Anästhesie in der Gefäßchirurgie - ReadingSample fileren- und Intestinalarterien. Häufigkeit und...

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Anästhesie in der Gefäßchirurgie Bearbeitet von Michael Möllmann, André Hemping-Bovenkerk 1. Auflage 2016. Buch inkl. Online-Nutzung. 288 S. Softcover ISBN 978 3 13 205251 2 Weitere Fachgebiete > Medizin > Sonstige Medizinische Fachgebiete > Anästhesiologie Zu Inhalts- und Sachverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

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Anästhesie in der Gefäßchirurgie

Bearbeitet vonMichael Möllmann, André Hemping-Bovenkerk

1. Auflage 2016. Buch inkl. Online-Nutzung. 288 S. SoftcoverISBN 978 3 13 205251 2

Weitere Fachgebiete > Medizin > Sonstige Medizinische Fachgebiete >Anästhesiologie

Zu Inhalts- und Sachverzeichnis

schnell und portofrei erhältlich bei

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Komplikationen unterteilen [127]. Durch Manipu-lation der steifen Führungsdrähte im Aortenbogenkann es zu einem Ablösen von Plaque kommen mitder Folge einer zentralnervösen Ischämie.

3.3.2 Aorta descendensabdominalisAnne-Katrin Wentrup, Martin Austermann

AnatomieDie Aorta abdominalis schließt sich unmittelbarder Aorta thoracalis an und reicht vom Hiatus aor-

tae (Höhe ca. 12. Brustwirbelkörper, BWK) bis zum4. bzw. 5. Lendenwirbelkörper (LWK) (▶Abb. 3.29).Danach teilt sie sich in die beiden Aa. iliacae com-munes auf. Üblicherweise erfolgt eine Unterteilungder abdominalen Aorta in einen suprarenalen undinfrarenalen Abschnitt. Der Abgang der Nieren-arterien erfolgt in Höhe des 1.–2. LWK. Der Durch-messer im abdominellen Teil der Aorta beträgt in-nerhalb der Normgrenzen 2–2,9 cm. Auf die visze-ralen Abgänge der Aorta abdominalis und derenErkrankungen wird in Kap. 3.3.3 eingegangen.

A. phrenicainferior sinistra

Aa. suprarenalessuperioressinistrae

A. suprarenalismedia sinistra

A. renalis sinistra

A. lumbalis Isinistra

A. ovaricasinistra

A. mesentericainferior

A. sacralismediana

A. gluteasuperiorsinistra

Plexussacralis

R. pubicus derA. obturatoria dextra

A. gluteainferior dextra

A. epigastricainferior dextra

A. pudendainterna dextra

A. rectalismedia dextra

A. circumflexailium profunda

dextra

A. vesicalisinferior dextra

A. obturatoriadextra

A. umbilicalisdextra

A. iliaca externadextra

A. sacralislateralis dextra

A. iliaca internadextra

A. iliolumbalisdextra

A. iliaca communisdextra

A. mesentericasuperior

Aorta abdominalis

A. uterinaA. femoralis

A. suprarenalisinferior sinistra

Truncus coeliacus OesophagusV. cava inferior

A. phrenicainferior dextra

Abb. 3.29 Lage und Verlauf der Aorta descendens abdominalis. (Quelle: [244]).

Anästhesie bei Eingriffen an arteriellen Gefäßen

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122aus: Möllmann (Hrsg.) u.a., Anästhesie in der Gefäßchirurgie (ISBN 9783132052512) © 2017 Georg Thieme Verlag KG

Pathologie und Pathophysiologie

Abdominelles AortenaneurysmaAls abdominelles Aortenaneurysma (AAA) wirdeine umschriebene Erweiterung des Gefäßes aufmehr als 3 cm bzw. mehr als das 1,5-fache im Ver-gleich zum gesunden Gefäßabschnitt bezeichnet.Morphologisch unterscheidet man sackförmigevon spindelförmigen Aneurysmen [148]. Je nach

Ausdehnung lassen sich AAA in infrarenal, juxta-renal (bis an die Nierenarterien reichend), supra-renal (über die Nierenarterien reichend(▶Abb. 3.29)), und Aneurysmen im Abschnitt IVeinteilen (entsprechend der Crawford-Einteilung;s. Kap. Nicht dissezierende Aortenaneurysmen(S.109), (▶Abb. 3.30). Häufig werden die juxta-und suprarenalen AAA noch als pararenale AAAzusammengefasst [136].

