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Almut-Barbara Renger (Hg.) Kultur- und Religionsgeschichte eines Begriffs Erleuchtung

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Almut-Barbara Renger (Hg.)

Kultur- und Religionsgeschichteeines Begriffs

Erleuchtung

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ErleuchtungKultur- und

Religionsgeschichteeines Begriffs

Herausgegeben vonAlmut-Barbara Renger

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Inhalt

„Erleuchtung“. Kultur- und Religionsgeschichte einesBegriffs. Zur Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9Almut-Barbara Renger

I.Begriffliche Anfänge

von Platon bis zur europäischen Aufklärung

Diskursive Arbeit und Erleuchtung bei Platon . . . . . . . . 49Gyburg Uhlmann

Verbum quod intus lucet –Zur Theorie der Illumination bei Augustinus . . . . . . . . 73Anne Eusterschulte

Theoria als wahre TheologiaZur Schau des göttlichen Lichts im palamitischenHesychasmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93Reinhard Flogaus

Religiöse Erleuchtung und das Licht der VernunftSchritte auf der Grenze zwischen Orthodoxie und Aufklärung 115Notger Slenczka

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II.Begriffliche Zugänge

von Nietzsche bis Ken Wilber

Erleuchtung und InspirationFriedrich Nietzsches Verständnis und Kritik dieser Begriffe 137Johann Figl

Empirische Metaphysik?Sprachphilosophische Nachfragen zur Interpretationbuddhistischer ‚Erleuchtungserfahrungen‘ . . . . . . . . . . 159Hans Julius Schneider

Erleuchtung – Erlebnis und EinsichtZur Struktur von Erleuchtungserfahrungen aus Sicht derPhänomenologie und der Kognitionswissenschaft . . . . . . 177Michael Huppertz

Nicht-duales Bewusstsein und göttliche SchizophrenieKen Wilbers Erleuchtungsdenken . . . . . . . . . . . . . . 203Karl Baier

III.Begriffliche Entsprechungen?

Manichäismus, Islam und Kabbala

Gibt es ein Konzept der „Erleuchtung“ im Manichäismus? . 237Iris Colditz

Lichtmetaphorik im Koran . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257Andreas Feldtkeller

Licht und Erleuchtung in der Kabbala . . . . . . . . . . . . 273Karl Erich Grözinger

Inhalt

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IV.Begriffliche Verflechtungen:

Hinduismus, Daoismus, Konfuzianismus undBuddhismus

Variationen zum Thema ‚Erleuchtung‘ im HinduismusTermini befreiten Wissens und Lichtsymbolik im Advaita-Vedānta und Śaiva-Tantra . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297Annette Wilke

Klarheit, Glanz und ErwachenErleuchtungsterminologie im frühen Daoismus(100–500 n.Chr.)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331Licia Di Giacinto

Wege zur Erleuchtung (myŏng/ming) in der konfuzianischenPhilosophie Koreas – am Beispiel von Yulgok Yi I . . . . . . 349Vladimir Glomb/Eun-Jeung Lee

Wissen und Wunder: „Erleuchtung“ und das Bild desasiatischen Buddhismus im 19. und 20. Jh. . . . . . . . . . . 367Katja Triplett

Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397

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„Erleuchtung“.Kultur- und Religionsgeschichte

eines BegriffsZur Einführung

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1 Sinnsuche und Erfahrungsprimat:Erleuchtung im Kontext individualisierter Religiosität

„Du hast die Erlösung vom Tode gefunden […] aus deinem eigenenSuchen, auf deinem eigenen Wege, […] durch Erleuchtung. Nicht istsie dir geworden durch Lehre!“1

Mit diesen Worten teilt Siddhartha in der gleichnamigen „indischenDichtung“ (1922) von Hermann Hesse (1877–1962) dem histori-schen Buddha mit, er werde sich ihm nicht anschließen, sondernweiterziehen, da er „alle Lehren und alle Lehrer“ verlassen und seinZiel alleine erreichen wolle2 – ein Vorhaben, das Hesse den Protago-nisten erfolgreich umsetzen lässt. Dabei skizziert die Erzählungnicht etwa, wie der Titel erwarten lässt, das Leben des SiddhārthaGautama, der vermutlich um 448–368 v.u.Z. lebte und als BuddhaŚākyamuni verehrt wird, oder den idealtypischen Lebensweg einesBuddhisten oder Jīvanmukta. Siddhartha profiliert vielmehr an-hand eines fingierten Zeitgenossen des Buddha einen individuellenHeilsweg jenseits vorgegebener Dogmen und Lehren, der auf dasErlebnis des überindividuellen Selbst ausgerichtet ist. Erlösungund Erleuchtung werden in der Darstellung dieses Wegs in einsgesetzt und mit Aspekten der Alleinheitserfahrung konnotiert, Ele-mente der Upaniṣaden-Lehre und des Buddhismus mit solchen desDaoismus und der Tiefenpsychologie enggeführt.3 Nach langen

1 H. Hesse, Siddhartha [1922], in: ders., Sämtliche Werke Bd. 3, hrsg. vonV. Michels, Frankfurt a.M. 2001, 369–472, 394.2 Ebd.3 Vgl. hierzu z.B. A. Hsia, Hermann Hesse und China. Darstellung, Materia-lien und Interpretation, erweiterte Neuausg., Frankfurt a.M. 2002, insbes.

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Phasen der Askese und Besitzlosigkeit, der Sinnenlust und materiel-len Ausschweifung, die in Lebensekel und -überdruss gipfeln, er-reicht der Protagonist am Ufer eines Flusses das Ziel seines Wegs,das Bewusstwerden der Vollendung.4 Schon Jahre zuvor wie „auslangen Träumen“ zu sich selbst „erwacht“,5 gelangt er nun, nachzahlreichen Irrungen und Wirrungen, zur „Heiterkeit des Wissens“,das „die Vollendung kennt, das einverstanden ist mit dem Fluß desGeschehens, mit dem Strom des Lebens, voll Mitleid, voll Mitlust,dem Strömen hingegeben, der Einheit zugehörig.“6 In dieser Stundehört Siddhartha auf, „mit dem Schicksal zu kämpfen, […] zu lei-den“.7 „Hell glänzt[]“ sein Lächeln auf seinem Gesicht, „sein Leidstrahlt[]“, „sein Ich“ ist „in die Einheit geflossen“.8

Wie umstritten auch immer Hesses Erzählung heute ist: Sie wur-de zu einem Bestseller und ihr Protagonist zu einer Ikone der Indi-vidualisierung des Religiösen, wie sie seit den religionssoziologi-schen Arbeiten von Berger und Luckmann in subjektbetonendenStudien zu Veränderungen religiöser Glaubensvorstellungen undOrganisationsstrukturen in Moderne und Gegenwart wiederholtdiagnostiziert worden ist.9 Vorschub leisteten diesem Bucherfolgzahlreiche Zeitgenossen Hesses, die Siddhartha nach dem Erschei-

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237–248 („Siddhartha“); C. Gellner, Hermann Hesse und die Spiritualität desOstens, Düsseldorf 2005, insbes. 118–151 („Religionenübergreifendes Be-kenntnis“), mit weiteren Literaturangaben „Zu Hesses Rezeption der Religionund Philosophie Indiens und Chinas“ ebd. 267–268.4 H. Hesse, Siddhartha (s. Anm. 1), Kap. „Om“, 457–462.5 Ebd., Kap. „Erwachen“, 396–399, 397 f.6 Ebd., Kap. „Om“, 457–462, 462.7 Ebd.8 Ebd.9 Vgl. z.B. – als Reaktion auf und in Nachwirkung von T. Luckmann, Dieunsichtbare Religion, Frankfurt a.M. 1991 und verwandten Schriften –D. Pollack/G. Pickel, Individualisierung und religiöser Wandel in der Bundes-republik Deutschland, in: Zeitschrift für Soziologie 28/6 (1999) 465–483;K. Gabriel (Hrsg.), Religiöse Individualisierung oder Säkularisierungsthese.Biographie und Gruppe als Bezugspunkte moderner Religiosität, Gütersloh1996; A. Wilke, Säkularisierung oder Individualisierung von Religion? Theo-rien und empirische Befunde, in: Zeitschrift für Religionswissenschaft 21/1(2013) 29–76; V. Krech, Götterdämmerung. Auf der Suche nach Religion, Bie-lefeld 2013, insbes. 24–29.

