Analysis I || Metrische Räume und Folgen

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IV Metrische Räume und Folgen Metrische Räume sind Mengen, auf denen eine Abstandsfunktion definiert ist. In der Ebene kann man sich z.B. auf freiem Feld die „Luftlinie“ als Abstandsfunktion denken; in einer Stadt dagegen würde man eine andere Abstandsfunktion wählen. 11 Konvergenz von Folgen Um das Verhalten von Folgen x 1 , x 2 , ... reeller Zahlen zu untersuchen, führen wir das Konzept der Konvergenz in einem metrischen Raum ein. Es sei X eine nichtleere Menge. Eine Metrik auf X ist eine Abbildung d : X × X [0, ) mit folgenden Eigenschaften: (i) d (x , y )=0 ⇐⇒ x = y , x , y X , (ii) d (x , y )= d (y , x ), x , y X (Symmetrie), (iii) d (x , y ) d (x , z )+ d (z , y ), x , y , z X (Dreiecksungleichung ); (X , d ) heißt metrischer Raum und d (x , y ) Abstand von x und y bzgl. der Metrik d . Definition IV.1 Eine Menge X mit der diskreten Metrik d (x , y ) := 0, x = y , 1, x = y . Q und R jeweils mit d (x , y ) := |x y |, x , y Q bzw. R. R n := R × R ×···× R (n-mal) mit der euklidischen Metrik: d (x , y ) := (x 1 y 1 ) 2 + ··· +(x n y n ) 2 , x =(x i ) n i =1 , y =(y i ) n i =1 R n , wobei die Wurzel · wie später in Satz IV.42 definiert ist. Im Spezialfall n = 1 ist die euklidische Metrik genau die oben für R angegebene. Beispiel IV.2 Zum besseren Verständnis darf man sich im Folgenden als metrischen Raum immer die Menge der reellen Zahlen R mit der euklidischen Metrik d wie oben vorstellen. C. Tretter, Analysis I © Springer Basel AG 2013

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IV Metrische Räume undFolgen

Metrische Räume sind Mengen, auf denen eine Abstandsfunktion definiert ist. In derEbene kann man sich z.B. auf freiem Feld die „Luftlinie“ als Abstandsfunktion denken;in einer Stadt dagegen würde man eine andere Abstandsfunktion wählen.

� 11Konvergenz von Folgen

Um das Verhalten von Folgen x1, x2, . . . reeller Zahlen zu untersuchen, führen wir dasKonzept der Konvergenz in einem metrischen Raum ein.

Es sei X eine nichtleere Menge. Eine Metrik auf X ist eine Abbildung d: X × X →[0,∞) mit folgenden Eigenschaften:

(i) d(x, y) = 0 ⇐⇒ x = y, x, y ∈ X,

(ii) d(x, y) = d(y, x), x, y ∈ X (Symmetrie),

(iii) d(x, y) ≤ d(x, z) + d(z, y), x, y, z ∈ X (Dreiecksungleichung);

(X, d) heißt metrischer Raum und d(x, y) Abstand von x und y bzgl. der Metrik d.

Definition IV.1

– Eine Menge X mit der diskreten Metrik d(x, y) :=

{0, x = y,

1, x �= y.

– Q und R jeweils mit d(x, y) := |x − y|, x, y ∈ Q bzw. R.

– Rn := R× R× · · · ×R (n-mal) mit der euklidischen Metrik:

d(x, y) :=√

(x1 − y1)2 + · · · + (xn − yn)2, x = (xi)ni=1, y = (yi)

ni=1 ∈ Rn,

wobei die Wurzel√· wie später in Satz IV.42 definiert ist.

Im Spezialfall n = 1 ist die euklidische Metrik genau die oben für R angegebene.

Beispiel IV.2

Zum besseren Verständnis darf man sich im Folgenden als metrischen Raum immerdie Menge der reellen Zahlen Rmit der euklidischen Metrik d wie oben vorstellen.

C. Tretter, Analysis I

© Springer Basel AG 2013

24 IV Metrische Räume und Folgen

Eine Folge in einem metrischen Raum (X, d) ist eine Abbildung

N→ X, n �→ xn ∈ X;

man schreibt in diesem Fall (xn)n∈N ⊂ X, (xn)∞n=1 ⊂ X oder (x1, x2, x3, . . . ) ⊂ X.

Definition IV.3

Als Definitionsbereiche von Folgen können stattN auch N0 oder unendliche Teilmen-gen von N0, wie etwa {n ∈ N0: n ≥ n0} oder {2k: k ∈ N}, vorkommen.

Folgen inR.

a) xn := a, n ∈ N, mit a ∈ R: (a, a, a, . . . ) (konstante Folge),

b) xn :=1

n, n ∈ N:

(1, 1

2 , 13 , 1

4 , . . .)

,

c) xn := (−1)n, n ∈ N0:(1, −1, 1, −1, . . .

),

d) xn := xn, n ∈ N0, mit x ∈ R: (1, x, x2, x3, . . . ) (geometrische Folge).

Beispiele IV.4

Die obigen Beispiele zeigen, dass sich Folgen ganz unterschiedlich verhalten können.Stellen Sie sich folgendes Spiel vor. Ein Gegenspieler nennt Ihnen eine beliebig

kleine positive Zahl �, und Sie müssen versuchen, einen Index N zu finden, so dass allefolgenden xn mit n ≥ N dieses � unterbieten.

Mit der Folge aus c) verlieren Sie das Spiel. Mit der Folge aus b) dagegen gewinnenSie; diese Eigenschaft nennt man „gegen 0 konvergieren“:

Eine Folge (xn)n∈N in einem metrischen Raum (X, d) heißt konvergent

:⇐⇒ ∃ a ∈ X ∀ " > 0 ∃ N ∈ N ∀ n ≥ N : d(xn, a) < ". (11.1)

(xn)n∈N heißt dann konvergent gegen a, und a heißt Limes oder Grenzwert von(xn)n∈N ; man schreibt dann

limn→∞ xn = a oder xn → a, n → ∞.

Die Folge (xn)n∈N heißt divergent, wenn sie nicht konvergent ist.

Definition IV.5

Allgemein wird die Zahl N in (11.1) vom jeweiligen � abhängen: je kleiner Ihr Gegen-spieler � macht, desto größer werden Sie N wählen müssen, um ihn zu unterbieten.

Überlegen Sie sich nun, wie es bei unserem Spiel mit der Folge aus d) aussieht!

Bezeichnung. Sind (X, d) ein metrischer Raum, a ∈ X und " > 0, so definiert man

B"(a) := {x ∈ X: d(x, a) < "} ("-Umgebung von a bzgl. d),

K"(a) := {x ∈ X: d(x, a) ≤ "}.

Geometrisch lässt sich damit die Konvergenz einer Folge so beschreiben: (xn)n∈N kon-vergiert gegen a, wenn in jeder beliebig kleinen "-Umgebung von a fast alle, d.h. allebis auf endlich viele Folgenglieder xn liegen.

11 Konvergenz von Folgen 25

Eindeutigkeit des Limes. Ist (xn)n∈N eine Folge in einem metrischen Raum (X, d)und sind a, a′ ∈ X mit xn → a und xn → a′, n → ∞, so ist a = a′.

Satz IV.6

Beweis. Für beliebiges " > 0 existieren nach Voraussetzung N, N ′ ∈ N, so dass

∀ n ≥ N : d(xn, a) <"

2und ∀ n ≥ N ′: d(xn, a′) <

"

2.

