Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

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VII Differentialrechnung in R In diesem Kapitel wird der Begriff der Differenzierbarkeit von Funktionen einer (meist) reellen Variablen eingeführt. Differenzierbar bedeutet, dass man lokal die Funktion li- near, also durch eine Gerade, approximieren kann. Je öfter eine Funktion differenzier- bar ist, desto genauer kann man sie lokal nicht nur durch eine Gerade, sondern durch Polynome höheren Grades approximieren (siehe Kapitel IX). 23 Differenzierbarkeit Wir formulieren die Differenzierbarkeit für Funktionen auf K = R oder C mit Werten in einem normierten Raum Y ; die Definition ist in diesem allgemeineren Fall identisch mit der für Funktionen von R nach R. Es seien K = R oder C,(Y , ·) ein normierter Raum über K , f : K D f Y eine Funktion und x 0 D f Häufungspunkt von D f . Dann heißt f differenzierbar in x 0 : ⇐⇒ es existiert lim xx0 f (x )− f (x 0 ) x x 0 =: f (x 0 ); (23.1) ist f in jedem x D f differenzierbar, so heißt f differenzierbar in D f . Man nennt f (x 0 ) Y Ableitung von f in x 0 und bezeichnet als Ableitung von f die Funktion f : K D f Y , x f (x ). Definition VII.1 Bemerkung. Der Grenzwert in (23.1) heißt Differentialquotient und ist gleich lim h0 f (x 0 + h)− f (x 0 ) h . Statt f schreibt man auch df dx oder Df . Geometrisch ist für reellwertige Funktionen f der Differenzenquotient f (x )− f (x 0 ) x x 0 C. Tretter, Analysis I © Springer Basel AG 2013

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VII Differentialrechnung inR

In diesem Kapitel wird der Begriff der Differenzierbarkeit von Funktionen einer (meist)reellen Variablen eingeführt. Differenzierbar bedeutet, dass man lokal die Funktion li-near, also durch eine Gerade, approximieren kann. Je öfter eine Funktion differenzier-bar ist, desto genauer kann man sie lokal nicht nur durch eine Gerade, sondern durchPolynome höheren Grades approximieren (siehe Kapitel IX).

� 23Differenzierbarkeit

Wir formulieren die Differenzierbarkeit für Funktionen auf K = R oder Cmit Wertenin einem normierten Raum Y ; die Definition ist in diesem allgemeineren Fall identischmit der für Funktionen von R nach R.

Es seien K = R oder C, (Y , ‖ · ‖) ein normierter Raum über K , f : K ⊃ Df → Yeine Funktion und x0 ∈ Df Häufungspunkt von Df . Dann heißt f differenzierbarin x0

:⇐⇒ es existiert limx→x0

f (x) − f (x0)

x − x0=: f ′(x0); (23.1)

ist f in jedem x ∈ Df differenzierbar, so heißt f differenzierbar in Df . Man nenntf ′(x0) ∈ Y Ableitung von f in x0 und bezeichnet als Ableitung von f die Funktion

f ′: K ⊃ Df → Y , x �→ f ′(x).

Definition VII.1

Bemerkung. – Der Grenzwert in (23.1) heißt Differentialquotient und ist gleich

limh→0

f (x0 + h) − f (x0)

h.

– Statt f ′ schreibt man auch dfdx oder Df .

Geometrisch ist für reellwertige Funktionen f der Differenzenquotient

f (x) − f (x0)

x − x0

C. Tretter, Analysis I

© Springer Basel AG 2013

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90 VII Differentialrechnung inR

die Steigung der Sekanten des Graphen von f in den Punkten (x0, f (x0)) und (x, f (x)).Für x → x0 geht die Sekante in die Tangente an den Graphen von f im Punkt (x0, f (x0))über; die Ableitung f ′(x0) ist die Steigung dieser Tangente.

x

f(x)

f(x0)

|f(x0) − f(x)|

x x0

|x0 − x|

f(x)

Abb. 23.1: Geometrische Deutung des Differenzenquotienten für K = R = Y

– f (x) = xn, x ∈ R, mit n ∈ N0 ist differenzierbar in Rmit

f ′(x) = (xn)′ =

{0, n = 0,

nxn−1, n �= 0,x ∈ R.

Beweis. Ist n = 0, so ist f ≡ 1 und damit der Differenzenquotient immer 0,also gilt (23.1) mit f ′(x0) = 0. Ist n ≥ 1 und x0 ∈ R, x ∈ R \ {0}, x �= x0, sofolgt mit der geometrischen Summenformel (Satz II.7)

xn − xn0

x − x0=

xn

x

1 −(

x0

x

)n

1 − x0

x

= xn−1n−1∑k=0

(x0

x

)k=

n−1∑k=0

xk0 xn−1−k

= xn−1 + x0xn−2 + · · · + xn−20 x + xn−1

0︸ ︷︷ ︸n Summanden

x→x0−−−−−→ nxn−10 .

– f (x) =1

xn, x ∈ R \ {0}, mit n ∈ N ist differenzierbar in R \ {0} mit

f ′(x) =( 1

xn

)′= (x−n)′ = −n x−n−1 = −n

1

xn+1, x ∈ R \ {0}.

Beweis. Für n ≥ 1, x0 ∈ R, x ∈ R \ {0}, x �= x0, gilt nach erstem Beispiel:

1xn − 1

xn0

x − x0= −

→x−2n0︷ ︸︸ ︷

1

xnxn0

→ nxn−10︷ ︸︸ ︷

xn − xn0

x − x0−→ −n x−2n

0 xn−10 = −n x−n−1

0 .

– f (x) = |x|, x ∈ R, ist differenzierbar in R \ {0}, aber nicht in x0 = 0.

Beweis. Man überlegt sich leicht, dass f ′(x) = sign x, x ∈ R\{0}. Für x0 = 0existiert der Limes in (23.1) nicht, denn

limx�0

|x| − |0|x − 0

= limx�0

x

x= 1 �= −1 = lim

x�0

−x

x= lim

x�0

|x| − |0|x − 0

.

Beispiele VII.2

Page 3: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

23 Differenzierbarkeit 91

– f (x) =√

x, x ∈ [0,∞), ist differenzierbar in (0,∞), aber nicht in 0, mit

f ′(x) =(√

x)′

=(x

12)′

=1

2x− 1

2 =1

2√

x, x ∈ (0,∞).

Beweis. Eine gute Übung! Was geht bei 0 schief? (Aufgabe VII.2).

Die Funktion exp:C→ C ist differenzierbar in C, und es gilt:

(i) limz→0

exp(z) − 1

z= 1,

(ii) exp′ = exp.

Beispiel VII.3

Beweis. (i) Es sei z ∈ C, 0 < |z| < 1. Wegen der absoluten Konvergenz der Exponenti-alreihe (Satz V.41) liefern die verallgemeinerte Dreiecksungleichung (Proposition V.35)und die Formel für die geometrischen Reihe (Beispiel V.17):∣∣∣exp(z) − 1

z− 1∣∣∣ =

∣∣∣1z

∞∑n=1

zn

n!− 1∣∣∣ =

∣∣∣ ∞∑n=2

zn−1

n!

