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    Andreas Delor Seor Kon-Tiki

    Andreas Delor

    Seor Kon-Tiki

    Kon-Tiki:Die behtete Kindheit Thor Heyerdahls (geb. 6. 10. 1914), dem Sohn eines Brauerei-Besitzers in Larvik/Norwegen verluft ganz unspektakulr. Nichts deutet auf den spteren Abenteurer oder gar Seefahrer hin, nur die groe Naturliebe des Kindes fllt auf. Sein Biograph und Klas -senkamerad Arnold Jacoby (Seor Kon-Tiki das abenteuerliche Forscherleben Thor Heyer-dahls, Berlin 1966) verffentlicht eine Zeichnung aus seinem 8. Lebensjahr, in welchem er sein zuknftiges Zuhause darstellt: eine Htte auf einem langen Pfahl im Wasser, nur mit ei -nem Kanu und ber eine Strickleiter zu erreichen auf einer Sdseeinsel! Als Jugendlicher sucht er in der Natur, besonders im norwegischen Gebirge, ausgesprochene Extrem-Erfahrun -gen. Auch damals schon verdient er sich ein Zubrot dadurch, dass er seine Abenteuer als Auf -stze in Zeitschriften verffentlicht. (Sein Leben lang wird er sein Geld als Autor von Bchern verdienen, in denen er seine Abenteuer beschreibt.) Aber zum Wasser hat er noch absolut kein Verhltnis, kann nicht einmal schwimmen.

    Die Kon-Tiki-Story selbst beginnt mit einer ergreifenden Liebesgeschichte, vllig verrckt und versponnen. Ein schchterner Jngling fragt auf seinem Abiturball ein Mdchen, das ihm gerade vorgestellt wird, ob es bereit sei, mit ihm der Zivilisation fr immer zu entfliehen und auf eine Sdseeinsel zu gehen. Und sie sagt Ja! Viele haben solch einen Traum, aber irgend-wann wird jeder wieder vernnftig. Der junge Thor wird nicht vernnftig, sondern berwindet im Laufe vieler Jahre zh und energisch alle Widerstnde und macht diesen Traum wahr. Er studiert Biologie, bis er so gut ist, dass ihm seine Professoren eine Studienreise empfehlen, darauf bezahlt ihnen der Vater die Fahrt (ohne zu ahnen, dass die jungen Leute nie wiederkeh -ren wollen), er heiratet Liv, die whrend all der Jahre seines Studiums auf ihn gewartet hat und zieht mit ihr in die Sdsee, ber Tahiti auf die Insel Fatu Hiva in der Marquesas-Gruppe. Bezeichnenderweise stt er auf den Marquesas auf die Spuren Paul Gauguins, der vor ihm dort den gleichen Zurck-zur-Natur-Traum getrumt hat und abgesehen davon, dass hier seine schnsten Bilder entstanden sind in tragischer Weise daran zerbrochen ist. Auch Heyer -dahl kann das Rad der Zeit nicht zurckdrehen; der Traum, der Zivilisation gnzlich den Rcken zuzukehren, zerplatzt bereits innerhalb eines Jahres, weil die Eingeborenen selber der westlichen Zivilisation zustreben und keinerlei Verstndnis fr den umgekehrten Weg aufbrin -gen. Eine Illusion hat den jungen (thumben) Thor nach Polynesien gefhrt, aber er zerbricht nicht daran (seine Naturverbundenheit wird er zeitlebens nicht verlieren, was sich z.B. in sei -nem Engagement fr den Umweltschutz niederschlgt), stattdessen stt er hier auf seine ei -gentliche Lebensaufgabe.