▶ Risikofaktoren. Ein AAA entsteht meist aufdem Boden einer Arteriosklerose. Weitere Risiko-faktoren sind:● Nikotinabusus● arterieller Hypertonus● pAVK● Alter > 65 Jahre● familiäre Häufung● COPD

Seltener treten AAA im Zusammenhang mit ange-borenen Kollagenosen (Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom), Mykosen oder Inflammation auf[267].

▶ Lokalisation. In 95% der Fälle ist der infrarena-le Abschnitt erkrankt. Bei 3 % der Patienten sinddie Nierenarterien mit einbezogen, 2 % der Aneu-rysmen liegen suprarenal und betreffen die Nie-ren- und Intestinalarterien.

▶ Häufigkeit und Klinik. Die Prävalenz beträgt 3–7% der über 64-Jährigen, dabei sind Männer miteinem Verhältnis von 6:1 deutlich häufiger betrof-fen als Frauen. Die Inzidenz beläuft sich auf 40 Er-krankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr[148].

Klinisch lassen sich symptomatische, asympto-matische sowie frei und gedeckt rupturierte Aneu-rysmen unterschieden.

Symptomatisches Aortenaneurysma▶ Unspezifische Symptome. Die Symptome kön-nen von anfallsartigen Bauch- und Rücken-schmerzen bis zum akuten Vernichtungsschmerzmit Schocksymptomatik bei Ruptur variieren. DerPulsstatus kann Hinweise geben, aber auch eineurologische Symptomatik durch Kompression derUreteren oder Parästhesien und Schwächegefühlin den Beinen sind möglich ([148], [236]).

a

d

b c

juxtarenal

pararenal

suprarenal

Abschnitt IV

infrarenal

Abb. 3.30 Klassifikation der abdominellen Aortenan-eurysmen (AAA) nach Ausdehnung und Lokalisation.

3.3 Aorta descendens

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●PKlinik des symptomatischenAAA

● Rücken- und Flankenschmerz (durch Kompres-sion von Nerven und Wirbelkörpern)

● diffuser Bauchschmerz● seitendifferenter Leistenpuls● ggf. pulsierender Tumor● ggf. distale Embolien mit Schmerzen und/oderParästhesie in der unteren Extremität

● bei Ruptur:○ Vernichtungsschmerz○ Todesangst○ Luftnot○ Schocksymptomatik (Tachykardie/Hypotonie,Somnolenz)

Asymptomatisches AortenaneurysmaWeit häufiger sind AAA (▶Abb. 3.31) asymptoma-tisch und stellen Zufallsbefunde im Rahmen einerUltraschalluntersuchung des Abdomens dar. Gele-gentlich ist ein pulsierender Tumor tastbar.

Ruptur▶ Hohe Letalität. Eine Ruptur bezeichnet per De-finition das Auftreten von Blut außerhalb der Ad-ventitia. Nur ca. 50 % der Patienten erreichen das

Krankenhaus lebend, die Gesamtletalität ist mit ca.80% sehr hoch [139].

▶ Gedeckt rupturiertes Aortenaneurysma. Manunterscheidet gedeckt von frei rupturierten Aor-tenaneurysmen. Bei gedeckt rupturierten Aneu-rysmen ist das Peritoneum intakt, d. h. die Blu-tungsquelle liegt retroperitoneal. Dadurch kann eszu einer Eigentamponade kommen. Sie verursa-chen eine dauerhaft schmerzende, pulsierende Re-sistenz im Abdomen mit Ausstrahlung in den Rü-cken- und Flankenbereich, meist mit plötzlichemBeginn. Die Kreislaufparameter können sich durchdie Tamponade im Retroperitoneum zwischenzeit-lich wieder annähernd normalisieren.