∣∣∣ ≤ ∞∑n=2

|z|n−1

=∞∑

n=1

|z|n =1

1 − |z| − 1 =

→0︷︸︸︷|z|

1 − |z|︸ ︷︷ ︸→1

z→0−−−−→ 0.

(ii) Für beliebiges z0 ∈ C und h ∈ C, h �= 0, folgt mit der Funktionalgleichung(Satz V.47 (ii)) und mit Behauptung (i):

exp(z0 + h) − exp(z0)

h= exp(z0) · exp(h) − 1

h︸ ︷︷ ︸→1

h→0−−−−→ exp(z0).

Das Fazit des folgenden Satzes ist: Differenzierbar heißt linear approximierbar!

Es seien K = R oder C, (Y , ‖ · ‖) normierter Raum über K, f : K ⊃ Df → Y eineFunktion und x0 ∈ Df Häufungspunkt von Df . Äquivalent sind:

(i) f ist differenzierbar in x0 .

(ii) Es existieren mx0 ∈ Y und eine in x0 stetige Funktion r: K ⊃ Df → Y mitr(x0) = 0, so dass

f (x) = f (x0) + mx0 (x − x0) + r(x)(x − x0), x ∈ Df ; (23.2)

in diesem Fall ist mx0 = f ′(x0).

Satz VII.4

Beweis. „(i) ⇒ (ii)“: Setze mx0 := f ′(x0). Dann gilt (23.2) mit

r(x) :=

⎧⎪⎨⎪⎩f (x) − f (x0)

x − x0− mx0 , x �= x0,

0, x = x0.

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92 VII Differentialrechnung inR

Die Funktion r ist stetig in x0 mit limx→x0 r(x) = f ′(x0) − mx0 = 0 = r(x0).

„(ii) ⇒ (i)“: Für x �= x0 folgt aus (23.2), weil r stetig ist in x0 und r(x0) = 0,

f (x) − f (x0)

x − x0= mx0 + r(x)︸︷︷︸

→ r(x0) = 0

x→x0−−−−−→ mx0 .

Also existiert der Grenzwert in (23.1), und es ist f ′(x0) = mx0 .

Bemerkung. Die Differenzierbarkeit von f in x0 ist also äquivalent dazu, dass f linearapproximierbar ist, d.h., es existiert eine lineare Funktion (die Tangente!)

L: K ⊃ Df → Y , L(x) = f (x0) + f ′(x0)(x − x0),

so dass f (x) − L(x) → 0 für x → x0, sogar „schneller“ als x − x0:

limx→x0

f (x) − L(x)

x − x0= 0.

Ist f differenzierbar in x0, so ist f stetig in x0.Korollar VII.5

Beweis. Die Behauptung folgt mit Bemerkung VI.17, weil nach Satz VII.4 gilt:

limx→x0

f (x) = limx→x0

(f (x0) + mx0

→0︷ ︸︸ ︷(x − x0) +

→0︷︸︸︷r(x)

→0︷ ︸︸ ︷(x − x0)

)= f (x0).

Bemerkung. Die Umkehrung gilt nicht! Die Funktion f (x) = |x|, x ∈ R, etwa ist stetigin 0, aber nicht differenzierbar in 0.

Es gibt sogar überall stetige und nirgends differenzierbare Funktionen, z.B. die KochscheSchneeflockenkurve (Aufgabe V.8) oder die Weierstraß-Funktion ([26, Abschnitt 9.6.2,Abb. 9.6.3])

f (x) =∞∑

k=0

4k cos(4k�x), x ∈ R.

Die folgenden Ableitungsregeln sind überaus nützlich, um die Differenzierbarkeit kom-plizierterer Funktionen zu untersuchen und ihre Ableitungen zu berechnen.

Sind (Y , ‖ · ‖) normierter Raum über K = R oderC, f , g : K ⊃ D → Y Funktionen,x0 ∈ D Häufungspunkt von D und f , g differenzierbar in x0, so gilt:

(i) Linearität: Sind ˛, ˇ ∈ K, so ist ˛f + ˇg in x0 differenzierbar mit(˛f + ˇg

)′(x0) = ˛f ′(x0) + ˇg ′(x0).

(ii) Produktregel: Ist Y = K, so ist f · g differenzierbar in x0 mit

(f · g)′(x0) = f ′(x0) · g(x0) + f (x0) · g ′(x0).

Satz VII.6

Page 5: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

23 Differenzierbarkeit 93

(iii) Quotientenregel: Ist Y = K und g(x0) �= 0, so istf

gin x0 differenzierbar mit(

f

g

)′(x0) =

f ′(x0)g(x0) − f (x0)g ′(x0)

g(x0)2.

Beweis. (i) Die Behauptungen folgen direkt aus der Definition VII.1 der Ableitung undden Rechenregeln für Grenzwerte.

(ii) Da g differenzierbar in x0 ist, ist g auch stetig in x0 (Korollar VII.5), also giltlimx→x0 g(x) = g(x0). Damit folgt für x ∈ D, x �= x0:

(fg)(x) − (fg)(x0)

x − x0=

f (x) − f (x0)

x − x0︸ ︷︷ ︸→f ′(x0)

· g(x)︸︷︷︸→ g(x0)

+f (x0) · g(x) − g(x0)

x − x0︸ ︷︷ ︸→g ′(x0 )

x→x0−−−−−→ f ′(x0)g(x0) + f (x0)g ′(x0).

(iii) Da g stetig ist in x0 (siehe oben) und g(x0) �= 0, gibt es ı > 0 mit g(x) �= 0,x ∈ Bı(x0) = {x ∈ D: |x − x0| < ı} (sonst gäbe es eine Folge (xn)n∈N ⊂ D mitg(xn) = 0 und xn → x0, n → ∞). Dann ist für x ∈ Bı(x0), x �= x0,( f

g

)(x) −

( fg

)(x0)

x − x0=

1

g(x)︸︷︷︸→ g(x0)

g(x0)

( f (x) − f (x0)

x − x0︸ ︷︷ ︸→f ′(x0)

· g(x0) − f (x0) · g(x) − g(x0)

x − x0︸ ︷︷ ︸→g ′(x0)

)

x→x0−−−−−→ f ′(x0)g(x0) − f (x0)g ′(x0)

g(x0)2.

(i) Die Menge der differenzierbaren Funktionen f : K ⊃ D → Y bildet einenVektorraum über K .

(ii) Polynome sind auf ganz R bzw. C differenzierbar.

(iii) Rationale Funktionen sind auf ihrem Definitionsbereich differenzierbar.

Korollar VII.7

Kettenregel. Es seien K = R oderC, f : K ⊃ Df → K, g : K ⊃ Dg → K Funktionenmit f (Df ) ⊂ Dg , x0 ∈ Df Häufungspunkt von Df und f (x0) Häufungspunkt von Dg .Ist f differenzierbar in x0 und g differenzierbar in f (x0), so ist g ◦ f differenzierbar inx0 mit

(g ◦ f )′(x0) = g ′(f (x0)) · f ′(x0).

