ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade....

19
1 Zeitschrift für ausländische Absolventinnen und Absolventen der Universität Augsburg | Nr. 17 | Juni 2013 ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL

Transcript of ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade....

Page 1: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

1

Zeitschrift für ausländische Absolventinnen und Absolventen der Universität Augsburg | Nr. 17 | Juni 2013

ALUMNI AUGSBURGINTERNATIONAL

Page 2: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

S T U D E N T E N A U S T A U S C H2 E D I T O R I A L 3

Liebe Alumni,

Winterimpressionen 2012/2013 Jetzt gemeinsam und kompakt unter einem Dach: die Zentrale

Studienberatung im Erdgeschoß und das Akademische Aus-

landsamt im 1. Stock. Foto: Peter Neidlinger

David Reitsam hat als Mitarbeiter im Alumni-Projekt die Nachfolge

von Peter Tischer angetreten.

... und endlich werden im Auditorium oder am Seeeufer des neuen Zentrums für Kunst und Musik auch die ersten Konzerte

stattfinden können.

Nach einem sehr, sehr langen Campus-Winter 2012/13 ist endlich auch die Redaktion von Alumni Augsburg International wieder

aufgetaut...

Impressum

Alumni Augsburg International – Die Zeitschrift für ausländische

Absolventinnen und Absolventen der Universität Augsburg

Herausgeber:

Dr. Sabine Tamm & David D. Reitsam, Akademisches Auslandsamt,Universität Augsburg, D-86135 Augsburg, T +49/821/598-5135E-Mail: [email protected] (verantwortlich): Klaus P. Prem, Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Universität AugsburgGestaltung/Umsetzung: Waldmann & Weinold KommunikationsdesignDruck: Senser_Druck, Auflage: 1000 Exemplare.Umschlag: Eisstatuen in Izhevsk (Russland), Foto von Lukas Sonnberger, der ebenfalls einen spannenden Bericht über seine Reise nach Russland ge-schrieben hat. Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers oder Redaktion wieder. Für unaufgefordert einge-sandtes Text- und Bildmaterial wird keine Verantwortung übernommen. Die Redaktion hält sich vor, eingesandte Manuskripte zu kürzen und zu bearbeiten.Mit Beiträgen von: Sabine Tamm, Peter Tischer (pt), Svetlana Serova (sero), Lukas Sonnberger (sonn), Edina Strikovic (stri), Klaus P. Prem (kpp), ChristophWeller, Anke Michaelis (am), David D. Reitsam (reid)

seit der letzten Ausgabe gibt es zwei Neuigkeiten ausdem Akademischen Auslandsamt.

Einerseits ist David Reitsam seit dem vergangenenSommer neuer Mitarbeiter im Alumni-Projekt und folgtdamit auf Peter Tischer, der sein Studium erfolgreichabgeschlossen hat. David Reitsam studiert LehramtFranzösisch und Geschichte für Gymnasium. Nach sei-nem Auslandsaufenthalt in Paris hat David Reitsam zu-sätzlich einen Bachelor-Studiengang mit Hauptfach Ge-schichte und Nebenfach Franko-Romanistik begonnen.

Außerdem ist das Akademische Auslandsamt umge-zogen und nun – zusammen mit der Zentralen Studi-enberatung – im Gebäude M2 (Mensa Süd) zu finden.Die ehemaligen Dienstwohnungen wurden bereitsseit längerer Zeit als Büros genutzt, im Zuge der Men-sasanierung wurden sie nun für Studienberatung undAuslandsamt renoviert. Durch den Umzug wurden dievormals im Präsidiumsgebäude jeweils auf zwei Flü-gel und zwei Ebenen verteilten Büros der beiden Be-ratungseinheiten zusammengeführt.

Zum Einen hat der Umzug für die Mitarbeiterinnen undMitarbeiter erhebliche Vorteile hinsichtlich der Zusam-menarbeit und der internen Kommunikation gebracht.Vor allem aber finden die Studierenden die beiden Ser-viceeinrichtungen nun auch räumlich als Einheiten vor.

Durch die Renovierungsarbeiten sind helle, freundli-che und einladende Räumlichkeiten entstanden, diewie die Erfahrungen der ersten Wochen zeigen, vonden Studierenden und Studieninteressenten sehr ge-schätzt werden.

Ein Besuch der neuen Räumlichkeiten lohnt sich, undalle Alumni sind herzlich willkommen!

Wie immer: Viel Spaß bei der Lektüre der Zeitschrift!

Ihre

Dr. Sabine Tamm

Page 3: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

E U R O P Ä I S C H E K O M M U N I K A T I O N S K U L T U R E N

Bereits seit 1998 gibt es einen binationalen Studiengang„Deutsch-Französisches Management“ in Kooperation mit derUniversité Rennes I. Nun ziehen auch die Geisteswissenschaftennach. Zu Beginn des Studienjahres 2012/13 wird zum ersten Malder deutsch-französische Master mit PhD-Track „EuropäischeKommunikationskulturen“ angeboten. Partner ist die Universi-té de Lorraine mit ihrem Standort in Nancy. „Es handelt sich umeinen Master, der kulturwissenschaftlich ausgerichtet ist unddie neuen Medien berücksichtigt“, umreißt die Augsburger Pro-jektbeauftragte Prof. Dr. Rotraud von Kulessa das Profil des neu-en Studienganges. Konkret geht es um die Entwicklung der eu-ropäischen Kommunikationsräume vom 18. Jahrhundert bisheute. Dabei finden laut von Kulessa historische, kulturelle, li-terarische und linguistische Aspekte Berücksichtigung. Für die46-jährige Romanistin stellen vor allem die interkulturellen

Europäische KommunikationskulturenLes cultures européennes de la communicationDie DFH fördert ein neues Doppel-Masterprogramm der Universität Augsburg und der Université de Lorraine

Frankreich und Deutschland. Wenn von den beiden Staaten die Rede ist, denken wohl viele zunächst an diepolitische Partnerschaft – das berühmte couple franco-allemand. Oder an EADS, Europas größten Raum- undLuftfahrtkonzern. Das sind jedoch nur die Früchte einer Freundschaft, deren Wurzeln viel tiefer liegen. Im Be-reich der Jugendarbeit und Ausbildung. Während das Deutsch-Französische Jugendwerk bestrebt ist, die Be-ziehung zwischen jungen Deutschen und Franzosen zu intensivieren, versucht die Deutsch-Französische Hoch-schule (DFH) seit 1999 die Zusammenarbeit zwischen Universitäten zu verbessern. Dieses Ziel unterstütztauch die Universität Augsburg.

Kompetenzen, die die Studierenden im Rahmen des Masters aus-bilden können, einen Gewinn dar. „Während der beiden obliga-torischen Auslandssemester geht es nicht nur um Unterschiedeim Lebensalltag“, erklärt von Kulessa, „ein zentraler Aspekt istdas Kennenlernen der wissenschaftlichen Kultur des jeweiligenGastlandes.“ Dies zeigt bereits ein Blick in das Modulhandbuch.Im vierten und letzten Semester des Studienganges steht nebeneinem Oberseminar und dem Anfertigen der Masterarbeit aucheine Verteidigung oder Soutenance der Abschlussarbeit auf demProgramm. „In Deutschland ist das eher unüblich“, berichtetdie Projektbeauftrage, „in Frankreich ist das allerdings ein zen-traler Bestandteil jeder Studienordnung.“

Typisch für einen Studiengang in Zeiten des Bologna-Prozessesist hingegen, dass es nicht nur um Bildungsideale geht. Auch die

5I N H A L T4

Inhalt Seite

Europäische Kommunikationskulturen

Die Universität Augsburg bietet zusammen mit einer französischen Hochschule einen deutsch-französischen Master mit PhD-Track an. 5

Vive le franco-allemand!

David Reitsam berichtet von einem deutsch-französischen Seminar 7

Crossing Borders

DoktorandInnen aus Pittsburgh und Augsburg sprechen über Grenzen und Identität 8

AnglistenTheater feiert Comeback

Augsburger StudentInnen führen englische Theaterstücke in der Originalsprache auf 9

Augsburgs schöne neue Mensawelt

Nach zwei Jahren Umbau, Renovierung und Modernisierung hat die Mensa wieder geöffnet 11

Interview: Dorothea zur Mensa

Gespräch über die neue Mensa, deutsches Essen und kulinarische Entdeckungen in Deutschland 13

Weltreise in fünf Stunden

Beim Internationalen Tag stellten sich viele, verschiedene Länder und Kulturen vor 14

Amerika in Augsburg

Historiker der Universität arbeiten die Stadtgeschichte auf 16

Porträts

Peter Tischer stellt die Alumni Giovanna Vitali und Xi Gong vor 18

„Lieber einmal mit den Augen sehen, als hundertmal davon hören…“

Lukas Sonnberger schildert, was er in Russland erlebt hat 19

Wie geht man mit Kriegserfahrungen um?

Edina Strikovic erzählt von ihrem Praktikum beim International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia in Den Haag 24

DAAD-Preisverleihung und Absolventenfeier 2011

Erfolgreiche ausländische Studierende werden geehrt 27

Die Universität Augsburg – Universität in einer Friedensstadt

Prof. Dr. Weller über den besonderen Auftrag der Universität Augsburg 28

Individuelle Aussöhnung als Grundvoraussetzung für einen dauerhaften

Frieden zwischen Israel und Palästina

Mietek Pemper Preis für einen Israeli und einen Palästinenser 31

Aus dem Uni-Leben

Drei Augsburger im Porträt 32

Fortan unbefristet: „Willkommen an den Augsburger Hochschulen“

Die gute Betreuung ausländischer Studierender in Augsburg ist gesichert 34

Page 4: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

Und nun sollten wir, 20 Studierende undDoktorandInnen aus Deutschland undFrankreich, uns Gedanken über diedeutsch-französische Freundschaft undEuropa machen. Im Mittelpunkt des Se-minars „Dialog als Methode“, das vomBayerisch-Französischen Hochschulzen-trum und dem Deutsch-Französischen Ju-gendwerk organisiert wurde, standen zweiAnsätze: „Der Elysee-Vertrag, eine Erfolgs-geschichte? – Ja, aber…“ und „Initiativenfür ein bürgernahes Europa“. In zwei Ar-beitsgruppen diskutierten wir die beidenThesen. Betreut wurden wir vom deut-schen Historiker Ulrich Pfeil und demfranzösischen Politologen Julien Thorel.Unsere Ergebnisse wurden anschließendBeamtInnen übergeben, die wenige Tagenach uns in Fischbachau an einer Fortbil-dung teilnahmen. Während die Tagung derbayerischen und französischen Staatsdie-nerInnen schon eine lange Tradition hat,war es das erste Treffen von Studierendenund DoktorandInnen. Und es war ein vol-ler Erfolg – wir knüpften neue Kontakte,führten interessante Gespräche und erwei-terten unseren Horizont.

Angesichts der aktuellen politischen Dif-ferenzen zwischen Frankreich undDeutschland gab es durchaus Diskussi-onsbedarf. So wurde deutlich, wie gut diedeutsch-französischen Beziehungen selbstin der aktuellen Wirtschaftskrise sind. Inseinem einleitenden Vortrag erklärte Tho-rel, dass es bemerkenswert sei, dass sichdie Staatschefs der beiden Länder auch inZeiten treffen, in denen sie sich politischnicht viel zu sagen hätten. Dieser ständigeAustausch fördere das gegenseitige Ver-ständnis, erklärte der Politologe. Danachunterstrich Ulrich Pfeil: „Am Anfang derdeutsch-französischen Freundschaft wa-ren nicht Adenauer und de Gaulle.“ Be-

reits vor 1963 gab es nämlich Städtepart-nerschaften und Austauschprogramme.In den anschließenden Gesprächsrundenwurde allerdings auch deutlich, dass esnoch viel zu tun gibt. In der Nachfolgedes Elysee-Vertrages wurden zwar zahl-reiche Projekte verwirklicht, etwa derFernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handlees sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten Öffentlich-keit kaum wahrgenommen werden.„Europa und die deutsch-französischeFreundschaft dürfen kein Projekt der Eli-ten werden“, so das Fazit der Teilnehmer.Eine Arbeitsgruppe schlug deshalb vor,dass keine nationalen, sondern gesamteu-ropäische Listen bei den Wahlen zum Eu-ropaparlament antreten sollten.

Aber auch wenn im „franco-allemand“nicht alles Gold ist, was glänzt, so wurde

uns doch bewusst, welchen Weg die Deut-schen und Franzosen seit dem ZweitenWeltkrieg gemeinsam zurück gelegt ha-ben. Und um das zu feiern, ging es dannzum Abschluss noch zu einem Empfangin der bayerischen Staatskanzlei in Mün-chen. Dort hieß es dann: Vive le franco-allemand! (reit)

E U R O P Ä I S C H E K O M M U N I K A T I O N S K U L T U R E N 7

Berufsorientierung kommt nicht zu kurz. Von Kulessa erzählt,dass schon im ersten Semester die Möglichkeit besteht, durchKurse einen ersten Eindruck von möglichen Berufsfeldern zu be-kommen. Die Initiatorinnen des Masters denken an das Verlags-wesen, Bibliotheken oder an Kultur- und Medieninstitutionen.In Anlehnung an die früheren Promotionsstudiengänge bietetder Master einen sogenannten PhD-Track an. Ausgehend von ih-rer Masterarbeit können Studierende in drei Jahren promovieren.Finanziell werden sie während Master und Promotion von derDFH unterstützt. „Während der Auslandsphase können Dokto-randInnen mit Zuschüssen von bis 660 Euro monatlich rech-nen“, so von Kulessa.