Mit der Dreiecksungleichung und der Symmetrie von d folgt für n ≥ max{N, N ′}0 ≤ d(a, a′) ≤ d(a, xn) + d(xn, a′) = d(xn, a) + d(xn, a′) < ".

Da " beliebig klein gewählt werden kann, muss d(a, a′) = 0 gelten. Nach Eigenschaft(i) in Definition IV.1 folgt dann a = a′.

Für die Folgen aus Beispiel IV.4 gilt:

– limn→∞ a = a für a ∈ R. (Frage: Wie wählt man N zu beliebigem " > 0?)

– limn→∞1

n= 0.

Beweis. Für " > 0 beliebig existiert nach dem Archimedischen Axiom (AO4)ein N ∈ Nmit N = N · 1 > 1

" . Damit folgt für n ≥ N∣∣∣ 1

n− 0∣∣∣ =

1

n≤ 1

N< ".

– xn = (−1)n, n ∈ N0, liefert eine divergente Folge.

Beweis. Angenommen, es gibt ein a ∈ R mit xn → a, n → ∞. Zu " = 1existiert dann ein N ∈ Nmit

|xn − a| < 1, n ≥ N .

Für n ≥ N folgt dann mit der Dreiecksungleichung

2 = |xn+1 − xn| = |(xn+1 − a) − (xn − a)| ≤ |xn+1 − a| + |xn − a| < 2 �.

Beispiele IV.7

Eine Teilmenge M eines metrischen Raums (X, d) heißt beschränkt

:⇐⇒ diam M := sup{d(x, y): x, y ∈ M} < ∞oder, äquivalent dazu und oft leichter nachzuprüfen,

⇐⇒ ∃ a ∈ X ∃ r > 0: M ⊂ Br(a). (11.2)

Eine Folge (xn)n∈N⊂X heißt beschränkt, wenn es die Menge {xn: n ∈ N} ⊂ X ist.

Definition IV.8

Ist X = R mit der euklidischen Metrik, kann man die 0 als speziellen Bezugspunktbenutzen und sich überlegen:

26 IV Metrische Räume und Folgen

– M ⊂ R ist beschränkt ⇐⇒ ∃ R > 0: M ⊂ BR(0) (⇐⇒ ∀ x ∈ M: |x| < R),

– (xn)n∈N ⊂ R ist beschränkt ⇐⇒ ∃ R > 0 ∀ n ∈ N: |xn| < R.

Jede konvergente Folge (xn)n∈N in einem metrischen Raum (X, d) ist beschränkt.Satz IV.9

Beweis. Es sei a := limn→∞ xn. Zu " = 1 gibt es dann ein N ∈ Nmit

∀ n ≥ N : d(xn, a) < 1.

Setzt man r := max{

d(x1, a), ..., d(xN−1, a), 1}

+ 1, so folgt

d(xn, a) < r, n ∈ N, d.h. (xn)n∈N ⊂ Br(a).

– Eine beschränkte Folge muss nicht konvergieren; ein Beispiel ist

xn := (−1)n, n ∈ N.

– Die Fibonacci1-Folge a0 := 1, a1 := 1, an+1 := an−1 + an, n ∈ N, ist nach SatzIV.9 divergent, weil sie nach Aufgabe III.2 unbeschränkt ist:

∀ n ∈ N: an ≥ n.

– Die geometrische Folge xn := xn, n ∈ N0, mit x ∈ R ist

+ konvergent für |x| < 1 und x = 1 mit limn→∞ xn =

{0 für |x| < 1,

1 für x = 1,

+ divergent für |x| > 1 und x = −1.

Beweis. x = 1, x = −1: Die Behauptungen wurden in Beispiel IV.7 gezeigt.

|x| < 1: Für " > 0 beliebig gibt es nach Satz III.13 (ii) (mit q := |x|) einN ∈ Nmit |x|N < ". Damit folgt |xn − 0| = |x|n ≤ |x|N < " für n ≥ N .

|x| > 1: Für � > 0 beliebig existiert nach Satz III.13 (i) (mit b := |x|) einN ∈ Nmit |x|N > �. Damit ergibt sich |xn| ≥ |x|N > � für n ≥ N . Also ist(xn)n∈N0 unbeschränkt und damit nach Satz IV.9 divergent.

Beispiele

Um zeigen zu können, dass eine Folge konvergiert, muss man einen Kandidaten fürden Limes haben. Die folgende Eigenschaft einer Folge setzt das nicht voraus:

Eine Folge (xn)n∈N in einem metrischen Raum (X, d) heißt Cauchy2-Folge

:⇐⇒ ∀ " > 0 ∃ N ∈ N ∀ n, m ≥ N : d(xm, xn) < ".

Definition IV.10

1Leonardo Pisano, genannt Fibonacci, ∗ um 1170, nach 1240, vermutlich in Pisa, bedeutender italie-nischer Mathematiker des Mittelalters, erzogen in Nordafrika, führte in Europa die arithmetischen Rechen-methoden auf Basis des indisch-arabischen Stellenwertsystems ein.

2Augustin Louis Cauchy, ∗ 21. August 1789 in Paris, 23. Mai 1857 in Sceaux, französischer Mathe-matiker, Pionier der reellen und komplexen Analysis mit nahezu 800 Arbeiten, dessen Namen zahlreichemathematische Sätze tragen.

11 Konvergenz von Folgen 27

Für eine Folge (xn)n∈N in einem metrischen Raum (X, d) gilt:

(xn)n∈N konvergent �⇒ (xn)n∈N Cauchy-Folge.

Satz IV.11

Beweis. Es sei a := limn→∞ xn und " > 0. Dann existiert ein N ∈ Nmit

∀ n ≥ N : d(xn, a) <"

2.

Nach der Dreiecksungleichung ist dann für n, m ≥ N

d(xm, xn) ≤ d(xm, a) + d(xn, a) < ".

Aber nicht jede Cauchy-Folge in einem metrischen Raum ist konvergent:

Eine Cauchy-Folge (xn)n∈N0 inQ, die nicht konvergiert inQ, ist

xn :=n∑

k=0

(−1)k 1

2k + 1, n ∈ N0.

Beweis. (xn)n∈N Cauchy-Folge in Q: Es sei " > 0 vorgegeben und m, n ∈ N.Für m = n gilt |xm − xn| = 0 < " trivialerweise. Ist m �= n, können wir ohneEinschränkung m > n annehmen und erhalten:

|xm − xn| =∣∣∣ m∑

k=n+1

(−1)k 1

2k + 1

∣∣∣ =∣∣∣ m∑

k=n+1

(−1)k−(n−1) 1

2k + 1

∣∣∣ (11.3)

=∣∣∣ 1

2n + 3−

m∑k=n+2

(−1)k−n 1

2k + 1

∣∣∣. (11.4)

Für l ∈ N, l + 2 ≤ m ist:

m∑k=l+2

(−1)k−l 1

2k + 1=

m−l−1 Summanden︷ ︸︸ ︷1

2l + 5−

1

2l + 7︸ ︷︷ ︸>0

+ · · · + (−1)m−l 1

2m + 1> 0, (11.5)

denn für m − l − 1 gerade (also m − l ungerade) ist die Anzahl der Summandengerade und jedes Paar positiv, und für m − l − 1 ungerade (also m − l gerade) istder letzte Term (−1)m−l 1

2m+1 > 0.Wir wenden nun Ungleichung (11.5) zuerst in (11.3) mit l = n − 1 und dann

in (11.4) mit l = n an und erhalten:

|xm − xn| =∣∣∣ m∑

k=n+1

(−1)k−(n−1) 1

2k + 1︸ ︷︷ ︸>0 ((11.5) für l = n − 1)

∣∣∣ =m∑

k=n+1

(−1)k−(n−1) 1

2k + 1

=1

2n + 3−

m∑k=n+2

(−1)k−n 1

2k + 1︸ ︷︷ ︸>0 ((11.5) für l = n)

<1

2n + 3.