Satz VII.8

Beweis. Für den Beweis benutzen wir die Äquivalenz der Differenzierbarkeit mit derlinearen Approximierbarkeit (Satz VII.4). Nach Voraussetzung und Satz VII.4 gibt esin x0 bzw. f (x0) stetige Funktionen rf : K ⊃ Df → K , rg : K ⊃ Dg → K mit rf (x0) = 0,

Page 6: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

94 VII Differentialrechnung inR

rg (f (x0)) = 0 und

f (x) = f (x0) + f ′(x0)(x − x0) + rf (x)(x − x0), x ∈ Df ,

g(y) = g(f (x0)) + g ′(f (x0))(

y − f (x0))

+ rg(y)(

y − f (x0)), y ∈ Dg .

Einsetzen der ersten Gleichung in die zweite mit y = f (x) für x ∈ Df liefert:

(g ◦ f )(x) = g(f (x0)

)+ g ′(f (x0)

)(f (x) − f (x0)

)+ rg

(f (x)

)(f (x) − f (x0)

)= g

(f (x0)

)+ g ′(f (x0)

)(f ′(x0)(x − x0) + rf (x)(x − x0)

)+ rg

(f (x)

) (f ′(x0)(x − x0) + rf (x)(x − x0)

)= (g ◦ f )(x0) + g ′(f (x0)

)f ′(x0)(x − x0) + rg◦f (x)(x − x0),

wobei

rg◦f (x) := g ′(f (x0))

rf (x) + rg(f (x))(

f ′(x0) + rf (x)), x ∈ Df .

Als Summe und Komposition stetiger Funktionen ist rg◦f stetig in x0 mit

rg◦f (x0) = g ′(f (x0))

rf (x0)︸ ︷︷ ︸=0

+ rg(f (x0))︸ ︷︷ ︸=0

(f ′(x0) + rf (x0)

)= 0.

Die Behauptung folgt nun wiederum aus Satz VII.4.

– sin, cos:R→ R sind differenzierbar (Beispiel VI.14) mit:

sin′(x) =1

2i(i exp′(ix) − (−i) exp′(−ix)) =

1

2(exp(ix) + exp(−ix)) = cos(x),

cos′(x) =1

2(i exp′(ix) + (−i) exp′(−ix)) =

i

2(exp(ix) − exp(−ix)) = − sin(x).

– tan(x) :=sin(x)

cos(x), x ∈R\

{(2k + 1)

2: k ∈Z

}(vgl. Aufgabe VI.4), ist diffe-

renzierbar mit

(tan)′(x) =sin′(x) cos(x) − sin(x) cos′(x)

cos2(x)=

cos2(x) + sin2(x)

cos2(x)=

1

cos2(x).

– f (x) = exp2(x), g(x) = exp(x2), x ∈ R, sind differenzierbar mit

f ′(x) = 2 · exp(x) · exp′(x) = 2 exp2(x);

g ′(x) = exp′(x2) · (x2)′ = 2x exp(x2).

Beispiele

Ableitung der Umkehrfunktion. Es seien K = R oderC, f : K ⊃ Df → K injektiv,x0 ∈ Df Häufungspunkt von Df , f differenzierbar in x0 und f −1: K ⊃ f (Df ) → Kstetig in y0 := f (x0). Dann ist

f −1 differenzierbar in y0 ⇐⇒ f ′(x0) �= 0;

in diesem Fall ist

(f −1)′(y0) =1

f ′(f −1(y0)) . (23.3)

Satz VII.9

Page 7: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

23 Differenzierbarkeit 95

Beweis. „�⇒“: Aus (f −1 ◦ f )(x) = x, x ∈ Df , folgt nach Differentiation mit derKettenregel (Satz VII.8):

1 = (f −1 ◦ f )′(x0) =(f −1)′

(f (x0)) · f ′(x0) =(f −1)′

(y0) · f ′(x0);

insbesondere folgt f ′(x0) �= 0 und(f −1)′

(y0) = 1f ′(x0) , also (23.3).

„⇐�“: Wir zeigen erst, dass y0 Häufungspunkt von Df −1 = f (Df ) ist. Da x0 Häu-fungspunkt von Df ist, gibt es eine Folge (xn)n∈N ⊂ Df , xn �= x0, mit xn → x0,n → ∞. Weil f nach Korollar VII.5 stetig in x0 ist, gilt yn := f (xn) → f (x0) = y0,n → ∞. Da f injektiv ist, ist wegen xn �= x0 auch yn = f (xn) �= f (x0) = y0.

Um zu zeigen, dass f −1 differenzierbar in y0 ist, sei (yn)n∈N ⊂ f (Df ), yn �= y0, eineFolge mit yn → y0, n → ∞. Da f −1: f (Df ) → Df bijektiv ist, folgt aus yn �= y0 dannxn := f −1(yn) �= f −1(y0) = x0. Weil f −1 nach Satz VI.43 stetig ist, folgt xn → x0, n → ∞.Nach Voraussetzung und Definition der Ableitung gilt dann

0 �= f ′(x0) = limn→∞

f (xn) − f (x0)

xn − x0.

Damit folgt, dass der Grenzwert

limn→∞

f −1(yn) − f −1(y0)

yn − y0=

1

limn→∞ f (xn)−f (x0)xn−x0

=1

f ′(x0)=

1

f ′(f −1(y0))

existiert, d.h., f −1 ist differenzierbar in y0.

(i) ln: (0,∞) → R ist differenzierbar mit

ln′(x) =1

exp′(ln(x))=

1

exp(ln(x))=

1

x, x ∈ (0,∞).

(ii) sin: [− �2 , �

2 ] → [−1, 1], cos:[0, �] → [−1, 1] sind bijektiv mit Umkehr-funktionen

arcsin: [−1, 1] →[

−�

2,

2

], arccos: [−1, 1] → [0, �],

die differenzierbar auf (−1, 1) sind mit

arcsin′(x) =1

sin′(arcsin(x))=

1

cos(arcsin(x))=

1√1 − (sin(arcsin(x)))2

=1√

1 − x2,

arccos′(x) = . . . = −1√

1−x2,

aber nicht differenzierbar in den beiden Randpunkten −1 und 1, dasin′(±�

2 ) = cos(±�2 ) = 0.

(iii) tan: (− �2 , �

2 ) → R is bijektiv mit differenzierbarer Umkehrfunktion

arctan:R →(

−�

2,

2

), arctan′(x) =

1

1 + x2.

Beispiele VII.10

Page 8: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

96 VII Differentialrechnung inR

1 2 3 4−1−2−3−4−5

π

π2

−π2

Abb. 23.2: Graphen der Funktionen arcsin, arccos und arctan

Rekursiv definieren wir nun Ableitungen f (n) höherer Ordnung einer Funktion. Dazusetzen wir für eine differenzierbare Funktion f (0) := f , f (1) := f ′.