Noch offen ist, wie der deutsch-französische Master „Europäi-sche Kommunikationskulturen“ seinen europäischen Ansprucherfüllen wird. Von Kulessa zufolge gibt es aber viele Möglichkei-ten. „Während des Studiums können die jungen Erwachsenen inandere Fachbereiche, wie Anglistik, reinschnuppern. Außerdemist das Fach Romanistik, das auf Augsburger Seite den Studien-gang betreut, von Grund auf europäisch.“ Prof. Dr. SabineSchwarze, die in Augsburg Romanische Sprachwissenschaftenlehrt und für den Phd-Track verantwortlich ist, sieht darüber hi-naus noch weitere europäische Komponenten des Studienganges.„Der Inhalt ist absolut europäisch. Zum Beispiel die Aufklärung

lässt sich nicht auf eine Nation beschränken, sondern muss imgesamteuropäischen Kontext gesehen werden.“ Ferner glaubtSchwarze an eine Öffnung des Studiengangs für Hochschulen inanderen Ländern. „Wir arbeiten momentan an einer Kooperationmit der Universität Verona. Aber auch Partnerschaften mit Uni-versitäten in osteuropäischen Ländern sind denkbar.“

Ein Vorteil des Studiengangs ist sicherlich, dass er Studierendenaus allen geisteswissenschaftlichen Disziplinen offensteht. „Wirhaben fünf Jahre Zeit den Master zu etablieren“, erklärt von Ku-lessa, die zusammen mit ihren Kolleginnen in große Fußstapfentritt. Denn der Initiator des ersten deutsch-französischen Studi-enganges in Augsburg, Prof. Dr. Bernhard Fleischmann, hat näm-lich aus dem „Deutsch-Französischen Management“ ein wahresErfolgsmodell gemacht. 2000 wurde er mit Bestnoten in das Programm der Deutsch-Französischen Hochschule aufgenom-men und aktuell sind insgesamt 40 Studierende in Augsburg undRennes für diese Ausbildung eingeschrieben. Die Krönung fürsein Projekt folgte im vergangenen Frühjahr. Die Université Ren-nes I hat Fleischmann einen Ehrendoktortitel verliehen. (reid)

E U R O P Ä I S C H E K O M M U N I K A T I O N S K U L T U R E N6

Abbildung links: Nancy, Place Stanislas; Abbildung rechts: Augsburg, Blick auf die Maximilianstraße und St. Ulrich und Afra Die Teilnehmer des akademischen Workshops mit Dr. Paul Fischer, Leiter des Referats

„Internationale Beziehungen“, Bayerische Staatskanzlei und Dr. Markus Ingenlath,

Generalsekretär des Deutsch-Französischen Jugendwerks (Copyright DFJW)

Vive le franco-allemand!Fischbachau – Paradies auf Erden oder abgelegenes Dorf irgendwo im Süden Münchens? Darüber lässt sichwohl trefflich streiten. Zumindest für Wintersportler muss der kleine Ort in der kalten Jahreszeit ein Traum sein – Schnee soweit das Auge reicht, Sonnenschein und wunderschöner blauer Himmel. Doch zum Ski fahrenwar keiner von uns nach Fischbachau gekommen. Nein, wir waren da, um einen Geburtstag zu feiern – dendes deutsch-französischen Freundschaftsvertrags. Auf den Tag genau vor 50 Jahren, am 22. Januar 1963, hatten nämlich der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer und der französische Präsident Charles deGaulle den sogenannten Elysee-Vertag unterzeichnet.

Erfahrungsbericht von David Reitsam,verantwortlich für das Alumni-Projekt.

Page 5: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

Wenn ein Film in Peking, Washington und Kairo gefeiert wird…Wenn junge Menschen aus Europa in Asien studieren… WennFreunde über alle Ländergrenzen hinweg miteinander telefonie-ren... Dann spricht man von Globalisierung. Ein weltweites Phä-nomen, das weder vor Wirtschaft noch Politik halt macht. Undselbst die klassischen Konzepte „Grenze“ und „Identität“ müs-sen sich dieser Herausforderung stellen. Paradoxerweise lassensich die beiden Ideen, die eine in sich geschlossene Gemeinschaftimplizieren, nicht ohne die Erfahrung des Anderen – der Alterität– und der Grenzüberschreitung verstehen.

Diese Überlegung bildete den Ausgangspunkt der englischspra-chigen Graduiertenkonferenz „Crossing Borders – Ways of Con-structing Identities“, die im Frühjahr 2012 an der Universität

Augsburg stattfand. Mit dabei waren zwölf DoktorandInnen ausPittsburgh und Augsburg. Johanna Hartmann (Doktorandin inAmerikanistik) hat zusammen mit Christina Isensee (Kompara-tistik) die Tagung organisiert. Hartmann blickt gerne zurück:„Besonders freut es mich, dass es uns gelungen ist, die bewährtenund vielseitigen Beziehungen zwischen Augsburg und Pittsburghauf die Doktorandenebene auszudehnen.“ Die junge Wissen-schaftlerin betont, dass die Veranstaltung ohne die großzügigeUnterstützung des Präsidiums der Universität Augsburg, derUniversity of Pittsburgh sowie den „Partnerschaftsmitteln Augs-burg/Pittsburgh“ nicht möglich gewesen wäre.

Im Mittelpunkt der Beiträge standen das Zwillingskonzept Gren-ze – Identität, sowie die daraus entstehenden Chancen und Risi-ken. Laut Isensee und Hartmann kann nur ein interdisziplinärerAnsatz dem vielschichtigen Thema gerecht werden. Insofernüberrascht es kaum, dass Doktoranden aus den Bereichen derdeutschen, französischen und englischsprachigen Literaturwis-senschaften, sowie der Geschichte, der Kunstgeschichte und derArchitektur gemeinsam diskutierten. „Die Heterogenität undVielzahl der Perspektiven ermöglichte ein besseres Verständnisdes großen Ganzen“, so die beiden Organisatorinnen.

Entsprechend unterschiedlich waren auch die Inhalte der Beiträ-ge. Es ging unter anderem um die Kunst des Barock, den Nibe-lungenmythos im 18. Jahrhundert, sowie um österreichische undungarische Filme aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen.Der erste Vortrag befasste sich mit der europäischen Identität im17. Jahrhundert. Der Augsburger Kunsthistoriker Robert Bau-ernfeind erklärte, wie die bildhafte Darstellung des exotischenFremden zur Festigung der eigenen Kultur und Wertvorstellun-gen beitrug. Anschließend ging der US-Amerikaner Aaron Taci-nelli auf die Bedeutung von Grenzen für die Bildung von Identi-täten ein. Sein Bezugspunkt waren die Arbeiten des ArchitektenPeter Eisenmann an der Berliner Mauer.

Bemerkenswert, so Hartmann und Isensee, sei aber nicht nur derthematische Brückenschlag gewesen. „Das Treffen war für alleTeilnehmenden eine bereichernde Erfahrung.“ Besonders freutensich die Ausrichterinnen, dass sich die Augsburger mit ihrenGästen schnell bestens verstanden. Die DoktorandInnen ausPittsburgh wohnten nämlich bei Augsburger Kollegen. Dabeientstanden nicht nur Freundschaften, sondern auch der Wunschnach der Etablierung einer Konferenztradition. Das nächste Tref-fen soll 2014 in Pittsburgh stattfinden. Dann, so die bisherigenÜberlegungen, soll es um „visuality“ – Visualität – gehen. (reid)

I N T E R D I S Z I P L I N Ä R E T A G U N G8

Mit der ersten Aufführung von Simon Stephens’ Drama OneMinute am 14. Juni feierte das AnglistenTheater der UniversitätAugsburg nach sechsjähriger Pause sein Comeback im Augsbur-ger Kulturbetrieb. Unter der Ägide des früheren Leiters RudolfBeck bringt nun wieder eine junge Truppe aus Anglistik- undAmerikanistikstudierenden englische Theaterstücke in ihrerOriginalsprache auf die Bühne.

Alles in allem 600 Zuschauer besuchten die insgesamt vier Vor-führungen. Das Drama spielt in London und erzählt von Ermitt-lungsarbeiten zweier Polizisten, die den Fall eines verschwun-denen Mädchens aufklären wollen. Dabei kreuzen sich ihre We-ge mit denen anderer Menschen: der verzweifelten Mutter, einerjungen Studentin, die in einem Café arbeitet, und einer Frau, dieglaubt, das Mädchen kurz vor dem Verschwinden gesehen zuhaben. So ist das Drama keine richtige „cop story“, sondernvielmehr ein Stück über London und über fünf Menschen, die inder Millionenmetropole mit Trauer, Einsamkeit und Isolationkämpfen.

AnglistenTheater feiert ComebackRevival einer Institution – nach knapp sechs Jahren Pause öffnet das AnglistenTheater der Uni Augsburgwieder seine Vorhänge!

Grenzen und Identitäten in einer globalisierten Welt waren das Thema einer interdisziplinären Tagung von Doktorandinnen und Doktoranden der Partneruniversitäten Augsburg und Pittsburgh

„Das Treffen war für alle Teilnehmenden eine

bereichernde Erfahrung.“

Schauspieler und Mitglieder des Produktionsteams, von links: Florian Wadas, Helena Schmiemann, Maximilian Grundler,

Kathrin Bayer, Sybille Ehing (Makeup und Frisuren), Kellie Hirsch, Julia Blome (Kostüme), Kerstin Bachmeier (Inspizienz, Souffleuse),

Rudolf Beck (Regie).

von links: Prof. Dr. Hubert Zapf,

Lehrstuhlinhaber für Amerikanistik,

Christina Isensee, Ulrike Eisenhut,

Andrew Behrendt, Stefan Hartmann,

Heidi Cook, Yvonne Franke (vorne)

Veronika Lößl (hinten), Danyela Demir,

Aaron Tacinelli, Georg Hauzenberger,

Katharina Donn, Robert Bauernfeind,

Carrie Carlson, Dr. Klaus Dieter Post,

Initiator der Partnerschaft Augsburg –

Pittsburgh, Johanna Hartmann

Crossing Borders

Page 6: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

D I E N E U E M E N S A 1 1

„Mit dieser schönen neuen Mensa habenwir nun den Aufstieg in die Erste Ligaunter den Hochschulmensen geschafft undum den Klassenerhalt zu sichern, werdenwir unser Bestes geben”, so Doris Schneider,die Geschäftsführerin des StudentenwerksAugsburg. Dass dieser Aufstieg gelingenkonnte, war insbesondere der guten Zu-sammenarbeit aller an der Sanierung Be-teiligten zu verdanken, wie die Präsidentinder Universität Augsburg, Prof. Dr. SabineDoering-Manteuffel betonte. „Mein Dank

geht an den Freistaat und die Staatsregie-rung für die Finanzierung der dringendnotwendig gewordenen Generalsanierungin einem Volumen von circa 20,6 MillionenEuro. Meinen tief empfundenen Dank fürdie hervorragende Zusammenarbeit möchteich auch dem Staatsministerium für Wis-senschaft, Forschung und Kunst, der Obers-ten Baubehörde, dem Staatlichen BauamtAugsburg sowie den Kollegen in der Uni-versität und dem Studentenwerk ausspre-chen.”

B L I N D T E X T1 0

DC Robert Evans (Maximilian Grundler) und DI Gary Burroughs (Florian Wadas): Polizeiwache Kentish Town)

Abbildung unten: DI Gary Burroughs (Florian Wadas) und Dr. Anne Schults (Kathrin Bayer): Regent's Park

AUGSBURGSSCHÖNE NEUEMENSAWELT

Am 27. März 2012 wurde die ge-neralsanierte Mensa der Universi-tät Augsburg festlich wiedereröff-net. In den vorangegangenen zweiJahren wurde das vor 30 Jahrenerbaute Mensagebäude den ge-stiegenen Studierendenzahlen undden unterschiedlichen Ernährungs-gewohnheiten ihrer Gäste ange-passt.

Strenge Auswahlkriterien für die Darsteller

Schon beim Vorsprechen wurde streng darauf geachtet, durch-weg DarstellerInnen mit perfekten Englischkenntnissen für dasStück zu gewinnen. Doch auch eine bühnenreife Mimik, Gestiksowie Intonation mussten die Studierenden auf der Bühne mit-bringen, da in One Minute viel ungesagt bleibt und auf subtileWeise ausgedrückt werden muss. Die fünf Akteure auf der Bühnewurden zudem von einen Team aus zehn weiteren Studierendenhinter den Kulissen unterstützt, die für eine funktionierendeTechnik sowie einen reibungslosen Ablauf auf der Bühne sorg-ten.

Bühnenrenaissance nach sechsjähriger Pause

Das AnglistenTheater wurde 1980 von Rudolf Beck – damalsAkademischer Rat am Lehrstuhl für Englische Literaturwissen-schaft der Universität Augsburg – gegründet und bis 1990 gelei-tet. Danach folgte ihm Ute Legner, die zunächst zusammen mitRoger Evans die Gruppe leitete und bis 2004 insgesamt 18 Stückeals deutsche Premieren auf die Bühne brachte. Im Herbst 2011entschied sich Rudolf Beck, inzwischen im Ruhestand, das Ang-listenTheater in Zusammenarbeit mit Georg Hauzenberger undKellie Hirsch erneut ins Leben zu rufen.

Gute Kritiken und die Hoffnung auf mehr

Trotz der langjährigen Pause steht das AnglistenTheater immernoch für tolle Unterhaltung auf der Bühne. Die Zuschauerzahlensprechen für sich und auch die Kritiken in der Lokalpresse be-scheinigten der Gruppe durchweg eine gute Präsentation auf derBühne. Vor allem die Dialoge konnten gut in Szene gesetzt wer-

den. „Nahtlos knüpfte das AnglistenTheater an die Qualität frü-herer Tage an und begeisterte das Publikum“, hieß es demzufolgeim Feuilleton der Augsburger Allgemeinen Zeitung vom 16. Juni2012. Man darf also auf weitere Aufführungen des Anglisten-Theaters gespannt sein. (pt)

„Nahtlos knüpfte das AnglistenTheater an die

Qualität früherer Tage an und begeisterte das Publikum“

Blick in den Ausgabebereich der Mensa. An jeder der Theken werden Gerichte zu

einem bestimmten Thema ange boten.

Page 7: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

I N T E R V I E W 1 3

Abb. links: zentraler Doppelpavillon. Gut erkennbar: Der front-cooking Bereich der Grill-Station. Grillplatten dienen hier zur

Zubereitung von Grillgerichten; die beiden glänzend polierten Edelstahlzylinder darüber markieren die Dunstabzüge.; rechts: Wand

mit Besteck-Köcher, in denen das Besteck zur Entnahme bereit gehalten wird.

Zwei Jahre lang alternatives

Verpflegungskonzept

Da die Mensa während der zweijährigenUmbauphase komplett geschlossen war,wurde für diese Zeit ein alternatives Ver-pflegungskonzept entwickelt. Mit demMensa-Pavillon neben dem Physik-Institut,der alten Cafeteria und einem Imbisswagengegenüber der Zentralbibliothek wurdeeine flächendeckende Versorgung auf demgesamten Campus sichergestellt. Trotzder guten Kapazitäten und Aufteilung desAlternativkonzeptes war vor allem dieAuswahl an verschiedenen Gerichten wäh-rend der letzten zwei Jahre sehr einge-schränkt. Solange hätte allerdings die Sa-nierung gar nicht dauern sollen. Aber einBrand im Dachstuhl des Mensagebäudes,der kurioserweise bei Arbeiten zur Ver-besserung des Brandschutzes ausgelöstwurde, ließ die Studierenden länger als ge-plant auf das neue Mensa-Schlaraffenlandwarten.

Mehr als nur „eine Tankstelle

zur Brennstoffzufuhr“

Trotz aller Entbehrungen hat sich das War-ten gelohnt. Mit einer Kapazität von jetzt4.500 Essen täglich können rund 1.000Mahlzeiten mehr ausgegeben werden alsvor der Sanierung. Neue technische Anla-gen sorgen für eine erhöhte Energieeffizienzund moderne Küchentechnik macht eine

vitaminschonende und fettreduzierte Zu-bereitung der Speisen möglich. Das im Be-reich der Hochschulmensen einmalige Kü-chenkonzept mit zehn Themenpavillons(z.B. Bayerisch-Schwäbisch, Mediterran,Asia oder Grill) sorgt für große Abwechslungim Speiseplan. Bis zu 18 Hauptgerichtekönnen täglich angeboten werden. Hinzu

kommen vielfältige Kombinationsmög-lichkeiten der zahlreichen Beilagen. Sokönnen die unterschiedlichen Essensge-wohnheiten und Geschmäcker der Gästeberücksichtigt werden. Zusätzlich wirdder Appetit durch trendiges „Front-Coo-king” (z.B. am Asia-Pavillon) angeregt.Gleichzeitig soll die neue Mensa mehrsein als nur „eine Tankstelle zur Brenn-stoffzufuhr“. Vielmehr soll sie neben derVerpflegung auch Raum für soziale Begeg-nung bieten und ein Kommunikations-und Vergnügungszentrum sein.

