te Macht am Glemseck 101 ist. Eskommt alles herunter, was sich in einpaar hunderttausend Eimer füllenlässt, und unter dem Dach des Zeltesvor dem Hotel Glemseck verstehtman sein eigenes Wort nicht mehr.Es ist 17.32 Uhr. Eineinhalb Stundenvor der offiziellen Eröffnung des2011er-Treffens „Glemseck 101“,und was Minuten vorher noch einHornissenschwarm an Händlernund Clubs mitten im Aufbau war,scheint sich gerade in eine U-Boot-Basis zu verwandeln.

Mein Handy klingelt, währendich in die sintflutartige Wasserwandstarre und mir jemand ins Ohr brüllt„Da hinten kommt schon wieder dieSonne raus.“ Ich weiß. Die letzten48 Stunden habe ich im Internet jedesTiefdruckgebiet im Süden mit Ver-achtung verfolgt und gelernt, dassder Begriff „Gelegentliche Schauer“in den letzten Jahren deutlich anQualität gewonnen hat.

Wolf von MO ist am Telefon. Ichverstehe im prasselnden Lärm nurdie Hälfte von dem, was er sagt. DieEssenz, die ich heraushöre: „Schreibetwas über die Atmosphäre, dieMotorradfahrer!“ Zwei Schweizerund ein Franzose rollen in diesemMoment auf ihren voll bepacktenKisten wie schwermütige Haie anmir vorbei, Richtung Camping-platz. Kurz habe ich die wahnwitzigeIdee, in dieses vertikale Wasser vormir zu springen, sie zu stoppen undzu fragen: „Und, wie findet ihr dieAtmosphäre?“ Der Gedanke istlustig und ich lächle ins Handy. Ichgebe Wolf die gleiche Antwort, dieich Jörg, dem Erfinder des 101,gegeben habe, und der mich bat,„schreib über die Authentizität des101“: „Alles klar.“ Und lüge dabei,ohne rot zu werden.

Der „Gelegentliche Schauer“ hatbemerkt, dass alle seine OpferDeckung gefunden haben, langweiltsich und zieht ab. Andrea von derGothaer stürzt auf mich zu. „HastDu gesehen? Hast Du gesehen? Diekommen von überall her. Und derCampingplatz ist voll!“ Andrea istseit den Anfangstagen des 101 dabei.Sie ist einer meiner vielen persön-lichen Lackmus-Teststreifen, in wel-che Richtung sich das 101 bewegt.Wie sie so voller Energie hüpfenddurch die Pfützen springt, sieht es soaus, als bewegen wir uns weiter nachvorne. Das ist gut. �

Zum sechsten Glemseck 101, dem sehr lebendigenTREFFEN AN DER EHEMALIGEN SOLITUDE-RENNSTRECKE,kamen mehr als 40 000 Motorradfans. Wie imletzten Jahr mit Cafe Racer-Sprint und diesmal auch mitYoungster-Sprint. Wir blicken hinter die Kulissen

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leicht einen Teil des Gefühls vonFreiheit zurückgeben wird.

Die Jungs von South Cafe Garagewürden über diesen „Gut-Menschen-Satz“ wahrscheinlich nur grinsen,sich eine Zigarette anzünden, mitdem Finger auf einen grünen RetroDucati-Umbau zeigen, mit richtigsatt Leistung, mehr Chrom, als aufden meisten Cruisern Platz hat, undtrotzdem aussehend, als hätte siegerade ein paar Gixxer als leichtenSnack vernascht. Und dabei diesenBlick haben: „Ihr Tedescos, immerwollt Ihr genau wissen warum, eh?Macht einfach. Isse große Spaß!“

Ich gehe zu Marco von den Street-fightern Süd. Ein weiterer meinerIndikatoren und eine menschlicheSchrankwand mit der schon fast hei-ligen 101-Aufgabe, Gummi in Qualmzu verwandeln. Er interessiert sichfür Cafe Racer nicht die Kaffee-Bohne. Das Glemseck 101 ist seineParty. Dazu seine SFS-Kumpels, dasT5 Net, die Burnplatte, ein Stapel

Gelegenheit, die Gerade vor demHotel erneut als Soundcheck-Zonezu nutzen. Vor der Sintflut warensie noch mit freien Oberkörpernunterwegs, knieten und lagen unterihren Umbauten – mit manchmaltiefen Einblicken, nicht nur in ihrewunderschönen Cafe Racer allerStilrichtungen, sondern auch aufdie verlängerten Rücken. Jetzt tragensie No-Name-T-Shirts und natür-lich immer noch ihre Top-NameSonnenbrillen. Verdammt, sind dieseJungs gut.