Beispiel IV.12

28 IV Metrische Räume und Folgen

Nach dem Archimedischen Axiom (AO4) existiert ein N ∈ N mit 2N + 3 > 1" .

Insgesamt folgt für alle m, n ≥ N :

|xm − xn| <1

2n + 3<

1

2N + 3< ".

(xn)n∈N konvergiert nicht in Q: Wir zeigen erst später (Aufgabe VIII.7), wenn wirdie Zahl � ∈ R \Q definiert haben (Aufgabe VI.4):

∞∑k=0

(−1)k 1

2k + 1:= lim

n→∞ xn =�

4.

Ein metrischer Raum (X, d) heißt vollständig, wenn jede Cauchy-Folge in (X, d)konvergiert.

Definition IV.13

Eine äquivalente Version des Vollständigkeitsaxioms für R (vgl. Definition III.16) ist:(V’) In R konvergiert jede Cauchy-Folge.

Für eine Folge (xn)n∈N in einem metrischen Raum (X, d) gilt:

(xn)n∈N Cauchy-Folge �⇒ (xn)n∈N beschränkt.

Satz IV.14

Beweis. Der Beweis ist ähnlich wie der Beweis von Satz IV.9; hier findet man ein r > 0mit (xn)n∈N ⊂ Br(x1).

Für eine Folge (xn)n∈N in einem metrischen Raum (X, d) heißt

(i) (xnk )k∈N Teilfolge, falls (nk)k∈N ⊂ N und n1 < n2 < . . . ,

(ii) a ∈ X Häufungswert, wenn eine Teilfolge (xnk )k∈N von (xn)n∈N existiert mit

limk→∞

xnk = a.

Definition IV.15

xn = (−1)n, n ∈ N, hat die zwei Häufungswerte +1 und −1, denn (x2k)k∈N bzw.(x2k−1)k∈N konvergieren gegen +1 bzw. −1.

Beispiel

Bemerkung. Für die Indexfolge (nk)k∈N ⊂ N einer Teilfolge gilt immer

nk ≥ k, k ∈ N. (11.6)

Hat eine Cauchy-Folge (xn)n∈N in einem metrischen Raum (X, d) eine konvergenteTeilfolge (xnk )k∈N , so konvergiert die Folge (xn)n∈N selbst.

Satz IV.16

12 Rechenregeln für Folgen und Grenzwerte 29

Beweis. Es sei a := limk→∞ xnk und " > 0 beliebig. Da (xn)n∈N eine Cauchy-Folge ist,existiert ein N ∈ Nmit

d(xn, xm) <"

2, n, m ≥ N .

Da xnk → a, k → ∞, existiert ein K ∈ N, ohne Einschränkung K ≥ N , mit

d(xnk , a) <"

2, k ≥ K .

Für n ≥ K folgt mit Dreiecksungleichung und da nK ≥ K ≥ N (siehe (11.6))

d(xn, a) ≤ d(xn, xnK ) + d(xnK , a) < ".

� 12Rechenregeln für Folgen und Grenzwerte

Spezielle metrische Räume sind normierte Räume. Während eine Metrik auf einerbeliebigen Menge definiert werden kann, setzt eine Norm eine Vektorraumstrukturvoraus. Vektorräume lernt man vor allem in der Linearen Algebra kennen ([12, Ab-schnitt 1.4]):

Es sei K ein Körper. Eine nichtleere Menge V heißt Vektorraum über K , wenn zweiVerknüpfungen

+: V × V → V , (x, y) �→ x + y, x, y ∈ V (Addition),

· : K × V → V , (�, x) �→ � · x, � ∈ K , x ∈ V (Skalarmultiplikation),

existieren, so dass folgende Axiome erfüllt sind:

Axiome für die Vektorraum-Addition:

(VR1) x + (y + z) = (x + y) + z, x, y, z ∈ V ,

(VR2) x + y = y + x, x, y ∈ V ,

(VR3) ∃ 0V ∈ V ∀ x ∈ V : x + 0V = x,

(VR4) ∀ x ∈ V ∃ − x ∈ V : x + (−x) = 0V .

Axiome für die Skalarmultiplikation:

(VR5) � · (x + y) = � · x + � · y, � ∈ K , x, y ∈ V ,

(VR6) (� + �) · x = � · x + � · x, �, � ∈ K , x ∈ V ,

(VR7) � · (� · x) = (� · �) · x, �, � ∈ K , x ∈ V ,

(VR8) 1 · x = x, x ∈ V .

Die Elemente von V heißen Vektoren, die Elemente von K heißen Skalare. Manschreibt oft �x statt � · x für � ∈ K und x ∈ V .

Definition IV.17

30 IV Metrische Räume und Folgen

Es sei V ein Vektorraum über einem Körper K . Dann gelten:

(i) 0V und −x sind eindeutig,

(ii) 0 · x = 0V , x ∈ V ,

(iii) (−1) · x = −x, x ∈ V .

Korollar IV.18

Beweis. (i) beweist man analog wie die Eindeutigkeit in Korollar III.2 für Körper.

(ii) Nach (VR6) gilt mit � = 1, � = 0 für beliebiges x ∈ V :

x(VR8)

= 1 · x = (1 + 0) · x(VR6)

= 1 · x + 0 · x(VR8)

= x + 0 · x.

Da 0V nach (i) eindeutig ist, folgt 0 · x = 0V .

(iii) Nach (VR6) gilt mit � = 1, � = −1 für beliebiges x ∈ V :

0V(ii)= 0 · x = (1 − 1) · x

(VR6)= 1 · x + (−1) · x

(VR8)= x + (−1) · x.

Da −x nach (i) eindeutig ist, folgt (−1) · x = −x.

– K n = K × K × · · · × K (n-mal) ist ein Vektorraum über K mit

x + y :=(xi + yi

)n

i=1=(x1 + y1, x2 + y2, . . . , xn + yn

)� · x :=

(� · xi

)n

i=1=(� · x1, � · x2, . . . , � · xn

)für x =

(xi

)n

i=1, y =

(yi

)n

i=1∈ K n und � ∈ K .

– K selbst ist Vektorraum über K (siehe oben, n = 1).

– Rn ist Vektorraum über R (siehe oben, K = R).

– K X := {f : X → K Funktion} mit X �= ∅ ist ein Vektorraum über K mit

f + g : X → K , (f + g)(x) := f (x) + g(x), x ∈ X,

� · f : X → K , (� · f )(x) := � · f (x), x ∈ X,

für f , g ∈ KX und � ∈ K .

Beispiele

Ein Vektorraum hat, anders als ein metrischer Raum, ein ausgezeichnetes Element:den Nullvektor 0V. Diesen nutzen wir nun als Bezugspunkt zur Abstandsmessung.

