Andrej Johanson: Der Wassergeist und der Sumpfgeist

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ACTA UNIVERSITATIS STOCKHOLMIENSIS

STOCKHOLM STUDIES IN COMPARATIVE RELIGION

  8 --------------------

Der Wassergeist 

und 

der Sumpfgeist

Untersuchungen volkstümlicher Glaubensvorstellungen 

bei den Völkern des ostbaltischen Raumes und bei den Ostslaven

von

ANDREJS JOHANSONS

ALMQVIST & WIKSELLSTOCKHOLM

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ACTA UNIVERSITATIS STOCKHOLMIENSIS  

STOCKHOLM STUDIES IN COMPARATIVE RELIGION

8 -------------------

Der Wassergeist 

und 

der Sumpfgeist

Untersuchungen volkstümlicher Glaubensvorstellungen 

bei den Völkern des ostbaltischen Raumes 

und bei den Ostslaven

von

A N D R E J S J O H A N S O N S

ALMQVIST & WIKSELL

S T O C K H O L M

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Gedruckt unter Beistand des Staatlichen Schwedischen Humanistischen Forschungsrates (Statens humanistiska forskningsråd)

P R I N T E D I N S W E D E N B Y  

E, OLOFSSONS BOKTRYCKERI AB STOCKHOLM 1968

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I N H A L T

Zur Einführung ................................................................................... 7

I Der Wassergeist ............................................................................... 15

II Der Sumpfgeist ............................................................................... 67

Schluss .................................................................................................... 99

Quellen und Literatur:

A. Ungedruckte U rk u n d e ............................................................. 102

B. Abkürzungen .......................................................................... 102

C. Gedruckte Quellen und Literatur  ........................................ 103

Seitenweiser:

A. Personen (einschliesslich Götter- und Geisternam en) 111

B. Sachen ....................................................................................... 113

Berichtigungen ....................................................................................... 116

Abbildungen:

1. Der Gross-Autz-See (Lielauces e z e rs ) ................................... 31

2. Eine heutige Aufnahme des Vöhandu-Flusses...................... 41

3. Die vorgeschichtliche Moorleiche ausDr ö b n i t z .................... 73

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Z U R E I N F Ü H R U N G

Im vorliegenden Buche werden die Glaubens Vorstellungen vom Wassergeist und vom Sumpfgeist bei den Völkern des ostbaltischen Raumessowie bei den Ostslaven untersucht. Unter Ostslaven verstehen wir hier,wie gewöhnlich, die Russen, Weissrussen und Ukrainer. Der Begriff „Völker des ostbaltischen Raumes‘^kann hingegen etwas undurchsichtig

erscheinen. Ich finde jedoch, dass gerade diese Sammelbezeichnungmeinem Zweck am dienlichsten zu sein scheint.

Im grossen und ganzen verstehe ich unter ostbaltischem Raum dieLänder Lettland, Litauen und Estland. Wollte man manche politischeHistoriker zum Vorbild wählen, so könnte man ohne weiteres von den

 baltischen Ländern und den baltischen Völkern sprechen. Eine solcheBegriffsvorstellung lässt sich aber vom ethnographischen und linguistischen Standpunkt aus nicht rechtfertigen. Dabei müssen wir stets den

Bedeutungswandel der Wörter „baltisch‘‘ und „Balten“ im Auge behalten, der eine ziemlich komplizierte Geschichte hinter sich hat.Ohne auf Einzelheiten einzugehen, die in vielen Büchern und Zeit

schriften zerstreut zu finden sind,^ soll zunächst festgestellt werden, dassdie soeben genannten und noch andere ähnliche Wortbildungen traditionsgeschichtlich auf Adam von Bremen zurückgehen. Obschon bereitsPlinius d.Ä. (f 79 n. Chr.) in seiner lateinischen Naturgeschichte irgendwo an der Nordküste Europas eine rätselhafte Insel Balcia erwähnt,^wurden solche dem Adam von Bremen um 1075 bekannt gewesene

Hydronyme wie Balticum mare, Balticum fretum u.a.m.^ zum Ausgangs punkt für spätere Nachbildungen, die sich in drei Hauptgruppen gliedern.

Zuerst wurde der Name „Baltenland“ etwa seit der Mitte des 19.Jahrhunderts auf die historischen Landschaften Liv-, Est- und Kurland

^ Teilweise verzeichnet bei SVEN NU NG , 1953, 4 ff und  passim.“ ibidem y 9 ff.^ ibidem, 24 ff, wo auch die einschlägigen Stellen der Gesta H ammaburgen sis 

ecclesiae pon tificum des Adam von Bremen angeführt sind.

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 bzw. auf die sog. Ostseeprovinzen Russlands bezogen.^ Anfangs verwendete man jedoch vorzugsweise verschiedene Zusammensetzungen mitdem Adjektiv „baltisch*',^ und das Wort „B^he“ bürgerte sich erst imletzten Viertel desselben Jahrhunderts richtig ein.® Der Begriff „B^hen-

land“ oder „baltische Provinzen“ und dergleichen mehr schloss weder Litauen noch das Gebiet Lettgallen (lett. Latgale) mit ein; die Gesamt bezeichnung „Balten“ galt nach dieser Auffassung nur der deutschenBevölkerung des „Baltenlandes“.

Obwohl später Bezeichnungen wie „Deutschbalten“ und „das baltische Deutschtum“ üblich wurden, hat das Wort „Balte“ in der erwähnten Bedeutung die 1939—41 erfolgte Umsiedlung dieser deutschenVolksgruppe sowie auch alle Umwälzungen am Ende des Zweiten Weltkrieges überstanden. Es ist bezeichnend, dass 1951 in Salzburg und Mün

chen ein Sammelwerk erschien, wo unter dem Titel Wir Balten ausschliesslich Geschichte und Kultur der aus Lettland und Estland (d.h.aus Liv-, Est- und Kurland) stammenden Deutschen behandelt wurden.Etwa zu derselben Zeit gab Manfred Hellmann eine Übersicht  Die 

 Deutschen in Litauen heraus, was davon zeugt, dass die Deutschen Litauens damals wie vorher nicht die Benennung „Balten“ für sich inAnspruch nahmen.

 Nachdem im Jahre 1918 die unabhängigen Staaten Litauen, Estland und Lettland gegründet waren, begann man allmählich dieseals „baltische Staaten“ oder mit dem sprachwidrigen Wort „Baltikum“zu bezeichnen. Damit trat die zweite wichtige Wendung des Bedeutungswandels der hier zu betrachtenden Wörter ein, wodurch in der historisch-politischen Literatur eine gewisse Begriffsstabilität erreicht wurde.Die Letten, Litauer und Esten pflegten jedoch kaum als eine Gemeinschaft der „Balten“ aufzutreten, was auf die gespannten Beziehungendieser Völker, vor allem der Letten und Esten, zu den Deutschbaltenzurückzuführen war.'^

Die Lage änderte sich nach dem Zweiten Weltkriege, als mehrerehunderttausend Personen lettischer, estnischer und litauischer Nationalität ihre von den sowjetischen Truppen besetzte Heimatgebiete ver-liessen und in verschiedenen Ländern ausserhalb der Sowjetunion Zu-

4 BERKHOLZ, 1882, 521; GLEYE, 1902, 116 ff.®Vgl. hierzu GLEYE, 1902, 121 f, wo darauf hingewiesen wird, dass das Adjektiv  

„baltisch“ im deutschen Sprachgebrauch sporadisch schon früher (z.B. bei dem Dichter Paul Fleming in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts) vorkam.

6 WITTRAM, 1954, 224 f.7 Vgl. RIMSCHA, 1955, 3.

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flucht fanden. Im Bewusstsein ihrer Zusammengehörigkeit nahmen siedann die Sammelbezeichnung „Balten“ in regional-politischem Sinn an,was eine weitere Befestigung desselben, schon früher in der westlichenWelt üblichen Sprachgebrauches zur Folge hatte. Die Deutschbalten

werden aber in diesem Zusammenhang nicht zu den Balten gerechnet.Drittens müssen wir die Wörter „baltisch“ und „Balten“ als zusammenfassende Benennungen in der Sprachwissenschaft und Völkerkunde berücksichtigen. Etwa seit dem zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts(wieder im Anschluss an Adam von Bremen!) ist es immer gebräuchlicher geworden, das Altpreussische, Litauische und Lettische als die

 baltische Gruppe der indoeuropäischen Sprachfamilie zu bezeichnen.^Dazu kommen noch einige Mundarten, von denen gar keine oder sehr fragmentarische Denkmäler aufbewahrt sind. Lebendige Sprachen sind

heute nur das Litauische und das Lettische, und auch ethnogenetischgesehen sollten die Litauer und Letten die einzigen noch existierendenBalten genannt werden. Von den übrigen baltischen Stämmen^ sind dieAltpreussen germanisiert, die Galinder slavisiert worden; die Sudauer  bzw. Jatvinger sind teils in den Litauern, teils in den Germanen undSlaven aufgegangen; aus den Lettgallen, Semgallen, Selen und Kurenist das jetzige Lettenvolk hervorgewachsen. In diesem Sinne wäre es alsogrundfalsch, sowohl die finnisch-ugrischen Esten und Liven als auch dieDeutschbalten in die Gruppe der Balten einzureihen.

 Nim mt man, wie es auch im nachstehenden getan wird, die dritte vonden oben besprochenen Alternativen als normativ an, so tauchen gleichzeitig Probleme auf, die ein Religionsforscher, und besonders ein Religionsethnolog, keinesfalls ausser Acht lassen darf. Es mag sein, dass dievorgeschichtliche Religion und die Mythologie der baltischen Völker von ziemlich einheitlichem Charakter gewesen sind, obschon die neuestenarchäologischen Forschungsergebnisse aus den ehemals von den Balten bewohnten Gebieten Russlands einen gewissen Zweifel darüber wecken

können.Diese Frage lassen wir jedoch dahingestellt, da unsere Untersuchung in erster Linie den in geschichtlicher Zeit dokumentierten Volksglauben zum Gegenstand hat. Hier erweist es sich nun, dass die Vorstellungen und Bräuche der baltischen Letten häufiger mit dem Glaubender finnisch-ugrischen Esten übereinstimmen als mit demjenigen deslitauischen Brudervolkes. Dies habe ich früher z.B. in meinen Studien

8 Vgl. FRÆNKEL, 1950, 12 ff, 19.®Vgl.  Reallexikon der Ver ge schick te, I, 335; GIMBUTAS, 1963,  passim, und die 

Besprechung ihres Werkes von ANTONIEWICZ & SLASKI, 1966, 175 ff.10 Vgl. TRETJAKGV, 1966, 274 ff.