Es seien K = R oder C, (Y , ‖ · ‖) ein normierter Raum über K , f : K ⊃ Df → Yeine Funktion und x0 ∈ Df Häufungspunkt von Df . Für n = 2, 3, . . . definiertman dann rekursiv: f heißt n-mal differenzierbar in x0

:⇐⇒ f , f ′, . . . , f (n−2) differenzierbar in Df , f (n−1) differenzierbar in x0;

ist f in jedem x ∈ Df n-mal differenzierbar, heißt f n-mal differenzierbar in Df .Man nennt f (n)(x0) := (f (n−1))′(x0) die n-te Ableitung von f in x0 und bezeichnetals n-te Ableitung von f die Funktion

f (n): K ⊃ Df → Y , x �→ f (n)(x) = (f (n−1))′(x).

Definition VII.11

Bemerkung. – In den Fällen n = 2, 3, 4 schreibt man auch f ′′, f ′′′, f ′′′′.

– Ist f n-mal differenzierbar, so sind f , f ′, . . . f (n−1) stetig nach Korollar VII.5.

Es seien K = R oder C, (Y , ‖ · ‖) ein normierter Raum über K , f : Df → Y undn ∈ N0. Dann f heißt n-mal stetig differenzierbar in D

:⇐⇒ f n-mal differenzierbar in Df , f (n) stetig in Df .

Ist D ⊂ K , so definieren wir die Vektorräume von Funktionen

Cn(D) := Cn(D, Y ) := {f : D → Y , f n-mal stetig differenzierbar},C∞(D) :=

⋂n∈N0

Cn(D, Y ).

Definition VII.12

Bemerkung. – Cn(D) und C∞(D) sind Untervektorräume von C(D);

– C∞(D) ⊂ . . . ⊂ Cn+1(D) ⊂ Cn(D) ⊂ . . . ⊂ C1(D) ⊂ C0(D) = C(D).

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23 Differenzierbarkeit 97

Leibniz-Regel. Es seien K = R oder C, f , g : K ⊃ D → K Funktionen, x0 ∈ DHäufungspunkt von D und n ∈ N0. Sind f und g n-mal differenzierbar in x0, so istauch f · g n-mal differenzierbar in x0 mit(

f · g)(n)

(x0) =n∑

k=0

(n

k

)f (k)(x0)g (n−k)(x0).

Satz VII.13

Beweis. Wir führen Induktion nach n. Der Fall n = 0 ist offensichtlich.

n� n + 1: Nach Induktionsvoraussetzung, Produktregel und der Summenformel fürBinomialkoeffizienten (Proposition II.14) gilt:

(f · g)(n+1)(x0) =((f · g)(n)

)′(x0)

=

( n∑k=0

(n

k

)f (k)g (n−k)

)′(x0)

=n∑

k=0

(n

k

)f (k+1)(x0)g (n−k)(x0) +

n∑k=0

(n

k

)f (k)(x0)g (n−k+1)(x0)

=n+1∑k=1

(n

k − 1

)f (k)(x0)g (n−(k−1))(x0) +

n∑k=0

(n

k

)f (k)(x0)g (n−k+1)(x0)

= f (n+1)(x0)g(x0) +n∑

k=1

((n

k−1

)+

(n

k

))︸ ︷︷ ︸

=(n+1k )

f (k)(x0)g (n+1−k)(x0)+f (x0)g (n+1)(x0)

=n+1∑k=0

(n + 1

k

)f (k)(x0)g (n+1−k)(x0).

Speziell für K = R hat man noch den Begriff einseitiger Ableitungen:

Es sei (Y , ‖ · ‖) ein normierter Raum über R, f :R ⊃ Df → Y eine Funktion,x0 ∈ Df Häufungspunkt von Df ∩ [x0,∞) bzw. Df ∩ (∞, x0]. Man nennt frechtsseitig bzw. linksseitig differenzierbar in x0,

:⇐⇒ es existiert limx�x0

f (x) − f (x0)

x − x0=: f ′

+(x0) bzw. limx�x0

f (x) − f (x0)

x − x0=: f ′

−(x0);

dann heißen f ′+(x0) bzw. f ′

−(x0) rechts- bzw. linksseitige Ableitung von f in x0; f heißtrechts- bzw. linksseitig differenzierbar in Df , wenn dies in jedem x ∈ Df gilt, undeinseitig differenzierbar, wenn f rechts- oder linksseitig differenzierbar ist.

Definition VII.14

f (x) = |x|, x ∈ R, ist links- und rechtsseitig differenzierbar in Rmitf ′−(x) = f ′

+(x) = −1, x ∈ (−∞, 0) , f ′−(0) = −1,

f ′−(x) = f ′

+(x) = 1, x ∈ (0,∞) , f ′+(0) = 1.

Beispiel

Bemerkung. f ist genau dann differenzierbar in x0, wenn f links- und rechtsseitigdifferenzierbar in x0 ist mit f ′

+(x0) = f ′−(x0); dann ist

f ′(x0) = f ′−(x0) = f ′

+(x0).

Page 10: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

98 VII Differentialrechnung inR

� 24Mittelwertsätze und lokale Extrema

Der Mittelwertsatz ist das zentrale Hilfsmittel, um notwendige und hinreichende Be-dingungen für lokale Extrema von Funktionen f :R ⊂ Df → R herzuleiten; dabei istDf immer ein Intervall mit Randpunkten a, b ∈ R, −∞ < a < b < ∞.

Es seien (X, d) ein metrischer Raum, f : X ⊃ Df → R eine Funktion und x0 ∈ Df .Man sagt, f hat in x0 ein lokales Minimum bzw. Maximum

:⇐⇒ ∃ " > 0 ∀ x ∈ Df , d(x, x0) < ": f (x0) ≤ f (x) bzw. f (x0) ≥ f (x)

und ein globales Minimum bzw. Maximum

:⇐⇒ ∀ x ∈ Df : f (x0) ≤ f (x) bzw. f (x0) ≥ f (x).

Der Punkt x0 heißt lokale bzw. globale Extremstelle von f , wenn f in x0 ein lokalesbzw. globales Minimum oder Maximum hat.

Definition VII.15

Es seien f :R ⊃ (a, b) → R eine Funktion und x0 ∈ (a, b). Hat f in x0 eine lokaleExtremstelle und ist f in x0 differenzierbar, so folgt

f ′(x0) = 0.

Satz VII.16

Beweis. Es sei etwa x0 ein lokales Minimum (sonst betrachte −f ). Dann existiert ein" > 0 mit (x0 − ", x0 + ") ⊂ (a, b) und

∀ x ∈ (x0 − ", x0 + ") : f (x0) ≤ f (x).

Da f differenzierbar in x0 ist, folgt damit

f ′+(x0) = lim

x�x0

≥0︷ ︸︸ ︷f (x) − f (x0)

x − x0︸ ︷︷ ︸>0

≥ 0, f ′−(x0) = lim

x�x0

≥0︷ ︸︸ ︷f (x) − f (x0)

x − x0︸ ︷︷ ︸<0

≤ 0,

also insgesamt f ′(x0) = f ′−(x0) = f ′

+(x0) = 0.