Cafe Racer. Sind sie die treibendeKraft des Glemseck 101? Zu einemTeil sicher. Es sind Motorräder die,

mit dem Blick in die Vergangen-heit, in die Zukunft weisen. EineZukunft, die nicht mehr alleinenur von der Höchstleistung, vomtechnisch Machbaren lebt undwieder Wert legt auf das Gesamt-

bild des Fahrer und seiner Maschi-ne. Und einer neuen Generation

von Motorradfahrern, damit viel-

Ein Blick nach links RichtungT-Kreuzung, dem Zentrum des 101,genügt, um diese Ansicht weiter zuuntermauern. Die Jungs von SouthCafe Garage aus Neapel sind schonwieder dabei, ihre Schmuckstückevor ihr Zelt zu schieben und einweiteres Mal die Drehzahl an ihrer„Old Speed“, einer wunderschönenDucati-Einzylinder, korrekt einzu-stellen. Ich glaube nicht, dass es nötigist, aber es ist eine fantastische Show.Und eine gute

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Einer der Höhepunkt der Veranstaltung im WestenStuttgarts: der Sprint. Startgirl Nicole gibt alles, unter-stützt vom Team Surfazz und von MO

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habe in der vorherigen Nacht nochgut eine Stunde über dieser Listegebrütet und drücke sie voller Stolzund etwas übernächtigtem Engage-ment Tillmann und Thomas in dieHand. Die beiden gucken sich anund Thomas findet dann die Worte:„Ey Mann, relax.“ Setz ihm eine Top-Name Sonnenbrille auf die Nase,und er geht als Italiener durch. Einklein wenig hasse ich ihn dafür.

Sind es die top Designer der Szene,ihre Motorräder und die immergrößer werdende internationale An-erkennung, die das Glemseck 101ausmachen? Wir haben dieses Jahrwirklich eine Auswahl von Sahne-stückchen von ihnen am Start undam 101 stehend. Jens vom Brauck undseine „Minimalismus-Motorräder“,Jochen Schmitz-Linkweiler (LSL)und Uli Brée mit ihrem „TridaysEleven“-Projekt, Dr. Mechanik undseine zum Cafe Racer umgebauteV-Rod, erwähnter Mr. Martini ausVerona, die coolen Jungs von South

deutigerHeavy-Brit-Style.Esherrschtbeste Laune in dieser schwarzenMesse vor Rührei und Kännchen.Eines ihrer angekündigten Highlightsist gut gelandet: Guy Martin. Road-racer der Extraklasse und 13-facherPodiumsgewinner der legendärenTT-Isle of Man. Er wird bei unserem„International Cafe Racer Sprint“starten. Wie der Engländer so sagt,für ihn sicher „a piece of cake“.

Ich habe andere Logistik-Proble-me: Mr. Martini, top Designer ausVerona ist mit vier seiner Bikes zu unsunterwegs. Seine SMS kommt vonHöhe Augsburg. Es ist jetzt zehnUhr und das Gelände füllt sich merk-lich. Vor 11.30 Uhr wird er kaum an-kommen, und es wird kein „Piece ofcake“, ihn und seine Bikes auf dasGelände zu bringen. Nebenbei ver-teile ich an meine beiden Fotografeneine Liste von VIPs und Motor-rädern die, neben allem anderen anBildmaterial, für unsere kommendenBildergalerien benötigt werden. Ich

Gummi und das Reifenmontiergerät,welches mit der gleichen Hingabebedient wird, wie andere ihre Alu-tanks polieren. Ich frage ihn nachder Burnplatte. „Brauch’n Stapler.Peter fragen.“ Marco ist ein Mannder kurzen Worte und perfektenDonuts. Eine weitere Kleinigkeit,die man organisieren muss.