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über Orts-, Hof- und Hausgeister mit Beispielen beiegtd^ Die Erklärungfür diese Erscheinung ist darin zu suchen, dass die Letten und Estenseit der im 13. Jahrhundert erfolgten deutschen Eroberung ihrer Länder unter denselben politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedin

gungen lebten, während der Verlauf der litauischen Geschichte ein ganzanderer war. Eine natürliche Folge dessen war die Entstehung zweier unterschiedlicher Kulturstile oder sog. culture patterns. Im lettischen undestnischen Kulturstil verspürt man Wechselbeziehungen zwischen nationalen und deutschen Elementen, im litauischen dagegen stärkere Berührungen mit den Ostslaven und Po le n .T ro tz d e m waren auch dieOstgebiete Lettlands und Estlands einem nachhaltigen ostslavischen Einfluss ausgesetzt.

Die finnisch-ugrischen Liven, die der Landschaft Livland (lett. Vid

zeme) ihren Namen gaben, waren noch im 13. Jahrhundert ein starkesund kriegerisches Volk, verschmolzen aber danach in raschem Verlauf mit den Letten. Andererseits gab es in Estland schon seit dem Mittelalter schwedische Ansiedlungen. Es liegt auf der Hand anzunehmen, dass auchin diesen beiden Fällen eine kulturelle Wechselwirkung und Verflechtung vor sich ging.

 Nach alldem Gesagten dürfte es klar sein, warum und in welchemSinne im Untertitel der vorliegenden Untersuchungen neben den Ostslaven die „Völker des ostbaltischen Raumes'^ genannt werden. Dieöstlich gelegenen Küsten der Ostsee bzw. des Baltischen Meeres werdenoder wurden von Völkern verschiedener ethnogenetischer Zugehörigkeit bewohnt. Sie weisen nichtsdestoweniger sehr interessante Kulturkontakteund Konfigurationen auf. Hat die vergleichende kultur- und religionsgeschichtliche Methode irgendwo ihre Berechtigung, so ist das in bezugauf den ostbaltischen Raum der Fall. Man kann sogar weiter gehen undsich zur Behauptung wagen, dass die ausschliessliche Betrachtung desVolksglaubens eines bestimmten dortigen Volkes immer auf das Risiko

des Verfassers geschehen muss. Gegebenenfalls sind auch Vergleiche mitslavischen, vorzugsweise ostslavischen Traditionen als beinahe unent behrlich anzusehen.

Strukturmässig sind die beiden in diesem Buche veröffentlichten Beiträge nicht einheitlich. Als Unterlage und Ausgangspunkt für die Studie

JOHANSONS, 1964, 57 ff, 229 f und  passim. *■ Vgl. hierzu auch BALYS, 1953, besonders 5, 11.

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über den Wassergeist wurde das lettische Material gewählt. Die Absichtdabei war, bemerkenswerte Angaben und Überlieferungen, die bisher nur auf Lettisch vorlagen,^^ einem breiteren Forscherkreis zugänglichzu machen. Die estnischen Wassergeistvorstellungen sind von O. Loo-

rits,^^ ebenso wie die ostslavischen, besonders die russischen, von D. Zelenin und F. Haase^^ in deutscher Sprache erörtert worden. Dennochhabe ich mich in meiner Untersuchung nicht nur an das Wichtigste ausBesagtem gehalten, sondern auch hie und da ergänzende Angaben undGesichtspunkte vorgebracht, vor allem bezüglich der Weissrussen undUkrainer.

Dem Sumpfgeist hat die bisherige Forschung keine grössere Aufmerksamkeit zugewendet. Hier galt es in erster Linie, das Quellenmaterial aus dem ganzen mich beschäftigenden Areal zusammenzu

stellen und danach das Wesentliche herauszuschälen. Obwohl mir manche Aufzeichnung oder Mitteilung entgangen sein wird, hoffe ichgezeigt zu haben, dass der Sumpfgeist genügend viele charakteristischeMerkmale aufweist, um ihn nicht als Abart irgendeines anderen übernatürlichen Wesens,^® sondern als eine selbständige Gestalt zu betrachten. Trotzdem ist es kein blosser Zufall, dass der Wassergeist und der Sumpfgeist hier folgend nebeneinander behandelt werden. In der Familie der sog. Naturgeister sind diese, wie sich das aus genotypischen

Gründen von selbst versteht, am engsten miteinander verwandt.Das uns zur Verfügung stehende Material ist von solcher Beschaffenheit, dass es kaum eine kontinuierliche geschichtliche Schilderung undSystematik zulässt. An Franz Altheim anknüpfend möchte ich sagen,dass hier ein Bestreben vorliegt, „aus dem geschichtlichen Gesamtverlauf gewisse einheitliche Zusammenhänge herauszustellen — Zusammenhänge, die jeweils ein in sich sinnvolles Formganzes bedeuten undsich als geistige Gestaltungen von eigener Gesetzlichkeit erkennen las-sen“.^^

Überhaupt ist es bei den meisten uns interessierenden Vorstellungenund Bräuchen schwer, sie unter einem festbegründeten chronologischenGesichtspunkt zu betrachten. Die grösste Anzahl der folkloristischen

Vgl. jedoch JOHANSONS, 1965.11 Vgl. LOORITS, 1949—57, III, Namen- und Stichwortregister, 673.13 ZELENIN, 1927, 389 f; HAASE, 1939, 136 ff.13 Vgl. beispielsweise RUNEBERG, 1947, 124: „The morasses changeimperceptibly

into moors and heaths, which are likewise resorts of a diversity of beings. It is, there

fore, scarcely possible to speak of any special group of morass- or moor-demons“.17 ALTHEIM, 1951—53, II, 330.

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Angaben stammt aus dem 19. und 20. Jahrhundert. In ihnen könnentrotzdem sehr alte Glaubenselemente bewahrt sein. Dieser Umstand berechtigt uns aber nicht, alle Überlieferungen, die keine unmittelbare Berührungen mit dem Christentum verraten, als „heidnisch“ oder „vor

christlich“ zu bezeichnen. Zu den wichtigsten Faktoren, die bei der Erforschung des Volksglaubens stets vor Augen zu halten sind, gehörtder Religionssynkretismus. Vor allem die Heiligenverehrung, aber auchdie Benediktionen und noch andere Gebräuche sowohl der römisch-katholischen als der griechisch-orthodoxen Kirche trugen dazu bei, dasseine neue Glaubenseinheit entstand, in der Teile des Christentums undHeidentums lebendig wurden.^® Dabei ist es oftmals nicht möglich zuunterscheiden, welcher von den beiden die eigentliche Grundlage gewisser Erscheinungen bildet. „In manchen Heiligen“, bemerkt Lutz

Mackensen, „findet entwurzelte Gläubigkeit altvertraute Göttergestaltwieder, und die Bräuche und Gedanken heimischer Ahnenverehrungsind zu benachbart, als dass nicht auch hier die beiden Ströme sichmischen müssten“.A n d ere rs e its kann man z.B. auf die verblüffendenMetamorphosen hinweisen, die der Hl. Antonius der Einsiedler bei denLetten und insbesondere bei den Esten erlebte und die ihn schliesslichin eine anscheinend rein heidnische Figur verwandelten.-^ Eine hervorragende Rolle im Rahmen des Religionssynkretismus spielt die Diaboli-sierung aller Gestalten des Volksglaubens, zu der wir nachfolgend wiederholt zurückkehren werden.

Als eine Sammelbezeichnung kommt im nachstehenden häufig dasWort „Sage“ vor. In dem Gebrauch dieses Wortes schliesse ich mich imgrossen und ganzen den folgenden Ausführungen von Carl-Martin Eds-man an: „Die Sage ist eine geglaubte Erzählung, deren Inhalt raumund zeitgebunden ist, so dass er sich auf bestimmte historische oder mythische Gestalten, Ereignisse oder Örtlichkeiten bezieht. In der Theorieunterscheidet sich die Sage teils vom Mythos, der ein göttliches, für die

menschliche Existenz grundlegendes und bedeutungsvolles Geschehendarstellt, teils vom Märchen, das sich als Unterhaltung in einer Phantasiewelt bewegt. In der Praxis sind aber, wie die gegebene Definitionzeigt, die Grenzen zwischen diesen Gattungen fliessend. Dasselbe Motivgut kann oft durch Wanderungen zu allen drei gehören, und die

 jeweilige Benennung der einzelnen Erzählung ist Sache des Wissen-

18 Hierzu MACKENSEN, 1937, 45.1® ibidem, 52.20 Vgl. JOHANSONS, 1964, 187 ff (Letten); LOORITS, 1949—57, II, 309 f  

(Esten).

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schaftlers, nicht des Sagenerzählers, und hängt von ihrer aktuellen Funktion ab“.^^

Hier möchte ich noch, was mir in unserem Zusammenhang besonderswichtig erscheint, durch den Hinweis von Kurt Ranke ergänzen, dass

überhaupt alle volkstümlichen Erzählgattungen „vor allem auch Ausdrucksformen einer jeweils ganz bestimmten psychomentalen Haltungund der ihr koordinierten schöpferischen Kräfte der Menschheit sind“.^^Dabei handelt es sich um eine Beobachtung, die man sich auch bei der Auswertung des in religionsgeschichtlicher Hinsicht bedeutenden Stoffes mehr als irgendwelche sterile ,,Formkriterien“ stets vergegenwärtigen sollte.

 RGG , V, 1300.22 RANKE, 1961, 7.