Bei einer Fistelung in den Gastrointestinaltrakttreten zusätzlich Meläna und Hämatemesis auf. ImFalle einer aortokavalen Fistelung kommt es zuSymptomen der Rechtsherzinsuffizienz [148].

▶ Frei rupturiertes Aortenaneurysma. Frei rup-turierte Aneurysmen sind gekennzeichnet durchplötzlich einsetzende, heftigste Schmerzen, dievon einer akuten Schocksymptomatik begleitetsind. Durch die ungehinderte Blutung in dieBauchhöhle bei fehlenden begrenzenden Struktu-ren (Peritoneum, Darm) führen sie meist innerhalbkürzester Zeit zum Tod.

ba

Abb. 3.31 Infrarenales Bauchaorten-aneurysma.a 3D-CT-Rekonstruktion des infra-

renalen Bauchaortenaneurysmasb Koronare CT-Schicht des

Aneurysmas.

Anästhesie bei Eingriffen an arteriellen Gefäßen

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▶ Traumatische Aortenruptur. Abzugrenzen sinddie traumatischen Aortenrupturen. Sie treten nachmassivem Dezelerations- bzw. Akzelerationstrau-men auf und betreffen meist die Aorta descendensim Bereich des Ligamentum arteriosum; s. Kap.Traumatische Aortenrupturen (S.107).

Leriche-Syndrom▶ Aortenverschluss. Als Leriche-Syndrom wirdein Verschluss der Aorta unterhalb der Nierenarte-rien im Bereich der Bifurkation der Beckenarterienbezeichnet. Dieser kann chronisch durch Arterio-sklerose, oder akut durch Embolisation entstehen.Auch eine entzündliche Genese ist möglich. Beimchronischen Verschluss bilden sich Kollateralenaus, sodass sich die Symptomatik langsam ent-wickelt.

●HMerke

Die Betroffenen sind lebensbedrohlich erkranktund müssen unverzüglich operiert werden.

●PKlinik des Leriche-Syndroms

● Schmerzen im Oberschenkel- und Gluteal-bereich

● Claudicatio intermittens● Erektions- und Potenzstörungen● Blasen- und Mastdarminkontinenz● Bei einem akuten Verschluss imponieren dieSymptome nach Pratt (6 P):○ Pain (Schmerz)○ Pulselessness (Pulslosigkeit)○ Pallor (Blässe)○ Parästhesia (Empfindungsstörung)○ Prostration (Schock)○ Paralysis (Lähmung)

Dissektion▶ Vorkommen und Häufigkeit. Isolierte Dissek-tionen der abdominalen Aorta sind mit einem An-teil von 1,3 % aller Aortendissektionen sehr selten[103]. Meist ist die abdominale Aorta im Rahmeneiner Stanford-B-Dissektion mitbetroffen, die etwa30% der Aortendissektionen ausmacht. Dissektio-nen der abdominalen Aorta können iatrogen imRahmen von Clamping oder auch bei endovaskulä-

rer Manipulation auftreten [230]; s. Kap. Eingriffs-bezogene intraoperative Komplikationen (S.140).

Operative Maßnahmen undStrategien▶ Rupturrisiko. Den wichtigsten Parameter zurOperationsindikation stellt der maximale Quer-durchmesser eines AAA dar, da das Rupturrisikomit dessen Zunahme deutlich ansteigt (▶ Tab. 3.8).

Weitere Faktoren die sich ungünstig auf dasRupturrisiko auswirken sind:● Hypertonus● COPD● weibliches Geschlecht● Nikotinabusus● positive Familienanamnese

▶ Operationsindikation. Die Indikation zur elek-tiven Operation besteht bei asymptomatischenAneurysmen der suprarenalen Aorta ab einemQuerdurchmesser > 6 cm. Bei infrarenalen Aneu-rysmen liegen die Grenzen bei > 5 cm (Männer),bzw. > 4,5 cm (Frauen). Darüber hinaus erhöheneine rasche Größenprogredienz (> 0,5 cm/6 Mona-ten oder > 1 cm/Jahr) sowie sackförmige AAA dieRupturgefahr und sollten daher einer Therapie un-terzogen werden. Symptomatische AAA werdenunabhängig von der Größe als dringlich (innerhalbvon 24h), rupturierte oder gedeckt perforierteAAA notfallmäßig behandelt [180].