Rockmusik erschallt von derBühne. DJ Nobbe fängt an aufzu-legen. Ich sehe Motorradfahrer undMotorradfahrerinnen in Goretex-Jacken und Lederkombis mit denFüßen wippen. Es ist ihre Musik. Ichhabe die Eröffnungsansprache vonJörg Lützelburger verpasst. Aber ichwerde vieles in den nächsten zweiTagen verpassen. Wir sind ein kleinesTeam. Es ist 19.30 Uhr und dasGlemseck 101 hat offiziell begonnen.

Das Ace Cafe London ist beimsamstäglichen Frühstück am leich-testen auszumachen. Schwarz vonoben bis unten und jeder mit einerschweren dunklen Sonnenbrille. Ein-

Super-Held – extra aus England eingeflogen: GuyMartin, siehe Portrait ab Seite 70

Knackigheißes Sommer-wetter: DasPublikum brachtesich den Schattenselber mit

Nebenklassischen,

britischen CafeRacern warenauch andere

Marken am Startwie diese Moto

Guzzi

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Kontakt zum Publikum und die Jugend. Der zum Dragster umgebaute Roller vom Young Riders Sprint gewann den Design-Preis. Blitzschnell, das Teil

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an und drücktmir den Gasgriff in Hand. „Go, go!“Ich habe keine Ahnung, was das Teilunter meinem Hintern, welches ichjetzt durch das immer dichter wer-dende Publikum zu seinem Stand-platz bewege, an Wert hat – ichfühle mich aber wie ein Weltmeister.Blicke gehen in meine Richtung,Handys und Kameras zischen nachoben, und natürlich fange ich an, amGas zu spielen. Es sind nur 200 Meterin fast Schrittgeschwindigkeit, aberwas für welche!

Um das Zentrum des 101 herrschtjetzt wildestes Getümmel. AlleItaliener begrüßen sich wie eine ver-loren geglaubte Verwandtschaft, unddas gegenüberliegende Cafe RaceVillage von MO, zuständig für dieOrganisation der Teilnehmer an denSprintrennen, ist eine Ansammlungaller Dialekte und Sprachen. Es ist13.30 Uhr. Eine halbe Stunde vordem Start des 1. International CafeRacer Sprints.

Ich lehne mich an ein Sperrgitterund nehme einen tiefen Zug Niko-tin. Neben mir ein Typ in recht neuerLederkombi, die aber deutliche„Touchdown-Spuren“ trägt. Absolutno Cafe Racer. Ich frage ihn, wie erdie Show, die gerade um uns ab-geht, findet. Er guckt mich an, siehtmeine 101-Hundemarke um denHals hängen, und gönnt mir eineAntwort: „Schon heftig, was manaus Altmetall machen kann und wiedie Typen abgehen.“ Na toll, ich rufenach der Stimme des Motorrad-volkes und bekomme diese Antwort.Ich mache einen zweiten, subtilerenVersuch eines persönlichen Inter-views: „Wenn Du nicht auf CafeRacer stehst, warum dann heute aufdem 101?“ Die kompakte Form sei-ner Antwort: „Es ist richtig was los,gute Leute, viele Stände und Markenzum Gucken, tolle Mädels – undtreff’ mich mit Kumpels.“ Na bitte,geht doch. Stellt man die richtigenFragen, bekommt man auch die rich-tigen Antworten. �

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Jethelm undweißer Schal:

klassischer CafeRacer-Look.So waren vor

hundert Jahrenauch die Flieger

unterwegs

Gleich dran:Nacheinandersprinten immerPaarungen vonzwei Racern dieAchtel-Meile

Gesicht zeigen und smooken: Das gehtnicht mit Integralhelm

Garage Cafe, von unterhalb Neapel,und irgendwann sollte auch DanielSattler von Boso San Motorrad-technik seine umgebaute MT-01noch fertig bekommen. Er klin-gelt immer wieder durch und sagtan, wie der Stand der Dinge ist.Ich denke, dass das Glemseck 101so überraschend kommt wie Weih-nachten und das sein Umbau rich-tig groß ist. Also lächle ich in meinTelefon. Standard.