Bemerkung. – Punkte x ∈ Df mit f ′(x) = 0 heißen auch kritische Punkte.

– f ′(x0) = 0 ist notwendig für lokale Extremstellen, aber nicht hinreichend; z.B.hat f (x) = x3, x ∈ R, in x0 = 0 kein lokales Extremum, aber f ′(0) = 0.

– Kandidaten für lokale Extremstellen einer Funktion f : [a, b] → R sind also:

– die Randpunkte a, b,

– die Punkte in (a, b), in denen f nicht differenzierbar ist,– die kritischen Punkte von f in (a, b).

Page 11: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

24 Mittelwertsätze und lokale Extrema 99

Aus Satz VII.16 folgt mit Satz VI.37 vom Minimum und Maximum sofort:

Es sei f :R ⊃ [a, b] → R stetig in [a, b] und differenzierbar in (a, b). Dann nimmtf sein (globales) Minimum und Maximum entweder auf dem Rand des Intervalls[a, b] oder in einem kritischen Punkt an:

maxx∈[a,b]

f (x) ∈ {f (a), f (b), max{f (x): x ∈ (a, b) , f ′(x) = 0}}und analog für min

x∈[a,b]f (x).

Korollar VII.17

Satz von Rolle. Es sei f :R ⊃ [a, b] → R stetig in [a, b] und differenzierbarin (a, b). Ist f (a) = f (b), dann existiert ein � ∈ (a, b) mit

f ′(�) = 0.

Satz VII.18

Beweis. 1. Fall: f konstant. Dann ist f ′ = 0 nach Beispiel VII.2 mit n = 0, also giltf ′(�) = 0 für beliebiges � ∈ (a, b).

2. Fall: f nicht konstant. Dann existiert x0 ∈ (a, b) mit

f (x0) < f (a) = f (b) oder f (x0) > f (a) = f (b).

Weil f stetig auf [a, b] ist, nimmt es nach Satz VI.37 sein Minimum bzw. Maximumdann in einem Punkt � ∈ (a, b) an. Also ist � ∈ (a, b) eine Extremstelle, und da f in(a, b) differenzierbar ist, folgt f ′(�) = 0 aus Satz VII.16.

Aus dem Satz von Rolle ergibt sich durch eine einfache Transformation sofort derfolgende zentrale Satz der Differentialrechnung (vgl. Abb. 24.1):

Mittelwertsatz. Es sei f :R ⊃ [a, b] → R stetig in [a, b] und differenzierbarin (a, b). Dann existiert ein � ∈ (a, b) mit

f ′(�) =f (b) − f (a)

b − a.

Satz VII.19

Beweis. Wir wollen den Satz von Rolle anwenden auf die Hilfsfunktion:

h(x) := f (x) −f (b) − f (a)

b − a(x − a), x ∈ [a, b] .

Genau wie f ist h stetig auf [a, b] und differenzierbar auf (a, b) mit

h(a) = f (a), h(b) = f (b) −f (b) − f (a)

b − a(b − a) = f (a) = h(a),

erfüllt also die Voraussetzungen von Satz VII.18. Folglich gibt es ein � ∈ (a, b) mit

0 = h′(�) = f ′(�) −f (b) − f (a)

b − a.

Page 12: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

100 VII Differentialrechnung inR

ξa b

f(a)

f(x) = 1x

ξa b

h(a) = f(a)h(x) = 1

x + 1ab (x − a)

Abb. 24.1: Mittelwertsatz und Transformation auf den Satz von Rolle

Geometrisch bedeutet der Mittelwertsatz, dass es einen Punkt � ∈ (a, b) gibt, in demdie Tangentensteigung gleich der Sekantensteigung in a und b ist.

Aus dem Mittelwertsatz lassen sich eine ganz Reihe wichtiger Folgerungen ziehen:

Ist f :R ⊃ [a, b] → R stetig auf [a, b] und differenzierbar auf (a, b) oder istf :R→ R stetig differenzierbar, so gilt:

f konstant ⇐⇒ f ′ = 0.

Korollar VII.20

Beweis. „�⇒“: Diese Implikation haben wir in Beispiel VII.2 gezeigt.

„⇐�“: Es seien x1, x2 ∈ [a, b] (bzw. R) beliebig, ohne Einschränkung x1 < x2. Nachdem Mittelwertsatz (Satz VII.19) existiert ein � ∈ (x1, x2) mit

f (x2) − f (x1) = (x2 − x1)f ′(�) = 0,

da f ′ = 0, also f (x2) = f (x1). Da x1, x2 beliebig waren, muss f konstant sein.

Lineare Differentialgleichungen erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten beschrei-ben in der Natur Zerfalls- oder Wachstumsprozesse. Mit Hilfe von Korollar VII.20können wir jetzt alle Lösungen solcher Gleichungen angeben.

Es sei � ∈ R und I ⊆ R ein Intervall. Jede stetig differenzierbare Lösung y: I → Rder Differentialgleichung

y′(x) = � y(x), x ∈ I, (24.1)

ist von der Form y(x) = C exp(�x), x ∈ I, mit einem C ∈ R. Insbesondere ist dieExponentialfunktion exp die eindeutige Lösung des „Anfangswertproblems“

y′ = y, y(0) = 1.

Satz VII.21

Beweis. Für f (x) := y(x) · exp(−�x), x ∈ I , gilt nach Produkt- und Kettenregel:

f ′(x) = y′(x) exp(−�x) + y(x)(−�) exp(−�x) = (y′(x) − �y(x))︸ ︷︷ ︸=0 nach (24.1)

exp(−�x) = 0.

Nach Korollar VII.20 ist dann f konstant, d.h., es gibt C ∈ Rmit f (x) = C, x ∈ I .Für � = 1 folgt aus der Bedingung y(0) = 1, dass C = C exp(0) = y(0) = 1.

Page 13: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

24 Mittelwertsätze und lokale Extrema 101

Als Nächstes benutzen wir die Ableitung einer Funktion, um Informationen über ihreMonotonie und Kriterien für die Klassifikation lokaler Extrema zu erhalten.

Ist X eine Menge und f: X → R eine Funktion, schreiben wir

f > 0 :⇐⇒ ∀ x ∈ X: f (x) > 0,

und analog definieren wir f ≥ 0, f < 0, f ≤ 0.

Bezeichnung VII.22

Es sei f :R ⊃ (a, b) → R differenzierbar. Dann gilt:

(i) f ′ > 0 �⇒ f auf (a, b) streng monoton wachsend.f ′ < 0 �⇒ f auf (a, b) streng monoton fallend.

(ii) f ′ ≥ 0 ⇐⇒ f auf (a, b) monoton wachsend.f ′ ≤ 0 ⇐⇒ f auf (a, b) monoton fallend.

Lässt sich f stetig auf [a, b] fortsetzen, so gelten alle Aussagen rechts auf [a, b].

Satz VII.23

Beweis. „�⇒“ in (i) und (ii): Nach dem Mittelwertsatz (Satz VII.19) gibt es für beliebigex1, x2 ∈ (a, b), x1 < x2, ein � ∈ (x1, x2) mit

f (x2) − f (x1) = f ′(�) (x2 − x1)︸ ︷︷ ︸>0

.