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Der Wassergeist

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Das Wasser gilt in der volkstümlichen Vorstellungswelt als ein macht-tragendes, Fruchtbarkeit und Segen spendendes Elementi Demzufolge,sowie teilweise auf Grund einer sog. animatistischen Belebung, wird es

zuweilen (ebenso wie z.B. das Feuer) mit einer unmittelbaren, auch mitGaben verbundenen Verehrung bedacht.^ Sofern wir in dieser Verehrungreligiöse Beweggründe und Zwecke, wie etwa ein demütiges Streben nacheiner Kommunion oder dergleichen mehr erblicken wollen, müssen wir uns des Wortes von Th. van Baaren entsinnen: „Die Natur ist Medium,nicht Urheber der Offenbarung^".^ Was speziell die animatistische Auffassung der Umwelt betrifft, so ist diese an sich keine religiöse Erscheinung, kann jedoch unter Umständen einen religiösen Gehalt anneh

men und, wie wir im nachstehenden sehen werden, zu der Verwirklichung der Ideen von bestimmten übernatürlichen Wesen bzw. Götternund Geistern beitragen.

Götter und Geister sollte man, wo immer es möglich ist, auseinanderhalten. In unserem Fall verstehe ich unter Wassergöttern mit Eigennamen bezeichnete Wesen, die als allgegenwärtige Herrscher, Erhalter undVertreter der Gewässer gelten und die nicht nur mit religiösem Glaubenund Kult schlechthin, sondern auch mit mythologischen Vorstellungenverknüpft sind. Dass solche Götter auch bei den uns beschäftigenden

osteuropäischen Völkern ehemals vorkamen, ist denkbar, aber nicht mitSicherheit nachweisbar. Hierfür fliessen nur äusserst trübe Quellen. DieAngaben in älteren Geschichtswerken beruhen häufig auf Pseudomythologie oder Fabulierungslust. Auf dieselbe Weise werden in der Volksüberlieferung „Wassergötter"" erwähnt, die in der Tat ziemlich unkom

 plizierte Wassergeister sind — schwach individualisierte Wesen mit begrenztem Tätigkeitsfeld, ohne jede Verankerung in irgendeinem Mytho-logem.

Trotzdem geschieht es oft, dass die an ihren irdischen Wirkungsbereich fest gebundenen Geister dauerhafter und nachhaltiger als die Gottheiten in das alltägliche Leben der gläubigen Menschen eingreif en. Desgleichen können diese Geister eine Verehrung erfahren, die in ihrer Intensität derjenigen der Hochgötter nicht nachsteht. Besonders ist dasder Fall mit den Eignern bzw. Herren oder, wie ich sie zu nennen be-

1 Vgl. hierzu HEILER, 1961, 39 ff.- Vgl. die Beispiele zum sog. „Elementefüttern“ bei WUTTKE, 1925, 292 f  

5 429).

van BAAREN, 1964, 55.

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Vorzüge, Schirmherren der freien Natur und der kultivierten Orte.^Obwohl sie nach der oben skizzierten Betrachtungsweise nicht zu denGöttern zu zählen sind, gehören sie bei vielen Völkern zu den mächtigsten Gestalten der Glaubenswelt. Manche von ihnen schwanken sozusagen auf der Grenze zwischen Geist und Gott.^ Daher werden die

Schirmherren auch im nachfolgenden als den übrigen Geistern „übergeordnet“ behandelt.

Hier wollen wir nur einen Ausschnitt aus jenem Glauben untersuchen,der das Wasser zum materiellen Substrat hat. Da man sich lediglich dieBinnengewässer als Standort des Wassergeistes vorstellt, lassen wir dasMeer und die dort tätigen übernatürlichen Wesen ganz beiseite. Unberücksichtigt bleiben auch die Wasserwesen weiblichen Geschlechts, wieetwa die rusałki der Ostslaven® und einige mates ‘Mütter’ der Letten.^

Die letztgenannten, deren Anzahl sehr beachtlich ist und die nicht nur mit den Gewässern, sondern überhaupt mit den verschiedensten Gebieten menschlicher Betätigung u.s.w. zu tun haben, führen uns übrigenszu Problemkomplexen, die eine an diesem Ort kaum relevante Spezialuntersuchung fordern.

2.

In dieser Studie gehen wir in erster Linie, wie bereits in der Einfüh

rung erwähnt, von dem lettischen Quellenmaterial aus. Die Vorstellungvom Wassergeist hat sich am eindringlichsten im östlichen Teil Lettlands bzw. in Lettgallen (lett. Latgale) herangebildet, — ein Umstand, auf denwir am Ende unserer Untersuchung näher eingehen werden. Spureneines ähnlichen Glaubens liegen jedoch ebenfalls in gewissen Aufzeichnungen aus Livland (Vidzeme), Kurland (Kurzeme) und Semgallen(Zemgale) vor.

Die Kurländer redeten noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundertsvon einem Depis, der nach dem Volksglauben im Wasser wohnte und

mittags auch Menschen ertränkte, die sich an Gewässern befanden.^

4 Vgl. JOHANSONS, 1964, 9.®Vgl. hierzu die auch in weiterem phänomenologischen Sinne wichtigen Erör

terungen über den „Herrn der Tiere“ bei JENSEN, 1960, besonders 159 f.®Darüber ZELENIN, 1911. Seine manistisch gefärbten Hypothesen über die Ent

stehung dieser Wesen scheinen mir unhaltbar. Vgl. ferner auch HAASE, 1939, 149 ff,  und TOKAREV, 1957, 87 ff.

7 Vgl.  LKV, XIII, 26081 f.

1 LTT, 5784.

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Aus Kurland stammt ferner folgende kurze Überlieferung: „Der Wassergeist wurde Bubulis genannt, und man sah in ihm einen bÖsenGeist‘‘.^ In einer Aufzeichnung, die von einer Rigaer Lehrergruppe gemacht wurde, heisst es: „Das Volk pflegt die Kinder mit dem Wasser

geist Būzēlis zu schrecken, der in Tiefen, Teichen oder Brunnen wohneund ungehorsame Kinder, falls sie zu nahe kämen, ins Wasser hinein-reisse“.^ Obschon diese Belege nicht sehr aufschlussreich sind, geben sieimmerhin Anlass zu gewissen Reflexionen.

Es ist z.B. bemerkenswert, dass der Name Depis als Appellativum‘Kröte’ bedeuten kann.^ Man vergegenwärtige sich in diesem Zusammenhang, dass die Kröte öfters eine der theriomorphen Erscheinungsformen des polnischen und deutschen Wassergeistes in Schlesien war.^

Die beiden anderen lettischen Benennungen, Bubulis und Būzēlis, sind

ebensowenig ursprüngliche Eigennamen und können auf Deutsch durch‘Popanz’ wiedergegeben werden.^ Hier stellt sich auch die Frage, ob sieüberhaupt in irgendeiner besonderen Beziehung zum Wasser stehen.

Es ist am nächstliegendsten, den Bubulis mit solchen deutschbaltischen Kinderscheuchen wie dem Bubbel und dem Bubbelmann zu vergleichen. Das Wort „Bubbel“ wird im Sinne von etwas Abschreckendem, Widerwärtigem gebraucht,“ ferner aber auch in der Bedeutung von„Bubbelmann“, d.h. einem Wesen, mit dem man unartige Kinder schreckt, wie zum Beispiel: „Wart’, Bubbelmann wird kommen; geh’

nicht in die dunkle Stube, Bubbelmann ist da“.®W. von Gutzeit, der sich wiederholt mit der Etymologie dieser Wörter beschäftigt hat, leitetsie von der deutschen Form „Popelmann“ ab, verbindet sie aber letztenEndes mit russ.  popel  oder  pepel  ‘Asche’. Diese Verbindung wäre seinesErachtens schon deshalb umso mehr haltbar, weil der Schornsteinfeger,der mit Asche zu tun hat, für die Kinder zuweilen als ein „Bubbel“ dasteht,® — ein etymologischer Kunstgriff, der mir äusserst willkürlicherscheint.

Man kann eher annehmen, dass sowohl Bubbel und Bubbelmann alsauch Popelmann auf das Verbum „bubbeln“ zurückgehen, das mitunter als „poppeln“ ausgesprochen wird: „Das wasser poppelt im sieden

2  LTT, 31371.3  L IT , 31123.^ ME, I, 455.^ К AL AK, 1935, 17.e ME, I, 343, 360.7 GUTZEIT, 1864—98, Nachträge, 1898, 6.® ibidem, Nachträge, 1894, 7 f.

® ibidem, 8 und 30.

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Im Deutschbaltischen kommt „Bubbei“ übrigens in der Bedeutung ‘Wasserblase’ vord^ Hier haben wir also eine, wenn auch nicht unmittelbare, Verknüpfung des „Bubbels“ mit dem Wasser. In diesem Zusammenhang möchte ich noch folgende deutschbaltische Aufzeichnungaus Riga anführen: „Die Kinder werden vom Bubbelmann geträumt ha

 ben, nachdem sie den aus dem Wasser kletternden Mann (den Taucher)mit grossem Kopf gesehen“.

Andererseits begegnen wir im Litauischen solchen Wörtern wie hubaSy bubis und bubulis, die allesamt ‘Kinderscheuche’ bedeuten.Lit. bubulis deckt sich völlig mit der uns interessierenden lettischen Form. Etymologisch sind die genannten litauischen Wörter mit buburai ‘harter Ausschlag, Gänsehaut’ zu verbinden, das jedoch seinerseits mit bumbulas  bzw. bumbalas ‘Wasserblase, Strudel’ verwandt ist.^^

Alles Gesagte lässt kaum zu, das Vorkommen eines einigermassen individualisierten Wassergeistes mit dem Namen Bubulis bzw. Bubbel vorauszusetzen. Trotzdem können wir auf Grund der etymologischen Analyse behaupten, dass die Vorstellungen von diesen Scheuchen nicht ganzvom Wasser zu trennen sind. Späterhin werden wir auch den Glaubenan Geister berühren, die unter Strudeln sitzen und das Wasser zum„Bubbeln“ veranlassen.