Ich mache mich auf den Weg zumSicherheits-Team in Richtung Leon-berg, um Mr. Martini zu empfangen.Hinter mir bellt es mal wiederdumpf und laut. Diesmal noch dazumit einem leichten „Ich fresse auchkuschelige Teddybären“ Unterton.Manuel Wahl von Motorcornerdonnert mit seiner „alten“ HellfireBonnie an mir vorbei. Helmfrei undmit breitem Grinsen im Gesicht.Der Sound ist purer Hard Rock undanimiert zum Headbangen. SeineJungs haben ebenfalls die neue Hell-fire R/T auf Basis einer Speedy 1050rechtzeitig fertig bekommen. Undauch diese wird heute noch mehr-mals an mir vorbei donnern.

Ja, es sind die Designer, Kon-strukteure und ihre Motorräder.Und der echte und pure Asphalt, aufdenen diese Teile stehen und fahren.Das Glemseck 101 ist ein Treffenauf historischem Asphalt der ehe-maligen Solitude-Rennstrecke. Nichtnur am ersten September-Wochen-ende. Es ist keine Messe der Teppi-che, Absperrbänder und „Bitte nichtBerühren“-Schildchen. (Letzterehatten wir auch schon, aber ihr Daseinwar kurz und unerfüllt.)

Die meisten Motorräder werdenhier bewegt. Wir bitten nicht darum,es geschieht freiwillig. Es liegt eineArt Sportsgeist in der Luft, dassMotorräder, egal wie viel Geld,Hirnschmalz und Technik auchinvestiert wurde, am 101 keine un-antastbaren Ikonen sind, über dieman diskutiert oder von denen manträumt. Es sind Fahrmaschinen.Einen Moment steht die „TridaysEleven“ noch auf der zum Podestumgewandelten Verkehrsinsel, imnächsten Moment bewegt sie sichdurch das Publikum und nützt jedenfreien Meter, um ihren Sound zuspielen. Die Jungs von South GarageCafe würden einfach sagen: „Eh,haben Spaß!“

Und den habe ich jetzt auch. Mr.Martini lädt seine Edel Cafe Racerauf den hinteren Parkplätzen aus demTransporter, schmeißt einen davon

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wieder Trail-Trainingseinheiten amOrt Glemseck anbieten.

Altmetall. Ich muss wieder grinsen.Der ein oder andere Teilnehmer derSprintrennen würde sich bei dieserAussage vermutlich in eine bissigeBulldogge verwandeln. Zu späterStunde wird mir dann Nico, Bandit-Treiber und nach eigener AussageSchönwetterheizer, eine andere An-sicht zum Besten geben: „Weißt Du,diese Cafe Racer sind schon richtiggeile Teile, und es würde mir schongefallen, einen in der Garage stehenzu haben. Aber ich fahre Motorrad,wenn es meine Zeit und die Familiezulässt. Motorradfahren ist einHobby von mir. Keine Lebensein-stellung. Und für diese Typen gibt esnicht viel anderes, oder? Aber dieParty ist richtig geil.“ Ich konnteihm auf den Mittelteil keine guteAntwort geben. Ich denke, eineMenge der Teilnehmer und Caff-Liebhaber hat auch Familie undsicher noch andere Lebensinhalte.

für unser Publikum eine echter„Burner“. Zehn Miss Charmings,die Solo und mit „Old Speed“ denRaum vor der 101-Bühne kuscheligeng machen.

Der erste Cafe Racer Konvoistartet zur Aufstellung RichtungStart- und Zielgerade. Angeführt voneinem Polizei-Motorrad-Oldie. Isteine richtig gute und neue Show fürdas Publikum, welches ebenfallszur Sprintstrecke strömt. Michkribbelt dabei trotzdem ein kleinerschwarzer Gedanke: Wann hat je einPolizei-Motorrad…?