Als Körper betrachten wir im Folgenden nur K = R oder später die komplexen ZahlenC (Abschnitt V.15), wo es jeweils einen Absolutbetrag | · | gibt.

Es sei K = R (oder später C) und V ein Vektorraum über K . Eine Norm auf V isteine Abbildung ‖ · ‖: V → [0,∞) mit folgenden Eigenschaften:

(i) ‖x‖ = 0 ⇐⇒ x = 0, x ∈ V ,

(ii) ‖� · x‖ = |�| · ‖x‖, � ∈ K , x ∈ V ,

(iii) ‖x + y‖ ≤ ‖x‖ + ‖y‖, x, y ∈ V (Dreiecksungleichung);

(V , ‖ · ‖) heißt dann normierter Raum.

Definition IV.19

12 Rechenregeln für Folgen und Grenzwerte 31

Ist (V , ‖ · ‖) ein normierter Raum, so gilt:∣∣‖x‖ − ‖y‖∣∣ ≤ ‖x + y‖ ≤ ‖x‖ + ‖y‖, x, y ∈ V .

Korollar IV.20

Beweis. Der Beweis ist wie bei Korollar III.11 für den Absolutbetrag in R.

Rn wird ein normierter Raum mit der euklidischen Norm ‖ · ‖:

‖x‖ :=√

|x1|2 + · · · + |xn|2, x =(xi

)n

i=1∈ Rn,

wobei die Wurzel√· wie später in Satz IV.42 definiert ist. Für n = 1 ist die

euklidische Norm ‖ · ‖ gerade der Absolutbetrag | · | auf R.

Beispiel

Die euklidische Norm hängt mit der euklidischen Metrik (Beispiel IV.2) zusammen:

Ein normierter Raum(V , ‖ · ‖) ist ein metrischer Raum mit

d(x, y) := ‖x − y‖, x, y ∈ V ; (12.1)

insbesondere ist ‖x‖ = d(x, 0V ), x ∈ V .

Proposition IV.21

Beweis. Die Eigenschaften einer Metrik folgen direkt aus denjenigen der Norm. Es isteine gute Übung, dies selbst nachzuprüfen!

Damit übersetzt sich die Definition der Konvergenz oder Cauchy-Konvergenz für eineFolge (xn)n∈N in einem normierten Raum

(V , ‖ · ‖) wie folgt:

– (xn)n∈N konvergent ⇐⇒ ∃ a ∈ V ∀ " > 0 ∃ N ∈ N ∀ n ≥ N : ‖xn − a‖ < ".

– (xn)n∈N Cauchy-Folge ⇐⇒ ∀ " > 0 ∃ N ∈ N ∀ n, m ≥ N : ‖xn − xm‖ < ".

Ein normierter Raum (V , ‖ · ‖) heißt Banachraum3, wenn er bezüglich der Metrik(12.1) vollständig ist.

Definition IV.22

Es sei(V , ‖ ·‖) ein normierter Raum über K und � ∈ K. Sind (xn)n∈N , (yn)n∈N ⊂ V

Cauchy-Folgen bzw. konvergent, so auch

(xn + yn)n∈N und (� · xn)n∈N ;

im Fall der Konvergenz gelten:

limn→∞(xn + yn) = lim

n→∞ xn + limn→∞ yn,

limn→∞(� · xn) = � · lim

n→∞ xn.

Satz IV.23

3Stefan Banach, ∗ 30. März 1892 in Krakau, 31. August 1945 in Lvov, jetzt Ukraine, polnischer Ma-thematiker, der als Begründer der modernen Funktionalanalysis gilt und am liebsten in Cafes arbeitete, vorallem gemeinsam mit Kollegen im Schottischen Cafe in Lvov.

32 IV Metrische Räume und Folgen

Beweis. (xn + yn)n∈N ist Cauchy-Folge: Zu jedem " > 0 existieren nach VoraussetzungN, N ′ ∈ Nmit:

∀ n, m ≥ N : ‖xn − xm‖ <"

2, ∀ n, m ≥ N ′: ‖yn − ym‖ <

"

2.

Dann ist für n, m ≥ max{N, N ′} mit der Dreiecksungleichung (Definition IV.19 (iii))

‖(xn + yn) − (xm + ym)‖ = ‖xn − xm + yn − ym‖ ≤ ‖xn − xm‖ + ‖yn − ym‖ < ".

(� · xn)n∈N ist Cauchy-Folge: Der Fall � = 0 ist klar. Ist � �= 0, so gibt es zu jedem " > 0nach Voraussetzung ein N ∈ Nmit

∀ n, m ≥ N : ‖xn − xm‖ <"

|�| .

Dann folgt für alle n, m ≥ N mit Definition IV.19 (ii):

‖� · xn − � · xm‖ = ‖� · (xn − xm)‖ = |�| ‖xn − xm‖ < |�| "

|�| = ".

Die Beweise im Fall der Konvergenz sind ganz analog.

In (R, | · |) liefern xn := 1 , yn := 1n , n ∈ N, aus Beispiel IV.7 konvergente Folgen

mit limn→∞ xn = 1 und limn→∞ yn = 0, also gilt nach Satz IV.23

n − 1

n= 1 + (−1) · 1

n→ 1 + (−1) · 0 = 1, n → ∞.

Beispiel

Es sei(V , ‖ · ‖) ein normierter Raum. Ist (xn)n∈N eine Cauchy-Folge bzw. konvergent

in V , so ist die Folge(‖xn‖

)n∈N eine Cauchy-Folge bzw. konvergent inR; im letzteren

Fall gilt: ∥∥ limn→∞ xn

∥∥ = limn→∞

∥∥xn

∥∥.Proposition IV.24

Beweis. Ist (xn)n∈N⊂V Cauchy-Folge und ">0 beliebig, so gibt es ein N ∈Nmit

∀ n, m ≥ N : ‖xn − xm‖ < ".

Nach Korollar IV.20 folgt dann für alle n, m ≥ N :∣∣‖xn‖ − ‖xm‖∣∣ ≤ ‖xn − xm‖ < ".

Der Beweis im Fall der Konvergenz ist ganz analog.

Achtung: Die Umkehrung gilt nicht! Zum Beispiel liefert xn = (−1)n, n ∈ N, eine nichtkonvergente Folge, für die aber (‖xn‖)n∈N = (1)n∈N konvergent ist.

Eine Folge (xn)n∈N in einem normierten Raum(V , ‖ · ‖) heißt Nullfolge : ⇐⇒

limn→∞ xn = 0V .Definition IV.25

12 Rechenregeln für Folgen und Grenzwerte 33

Für eine Folge (xn)n∈N in einem normierten Raum(V , ‖ · ‖) und a ∈ V gelten:

(i) xn → a, n → ∞ ⇐⇒ (xn − a)n∈N Nullfolge in V ,

(ii) (xn)n∈N Nullfolge in V ⇐⇒ (‖xn‖)n∈N Nullfolge in R,

(iii) (xn)n∈N Nullfolge in V ⇐⇒ ∃ (rn)n∈N ⊂ R, limn→∞ rn = 0,

∃n0 ∈ N ∀ n ≥ n0: ‖xn‖ ≤ rn.

Proposition IV.26

Beweis. (i) und (ii) folgen direkt aus der Definition, (iii) ist eine leichte Übung.

xn =n!

nn, n ∈ N, ist eine Nullfolge nach Proposition IV.26 (iii), denn:

|xn| = xn =1 · 2 · 3 · · · · · n

n · n · n · · · · · n=

1

n· 2

n︸︷︷︸≤1

· 3

n︸︷︷︸≤1

· · · · · n

n︸︷︷︸=1

≤ 1

n=: rn, n ∈ N.