Neues Raumgefühl durch intelligentes

Lichtkonzept und neue Farben

Damit dieser Anspruch gelingen kann,wurde neben der Verpflegung auch die

Raumgestaltung komplett neu überarbeitet.Neben dominierenden Gelb- und Grüntö-nen sorgen vor allem rund 40 zusätzlicheLichtkuppeln in Verbindung mit einemdurchdachten Lichtkonzept für ein völligneues, großzügiges Raumgefühl. Zusätzlichwurde das Foyer optisch aufgewertet undbeherbergt nun den Infopoint und die Woh-

nungsverwaltung des StudentenwerksAugsburg. Auch die Cafeteria im Mensa-gebäude wurde renoviert und kann mit ei-nem stark erweiterten Angebot an Zwi-schenverpflegung aufwarten.

Vom Tischgast zum Flaneur

Die Wiedereröffnung der generalsaniertenMensa nahmen Universität und Studen-tenwerk als Anlass, die Publikation „VomTischgast zum Flaneur. Die Mensa an derUniversität Augsburg damals und heute”herauszugeben. Der Kunsthistoriker StefanHartmann erläutert in ihr zahlreiche ar-chitektur-, sozial- und kulturhistorischeAspekte der Mensa als Bauprojekt und er-läutert die Geschichte der Hochschulver-pflegung in Deutschland. (pt)

Seit der Wiedereröffnung:1.000 Essen mehr = 4.500 Essen täglich

Dorothea, warst du schon hier, bevor diealte Mensa wegen der Sanierung geschlos-sen wurde? Nein, aber während der letzten Semesterhabe ich oft im Mensazelt vor der Physik,also der Übergangslösung während der Sanierung, gegessen. Da ich die alte Mensanicht gekannt habe, war mein Eindruck vomMensazelt eigentlich sehr gut. Als Studentinschraube ich allerdings auch meine An -sprüche nicht allzu hoch. Vor allem wennman die niedrigen Preise für das Essen inBetracht zieht, war das Essen auch im Men-sazelt gut.

Und wie ist dein Eindruck von der gene-ralsanierten Mensa? Die neue Mensa ist auf jeden Fall viel besser,auch wenn die Preise etwas teurer sind. Vorallem die zahlreichen Beilagen laden zumZugreifen ein. Wenn ich mich da nicht zu-rückhalte, wird es am Ende doch recht teuer.Wenn man aber bei der Gerichtauswahl dieKontrolle behält, sind die Preise akzeptabel.Besonders die große Auswahl vor allem beiden Beilagen ist natürlich ein großer Vorteilder neuen Mensa. Die ganze Woche kannman jeden Tag ein ganz anderes Gericht es-sen. Das versuche ich auszunutzen. Dochtrotz der großen Auswahl vermisse ich einGericht, welches ich im Mensazelt immersehr gerne gegessen habe. Cordon Bleu mitKartoffelsalat habe ich leider noch nicht imneuen Speiseplan finden können.

Gibt es auch Gerichte, bei denen du nichtgerne zugreifst? Vor allem Pizza und Nudeln nehme ich äußerstselten, da ich so etwas auch sehr leicht zuHause zubereiten kann. Sonst versuche ichaber wirklich, immer alle angebotenen Es -sen durchzuprobieren und meiner Beobach-tung nach macht das auch der Großteil derStudierenden. Ich muss aber auch sagen,dass die Suche nach dem richtigen Essenimmer einiges an Zeit kostet. Machen daszu Stoßzeiten zu viele Leute, wird der Platzzwischen den verschiedenen Themenpavil-lons schnell eng.

Hast du in der Augsburger Mensa schonMahlzeiten entdeckt, die du vorher nichtkanntest? Ja, schon im alten Mensazelt gab es Gerichte,die ich so in der Form vorher noch nicht ge-kannt habe. Kässpätzle, Dampfnudeln oderApfelstrudel fallen mir da ein. Aber auchSpargel kannte ich vorher nur vom Sehenund war überrascht, wie viel und wie oft erhier in Deutschland gegessen wird. Ich mussaber gestehen, dass er nie mein Lieblings-

gemüse werden wird. Auch Tofu habe ichin der neuen Mensa zum ersten Mal probiert.Leider bekommt man in der Mensa keineWeißwürste mit Brezen, die finde ich auchsuper lecker.

Die bulgarische Studentin Dorothea Iordanova studiert seit dem Wintersemester 2010 Sozialwissenschaftenan der Universität Augsburg. Peter Tischer und Dorothea führten ein Gespräch über die neue Mensa, deutschesEssen und kulinarische Entdeckungen in Deutschland.

„Vor allem die zahlreichen Beilagen

laden zum Zugreifen ein.“

Wie findest du die äußerliche Gestaltungder generalsanierten Mensa? Ganz in Ordnung, wobei ich die Qualität desEssens wichtiger finde. Einmal habe ich al-lerdings ein Pärchen gesehen, die sich ihrEssen nicht auf Tabletts – wie sonst üblich– an der Ausgabe geholt haben. Stattdessenhaben sie am Tisch eine Decke ausgebreitet,Kerzen aufgestellt und ein richtig romanti-sches Mittagessen mitten in der Mensa ver-anstaltet. So kreativ und mutig aus der Men-sa-Tristesse auszubrechen hat mich beein-druckt und ich wünschte mir, mehr Leutewürden den Mut aufbringen, sich so sym-pathisch von der Masse abzuheben. (pt)

INTERVIEW:DOROTHEA ZUR MENSA

Page 8: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

I N T E R N A T I O N A L E R T A G 1 5S T U D E N T E N A U S T A U S C H1 4

Im Hörsaalzentum konnte man allerleiLeckereien der internationalen Kücheprobieren. Viele Gerichte kamen einembekannt vor, wie zum Beispiel italieni-sche Pizza, Brownies aus den VereinigtenStaaten oder mexikanisches Guacamole.Das kennen und lieben alle. Einiges aberließ sich neu entdecken: georgisches Mi-neralwasser „Borjomi“, Mitarashidngoaus dem Land der aufgehenden Sonneoder gar südkoreanischer Reistee.

Die internationalen Stände sorgten abernicht nur für das Frühstück der Studieren-den. Die Informationshungrigen konn tensich mit Vertretern aus verschiedenenLändern bekannt machen, die gerne nichtnur über ihre Kultur und Traditionen er-

zählten, sondern auch die Interessiertenüber Austausch- und Praktikumsmög-lichkeiten in ihrer Heimat informierten.Deutsche Studierende, die bereits im Aus-land studiert hatten, waren auch dabei,um die auftauchenden Fragen zu beant-worten und mit spannenden Geschichtenaus ihrer eigenen Erfahrung zu beein -drucken.

Unter den 31 in diesem Jahr vorhandenenLändern sollte man besonders den irani-schen Ländertisch erwähnen, bei demman eine Sonderausstellung des aus Af-ghanistan stammenden Kalligraphie-Künstlers Sayed Adi Bahrami bewundernkonnte.

Von der Atmosphäre inspiriert, erkundig-ten sich viele gleich an Ort und Stellenach Aufenthalts- und Finanzierungsbe-dingungen beim Team des AkademischenAuslandsamtes, bei außeruniversitären

Weltreise in fünf StundenIn Italien Pizza essen, in fünf Minu-ten nach Tschechien mit einer Fla-sche Prager Bier in der Hand undanschließend in Mexiko Party ma-chen. „Unmöglich!“ – sagt ihr.Doch: Am 20.06.2012 war Inter -nationaler Tag und gut die halbeWelt an der Uni Augsburg.

Austauschorganisationen und bei Betreu-ern einzelner Fakultätsprogramme (Jura,Amerikanistik und Wirtschaftswissen-schaften), die den Studierenden zur Ver-fügung standen.

Trotz der immer weiter wachsendenNachfrage bleiben manche Angebote we-nig beachtet. So ermöglicht das Baye-risch-Amerikanische Zentrum im Ame-rika Haus sowohl Studienplätze, als auchPraktika und Jobs in den USA. Aber lautSusanne Graf, der Vertreterin des Vereins,melden sich nur wenige Studierende. Grafbefürchtet, dass viele Studierende sichnicht trauen, da sie glauben, dass die Kon-kurrenz groß sei und die Chancen gering.Doch dies sei ein Trugschluss. Zurzeitgibt es nämlich kaum Konkurrenz.

Bereits im fünften Jahr in Folge hatte derVerein zur Förderung ausländischer Stu-dierender in Augsburg e. V., kurz F.AU.ST,einen Benfiz-Bücher-Basar zugunsten vonausländischen Studierenden, die unver-schuldet in Not gekommen sind, orga -nisiert.

So konnte man an diesem Tag verschiede-ne Kulturen kennen lernen, internationalessen, Kontakte mit Menschen aus vielenLändern knüpfen, eine kleine Weltreisemachen und viel Neues für sich entde-cken. (sero)

Svetlana Serova hat im Sommerse-mester 2012 an der Universität Augs-burg studiert. Zurzeit setzt sie ihr Stu-dium an ihrer „Heimatuniversität“ fort.Das ist die MSPU – Moskauer Staat-liche Pädagogische Universität.

Page 9: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

A M E R I K A I N A U G S B U R G 1 7

Am 12. Oktober 1492 erblickte der spanische Matrose Rodrigode Triana Land und kurze Zeit später betrat Christopher Kolumbuszum ersten Mal amerikanischen Boden. Dies bildete den Auftaktder bis heute wechselvollen europäisch-amerikanischen Bezie-hungen. Und von an Anfang waren auch Augsburger dabei, allenvoran die Handelshäuser der Fugger und Welser. Sie profitiertenvon ihren exzellenten Kontakten zum kaiserlichen Hof undihrem weitverzweigten Handelsnetz. Augsburg hatte aber nochmehr zu bieten. So exportierte die Stadt zahlreiche Druckerzeug-nisse und war Station der Salzburger Protestanten, die im 18.Jahrhundert nach Amerika auswanderten. Höhepunkt der Bezie-

S T U D E N T E N A U S T A U S C H1 6

Amerika in Augsburg„You’re thinking of Europe as Germany and France. I don’t.I think that’s old Europe.” So äußerte sich der damalige US-amerikanische Außenminister Donald Rumsfeld 2003 vordem Ausbruch des Dritten Golfkrieges über Westeuropa.Noch heute steht seine Aussage für ein Tief in den deutsch-amerikanischen Beziehungen. Doch das war nur eine Mo-mentaufnahme. Inzwischen verstehen sich die VereinigtenStaaten von Amerika und Deutschland wieder besser. Undauch vor 2003 war das transatlantische Verhältnis in der Re-gel gut. Das haben zumindest Augsburger Historiker he-rausgefunden, die die deutsch-amerikanische Geschichtenach dem 2. Weltkrieg aufgearbeitet haben.

hungen zwischen der Stadt an Lech und Wertach und Amerikawar aber sicherlich die Stationierung US-amerikanischer Truppenin Augsburg nach dem 2. Weltkrieg. Zeitweise stellten die Soldatenmit ihren Angehörigen sogar zehn Prozent der Bevölkerung. Fürdie beiden Doktoranden Tobias Brenner und Tobias Ranker wares daher naheliegend, sich mit dem Thema zu beschäftigen undihm die Ausstellung „Amerika in Augsburg“ zu widmen. Alsdiese Mitte März in der Neuen Stadtbücherei eröffnet wurde,standen 20 Ausstellungsfahnen bereit, die Besucher in die Ver-gangenheit Augsburgs zu entführen. Themen waren unter anderem„Die Besatzer“, „Die Freunde“ oder „Die Nachbarn“. Sie be-

die sich ander Ausstellung beteiligt habenund die auch weiterhin in das Projekt eingebundensind, war es eine besondere Erfahrung. Babette Gräper ist studen-tische Hilfskraft am Lehrstuhl für die Geschichte des europä-isch-transatlantischen Kulturraums und auch in „Amerika inAugsburg“ involviert. „Es ist toll für die Studierenden, dass sieetwas erarbeiten, das dann auch der Öffentlichkeit präsentiertwird und nicht in einem Regal verschwindet.“

Insgesamt beteiligten sich 21 Mitarbeiter an dem Projekt. Brennerblickt zurück: „Mitte 2011 hatte unser Doktorvater Prof. Dr.Philipp Gassert die Idee. Im Wintersemester veranstalteten wirdann ein Seminar dazu und im Frühjahr eröffneten wir die Aus-stellung in der Stadtbücherei.“ Unterstützt wurde die Gruppevom Architekturmuseum Schwaben, dem Institut für EuropäischeKulturgeschichte, dem Lehrstuhl für die Geschichte des europä-isch-transatlantischen Kulturraums, dem Lehrstuhl für Neuereund Neueste Geschichte sowie der Pressestelle der Universität.„Ohne das Fachwissen von Pressesprecher Klaus Prem hättenwir nicht so professionelle Ausstellungsfahnen gestalten können“,räumt Brenner ein, „aber auch die Augsburger Institutionen undBürgerInnen haben uns fantastisch unterstützt. Sie haben unsFotos überlassen und bei Oral-History-Interviews mitgemacht.“Mut habe ihnen auch Prof. Dr. Gassert gemacht, so Tobias Ranker.Unser Doktorvater hat schon 2011 vermutet, dass das Thema amKöcheln sei.