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nen der Erzählung, wie exemplarisch Adolf Saager (1879–1949), als„de[n] reine[n] Individualist[en]“10 priesen. Otto Zarek (1898–1958) etwa misst dem Protagonisten 1923 bei, „den Begriff der Re-ligion“ zu revolutionieren, indem er „die Erkenntnis“ ausrufe, „daßLehre nicht mitteilbar sei“, und „die Religiosität des reinen Schau-ens“ heilige.11 Stefan Zweig (1881–1942) lobt im selben Jahr an Hes-ses „Darstellung der geistigen Pfade eines Menschen, der ungläu-big-gläubig immer näher an sich selbst gelangt“, dass „jeder Schrittdieser Wanderschaft“ gleichzeitig „ein Nahekommen zu sich selbst“sei.12 Und Hugo Ball (1886–1927) ergänzt 1926: „Es gilt keine äuße-re Autorität, heiße sie Vater oder Gautamo Buddha; nur die Stimmedes eigenen Innern gilt.“13 Siddhartha verweist, das geben die zeit-genössischen Stellungnahmen deutlich zu erkennen, auf die Selbst-ermächtigung des religiösen Subjekts, das institutionalisierten Sinn-stiftungen den Abschied und individueller Entscheidung gegenüberdem, was traditionell festgelegt ist, den Vorzug gibt – und das jedereligiöse Erfahrung, die es nicht selbst gemacht, und jede Autorität,die es nicht selbst geprüft hat, ablehnt.

Es überrascht daher nicht, dass Siddhartha zu besonderer Popu-larität im Umfeld und in Nachwirkung der von Kalifornien aus-gehenden Hippie- und Gegenkulturbewegung fand, die in der, vondeutschen Migranten nach Amerika mitgebrachten, Lebensreform-und Jugendbewegung der ersten Hälfte des 20. Jh. gründete.14 Wäh-rend Hesses Beliebtheit in Deutschland nach 1957 stark abnahmund sein Absatz durch Suhrkamp 1965 einen Tiefpunkt erreichte,werden in den USA 1967 rund 100.000 Exemplare der „indischenErzählung“ verkauft – ein Hoch, das der Spiegel 1968 mit „Es waren

„Erleuchtung“. Kultur- und Religionsgeschichte eines Begriffs

10 A. Saager, Zu Hermann Hesses „Siddhartha“ [1923/24], in: V. Michels(Hrsg.), Materialien zu Hermann Hesses ‚Siddhartha‘ Bd. 2, Frankfurt a.M.1976, 46–49, 48.11 O. Zarek, Notizen über einen deutschen Dichter [1923], in: V. Michels(Hrsg.), Materialien (s. Anm. 10) 33–39, 37 f.12 S. Zweig, Der Weg Hermanns Hesses [1923], in: V. Michels (Hrsg.), Mate-rialien (s. Anm. 10) 26–32, 31.13 H. Ball, Hermann Hesse und der Osten [1926], in: V. Michels (Hrsg.), Ma-terialien (s. Anm. 10) 54–69, 60.14 Vgl. den Dokumentationsband G. Kennedy, Children of the Sun. A Picto-rial Anthology. From Germany to California 1883–1949, Ojai, CA 1998.

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die Hippies, die Hesse aus der Talsohle zogen“ kommentiert.15 Mitdiesem Boom avanciert der Dichter, Bindeglied zwischen europäi-scher Lebensreform und amerikanischer Counter Culture, zu einemKultautor und sein Protagonist, Prototyp des „spirituellen Wan-derers“,16 zu einer Kultfigur im sog. New Age.17 Von 1960 bis 1980kommt es zu einem religiösen Pluralisierungsschub, in dessen Rah-men, meist von Asien aus, oft über die USA vermittelt, Gurus undsog. Meister aus dem indoasiatischen Raum, die als „erleuchtet“gelten, enormen Zulauf erfahren. Dabei entstehen Hippie Trails,die von Europa nach Südasien führen. Zudem bilden sich in west-lichen Ländern zahlreiche alternativ- und neureligiöse Gruppenund Bewegungen, die, wie Hesse in seiner Erzählung, Elemente aushinduistischen und buddhistischen Traditionen mit psychologi-schen Erkenntnissen und Therapiemodellen aus Europa und Nord-amerika verbinden und dem Erfahrungsprimat und der individuel-len Sinndeutung in der religiösen Identitätsfindung das Wort reden.Zu den bekanntesten Akteuren, die in diesem Kontext auf Siddhar-tha referieren, zählt der selbsterklärte Guru Bhagwan ShreeRajneesh (1931–1990), zuletzt Osho genannt, der mit dem An-spruch, Erleuchtung erlangt zu haben, im Zuge der modernen undspätmodernen Wechselwirkungen zwischen Asien, Europa undAmerika eine große Gefolgschaft gewann.18 Wie viele vor ihm und

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15 [anonym], Hesse. Wonnen für Hippies, in: Der Spiegel 22/40 (1968) 177.Für die Verkaufszahlen vgl. auch S. Mayer, Die Hesse-Rezeption in den Ver-einigten Staaten, in: Text + Kritik 10/11 (Mai 1977) 86–100, insbes. 88.16 W. Gebhardt/M. Engelbrecht/C. Bochinger, Die Selbstermächtigung des re-ligiösen Subjekts. Der „spirituelle Wanderer“ als Idealtypus spätmoderner Re-ligiosität, in: Zeitschrift für Religionswissenschaft 13 (2005) 133–151.17 Zur kontroversen Debatte um den Begriff „New Age“ und seine Be-deutungsnuancen vgl. z.B. C. Bochinger, New Age und moderne Religion. Re-ligionswissenschaftliche Analysen, Gütersloh 1994; W. J. Hanegraaff, NewAgeReligion and Western Culture. Esotericism in the Mirror of Secular Thought,Albany, NY 1998; D. Corrywright, Theoretical and Empirical Investigationsinto New Age Spiritualities, Oxford u. a. 2003; C. Bochinger/K. R. Essmann/M. Kehl, NewAge, in: J. Sinabell/H. Baer/H. Gasper/J. Müller (Hrsg.), Lexikonneureligiöser Gruppen, Szenen und Weltanschauungen, Freiburg i.Br. 2005,892–901; D. Kemp/J. R. Lewis, Handbook of New Age, Leiden 2007.18 Vgl. J. Süss, Zur Erleuchtung unterwegs. Neo-Sannyasin in Deutschlandund ihre Religion, Berlin 1994.

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zu seiner Zeit – etwa der Dramatiker und Theaterkritiker Julius Bab(1880–1955), der 1948 die „zauberhafte Wirkung“ des Siddharthabeschwor,19 oder der Filmemacher Conrad Rooks (1934–2011), derdie Erzählung 1972 für die Leinwand adaptierte20 – schrieb er an derFaszinationsgeschichte des Buchs mit, indem er es in Books I HaveLoved (1984) als eines der größten Werke der Literaturgeschichtepreist.21

2 Erleuchtung im 21. Jh.:Hybridprodukt und transkultureller Sammelbegriff

Die vorliegenden einführenden Bemerkungen nehmen vor allemdeshalb auf Hesses Siddhartha Bezug, da „Erleuchtung“ (von ahd.arliuhtan, mhd. erliuhten, „erleuchten“;22 engl. enlightenment; frz.illumination und span. iluminación von lat. illuminatio) im heutegängigen Verständnis ein ähnliches Hybridprodukt darstellt wie dieHauptfigur der Erzählung, in deren Erfahrungswelt sich Inhalte desVedānta, des Pāli-Buddhismus, des philosophischen Daoismus undder Tiefenpsychologie von C. G. Jung (1875–1961), bei dem Hessein Analyse war, mischen. Lange Zeit ein objektsprachlicher Begriffder europäischen Kultur- und Religionsgeschichte, der, in Aufnah-me der frühgriechischen und hebräischen Anschauung des Lichtsals Symbol für Leben und Heil, in erkenntnistheoretische und theo-logische Zusammenhänge eingespannt war, umfasst „Erleuchtung“im 21. Jh. ein sehr viel breiteres Spektrum von Semantiken und