Beispiel

Als Nächstes betrachten wir Folgen inRmit der durch den Absolutbetrag | · | induzier-ten Norm bzw. Metrik und später in den komplexen Zahlen C (Abschnitt V.15). Hierist außer der Addition + auch die Multiplikation · zweier Elemente definiert:

Es sei K =R (später auch K =C) mit dem Absolutbetrag | · | als Norm.

(i) Sind (xn)n∈N, (yn)n∈N ⊂ K Cauchy-Folgen bzw. konvergent, so auch

(xn · yn)n∈N ;

im Fall der Konvergenz gilt:

limn→∞(xn · yn) = ( lim

n→∞ xn) · ( limn→∞ yn).

(ii) Ist (xn)n∈N⊂ K eine Nullfolge und (yn)n∈N⊂ K beschränkt, so ist (xn · yn)n∈Neine Nullfolge.

Satz IV.27

Beweis. (i) Es sei " > 0 beliebig. Nach Satz IV.14 sind (xn)n∈N, (yn)n∈N beschränkt.Also existieren R, R′ > 0 mit

∀ n ∈ N: |xn| < R ∧ |yn| < R′.

Da (xn)n∈N, (yn)n∈N Cauchy-Folgen sind, existieren N, N ′ mit

∀ n, m ≥ N : |xn − xm| <"

2R′ , ∀ n, m ≥ N ′: |yn − ym| <"

2R.

Dann gilt für alle n, m ≥ max{N, N ′}:|xnyn − xmym| = |xn(yn − ym) + (xn − xm)ym|

≤ |xn(yn − ym)| + |(xn − xm)ym|= |xn|︸︷︷︸

<R

· |yn − ym|︸ ︷︷ ︸< "

2R

+ |xn − xm|︸ ︷︷ ︸< "

2R′

· |ym|︸︷︷︸<R′

< ".

Der Beweis im Fall der Konvergenz ist ganz analog.

34 IV Metrische Räume und Folgen

(ii) Es sei " > 0 beliebig. Weil (yn)n∈N⊂ K beschränkt ist, existiert R′ > 0 mit

∀ n ∈ N: |yn| < R′.

Da (xn)n∈N eine Nullfolge ist, existiert N ∈ Nmit

∀ n ≥ N : |xn| <"

R′ .

Damit folgt für alle n ≥ N :

|xnyn| = |xn| · |yn| <"

R′ · R′ = ".

Es sei K = R (später auch K = C) mit dem Absolutbetrag | · | als Norm. Sind(xn)n∈N, (yn)n∈N ⊂ K konvergente Folgen mit b := limn→∞ yn �= 0, dann existiertein n0 ∈ N, so dass yn �= 0 für n ≥ n0, und die Folge(xn

yn

)n∈N, n≥n0

konvergiert mit

limn→∞

xn

yn=

limn→∞ xn

limn→∞ yn.

Satz IV.28

Beweis. Nach Satz IV.27 genügt es, den Fall xn = 1, n ∈ N, zu betrachten. Da nachVoraussetzung yn → b �= 0, n → ∞, gilt, gibt es n0 ∈ Nmit

∀ n ≥ n0: |yn − b| <|b|2

.

Nach der Dreiecksungleichung von unten (Korollar IV.20) gilt dann für n ≥ n0:

|b| − |yn| ≤ ∣∣|b| − |yn|∣∣ ≤ |yn − b| <

|b|2

, also |yn| >|b|2

> 0.

Da limn→∞ yn = b, gibt es zu beliebigem " > 0 ein N ∈ Nmit

∀ n ≥ N : |yn − b| ≤ |b|22

· ".

Insgesamt folgt für alle n ≥ max{n0, N}:∣∣∣ 1

yn−

1

b

∣∣∣ =|yn − b||yn| |b| <

2 |yn − b||b|2 < ".

xn :=1 + 2 + · · · + n

n + 2−

n

2, n ∈ N: Nach Satz II.6 ist

xn =n · (n + 1)

2(n + 2)−

n

2=

n(n + 1) − n(n + 2)

2(n + 2)= −

1

2

n

n + 2= −

1

2

1

1 + 2n

.

Also gilt nach unseren Rechenregeln für Grenzwerte (Satz IV.23, IV.27 und IV.28):

limn→∞ xn = −

1

2

1

1 + limn→∞ 2n

= −1

2.

Beispiel

12 Rechenregeln für Folgen und Grenzwerte 35

Im angeordneten Körper R kann man noch die Konvergenz von Folgen gegen ∞ oder−∞ definieren und somit verschiedene Formen der Divergenz unterscheiden.

Eine Folge (xn)n∈N ⊂ R heißt bestimmt divergent (oder uneigentlich konvergent)gegen ∞ (bzw. −∞)

:⇐⇒ ∀ R > 0 ∃N ∈ N ∀ n ≥ N : xn > R (bzw. xn < −R);

in diesem Fall schreibt man:

limn→∞ xn = ∞ (bzw. −∞) xn → ∞, n → ∞ (bzw. xn → −∞, n → ∞).

Eine divergente, aber nicht bestimmt divergente Folge heißt unbestimmt divergent.Der Punkt ∞ (bzw. −∞) heißt Häufungswert von (xn)n∈N , wenn es eine Teilfolge(xnk )k∈N von (xn)n∈N gibt mit

limk→∞

xnk = ∞ (bzw. −∞).

Definition IV.29

Bemerkung. Existieren zu (xn)n∈N ⊂ R eine Folge (rn)n∈N ⊂ R+ und n0 ∈ Nmit

∀ n ≥ n0: xn ≥ rn (bzw. xn ≤ −rn) und limn→∞ rn = ∞,

so ist auch limn→∞ xn = ∞ (bzw. −∞).

Ist (xn)n∈N ⊂ R bestimmt divergent gegen ∞ (bzw. −∞), so ist (xn)n∈N nicht nachoben bzw. unten beschränkt. Die Umkehrung gilt aber nicht:

Wegen des Archimedischen Axioms und obiger Bemerkung gilt:

– xn = n, n ∈ N, ist bestimmt divergent gegen ∞.

– Die Fibonacci-Folge (Aufgabe III.2) ist bestimmt divergent gegen ∞.

– (xn)n∈N ist

{bestimmt divergent gegen ∞ für x > 1,

unbestimmt divergent mit Häufungswerten ±∞ für x < −1.

Beispiele

Es sei (xn)n∈N ⊂ R \ {0}. Dann gelten:

(i) limn→∞ xn = ±∞ �⇒ lim

n→∞1

xn= 0,

(ii) limn→∞ xn = 0, ±xn > 0, n ∈ N �⇒ lim

n→∞1

xn= ±∞.

Proposition IV.30

Beweis. Nochmals eine gute Übung zum Thema Konvergenz!

36 IV Metrische Räume und Folgen

Für das Rechnen mit Grenzwerten ±∞ gelten folgende Regeln:

∞ + ∞ = ∞, −∞ − ∞ = −∞, ∞ · ∞ = ∞, ∞ · (−∞) = −∞,

a ± ∞ = ±∞,a

±∞ = 0, a · (±∞) =

{±∞, a > 0,

∓∞, a < 0,a ∈ R \ {0}.