Den Schwung aus der Ausstellung wollen die jungen Historikermitnehmen. „Wir planen noch eine Homepage, einen Audioguideund einen Dokumentarfilm in Zusammenarbeit mit Dr. FlorianPressler“, blickt Ranker voraus. Außerdem, so der Doktorand,sei das Thema in der Lehre und Forschung sehr präsent. Dies be-stätigte eine Tagung Mitte März, bei der sich zahlreiche Kultur-und NeuhistorikerInnen mit den Beziehungen Augsburg – Amerikabefasst haben. Augsburg besitze eine Scharnierfunktion zwischender Neuen Welt, der Iberischen Halbinsel und dem nordalpinenRaum, so der Tenor der WissenschaftlerInnen. Zwischen 1945und 1998 haben die amerikanischen Garnisonen in Deutschlandeine ähnliche Rolle gespielt, so Brenner und Ranker. „Das US-Militär hat die Nachkriegsgeschichte in Augsburg und Deutschlandgeprägt.“ (reid)

Abbildungen: links: GIs um 1957 beim Durstlöschen mit Augusta

Bräu. Foto: Dillon Prendergast; rechts: An der traditionellen

Parade zum Herbstplärrer nehmen auch heute stets noch US-

Soldaten teil und erinnern an die Augsburger Garnison. Foto:

Max Lohmann

Abbildungen: oben links: Besatzungsalltag in der US-Zone: US-

Militärkonvoi auf dem Hohen Weg im Mai 1945. Foto: Heinz

Glässel, Sammlung Häusler; oben rechts: Ausverkauf: Die An-

gestellten des Augsburger Commissary (Militär-Supermarkt)

im Jahr 1997, ein Jahr vor der Auflösung der US-Garnison. Foto:

Amerika in Augsburg e. V.; oben: Oberster Cowboy Augsburgs:

diesen Ehrentitel verlieh US-General Falter auf dem Rathausplatz

im Oktober 1980 an Oberbürgermeister Breuer. Foto: Silvio Wys-

zengrad

schrieben die vielfältigen Beziehungen zwischen Deutschen undAmerikanern und spannten einen weiten Bogen. Während dieersten Tafeln sich mit dem Kriegsende befassten, handelten dieletzten vom Abzug der US-Truppen 1998.

„Das Thema lag in der Luft“, blickt Ranker zurück, „in meinerMagister-Arbeit habe ich mich mit den Amerikanern in Ulm be-fasst.“ Besonders spannend ist den beiden jungen Männern zufolge,dass es sich in der Fuggerstadt um kein Hauptquartier der US-Armee handelte, sondern um eine gewöhnliche Garnison. „FürSüddeutschland sind die Strukturen in Augsburg mit hoher Wahr-scheinlichkeit ein Paradebeispiel“, vermutet Brenner, der allerdingsbetont, dass dies noch mit weiteren Forschungen belegt werdenmuss.

Konkretere Aussagen machen die Historiker hingegen über die Be-ziehungen der Augsburger zu den Amerikanern. „Es gab immerHöhen und Tiefen“, erzählt Ranker. Letztlich prägten die persön-lichen Erfahrungen und die große Weltpolitik das Verhältnis derDeutschen und Amerikaner, so Brenner. Trotz mancher Probleme,wie Vergehen im Straßenverkehr und Straftaten, war das Zusam-menleben unter dem Strich gut. Dies belegt das Interesse der Öf-fentlichkeit an der Ausstellung. Tobias Brenner meint, dass sichdie Augsburger gerne an die Amerikaner erinnern. Noch heutegebe es zahlreiche transatlantische Freundschaften. Und das obwohldie US-Armee schon 1998 die Fuggerstadt verlassen hat. „Nachwie vor laufen jedes Jahr amerikanische Soldaten beim Plärrer-Umzug mit.“ Und beim Umbau der ehemaligen Sheridan-Kasernezu Wohngebäuden haben sich BürgerInnen in der Initiative DenkortHalle 116 organisiert, um zu verhindern, dass alle Hallen abgerissenwerden. Mit Erfolg. Denn nun soll in der Halle 116 ein Dokumen-tationszentrum eingerichtet werden. Dort, so die Idee, soll den Er-innerungen an „Amerika in Augsburg“ ein angemessener Ortgegeben werden. Dieser wurde mit Bedacht gewählt, denn dieHalle 116 hat eine besondere Vergangenheit. Sie beherbergtenämlich im letzten Kriegsjahr ein Außenlager des KZ Dachau.

Für die beiden Historiker ist das Dokumentationszentrum zurUS-Präsenz in Augsburg ein Gewinn für die Stadt. „Das Maxi-milianmuseum befasst sich mit der Geschichte bis 1806 und dasTIM (Anm. d. R. Textil- und Industriemuseum) mit dem 19. Jahr-hundert“, erklärt Brenner, „für das vergangene Jahrhundert gibtes hier aber noch nichts. Diese Lücke können und wollen wirnun schließen.“ Auch Tobias Ranker sieht das so. „Die verschie-denen Museen stehen nicht in Konkurrenz. Eine Stadt wieAugsburg hat mehrere Facetten und diese kann sie auch zeigen.“Ihm zufolge sei das Augsburger Projekt sogar in Deutschland einzigartig. Auch für die Studierenden der Universität Augsburg,

Page 10: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

„Lieber einmal mit den Augen sehen, alshundertmal davon hören... dachte ichmir, als ich mich dazu entschloss, zweiMonate in Russland zu verbringen. In Iz-hevsk in der Udmurtischen Republikder russischen Föderation – ungefährzwischen Kazan und Ekaterinen-burg gelegen – habe ich an einemsechswöchigen Projekt mitgear-beitet. Es gibt zwei Universitä-ten, für deren Studierende ich zu-sammen mit Praktikanten aus al-ler Welt einen Workshop zum The-ma „English and Business“durchgeführt habe. Rund umsThema Wirtschaft und interna-tionale wirtschaftliche Bezie-hungen erarbeiteten wir in klei-nen Gruppen verschiedene As-pekte. In Izhevsk leben unge-fähr 800.000 Menschen. Vielegehen aufgrund einer hohenDunkelziffer illegaler Ein-wanderer von fast einer Mil-lion Einwohnern aus.

T I T E L T H E M A R U S S L A N D 1 9

Giovanna VitaliGiovanna Vitali stammt aus Italien undkam 2008 an die Universität Augsburg.Nach dem hier erfolgreich abgeschlossenenBachelorstudium in Europäischer Kultur-geschichte und Philosophie studiert sienun in Leipzig den Masterstudiengang Eu-ropean Studies.

Giovanna Vitali wurde in Brescia – derzweitgrößten Stadt der Lombardei – gebo-ren. Hier machte sie Abitur und nahm be-

reits während ihrer Schulzeitan dreiwöchigenWorkcamps in Ru-mänien und Indone-sien teil. Direkt nachErhalt des Abitursfolgte die erste längereZeit in Deutschlandanlässlich eines Au-pair-Aufenthaltes inPotsdam. Zum Studiumging es dann eher zufälligan die Universität Augs-burg, wie Giovanna er-

zählt: „Meine Entscheidung, in Augsburgzu studieren, war sehr kurzfristig und nichtgeplant, hat sich aber am Ende als sehrrichtig erwiesen.“

Auch während Giovannas Studienzeit inAugsburg zog es sie immer wieder in andereLänder. So besuchte sie 2008 ein dreiwö-chiges Workcamp in Brasilien und warvon August 2010 bis März 2011 im Rahmendes ERASMUS Programms an der Univer-sidad Salamanca in Spanien. Dort war sieauch Hilfskraft bei der Asociación de Vo-luntariado de la Universidad de Salamanca,arbeitete mit behinderten Menschen undgab ausländischen Kindern Nachhilfe. Be-reits zuvor hatte Giovanna als Mitarbeiterinin der ESG Augsburg ihre Kenntnisse undFähigkeiten für einen guten Zweck einge-bracht. Gegen Ende ihrer Studienzeit ar-beitete Giovanna als studentische Hilfskraftfür das Akademische Auslandsamt derUniversität Augsburg, wo sie gleichzeitigein Teilstipendium erhielt.

An ihre Zeit in Augsburg hat Giovannanur beste Erinnerungen: „Ich habe insge-samt drei Jahre an der Uni Augsburg ver-bracht, drei Jahre, die mir sehr viel gebrachthaben und die ich nie vergessen werde.Ich blicke sehr positiv auf meine Zeit an

der Uni Augsburg zurück. Drei Jahre sindnicht viel, aber für mich war diese Zeiteine großer Schnitt in meinem Leben. Ichhabe unglaublich viele und unterschiedlicheErfahrungen gesammelt, die mir geholfenhaben, unabhängiger und selbständiger zuwerden und mich vollständig in einemvorher mir fremden Land zu integrieren.“Nach ihrem erfolgreich abgeschlossenenBachelorstudium in Europäischer Kultur-geschichte und Philosophie ging es fürGiovanna 2011 nach Leipzig. Dort absol-viert sie momentan ein Masterstudiumim Fach European Studies. Da sie das Stu-dium allein schon in Augsburg nie ganzausgefüllt hat, ist sie auch in Leipzig gleich-zeitig als studentische Hilfskraft am Lehr-stuhl für Geschichte, Kunst- und Orient-wissenschaften für die Betreuung auslän-discher Studierender verantwortlich undunterrichtet außerdem Italienisch am dor-tigen Sprachenzentrum.

Für all diejenigen ausländischen Studie-renden, die sich für einen Auslandsauf-enthalt an der Universität Augsburg inte-ressieren, hat Giovanna einen Erfahrungs-bericht über ihre Studienzeit in Augsburgverfasst. Von Erfahrungen bei der Ankunftbis hin zu Tipps bezüglich Job- und Frei-zeitmöglichkeiten finden sich hier vieleInfos. Einfach unter: http://www.aaa.uni-augsburg.de/incoming/leben/Erfahrungs-berichte herunterladen. (pt)

Xi GongXi Gong ist heute im Finanzbereich derMontblanc International Holding in Ham-burg tätig. Zuvor studierte er Germanistikan der Nanjing Universität, Wirtschafts-ingenieurwesen in Karlsruhe sowie "Fi-nance & Information Management" an derUniversität Augsburg.

Xi Gong wurde in Nanjing, China, geborenund lernte schon früh durch die dortigeFremdsprachenschule die deutsche Sprachekennen. Zum ersten Mal nach Deutschlandselbst kam er 1999 für ganze sieben Monateim Rahmen eines Schüleraustauschs. Seinebisherigen Deutschkenntnisse vertiefte XiGong durch ein einjähriges Studium ander Nanjing Universität im Fach Germa-nistik, bevor es ihn 2002 zum Studium imFach Wirtschaftsingenieurwesen nachKarlsruhe zog.

P R O T R Ä T S1 8

Nach dem Abschluss des Studiums ginger noch im selben Jahr an die UniversitätAugsburg, um sich im Elitestudiengang„Finance & Information Management“weiter zu spezialisieren. Parallel zur Uni-versität engagierte sich Xi Gong als SummerTrainee der UnternehmensberatungA.T.Kearney und veröffentlichte als Co-Autor Artikel in der Wirtschaftswoche.Gleichzeitig war er Stipendiat der Fried-rich-Naumann-Stiftung.

Für Xi Gong war die Zeit an der UniversitätAugsburg sehr schön und er denkt gernezurück: „Die Zeit in Augsburg habe ichsehr genossen. Augsburg ist eine wunder-schöne Stadt mit reicher Tradition. DieUniversität Augsburg mit ihrem idyllischenCampus ist auch Mitglied im ElitenetzwerkBayern. Die wirtschaftswissenschaftlicheFakultät genießt einen sehr guten Ruf unddie intensive Betreuung der Professorenhat mir besonders gefallen.“ Auch die Be-treuung durch das Studentenwerk Augsburghat Gong überzeugt: „Außerdem reserviertdas Studentenwerk Augsburg extra Wohn-heimplätze für die ausländischen Studie-renden. So konnte ich damals durch diesesAngebot für einen absolut bezahlbarenPreis ein schönes möbliertes Zimmer miteigener Küche und Dusche bekommen.“

Nach dem erfolgreichen Studienabschlussin Augsburg wurde er in das Beyond BordersTraineeprogramm von Beiersdorf aufge-nommen. Während der Trainee-Zeit ver-brachte er sechs Monate in China als Assistent des CFOs (Chief Financial Of-ficer). Im Anschluss wurde Xi Gong beider Beiersdorf AG fest angestellt und warin diversen Finanzfunktionen in Hamburgund China tätig. Seit 2012 arbeitet er beiMontblanc International Holding im Be-reich Strategic Controlling in Hamburg.

Neben seiner Arbeit spielt Xi Gong lei-denschaftlich gern Schach. Sportlich be-geistert er sich für Tischtennis und Schwim-men. (pt)

„Lieber einmal mit den Augen sehen, als hundert-mal davon hören...“Russisches Sprichwort

Die Universität Augsburg blickt nach Nordamerika. Die Anglistik undAmerikanistik genießt einen exzellenten Ruf und die Romanistik befasstsich mit Quebec. Außerdem wäre da noch das Institut für Kanada-Studienund der Lehrstuhl für Transatlantische Beziehungen. Träumt also die gan-ze Uni von Amerika? Nein! Aber lesen Sie selbst, wie ein AugsburgerStudent Russland entdeckte!

Abbildung:

Moskau, Roter Platz,

Basilius Kathedrale

Page 11: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

kenntnisse auspacken, und es kam sogarmit ein paar englischen Einwürfen ihrer-seits eine Art Konversation zustande. Alsdann irgendwann der Ausfall des warmenWassers vorbei war, konnte ich gesättigtund frisch geduscht den kommenden neu-en Erfahrungen entgegenfiebern.

Bevor diese beginnen konnten, wurde ichjedoch noch am Abend meiner Ankunftin die russische Ess- und Trinkkultur ein-geführt. Obwohl meine Gastmutter Vod-ka nicht leiden kann, hatte sie eine Fla-sche für uns besorgt und sie schon fürsAbendessen kalt gestellt. Ehrlich gesagtwar mir in dem Augenblick etwas mul-mig zumute, weil ich nicht wusste, wasmich genau erwarten würde, aber es stell-te sich heraus, dass sich immer Essen undTrinken abwechseln und es genügendFruchtsaft gibt, um den Alkoholge-schmack verschwinden zu lassen. Außer-dem war ja immer jemand da, der michauf die richtige Reihenfolge hinweisenkonnte – am besten nicht zwei Mal trin-ken, aber auch lieber nicht zwei Mal hin-tereinander essen.

Am nächstenTag wurde ich zum erstenMal mit dem russischen Verständnis vonKälte konfrontiert. Da es ein schöner son-niger Tag war, hatte ich es gewagt, ohneMütze aus dem Haus zu gehen, woraufhinein älterer Russe an der Bushaltestellewild gestikulierend auf mich zugelaufenkam und mit beiden Händen auf seineKopfbedeckung deutete. Oft haben michdie Leute ganz verwundert gefragt, woherich denn wüsste, wie Schnee aussieht undob es denn in Deutschland auch Tempe-raturen unter Null Grad Celsius gäbe.

Nach etlichen Beteuerungen, dass ichnicht kurz vor dem Erfrieren war undmich genauso wohl fühle wie Zuhause,waren irgendwann alle zufrieden und ha-ben akzeptiert, dass mich mein dickerWollmantel genauso warm hält wie einemoderne russische Kunstfaser-Steppja-cke. Die einzige witterungsbedingteSchwierigkeit stellte für mich das Fortbe-wegen im Neuschnee dar – man muss da-zu wissen, dass die Behörden in Izhevskbei Schneefall erst einmal warten, bis eswieder aufhört zu schneien und dann da-mit anfangen, die Schneeberge von denStraßen zu entfernen. Da ich fast immerzur Uni gelaufen bin und die Gehwege so-wieso nicht geräumt werden (am besten

ist, zu warten, bis alles zu einer eisähnli-chen Schicht festgestampft ist) habe ichmanchmal doppelt so lang gebraucht alsüblich. Am faszinierendsten war für michaber, in solchen Situationen einige Rus-sinnen zu beobachten, die es sich trotz-dem nicht nehmen ließen, Stiefel mitzehn Zentimeter hohen Pfennigabsätzenzu tragen. Viele machen außerdem aus derNot der vereisten Gehwege eine Tugendund schieben kleine Blechschlitten vorsich her, auf die dann entweder Kinderoder Einkäufe gepackt werden. ÄltereLeute schrauben sich sicherheitshalberkleine Spikes an ihre Spazierstöcke.