    Denn auf Fatu Hiva erzhlt ihm der frhere Kannibale Tei Tetua vom Gottknig Tiki, dem Ent -decker und Besiedler Polynesiens: Tiki, sagte der Alte geheimnisvoll, war Gott und Huptling zugleich. Tiki war es, der un-sere Vorvter auf die Inseln gebracht hat, auf denen wir heute leben. Frher wohnten wir in einem groen Lande weit hinter dem Meer. Er stocherte mit einem Zweig in der Glut, um ihr Erlschen zu verhindern. In sich zusammengesunken hockte er da und sann, ein uralter Mann, der noch in der Vorzeit lebte und ihr mit allen Fasern seines Wesens verhaftet war. (...) Er war sicher einer der wenigen auf diesen Inseln, die sich noch an die Sagen um ihre Vter und Vor -vter und den groen polynesischen Huptlingsgott Tiki, den Sohn der Sonne, erinnerten und daran glaubten. (Thor Heyerdahl: Kon-Tiki, Wien 1949) Thor entdeckt auf den Inseln Steinplastiken, die ihn frappierend an sdamerikanische erinnern.

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    Und er findet als Biologe eine ganze Reihe sdamerikanischer Nutzpflanzen vor, u.a. den Fla -schenkrbis, die Kokospalme, die Skartoffel (spter noch das Totora-Schilf), die nur von Menschen mitgebracht sein knnen, nicht bers Meer treibend da wren sie verdorben (mitt -lerweile hat man noch eine ganze Reihe weiterer Nutzpflanzen gefunden, auf welche all dies ebenso zutrifft). Tiki findet er spter in Sdamerika wieder: als Herrscher des gewaltigen Kult -zentrums Tiahuanaco am Titicacasee in den bolivianischen Anden Priesterknig des gleich-namigen Schpfer- und Sonnengottes welcher der Sage nach von einem Huptling Cari ver -trieben wurde und bers Meer geflchtet sei. Von den spteren Inka wird er Con-Ticci Vira -cocha genannt und als wei, brtig und mit knstlich verlngerten Ohrlppchen dargestellt wie sein Volk, die Begrnder Tiahuanacos: Nach allem, was ich las, tauchten in Peru berraschende Spuren kultureller, mythologischer und sprachlicher Art auf, die mich stndig tiefer und konzentrierter nachschrfen lieen, um die Ursprungssttte des polynesischen Stammvaters Tiki zu identifizieren. Und ich fand, was ich erhoffte. Eines Tages las ich die Legende der Inkas vom Sonnenknig Viracocha, der selbst der Fhrer des verschwundenen Volkes in Peru gewesen war. Hier stand: Der Name Vira -cocha stammt aus der Inkasprache (Ketschua) und ist folglich neueren Datums. Der ursprng -liche Name des Sonnengottes Viracocha, der anscheinend in der alten Zeit Perus verwendet wurde, war Kon-Tiki oder Illa-Tiki, was Sonnen-Tiki oder Feuer-Tiki bedeutet. Kon-Tiki war der oberste Priester und Sonnenknig der weien Mnner aus den Legenden der Inkas, die die ungeheuren Ruinen am Titicacasee (gemeint ist Tiahuanaco) hinterlassen haben. Die Legende berichtet, dass Kon-Tiki von einem Huptling namens Cari angegriffen wurde, der aus dem Coquimbotal kam. In einer Schlacht auf der Sonnen-Insel des Titicacasees wurden die geheim-nisvollen weien und brtigen Mnner vollstndig massakriert, whrend Kon-Tiki selbst und seine nchsten Gefolgsleute entkamen und schlielich an die Kste gelangten, von der sie am Ende bers Meer nach Westen entschwanden (Kon-Tiki) Unter den Sdseeinsulanern werden von quasi allen europischen Entdeckern neben den typi -schen Polynesiern fast oder ganz weie Menschen beschrieben, oft mit roten oder blonden Haaren und blauen Augen (auf der Osterinsel auch mit langen Ohren). Kon-Tiki ist also ich kann es mir der Krze halber erlauben, all diese Dinge hier nur flchtig anzureien, da sie in den Kapiteln noch ausfhrlich und przise untersucht werden offensichtlich mit seinem Volk rothaariger und brtiger weier Mnner aus Tiahuanaco in die Sdsee geflohen, von Passat -wind und Humboldtstrom angetrieben, und besiedelt die polynesischen Inseln, wo er seitdem als mythischer Erstbesiedler Tiki verehrt wird. Die Existenz weier, brtiger Mnner im vor -kolumbianischen Amerika, die damals bereits von vielen Wissenschaftlern behauptet worden war, nimmt Heyerdahl mit einer gewissen Naivitt als Voraussetzung seiner Kulturbertragung an und untersucht sie selber erst sehr viel spter, s. u.