„Erleuchtung“. Kultur- und Religionsgeschichte eines Begriffs

19 „Diese Geschichte ist von zauberhafter Wirkung, weil sie nie predigt, weilsie ununterbrochen darstellt und weil im sanft gleitenden Takt, in den schau-kelnden Wiederholungen der Sprache sich die Ströme und Berge, die Tiereund Menschen des großen Indien spiegeln.“ Zitiert aus: J. Bab, „NeudeutscheKlassiker“ IV in „Staatszeitung u. Herold“, New York v. 22. 8. 1948, in: V. Mi-chels (Hrsg.), Materialien (s. Anm. 10) 302–303, 303.20 C. Rooks (R.), Siddhartha, 82 Min., USA 1972.21 Bhagwan Shree Rajneesh, Books I Have Loved, Rajneeshpuram, OR 1985,38 (Session 4, 34–47). Der Vortrag, aus dem die Passage stammt (Kapitel 6),wurde 1984 im Lao Tzu House in Rajneeshpuram, Oregon, USA aufgenom-men.22 Vgl. den Eintrag „erleuchten“ in J. Grimm/W. Grimm, Deutsches Wörter-buch Bd. 3, Leipzig 1862, Sp. 903 f.

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Konzepten als noch vor einigen Jahrhunderten: Der Terminus, derin der Regel einen Akt des Denkens oder eine Erfahrung im Sinneeines Aufleuchtens oder einer dauerhaften Erhellung von etwas, dasbislang verborgen zu sein schien, bezeichnet, ist zu einem Sammel-begriff und einer transkulturellen Kategorie geworden – eine Ent-wicklung, die er mit dem Mystikbegriff23 teilt.

Ergebnis dieser Entwicklung ist, dass „Erleuchtung“ in Öffent-lichkeit und Wissenschaft nicht nur begriffliche Verwendung unterBezug auf die europäische Geistesgeschichte findet, in die sich derTerminus – über Platon (428/427–348/347 v.u.Z.), Plotin (204/205–270) und den Platonismus, ‚pagane‘ Mysterienkulte undchristliche Mystik, Gnosis und Hermetik, die augustinische Illumi-nationslehre und den Illuminatenorden – fest eingeschrieben hat.24Von Erleuchtung ist vielmehr auch, und besonders häufig, die Redeim Zusammenhang mit religiösen Traditionen Indiens, vor allemYoga, Tantrismus und Pāli-Buddhismus, sowie zentral- und ostasia-tischen Traditionen, insbesondere Lehren und Praktiken desMahāyāna-Buddhismus, des Vajrayāna und des Daoismus, aberauch mit dem Sufismus und der Kabbala. Dabei geht mit dem Be-griffsgebrauch in der Regel ein besonderer Geltungsanspruch ein-

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23 Vgl. hierzu z.B. R. King, Orientalism and Religion: Postcolonial Theory,India and ‚The Mystic East‘, London 1999, 7–34 („The Power of Definitions:A Genealogy of the Idea of ‚the Mystical‘“), 161–186 („The Politics of Privati-zation: Indian Religion and the Study of Mysticism“).24 Vgl. zur europäischen Begriffsgeschichte z.B. die Übersichtsartikel:L. Veuthey/E. de la Virgen del Carmen, Illumination, in: M. Viller/F. Caval-lera/J. de Guibert (Begr.)/A. Rayez/A. Derville/A. Solignac (Hrsg.), Diction-naire de spiritualité. Ascétique et mystique. Doctrine et histoire Bd. 7/2, Paris1971, Sp. 1330–1367; W. Beierwaltes, Erleuchtung, in: J. Ritter (Hrsg.), His-torisches Wörterbuch der Philosophie Bd. 2, Basel/Stuttgart 1972, Sp. 712–717; F. Wagner, Erleuchtung, in: G. Müller/G. Krause/H. Balz (Hrsg.), Theo-logische Realenzyklopädie Bd. 10, Berlin/New York 1982, 164–174; K. M. Wo-schitz, Erleuchtung als philosophische und theologische Metapher, in: ders./M. Liebmann/E. Renhart (Hrsg.), Metamorphosen des Eingedenkens. Ge-denkschrift der Katholisch-Theologischen Fakultät der Karl-Franzens-Uni-versität Graz 1945–1995, Graz/Wien/Köln 1995, 141–172; H. Mohr, Licht/Er-leuchtung, in: C. Auffarth/J. Bernard/H. Mohr (Hrsg.), Metzler-LexikonReligion. Gegenwart – Alltag – Medien Bd. 2, Stuttgart/Weimar 1999, 332–336, 335 f.

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her, der – wie nach Webers Verständnis im Fall von „Charisma“infolge kollektiver „Anerkennung“ des „Außeralltäglichen“25 – miteiner sozialen Zuschreibung, die über den Terminus erfolgt, ver-bunden ist: Wird einer Person zuerkannt, erleuchtet zu sein, erfährtsie zumeist eine Autoritätszuweisung oder anders geartete Besonde-rung in den gesellschaftlichen Strukturen, in denen sie sich bewegt;wird doch davon ausgegangen, dass sie infolge ihrer Erkenntnisoder Erfahrung über ein Verständnis von metaphysischer Tragweiteoder außeralltägliche Qualitäten verfügt, die eine besondere sozialePosition nahelegen bzw. rechtfertigen.

Neben diesem Sprachgebrauch, in dem der Terminus zur Be-zeichnung von lebensumgestaltender Offenbarung, Aufgehen vonLebenssinn, Einsicht in die letzte Realität der Dinge etc. sowie derenexistentieller Dimension und sozialer Bedeutung dient, gibt es zahl-reiche alltagssprachliche Begriffsverwendungen ohne tiefschürfen-de Implikationen. In ihnen ist die metaphorische Bezugnahme aufLicht, die der Erleuchtungsbegrifflichkeit inhärent ist, nicht religiösoder philosophisch motiviert. Vielmehr wird lapidar auf eine plötz-liche „Erkenntnis“ oder spontane „Eingebung“, einen zündenden„Einfall“ oder „Gedankenblitz“ verwiesen und/oder es soll bedeutetwerden, dass sich unvermittelt eine „geistige Klarheit“ über etwaseingestellt habe.26

Die Ausweitung der Begriffsverwendung über Europas Grenzenhinaus erklärt sich maßgeblich aus den modernen kultur- und reli-gionsgeschichtlichen Dynamiken zwischen Asien, Europa undAmerika. In ihrem Verlauf kam es, bedingt durch christliche Mis-sionierung und Kolonialisierung, wachsende Mobilität und Globa-lisierung, zu einem Austausch kultureller und religiöser Ideen, In-

„Erleuchtung“. Kultur- und Religionsgeschichte eines Begriffs

25 M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Sozio-logie, besorgt von J. Winckelmann, Studienausg., Tübingen 51985 [Köln1964], 140–142.26 So schon im Eintrag „Erleuchten“ in J. C. Adelung, Grammatisch-kriti-sches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Leipzig 1774, Sp. 1770. Fürjüngere Glossierungen dieser Art vgl. z.B. die Einträge „erleuchten“ und „Er-leuchtung“ in: R. Klappenbach/W. Steinitz (Hrsg.), Wörterbuch der deutschenGegenwartssprache Bd. 2, Berlin 21968, 1121; G. Wahrig (Hrsg.), DeutschesWörterbuch, Jubiläumsausg., Gütersloh 1991, 430; Duden. Deutsches Univer-salwörterbuch, Mannheim/Zürich 72001, 538.