Schon seit Beginn meiner Reise durchsLand hatte ich festgestellt, dass in Russ-land offensichtlich ein großes Bedürfnisnach Sicherheit besteht. Dieses äußertsich durch die ständige Präsenz von Si-cherheitspersonal an öffentlichen Gebäu-den und Plätzen, das ständige Bewachenvon Eingängen öffentlicher Gebäudedurch Rezeptionspersonal und durch all-gegenwärtige Sicherheitssysteme an denHaustüren von Wohnhäusern. Ob die Sys-teme und Kontrollen dann auch funktio-nieren, sei dahingestellt – immerhin er-wecken sie den Eindruck von Sicherheit:Wenn der Metalldetektor am Bahnhof wieblöd hupt und blinkt, wissen wenigstensalle, dass man etwas potentiell gefährli-

ches mit sich führen könnte – den Detek-tor kann man trotzdem passieren. Ähnli-ches habe ich auch im Kalaschnikov-Mu-seum erlebt (Izhevsk ist die Stadt der Ka-

laschnikov, wo deren Erfinder bis heutelebt). Dort kann jeder Interessierte für einkleines Entgelt ohne Einführung und Er-klärung mit allen möglichen scharfenWaffen schießen – natürlich konnte auchich mir eine solche Erfahrung nicht neh-men lassen.

Um mich in der Stadt selbständig bewe-gen zu können, musste ich mich mit demöffentlichen Nahverkehr anfreunden. Un-gewöhnlich für mich war die einfache Ge-staltung der Fahrpreise: Man bezahlt im-mer denselben Preis. Dabei ist es uner-heblich, ob man nur eine Station oderquer durch die Stadt fährt. Außerdem istes sehr angenehm, dass in jedem Bus undin jeder Straßenbahn ein Fahrkartenver-käufer mitfährt, bei dem man sich immerbequem noch ein Ticket kaufen kann. In

T I T E L T H E M A R U S S L A N D 2 1

Nachdem alle Rucksäcke gepackt waren,machte ich mich auf den Weg zum Flug-hafen, wo meine Habseligkeiten mitsamtmeiner Wenigkeit nach Moskau transpor-tiert wurden. Ich kam heil – wenn auchziemlich müde – in der russischen Haupt-stadt an und wurde gleich von meiner per-sönlichen Begleitung für den kommendenTag in Empfang genommen. Ihre Aufgabewar es, mich durch den Moskauer Groß-stadtdschungel zu lotsen und mich zumeiner ersten Übernachtungsmöglich-keit zu bringen. Bemessen am Grad mei-ner Müdigkeit war ich sehr dankbar dafür,

dass mir im Vorfeld ein persönlicher Gui-de von Izhevsk aus organisiert wordenwar. Kaum im Hotel angekommen wurdemir gleich vor Augen geführt, wie wichtiges in Russland ist, wenigstens ein paarBrocken der Landessprache zu beherr-schen: Ich hatte Probleme damit, meinZimmer zu finden und konnte das mitdrei Wörtern plus Händen und Füßen ir-gendwann sogar erfolgreich kommunizie-

ren, nachdem ich auf meine Frage „do youspeak English?“ nur verständnislose Bli-cke geerntet hatte.

Nach einer Erkundung Moskaus mit mei-ner russischen Fremdenführerin folgtedann mein Transfer mit dem Zug Rich-tung Izhevsk. Nachdem ich erfolgreicham gebuchten Platz abgestellt wordenwar und mich von meiner Begleiterin ver-abschiedet hatte, stand ich vor der Aufga-be, mich mit den russischen Reisebedin-gungen im Zug anzufreunden. Dazu ge-hörte unter anderem, dass meine Freude

über den Schlafplatz im oberen Stockbettdes Zugabteils nur kurz währte. Ich muss-te feststellen, dass ich möglicherweisemehr als zehn der insgesamt 17 Reise-stunden auf einer Ablage verbringen wür-de, die ungefähr eine Schienbeinlänge vonder Decke entfernt ist – da die obere Liegenicht zum Sitzen geeignet ist, kann mansich nur so lange auf die untere Bank set-zen, bis derjenige, der die untere Bank ge-

bucht hat, schlafen möchte. Immerhinwar ich vom vielen Laufen so müde, dassich trotz der über 25°C im Zugabteil pro-blemlos schlafen konnte.

Das Schöne an Langstreckenzugfahrten inRussland ist in meinen Augen der zugin-terne Samowar, der den Fahrgästen belie-bige Mengen an heißem Wasser garan-tiert. Auf diese Weise konnte ich michnach einer gemütlich durchschaukeltenNacht mit einigen Tassen Schwarzteeaufwecken und die vorbeiziehende Land-schaft genießen. Zwischendurch stiegenimmer wieder Fahrgäste aus dem Zug undpackten sich in schichtenweise Kleidungund Kapuzen, bis nur noch die Augen zusehen waren. Weshalb ich mir irgend-wann die Frage gestellt habe, ob ich auchgenügend Kleidung eingepackt hatte.

Schließlich an der Endstation Izhevsk an-gekommen, wurde ich von einem Abhol-kommando bestehend aus meiner Gast-mutter und verschiedenen Praktikantenin Empfang genommen. Das Wohnhausmeiner Gastfamilie ähnelte Plattenbau-ten aus Berlin Mahrzahn, mit dem Unter-schied, dass alles von einer 15 Zentimeterdicken Eisschicht bedeckt war. BeimFrühstück mit meiner Gastmutter konn-te ich dann ganz stolz meine Russisch-

T I T E L T H E M A R U S S L A N D2 0

Immerhin war ich vom vielen Laufen so müde, dass ich trotz der über 25°C im Zugabteil problemlos schlafen konnte.

Ältere Leute schrauben sich

kleine Spikes an ihreSpazierstöcke.

Abbildungen: linke Seite, links: Väterchen Frost und ich; linke Seite, rechts: Izhevsk,

Straßen bei Neuschnee; oben: Haus in einem udmurtischen Dorf

Page 12: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

Gastmutter ließ es sich nicht nehmen,mich schon im Voraus sehr belustigt da-rüber aufzuklären, wie viel ich inDeutschland über meine Schmerzens-schreie zu berichten haben würde. Natür-lich hat die Neugier überwogen und sokam ich auf der familieneigenen Dacia inden Genuss einer Massage mit heißen Bir-kenzweigen bei ungefähr 100° C Raum-temperatur. Die Schreie blieben aus, dasmulmige Gefühl nicht, aber ich muss sa-gen, dass man sich hinterher angenehmentspannt fühlt – vor allem, wenn mandann das obligatorische Bier in der Handhält und der Kreislauf sich nach und nachwieder normalisiert.

Neben Izhevsk als typisch russischerStadt hat mich auch interessiert, wie esum die Dörfer bestellt ist. Durch eine Stu-dentin aus dem Projekt bot sich einemFreund und mir die Möglichkeit, ein we-nig aus der Stadt herauszukommen undmit ihr und ihrer Familie zusammen ei-nen Tag auf dem Land zu verbringen. Wirfuhren zusammen in eine Ortschaft, dieungefähr eine Stunde Autofahrt überrumplige russische Landstraßen von Iz-hevsk entfernt liegt. Die Dörfer in Ud-murtien sind an sich sehr idyllisch, vieleliegen mitten im Wald, was bei Schnee ei-ne traumhafte Kulisse bietet. Der Nach-teil am Landleben ist, dass kleine Orte oftkein fließendes Wasser und keinen An-schluss an die Kanalisation haben, es gibtnur Strom, und die Anbindung an öffent-liche Verkehrsmittel existiert praktischnicht. Deswegen nutzen diejenigen, dienoch ein zusätzliches Haus außerhalb derStadt besitzen, es meist nur noch am Wo-chenende. Wir wurden dort jedenfalls

T I T E L T H E M A R U S S L A N D 2 3

der Regel hält der Busfahrer sogar an undöffnet die Türen noch einmal, wenn ersieht, dass noch jemand angeranntkommt. Außerdem kann man, um aufNummer sicher zu gehen, der netten Da-me mit den Fahrkarten einfach sagen, anwelcher Haltestelle man aussteigenmöchte. Das war für mich vor allem amAnfang meiner Zeit in Izhevsk sehr hilf-

reich, weil es im Februar noch ziemlichkalt war und oft die Scheiben von innenentweder beschlagen oder gefroren waren(also keine optische Orientierungsmög-lichkeit bestand) und ich dem Genuschelaus dem Lautsprecher lange keine sinn-vollen Haltestellennamen entnehmenkonnte. Solange man dann noch damitklarkommt, dass weder Fahrpläne nochStrecken-Übersichtspläne existieren, istdie Fortbewegung in Izhevsk also sehr an-genehm. Wer gern etwas schneller unter-

wegs ist, kann auch zwei Rubel mehr be-zahlen und mit einer Marshrutka (einemSprinter-ähnlichen Minibus) fahren, gehtdann aber das Risiko ein, aufgrund desZustands der Straßen ziemlich durchge-schüttelt zu werden.

Während der ersten Woche liefen unsereProjekte in den Kleingruppen mit russi-schen Studierenden an. Jeder, der wollte,konnte sich uns freiwillig anschließen.Das Konzept sah vor, dass es während derWoche einige Theorie-Seminare gab, dievon den Praktikanten abgehalten wurden.Angesprochen wurden viele verschiedeneAspekte unserer Herkunftsländer wie bei-spielsweise die Wohnsituation, aber auchProbleme in der Gesellschaft wie Korrup-tion oder mangelnde Infrastruktur. Au-ßerdem leiteten wir Diskussionen zu ak-tuellen Themen aus unseren Heimatlän-dern. In den Kleingruppen erstellten wirwährend der Zeit verschiedene Projekte.Ich erarbeitete in meinem Team einen in-terkulturell-wirtschaftlichen Vergleichzwischen Deutschland und Russland, an-dere stellten beispielsweise einen Busi-nessplan zur Realisierung eines Ge-schäftskonzeptes auf. Wir trafen uns fastjeden Tag mit unseren Teammitgliedern.

Und nicht selten wurden wir auch nachder ‚Arbeit‘ noch zum Essen eingeladenoder verbrachten gleich noch den Abendzusammen. Auch unter den Praktikantenhaben wir uns sehr gut verstanden undviel zusammen unternommen.

Ich war außerdem Gast in Deutschkursender Uni. Alle waren sehr daran interes-siert, alles Mögliche über uns zu erfahren,und aus diesem Grund haben wir einePräsentationen über Deutschland in ei-nem Seminar abgehalten. Die Dozentin-nen nutzten die Möglichkeit, mit Mutter-sprachlern zu kommunizieren. Von Stu-dierenden wie Dozierenden wurden wirimmer mit Kuchen und Tee empfangenund uns wurde versichert, dass im Fakul-tätsraum Germanistik immer eine TasseKaffee auf uns wartet, wenn wir Zeit undLust haben.

Bereits im ersten Monat hatte ich die Ge-legenheit, die Banja, das russische Dampf-bad, kennenzulernen. Eigentlich wurdeich schon seit meiner Ankunft zumindestdurch Erzählungen auf meinen ersten Be-such vorbereitet, was aber nicht unbe-dingt dazu beigetragen hat, mein etwasmulmiges Gefühl zu besänftigen. Meine

S T U D E N T E N A U S T A U S C H2 2

Lukas Sonnberger lebt und studiert in Augsburg. Manchmalüberkommt ihn das Reisefieber, und er macht sich aufden Weg, wie zum Beispiel Anfang 2012 nach Russland.Als Student von Deutsch als Fremdsprache und Italienischwird er bestimmt auch in Zukunft in Kontakt mit anderenLändern und Kulturen kommen.

Izhevsk, Sankt Michaels-Kathedrale

Abbildung oben: Izhevsk, Stadtmitte, vor

historischem Fabrikenviertel; Uferprome-

nade neben dem historischen Fabriken-

viertel

Massage mit heißenBirkenzweigen

bei ungefähr 100° CRaumtemperatur.

wieder sehr herzlich empfangen und ver-brachten zusammen einen gemütlichenTag mit viel gutem Essen und allen mög-lichen Familienmitgliedern und Freun-den und konnten mit russischen Filz-schuhen durch den Schnee spazieren.

Vor der Rückkehr nach Deutschlandmachten wir noch einen Abstecher nachSankt Petersburg. Die über dreißigstündi-ge Zugfahrt hatten wir rechtzeitig ge-bucht. Aufgrund diverser Mitbringsel undEinkäufe hatte ich beim Packen schon ei-nige Probleme, überhaupt alles wieder inmeine Rucksäcke zu bekommen. MitMühe und Not habe ich es dann doch ge-schafft, habe aber nicht an die Fürsorg-lichkeit meiner Gastfamilie und weitererFreunde gedacht. Da alle wussten, dass ei-ne lange Zugfahrt auf uns wartet, wurdenwir rundum versorgt. Meine Gastmutterhat mir ein Fresspaket zusammengestellt,von dem ich allein eine halbe Wocheüberlebt hätte. Am Bahnsteig kam dannvon allen, die sich verabschieden wollten,noch entweder ein Geschenk oder etwaszu Essen dazu. Am Ende standen wir et-was überfordert vor unseren Schlafplät-zen, die voller Rucksäcke, Koffer und un-glaublich vielen Tüten waren. In SanktPetersburg haben wir uns mit einer Prak-tikantin getroffen, die sich schon ein paarTage früher auf den Weg gemacht hatte.Von unseren Lebensmittelvorräten ausdem Zug haben wir zu dritt noch zwei Ta-ge gelebt.

Meine Rückkehr aus Russland ist mitt-lerweile schon über ein halbes Jahr her.Ich habe dort Menschen kennengelernt,mit denen ich auch in Zukunft Kontakthalten möchte und konnte in eine Kultureintauchen, von der ich vorher nicht vielwusste. Außerdem habe ich fest vor, min-destens noch einmal hinzufahren. Viel-leicht nächstes Mal Izhevsk im Sommer?Oder doch gleich nach Sibirien? (son)

Page 13: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

aufwendig klingen, aber dafür warteten keine Eignungstests oderVorstellungsgespräche auf die Bewerber: Man bekommt direkteine Zu- oder Absage – und in meinem Briefkasten landete glück-licherweise eine positive Antwort. Die Zusage für einen Prakti-kumsplatz im Communication Departement.