▶ Auswahl des OP-Verfahrens. Die Wahl des OP-Verfahrens hängt von der Morphologie des Aneu-rysmas und dem Zustand des Patienten ab(▶Abb. 3.32). Hohes Patientenalter, kardiopulmo-nale Vorerkrankungen sowie Niereninsuffizienzerhöhen das Risiko für einen konventionellen, of-fenen Eingriff. Sehr adipöse Patienten oder voran-gegangene, mehrfache abdominelle Operationenerschweren des Weiteren ein konventionelles Vor-gehen, sodass sich hier eine endovaskuläre Versor-gung empfiehlt [82].

Tab. 3.8 Rupturrisiko in Relation zum Durchmesser einesAortenaneurysmas [148].

Aneurysmadurchmesser Rupturrisiko pro Jahr

4–4,9 cm 3%

5–5,9% 10%

6–6,9% 15%

> 7 cm >60%

3.3 Aorta descendens

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• AAA > 5 cm• symptomatisches AAA, Patient stabil → ausreichend Zeit für Bildgebung

OAREntscheidung des Patienten

EVAR

F-EVAR CH-EVAR

• Zugangsgefäße iliacal kalzifiziert/stenosiert• Aortenbogen passierbar• Kinking (Knickbildung) der viszeralen Aorta• symptomatisches Aneurysma (→ keine Zeit für Custom-Made-Prothese)

• gute iliacale Zugangsgefäße• relativ gerade viszerale Aorta

jüngerer Patient• wenige Vorerkrankungen→ niedriges perioperatives Risiko

älterer Patient• hostiles Abdomen*• multiple Vorerkrankungen• deutliche Adipositas→ hohes operatives Risiko

Abb. 3.32 Flussdiagramm zur Entscheidungsfindung der optimalen Versorgung eines abdominellen Aortenaneu-rysmas. AAA= abdominelles Aortenaneurysma, OAR = offene Aortenreparatur (open abdominal aortic aneurysmrepair), EVAR = endovaskuläre Aortenreparatur (endovascular AAA repair), F-EVAR = fenestrierte endovaskuläreAortenreparatur (fenestrated-EVAR), CH-EVAR=Chimney-EVAR* Hostile Abdomen: voroperiertes Abdomen bei Patienten mit multiplen Voroperationen und dadurch bedingtenVerwachsungen sowie ggf. Entero- oder Urostomien, die den operativen Zugang massiv erschweren.

Auf der anderen Seite müssen für ein endovas-kuläres Vorgehen gewisse anatomische Vorausset-zungen vorhanden sein. Die Zugangsgefäße benö-tigen ein ausreichendes Kaliber und sollten nichtthrombosiert sein. Auch eine deutlich gewinkelteAorta (Kinking) eignet sich u. U. nicht für eine en-dovaskuläre Versorgung.

Letztlich muss für jeden Patienten unter Zusam-menschau aller Befunde das am besten geeigneteVerfahren gewählt werden.

Konventionelle Operation▶ Eröffnung des Abdomens. Für die konventio-nelle Versorgung von Pathologien der abdominel-len Aorta erfolgt zunächst die Eröffnung des Abdo-mens, meistens über eine mediane Laparotomie.Ein retroperitonealer Zugang empfiehlt sich beisehr adipösen Patienten oder nach mehrfacher ab-domineller Operation. Weitere Zugangsoptionen

stellen, je nach Aneurysmaanatomie, die quereOberbauchlaparotomie oder auch ein thorako-abdomineller Zugang dar. Nach Eröffnung des Ab-domens erfolgt die Mobilisierung des Darmes(CAVE: Eventerationssyndrom!), Freilegung desRetroperitoneums und dessen Durchtrennung.

●PEventerationssyndrom

Durch Manipulation am Dünndarm und Traktionam Mesenterium kommt es zu einem vermehrtenAusschütten von Prostaglandinen. Dies bedingteine periphere Vasodilatation mit Reduktion derNachlast, Hypotension, Tachykardie und Flush-Symptomatik. Das Ausmaß reicht von mäßigerKreislaufreaktion bis zur prolongierten Hypotensi-on, die eine Katecholamintherapie notwendigmacht [246], [146].