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stitutionen und Praktiken, der seit dem ausgehenden 20. Jh. vonpopkulturellen Erzeugnissen und Alltagspraktiken, die als Massen-kultur Verbreitung finden, mitbestimmt wird. Vermittelnde Haupt-kanäle im 19. Jh. waren akademische Forschungen europäischer Re-gierungsbeamter, die in die asiatischen Kolonien versetzt wurden,die Ankunft asiatischer Immigranten und Wortführer religiöserTraditionen in Europa und Amerika, sowie westliche Philosophen,Literaten und Künstler, die ihrer Begeisterung für Asien Ausdruckverliehen, wie exemplarisch Arthur Schopenhauer (1788–1860).Sein Lob „der Wohlthat […] uralter Indischer Weisheit“27 der Vedasund Upaniṣaden von 1818 und sein intensives Interesse amBuddhismus ist eines der prominentesten Zeugnisse der Asienfas-zination im Bereich der Philosophie. Zu den einflussreichsten Bei-spielen aus der Dichtung gehört das epische Buddha-Gedicht TheLight of Asia (1879) von Sir Edwin Arnold (1832–1904) mit seinerfilmischen Adaption durch Franz Osten (1876–1956) und HimansuRai (1892–1940).28 Vielfach übersetzt und rege rezipiert, bewirktendiese Werke gemeinsam mit denen zahlreicher anderer Intellektuel-ler, Künstler und Herausgeber asiatischer Text- und Übersetzungs-publikationen, dass die Asienfaszination nicht abbrach, sondernimmer neue Kanäle sowie Formen der Artikulation fand, wobei ori-entalistische Vorstellungen von Asien, vor allem als Geburtsstättevon ‚Mystik‘ und ‚Spiritualität‘, ihre bis heute anhaltende Wirkungkeineswegs nur im sog. Westen zeitigten.29

Eine besonders nachhaltig wirksame Aktivität, die diese Ent-wicklungen substantiell mittrug, entfalteten in der Kolonialzeit –

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27 A. Schopenhauer, Vorrede zur ersten Auflage [1818], in: ders., Die Welt alsWille und Vorstellung Bd. 1: Vier Bücher nebst einem Anhange, der die Kritikder Kantischen Philosophie enthält (= Werke in zehn Bänden Bd. 1), Zürich1977, 7–13, 11.28 E. Arnold, The Light of Asia: or, The Great Renunciation (Mahābhinish-kramana). Being the Life and Teaching of Gautama, Prince of India and Foun-der of Buddhism (As Told in Verse by an Indian Buddhist), London 1879;F. Osten (R.)/H. Rai, Die Leuchte Asiens/Prem Sanyas, 97 Min., Indien/Dtl.1925.29 Vgl. hierzu z.B. J. J. Clarke, Oriental Enlightenment: The Encounter Be-tween Asian and Western Thought, London/New York 1997, 37–94 („TheMaking of the ‚Orient‘“).

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nach der Einrichtung von Professuren wie denen von August Wil-helm Schlegel (1767–1845) 1818 für Indologie in Bonn und vonHorace H. Wilson (1786–1860) 1832 für Sanskrit in Oxford – dieEinzelphilologien mit der Erschließung asiatischer Quellentexteund Gründungen wie der Pali Text Society durch Thomas WilliamRhys Davids (1843–1922) im Jahr 1881. Ihre Tätigkeiten zogenVeränderungen nicht nur der westlichen Wissenschaftslandschaft,sondern auch der indigenen Traditionen der kolonialisierten Ge-sellschaften nach sich. Das gilt zumal für Indien, wo es im 19. Jh.zugleich zu Protest gegen die Hegemonie der Kolonialherren undAufnahme von Konzepten u. a. aus Aufklärung und Romantik kamund sich westliche Orientbilder mit verschiedenen Formen einesaufkeimenden Nationalgefühls sowie Intentionen der Abgrenzungvon der britischen Kolonialmacht vermischten.30 Der moderne„Hinduismus“, wie er im 19. Jh. zur „Religion“ erklärt wurde, hatsich nicht zuletzt infolge des Kontaktes mit orientalistischer Gelehr-samkeit gebildet und gewandelt.31 Aber auch in Europa und Ame-rika wirkte sich die Übersetzungs- und Editionstätigkeit mit epo-chemachenden Werken wie Paul Deussens (1845–1919) Sutra’s desVedānta (1887) und 60 Upanishad’s des Veda (1897)32 oder KarlEugen Neumanns (1865–1915) Reden Gotamo Buddho’s (1896–1902)33 auf das religiöse Leben aus. Da – wie der Fall Hesses, deraus ihnen schöpfte, paradigmatisch zeigt – die hierdurch eröffnetenAlternativen zur ‚christlich-abendländischen‘ Kultur und Religionbreites Interesse fanden, wurden von kirchlicher Seite Strategienentworfen, wie christliche Moral und Werte nicht nur nach Asien

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30 Vgl. hierzu z.B. R. King, Orientalism and Religion (s. Anm. 23) 82–95(„Orientalism and Indian Religions“), 96–117 („The Modern Myth of ‚Hin-duism‘“).31 Vgl. hierzu V. Dalmia/H. von Stietencron, Representing Hinduism. TheConstruction of Religious Tradition and National Identity, New Delhi 1997;B. A. Hatcher, Colonial Hinduism, in: J. Frazier (Hrsg.), The ContinuumCompanion to Hindu Studies, New York 2011, 171–184.32 P. Deussen, Die Sūtra’s des Vedānta oder die Çārīraka-Mīmāṅsā des Bāda-rāyaṇa nebst dem vollständigen Kommentare des Çan̄kara. Aus dem Sanskritübersetzt, Leipzig 1887; ders., 60 Upanishad’s des Veda. Aus dem Sanskritübersetzt und mit Einleitung und Anmerkung versehen, Leipzig 1897.33 K. E. Neumann, Die Reden Gotamo Buddho’s aus der mittleren Sammlung,3 Bde., Leipzig/Berlin 1896–1902.

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zu vermitteln, sondern auch in der Heimat aufrechtzuerhalten sei-en. Zugleich bestärkte das neu gewonnene Wissen außerhalb derKirchen die Spekulation, Asien berge religiöse Kulturen, die demsog. christlichen Abendland an Alter und Bedeutung ebenbürtigseien, und es wurden in wachsendem Maße Betrachtungen ange-stellt und Praktiken durchgeführt, die sich aus der Annahme ge-meinsamer Denkstrukturen und göttlicher Geheimnisse speistenund, um deren Nachweis zu führen, Einsichten in unveränderliche,universal gültige Wahrheiten über den Menschen und die Natur zugewinnen suchten.

Prominente Marker dieser komplexen Prozesse sind so unter-schiedliche Akteurinnen und Akteure wie Helena P. Blavatsky(1831–1891), Mitbegründerin der Theosophischen Gesellschaftund Autorin von Isis Unveiled (1877) und The Secret Doctrine(1888),34 die glaubte, in altüberlieferten asiatischen Texten die uralteWeisheitsreligion der Menschheit auffinden zu können, und derSprach- und Religionswissenschaftler Friedrich Max Müller (1823–1900), der die Herausgabe der Sacred Books of the East (1879–1910)35 initiierte, eine 50 Bände umfassende Buchreihe mit eng-lischen Übersetzungen von Texten aus Hinduismus, Buddhismus,Daoismus, Konfuzianismus, Zoroastrismus, Jainismus und Islam,mit denen (vor allem) in der (vergleichenden) Religionsforschunglange gearbeitet worden ist und die zum Teil heute noch verwendetwerden. Beider Wirken ist nicht nur Spiegel der Hinwendung zum‚Orient‘ im späten 19. Jh., die mit der Anwendung des moderneneuropäischen Religionsbegriffs auf asiatische Kontexte und einerwachsenden Neigung zum Religionsvergleich einherging, sondernprägte auch ihren weiteren Verlauf, in dem es in zunehmendemMaße zur Verflechtung religiöser und philosophischer Konzepteund Vorstellungen Asiens mit europäischen Diskursen und Orient-bildern kam.36 Die Verlegung des Hauptquartiers der Theosophi-

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34 H. P. Blavatsky, Isis Unveiled. A Master-Key to the Mysteries of Ancientand Modern Science and Theology, 2 Bde., New York 1877; dies., The SecretDoctrine, 2 Bde., London 1888.35 F. M. Müller (Hrsg.), Sacred Books of the East. Translated by Various Scho-lars, 50 Bde., Oxford 1879–1910.36 Vgl. hierzu z.B. J. J. Clarke, Oriental Enlightenment (s. Anm. 29) 95–178(„Orientalism in the 20th Century“).