Achtung: Nicht definiert sind beim Rechnen mit Limites 0·∞, ∞∞ , ∞−∞ oder 1∞!

Bemerkung IV.31

xn := n, yn := 2n, zn := n2, n ∈ N, und a ∈ R: Dann ist für n → ∞:

xn + yn = 3n → ∞; xn · yn = 2n2 → ∞;

a + xn = a + n → a + ∞ = ∞; a·xn = an → a·∞ = (sgn a)·∞, falls a �= 0;

a

xn=

a

n→ 0; aber:

xn

yn=

1

2→ 1

2,

xn

zn=

1

n→ 0.

Beispiel

� 13Konstruktion von R

Es gibt verschiedene Wege, die reellen Zahlen einzuführen. Der folgende geht auf Can-tor4 zurück. Durch einen Vervollständigungsprozess wird dabei R ausQ durch Hinzu-nahme aller möglichen Grenzwerte von Cauchy-Folgen in Q konstruiert.

Eine Äquivalenzrelation auf einer Menge X ist eine Teilmenge R ⊂ X × X, die zweiElemente von X in Beziehung setzt durch

x ∼ y :⇐⇒ (x, y) ∈ R (gesprochen x äquivalent zu y),

so dass für alle x, y, z ∈ X gilt:

(i) x ∼ x (Reflexivität),

(ii) x ∼ y �⇒ y ∼ x (Symmetrie),

(iii) x ∼ y ∧ y ∼ z �⇒ x ∼ z (Transitivität).

Für x ∈ X definiert man die Äquivalenzklasse von x als

[x] := {y ∈ X: y ∼ x};jedes Element y ∈ [x] heißt Repräsentant von [x]. Die Menge aller Äquivalenzklas-sen von X modulo ∼ bezeichnet man mit

X/∼ := {[x]: x ∈ X} ⊂ P(X).

Definition IV.32

4Georg Cantor, ∗ 3. März 1845 in Sankt Petersburg, 6. Januar 1918 in Halle (Saale), deutscher Mathe-matiker, begründete die Mengenlehre und lieferte wichtige Ergebnisse über Kardinalzahlen und trigonome-trische Reihen.

13 Konstruktion vonR 37

Zwei Äquivalenzklassen sind gleich oder disjunkt: X =⋃

x∈X [x]. Bemerkung IV.33

(i) Für eine beliebige Menge X ist „=“ eine Äquivalenzrelation:

x ∼ y :⇐⇒ x = y.

Hier hat jede Äquivalenzklasse genau ein Element, nämlich [x] = {x}, x ∈ X.

(ii) Für die Menge X der jetzt lebenden Menschen ist eine Äquivalenzrelation

x ∼ y :⇐⇒ x, y haben dieselben Eltern (d.h., x, y sind Geschwister).

(iii) Für festes k ∈ N ist auf X = Z eine Äquivalenzrelation gegeben durch

x ∼ y :⇐⇒ k teilt x − y,

d.h., x, y haben bei Division durch k denselben Rest r ∈ {0, 1, . . . , k − 1}.Nach Satz II.3 gibt es k Äquivalenzklassen (hier auch Restklassen genannt),

nämlich [0], [1], . . . , [k − 1], und es ist Z =⋃k−1

m=0[m]; für k = 2 ist z.B.[0] die Menge der geraden und [1] die Menge der ungeraden Zahlen.

Beispiele

Cantors Konstruktion von R. Auf der Menge CQ aller Cauchy-Folgen in Q führen wireine Äquivalenzrelation ∼ ein durch

(xn)n∈N ∼ (yn)n∈N :⇐⇒ limn→∞ |xn − yn| = 0,

und wir definieren die Menge R der reellen Zahlen als

R := {� = [(xn)n∈N]: (xn)n∈N ∈ CQ}.Addition und Multiplikation werden für [(xn)n∈N], [(yn)n∈N] ∈ R definiert durch

[(xn)n∈N] + [(yn)n∈N] := [(xn + yn)n∈N],

[(xn)n∈N] · [(yn)n∈N] := [(xn · yn)n∈N];

eine Eigenschaft > 0 auf R wird eingeführt durch

[(xn)n∈N] > 0 :⇐⇒ ∃ r ∈ Q, r > 0, ∃n0 ∈ N ∀ n ≥ n0: xn > r.

Man prüft nach, dass die so definierten Verknüpfungen +, · sowie die Relation >auf R wohldefiniert sind und (R, +, · , >) alle Körperaxiome, Anordnungsaxiomeeinschließlich dem Archimedischem Axiom sowie das Vollständigkeitsaxiom erfüllt.

Noch nicht klar ist, wie man eine rationale Zahl q ∈ Q in der Menge der reellenZahlenRwiederfindet! Dazu identifiziert man q ∈ Qmit der Äquivalenzklasse [(q)n∈N ]der konstanten Folge (q)n∈N , die natürlich eine Cauchy-Folge in Q ist.

Es erweist sich oft als praktisch, die reellen Zahlen und die Anordnung darauf umdie Elemente ∞ und −∞ wie folgt zu erweitern.

Man definiert das erweiterte System der reellen Zahlen als

R := R ∪ {−∞,∞}Definition IV.34

38 IV Metrische Räume und Folgen

und setzt die Ordnungsrelation > von R auf R fort vermöge x > −∞ und ∞ > xfür x ∈ R; außerdem verwendet man die praktischen Konventionen

sup∅ := −∞, sup M := ∞, falls M nach oben unbeschränkt,

inf ∅ := ∞, inf M := −∞, falls M nach unten unbeschränkt.

In R gibt es einige ausgezeichnete Teilmengen, die im Folgenden oft vorkommen.

Für a, b ∈ R, a < b, definiert man die beschränkten Intervalle

[a, b] := {x ∈ R: a ≤ x ≤ b} (abgeschlossenes Intervall),

(a, b) := {x ∈ R: a < x < b} (offenes Intervall),

[a, b) := {x ∈ R: a ≤ x < b} (rechts halboffenes Intervall),

(a, b] := {x ∈ R: a < x ≤ b} (links halboffenes Intervall)

und die unbeschränkten Intervalle

(−∞, b] := {x ∈ R: x ≤ b}, [a,∞) := {x ∈ R: x ≥ a},(−∞, b) := {x ∈ R: x < b}, (a,∞) := {x ∈ R: x > a};

spezieller definiert man noch

R0+ := [0,∞), R+ := (0,∞) (nichtnegative bzw. positive reelle Zahlen),

R0− := (−∞, 0], R− := (−∞, 0) (nichtpositive bzw. negative reelle Zahlen).

Ist " > 0, hat man noch spezielle Bezeichnungen für die Intervalle

B�(a) := (a − ", a + ") = {x ∈ R: |x − a| < �} ("-Umgebung von a in R),

K"(a) := [a − ", a + "] = {x ∈ R: |x − a| ≤ �}.

Definition IV.35

Bemerkung. Es ist a = inf (a, b) = inf (a, b] = inf [a, b) = inf [a, b] = min [a, b) =min [a, b]; wegen a �∈ (a, b) ⊂ (a, b] haben aber (a, b) und (a, b] kein Minimum.

� 14Vergleichssätze, monotone Folgen

In diesem Abschnitt betrachten wir Folgen in angeordneten Körpern, z.B. in R mitdem Absolutbetrag | · |. Speziell stellen wir die Frage, wie sich Ungleichungen beiGrenzwertbildung verhalten.