Im Januar 2012 begann dann mein Abenteuer am ICTY. KonkreteErwartungen, meine Tätigkeiten betreffend, hatte ich nicht.Vielmehr stellte ich hohe Ansprüche an mich selbst und an mei-ne Arbeit. Zunächst hatte ich die Befürchtung, mich nicht inten-siv genug in die Funktionsweise der Abteilung einarbeiten zudürfen, weil am ICTY oft mit sehr vertraulichen Informationen

gearbeitet wird. Insbesondere wenn es um Entscheidungen desGerichtes, um Schutz der Zeugen und andere diskrete Aspektegeht. Im Lauf des Praktikums wurde ich aber immer stärker indie Arbeit eingebunden, so dass sich meine Bedenken letztlichals unbegründet erwiesen.

Nach kleineren Aufträgen arbeitete ich dann vor allem für dasOutreach Programm. Sein Ziel ist es, eine Brücke zwischen derArbeit, den Tätigkeiten und den Erfolgen des ICTY und der Be-völkerung im ehemaligen Jugoslawien zu bauen. Das Programmversucht also, die Tätigkeiten des Gerichtshofs so transparentwie möglich zu gestalten. Außerdem ist es bestrebt, mit ver-schiedenen Projekten und Aktivitäten, wie etwa Besuchen undFührungen, so viele Informationen wie möglich der Öffentlich-keit zugänglich zu machen. Dazu gehören auch die Dokumen-tarfilme, die das Outreach Programm produziert und die ver-schiedene Aspekte des Krieges darstellen. Bei meiner Ankunftwurde der erste dieser Filme, Sexual Violence and the Triumphof Justice, fertiggestellt und ich wirkte an den Vorbereitungenund der Durchführung der Premiere mit. Der zweite dieser Filmesollte von den Verbrechen in der Region in und um die Stadt Pri-

jedor handeln sowie den Kriegsverlauf in diesem Teil Bosnien-Herzegowinas beschreiben. Meine Rolle war es, die Recherchefür diesen Film durchzuführen und bei anderen Stadien der Pro-duktion mitzuwirken. Dies beinhaltete zuerst das Verfassen ei-ner Chronologie der Ereignisse, das Verfassen eines Skriptes unddas Sammeln von passendem Material, wie Interviews, Zeugen-aussagen, Bildern und Nachrichtenberichten. Ich bin in dieserArbeit sehr aufgegangen und empfand die Tätigkeiten rund umdie Produktion des Filmes als sehr bereichernd. Ich hatte zu die-sem Zeitpunkt noch keinerlei Erfahrung mit Medien oder Film-produktion gemacht. Somit war das ganze Verfahren für michneu und entsprechend viel habe ich gelernt.

Das Recherchieren beinhaltete sehr umfangreiche Lektüre dertranskribierten Zeugenaussagen und Gerichtsverhandlungen.Dadurch erfuhr ich nicht nur mehr über das eigentliche Themades Filmes, sondern auch über den Ablauf der Verfahren. Vieleder mir bis dahin nur in der Theorie bekannten Konzepte des in-ternationalen Rechts konnte ich nun in den Verhandlungen undArgumenten der verschiedenen Parteien mitverfolgen. Darüberhinaus hatte ich viele Freiheiten und konnte bestimmen, wasTeil des Dokumentarfilms wird und was nicht. Somit hatte ichschnell das Gefühl, dazuzugehören und eine wichtige Tätigkeitauszuüben. Auch die praktische Umsetzung des Skriptes und

der Zitate in etwas Greifbares war mit vielen Lernprozessen ver-bunden. Die gesammelten Exzerpte der Zeugenaussagen undNachrichtenberichte mussten in den Archiven gesucht, auf dierichtige Länge zusammengeschnitten und -gefügt werden. Dieswar mit verschiedenen Systemen und Techniken verbunden, diemir persönlich ganz neu waren. Es war sehr interessant, zu se-hen, wie der Text des Skripts auf der Leinwand aussieht und wieunterschiedlich die Wirkung sein kann.

Parallel war ich aber auch fortwährend an weiteren kleinen Pro-jekten beteiligt, was eine angenehme Abwechslung darstellte.

P R A K T I K U M I N D E N H A A G 2 5

Das International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia(ICTY) in Den Haag (Niederlande) ist ein internationaler Strafge-richtshof, der 1993 von den Vereinten Nationen (UN) gegründetwurde. Er arbeitet die Kriegsverbrechen auf, die während der Bal-kankriege in den 1990er Jahren begangen wurden. Ausschlagge-bend für meinen Wunsch, dort ein Praktikum zu machen, warenvor allem zwei Aspekte. Einmal sollte es eine internationale Or-ganisation sein, die sich für die Wahrung der Menschenrechteeinsetzt und die versucht Konflikte durch Integration, Bildung,und andere Mittel zu verhindern. Ferner hatte ich schon immer

großes Interesse an Journalismus sowie internationalem Recht.Im Vergleich zu anderen Organisationen, bei denen ich michschon beworben habe, zählte das Bewerbungsverfahren beimICTY zu den etwas komplexeren. Neben zahlreichen Formula-ren gehörten zu den benötigten Unterlagen drei Empfehlungs-schreiben, ein ärztliches Attest, ein internationaler Krankenver-sicherungsnachweis, und vieles mehr. Anders als bei manch an-deren Unternehmen oder Organisationen, müssen alle Unterla-gen per Post an den Gerichtshof geschickt werden, und könnennicht elektronisch eingereicht werden. Das mag ein wenig zeit-

P R A K T I K U M I N D E N H A A G2 4

WIE GEHT MAN MIT KRIEGS-ERFAHRUNGEN UM?Ein Bericht von DAAD-Preisträgerin Edina Strikovic, die in Den Haag ein viermonatiges Praktikum gemacht hat.

... im Kreis der Kolleginnen und Kollegen vom Communications Service ...

„DAS PROGRAMM VERSUCHT, DIE TÄTIGKEITEN DES GERICHTSHOFS SO TRANS-

PARENT WIE MÖGLICH ZU GESTALTEN.“

„ICH EMPFAND DIE TÄTIGKEITEN ALS SEHR BEREICHERND.“

Page 14: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

Die in Bosnien-Herzegowina geborene US-Amerikanerin EdinaStrikovic erhielt den „Preis des Deutschen Akademischen Aus-tauschdienstes für hervorragende Leistungen ausländischer Stu-dentinnen und Studenten an deutschen Hochschulen“. Der Preiswürdigt ihr Engagement in der Menschenrechts-, Kinder- undJugendarbeit. Vorgeschlagen wurde die Preisträgerin von Prof.Weller, Inhaber des Lehrstuhls für Politikwissenschaft/Friedens-und Konfliktforschung und seiner Mitarbeiterin Julia Bake. Prof.Weller hielt auch den Festvortrag über „Die Universität Augs-burg – Universität in einer Friedensstadt” (siehe Seite 28). ImAuftrag des zuständigen Vizepräsidenten führte Prof. Dr. UlrichEckern die Ehrung der AbsolventInnen durch. Für die musikali-sche Umrahmung sorgte Magda Cecilia Agudelo Moreno auf ih-rer kolumbianischen Harfe.

International zu Hause

Edina Strikovic wurde in Banja Luka (Bosnien-Herzegowina) ge-boren und verbrachte dort die ersten zehn Jahre ihres Lebens.Nachdem sie einen Teil ihrer Schulzeit in Deutschland absol-viert hatte, siedelte sie mit ihrer Familie in die USA über. Dortmachte sie ihr Abitur und anschließend den Bachelor in den Fä-chern Internationale Beziehungen, Politikwissenschaften,Deutsch und Psychologie an der Saint Louis University. An derUniversität Augsburg studiert sie seit 2010 im Masterstudien-gang Sozialwissenschaftliche Konfliktforschung. Extra für diePreisverleihung unterbrach Frau Strikovic ihr ERASMUS-Semes-ter in Oslo.

Einsatz für Menschenrechte und Arbeit

mit Kindern und Jugendlichen

Schon während ihrer Studienzeit in den USA engagierte sichEdina Strikovic in verschiedenen Menschenrechtsorganisatio-nen. Von Februar bis Juli 2007 unterstützte sie beispielsweise dieUnited Nations Association in Saint Louis. Sie organisierte dortdiverse Veranstaltungen und wirkte aktiv in der Presse- und Öf-fentlichkeitsarbeit mit. Zudem engagierte sie sich ehrenamtlichim „Center for Survivors of Torture and War Trauma”. Im Rah-men der Planung und Durchführung eines vierwöchigen Men-schenrechtsseminars für Jugendliche reiste sie als Delegierte ei-ner Menschenrechtsgruppe im August 2007 nach Ruanda.

Neben ihrem Engagement für die Menschenrechte arbeitete Stri-kovic auch viel mit Kindern und Jugendlichen. Das tat sie nichtnur während ihrer beruflichen Tätigkeit als Lehrkraft und Be-treuerin an der Montessori-Schule in St. Louis, der sie zwischendem Abschluss ihres Bachelorstudiums und dem Beginn desMasterstudiums in Augsburg zwei Jahre lang nachging. Seit April2011 arbeitet sie auch ehrenamtlich in der Kommunalen Jugend-arbeit des Amtes für Kinder, Jugend und Familie der Stadt Augs-burg. Hier ist sie Betreuerin im Rahmen des Ferienprogramms,plant selbständig Tagesausflüge für die teilnehmenden Kinderund unterstützt die pädagogischen Leiterinnen und Leiter beider Programmdurchführung. Zudem half sie bei der Planung undDurchführung des Augsburger Kinderfriedensfestes am 8. Au-gust 2011 mit. So verwundert es nicht, dass Edina Strikovic mitdem diesjährigen DAAD-Preis ausgezeichnet wurde. Schließlichsetzte sie sich schon ihr ganzes Leben für Menschenrechte undden Austausch zwischen Kulturen und Generationen ein. (kpp)

D A A D - P R E I S V E R L E I H U N G / A B S O L V E N T E N F E I E R 2 7

Besonders an Tagen, an denen wichtige Verhandlungen begannenoder Urteile verkündet wurden, war ich immer in die aktuellenVorgänge des Communication Departements eingebunden. DieVielfalt der Arbeit trug zu einem umfassenden Verständnis desICTY bei.

Meine Tätigkeiten erlaubten es mir ferner, mich intensiv mitKonfliktforschung, mein Studienfach, zu befassen. Es war schoneine besondere Erfahrung, die untersuchten Auseinandersetzun-gen als Film und nicht als akademische Arbeit zu präsentieren.Prägend waren auch die persönlichen Begegnungen, die ich imLauf des Praktikums machte. Da ich auch an Führungen teil-nahm, konnte ich erleben, wie wichtig es ist, die Menschen überdie Arbeit des ICTY zu informieren. Eine der Hauptaufgaben ist

zu vermitteln, dass es dabei auf Gerechtigkeit, Fairness gegen-über allen Konfliktparteien und Diskretion ankommt. Dies stößtallerdings häufig auf Proteste und Einsprüche. Jede Konfliktpar-tei – ob Kroaten, Bosnier oder bosnische Serben – fühlt sich häu-fig im Stich gelassen und ist der Meinung, dass ihre Seite nichtadäquat vertreten und dargestellt wird. Es war sehr interessantzu beobachten, wie mit solcher Kritik, die teils auf persönlichenVerlusten und tragischen Schicksalsschlägen der Besucher ba-siert, umgegangen wurde. In solchen Momenten wurde mir klar,dass die Keile zwischen den verschiedenen Nationen noch tiefsitzen und es erst zu wirklichem Frieden kommen kann, wenndiese Gegensätze überwunden werden. In diesem Sinn einer derschönsten Momente und ein wunderbarer Ausklang meinesPraktikums war die Premiere des Filmes, an dem ich mitgearbei-

tet hatte – er wurde diesen Sommer in Trnopolje (Bosnien) ge-zeigt. Die Veranstaltung fand auf einer Wiese hinter dem ehema-ligen Gefangenenlager statt, um das sich ein großer Teil desFilms dreht. Unter den Zuschauern saßen auch ehemalige Ge-fangene des Lagers. Mit nickenden Köpfen und verhaltenem Ap-plaus sahen sie auf der Leinwand ihre eigene Geschichte an ih-nen vorbei ziehen. (stri)

S T U D E N T E N A U S T A U S C H2 6

„ZU WIRKLICHEM FRIEDEN KANN ES ERST KOMMEN, WENN GEGENSÄTZE

ÜBERWUNDEN WERDEN.“

... zusammen mit ihrer Praktikumskollegin Rachel vor dem ICTY-Hauptgebäude ...

Vier Monate Den Haag: Edina Strikovic in ihrem Büro im Com-

munication Department des ICTY ...

DAAD-Preisverleihung und Absolventenfeier 2011Bereits zum elften Mal wurde am 24. November 2011der DAAD-Preis für herausragende Leistungen auslän-discher Studierender an deutschen Hochschulen ander Universität Augsburg vergeben. Bei der Preisver-leihung wurden auch die ausländischen AbsolventIn-nen des Studienjahrs 2010/11 geehrt. Der Politikwis-senschaftler Christoph Weller hielt den Festvortrag.

Temperamentvolle Dankesworte: Die Augsburger DAAD-Preis-

trägerin 2011, Edina Strikovic

Die ausländischen Absolventinnen und Absolventen des Jahr-

gangs 2011

Page 15: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

F R I E D E N S S T A D T A U G S B U R G 2 9S T U D E N T E N A U S T A U S C H2 8

Und damit das Jahr 2021 nicht ganz ohne historisches Gedenkenbleiben muss, könnte dann an den ersten Aufstieg Augsburgs zurBundesliga-Stadt erinnert werden. Der Frieden ist nach diesenBerechnungen erst in 44 Jahren wieder dran. Er hat zwar seinenjährlichen Feiertag, dessen kalendarische Positionierung aber füreine Universität denkbar ungünstig gelaufen ist. Am 8. August,wenn die letzten Klausuren des Sommersemesters geschriebensind und endlich auch die bayerischen Schulkinder in die Ferienentlassen wurden, feiert Augsburg das Hohe Friedensfest. Ent-sprechend schwierig gestaltet sich der Beitrag der Universitätzum Rahmenprogramm des Augsburger Hohen Friedensfests.

Dies war 2005, im Festjahr zum 450. Jahrestag des AugsburgerReligionsfriedens deutlich einfacher. Ein ganzes Jahr stand da-mals zur Verfügung, um sich in besonderer Weise historischenwie aktuellen Dimensionen des Friedens zuzuwenden. Und dieswar insofern für die Universität Augsburg von Relevanz, weilsich in diesem, weit über die Stadtgrenzen hinaus und auch inMünchen wahrgenommenen Friedens-Diskurs die Entscheidungtreffen ließ, einen der zwei politikwissenschaftlichen Lehrstühleder Universität Augsburg mit dem Schwerpunkt Friedens- undKonfliktforschung auszuschreiben. Eine Universität einer Frie-densstadt, so lässt sich inzwischen verallgemeinernd, zumindestfür Deutschland sagen, hat einen Lehrstuhl für Friedens- undKonfliktforschung, denn auch die Universitäten in Osnabrückund Tübingen, die sich auch als Friedensstädte bezeichnen, ha-ben jeweils einen Lehrstuhl mit dieser Denomination.