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schen Gesellschaft nach Indien, wo ihre Inhalte nach und nach mitspezifisch indischen Interessen im Kontext kolonialer Identitätsdis-kurse verschmolzen, und die weltweite Bekanntheit der SacredBooks of the East, die sich u. a. ihrer Publikation durch den prestige-trächtigen Universitätsverlag Oxford University Press verdankt,hatten an diesen Verwebungen und Verschmelzungen beträcht-lichen Anteil. Gemeinsam mit ungezählten anderen Faktoren tru-gen sie im Bereich sowohl des Religiösen als auch der Wissenschaftzu den kulturellen entanglements bei, welche die Forschung auseiner postkolonialen Perspektive, die in der modernen Welt einkomplexes Geflecht „geteilter Geschichten“37 erkennt, in jüngererZeit vermehrt unter dem Schlagwort Globalgeschichte in den Blickgenommen hat.38

3 Erleuchtung im religionswissenschaftlichen Gegenstandsfeld:Begriff der religiösen Selbstbeschreibung und Gegenstand

ökonomischer Tauschprozesse

Die Wirkmächtigkeit der vielfältigen Verflechtungen zwischenAsien, Europa und Amerika sowie zwischen Religion und Wissen-schaft, die Blavatsky und Müller beide auf ihre Weise entscheidendvorangetrieben haben,39 hat sich das 20. Jh. hindurch in vielen ver-schiedenen Facetten des Fortlebens orientalistisch geprägter Dis-

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37 S. Randeria, Geteilte Geschichte und verwobene Moderne, in: J. Rüsen/H. Leitgeb/N. Jegelka (Hrsg.), Zukunftsentwürfe. Ideen für eine Kultur derVeränderung, Frankfurt a.M. 1999, 87–96.38 Vgl. z.B. C. A. Bayly, Die Geburt der modernen Welt. Eine Globalgeschich-te 1780–1914, Frankfurt a.M. 2006 (Orig. The Birth of the Modern World:1780–1914, Oxford 2004); P. Beyer, Religions in Global Society, London 2006;J. Osterhammel, Die Verwandlung der Welt, München 2009; einführend zumBegriff der geteilten Geschichte: S. Conrad/S. Randeria, Einleitung: GeteilteGeschichten – Europa in einer postkolonialen Welt, in: dies./R. Römhild(Hrsg.), Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Ge-schichts- und Kulturwissenschaften, Frankfurt a.M./New York 22013, 32–70.39 Vgl. hierzu auch M. Bergunder, „Religion“ and „Science“ within a GlobalReligious History, in: Aries 16 (2016) 86–141, insbes. 103–107, 118–129.

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kurse um nicht-westliche Traditionen gezeigt.40 Einschlägige Bei-spiele aus dem religionswissenschaftlichen Gegenstandsfeld bildendie jeweils variantenreiche Advaita-Vedānta-Renaissance und west-liche Buddhismus-Rezeption, die seit dem 19. Jh. integraler Teil derromantisierenden Imagination und Popularisierung sog. östlicherWeisheitslehren in Europa und Amerika, sowie der Rückwirkungenhiervon auf Asien, sind.41 Das Spektrum ihrer Formen und Spiel-arten, in denen, wie bei Hesse, Bilder und Vorstellungen eines ‚mys-tischen Ostens‘ als Projektionsfläche für Kritik an der eigenenKultur dienen, ist außerordentlich weit. Es reicht von Transzenden-talismus und Theosophie in der Prägung Blavatskys sowie Lebens-reform und New Thought um 1900 über die Gegen-, Protest- undAlternativbewegung der 1960er und 70er Jahre bis in das alternativ-religiöse Feld der Gegenwart hinein, dessen Heterogenität undoffene Struktur mit Konzepten wie „Populäre Religion“42 und „Eso-terik-Kultur“43 beschrieben worden ist, und umfasst Akteure asiati-scher und westlicher Provenienz. Zu ihren prominentesten zählenGurus wie der Linienhalter der Kagyü- und der Nyingma-Traditiondes tibetischen Buddhismus Chögyam Trungpa (1939–1987) oderder indische Advaita-Vertreter H. W. L. Poonja (1910–1997), derenKonzepte „weltlicher Erleuchtung“44 über ihre große westlicheSchülerschaft bis heute fortwirken, aber auch Bestsellerautoren wie

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40 Vgl. hierzu z.B. J. J. Clarke, Oriental Enlightenment (s. Anm. 29) 95–178(„Orientalism in the Twentieth Century“).41 Vgl. hierzu z.B. R. King, Orientalism and Religion (s. Anm. 23) 118–142(„‚Mystic Hinduism‘: Vedanta and the Politics of Representation“) und 143–160 („Orientalism and the Discovery of ‚Buddhism‘“); M. Bergunder, Hin-duismus und Gewalt, in: M. Biehl/A. Adamavi-Aho Ekué (Hrsg.), Gottesgabe.Vom Geben und Nehmen im Kontext gelebter Religionen. Festschrift zum65. Geburtstag für Theodor Ahrens, Frankfurt a.M. 2005, 215–237, insbes.222–233.42 H. Knoblauch, Populäre Religion. Auf dem Weg in eine spirituelle Gesell-schaft, Frankfurt a.M./New York 2009.43 S. Rademacher, „Meister“ und „Schüler“ in der gegenwärtigen Esoterik-Kultur – Chiffren sich verändernder sozialer Konstellationen im alternativre-ligiösen Feld, in: A.-B. Renger (Hrsg.), Meister und Schüler in Geschichte undGegenwart. Von Religionen der Antike bis zur modernen Esoterik, Göttingen2012, 425–442.44 C. Trungpa, Weltliche Erleuchtung. Die Weisheit Tibets für den Westen,

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D. T. Suzuki (1870–1966) mit seinen Schriften zur „Erleuchtungs-erfahrung im Buddhismus“,45 Ken Wilber (*1949), in dessen inte-graler Theorie Konzepte des Nicht-Dualismus gemeinsam mit ver-schiedensten Therapieformen und Heilsvorstellungen ihren Platzhaben, und Eckhart Tolle (*1948), der mit The Power of Now – AGuide to Spiritual Enlightenment (1999)46 zum Shootingstar der in-ternationalen Satsang-Szene wurde, die sich auf berühmte Vertreterdes Advaita-Vedānta wie Ramana Maharshi (1879–1950) und Ni-sargadatta Maharaj (1897–1981) beruft.47 Unter dem Eindruck ihresErfolgs und im 19 Jh. geprägter Orientbilder behauptet im Jahr 2000der US-amerikanische Guru Andrew Cohen (*1955), der den Er-leuchtungsbegriff in seinem Wirken mit besonderer Persistenz um-kreist: „Im Osten ist Erleuchtung immer als das Ziel allen spirituel-len Strebens verstandenworden – als Gipfel dessen, was spirituell zuerreichen ist.“ Und so wie „Mystizismus und Spiritualität aus demOsten langsam, aber sicher im Westen“ einsickerten und Fuß fass-ten, so fänden auch „ihre Philosophie und Terminologie Eingang inunsere Weltsicht“.48

Es ließen sich hier weitere Stimmen aus dem umrissenen Dis-kursfeld um Inhalte aus jüngeren Vedānta- und Buddhismusrezep-tionen anführen, doch sollen für einen einführenden Überblick die

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Freiamt im Schwarzwald 2002 (Orig. The Essential Chögyam Trungpa, hrsg.von C. R. Gimian, Boston, MA/London 1999).45 Besonders einschlägig: D. T. Suzuki, Satori: der Zen-Weg zur Befreiung.Die Erleuchtungserfahrung im Buddhismus und im Zen, Bern/München/Wien 1987.46 E. Tolle, The Power of Now – A Guide to Spiritual Enlightenment, Novato,CA 1999.47 Vgl. hierzu C. Knepper, Satsang-Bewegung, in: Materialdienst der EZW 73/10 (2010) 389–392; M. Utsch, Ausbreitung der Satsang-Szene, in: Material-dienst der EZW 78/2 (2015), 66–67; J. O. Bangen, Zum Begriff der Erleuch-tung in der Satsang-Szene Berlins. Fallstudie anhand des „forum erleuchtung.Erleuchtung und soziales Leben“ (22.–24. August 2014). Freie wissenschaftl.Arbeit zur Erlangung eines Mastergrades am Fachbereich Geschichts- undKulturwissenschaften der Freien Universität Berlin im Masterstudiengang Re-ligionswissenschaft, unveröff. Ms. 2015.48 Zitiert nach der deutschen Ausgabe des Magazins: A. Cohen, Was ist Er-leuchtung? Weiss überhaupt irgendjemand, worum es geht?, in: Was ist Er-leuchtung? 3 (Frühjahr/Sommer 2000) 16–17, 16.