Es seien K ein angeordneter Körper und (xn)n∈N, (yn)n∈N ⊂ K konvergente Folgen.Gibt es ein n0 ∈ N mit

∀ n ≥ n0: xn ≤ yn, (14.1)

Satz IV.36

14 Vergleichssätze, monotone Folgen 39

so folgtlim

n→∞ xn ≤ limn→∞ yn.

Achtung: Gilt sogar xn < yn in (14.1), so folgt für die Grenzwerte trotzdem nur ≤:

xn := −1

n, yn :=

1

n, xn < yn, n ∈ N, aber lim

n→∞ xn = limn→∞ yn = 0.

Beweis (von Satz IV.36). Angenommen a := limn→∞ xn > limn→∞ yn =: b. Dann ist" := (a − b)/2 > 0, und es gibt dazu N, N ′ ∈ Nmit

∀ n ≥ N : |xn − a| < " ∧ ∀ n ≥ N ′: |yn − b| < ".

Nach Wahl von " ist a − " = b + ". Mit n ≥ max{N, N ′} ergibt sich der Widerspruch

a − " < xn ≤ yn < b + " �.

Die beiden nächsten Korollare sind direkte Folgerungen aus Satz IV.36.

Es seien K ein angeordneter Körper und (xn)n∈N ⊂ K konvergent. Existieren˛, ˇ ∈ K und n0 ∈ Nmit

∀ n ≥ n0: ˛ ≤ xn ≤ ˇ,

so folgt˛ ≤ lim

n→∞ xn ≤ ˇ.

Korollar IV.37

Sandwich-Lemma. In einem angeordneten Körper K seien Folgen (xn)n∈N ,(yn)n∈N, (zn)n∈N ⊂ K gegeben. Gibt es ein n0 ∈ Nmit

∀ n ≥ n0: xn ≤ yn ≤ zn,

so gilt:lim

n→∞ xn = limn→∞ zn = a �⇒ lim

n→∞ yn = a.

Korollar IV.38

xn =n2 + 3n

n3 + 2n2 + 1, n ∈ N, ist eine Nullfolge nach Korollar IV.38, denn:

0 ≤ n2 + 3n

n3 + 2n2 + 1=

1n + 3

n2

1 +2

n+

1

n3︸ ︷︷ ︸≥1

≤ 1

n+

3

n2→ 0, n → ∞.

Beispiel

40 IV Metrische Räume und Folgen

Eine Folge (xn)n∈N in einem angeordneten Körper K heißt

(i) monoton wachsend :⇐⇒ xn ≤ xn+1, n ∈ N,

(ii) monoton fallend :⇐⇒ xn ≥ xn+1, n ∈ N,

und monoton, wenn (i) oder (ii) gilt. Sie heißt streng monoton wachsend (bzw.fallend), wenn in (i) (bzw. (ii)) die strikten Ungleichungen < (bzw. >) gelten.

Definition IV.39

Eine notwendige Bedingung für Konvergenz ist die Beschränktheit einer Folge (sieheSatz IV.9); für monotone Folgen ist sie sogar hinreichend:

Jede beschränkte monotone Folge (xn)n∈N in einem vollständigen angeordneten KörperK (z.B. in R) konvergiert, und zwar gegen

(i) sup {xn: n ∈ N}, falls (xn)n∈N monoton wachsend ist,

(ii) inf {xn: n ∈ N}, falls (xn)n∈N monoton fallend ist.

Satz IV.40

Beweis. (i) Es sei (xn)n∈N beschränkt und monoton wachsend. Dann ist die MengeX = {xn: n ∈ N} ⊂ K beschränkt und nichtleer. Da K vollständig ist, existiert x :=sup X ∈ K . Für beliebiges " > 0 gibt es nach Proposition III.15 ein N ∈ Nmit

x − " < xN ≤ x.

Wegen der Monotonie von (xn)n∈N und der Definition von x folgt für alle n ≥ N :

x − " < xN ≤ xn ≤ x < x + ", d.h. |xn − x| < ".

(ii) folgt, indem man (i) auf die monoton wachsende Folge (−xn)n∈N anwendet.

Für eine monotone Folge (xn)n∈N in einem vollständigen angeordneten Körper K(z.B. in R) gilt:

(xn)n∈N konvergent ⇐⇒ (xn)n∈N beschränkt.

Korollar IV.41

Anwendungen. Mit Hilfe des speziellen Konvergenzverhaltens monotoner Folgen kön-nen wir nun einige wichtige Zahlen aus R und sogar R \Q einführen:

(a) Quadratwurzeln inR:

Es sei a ∈ R, a > 0. Dann konvergiert für einen beliebigen Startwert x0 ∈ R, x0 > 0,die Folge (xn)n∈N0 , definiert durch

xn+1 :=1

2

(xn +

a

xn

), n ∈ N0, (14.2)

gegen die eindeutige positive Lösung der Gleichung x2 = a, bezeichnet mit√

a odermit a

12 .

Satz IV.42

14 Vergleichssätze, monotone Folgen 41

Beweis. Wir beweisen die Behauptung in vier Schritten.

Behauptung 1: xn > 0, n ∈ N0.

Beweis (durch Induktion): n = 0: Nach Voraussetzung ist der Startwert x0 > 0.

n� n + 1: Da a > 0 nach Voraussetzung und xn > 0 nach Induktionsvoraussetzung,folgt xn+1 > 0 direkt aus der Definition (14.2).

Behauptung 2: x2n ≥ a, n ∈ N.

Beweis: Nach Definition (14.2) gilt für alle n ∈ N:

x2n − a =

1

4

(xn−1 +

a

xn−1

)2

− a =1

4

(xn−1 −

a

xn−1

)2

≥ 0.

Behauptung 3: (xn)n∈N ist monoton fallend.

Beweis: Für n ∈ N0 folgt mit Definition (14.2) und den Behauptungen 1 und 2:

xn − xn+1 = xn −1

2

(xn +

a

xn

)=

1

2

(xn −

a

xn

)=

1

2xn︸︷︷︸>0 (Beh. 1)

≥0 (Beh. 2)︷ ︸︸ ︷(x2

n − a) ≥ 0.

Behauptung 4: (xn)n∈N ist beschränkt, 0 <a

x1≤ xn ≤ x1, n ∈ N.

Beweis: Da a > 0, folgt mit den Behauptungen 1, 2 und 3 (hier speziell x1 ≥ xn)

0 <a

x1≤ a

xn=

a

xn− xn + xn = xn −

≥0︷ ︸︸ ︷x2

n − a

xn︸︷︷︸>0

≤ xn ≤ x1.

Die Behauptungen 3 und 4 liefern dann nach Satz IV.40, dass (xn)n∈N konvergiert unddass nach Korollar IV.37 für den Grenzwert gilt x := limn→∞ xn ≥ a

x1> 0. Mit den

Rechenregeln aus Satz IV.23 und IV.28 ergibt sich dann:

x = limn→∞ xn+1 = lim

n→∞1

2

(xn +

a

xn

)=

1

2

(lim

n→∞ xn +a

limn→∞ xn

)=

1

2

(x +

a

x

).

Multipliziert man mit 2x > 0, ergibt sich 2x2 = x2 + a oder x2 = a.

Eindeutigkeit der Lösung : Ist x′ > 0 eine weitere Lösung von x2 = a, so ist

0 = x2 − x′2 = (x − x′)(x + x′) x+x′>0⇐⇒ x = x′.