Anästhesie bei Eingriffen an arteriellen Gefäßen

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▶ Identifikation des viszeralen Aortensegments.Die Darstellung der linken V. renalis ist zur eindeu-tigen Identifikation des viszeralen Aortensegmentsvon Bedeutung. Beim infrarenalen AAA genügt dieSichtung der linken V. renalis und der Nierenarte-rie, um die Klemme sicher infrarenal zu setzten.Bei suprarenaler Ausklemmung (also bei juxta-und suprarenalen AAA) kann es zwecks bessererÜbersicht notwendig sein, die linke V. renalis zudurchtrennen. Diese wird nach erfolgter aortalerRekonstruktion möglichst reanastomosiert, kannaber auch unter Erhalt der Seitenäste der linkenNierenvene ligiert werden.

Nach Präparation der Aorta erhält der Patient5.000 IE Heparin (bei Normalgewicht) systemisch[83].

▶ Ausklemmen der Aorta. Je nach Anatomie desAneurysmas erfolgt nun das Ausklemmen der Aor-ta proximal supra- oder infrarenal. Die distaleKlemme wird im Falle einer Rohrprothese ober-halb der Aortenbifurkation gesetzt, beim Einbrin-gen einer Y-Prothese in Höhe der Iliakal- bzw. Fe-moralgefäße. Das distale Klemmen kann auch en-doluminal mittels Ballonkatheter erfolgen. So kön-nen Klemmschäden, etwa bei stark verkalkten Ge-fäßen, vermieden werden. Das Ausklemmen derAorta bedingt folgende hämodynamische Verände-rungen:● plötzliche Zunahme des peripheren Widerstan-des

● Erhöhung des mittleren arteriellen Druckes● Anstieg der linksventrikulären Nachlast● Abfall des Herz-Zeit-Volumens (HZV)● Abfall des zirkulierenden Blutvolumens

Die Auswirkungen auf die Hämodynamik sind um-so gravierender, je proximaler die Klemme gesetztwird.

Insbesondere Patienten mit kardialen Vor-erkrankungen sind in dieser Phase gefährdet Myo-kardischämien, Rhythmusstörungen und letztlicheine linksventrikuläre Dekompensation zu erlei-den. Bei Stenosen der Aorta sind diese Verände-rungen deutlich geringer ausgeprägt, da es hier be-reits aufgrund der langsamen Reduktion des Lu-mens zu einer Adaptation gekommen ist.

Beim suprarenalen Ausklemmen und erwarteterKlemmzeit > 15min wird vor der Clamping-Phaseeine Kaltperfusion der Nieren als Ischämieprotek-tion durchgeführt (1 l NaCl 0,9 % mit 1.000 IE He-parin und 1 Ampulle (20μg) Alprostadil) [82]. Für

thorakoabdominelle und rupturierte juxtarenaleAA konnten für dieses Verfahren positive Effektegezeigt werden, eine Metaanalyse erzielte keineeindeutige Schlussfolgerung ([191], [273], [169]).

●PIschämietoleranz

Die Ischämietoleranz der Nieren und des Rücken-marks beträgt ca. 30min, die der unteren Extre-mitäten ca. 6 h. Die Ausklemmzeit sollte aufgrundder begrenzten Ischämiezeit möglichst kurz seinund exakt dokumentiert werden.

▶ Thrombusausschälung. Nach Längseröffnungder Aorta wird der Thrombus ausgeschält und eserfolgt die Naht zurückblutender Lumbalarterien.Mesenteriale Gefäße werden mittels Fogarty- Ka-theter blockiert oder man lässt diese bei geringerBlutungsmenge zurückbluten.

▶ Einbringen der Prothese. Diese Maßnahme er-folgt mittels Inlay-Technik. Zunächst wird die pro-ximale Anastomose eingenäht, gefolgt von einerDichtigkeitsprüfung.

●GCAVE

Das kurzzeitige Öffnen der Prothese kann zueinem Blutdruckabfall führen.