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genannten Wortführer genügen. Ihr Wirken hat maßgeblich dazubeigetragen, dass semantische Verschiebungen, die sich durch dieAnwendung des ursprünglich europäischen Erleuchtungsbegriffsauf asiatische Kontexte ergaben, diskursiv absorbiert worden sindund Erleuchtung von einem ‚abendländisch‘-christlich imprägnier-ten Begriff mit einer komplexen Genealogie seit Platon zu einemwirkmächtigen Terminus der religiösen Selbstbeschreibung inner-halb eines globalen Diskurses geworden ist, in dem behauptet wird,es handele sich um ein ‚Phänomen‘, das unabhängig von Zeit-stellung und Kultur auftrete. Dabei verbinden heute viele westlicheAkteure mit dem Begriff, der in seiner globalen Geläufigkeit denEindruck von Einheitlichkeit suggeriert – wenn er auch, wie ein-schlägige Bibellexika zeigen, weiterhin seinen festen Ort im Chris-tentum hat49 –, eher asiatische Traditionen als die europäische Reli-gionsgeschichte, und auch indigene Akteure asiatischer Länderverwenden ihn homolog zu in ihrer eigenen Begrifflichkeit Bezeich-netem.50

Die Tendenz zur Homogenisierung von begrifflich Disparatemzeigt sich mit besonderer Deutlichkeit in alternativreligiösen Kon-texten, in denen – in Nachwirkung der oben umrissenen Suchenach einem gemeinsamen Kern aller Religionen und William James’(1842–1910) einflussreichen Thesen zum Wesen „religiöser Erfah-rung“, die er auf Grundlage autobiographischer Zeugnisse ‚reli-giöser Genies‘ aufgestellt hat – von der universellen Erfahrbarkeitreligiöser Wahrheit ausgegangen wird.51 Aller, immer wieder the-matisierten, Schwierigkeit zum Trotz, für asiatische Termini Äqui-

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49 Vgl. z.B. den Eintrag „Erleuchtung, erleuchten“ in F. Rienecker (Hrsg.),Lexikon der Bibel, Wuppertal/Zürich 201992, Sp. 357 und den entsprechendenEintrag in T. Schlatter/K. Gutbrod/R. Kücklich (Hrsg.), Calwer Bibellexikon,Stuttgart 61989, 285 f.50 Vgl. z.B. J. Dhirasekera, Enlightenment, in: G. P. Malalasekera/W. G. Wee-raratne (Hrsg.), Encyclopaedia of Buddhism Bd. 5/1, Colombo 1990, 80–81.51 W. James, The Varieties of Religious Experience, New York/London/Bom-bay 1902. – Einen Überblick über diese Entwicklung des Hangs zu lebensver-ändernder religiöser Erfahrung in alternativreligiösen Zusammenhängen gibtC. Partridge, The Re-Enchantment of the West: Alternative Spiritualities, Sa-cralization, Popular Culture, and Occulture Bd. 1, London/New York 2004,87–118 („Easternization?“), der sie unter Diskussion der These der „Veröst-lichung des Westens“ (von C. Campbell, The Easternization of the West. A

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valente aus dem europäischen Sprach- und Kulturraum zu finden,wird Erleuchtung hier häufig mit Sanskritwörtern wie mokṣa, („Be-freiung“, „Erlösung“) und bodhi (von der Wurzel budh, „erwachen“,„gewahr werden“, „erkennen“)52 oder z.B. auch japanischen Begrif-fen wie kenshō („Wesensschau“) und satori („Verstehen“)53 nichtnur assoziiert, sondern gleichgesetzt. So berichtet ein Autor des seit1994 monatlich erscheinenden Magazins SEIN, das sich dem Im-pressum seiner Online-Ausgabe nach als „Werkzeug für ganzheit-liches Leben und spirituelle Weiterentwicklung“54 versteht, in einemRückblick auf seine jahrelange Suche nach Erleuchtung, die 1984von einem ehemaligen Osho-Anhänger ausgelöst worden sei: „Daswar das erste Mal, dass mir bewusst wurde, dass ich erleuchtet wer-den wollte, und zwar noch in diesem Leben! Allerdings wusste ichnicht, was Erleuchtung war, obwohl ich natürlich einige Vorstellun-gen davon hatte – und im Laufe der Zeit weiter entwickelte. Ich lasviel und lernte, dass man das, wonach ich strebte, auch ‚KosmischesBewusstsein‘ (R. Bucke) nannte und dass die Erleuchtung gemäßder buddhistischen Literatur das Ende des Leidens bedeutete undim Zen ‚Satori‘ ein Durchbruch dieses erstrebenswertesten Zustan-des war. Und nach und nach hörte ich, dass die höchste spirituelleErrungenschaft ‚Samadhi‘ oder ‚Moksha‘ (Hindu), ‚Fana‘ (Sufi),‚Wu‘ (Taoismus), ‚objektives Bewusstsein‘ (Gurdjieff), ‚das Su-pramentale‘ (Sri Aurobindo) usw. usf. genannt wurde.“55

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Thematic Account of Cultural Change in the Modern Era, Boulder, CO 2007)darstellt.52 Vgl. die Einträge „budh“, „bodhi“, „muc“ und „mokṣa“ in O. Böhtlingk/R. Roth, Sanskrit-Wörterbuch Bd. 5, St. Petersburg 1868, Sp. 102–104 (budh),126 (bodhi), 810–819 (muc) u. 814 f. (mokṣa). Vgl. für die etymologische Ein-ordnung M. Mayrhofer, Etymologisches Wörterbuch des Altindoarischen,Heidelberg 1996, 233–235 (BODH) u. 382 (MOC).53 Für kenshō vgl. J. Stalph/I. Hijiya-Kirschnereit/W. E. Schlecht/K. Ueda(Hrsg.), Großes Japanisch-Deutsches Wörterbuch (GJDW) Bd. 2, München2015, 795 und vgl. für andere Bedeutungen auch K. Kimura, Wa-Doku daji-ten. Großes Japanisch-Deutsches Wörterbuch, Tokyo 121964, 1164 f. Für satorivgl. den entsprechenden Band des GJDW (in Bearbeitung) sowie K. Kimura,Wa-Doku dajiten, 1931.54 https://www.sein.de/impressum (Zugriff: 1. 2. 2016).55 J. M. Schilling, Erleuchtung, in: Sein. Online-Publikation vom 14.7. 2008,https://www.sein.de/mythos-erleuchtung (Zugriff 1. 6. 2016).

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Spätmodernes Komplement des Ringens um Erleuchtung, vondem der SEIN-Autor stellvertretend für viele Akteure des Feldes,in dem er sich bewegt, erzählt, ist ihre ausgeprägte Kommerzialisie-rung im religiösen Marktgeschehen.56 Im Zuge der Popularisierungund Vermarktung von „Zen, Reiki, Karate“, Yoga, Tai Chi und QiGong57 ist Erleuchtung Gegenstand ökonomischer Tauschprozessegeworden, in denen für ‚diesseitige‘ materielle Einsätze ‚jenseitige‘immaterielle Erträge (z.B. Kontakt zu transzendenten Wesen, Er-werb von oder zumindest Profit durch sog. übersinnliche Kräftesowie ‚Erlösung‘ und/oder ‚Heil‘ in verschiedenster Form) in Aus-sicht gestellt werden.58 Dass sich aus der Frage, was Erleuchtung seiund wie sie sich erreichen lasse, Profit schlagen lässt, hat in denSegmenten „Lebenshilfe/Lebensführung“ und „Religion/Spirituali-tät“ insbesondere der Ratgebermarkt, der derzeit wie keine andereWarengruppe des Buchhandels wächst, erkannt. Seit dem Erfolgvon The Lazy Man’s Guide to Enlightenment (1972) von ThaddeusGolas (1924–1997), einem Kultbuch in der New Age-Bewegung, dasüber Metaphern aus Physik und Kybernetik eine Verbindung zwi-schen kosmischen Prozessen und deren Wechselwirkung mit demmenschlichen Bewusstsein herstellt,59 ist eine Fülle von Publikatio-nen erschienen, in denen es darum geht, dass es Methoden zumErreichen von Erleuchtung entweder gibt oder nicht gibt. Golas’