Der Name Büzelis weist eine sehr wahrscheinliche Beeinflussungdurchs Germanische (zu nd. büsemann) auf.^^ Es sei hinzugefügt, dass

der  büsemann bzw. Butzemann erst in neuerer Zeit zu einem Gespenstund Kinderschreck geworden ist, denn ursprünglich wurde er für einenguten Hausgeist gehalten.^® Hat Būzēlis eine Beziehung zum Wasser gefunden, so liegt hier sicher die Absicht vor, neugierige und leichtfertigeKinder durch Einschüchterung vor Unglück zu bewahren.

3.

Eine für uns in mancher Hinsicht interessante Sage stammt aus der südwestlichen Spitze Kurlands, nämlich Niederbartau (lett. Nīca). Dortwird erzählt, dass einige Kinder einmal am Ufer eines Flusses sassen,

10 GRIMM, 1854 ff, II, 457.11 GUTZEIT, 1864—98, Nachträge, 1886, 190. 

ibidem, Nachträge, 1894, 8.13  LKŽ, I, 907, 909, 912. Vgl. hierzu auch JAŚKIEWICZ, 1952, 94.  11 FRÆNKEL, 1962—65, I, 64. Vgl. auch ME, I, 343.15 ME, I, 360.

1« Hierzu FLECHSIG, 1960, 100, und JOHANSONS, 1964, 211.

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als sie plötzlich ein Pferdchen bemerkten, das auf der Wiese hin undher lief. Das Tier erwies sich als sehr sanftmütig, und bald hatten neunKnaben auf seinem Rücken Platz genommen. Alle konnten bequemsitzen, weil der Rücken sich immerzu verlängerte. Die Jungen lachtenund hatten ihren Spass, während sich das Pferdchen schnurgerade zumFluss begab. Dann kam ihnen die Grossmutter mit dem kleinen Mädchen Lote entgegen, welche ausrief: „Herr Jesus, was für ein langesPferd!“ Im Nu stürzte das Pferd hinweg, die Knaben fielen ins Gras,und aus dem aufbrausenden Wasserlauf ertönte ein höhnisches Gelächter.Die Grossmutter wies die Buben zurecht und erklärte, das fremde Pferdsei die Wasserjungfrau gewesen. Diese hätte sie zu ertränken beabsichtigt, und das wäre auch geschehen, wenn Lote nicht den Namen Jesu

angerufen hätte.^Erzählungen über die Wasserjungfrau sind bei den Letten nicht unbe

kannt,^ es muss aber betont werden, dass die angeführte Sage bestimmtzu einem ganz anderen Vorstellungskreis gehört.

Hier könnte man nordischen Einfluss spüren, denn nahezu gleichlautende Überlieferungen sind z.B. in Schweden bzw. Schonen (Skåne)sehr verbreitet. Sie beziehen sich dessen ungeachtet nicht auf die Wasserjungfrau, sondern auf den in Pferdegestalt auftretenden Wassergeist,der gewöhnlich bäckahästen heisst.^ Es ist derjenige, der als ein schein

 bar harmloses Rösslein die Kinder verlockt, eine Menge von ihnen auf seinem sich immer mehr verlängernden Rücken trägt u.s.w. Der einzige Unterschied besteht darin, dass am Ende der schwedischen Sagenoch keine christlichen Elemente eingedrungen sind: das tückischePferd verschwindet im Wasser, wenn man seinen eigenen, nicht Jesu Namen ausruft.^

Entsprechende Volksüberlieferungen kommen, wie eine von O. Loo-rits ausgearbeitete Karte zeigt,^ auch in ganz Estland sowie bei den an

der nördlichen Spitze Kurlands sesshaften Liven vor. Hier erscheint der Wassergeist Neck als ein hübsches Pferd, das immer länger und länger wird. Der letzte Knabe, der auf dem Rücken keinen Platz mehr hat,fragt schliesslich, ob er auf dem Schwanz bzw. auf den Genitalien des

 Necken sitzen soll. Dann verschwindet das Pferd: die Erwähnung

1 LPT, XIII, 238, Nr. 13.2 Vgl. LOORITS, 1935, 95 ff.3 Vgl. SYDOW, 1922, 92. 

ibidem.5 LOORITS, 1949—57, II, 227.

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des Necken hat die Kinder gerettet.® Der Name Neck bzw. näkk  istim Estnischen zweifellos ein schwedisches Lehnwort.'^ Auch dieser Umstand weist darauf hin, dass die betreffende Sage von Skandinavien nachOsten herübergewandert ist.

Bei den übernatürlichen Wasserwesen sind überhaupt mannigfaltige Verbindungen gerade mit dem Pferd nachweisbar.® Schon in der altgriechischen Glaubenswelt manifestiert sich einerseits der Wassergott Poseidon als ein Ross, während andererseits auch die Zentauren — diese sonderbaren Mischlinge, bei denen die obere Hälfte des Körperswie beim Menschen, die untere wie beim Pferd geformt ist — in irgendeiner Beziehung zum Wasser stehen.®

Wenn die Rede auf die Zentauren kommt, kann man hinzufügen,dass in Lettland, zwar nicht im Volksglauben der Letten, sondern vielmehr der lettgallischen Polen, eine merkwürdige Gestaltgebung der sog.Pharaonen stattgefunden hat. Als Pharaonen werden von vielen, vorzugsweise nordosteuropäischen Völkern fabelumwundene, in Wasser wohnende Geschöpfe bezeichnet, die vom pharaonischen Kriegsheer,das bei der Verfolgung der Kinder Israel im Roten Meer unterging, entstanden sein sollen.^® Insgemein schildert man sie als Menschen mitFischschwänzen. Bei den lettgallischen Polen treten sie aber als eine

Art Zentauren auf: sie haben einen Menschenkopf, jedoch schwimmensie mit ihren vier Beinen wie Pferde. Sie singen auch „Lieder auf denkünftigen SchlaP" — jeder, der ihnen zuhört, muss also sterben.

Ohne auf die Ursachen der Parallelität näher einzugehen sei hier  bemerkt, dass Wassergeister, die halb Mensch, halb Pfe rd sind, auch infinnischen Glaubensvorstellungen Vorkommen.Desgleichen berichteteine ungarische Volkserzählung, dass in einem bestimmten Teich ein alter Mann — halb Ross, halb Mensch — wohne, der Spielsachen, Kleider und dgl. ans Ufer hinlege, um Leute dahin zu locken, die er dannins Wasser herabzieht.^^

® ibidem, 263.^ ibidem, 261.8 Vgl.  HDA, VI, 1634 f, und IX, 131 f.* Vgl. KRETSCHMER, 1920, 50 ff, 211 f. Die Hinweise des Verfassers sind auch  

dann stichhaltig, wenn man seine einseitige Hypothese über die Zentauren als ursprüngliche Wasserwesen ablehnt. Hierzu noch SYDOW, 1922, 96.

S. die ausführliche Monographie von LOORITS, 1935.  ibidem, 110.

12 HOLMBERG, 1913, 195.13 WLISLOCKI, 1893, 20.

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Götter und Geister der Gewässer werden oftmals nicht nur selbst inPferdegestalt vermutet, sondern auch als Opfer werden ihnen Pferdedargebracht. Bei den Nordrussen war ehemals der Glaube verbreitet,

dass der aus seinem Winterschlaf erwachte Wassergeist, vodjanoj, mürrisch und hungrig sei. Um ihn zu besänftigen kauften die Bauern einPferd, ohne dass sie dabei mit dem Verkäufer zu feilschen versuchten.Drei Tage lang fütterten sie das Tier mit Brot und Hanfsaat. Danachwurden seine Füsse mit Stricken gefesselt und zwei Mühlsteine an seinem Hals angebracht. Den Kopf des Tieres salbte man mit Honig ein,in seine Mähne wurden schöne Bänder geflochten. Gab es noch eineEisdecke, wurde das Pferd um Mitternacht in ein Eisloch versenkt; war der Eisgang schon vorbei, ertränkte man es in der Mitte des Flusses. Drei

Tage lang hatte der  vodjanoj auf die Bewirtung gewartet, indem er seiner Ungeduld durch Wellenschläge und dumpfes Gestöhne Ausdruck gab. Sobald er die Gabe erhalten hatte, beruhigte er sich.^^

Ein nahezu identischer Opferbrauch war bei den stark slavisiertenSetukesen in Estland üblich. Nach ihrer Behauptung wurde das Opfer pferd gewissen, nicht näher bestimmbaren „Wassergöttern“ geweiht. Einsolcher Gott, erzählten sie, starb immer im Herbst und erwachte imFrühling. Bekam er bei seinem Erwachen, wenn er zu grollen und zuwüten pflegte, ein ihm gefälliges Pferdeopfer, beschützte er daraufhin

die Fische, zerriss nicht die Fischernetze, rettete gegebenenfalls die Fischer.

Es wäre übertrieben, hier irgendwelche Parallelen zu den sterbendenund auferstehenden Vegetationsgöttern des Mittleren Ostens zu suchen,die in ein reiches mythologisches Schema eingefügt sind. Dagegen vertritt der setukesische „Wassergott“ Züge eines Schirmherrn der Fische,von dem noch im nachfolgenden die Rede sein wird.

Die Verknüpfung des Pferdes mit dem Wasser und den dort zu fin

denden übernatürlichen Wesen gehört wohl zu jenen Problemen, die einer allen Fällen geltenden Lösung trotzen. An dieser Stelle möchte ich nur erwähnen, dass das Pferd in manchen Schamanengeschichten als ein Tier geschildert wird, das die Natur in wunderlicher Weise zu beeinflussenund anzuregen vermag. So heisst es beispielsweise in der jakutischen Erzählung über Ürüng-Uolan: „Sein Pferd legt mit jedem Sprung einenganzen Tagesmarsch zurück. Das Pferd streift Gras, Strauch und Baum

 — und ringsum beginnt alles zu singen, zu heulen und zu jammern mit

AFANAS'EV, 1865—69, II, 245. 15 LOORITS, 1949—57, II, 213 f.