Mein Blick schweift rüber zumJugendhof Seehaus, die uns auch in

den Vorbereitungen immer wie-der unterstützen. Kurz sehe ichein Trail-Motorrad, welches überetwas Baumstamm-ähnlichesbalanciert. Der MSC Fricken-hausen wird dieses Jahr nicht am

101 teilnehmen, aber das 101 warein Auslöser dafür, dass der Motor-

sportclub und das Seehaus immer

Tolle Mädels. Nein, nicht nurmeine Ansicht und die des unbe-kannten „Touchdowns“. Es laufenwirklich, neben den üblichen Flyer-Girls, viele hübsche Frauen über das101. Die meisten von ihnen mitdiesem Hauch von Rockabilly undRock’n’Roll. Sicher auch ein Ver-dienst von Florence und ihrem Fla-ming Star, die am Abend unseren 101Motorbiene PinUp Contest auf derBühne ausrichten wird. Und wie sichspäter herausstellt,

Früher zierten solche PinUpsdie Rümpfe von Jagdflugzeugenund Bombern

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WichtigeAccessoires:Brille, Backen-bart, Blondine

Neben Bartzum Aufklebengehört auch das

trendige Kartenspieldazu. Themen:

Seuchen, Rausch-gift, Tyrannen oderAtomkraftwerke

bleme. Die Infrastruktur des 101gleicht einem alten, luftgekühltenMotor. Du pimpst, schraubst undmisst, was geht, schenkst ihm allemöglichen Neuteile, aber die Basisbleibt: eine gesperrte, öffentlicheStraße mit genau drei Zugängen,davon einer meist geschlossen, undbegrenztem Fassungsvermögen. Wirsind drüber – und er weiß es. Auf dieSchnelle können wir, können er unddas Team von Stega Security nichtneu organisieren. Er wird eine harteEntscheidung treffen. Das gehörtdazu. Wir fahren hier ein Rennen, nurdass unser Motor ein riesiges Arealmit klaren Grenzen ist. Und dieserMotor läuft schon seit Stunden imGrenzbereich – und wir wollen eszur Ziellinie schaffen, damit wir 2012wieder dabei sind. Wir wissen, dasswir Kritik zu hören bekommen wer-den. Von allen Seiten. Wir ziehen esam Sonntag trotzdem durch, undstoppen die Fahrzeuge aller unsererBesucher vor dem 101. �

oder weniger Reihe nebeneinanderstehen, lässt sich kaum beschreiben.Eine vollständig in Karbon ge-hüllte RR, neben einer Harley Drag-Machine, neben einer Old School-Wespe, neben einem alten Touren-bock, neben einer… – die Liste ließesich beliebig fortsetzen. Es sind alleda. Ob aus Lebensphilosophie oderder Freude am Hobby.

Fernab der Bühne wird es dunkel.Rock’n’Roll schallt durch die Nacht.Die „Montesas“ gehen auf der Bühneab, und vor den Ständen ist eineMenge los. Diesmal hupt es hintermir, und einen Moment später zischteine Zero, ein amerikanisches Elek-tromotorrad, präsentiert von CPO,lautlos an mir vorbei. Schnell sinddiese Teile, aber ihre Lautlosigkeitkostet etwas Nerven. Andererseitsist das 101 jetzt eine große Party-zone und hat nichts mit geregeltemStraßenverkehr zu tun.

Peter Herrle von der Stadt Leon-berg ist auch unterwegs. Er hat Pro-

Aber eine kleine Stimme im Ohrflüstert mir zu, dass Nico vielleichtnicht ganz Unrecht hat. Der wiederabzischt und dann mit frischem Bierzu den „Phantomics“ im Takt wippt.

Boso San hat es geschafft, undunser Sicherheitsdienst ebenfalls. Imdichten abendlichen Gedränge nochein Motorrad mit dem Transportervor das 101 zu bringen, fordert vonallen Beteiligten ein Höchstmaß anCoolness. Aber es hat sich gelohnt.Was mal eine Yamaha MT-01 war,verschwindet wie eine hungrige,schwarze Großkatze im Gewühl.Ein Gewühl, welches zu späterStunde immer dichter wird. DieSprintrennen sind längst vorbei,und das Gelände scheint in der auf-kommenden Dämmerung doppeltbelegt zu sein. Die Hitze des Tageshat sich endlich gelegt, und unserPublikum flaniert mit Elan über dieMeile. Die Händler und Sponsorenwird es freuen. Die Mischung anZweirädern, die in geselliger, mehr

Nix als Nutzwert oder Zweiradmobilität der Zukunft? Wie weitreichen die Tanks voller Gerstensaft?