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56 Zur Kommerzialisierung „östlicher Weisheitslehren“ und Praktiken, die alsErleuchtungstechniken verkauft werden, vgl. J. Carrette/R. King, Selling Spiri-tuality: The Silent Takeover of Religion, New York 2004, 87–122 („Spiritualityand the Privatisation of Asian Wisdom Traditions“), insbes. 112–114 und118–120.57 I. Prohl/H. Zinser (Hrsg.), Zen, Reiki, Karate. Japanische Religiosität in Eu-ropa, Hamburg 2002.58 Bei aller Diversität und Disparatheit der Angebote ist den meisten Akteu-ren und Akteurinnen auf diesem Markt gemein, dass sie mit, einstmals tat-sächlich oder als solchem fingierten, ‚geheimen‘ bzw., ihrer Auffassung nach,‚höherem‘ Wissen umgehen, von dem nicht selten behauptet wird, seine Ur-sprünge lägen in mythischen Vorzeiten und es sei von erleuchteten Menschenoder anderen Wesenheiten übermittelt worden. Vgl. hierzu z.B. auch H. Zin-ser, Der Markt der Religionen, München 1997 und K. J. Lau, New Age Capi-talism. Making Money East of Eden, Philadelphia 2000.59 T. Golas, The Lazy Man’s Guide to Enlightenment, Palo Alto 1972 (dt. DerErleuchtung ist es egal, wie du sie erlangst, Basel 1979).

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Essay, der im Umfeld der an psychoaktiven Drogen interessiertenHippie-Kultur entstand und zunächst als trip-guide für eine mitLSD experimentierende Rezipientenschaft intendiert war, verkauftesich wider Erwarten an ein sehr viel breiteres Publikum und wurdein verschiedenen Sprachen immer wieder neu aufgelegt. Von ihmwurden unterschiedlichste Werke inspiriert, nicht zuletzt JohnWhites bekannte Anthologie What Is Enlightenment? (1984),60 dieTexte von Kultautoren des New Age wie Richard M. Bucke (1837–1902), Sri Aurobindo (1872–1950), Aldous Huxley (1894–1963)und Jiddu Krishnamurti (1895–1986) über Alan Watts (1915–1973)bis zu Ken Wilber versammelt. Bedingt durch auch ihren Erfolg hatdie Anzahl der Buch- und Zeitschriftenpublikationen zum Wesender Erleuchtung und den Möglichkeiten ihrer Verwirklichung inden vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen – das MagazinEnlightenNext (zuvor: What Is Enlightenment?), das der oben zi-tierte Cohen von 1992 bis 2011 herausgab, stellt mithin keine Aus-nahme dar.

Ergänzt werden diese Publikationen, die verheißen, Erleuchtungsei durch ihre Lektüre zum Greifen nah (2002), und den Schlüsselzur Erleuchtung (2013) anbieten,61 durch ein breites Angebot anDevotionalien, Gerätschaften und Kultutensilien sowie allerlei Putz-werk und Nippes, die unterstützende Wirkung haben sollen. Hinzukommen wechselnde „Seminare“ und „Workshops“, die auf Esote-rikmessen und in Anzeigen von Publikumszeitschriften, vor allemesoterischen Publikationsorganen wie in Berlin SEIN und KörperGeist Seele (KGS),62 beworben werden. Sie erklären die „Essenz vonErleuchtungen“, fordern auf: „Nehmen Sie das spirituelle Licht derErleuchtung wahr!“, stellen den „Aufstieg in das höhere Schwin-gungs-Paradigma der Erleuchtung“ in Aussicht und verkünden:

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60 J. White (Hrsg.), What Is Enlightenment?: Exploring the Goal of the Spiri-tual Path, Los Angeles, CA 1984.61 U. Wendel, Schlüssel zur Erleuchtung, Berlin 22013; P. Ferrini, Enlighten-ment for Everyone. A Practical Guide to Realizing Your True Nature, Green-field, MA 2000.62 SEIN. Bewusstsein intelligent leben, hrsg. von E. Aman, Online- und Print-ausgabe (25.000 Expl. mtl.), Berlin: One World Verlag; Körper Geist Seele(KGS), Online- und Printausgabe (16.000–18.000 Expl. mtl.), Berlin: KörperGeist Seele Verlagsgesellschaft.

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„Alles vergeht, Erleuchtung bleibt“. Angebote individuell entworfe-ner, synkretistischer, nicht-institutionalisierter Sinnstiftungen letz-ter Relevanz überwiegen dabei unschwer erkennbar solche traditio-neller Religionsformen. Dass der Bezug auf asiatische Traditionenin diesen Angeboten zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist,liegt nicht zuletzt daran, dass die diskursiven Prozesse, in denender Begriff Erleuchtung eine Essentialisierung als globales Phäno-men erfahren hat, von der Popkultur und ihren Produkten (z.B.Kinofilmen und TV-Serien, Comics und Popmusik) mitgetragenwerden. Seit den 1990er Jahren hat mit den ökonomischen, kultu-rellen und sozialen Interaktionen zwischen den Kontinenten derKonsum solcher Produkte quer über den Globus erheblich zu-genommen, so dass sich auch die Botschaft von der ErleuchtungBuddhas, die zahlreiche popkulturelle Darstellungsmedien hat, glo-bal vermehrt zu verbreiten vermochte.63

4 Erleuchtung im religionswissenschaftlichen Fachdiskurs:Für ein kulturrelativistisches Verständnis des Begriffs

als heuristische Kategorie

Dass sich die Ausdehnung der mentalen Landkarte des Erleuch-tungsbegriffs weit über den europäischen Raum hinaus nicht nurauf das Gegenstandsfeld, sondern auch die Reflexion der Religions-wissenschaft erstreckt, ohne dass er als rein heuristische Kategoriezur konsequent historischen Untersuchung der unter Erleuchtungverhandelten Vorstellungen und Konzepte begriffen worden wäre,zeigt einmal mehr, wie sehr religiöse und wissenschaftliche Diskur-se einander nicht nur bedingen, sondern bisweilen bis zur Unkennt-lichkeit ihrer Demarkationslinien durchdringen. Im wissenschaft-

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63 Ein besonders bekanntes Beispiel aus dem Bereich der Mangaproduktionstellt Osamu Tezukas Buddha-Serie in 10 Bänden (aus dem Japanischen vonJ. Schmidt-Weigand, je etwa 320 S., auf Deutsch erschienen im Carlsen-Ver-lag) dar – mit O. Tezuka, Buddha Bd. 6: Die Erleuchtung, Hamburg 2013. ZuFilmen, die buddhistische Inhalte haben (und regelmäßig die Botschaft vonder Erleuchtung transportieren) oder buddhistisch interpretiert werden, vgl.z.B. A.-B. Renger (Hrsg.), Buddhism and Film. Special Issue, ContemporaryBuddhism: An Interdisciplinary Journal 15/1 (2014).