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verschiedenen Stimmen. Das Ross tritt faules Holz nieder, stösst Steinezur Seite — und sie fangen an zu singen, zu lachen und zu tanzen“.^®Eine entsprechende Auffassung konnte, ohne ihren spezifisch schamanistischen Sinn zu bewahren,^^ leicht zu den Nordrussen und von ihnenweiter zu den Setukesen herüberwandern. Das Opfern eines Pferdes imFrühjahr, in der Absicht die Gewässer und den Wassergeist „wiederzu- beleben‘", würde dadurch eine plausible Erklärung finden.

4.

Bemerkenswert ist eine livländische Sage, wo von dem am Fluss Aa(lett. Gauja) wohnenden Geist, welcher Gaujas vecis "der Alte der Aa’

hiess, berichtet wird. Innerhalb der Grenzen des Gutes Wolmarshof (lett. Valmieras muiža) befand sich einst, wie man erzählt, eine tiefeHöhle — das Domizil des Gaujas vecis. In ihrer Nähe machte der Flusseine scharfe Biegung, wo ein Strudel aufwirbelte. Dort pflegte der Geistdie Flösser zu plagen: Flösse, die in den Wirbel hineingeraten waren,drehten sich tagelang im Kreise und konnten ihm kaum entkommen,

 bevor nicht der Flossführer dem Gaujas vecis ein Opfer gebracht hatte.Schliesslich wollten die Leute das nicht mehr erdulden. Sie holten dreiPastoren heran und Hessen diese den „Alten"" austreiben. Da nun die

Pastoren vor dem Eingang der Höhle Gebete hersagend dastanden, musste der Alte einen anderen Ausweg finden, um seinen Strudel zu erreichen. Er schlug mit dem Fuss ein Loch in die Rückwand der Höhle,schoss durch dieses wie ein Wasserstrahl hindurch und verschwand inder Aa, dass es nur so krachte. An der Stelle, wo er aus dem Erdbodenheraussprang, entstand eine Quelle oder ein Brunnen.^

Die angeführte Sage kann als ziemlich ursprünglich angesehen werden. Vor allem ist sie dem bekannten Diabolisierungsprozess entgangen,durch welchen jede im Volksglauben vorkommende Gestalt, wie die

16 POPOV & LESNAJA, 1955, 292.1 Um diesen spezifischen Sinn anzudeuten, füge ich hier folgende Zitate hinzu. 

FRIEDRICH, 1955, 17: „Die Heldenlieder rühmen dąs Pferd als den mit übernatürlichen Gaben ausgestatteten treuesten Gefährten des Helden, der hin und wieder sogar wie ein zweites Ich gleiches Schicksal mit seinem Herrn teilt“. BUDDRUSS, 1955, 68: „Der Gegenstand, den der Schamane besingt und der im Mittelpunkt des  ganzen Ritus steht, oszilliert um die statischen Werte Trommel, Pferd und Vogel. Die greifbar vorliegende, dingliche Trommel weitet ihr Wesen. Sie ist eine Trommel, wenn es gilt, Rhythmen zu erzeugen. Sie wird ein Ross, wenn es gilt, in die Unter

welt zu stürmen. Sie wird ein Vogel, wenn es gilt, durch den Himmel zu fliegen“. 1 LPT, XIII, 235, Nr. 5.

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kirchlichen Vorschriften es forderten, dem Teufel gleichgestellt wurde.^Der Gaujas vecis war sicher auch nicht eine blosse poetische Figur: ausdem Text geht deutlich hervor, dass er einen Kult bzw. einen Opferdienst erfuhr.

Es wirkt nicht befremdend, von einem Flussgeist zu hören, der sich ba ld in einer Höhle am Ufer, ba ld im Wasser aufhielt. Dasselbe ist insehr bezeichnender Weise bei oberschlesischen Wassergeistern zu beobachten, die ab und zu ihr Wasserreich verlassen, um auf festem Boden — in den Sträuchern des Ufers, auf einer Weide, zuweilen sogar im Inneren eines Hauses — zu erscheinen.^ Kommt der russische vod- 

 janoj in irgendein Dorf, kann man ihn gleich daran erkennen, dass vonseinem linken Rockschoss (in solch einem Fall stellt man sich also einen

gekleideten Wassergeist vor!) stets Wasser tröpfelt. An dem Platz, wo er sitzt, entsteht immer eine Lache.^

Bei der Bildung der Benennung Gaujas vecis hat das oft feststellbarePrinzip gegolten, nach welchem die Wassergeister die Eigennamender betreffenden Gewässer (in unserem Beispiel den des Flusses Gauja

 bzw. der Aa) erhielten. Hier kann man auf estnische Parallelen hin-weisen, so z.B. auf solche beliebte Sagenfiguren wie die „jungen Herren“des Jäneda-Sees und des Oberen Sees (estn. Ülemiste).^ Dabei bemerktman eigentlich dieselbe Tendenz, die sich in der russischen Sitte äusserte,

die Wasserfahrzeuge nach jenen Flüssen zu benennen, auf denen sieschwammen oder wo sie gebaut wurden.®

Der tiefere Glaubensgehalt dieser Art Bildung von Geisternamenlässt sich aber am besten anhand von einigen litauischen Vorstellungen beleuchten. Ein jeder See und Fluss, betonen die Litauer, hat einen eigenen Herrscher. So sind die Gewässer verschiedenartig und mischen sichnicht miteinander. Aus demselben Anlass führen sie auch unterschiedliche Nam en.”

Was die Bezeichnung vecis "der Alte’ betrifft, setzt sie keineswegseine unmittelbare Verbindung mit Toten oder Ertrunkenen voraus, obschon an sich solche Beziehungen, wie wir noch sehen werden, ganz gewöhnlich sind. Als „Alte"" werden häufig die übernatürlichen Schirmherren oder Eigner von allerlei Örtlichkeiten sowie von Tier- und Fisch-

2 Vgl. JOHANSONS, 1964, 165, 197, 274 f.3 KALAK, 1935, 27.4 AFANAS'EV, 1865—69, II, 240.5 LOORITS, 1949—57, II, 228.« Vgl. ZELENIN, 1927, 144.7 Vgl. BALYS, 1948, II, 35.

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arten, die  genii loci und  genii speciei, charakterisiert.® Hier handelt essich um sehr altertümliche Glaubensvorstellungen, die bei den verschiedensten Völkern eine besondere religiöse Idee repräsentieren.^

Wird als das eigentliche Tätigkeitsfeld des Gaujas vecis ein Strudelgeschildert, so haben wir es wieder mit einer im Volksglauben ziemlichverbreiteten Auffassung zu tun. Der russische vodjanoj mit dem vielfach vorkommenden Beinamen deduska ‘Grossväterchen’ pflegt desöfteren in einem Wasserwirbel zu weilen;^® auch sind die Flösser gegenihn nicht gefeit.Die Litauer erzählen, dass tief unter den StrudelnGeister sitzen, die das Wasser nach oben hinauf blasen; wird jemand inden Strudel hineingerissen und ertrinkt, ergreift der Geist ihn und frisstihn auf.^^ Man kann hinzufügen, dass auch nach germanischem Glau

 ben Wasserwirbel von Wesen herrühren, die in der Tiefe sitzen.^ *Einem mit dem Namen üdens vecis ‘der Alte des Wassers’ bezeichne-

ten Geist begegnen wir in einer kurzen folkloristischen Aufzeichnungaus Livland, wo folgendes hervorgehoben wird: „Beginnt ein See, wenn jemand dort angelt, grosse Wellen zu schlagen, so muss man sich gleichans Ufer begeben, denn das ist ein Zeichen, dass der Alte des Wasserswütet“.

Den bisher genannten ,,Alten“ darf wahrscheinlich ein ūdens dievs ‘Wassergott’ gleichgestellt werden, von dem in einer Nachricht, die im

Jahre 1822 in der Zeitung  Latvieiu Avīzes erschien, die Rede ist. Der Berichterstatter rügt nämlich einen Flösser wegen seines Verhaltens ineiner kritischen Lage, die in dem semgallischen Fluss Sussey (lett. Susēja) entstand. Statt zu versuchen, die Schwierigkeiten zu meistern, hätteder „Götzendiener“ das Ruder verlassen und wäre zu seinem Brotbeutelgeeilt. Daraus hätte er etwas Brot und Milch geholt und in den Stromgeworfen, um so den erzürnten üdens dievs zu beschwichtigen.^^ DieseZeitungsnachricht legt deutlich davon Zeugnis ab, wie stark die letti

schen Flösser noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts an übernatürliche Wasserwesen glaubten.

* Hierzu JOHANSONS, 1964, 96; viele Beispiele aus Nordeurasien bei PAULSON, 1962 und 1962 a.

* Vgl. die Übersichten bei PAULSON, 1961, 48 ff.>« AFANAS'EV, 1865—69, II, 236, 242.“ ZELENIN, 1927, 390.‘2 SLAVIONAS, 1947, 177 f.

 HD A, IX, 199.M UTT, 7069.“ ITT, 31323.