Des Teufels Schwänzchen:kreativer Ducati-Umbau unter denPublikums-Motorrädern

Aufsehenerregender DucatiScrambler von South Garage Cafe.Demnächst mehr in MO

Langgesreckte, polierteAlutanks sind quasi ein Hauptmerkmalder Cafe Racer

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Mit unseren geplanten 101 Motor-talks auf der Bühne und dem YoungRider’s Sprint bleiben wir weiterhingut im Rennen. Die jungen Fahrerbieten mit ihren hoch getuntenRollern und Scootern auf der Start-und Zielgerade eine wirklich großeShow, und sie haben richtig Publi-kum. Die gesamte Gerade ist mitZuschauern besetzt. Für die ganzwilden Teile, Dragsterumbauten imMatchbox-Format, ist unsere Achtel-Meile knifflig zu fahren. Leicht ge-neigt und mit Fahrbahnuneben-heiten durchzogen. Der AMSC-Leonberg, beauftragt mit der Renn-leitung, beobachtet die Probeläufeaufmerksam, um vielleicht die Start-positionen oder die Bremszone noch-mals anzupassen.

Dieses Mal haben sie auch ein„Chequerd Flag Girl“ im 101-Stylevon uns bekommen. Das Girl springt,die Flagge fällt und die Fahrer imAlter zwischen zwölf und 25 hängenabsolut schmerzfrei am Gas. GroßerSport. Wer die Jugend sucht – hierfindet man sie. Dieser Sprint ist aus-baufähig. Nicht nur mit einem zu-sätzlichen Design-Preis, bei demuns Oliver Heda von der Roller &Motorrad Box unterstützte, und denwir im Abschluss ebenfalls verge-ben. Vielleicht mit dazu Klassikerund E-Racer?

Wenn es nach Jens vom Brauck,Rolf Reick oder Dr. Mechanik inunseren 101 Motortalks geht, sindletztere die Zukunft. Viele der amGlemseck 101 anwesenden Designerund Konstrukteure arbeiten an sol-chen Projekten, und sie bringen ihreGedanken über zukünftige Zweirad-Mobilität an unser sehr interessiertes

Publikum. Es ist auch wesentlichglaubhafter und optimistischer,wenn die erwähnten Extrem-Schrauber ihre Gedanken undVisionen aussprechen, Elektro-Bikes mit Power und Range auf

die Straße zu bringen, als dieewig wiederkäuenden, politisch

korrekten Weltretter-Gedanken zur

Massenmobilität zu hören. In derBesinnung auf den Style der CafeRacer liegt vielleicht eine der zukünf-tigen Antworten. Und Mr. Martiniund die South Garage Cafe-Jungswürden dann am 101 stehen undsagen: „Ihr Tedescos, was habt Ihrgebaut für eine tolle E-Motor. Undhier, wir haben gemacht daraus eineBella! Fahren wir Rennen, wirdgroße Spaß!“ Und wir Tedescoswürden die Plane heben und unsere101-E-Eleven präsentieren. Ja, fahrenwir ein Rennen, Jungs. Da vorne istdie Achtel-Meile.

Es ist Sonntag, 16.00 Uhr. BluesLash spielt die letzten Takte. Dieersten Regentropfen fallen. Und eswird auch nicht mehr aufhören. Diewichtigste Macht am 101 schwenktfür uns die Zielflagge. Etwas zufrüh, aber okay. Über lange Zeithaben wir in der sechsten Runde einstarkes Rennen abgeliefert. Für 2012werden wir erneut an unserem 101-Motor schrauben. Ihn optimierenund Lösungen finden. Perfektion?Wird es nie geben. Atmosphäre undAuthentizität? Immer. Also habe ichdoch nicht gelogen. „Alles wird gut.“würde Hannelore Sonnet vom HotelGlemseck jetzt sagen. Wir sehenuns 2012. �

Früh übt sich. Faszination Motorrad im Anfangsstadium

Blick hoch zur legendären Hedersbachkurve: Das Glemseck zieht jedes Publikum an

Gute Unterhaltung: nicht nur für ZuschauerHingucker: Die Nonnen warben nicht fürdie „Heilige Mission“

Ace Cafe-Gründer Mark Wilsmore unddie Girls vom Motorbienen PinUp Contest

Mann vor Ort:Steven Flier,Team 101-Designerund Motorrad-Enthusiast