    Blieb fr ihn nur noch zu klren wo die anderen, die heutigen Polynesier herkommen. Diese sprechen eine austronesische Sprache, deren Ursprung mittlerweile eindeutig in Taiwan lo -kalisiert ist (zu Heyerdahls Zeiten nahm man eher Indonesien an), austronesische Sprachen fin -den sich auerdem eben in Indonesien, den Philippinen, Mikronesien, Melanesien und Randge-bieten Neuguineas (auerdem in Madagaskar!), alles Gebiete, die einmal von Taiwanern er -obert sein mssen, direkt oder indirekt. Man nimmt aufgrund der austronesischen Sprache heu -te an, dass die Polynesier-Vorfahren sich von Taiwan aus ber die Philippinen, Indonesien und Melanesien nach Polynesien ausgebreitet htten diesen sdostasiatischen Ursprung der Poly-nesier hat Heyerdahl brigens nie geleugnet, wie ihm bis heute unterstellt wird! Neben der austronesischen Sprache und gewissen genetischen Gemeinsamkeiten sttzt sich diese Out-of-Asia-Lehrmeinung heute auerdem vor allem auf die Verbreitung der sog. La -pita-Keramik (damals war sie noch nicht entdeckt), deren meisten Fundorte in Melanesien lie -gen; einige aber auch im westlichen Polynesien (Samoa und Tonga) und rudimentr sogar auf den Marquesas obgleich schon seit lngerem auch klar ist, dass Lapita eine rein melanesische Angelegenheit ist, die mit den Austronesen nicht das Geringste zu tun hat (ausfhrliche Be -

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    Andreas Delor Seor Kon-Tiki

    grndung im Austronesier-Kapitel). Lapita zeigt nur auf, dass Polynesien (oder ein Teil davon) auch einmal melanesisch besiedelt war, worauf ebenfalls Felsmalereien auf Neuseeland und Hawaii deuten knnten. Ebenso wie die sdostasiatische erkennt Thor auch diese melanesische Besiedlung an und fhrt sie auf den legendren Menehune oder Manahune zurck geht aber davon aus, dass die Melanesier (wie auch die rothaarigen Weien) im polynesischen Dreieck spter von Austronesen ausgerottet oder eingeschmolzen wurden. Drei Komponenten hat er in seinem Puzzle damit bereits zusam-men eine ganz Wichtige aber fehlt noch. Dass die Polynesier trotz austronesischer Sprache weder zierliche Malaien noch schwarze und kraushaarige Melanesier sind (sie unterscheiden sich auch sehr von den Mikronesiern, einer Mischung aus diesen beiden Komponenten), spricht fr Heyerdahl absolut gegen die Aus-schlielichkeit von Out-of-Asia. Malaien gehren zu den (abgesehen von afrikanischen Zwergvlkern) kleinsten, Polynesier zusammen mit den Indianern der Nordwestkste Ameri -kas zu den physisch grten Vlkern der Erde. Es sieht ein Blinder mit dem Krckstock, dass die Polynesier ein Vlker-Gemisch sind, keinem der angrenzenden Stmme direkt hnlich. Wie an der austronesischen Sprache zu sehen, haben die Taiwaner (ihrerseits von stndig ein-fallenden Chinesen bedrngt) definitiv einmal Indonesien, die Philippinen, Mikronesien und Melanesien erobert genau wie Polynesien. Wre nun ihr Weg durch die von Malaien be-wohnten Regionen von Indonesien, die Philippinen oder Mikronesien gegangen, so msste