Die Prothese wird mit einer heparinisierten Koch-salzlösung gespült, gefolgt von einer anastomosen-nahen Abklemmung. Im Anschluss wird die distaleAnastomose eingenäht. Vor Vollendung der Nahtwird aus der Peripherie und aus der Aorta bzw.der Prothese geflusht, um evtl. vorhandeneThromben oder Luft zu entfernten.

▶ Verschluss der Arterie. Bei Verschluss derA. mesenterica superior (AMS) und/oder derA. iliaca interna erfolgt die Re-Implantation eineroffenen A. mesenterica inferior (AMI). Ebenso wer-den Nierenpolarterien reimplantiert, wenn sieüber ein ausreichendes Kaliber verfügen (> 2mm).

▶ Declamping. Sind proximale und distale Anas-tomose suffizient, kann die Aortenklemme ent-fernt und der antegrade Blutfluss wieder freigege-ben werden [125].

3.3 Aorta descendens

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Die Freigabe der distalen Anastomose erfolgt,wie das Setzen der aortalen Klemme, in möglichstenger Absprache mit der Anästhesie, um rechtzei-tig entsprechende Therapiemaßnahmen einleitenzu können. So sollte an dieser Stelle der Blutdruckhochnormal eingestellt werden, um nach Öffnender aortalen Klemme massive Blutdruckabfälle zuvermeiden. Im Falle einer Y-Prothese erfolgt dieFreigabe der Prothesenschenkel nacheinander.Hierbei sind die hämodynamischen Auswirkungengeringer ausgeprägt. Hämodynamische Verände-rungen beim Declamping sind [89]:● Abfall des arteriellen Mitteldrucks● Abfall der Nachlast● pulmonalarterielle Hypertension● reaktive Hyperämie distal der Klemme (durchsaure Metabolite und Hyperkaliämie)

● venöses Pooling● metabolische Azidose

▶ Verschluss des Aneurysmas. Sind nach De-clamping die Kreislaufverhältnisse stabil und stel-len sich auch bei höheren Blutdrücken (um140mmHg systolisch) die Anastomosen als suffi-zient dar, erfolgt der Verschluss des Aneurysmasa-ckes über der Prothese. Anschließend wird das Ab-domen schichtweise verschlossen. Als letzterSchritt der Operation erfolgt die Kontrolle der pe-ripheren Durchblutung mittels Palpation der Fuß-pulse und ggf. Doppler-Sonografie.

Endovaskuläres Vorgehen▶ Vorgehen. Der Eingriff beginnt mit dem Schaf-fen der Zugänge entweder durch Punktion mitentsprechendem Nahtsystem oder durch Freile-gung der Leisten.

Anschließend werden Schleusen eingebrachtund auf einer Seite ein Angiografiekatheter undauf der anderen Seite ein steifer Draht platziert.Die Endoprothese wird dann in modularer Technikimplantiert und bildet am Ende i. d. R. eine Y-Pro-these (▶Abb. 3.33a). Die Abschlussangiografiezeigt das Resultat (▶Abb. 3.33b). Der Eingriff wirdbeendet mit dem Entfernen der Schleusen undVerschluss der Zugänge entweder endovaskuläroder offen.

▶ Ausschaltung mittels Endograft. Abhängig vonder Anatomie des AAA erfolgt die endovaskuläreAusschaltung mittels unterschiedlichen Endo-grafts. Im Falle eines infrarenalen Aortenaneurys-

mas wird in den meisten Fällen modular eine En-do-Bifurkationsprothese (sog. EVAR) implantiert(▶Abb. 3.33). Wir sprechen von einer sogenanntenEVAR.

Handelt es sich um ein supra- oder juxtarenalesAneurysma müssen die viszeralen Gefäße und dieNierenarterien mit in die Versorgung einbezogenwerden. Dies lässt sich durch unterschiedlicheTechniken erreichen, die in den folgenden Ab-schnitten erläutert werden:

Fenestrierte EVAR

▶ Endovaskuläre Versorgung von juxta- und su-prarenalen AAA (▶Abb. 3.34). Die fenestrierteendovaskuläre Aortenreparatur wurde Ende der90er-Jahre entwickelt, um auch juxta- und supra-renale AAA endovaskulär versorgen zu können.Dies war bis dahin durch einfache Endografts nichtmöglich, da diese einen infrarenalen Aneurysma-hals als proximale Landungszone benötigen.