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Unter den Faktoren, welche die Forschung volkstümlicher Glaubensvorstellungen am meisten erschweren, nimmt die im vorhergehenden bereits erwähnte Verteufelung der übernatürlichen Wesen des Volksglaubens einen dominierenden Platz ein. Es ist ein in treffende Wortegekleidetes Urteil, wonach „die volkstümliche Teufelsvorstellung alsSammelbecken praktisch allen Volksglaubens über jenseitige, göttlicheund dämonische Wesen“ diene.^ Die Diabolisierung ist keine geschichtlichabgegrenzte, an bestimmte Religionswenden gebundene Erscheinung: siekommt überall vor, wo christliche Lehre auf Volksglauben stösst.^ ImErgebnis führt sie zu einer vielfältigen Überlagerung, einer Überschnei

dung oder, besser gesagt, zu einem kaum entwirrbaren Durcheinander verschiedener Gestalten und Vorstellungen.^ Gleichzeitig aber darf mannicht übersehen, dass die Einstellung der christlichen Kirche in gewissser Hinsicht dem Fortbestand des alten Glaubens sogar förderlich gewesenist. Jene Wesen, die das heidnische oder halbheidnische Volk verehrte,waren keineswegs „eitler Dunst“, sondern bestehende Gegebenheiten, für einen Christen verwerfliche übermenschliche Mächte bzw. Teufel undDämonen. Sie mussten gehasst, verachtet und bekämpft werden, wodurch die Kirche damit jedoch eingestand, dass man mit ihnen rechnen

musste. Dies brachte allen, die noch immer die „Dämonen“ verehrten,eine Rückzugsstellung.^ Belehrend in diesem Zusammenhang sind z.B.die kirchlichen (griechisch-orthodoxen) Gesetzgebungen und Bussordnungen in Russland, wo die Leute stets davor gewarnt und verscheuchtwurden, die „Teufel“ anzubeten und ihnen Opfer darzubringen.^ Eine

1 RÖHRICH, 1965, 54.^ Ähnliches ist vielfach auch bei der Konfrontation anderer Religionen zu beobach

ten. Der altägyptische Setech bzw. Seth wurde wie ein Asiat dargestellt und deshalb  

von den Hyksos, die aus Vorderasien einfielen und Ägypten eroberten, zu ihrem Staatsgott bestimmt und wie ihr eigener Schutzgott bewertet. „Dadurch wurde  Setech“, bemerkt ROEDER, 1952, 248, „der schon als Mörder des guten Königs Osiris belastet war, ganz zum Gott des Auslands, zu dem bösen Unhold aus der Fremde, dem syrischen Donnerer, dem man gern alles Wilde zuschrieb, wie die Gewitter, das salzige Meerwasser, den unfruchtbaren Sand der Wüste und auch den ethischen Frevel“. Unter den Sassaniden wurden in Iran (vgl. WIDENGREN, 1961,  23 f, 249) Zwangsmassnahmen gegen Juden, Christen, Buddhisten u. s. w. eingeführt, 

die u.a. in der Zerstörung der „Götzen“ und der Zerstreuung der „Nester der Dämonen“ ihren Ausdruck fanden.

3 Hierzu RÖHRICH, 1965, 54 f.^ MACK ENSEN, 1937, 39 f.5 Vgl. MANSIKKA, 1922, 249 f.

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Wirkung, die den eigentlichen Intentionen der Prediger widersprach,konnten auch die sog. Predigtmärlein haben, die man an vielen Orten inEuropa bis ins 18. Jahrhundert hinein eifrig schätzte und die häufig vonRiesen, Wassergeistern, Drachen und dergleichen mehr handelten.®

Es besteht kein Zweifel daran, dass hinter manchem in den Traditionen spukenden „WasserteufeP‘ in der Tat ein anderer Wassergeist steckt.Dieser Vorbehalt sollte jedoch nicht verallgemeinert werden. Um wieder mit lettischem Glaubensgut zu beginnen, gehören vor allem die Seen,ebenso wie die Sümpfe, sicher zu den Stellen, wo seit jeher auch heidnische böse Geister gehaust haben. Da ihre ursprünglichen Namen leider in Vergessenheit geraten sind, tragen sie alle den kirchlichen Stempel desvelns ‘Teufel’. Die meist märchenartigen Erzählungen über ihr unheil

volles und hinterhältiges Treiben sind aber vom religionshistorischenStandpunkt aus gesehen ziemlich bedeutungslos.^

Anders verhält es sich dagegen mit einigen Überlieferungen, wo der velns allem Anschein nach ein ursprünglicheres und nicht unbedingt böses Wesen verdrängt haben soll. Dam it meine ich beispielsweise seinangebliches Erscheinen in Fischgestalt. Der  velns vereinigt freilich dieverschiedensten, sowohl menschen- als tierähnlichen Erscheinungsformen,® während die Fischgestalt aufs engste mit den Schirmherren der Gewässer und deren Bewohner verknüpft ist. Diese Auffassung kann von

den Itelmenen auf Kamtschatka und den sibirischen sog. Jugravölkernüber die Syrjänen, Tscheremissen und Mordwinen bis zu den an der Ostseeküste ansässigen Esten nachgewiesen werden.® Desgleichen pflegtder russische Wassergeist hin und wieder in Gestalt eines Welses oder Hechtes aufzutreten.

Der ukrainische Wassergeist, vodjanyk, dem zahlreiche anthropomorphe und theriomorphe Manifestationen eigen sind, verwandelt sichdes öfteren in einen Fisch, vorzugsweise einen Wels. Zuweilen lässt er sogar zu, dass man ihn herausfischt, aber er duldet es nicht, zu Leutennach Hause gebracht zu werden. Geschieht das, so versucht er, das ganzeGebäude zu zerstören.^^ Der  vodjanyk  tritt häufig als ein unverkenn

 barer Gebieter der Fische auf: diese schwimmen in Schwärmen vor ihmher, und er kann den Fischfang stören, falls sich dieser an einer ihm

6 Vgl. MOSER-RATH, 1961, 208.7 Vgl.  LPT, III, 499 ff, Nr. 1—2, und XIV, 6 ff.8 S. die Übersicht bei STRAUBERGS, 1939-41, 505 ff. « Vgl. PAULSON, 1961, 69, 106, 125, 135, 140, 149.

^0 HAASE, 1939, 145.HNATJUK, 1912, XXII.

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nicht passenden Stelle vollzieht.^“ Gleichzeitig ist er aber ganz unberechenbar. Einmal wirft er den Fischer und dessen Boot weit vom Wasser hinweg; das andere Mal lässt er nachts das Boot vom Stapel laufenund füllt es dazu noch mit gutem Fang.^^ In diesen und ähnlichenStreichen bzw. gelegentlichen Begünstigungen spürt man etwas, was aneine andere Gestalt als den Herrn der Fische, nämlich an den Trickster gemahnt.

Eine solche Berührung braucht gar nicht besonders zu überraschen.Der Schirmherr der Tiere bzw. der Fische und der Trickster sind beidessehr altertümliche Typen der übernatürlichen Wesen; beide treten auchoftmals in Tiergestalt auf.^^ Man hat sogar die Möglichkeit angedeutet,ein gewisses Wesen, das einerseits als Herr der Tiere charakterisiertwird, eher als Trickster zu betrachten.^^ Der typologische Unterschied

zwischen den beiden ist immerhin zu gross, um hier mit allzu weitläufigen Kontaminationen rechnen zu können.Bei den Vorstellungen von Schirmherren der Fische, die selbst in

Fischgestalt erscheinen, ahnt man in einer semgallischen Sage, wo vondem „Teufel“ des Gross-Autz-Sees (lett. Lielauces ezers) berichtet wird,eine tiefere Altschicht. Dieser „Seeteufel“ sei ein riesiger, 4—5 Fadenlanger Fisch gewesen, dessen Flossen sich wie ein schwarzer Zaun über das Wasser erhoben und dessen Augen wie helle Feuer geleuchtet hätten. Niemand hätte an ihn herangekonnt, da er nämlich in einem halb

überwachsenen Teil des Sees unter der Gras- und Moosdecke gehaust

12 ibidem, XXI f.13 ibidem, XXII.1 Über den Herrn der Tiere vgl. RÖHR ICH, 1961, 341 ff (mit Literaturver

zeichnis); viele originelle Gesichtspunkte bei JENSEN, 1960, 154 ff; Bemerkungen über duchi-chozjaeva ‘Eignergeister’ aus sowjetischem Ausgangspunkt bei TOKAREV, 1964, 248 ff. Über den Trickster vgl. RADIN (mit Kommentaren von C. G. Jung und K. Kerényi), 1956; eine analytische Zusammenfassung bei HULTKRANTZ, 1963, 36 ff.

1® Der Gegenstand der Auseinandersetzung sind z.B. die widerspruchsvollen Erzählungskreise von dem Coyoten, d.h. von dem nordamerikanischen Prärie-Wolf, gewesen. Nach PETTAZZONI, 1950, 8, wäre der Coyote als ein urfänglicher Herr  der Tiere aufzufassen. Dagegen erhebt Kerényi bei RADIN, 1956, 187, u.a. den folgenden Einwand: „It is not asked whether, in the eyes of the Indians, the coyote ever  deserved the dignified title of ‘Ruler and King of Beasts’, nor whether he might not  be better suited by nature to carry the characteristic traits of the trickster, as the fox did in Europe“. Dass an verschiedenen Orten Nordamerikas jedoch Glaubensvorstellungen vom Coyoten vorhanden waren, die zwischen den beiden oben erwähnten Ansichten schwankten, zeigen die von HULTKRANTZ, 1963, 39 und 51, angeführten 

Beispiele.

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hätte.^® Nach derselben Sage hatten die Fischer einmal im Gross-Autz-See einen besonders reichen Fang gemacht. Als sie das Netz zum letztenMal herausziehen wollten, fühlte es sich äusserst schwer an. Im selbenAugenblick begann sich das Wasser am Ufer als eine schwarze wir belnde Säule in die Luft zu erheben, während aus der Tiefe des Seesder Ruf erschallte: „Schweine, Schweine, alle Schweine, alle Schweinesind da, nur das stumpfschwänzige fehlt!“ Danach geriet das Netz insSchwanken und wurde in Fetzen gerissen. Die Fischerleute waren der Ansicht, dass „der Böse selbst“ in ihr Netz geraten sei.^^

Die Zerstörung des Netzes ist auch für die ostslavischen Wassergeister kennzeichnend,^® muss aber nicht als ein blosser Streich oder Racheakt gedeutet werden. Vielmehr haben wir es hier wieder mitGlauben an die Schirmherrschaft zu tun: der Wassergeist ist ja der 

eigentliche Eigner der Fische — er sorgt dafür, dass diese nicht ausgerottet werden und dass den Menschen nur der ihnen gebührende Teil zufällt. Dasselbe ist der Fall mit den „Herren“ aller Tiergattungen.^^

Darüber hinaus gehören hierher auch folgende Beobachtungen vonLutz Röhrich: „Die Fische sind die Haustiere des Wassergeistes; der Fischherr kennt alle seine Fische mit Namen und Zahl und ruft sie amAbend zusammen wie ein Hirte seine Schweineherde zusammentreibt.Die vor allem in Norddeutschland, an der Ostseeküste und im Baltikumverbreitete Sage vom Suchruf nach dem verstümmelten Fisch gehört in

diesen Zusammenhang: Ein Fischer fängt einen einäugigen oder stumpf-schwänzigen Fisch, der dem Fischherrn am Abend in seiner Herde fehltund der nun ins Wasser zurückgegeben werden muss“.^^ Hieraus ersehenwir, dass die Volkserzählungen über den „Teufel“ des Gross-Autz-Seeskeinen Einzelfall darstellen, sondern in eine grössere Tradition einzureihen sind.