Q ist nicht vollständig. Korollar IV.43

Beweis. Dazu zeigen wir√

2 /∈ Q. Denn dann ist die Cauchy-Folge (xn)n∈N ⊂ Q ausSatz IV.42 mit a = 2 in Q nicht konvergent. Wäre

√2 ∈ Q, so gäbe es teilerfremde

p, q ∈ N mit√

2 = pq . Dann wäre 2q2 = p2, d.h. p2 und damit p gerade, p = 2r mit

r ∈ N, nach Beispiel I.3. Also wäre 2q2 = 4r2, d.h. auch q2 und damit q gerade, imWiderspruch zur Teilerfremdheit von p und q.

42 IV Metrische Räume und Folgen

Bemerkung. Die Folge in Satz IV.42 liefert einen effizienten Algorithmus zur numeri-schen Berechnung von

√a. Die Zahl der gültigen Stellen nach dem Komma verdoppelt

sich in jedem Schritt, z.B. schon auf 23 nach der 5. Iteration!

So wie Quadratwurzeln approximiert man auch k-te Wurzeln durch Folgen inQ:

Es sei a ∈ R, a > 0, und k ∈ N, k ≥ 2. Dann konvergiert für einen beliebigenStartwert x0 ∈ R, x0 > 0, die Folge (xn)n∈N , gegeben durch

xn+1 :=1

k

((k − 1)xn +

a

xk−1n

), n ∈ N0,

gegen die eindeutige positive Lösung der Gleichung xk = a, bezeichnet mit k√

a odermit a

1k .

Proposition IV.44

Einige wichtige Grenzwerte, in denen Wurzeln auftreten, sind:

limn→∞

n√

n = limn→∞

n√

a = limn→∞

n√

nk = 1, a ∈ R, a > 0, k ∈ N.

Beweis. Für xn := n√

n − 1, n ∈ N, gilt nach Binomischem Lehrsatz (Satz II.16)

n = (xn + 1)n =n∑

k=0

(n

k

)xk

n ≥ 1 +

(n

2

)x2

n = 1 +n(n − 1)

2x2

n, n ∈ N,

also 0 ≤ xn ≤ √2/n → 0, n → ∞. Also ist (xn)n∈N eine Nullfolge nach dem

Sandwich-Lemma (Korollar IV.38). Die zweite Behauptung folgt, da n√

a ≤ n√

n fürn ≥ a. Für die dritte Behauptung benutzt man den Fall k = 1 und Satz IV.27.

Beispiel IV.45

(b) Die Eulersche5 Zahl e:

Die Folge (xn)n∈N ⊂ R, gegeben durch

xn :=(

1 +1

n

)n, n ∈ N, (14.3)

konvergiert, ihr Grenzwert heißt Eulersche Zahl:

e := limn→∞

(1 +

1

n

)n(= 2,71828182845904523536028747 . . . ).

Satz IV.46

Beweis. Nach Satz IV.40 reicht es wieder zu zeigen, dass die Folge monoton und be-schränkt ist:

5LeonhardEuler, ∗ 15. April 1707 in Basel, 18. September 1783 in Sankt Petersburg, SchweizerMathe-matiker, der auch lange in St. Peterburg wirkte und der zu den bedeutendsten und produktivsten Mathema-tikern aller Zeiten zählt. Fast die Hälfte seiner über 850 Arbeiten (siehe www.eulerarchive.org) entstandnach seiner Erblindung im Alter von 59 Jahren.

14 Vergleichssätze, monotone Folgen 43

Behauptung 1: (xn)n∈N ist monoton wachsend.

Beweis: Für n ∈ N, n ≥ 2, ist nach Definition (14.3)

xn

xn−1=

(1 +

1

n

)n (1 +

1

n − 1

)−(n−1)

=(n + 1)n

nn

(n − 1)n−1

nn−1

=(n2 − 1)n

n2n

n

n − 1=

(1 −

1

n2

)n

· n

n − 1.

Den ersten Faktor schätzen wir mit der Bernoullischen Ungleichung (Satz III.7) ab:

xn

xn−1≥(

1 − n · 1

n2

)· n

n − 1= 1.

Behauptung 2: 2 ≤ xn < 3, n ∈ N.

Beweis: Nach Behauptung 1 ist xn ≥ x1 = 2; in Aufgabe III.1 c) wurde xn < 3 für n ∈ Ngezeigt.

Bemerkung. Die Folge in Satz IV.46 ist nicht zur numerischen Berechnung von egeeignet, sie konvergiert extrem langsam! Bei n = 1000 hat man erst 2 gültige Stellennach dem Komma, bei n = 30.000 erst 4!

Viel besser dazu geeignet ist die nächste Folge, auf die wir später in Kapitel IX überTaylor-Reihen (Beispiel IX.12 und Tabelle 30.1) nochmal zu sprechen kommen:

Gegen e konvergiert auch die Folge (yn)n∈N ⊂ R gegeben durch

yn :=n∑

k=0

1

k!, n ∈ N0.

Proposition IV.47

Beweis. Der Beweis ist eine gute Übung zur Eulerschen Zahl. Die Behauptung folgtauch aus dem späteren allgemeinen Satz IX.1 von Taylor (Beispiel IX.12).

(c) Intervallschachtelung:

Ist In =: [an, bn] ⊂ R, n ∈ N, eine Folge von Intervallen mit

I1 ⊃ I2 ⊃ · · · ⊃ In ⊃ In+1 ⊃ . . . ,

und gilt limn→∞(bn − an) = 0, so existiert genau ein c ∈ R, so dass c ∈⋂n∈N

In.

Satz IV.48

Beweis. Der Beweis ist eine gute Übung für monotone Folgen (Aufgabe IV.5).

Bemerkung. Satz IV.48 ist äquivalent zum Vollständigkeitsaxiom (V’), liefert also eineweitere Variante (V”) desselbigen.

44 IV Metrische Räume und Folgen

Übungsaufgaben

IV.1. Untersuche,ob die folgenden Grenzwerte existieren (auch uneigentlich), und berechne sieallenfalls:

a) limn→∞

(n + 1)(n2 − 1)

(2n + 1)(3n2 + 1), c) lim

n→∞n2

2n, b) lim

n→∞ n −n2 + 4n

n + 2, d) lim

n→∞2n

n!.

IV.2. Zeige, dass die Folge(√

1 + n−1)

n∈N⊂ Q eine Cauchy-Folge ist.

IV.3. Es seien (xn)n∈N, (yn)n∈N ⊂ R Folgen und a ∈ R mit limn→∞ xn = a = limn→∞ yn. Zeige,dass dann limn→∞ |xn − yn| = 0 ist. Gilt die Umkehrung?

IV.4. Es seien an, n ∈ N0, die Fibonacci-Zahlen (vgl. Aufgabe III.2),

xn :=an

an−1, n ∈ N,

und � < die Lösungen der Gleichung x2 − x − 1 = 0 ( heißt Goldener Schnitt). Zeige,dass gilt:

a) an =1√5

(n+1 − � n+1), n ∈ N0, b) limn→∞ xn = .

IV.5. Beweise Satz IV.48 über die Intervallschachtelung und zeige, dass die Intervalle In =[an, bn], n ∈ N, mit an, bn wie folgt eine solche bilden:

an :=(

1 +1

n

)n, bn :=

(1 +

1

n

)n+1, n ∈ N.