▶ Verfahren. Es befinden sich im aortalen GraftFenestrierungen (▶Abb. 3.34a), die über den Os-tien der Gefäßabgänge platziert werden. Die Ab-gänge lassen sich vom Inneren des Endografts son-dieren und mit speziellen Stents anschließen.

Chimney-EVAR

▶ Chimney-Technik. Bei diesem Vorgehen wirddie A. brachialis oder A. axillaris (i. d. R. links, beimehrfachem Chimney aber auch beidseits) punk-tiert und eine Schleuse eingebracht (▶Abb. 3.35).Die entsprechenden Zielgefäße werden von kranialaus sondiert und mit gecoverten Stents versorgt.Anschließend werden die Zielgefäße mittels einerRohrprothese überstentet. Im Endergebnis liegendie Stents zwischen Aortenwand und aortalemGraft. Proximal enden sie oberhalb des Endografts(wie ein Kamin) und erhalten so den Blutfluss zuden abhängigen Organen (▶Abb. 3.35).

●HMerke

Die Sondierung der Zielgefäße stellt sich mit-unter sehr schwierig dar. Gerade bei komplexenAneurysmen kann sich hierdurch die OP-Dauerdeutlich verlängern.

Anästhesie bei Eingriffen an arteriellen Gefäßen

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b c

d

e

a

Abb. 3.33 Endovaskuläre Behandlung eines infrarenalen Aortenaneurysmas.a Modulare Implantation des Endografthauptkörperd mit schon sondiertem kontralateralen Schenkelb Abschlussangiografie nach Endograftimplantationc 3D-VRT-CT-Rekonstruktion des endovaskulär ausgeschalteten Aneurysmasd MIP-Rekonstruktione Quer-CT-Schicht des endovaskulär behandelten Aneurysmas mit den Prothesenschenkeln und dem thrombosierten

Aneurysmasack.

3.3 Aorta descendens

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▶ Auswahl des Verfahrens. Welches Verfahrenzum Einsatz kommt, hängt von der Beschaffenheitder Zugangs- und Zielgefäße ab. Die Zugangsgefä-ße müssen einen Durchmesser von mindestens8mm aufweisen, des Weiteren ist eine sichere Ver-ankerungszone gefordert (Aneurysmahals mind.15mm, Halsdurchmesser nicht größer als 30–34mm) [147].

Andererseits spielt auch der Zeitfaktor eine ent-scheidende Rolle. Fenestrierte Prothesen werdeni. d. R. individuell für einen Patienten angefertigt,was mehrere Wochen dauern kann. Dadurch kom-men sie für die Versorgung symptomatischer odersehr großer pararenaler Aneurysmen nicht infrage.Hier stellt die Chimney-Technik eine Alternativedar [148].

b

c d e

a

Abb. 3.34 Fenestrierter, spezialangefertigter Endograft im Einsatz. CT-Rekonstruktionen und intraoperatives Bildeines juxtarenalen Aortenaneurysmas, behandelt mit einer 3-fach fenestrierten CMD-Endoprothese.a fenestrierter, spezialangefertigter Endograft (CMD, Zenith™ der Firma Cook Medical)b präoperative MIPc intraoperativer Screenshotd postoperative MIPe postoperative 3D-Rekostruktion.

Anästhesie bei Eingriffen an arteriellen Gefäßen

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f g

a

Abb. 3.35 Endovaskuläre Aneurysmabehandlung mit der Chimney-Technik.a präoperative MIP, angulierter Aneurysmahalsb von brachial aus sondierte Zielgefäße, vorgelegter Endograftc Screenshot nach Implantation des Endografts und der Chimney-Stentsd Abschlussangiografie mit noch Endoleakage über die Gutterse + f Querschnitte der Chimney-Stents neben dem Endograftg Rekonstruktion der postoperativen Computertomografie ohne Endoleak.

3.3 Aorta descendens

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