Daraus ergeben sich alle Behauptungen; z.B. folgt aus f ′ > 0, dass f ′(�) > 0 und damitf (x2) > f (x1), also ist f streng monoton wachsend.

„⇐�“ in (ii): Aus der Definition der Ableitung folgt für beliebiges x0 ∈ (a, b):

f ′(x0) = limx�x0

f (x) − f (x0)

x − x0︸ ︷︷ ︸>0

. (24.2)

Daraus ergeben sich alle Behauptungen; z.B. folgt aus f monoton wachsend, dassf (x) − f (x0) ≥ 0, also f ′(x0) ≥ 0.

Bemerkung. In (i) gelten die Rückrichtungen nicht. Auch wenn f streng monotonwachsend ist und daher f (x) − f (x0) > 0 in (24.2) gilt, folgt im Limes nur f ′(x0) ≥ 0;z.B. ist f (x) = x3, x ∈ R, streng monoton wachsend, aber f ′(0) = 0.

Kriterien für lokale Extrema. Es seien f :R ⊃ (a, b) → R differenzierbar undx0 ∈ (a, b) mit f ′(x0) = 0. Dann gilt:

(i) f hat in x0 ein lokales Minimum, falls ˛, ˇ ∈ R, ˛ < x0 < ˇ existieren mit

f ′(x) ≤ 0, x ∈ (˛, x0) ∧ f ′(x) ≥ 0, x ∈ (x0, ˇ),

und ein lokales Maximum, falls

f ′(x) ≥ 0, x ∈ (˛, x0) ∧ f ′(x) ≤ 0, x ∈ (x0, ˇ)

;

Satz VII.24

Page 14: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

102 VII Differentialrechnung inR

(ii) ist f zweimal stetig differenzierbar in (a, b), so hat f in x0 ein{lokales Minimum, wenn f ′′(x0) > 0,

lokales Maximum, wenn f ′′(x0) < 0.

Beweis. (i) Die Behauptungen folgen direkt aus der Charakterisierung der Monotoniemit Hilfe der Ableitung in Satz VII.23.

(ii) Es sei etwa f ′′(x0) > 0 (sonst betrachte −f ). Dann existieren nach KorollarVI.38 (ii),da f ′′ stetig in (a, b) vorausgesetzt ist, ˛, ˇ ∈ R, ˛ < x0 < ˇ mit

f ′′(x) > 0, x ∈ (˛, ˇ),

d.h., f ′ ist nach Satz VII.23 streng monoton wachsend auf(˛, ˇ

). Da f ′(x0) = 0, folgt

f ′(x) ≤ 0, x ∈ (˛, x0), und f ′(x) ≥ 0, x ∈ (x0, ˇ

). Also sind die Voraussetzungen aus

dem ersten Fall in (i) erfüllt, und die Behauptung folgt daraus.

Eine Funktion f:R ⊂ I → R heißt konvex auf einem Intervall I

:⇐⇒ ∀ x1, x2 ∈ I ∀ � ∈ (0, 1) : f (�x1 + (1 − �)x2︸ ︷︷ ︸∈(x1,x2)

bzw.(x2,x1)

) ≤ �f (x1) + (1 − �)f (x2)︸ ︷︷ ︸∈(f (x1),f (x2))

bzw.(f (x2),f (x1))und konkav, wenn −f konvex ist.

Definition VII.25

Die Konvexität einer Funktion kann man mit der zweiten Ableitung prüfen:

Ist I ⊂ R ein offenes Intervall und f : I → R zweimal differenzierbar, so gilt

f konvex ⇐⇒ f ′′ ≥ 0.

Satz VII.26

Beweis. „⇐�“: Weil f ′′ ≥ 0, ist f ′ monoton wachsend auf I (Satz VII.23). Es seiennun x1, x2 ∈ I beliebig, ohne Einschränkung x1 < x2, und � ∈ (0, 1). Dann istx := �x1 + (1 − �)x2 ∈ (x1, x2). Nach dem Mittelwertsatz (Satz VII.19) gibt es�1 ∈ (x1, x) , �2 ∈ (x, x2) mit

f (x) − f (x1)

x − x1= f ′(�1) ≤ f ′(�2) =

f (x2) − f (x)

x2 − x, (24.3)

wobei wir die Monotonie von f ′ benutzt haben. Mit

x − x1 = �x1 + (1 − �)x2 − x1 = (1 − �)(x2 − x1),x2 − x = x2 − �x1 − (1 − �)x2 = �(x2 − x1)

(24.4)

und x2 − x1 > 0 folgt aus (24.3)

f (x) − f (x1)

1 − �≤ f (x2) − f (x)

�.

Da �, 1 − � > 0 sind, ergibt sich schließlich f (x) ≤ �f (x1) + (1 − �)f (x2).

Page 15: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

24 Mittelwertsätze und lokale Extrema 103

„�⇒“ : Es seien x1, x2 ∈ I , x1 < x2, und x ∈ (x1, x2) beliebig. Dann existiert � ∈ (0, 1)mit x = �x1 + (1 − �)x2 (siehe oben). Da f konvex ist, gilt

0 ≤ �f (x1) + (1 − �)f (x2) − f (x).

Multiplizieren wir mit x2 − x1 (> 0) und beachten (24.4), so folgt

0 ≤ �(x2 − x1)︸ ︷︷ ︸=x2−x

f (x1) + (1 − �)(x2 − x1)︸ ︷︷ ︸=x−x1

f (x2) − (x2 − x1)︸ ︷︷ ︸=x2−x+x−x1

f (x)

= (x2 − x)︸ ︷︷ ︸>0

(f (x1) − f (x)

)+ (x − x1)︸ ︷︷ ︸

>0

(f (x2) − f (x)

).

Also ergibt sich für beliebiges x ∈ (x1, x2):

f (x) − f (x1)

x − x1≤ f (x2) − f (x)

x2 − x.

Da f differenzierbar und damit auch stetig auf I ist, folgt damit

f ′(x1) = limx�x1

f (x) − f (x1)

x − x1≤ lim

x�x1

f (x2) − f (x)

x2 − x=

f (x2) − f (x1)

x2 − x1,

f ′(x2) = limx�x2

f (x2) − f (x)

x2 − x≥ lim

x�x2

f (x) − f (x1)

x − x1=

f (x2) − f (x1)

x2 − x1,

also f ′(x1) ≤ f ′(x2). Folglich ist f ′ monoton wachsend. Da f zweimal differenzierbarist, folgt f ′′ ≥ 0 (Satz VII.23 für f ′).

– exp:R→ R ist konvex, denn exp′′ = exp > 0.

– ln:R+ → R ist konkav, denn ln′′(x) =(

1x

)′= − 1

x2 < 0, x ∈ (0,∞).

Beispiele

Die Konkavität des Logarithmus liefert einige fundamentale Ungleichungen:

Youngsche1 Ungleichung. Sind p, q ∈ (1,∞) mit 1p + 1

q = 1, so gilt:

� · � ≤ 1

p· �p +

1

q· �q, �, � ≥ 0.