Ergänzend kann hier noch eine lettische Sage aus Lennewarden (lett.Lielvārde) angeführt werden. Ein Mann, heisst es dort, wollte die Tiefedes Pakulu-Sees (Pakulu ezers) ausloten. Er nahm einen langen Strick und band einen Stein daran, doch konnte er damit den Boden nichterreichen. Als er mit Mühe den Strick wieder herauszog, fand er andessen Ende einen grossen Barsch, der angebissen hatte. Er brachte diesen

 LPTy XIV, 17, Nr. 9. Noch andere, ziemlich wirre Vorstellungen von einem übernatürlichen Wesen im Gross-Autz-See werden in  Lt TtT, 146 f, verzeichnet.

17  LPTy XIV, 16 f, Nr. 9.18 Vgl. ZELENIN, 1927, 389.1» Vgl. RÖHRICH, 1961, 341 f. 

ihiderriy 344 f.

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Abbildung 1:  Der Gross-Aut z-See (Lielauces ezers), wo sich manche mit dem Übernatürlichen verknüpfte lettische Sagen abspielen

in seine Wohnung, die sich in einer Mühle bei demselben See befand. Inder Nacht hörte der Müller, dass jemand an der Schleuse furchtbar tobteund schrie: „Weiss-schwarzer, Schwarz-weisser! Mein weisser undschwarzer Borg!“ Der Müller weckte seine Knechte und wollte denSchreier davonjagen, aber vergebens. Endlich bemerkten die Leute einen

gewaltigen Fisch, der nahe daran war, den ganzen Mühlendamm zu zerstören. Als man nun den beim Loten gefangenen Barsch wieder ins Wasser warf, wurde alles ruhig.^^

In einer lettischen Überlieferung wird auch eine „Fischkönigin“ erwähnt, für die (ebenso wie für den „Teufel“ des Gross-Autz-Sees!) ihrehell glänzenden Augen kennzeichnend waren.^^ Der leuchtende Blick scheint überhaupt ein Merkmal zu sein, das weit voneinander lebendeVölker den Wasserwesen des Volksglaubens und des Mythos zuzuschreiben pflegten. Dadurch zeichnet sich u.a. auch der israelitisch-jüdische Leviathan aus. In dem Babylonischen Talmud, Baba bathra V: 1,wird z.B. folgendes Erlebnis zweier Rabbiner geschildert: „Einst reistenR. Eliezer und R. Jehosua auf einem Schiff; R. Eliezer schlief und R.Jehosua war wach; da erbebte R. Jehosua, infolgedessen R. Eliezer erwachte. Dieser fragte: Was gibt es, Jehosua, weshalb erbebtest du? Jener erwiderte: Ich habe ein grosses Licht im Meer gesehen. Dieser entgeg-

21  LPT, XV, 430, Nr. 30.

22 ibidem, 423 f, Nr. 16.

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nete: Du hast wahrscheinlich die Augen des Leviathan gesehen, von demes heisst: seine Augen gleichen den Wimpern der Morgenröte‘‘.^^

Die Verteufelung der Gestalten des Volksglaubens hat bei den Estenetwa denselben Ablauf wie bei den Letten gezeitigt.^^ Trotzdem tritt dieUrsprünglichkeit der übernatürlichen Wasserwesen der Esten zuweilenstärker und deutlicher hervor. Damit meine ich in erster Linie das Vorkommen der eigenen „Alten“ der verschiedenen Fischarten (z.B. der Hechte, Zander und Brachsen) sowie zur Familie der  haldjad  gehörenden besonderen Schutzgeister der Gewässer.^^ Das Suchen nach demstumpfschwänzigen Fisch ist im estnischen, ebenso wie im Erzählgut der Letten belegt.^®

Richten wir unseren Blick auf Litauen, so finden wir, dass auch dortneben den schon früher berührten Herrschern (lit. valdytojai, Nom. PI.)

die velniai (Nom. Pl.) ‘Teufel’ allerlei Binnengewässer besiedeln können. Man empfiehlt z.B. aus einem Bach nicht zu trinken, ohne sichzuvor zu bekreuzigen, denn sonst kann man einen Teufel herunterschlucken. In solchen Fällen erscheint der  velnias (Nom. Sing.) u.a. inMückengestalt.^^

Bei den Ostslaven hat man oftmals damit Schwierigkeiten, eine bestimmte Grenze zwischen dem Wassergeist und den in Flüssen, Seen, anWassermühlen u.s.w. wohnenden Teufeln zu ziehen. In verschiedenenvolkskundlichen Beschreibungen und Materialsammlungen wird er des

halb leichthin mit den Wörtern céri ‘Teufel’, necistik  ‘Unhold’ und dergleichen mehr bezeichnet.^^

Geister, die sich in der Nähe von Mühlen aufhalten, treiben Unfugmit dem Wasserdamm und besonders mit dem Wasserrad.^^ Dasselbelässt sich bei den polnischen und deutschen Wassergeistern in Schlesiennachweisen, bei denen auch sonst ein ziemlich starker diabolischer Einschlag hervortritt.^® Der russische vodjanoj hat überhaupt eine Vorliebefür die Tiefen unter den Mühlen, wo durch die Wirkung des wirbelndenWassers Gruben entstehen. Er pflegt unter dem Wasserrad zu über-

Talmud, VI, 1137. Die letzte Erklärung Eliezers geht auf Hiob 41, 10, zurück. 2 Vgl. LOORITS, 1949—57, III, 657, Register s.v. „Teufel“.

ibidem, II, 217, 286 f.2« ibidem, 212, 231 f.2’ SLAVIŪNAS, 1947, 178.2« Vgl. beispielsweise die Nomenklatur bei MAKSIMOV, 1903, und NIKIFOROV- 

SKIJ, 1907. Ausführlicher darüber TOKAREV, 1957, 105 ff.29 Vgl. AFANAS'EV, 1865—69, II, 236 f; HNATJUK, 1912, XXI; NIKIFOROV-  

SKIJ, 1907, 77.

99 Vgl. KÜHNAU, 1911, 269 ff, 282; KALAK, 1935, 32 ff.

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nachten. Da sich die Müller auf den launischen vodjanoj angewiesenfühlen, versuchen sie mit ihm auf gutem Fusse zu leben. Deswegen wirdauch dieser Geist durch regelmässige lebende und leblose Opfergaben beschwichtigt.^^ Sowohl im russischen als im ukrainischen Volksgut fin

det man Angaben, nach welchen Müller und Fischer dem Wassergeistsogar Menschenopfer dargebracht hätten die üblichen Gaben bestanden jedoch aus Tieren aller Art, Brot, Wein, Tabak, Honig u.s.w.^^

Die weitgehenden Kontaminationen zwischen den Wassergeistern undden Teufeln sind aus dreifachem Grunde heraus zu erklären.

Erstens hat das Christentum, wie schon vorher betont, auf die heidnischen Glaubens Vorstellungen zersetzend, und sie in negativer R ichtung ändernd, eingewirkt. Die grösste Rolle hat dabei nicht der konkrete persönliche Teufel oder Satan als Widersacher Gottes gespielt,sondern die geringeren Vertreter des bösen Prinzipes, die jedoch ebenfalls als „Teufel“ galten.^^ Hierher gehört auch noch die mancherortsin Europa bekannte, vor allem aber in Russland verbreitete Tradition,nach welcher Haus-, Wald- und Wassergeister eine Art gefallene Engelseien. ^

Zweitens muss man sich vor Augen halten, dass sowohl Teufel alsauch Wassergeister recht intensive Beziehungen zu den Toten habenkönnen. Etymologisch betrachtet ist ja lett. velns ‘Teufel’ zweifellos

mit velis ‘die geisterhafte Gestalt eines Verstorbenen’ zu verbinden, undin demselben Verhältnis zueinander stehen die entsprechenden litauischenWörter.^® Nicht weniger beleuchtend sind solche Benennungen des polnischen Wassergeistes wie topielec ‘Ertrunkener’ sowie der schlesischeProvinzialismus utopliec ‘Ersäufer’. Beide Geister repräsentieren alsodie unheimliche Macht des Todes, wobei im letzteren Fall aus der kom

 plexen Gestalt des Wassermannes ein typisch teuflischer Zug herausgegriffen wird: man stellt die Ertränkung der Menschen, wie bereits der 

 Nam e besagt, als seine Hauptfunktion hin.^^

Das Problem, inwieweit die Wechselbeziehungen zwischen Teufelnund Toten ursprünglich sein können, mag an dieser Stelle unerörtert

31 Vgl. MAKSIMOV, 1903, 91, 95 f.32 HAASE, 1939, 145; HN ATJUK, 1912, X X ll .33 MAKSIMOV, 1903, 96 f; HNATJUK, 1912, X X ll; ZELENIN, 1927, 77 f; 

HAASE, 1939, 145; TOKAREV, 1957, 86.3 Vgl. hierzu 2ELEN1N, 1927, 396 f.33 ihiderriy 386.