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lichen Fachdiskurs sowie im Bereich des Religionsdialogs ist Er-leuchtung wiederholt als religionsphänomenologische Kategoriegehandhabt und im Sinne einer einheitlichen Definition dessen,was hierunter zu verstehen sei, auf die sog. Erlösungsreligionen deskomplexen jüdisch-christlich-manichäisch-islamischen (vorder-asiatischen) Bereichs sowie hinduistische und buddhistische Tradi-tionen (aus dem indoasiatischen Raum) angewandt worden.64Spezifische sprachlich-symbolische und historisch gewachsene so-ziokulturelle Implikationen haben hierbei nicht selten eine Ver-nachlässigung erfahren – eine Tendenz, die auch einige Lemmatas. v. Erleuchtung in Nachschlagewerken und Lexika der Religions-forschung abbilden.65 Ähnliche Positionen sind sichtbar an Schnitt-stellen zwischen Fachwissenschaft und religiösem Feld, so etwa imHandbuch Spirituell Leben (2002), das, so der Untertitel, 111 Inspi-rationen von Aufmerksamkeit bis Zufall bündelt. Erleuchtung wirdhier nach differenzierenden Referenzen auf vor allem Buddhismusund Christentum schlussendlich als „ein Sich-Öffnen“ definiert, als„lichtvolle Freude und Einssein“ sowie „Inbegriff der Hingabe – anGott, an den großen Zusammenhang, an das Wesen der WahrenWirklichkeit, wie man im Zen sagt“.66

Die vergleichende Sichtung der vier Auflagen des Handwörter-buchs Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG), dessen inhalt-

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64 Vgl. hierzu z.B. auch die Kritik von J. Figl, Erlösung und/oder Erleuch-tung? Zur Problematik schematisierender Gegenüberstellungen im buddhis-tisch-christlichen Dialog, in: A. T. Khoury (Hrsg.), Jahrbuch für Religions-wissenschaft und Theologie der Religionen Bd. 7/8. Festschrift für PetrusBsteh. Kontaktstelle für Weltreligionen Wien, Altenberge 1999/2000, 322–328.65 Vgl. z.B. H. Waldenfels, Erleuchtung, in: ders. (Hrsg.)/F. König (Begr.), Le-xikon der Religionen, Freiburg u. a. 21988, 152–154; W. K. Mahony, Enlighten-ment, in: M. Eliade (Hrsg.), The Encyclopedia of Religion Bd. 5, New York/London 1987, 107–109 (so auch in Bd. 4 der Ausgabe von L. Jones, die 2005 inDetroit herauskam, s. dort 2792–2795); H.-P. Müller/J. Weismayer, Er-leuchtung, in: M. Buchberger (Begr.)/W. Kasper/K. Baumgartner/H. Bürkle/K. Ganzer/K. Kertelge/W. Korff/P. Walter (Hrsg.), Lexikon für Theologie undKirche Bd. 3, Freiburg u. a. 31995, Sp. 796–798.66 M. von Brück, Erleuchtung, in: G. Hartlieb/C. Quarch/B. Schellenberger(Hrsg.), Spirituell leben. 111 Inspirationen von Achtsamkeit bis Zufall, Frei-burg 2002, 81–87, 87.

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licher Schwerpunkt im (evangelischen) Christentum liegt, ist, wasden essentialistischen Umgang mit dem Begriff angeht, aufschluss-reich. Sie zeigt, dass es sich um eine, den oben knapp skizziertenVerflechtungen geschuldete, Entwicklung handelt, in deren ZugePhänomenologen unter den Religionsforschern einen gemein-samen Kern der Religionen behaupteten – wie paradigmatisch Ru-dolf Otto (1869–1937), der das Fundament der Religion 1917 in„dem Heiligen“ fand, das „begrifflicher Erfassung völlig unzugäng-lich“67 sei. 1910, in der RGG 1, ist der Begriff in näherer Qualifizie-rung als „Erleuchtung, innere“ noch ganz, wie bezeichnenderweisein Zedlers Universal-Lexicon,68 im christlichen Bereich angesiedelt,wenn auch unter dem Eindruck der zeitgenössischen „Mystik“-Konjunktur69 und der sich abzeichnenden Tendenz zur religiösenIndividualisierung, wie sie in Hesses Siddharthafigur verdichtet ist,darauf verwiesen wird, dass „im heutigen religiösen Denken“ nebenBibel und Tradition „die spontane Inspiration eine erhebliche Be-deutung gewonnen“ habe.70 Ein vergleichbarer Seitenblick auf die„Gegenwartsbedeutung“ wird 1958 im Erleuchtungslemma derRGG 3 geworfen, wo es im abschließenden Abschnitt heißt: „Ange-sichts der gegenwärtigen Kultursituation tritt das Verlangen nachVerinnerlichung namentlich mit Hilfe östlicher Weisheit und Glau-bensübungen (→Yoga) zutage.“71 Rund 40 Jahre später schließlichdefiniert das entsprechende RGG 4-Lemma, in ähnlicher Weise wie1928 der Abschnitt des RGG 2-Lemmas zur „Bedeutung für diePhänomenologie der Religion“,72 Erleuchtung konfessionsübergrei-fend als „eine heilsrelevante Erkenntnis in unaussprechlicher plötz-

Almut-Barbara Renger

67 R. Otto, Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen undsein Verhältnis zum Rationalen [1917], Marburg 1947, 5 (Hervorh. im Orig.).68 Vgl. den Eintrag „Erleuchten“ in J. H. Zedler,, Erleuchten, in: Grosses voll-ständiges Universal-Lexicon aller Wissenschafften und Künste Bd. 8, Halle/Leipzig 1734 (2. photomechan. Nachdr. Graz 1994), Sp. 1691 f.69 Vgl. hierzu A.-B. Renger, Mystik als soziales Konstrukt um 1900: Troeltsch,Scheler und Versuche zu einer Soziologie des Wissens, in: Comparatio 7/1(2015) 3–21.70 A. Meyer, Erleuchtung, innere, in: RGG 1 Bd. 2, Tübingen 1910, Sp. 469–473, 473.71 L. Richter, Erleuchtung, in: RGG 3 Bd. 2, Tübingen 1958, Sp. 573–576, 575.72 F. W. Schmidt, Erleuchtung, in RGG 2 Bd. 2, Tübingen 1928, Sp. 258–260,259.

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licher existentieller Erfahrung“.73 Anders als noch als in der RGG 2werden nun konkrete Beispiele angeführt: neben dem theosophi-schen Sufismus des 12. Jh. und Avicennas Diktum, der „Orient“ seider „Ort der Erleuchtung“, der „Okzident“ eine „Welt der Finster-nis“, Traditionen wie Daoismus, Chan- und Vajrayāna-Buddhismus.Zudem beschließt den Artikel ein eigenes Unterkapitel zumBuddhismus, in dem bodhi mit „wörtl. ‚erlösende Erkenntnis; Er-wachung, Erleuchtung‘“ übersetzt wird.74

Dass die europäische Erleuchtungsterminologie überhaupt aufWissensbereiche und Praxisareale asiatischer Kulturen und Religio-nen transferiert werden konnte – und so z.B. Gustav Mensching(1901–1978) in einer Zeit, in der die Religionsphänomenologie inDeutschland eine zweite Blüte erlebte, in Die Söhne Gottes (1958)75

Texte über die „indische Religionswelt“, den „japanische[n]Buddhismus“, den „tibetanische[n] Lamaismus“ und das „Christen-tum“ zusammenzustellen vermochte, in denen es um „Erleuchtung“geht –, ist einer Reihe von sprachlich-semantischen und seman-tisch-hermeneutischen Gegebenheiten geschuldet, von denen hierzwei hervorgehoben seien.

Zum Ersten schließt der weite Fokus der Begrifflichkeit, wie siemaßgeblich in der griechischen Antike geprägt wurde, nicht nurWörter ein, die direkt mit „Licht“ (griech. phōs) verbunden sind,wie phōtizō („leuchten, strahlen“; tr. „erleuchten, erhellen“),phōtismos („Erleuchtung, Licht“) und phōtistikos („erleuchtend, er-hellend“)76 oder eng angrenzende Termini wie eklampō („hervor-

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73 C. Elsas/M. Mühling-Schlapkohl/M. Marquardt/H. Mürmel, Erleuchtung,in: RGG 4 Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 1429–1432, 1429.74 H. Mürmel, Erleuchtung IV. Buddhismus, in: RGG 4 Bd. 2, Tübingen 1999,Sp. 1432.75 G. Mensching (Hrsg.), Die Söhne Gottes. Aus den Heiligen Schriften derMenschheit, Wiesbaden o. J. [zuerst 1958], 12, 43, 45 f., 47, 52 f., 156 f., 161,181, 373, 385, 417, 419, 422.76 K. Jacobitz/E. E. Seiler, Griechisch-deutsches Wörterbuch zum Schul-undPrivatgebrauch, Leipzig 21862, 1735 (phaos, zsgz. phōs) u. 1780 (phōtizō,phōtismos, phōtistikos). Sehr viel ausführlicher und mit zahlreichen Beleg-stellen: H. G. Liddell/R. Scott, A Greek-English Lexicon. A New Edition, Re-vised and Augmented throughout by Sir H. S. Jones with the Assistance ofR. McKenzie, Oxford 1940, 1916 u. 1969.

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