Satz VII.27

Beweis. Ist � · � = 0, ist nichts zu zeigen. Also sei � · � > 0. Da ln konkav ist, folgt mit� = 1

p , 1−� = 1− 1p = 1

q , der Funktionalgleichung für ln (Satz VI.44) und der Definition

der Potenzen mit reellen Exponenten (Kapitel VI, (22.1)), z.B. �p = exp(p ln(�)):

ln(1

p�p +

1

q�q)

≥ 1

pln(�p) +

1

qln(�q) = ln(�) + ln(�).

Wendet man darauf die (streng) monoton wachsende Funktion exp an, ergibt sich:

1

p�p +

1

q�q ≥ exp

(ln(�) + ln(�)

)= exp(ln(�)) · exp(ln(�)) = � · �.

1William Henry Young, ∗ 20. Oktober 1863 in London, 7. Juli 1942 in Lausanne, englischer Mathe-matiker, der vor allem orthogonale Reihen und Integrationstheorie studierte.

Page 16: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

104 VII Differentialrechnung inR

Höldersche2 Ungleichung. Es seien K = R oder C, p, q ∈ (1,∞) mit 1p + 1

q = 1.

Für x = (xi)ni=1 ∈ K n definiere

‖x‖p :=( n∑

i=1

|xi|p) 1

p.

Dann gilt für x = (xi)ni=1 , y =

(yi

)n

i=1∈ K n:

n∑i=1

|xiyi| ≤ ‖x‖p · ‖y‖q.

Satz VII.28

Beweis. Ist x = 0 oder y = 0, ist nichts zu zeigen. Sind x, y �= 0, so liefert die YoungscheUngleichung (Satz VII.27) mit

� =|xi|‖x‖p

, � =|yi|‖y‖q

für i = 1, 2, . . . , n sofort|xi| |yi|

‖x‖p ‖y‖q≤ 1

p

|xi|p‖x‖p

p

+1

q

|yi|q‖y‖q

q.

Summiert man über i = 1, 2, . . . , n, so ergibt sich nach der Definition von ‖ · ‖p:

1

‖x‖p ‖y‖q

n∑i=1

|xiyi| ≤ 1

p

1

‖x‖pp

n∑i=1

|xi|p +1

q

1

‖y‖qq

n∑i=1

|yi|q =1

p+

1

q= 1.

Sind p, q ∈ (1,∞) mit 1p + 1

q = 1, so ist q = pp−1 und heißt zu p konjugierter Exponent

zu p, auch oft mit p′ bezeichnet. Ein Spezialfall ist das Paar p = 2 und q = 2.In diesem Fall wird die Höldersche Ungleichung zu einer Ungleichung, die Sie

vielleicht schon aus der Linearen Algebra kennen:

Cauchy-Bunyakovsky3 -Schwarzsche4 Ungleichung. Es sei K =R oder C. Be-zeichnet für x = (xi)n

i=1, y = (yi)ni=1 ∈ K n

〈x , y〉 :=n∑

i=1

xi · yi

das euklidische Skalarprodukt in K n, so gilt:

|〈x , y〉| ≤ ‖x‖2 ‖y‖2.

Korollar VII.29

2Otto Ludwig Hölder, ∗ 22. Dezember 1859 in Stuttgart, 29. August 1937 in Leipzig, deutscherMathematiker, der über Fourierreihen und Gruppen arbeitete.

3Victor Yakovlevich Bunyakovsky, ∗16. Dezember 1804 in Bar, Ukraine, 12. Dezember 1889 in St.Petersburg, Russland, Schüler von Cauchy, arbeitete in Zahlentheorie und Geometrie und entdeckte die –oft nicht nach ihm benannte – Ungleichung 1859, 25 Jahre vor Schwarz.

4Hermann Amandus Schwarz, ∗ 25. Januar 1843 in Hermsdorf, jetzt Polen, 30. November 1921in Berlin, deutscher Mathematiker, Schüler von Weierstraß, arbeitete über konforme Abbildungen undMinimalflächen.

Page 17: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

24 Mittelwertsätze und lokale Extrema 105

Minkowskische5 Ungleichung. Es seien K = R oder C und p ∈ (1,∞) . Danngilt für x, y ∈ K n:

‖x + y‖p ≤ ‖x‖p + ‖y‖p.

Satz VII.30

Beweis. Ist x + y = 0, so ist nichts zu zeigen. Es sei nun x + y �= 0. Mit Hilfe der Drei-ecksungleichung für den Betrag in K und der Hölderschen Ungleichung (Satz VII.28),angewendet auf x und x + y sowie y und x + y, folgt mit q = p

p−1 :

‖x + y‖pp =

n∑i=1

|xi + yi| · |xi + yi|p−1 ≤n∑

i=1

|xi| |xi + yi|p−1 +n∑

i=1

|yi| |xi + yi|p−1

≤ ‖x‖p

( n∑i=1

|xi + yi|=p︷︸︸︷

(p−1)q) 1

q + ‖y‖p

( n∑i=1

|xi + yi|=p︷︸︸︷

(p−1)q) 1

q

=(‖x‖p + ‖y‖p

) ‖x + y‖pq

p .

Wegen p − pq = 1 folgt nach Division durch ‖x + y‖

pq

p (�= 0) die Behauptung.

Die Minkowskische Ungleichung zeigt, dass für ‖ · ‖p die Dreiecksungleichung gilt:

Für p ∈ (1,∞) definiert ‖ · ‖p: K n → [0,∞) eine Norm auf K n. Korollar VII.31

Eine Verallgemeinerung des Mittelwertsatzes ist der folgende Satz, den wir verwenden,um im Folgenden die Regeln von L’Hopital6 zur Grenzwertberechnung zu bewei-sen.

Verallgemeinerter Mittelwertsatz. Sind f , g :R ⊃ [a, b] → R stetig in [a, b],differenzierbar in (a, b) und g ′(x) �= 0, x ∈ (a, b), so gibt es � ∈ (a, b) mit

f ′(�)

g ′(�)=

f (b) − f (a)

g(b) − g(a).

Satz VII.32

Bemerkung. – Im Spezialfall g(x) = x, x ∈ [a, b], erhält man wieder den Mittel-wertsatz (Satz VII.19).

– Der verallgemeinerte Mittelwertsatz folgt nicht durch „Quotientenbildung“ ausdem Mittelwertsatz; dieser liefert nur die Existenz von �1, �2 ∈ (a, b) mit

f ′(�1)

g ′(�2)=

f (b) − f (a)

g(b) − g(a).

5Hermann Minkowski, ∗ 22. Juni 1864 in Aleksotas, Litauen, 12. Januar 1909 in Göttingen, legte durchein neues Raum-Zeit-Konzept die mathematische Basis der Relativitätstheorie.

6Guillaume Francois Antoine Marquis de L’Hopital,∗1661, 2. Februar 1704 in Paris, französischerMathematiker, der zuerst Hauptmann der Kavallerie war, und später das erste Lehrbuch in Analysis nachden Aufzeichnungen von Johann Bernoulli schrieb.