Lässt sich an der Universität Augsburg erkennen, dass sie Uni-versität in einer Friedensstadt ist?

Vor 10 Jahren plante die „Initiative Friedens- und Konfliktfor-schung an der Universität Augsburg“ ihren ersten Workshopund ein großes Symposium für eine Bestandsaufnahme derFriedens- und Konfliktforschung in Deutschland;

Seit drei Jahren bietet die Universität Augsburg einen Master-studiengang „Sozialwissenschaftliche Konfliktforschung“ an,der jüngst ohne Auflagen akkreditiert wurde und der so begab-te und interessante Studierende wie Edina Strikovic, die dies-jährige Preisträgerin des „DAAD-Preises für hervorragendeLeistungen ausländischer Studierender an deutschen Hoch-schulen 2011“ an die Universität Augsburg holt;

Durch die finanzielle Unterstützung von Stadt und Universi-tät Augsburg ist es gelungen, die Geschäftsstelle der Arbeits-gemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung (AFK), desVerbands der deutschsprachigen Friedens- und Konfliktfor-scherinnen und -forscher an der Universität Augsburg anzu-siedeln;

Auch die Redaktion der neu gegründeten, wissenschaftlichen„Zeitschrift für Friedens- und Konfliktforschung“ (ZeFKo) ar-beitet seit 2011 an der Universität Augsburg;

Die Studierenden unseres Master-Studiengangs haben jüngstden „Verein der Ehemaligen, Fördernden, Freundinnen, Freun-de und Studierenden der Konfliktforschung an der UniversitätAugsburg“, kurz ASKA, gegründet, um eine Plattform zur Ver-

netzung untereinander, mit den Absolventinnen und Absol-venten, aber auch mit der Stadtgesellschaft zu haben;

Gemeinsam mit dem städtischen Projektbüro für Frieden undInterkultur, der Interkulturellen Akademie und dem Evange-lischen Forum Annahof haben wir 2010 eine Redereihe imGoldenen Saal der Stadt Augsburg zu „Vielfalt und Frieden inder Stadtgesellschaft“ etabliert;

Außerdem wird seit 2007 alle zwei Jahre der Augsburger Uni-versitätspreis für Versöhnung und Völkerverständigung ver-liehen, an Personen, die sich aktiv, glaubwürdig und innovativfür Versöhnung und Völkerverständigung eingesetzt haben;

Und seit 1998 schreibt die Universität Augsburg in Kooperati-on mit dem Augsburger „Forum interkulturelles Leben undLernen“, kurz FILL, und der Stadt Augsburg den „AugsburgerWissenschaftspreis für interkulturelle Studien“ aus und ver-gibt dabei sowohl einen Hauptpreis für eine Dissertation oderHabilitationsschrift, als auch einen Förderpreis für eine stu-dentische Abschlussarbeit. Und da viele der heute Abend hierAnwesenden erst jüngst ihren Studienabschluss gemacht ha-ben, möchte ich speziell darauf hinweisen, dass Bewerbungenum diesen Preis in jedem Jahr bis zum Herbst eingereicht wer-den können.

Es gibt also zahlreiche Anlässe, Institutionen und Termine, dieimmer wieder aufscheinen lassen, dass die Universität Augsburgeine Universität in einer Friedensstadt ist. Doch die Ehrung un-serer ausländischen Absolventinnen und Absolventen, die derheutige Anlass für diese Festrede ist, weist uns auf weitere Di-mensionen der Friedensstadt Augsburg hin, die an unserer Uni-versität noch intensiver aufgegriffen werden könnten:

Die kulturelle und religiöse Vielfalt der in Augsburg lebendenMenschen ist außerordentlich groß und stellt eine besondereHerausforderung für das tägliche gesellschaftliche Zusammen-leben in dieser Stadt dar. Die Parität als Augsburger „Friedens-Rezept“ reicht für diese Vielfalt schon lange nicht mehr aus undauch die vorhandenen Institutionen für Integration erweisensich als überfordert oder unterfinanziert. Kann – oder muss – ei-ne Universität in einer Friedensstadt hierzu konstruktive Bei-träge leisten und sich in hierfür geeigneten Institutionen ein-bringen?

„Ressourceneffizienz“ ist die inhaltliche Klammer des so ge-nannten Innovationsparks, der in unmittelbarer Nachbarschaftzu unserer Universität entsteht, um Forschung und industrielleUmsetzung beim sparsamen Umgang mit Rohstoffen möglichsteng zusammenzubringen. Weil die weltweiten Konflikte um dieimmer knapper werdenden Ressourcen auf diesem Planeten zu-nehmen und sich teilweise auch verschärfen, könnte hier auchein Beitrag zum Frieden – und nebenbei auch zum positivenImage der Friedensstadt Augsburg – geleistet werden. Dafür soll-te Konzepten wie Nachhaltigkeit oder Corporate Social Respon-sibility, also der gesellschaftlichen Verantwortung von Unter-nehmen, ein prominenter Platz in den Kooperationsprojektendes Innovationsparks eingeräumt werden.

Augsburg ist eine der ältesten Städte Deutschlands: Schon vorüber 6000 Jahren haben sich Menschen hier niedergelassen, voretwas mehr als 2000 Jahren besetzten römische Truppen das Al-penvorland und nutzten das etwas erhöht liegende Gebiet zwi-schen den zwei Flüssen Wertach und Lech zur Errichtung einesgroßen Militärlagers. Zwischen 1520 und 1555 erlebte Augsburgbesonders intensive kriegerische Auseinandersetzungen im Zugeder Reformation, ähnlich noch einmal etwa 100 Jahre später underst 1648, mit dem in Osnabrück ausgehandelten WestfälischenFrieden, wurde eine Konfliktregelung auch für Augsburg etab-liert, die sich als tragfähig erwies. Sie lautete: Bei der Besetzungöffentlicher Ämter soll unter den Anhängern beider ReligionenGleichheit und gleiche Anzahl sein.

Dieses Prinzip der Parität fand sich schon im Augsburger Religi-onsfrieden von 1555, der forderte, dass Menschen unterschiedli-chen Glaubens ihre religiösen Unterschiede anerkennen undfriedlich nebeneinander wohnen und miteinander leben sollen.Dieses Toleranzprinzip ermöglichte ein Ende des mehr als 130Jahre zuvor begonnenen, immer wieder kriegerisch und gewalt-sam ausgetragenen, konfessionellen Konflikts. Daran erinnert

bis heute das „Hohe Friedensfest“, das jedes Jahr am 8. Augustin Augsburg feierlich begangen wird und den Augsburgerinnenund Augsburgern zu einem zusätzlichen arbeitsfreien Tag ver-hilft.

Auf diese, hier nur ganz skizzenhaft dargestellte Geschichte desAugsburger Religionsfriedens beruft sich die Stadt Augsburg,wenn sie sich „Friedensstadt“ nennt. Solche historischen Bezü-ge schlagen sich in der Gegenwart zumeist in Gedenkjahrennieder. Weil Augsburg auch Fugger-Stadt, Brecht-Stadt und Mo-zart-Stadt ist, lassen sich durch entsprechende arithmetischeBerechnungen relativ regelmäßig Brecht-Jahre, Mozart-Jahreund Fugger-Jahre begehen: 1998 etwa jährte sich Bertolt BrechtsGeburtsjahr zum 100sten Mal; weil Jakob Fugger 1459 geborenist, war 550 Jahre später, also vor zwei Jahren, ein Fugger-Jahr.In acht Jahren werden wir uns hier in besonderer Weise an den200 Jahre zuvor in Augsburg geborenen Leopold Mozart, den Va-ter des noch berühmteren Wolfgang Amadeus Mozart, erinnern,in neun Jahren an die 50 Jahre zuvor gegründete Universität,denn Augsburg, das hätte ich fast vergessen, ist ja auch Univer-sitäts-Stadt.

Die Universität Augsburg – Universität in einer FriedensstadtFestvortrag von Prof. Dr. Christoph Weller bei der DAAD-Preisverleihung am 24. November 2011

Der Friedens- und Konfliktforscher Prof. Dr. Christoph Weller bei seinem Festvortrag über die Universität und die Friedensstadt

Augsburg. Foto: Klaus Satzinger-Viel

Page 16: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

Der universitären Beteiligung am Innovationspark stehen aller-dings auch Befürchtungen gegenüber, dass die aus der universi-tären Forschung hervorgehenden Innovationen auch oder mögli-cherweise sogar primär der Rüstungsindustrie, die hier in Augs-burg beheimatet ist, zugute kommen. Was bedeutet dies für dieUniversität einer Friedensstadt?

Wir stehen noch am Anfang der entsprechenden wissenschafts-ethischen Debatten und sind darin doch nicht orientierungslos!„Scientia Et Conscientia“ lautet der Leitspruch dieser Universi-tät, und man könnte meinen, er sei gewählt worden unter derFragestellung, was es heißt, Universität in einer Friedensstadtzu sein. Der ehemalige Prorektor dieser Universität, ThomasScheerer, hat dieses lateinische Motto so übersetzt:

„Wissen durch Forschung, Lehre und Studium gewissenhaftmehren und das Wissen gesellschaftlich verantworten.“ Dasshierbei die Verantwortung für das friedliche Zusammenlebender Menschen – in Augsburg und in der Weltgesellschaft – einenprominenten Platz einnimmt, wird in einer Stadt der Konfessi-onskriege, die Augsburg eben auch ist, keiner besonderen Be-gründung bedürfen. Augsburgs Aufstieg begann als Militärlagerund auch der letzte Tiefpunkt der Augsburger Geschichte, dieverheerenden Bombardements der Alliierten am 25. und 26. Feb-ruar 1944 hingen mit einem Militärlager zusammen: Die Baye-rischen Flugzeugwerke, seit 1938 die Messerschmidt AG, stelltein Augsburg das wichtigste Kampfflugzeug der deutschen Luft-waffe her, weshalb leicht zu verstehen ist, dass Augsburg einwichtiges Ziel für die Bomben der Alliierten war. Sie galten vorallem den Messerschmidt-Werken und deren Flughafen, die et-wa an der Stelle waren, an der wir hier heute sitzen. Denn alsEnde der 1960er Jahre in Augsburg nach einem Standort für dieneue Universität gesucht wurde, fiel am Ende die Entscheidungfür den Alten Flughafen mit seiner unrühmlichen Geschichte.

Durch diesen Campus wurde aus einem Ort des Krieges ein Ortdes Wissens - kein schlechter Start für eine Universität in einerFriedensstadt, die sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortungbewusst ist. Hier lassen sich also durchaus Parallelen entde-cken zwischen der Universitäts-Geschichte auf der einen undder Entwicklung der Friedensstadt auf der anderen Seite, in deran die Stelle der Konfessionskriege die religiöse Toleranz getre-ten ist.

Mit diesen Hinweisen auf einen Aspekt der Universitätsge-schichte möchte ich aber nicht davon ablenken, dass die „Frie-densstadt“ vor allem ein Zukunftsthema ist. Brecht-Stadt, Bun-desliga-Stadt, Fugger-Stadt, Mozart-Stadt – nicht in wertender,sondern alphabetischer Reihenfolge – diese images können auchalleine rückwärtsgewandt gepflegt und begangen werden, durchErinnerung an Geburts-, Todes-, Auf- und Abstiegs-Jahre. „Frie-densstadt“ ist dagegen vor allem ein Anspruch für heute undmorgen. Dabei soll die Geschichte nicht vergessen werden unddafür haben die Augsburgerinnen und Augsburger ihren exklu-siven Feiertag. Aber die restlichen 364 Tage im Jahr sind ausrei-chend Zeit, sich vorwärts gewandt den aktuellen und kommen-den Herausforderungen des friedlichen Zusammenlebens in ei-ner immer enger zusammenwachsenden Weltgesellschaft mitknapper werdenden Ressourcen zuzuwenden – auch und gerade

an einer Universität, die sich ihrer gesellschaftlichen Verant-wortung bewusst ist.

Dieses weltgesellschaftliche Zusammenleben wird nicht zu-letzt hier und heute sichtbar in der Internationalität und Viel-kulturalität unserer Studierenden. Ich danke Ihnen, liebe Ab-solventinnen und Absolventen, dass Sie durch Ihr Studium inAugsburg dazu beigetragen haben, die Vielfalt der Welt auf un-serem Campus sichtbar und erfahrbar zu machen. Ich hoffe sehr,dass Sie in Ihrer Augsburger Zeit auch Erfahrungen machenkonnten, die ein Zeichen davon waren, an einer Universität ineiner Friedensstadt studiert zu haben. Für Ihre beruflichen Ein-stiege und Ihren weiteren Lebensweg wünsche ich Ihnen vielErfolg und alles Gute. Bleiben Sie vernetzt mit Ihrer Alma Materund nutzen Sie Ihr in Augsburg erworbenes Wissen in gesell-schaftlicher Verantwortung und in Erinnerung an die Friedens-stadt Augsburg. Vielen Dank!

F R I E D E N S S T A D T A U G S B U R G3 0 D A A D - P R E I S V E R L E I H U N G / A B S O L V E N T E N F E I E R 3 1

Prof. Dr. Christoph Weller hat seit September 2008 denLehrstuhl für Politikwissenschaft, Friedens- und Konflikt-forschung inne. Er beschäftigt sich derzeit vor allem mitKonzepten Ziviler Konfliktbearbeitung, Ressourcenkon-flikten und einer Wissenssoziologie internationaler Poli-tik.

Abbildung oben: Bei der Preisverleihung

am 21.05.2012 im Goldenen Saal des

Augsburger Rathauses (v.l.): Augsburgs

Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl, Wajeeh

Tomeezi, der den Preis stellvertretend für

Khaled Abu Awwad entgegennahm,

Nir Oren, die Präsidentin der Universität

Augsburg, Prof. Dr. Sabine Doering-

Manteuffel, Rabbiner Dr. h. c. Henry G.

Brandt, der Preisstifter und Vorsitzende

der Jury Dr. Georg Haindl und der Baye-

rische Staatsminister für Wissenschaft,

Forschung und Kunst, Dr. Wolfgang Heu-

bisch. Foto: Klaus Satzinger-Viel

Fo

to: K

lau

s S

atz

ing

er-

Vie

l

Individuelle Aussöhnung als Grund -voraussetzung für einen dauerhaften Frieden zwischen Israel und PalästinaAm 21.05.2012 wurde zum dritten Mal der „Mietek Pemper Preis der Universität Augsburg für Versöhnungund Völkerverständigung” verliehen. Die diesjährige Auszeichnung würdigt insbesondere das außerordentlicheEngagement und den hohen persönlichen Einsatz des Palästinensers Khaled Abu Awwad sowie des IsraelisNir Oren. Mit ihrem „Parents Circle Families Forum” stellen sie individuelle Aussöhnung gegen politische Pa-tentrezepte, um einen nachhaltigen Frieden zwischen Israel und Palästina zu ermöglichen.