Page 18: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

106 VII Differentialrechnung inR

Beweis. Es ist g(b) �= g(a), sonst gäbe es nach dem Satz von Rolle ein � ∈ (a, b) mitg ′(�) = 0. Analog wie im Beweis des Mittelwertsatzes definiere eine Funktion

h(x) := f (x) −f (b) − f (a)

g(b) − g(a)

(g(x) − g(a)

), x ∈ [a, b] ,

die die Voraussetzungen des Satzes VII.18 von Rolle erfüllt. Also gibt es � ∈ (a, b) mit

0 = h′(�) = f ′(�) −f (b) − f (a)

g(b) − g(a)g ′(�)︸︷︷︸

�=0

.

L’Hopitalsche Regeln. Es seien f , g :R ⊃ (a, b) → R differenzierbar in (a, b),g(x) �= 0, x ∈ (a, b), so dass eine der Bedingungen

(i) f (x) → 0, g(x) → 0 für x � a,

(ii) f (x) → ∞, g(x) → ∞ für x � a,

gilt. Existiert dann der Grenzwert limx�af ′(x)g ′(x) , so existiert auch limx�a

f (x)g(x) und

limx�a

f (x)

g(x)= lim

x�a

f ′(x)

g ′(x).

Analoge Aussagen gelten für x � b oder x → ±∞.

Satz VII.33

Beweis. Gilt (i), so sind f und g in x = a stetig fortsetzbar durch 0; wir bezeichnendiese Fortsetzungen wieder mit f und g . Nach dem verallgemeinerten Mittelwertsatz(Satz VII.32) existiert für jedes x ∈ (a, b) ein � ∈ (a, x) mit

f ′(�)

g ′(�)=

f (x) − f (a)

g(x) − g(a)=

f (x)

g(x).

Da x � a auch � � a impliziert, folgt daraus die Behauptung.

Gilt (ii) und setzt man � := limx�af ′(x)g ′(x) , so gibt es zu beliebigem " > 0 ein ı > 0 mit

∀ � ∈ (a, a + ı) :

∣∣∣∣ f ′(�)

g ′(�)− �

∣∣∣∣ <"

2.

Wieder mit dem verallgemeinerten Mittelwertsatz (Satz VII.32) folgt daraus

∀ x, y ∈ (a, a + ı) :

∣∣∣∣ f (x) − f (y)

g(x) − g(y)− �

∣∣∣∣ <"

2. (24.5)

Für festes y ∈ (a, a + ı) gilt wegen Voraussetzung (ii)

f (x)

g(x)=

f (x) − f (y)

g(x) − g(y)· g(x) − g(y)

f (x) − f (y)· f (x)

g(x)=

f (x) − f (y)

g(x) − g(y)·

→1, x→a︷ ︸︸ ︷1 − g(y)

g(x)

1 − f (y)f (x)︸ ︷︷ ︸

→1, x→a

,

also existiert ein ı0 > 0 mit

∀ x ∈ (a, a + ı0) :

∣∣∣∣ f (x)

g(x)−

f (x) − f (y)

g(x) − g(y)

∣∣∣∣ <"

2. (24.6)

Insgesamt folgt aus (24.5), (24.6) und der Dreiecksungleichung schließlich

∀ x ∈ (a, a + min{ı, ı0}) :

∣∣∣∣ f (x)

g(x)− �

∣∣∣∣ < ".

Page 19: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

24 Mittelwertsätze und lokale Extrema 107

– limx�0

xn ln(x) = 0, n ∈ N:

Denn mit f (x) = ln(x), g(x) = x−n, x ∈ (0,∞), gilt (ii) in Satz VII.33 und

limx�0

f ′(x)

g ′(x)= lim

x�0

1x

−nx−n−1= lim

x�0

(−

1

nxn)

= 0;

die umgekehrte Wahl f (x) = xn, g(x) = (ln(x))−1, x ∈ (0,∞), ist sinnlos!

– limx→∞

ln(x)n√

x= lim

x→∞

1x

1n x

1n −1

= limx→∞

n

x1n

= 0, n ∈ N:

Der Logarithmus wächst also langsamer gegen ∞ als jede Wurzel!

– limx→∞

exp(x)

xn= ∞, n ∈ N:

Die Exponentialfunktion wächst also schneller gegen ∞ als jede Potenz!

Denn n-malige Anwendung der L’Hopitalschen Regel liefert:

limx→∞

exp(x)

xn= lim

x→∞exp(x)

nxn−1= · · · = lim

x→∞exp(x)

n!= ∞.

– limx�0

( 1

sin(x)−

1

x

)= 0:

Für f (x) = x − sin(x), g(x) = x sin(x), x ∈ (0,∞), gilt

f ′(x) = 1 − cos(x)x�0−−−→ 0, g ′(x) = sin(x) + x cos(x)

x�0−−−→ 0,

f ′′(x) = sin(x)x�0−−−→ 0, g ′′(x) = 2 cos(x) − x sin(x)

x�0−−−→ 2.

Also folgt nach zweimaliger Anwendung der L’Hopitalschen Regel:

0 = limx�0

f ′′(x)

g ′′(x)= lim

x�0

f ′(x)

g ′(x)= lim

x�0

f (x)

g(x)= lim

x�0

( 1

sin(x)−

1

x

).

Beispiele

Übungsaufgaben

VII.1. Für a ∈ (0,∞) fest definiere die Funktion

pa:R → R, pa(x) := exp(x ln(a)).

a) Zeige, dass pa(q) = aq für jedes q ∈ Q (beachte ars := (ar)

1s für r, s ∈ N).

b) Untersuche pa auf Differenzierbarkeit und bestimme allenfalls die Ableitung.

VII.2. Untersuche, wo folgende Funktionen differenzierbar sind, und bestimme dort ihre Ab-leitung:

a) f (x) =√

x, x ∈ [0, ∞); b) f (x) = |x|3, x ∈ R;

c) f (x) = (1 + 2x)n, x ∈ R, n ∈ N; d) f (x) = ln(| ln(x)|), x ∈ (0,∞);

e) f (x) = xx , x ∈ [0,∞); f) f (x) = arctan(x), x ∈ R.

Page 20: Analysis I || Differentialrechnung in ℝ

108 VII Differentialrechnung inR

VII.3. Beweise, dass die folgende Funktion beliebig oft differenzierbar ist:

f :R→ R, f (x) =

{exp(

− 1|x|), x �= 0,

0, x = 0.

Zeige, dass f (n)(x) = pn−1(x)x2n exp

(− 1

x

)für x > 0 mit einem Polynom pn−1 vom Grad n − 1

und dass f (n)(0) = 0 für alle n ∈ N0.

VII.4. Wo liegt der Fehler in der folgenden Rechnung:

limx→0

x5

sin(x) − x= lim

x→0

5x4

cos(x) − 1= · · · = lim

x→0

f (5)(x)

g(5) (x)=

5!

cos(0)= 120 ?

Was ist das richtige Ergebnis?