Herausgegeben im Auftrag des AFK-Vorstandsvon Thorsten Bonacker, Tanja Brühl und Christoph Weller

Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung

1 20132. Jahrgang 2013

ISSN 2192-1741

Aus dem Inhalt: Adam Scharpf/Gerald Schneider/Anna Nöh/

Aaron Clauset Die Blutspur des Vetos: Eine Prognose zur Gefahr von

extremen Massakern in Syrien Nicolas Schwank/Christoph Trinn/Thomas Wencker

Der Heidelberger Ansatz der Konfliktdatenerfassung

Silja Klepp Europäisierung vor Ort. Eine Ethnographie der

Frontex-Mission Nautilus II auf dem Mittelmeer� LITERATURBERICHT Simone Wisotzki Notfalls mit Gewalt? Globale Gerechtigkeit und die

Rechtfertigung militärischer Intervention � FORUM Felix Koltermann Vom Hier und Dort – Lernen für die Praxis der

Feldforschung Eine Replik auf Susanne Buckley-Zistel Gert Krell Zwischen Krieg und Frieden Eine Auseinandersetzung mit dem Werk von

Ekkehart Krippendorff

ZeFKoZeitschrift für Friedens- und Konfliktforschung

hri

ft f

ür

Fri

ed

en

s- u

nd

Ko

nfl

iktf

ors

chu

ng

2

. Jg

. 2

013

H

eft

1

Ze

FK

o2:1

„Two Sided Story“ – Ungefähr 500 Israelis und Palästinenser kamen in Jaffa bei der

Premiere des Filmes „Two sided Story“ zusammen. Der Film entstand bei einem

Treffen, das vom Parents Circle Families Forum organisiert wurde. Knapp 30 Israelis

und Palästinenser nahmen daran teil und tauschten sich über die jeweils andere Wahr-

nehmung der aktuellen Situation und der gemeinsamen Vergangenheit aus.

Page 17: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

P O R T R Ä T S 3 3

erschossen wurden. Nir Oren verlor seineMutter durch einen palästinensischenSelbstmordattentäter. Umso bewunderns-werter ist es, dass die beiden trotz ihrergroßen Verluste nicht mit Rache, sondernmit Versöhnung reagierten. Unter ihrerLeitung nutzt das PCFF alle Chancen, diesich im Erziehungswesen, in den Medienund in der Öffentlichkeit allgemein bieten,um ihre Überzeugung zu verbreiten. Oftsehen sich die Preisträger dem Unmut ra-dikaler Kräfte auf beiden Seiten ausgesetzt.

Mietek Pemper Preis bereits

zum dritten Mal verliehen

Der Preis wird seit 2006 vom AugsburgerDr. Georg Haindl gestiftet, der ihn als Re-miniszenz an die Lebensleistung des Eh-renbürgers der Universität und der StadtAugsburg, Mieczyslaw Pemper, ausgelobthat. Pemper war Häftling im KZ Krakau-Plaszów und wurde später Sekretär OskarSchindlers. Zusammen konnten sie 1.100Juden vor der Vernichtung retten. Die Jury– bestehend aus dem Stifter des Preises,dem Rabbiner der Israelitischen Kultusge-meinde Augsburg-Schwaben sowie demBayerischen Wissenschaftsminister, demOberbürgermeister der Stadt Augsburg undder Präsidentin der Universität Augsburg –verleiht den Preis an Personen der Zeitge-schichte, deren persönlicher Einsatz fürVersöhnung und Völkerverständigung mitdemjenigen Pempers vergleichbar ist. (pt)

„Grannies Group“ – Großmütter aus Israel und Palästina tauschten sich über ihre

Erfahrungen und Lebenswege aus. Das PCFF-Projekt „History through the Human

Eye“ brachte 2010 Menschen aus verschiedenen Ländern zusammen, die aber einen

ähnlichen sozialen Hintergrund haben. Ziel ist der interkulturelle Austausch.

„History through the Human Eye“ – 2011 ging das PCFF-Projekt „History through the Human Eye” weiter. U. a. trafen sich Men-

schen verschiedener Nationalitäten, um über das Thema Film zu diskutieren.

Renommierte Literaturwissenschaftlerin

an der Universität Augsburg

Prof. Dr. Itta Shedletzky ist die erste Gast-professorin am Jakob-Fugger-Zentrum. Ei-ne Meldung, zwei gute Nachrichten: Zu-nächst einmal freut sich die UniversitätAugsburg, dass das neue Institut, das For-schungsprojekte und Kooperationen derGeistes-, Kultur- und Sozialwissenschaftenbündeln und koordinieren soll, nun offiziellseine Arbeit aufgenommen hat.

Noch größer ist aber vermutlich die Begeis-terung darüber, Itta Shedletzky im Sommer-semester 2013 an der Universität begrüßenzu können. Die Literaturwissenschaft le rinund Historikerin aus Israel genießt nämlicheinen exzellenten Ruf und wurde durch ihreMitarbeit an großen Forschungs- und Editi-onsprojekten, die sich mit Gershom Scho-

lem und Else Lasker-Schüler befassten, be-kannt. Shedletzkys Forschungsschwer-punkte liegen daher auch im Bereich derdeutsch-jüdischen Literatur, Geschichteund Philosophie des 19. Jahrhunderts biszur Gegenwart.

In Augsburg wendet sie sich aber nicht nuran Studenten. Neben zwei Hauptseminarenzur deutsch-jüdischen Literatur- und Geis-tesgeschichte, bietet Sherdletzky drei öf-fentliche Vorträge an. Diese Verbindungzwischen der Universität Augsburg und derStadt Augsburg ist dem Jakob-Fugger-Zen-trum ebenfalls ein Anliegen und so kann IttaShedletzkys Aufenthalt schon jetzt als Ge-winn bezeichnet werden. (am/reid)

Wissenschaftspreis

an Sozialwissenschaftler

Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani wurde fürseine Dissertation mit dem AugsburgerWissenschaftspreis „Interkulturelle Wirk-lichkeit in Deutschland“ ausgezeichnet.Nach Einschätzung der Jury überzeugt die qualitative Biographiestudie durch ihreninnovativen Ansatz. In seiner Arbeit unter-sucht der 35-Jährige eher „unwahrscheinli-che“ Aufstiege von türkisch- sowiedeutschstämmigen Erwachsenen aus bil-dungsfernen Milieus.

Dabei handelt es sich um außergewöhnli-che Karrieren in Wirtschaft, Wissenschaft,Politik und Kultur. El Mafaalani zeigt sowohl„unterschichts“-spezifische Brüche alsauch migrationsspezifische Grenzen, wel-

che die Aufsteiger auf ihrem Weg nachoben überwinden müssen. Er identifiziertunterschiedliche Anpassungs- und Bewälti-gungsmuster. Talent und Fleiß alleine rei-chen hier nicht aus, der Bildungsaufstiegerweist sich eher als eine langfristige He-rausforderung, die meist durch fördernde„Dritte“ zur richtigen Zeit am richtigen Ortbegünstigt wird.

El Mafaalanis Studien zeigen nicht zuletzt,dass allen Bildungsaufsteigern eine grund-legende Wandlung ihres biografischenMusters gemein ist. „Die Beteiligten wech-seln die sozialen Räume“ betont der Jury-vorsitzende Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. EckhardNagel. (am)

Augsburger BWL-Student

bei Olympia erfolgreich

Hannes Aigner hat bei den OlympischenSommerspielen in London 2012 die Bron-zemedaille im Kanuslalom gewonnen. DerBWL-Student bewies damit, dass sich auchin Deutschland Hochleistungssport undStudium erfolgreich verbinden lassen. Diesfreut vor allem die Präsidentin der Universi-tät Augsburg, Prof. Dr. Sabine Doering Man-teuffel: „Wir sind bereits seit zehn Jahren'Partnerhochschule des Spitzensports', undich denke, dass man die sportlichen Erfolgevon Hannes Aigner, als ein Indiz dafür wer-ten kann, dass wir die Verpflichtungen, diewir gegenüber dem OlympiastützpunktBayern und dem Allgemeinen Hochschul-sportverband eingegangen sind, ernst neh-men."

Gleichzeitig bestätigte Aigner in London er-neut sein Ausnahmetalent. Parallel zu sei-nem Studium sammelte der inzwischen 24-Jährige nämlich bereits zahlreiche Titel. Un-ter anderem wurde er 2010 und 2011 mitdem Kanu-Team Weltmeister. Angst, dasssein Studium zu kurz kommt, hat der Augs-burger nicht. Aigner: „Ich bin eigentlichziemlich zuversichtlich, dass ich auch wei-terhin der Doppelbelastung von Sport undStudium erfolgreich standhalten kann. Bis-her hat das auch ganz gut geklappt.“ (kpp)

Bereits seit Generationen dauert der Kon-flikt zwischen Israel und Palästina an undfordert fast täglich Menschenleben. Diebeiden Leiter des palästinensischen bzw.israelischen Büros des „Parents Circle Fa-milies Forum” (PCFF) stehen dabei exem-plarisch für Versöhnungsbereitschaft undaktives Engagement, das sich ganz der Be-reitschaft zur Aussöhnung in Israel, wiein Palästina widmet. Dabei wird vor al-lem auf die Versöhnung zwischen starkpersönlich Betroffenen gesetzt, die durch

den Konflikt Angehörige oder gar Kinderverloren haben.

Erfolg trotz unorthodoxen Ansatzes

Obwohl die diesjährigen Preisträger keinpolitisches Patentrezept für die Lösung desisrael-palästinensischen Konflikts propa-gieren, ist ihr Ansatz äußerst erfolgreich.Vielleicht liegt der Erfolg auch darin be-gründet, dass beide Preisträger gleichzeitigBetroffene sind. Khaled Abu Awwad hattezwei Brüder, die von israelischen Soldaten

Page 18: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

3 4

Nach fast elf Jahren höchst erfolgreicher Be-währung wurde aus dem deutschlandweitbeispielgebenden Modellprojekt „Willkom-men an den Augsburger Hochschulen“ jetzteine dauerhafte und feste Einrichtung, mitder sich der Wissenschaftsstandort Augs-burg nachhaltig zu seiner Internationalitätbekennt. Durch die Außenstelle der städti-schen Ausländerbehörde, die sich an dieausländischen Gäste der Universität undder Hochschule richtet, wird deren Weg indie Fuggerstadt einfacher gemacht.

Ein eng geknüpftes Problemver -

hinderungsnetzwerk

Hinter dem Projekt steht die Idee, alle inte-ressierten und beteiligten Institutionenmöglichst eng zu verknüpfen. Das sind imEinzelnen die Stadt und ihre Ausländerbe-hörde sowie die Universität, die Hochschuleund das Studentenwerk. Durch die Koope-ration der fünf Partner gelang und gelingt ei-ne konzertierte sowie konsensuale Erledi-gung der aufenthaltsrechtlichen Formaliaund damit die Schaffung günstiger Rahmen-bedingungen für erfolgreiche Studien- undForschungsaufenthalte in Augsburg.

Behörde + Beratung + Betreuung

Kern dieses Netzwerkes und eigentlichesNovum war eine speziell auf ausländischeStudierende und GastwissenschaftlerInnenzugeschnittene Betreuungsstelle der städti-schen Ausländerbehörde. Neben den amtli-chen Zuständigkeiten einer Ausländerbe-hörde nimmt diese räumlich an der Univer-sität angesiedelte Einrichtung zugleichhochschulspezifische Beratungs- und Be-

treuungsaufgaben wahr. Den städtischenSachbearbeiterinnen der Ausländerbehör-de, die durch interkulturelle Schulungenzusätzlich qualifiziert sind, steht eine Mit-arbeiterin zur Seite, die von den Hochschu-len und vom Studentenwerk speziell fürdieses Projekt eingestellt wurde. Sie berätdie ausländischen Gäste in aufenthalts-rechtlichen Fragen und hilft bei der Formu-lierung oder beim Ausfüllen von Anträgen.Auch durch Beratung der Gäste bereits vorihrer Einreise sowie durch beratenden Kon-takt mit den Gastgeberinnen und Gastge-bern an Universität bzw. Hochschuleschafft diese Mitarbeiterin gemeinsam mitstudentischen Hilfskräften die Vorausset-zungen für eine reibungslose Abwicklungaller aufenthaltsrechtlichen Formalitäten.

Fest etabliert und anerkannt

Elf Jahre nach dem Startschuss ist das Pro-jekt vom Wissenschaftsstandort Augsburgnicht mehr wegzudenken. „Wenngleichunsere gemeinsame Service-Einrichtung'Willkommen an den Augsburger Hoch-schulen' nach wie vor beispiel- und mo-dellhaft ist, ist sie über den Status eines

'Modell'-Projekts, das sich noch weiter be-währen müsste, längst hinausgewachsen“,so Prof. Dr. Sabine Doering-Manteuffel,Präsidentin der Universität Augsburg, „dieStelle ist für den weltoffenen und interna-tional ausgerichteten Wissenschaftsstand-ort Augsburg unverzichtbar geworden. Esgalt, daraus die logische Konsequenz zuziehen. Es freut mich, dass uns dies in Formder dauerhaften Finanzierungsvereinba-rung gelungen ist.“

Auch nach zehn Jahren noch innovativ

und nachahmenswert

Diese Freude wird auch beim DeutschenAkademischen Austauschdienst geteilt,dessen Anschubförderung neben der desbayerischen Wissenschaftsministerium vorzehn Jahren wesentlich zum erfolgreichenStart des Projekts beigetragen hat: „Ich hal-te das Projekt, obwohl es schon seit so vie-len Jahren erfolgreich arbeitet, immer nochfür innovativ und nachahmenswert. Ichfreue mich, dass es jetzt endgültig verstetigtwird“, so Dr. Christian Thimme, der beimDAAD den Bereich „Internationalisierungder Hochschulen“ leitet. (kpp)

Gemeinsame Pressemitteilung der Stadt, der Universität, der Hochschule und des Studentenwerks Augsburg:

Fortan unbefristet: „Willkommen

an den Augsburger Hochschulen“Stadt, Universität, Hochschule undStudentenwerk Augsburg machenaus einem seit zehn Jahren erfolg-reichen Modellprojekt eine Dauer-einrichtung. Am 26. Februar 2013wurde im Augsburger Rathaus dieneue, unbefristete Finanzierungs-vereinbarung unterzeichnet.

Von links: Doris Schneider, Geschäftsführerin des Studentenwerkes Augsburg, Dr.

Kurt Gribl, Oberbürgermeister der Stadt Augsburg, Prof. Dr. Sabine Doering-Manteuffel,

Präsidentin der Universität Augsburg, und Prof. Dipl.-Ing. Ulrich Thalhofer, Vizepräsident

der Hochschule Augsburg (Copyright: Satzinger-Viel)

M O D E L L P R O J E K T3 4

Page 19: ALUMNI AUGSBURG INTERNATIONAL€¦ · Fernsehsender ARTE oder die deutsch-französische Brigade. Aber oftmals handle es sich nur um symbolische Leuchttum-projekte, die von der breiten

3 6ALUMNI AUGSBURGINTERNATIONAL