36 ME, IV, 530 f, 533.37 Vgl. KÜHNAU, 1911, 282 ff; KALAK, 1935, 6 f, 32 ff.

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 bleiben. Bei den Wassergeistern^ die nicht allzu weit von ihrem Idealtyp bzw. dem Schirmherrn der Gewässer entfernt sind, müssen ähnliche Ver bindungen als eine sekundäre Erscheinung qualifiziert werden. DieSchutzgeister der Gelände und Gewässer sind kaum aus Seelenvorstel

lungen, sondern eher aus der „animatistisch belebten“ Natur erwachsen.^^ Keineswegs aber will ich ihnen einen monogenetischen Ursprungzugestehen. So haben beispielsweise Ad.E. Jensens Forschungen über denHerrn der Tiere bisher ungeahnte, die ganze Familie der „Herren“ berührende Perspektiven eröffnet. Hier rechnet er grundsätzlich mit der Verwirklichung einer der besonderen Gottesideen, die „nacheinander und auch nebeneinander das Wesen der Religion ausmachten“.'^^

Ausserdem ist es noch von Gewicht festzuhalten, dass die Schirmherren, im Gegensatz zum Teufel und etwa einem „Ersäufer“, keine

 bösen Wesen sind: nur gelegentlich, wenn die Menschen gewisse Verhaltungsnormen brechen, pflegen sie Rache zu üben.^®

Drittens ist die Diabolisierung der Wasserwesen, wie I. Paulson anhand von finnischen und russischen Beispielen hervorgehoben hat, vorzugsweise bei den Agrarvölkern zu beobachten. Der Bauer fühlt sichauf dem Wasser anders als der Wildbeuter oder der Berufsfischer, dessen Lebensversorgung häufig und in entscheidendem Mass vom Fischfang abhängt. Dem Bauern gilt die Fischerei nur noch als Nebensache;

die Gefahren, die den Menschen dabei drohen, treten dagegen vor ihmschärfer hervor und entfernen ihn gewissermassen vom Wasser und vonden übernatürlichen Wesen der Gewässer.'*^ „Es ist das Gleiche“, fügtPaulson hinzu, „wie beim Wald und bei den Waldgeistern: die veränderte Wirtschaftsform — der Ackerbau und die Viehzucht an Stelleder Jagd und Fischerei — haben den Menschen vom Wild und der Wildnis bzw. vom Wasser und den Fischen entwöhnt. Die sog. Aussen-kreise (die wilde Natur der Wälder und des Wassers) erscheinen dem anseinen Hof und Acker gebundenen Bauern als unheimliche, unheilvolle

Bereiche, wo böse Mächte und schreckliche Wesen herrschen“.^“ DieseGesichtspunkte möchte ich noch durch einen russischen Spruch ergänzen, wo der Bauer die Fischerei und Jagd kurz und bündig als Zeitverlust charakterisiert: „Fisch und Rebhuhn — verlorene Tage“ . ·

Vgl. PAULSON, 1961, 281.3« JENSEN, 1960, 156.^0 Hierzu JOHANSONS, 1964, 11 f, 18, 30, 127 f. 

PAULSON, 1961, 248. 

ibidem, 280.« ZELENIN, 1927, 71.

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Der oben berührte Entfremdungsprozess hat nicht nur bei den Ostslaven, sondern auch bei den Völkern des ostbaltischen Raumes und beiden Westslaven stattgefunden. Wenigstens ein Teil der Berichte von„Teufeln“ oder „Ersäufern“ und dergleichen mehr kann im Hinblick auf 

diesen Prozess und dessen Folgen gedeutet werden. Dasselbe dürfte der Fall bei den Südslaven sein. Es ist z.B. kaum daran zu zweifeln, dassdie hauptsächlich Ackerbau und Viehzucht treibenden Kroaten einstgenuine Wasserwesen gehabt haben. Mit Sicherheit nachweisbar ist beiihnen jedoch nur ein von deutschem Volksglauben stark beeinflusster Wassermann, vor allem aber ein Teufel, der die Menschen in die Tiefeder Gewässer zieht, und eine ebenso boshafte Art von Wasserhexen.

Auf Grund aller bisher genannten Umstände werden die Gewässer alsetwas Ambivalentes angesprochen. Bezeichnende Einzelheiten wies indieser Hinsicht z.B. das Verhalten und Gebärden der Weissrussen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf. Einerseits schätzten die Leutedas Wasser als Gottes Gabe, andererseits wurde es als die Aufenthaltsstätte gefährlicher Geister gefürchtet. Jedenfalls durfte das Wasser nichtverunreinigt werden. Der Fischer oder Fährmann ruderte ans Ufer, umseine Notdurft zu verrichten; sowohl diese als Vorübergehende enthielten sich davon, ins Wasser zu speien oder unnötigerweise Erdklumpenund Steine dahinein zu werfen. Bei diesen Verhaltungsnormen, wie im

mer im „undogmatischen“ Volksglauben, kamen gewiss Ausnahmen undAbwandlungen vor. So waren alle gewohnt, die Wäsche, das Geschirr und Gemüse in stehenden oder fliessenden Gewässern zu waschen; dortwurde ebenfalls der Flachs geweicht. Die Menschen pflegten nicht nur selbst ohne weiteres im Freien zu baden, sondern auch ihre Haustierezu schwemmen. Wollte man aber in demselben Wasser nur die Händeund Füsse oder das Gesicht abwaschen, trug man die dazu nötige Wassermenge in einem Gefäss oder mit der hohlen Hand geschöpft ansUfer. Wer sein Trinkgefäss nicht geleert hatte, goss den Rest ins Gras

oder in den Sand, nicht aber ins Wasser, weil es dem Glauben nach nichtwünschenswert war, Wasserblasen hervorzurufen. Für besonders wertvoll hielt man jenes Wasser, das aus neugefallenem und bei Tauwetter geschmolzenem Schnee entstand; jeder Tropfen davon wurde gespartund in der Volksheilkunde benutzt.**^

Manches von dem eben Gesagten kann als Aberglaube bezeichnet werden, wenn wir mit diesem oft missbrauchten Wort Vorstellungen und

Vgl. SCHNEEWEIS, 1961, 15 f. NIKIFOROVSKIJ, 1895, 491 f.

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Handlungen verstehen, die traditionsmässig beibehalten worden sind,obwohl sie ihren Glaubensgehalt schon lange eingebüsst haben. Gleichzeitig spürt man aber in dem scheinbar einfältigen Verhalten der Weissrussen zu den Gewässern etwas Tieferes, eine Art Erkenntnis von der 

Polarität, die in der konkreten wie in der immateriellen Welt herrscht,und auf die man stets Rücksicht nehmen muss, um sich eine leidlicheExistenz zu sichern.

6.

Hier ist es nicht am Platze, auf die Beziehungen des Regenbogenszum Wasser einzugehen. Jedoch möchte ich auf eine Stelle in J. Langius’lettisch-deutschem Wörterbuch vom Jahre 1685 hinweisen, wo es heisst:

 yyUhden' = welns. so ist vorzeiten der Regenbogen aus ungedult ge-nennet worden, wenn es offters v. lang geregnet, aber übel‘‘.^ Diese Bemerkung geht zunächst auf die bekannte Glaubensvorstellung zurück,nach welcher der Regenbogen aus Seen, Flüssen u.s.w. Wasser saugt, umes danach als Regen fallen zu lassen.^ In diesem Zusammenhang habendie Letten den Regenbogen einer trinkenden scheckigen Kuh oder einemSaugerohr gleichgestellt;^ es ist aber bezeichnend, dass man ihn ebenfalls (nach moderner Schreibart) ūdens velns ‘WasserteufeP nannte.

Dass man dem Regenbogen eine wirklich „teuflische“ Tätigkeit zu

schrieb, zeigt folgende lettische Sage: „Die Alten sagen: der Regen bogen trinke wie ein Tier an Fluss oder See. Wenn er tüchtig darausgetrunken habe, dann käme der Regen. Einmal hütete ein Hirt das Viehan einem Fluss. Der Regenbogen begann aus diesem Fluss zu trinken,als zum Unglück auch eine Kuh im selben Augenblick dorthin ging, umihren Durst zu löschen. Der Regenbogen riss, indem er das Wasser heftig einsog, die Kuh mit hinauf. Nach einer Weile fing es stark zu regnen an, und mit dem Regen fielen auch die Knochen der Kuh herunter  — das Fleisch derselben hatte der Regenbogen auf gef ressen“ .'*

 Nach anderen lettischen Überlieferungen kann der Regenbogen auchMenschen in die Luft hochreissen.^ Ähnliches wird in der livischen Tradition behauptet: der Regenbogen pflegt nämlich dann und wannFische und sogar Fischer samt Boot hinaufzuziehen.®

1 LANGIUS, 1936, 321.2 Lrr, 31849 ff.3 VTT, 31849, 31850.^ LPT, XIII, 223, Nr. 24.

5  LTTy 31852, 31853, 31889 ff.6 LOORITS, 1926—28, I, 47 f, 252.

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Der Glaube, wonach der Regenbogen Wasser trinkt oder schöpft, welches er später als Regen niederfallen lässt, ist bei den Litauern,“ beiallen Slaven® sowie bei den Liven und Esten zu finden.® Dasselbe kannman bereits im klassischen Altertum feststellen, und ebensooft — bei

spielsweise auch in Ostpreussen, Ungarn und in der Tschechoslowakei — begegnet man der Anschauung, dass der Regenbogen alles in dieHöhe ziehe, was in den Bereich seiner Arme gelangt.^®

An sämtlichen erwähnten Orten wird jedoch dem Regenbogen einegewisse Zweideutigkeit zugeschrieben, was mit besonderer Klarheit z.B.aus dem Umstand hervorgeht, dass die Litauer ihn bald  Dievo juosta ^Gottes Gürtel’, bald raganos juosta ‘Hexengürtel’ nennen.^^ Bei denLetten hingegen wird er beinahe immer als etwas Unheilbringendes aufgefasst. Darüber hinaus legt die von J. Langius aufgespürte Bezeich

nung ūdens velns davon Zeugnis ab, dass auf den Regenbogen sogar solche Eigenschaften übertragen wurden, die sonst einen unmittelbar imWasser wohnenden übernatürlichen Bösewicht kennzeichnen.

Es gibt auch vereinzelte lettische Sagen, in welchen der Regenbogenmit dem Teufel in Verbindung gebracht wird. Obwohl diese deutlicheSpuren des Religionssynkretismus aufweisen, ist es keineswegs ausgeschlossen, dass sie eine alte Grundvorstellung zum Ausdruck bringen. Ineinem Falle wird der Regenbogen als „der Weg des Teufels“ geschil

dert. Der Teufel hätte nämlich versucht, in das himmlische Paradies einzudringen. Gott stürzte ihn aber hinab, und die verschiedenen Malheure bei seinem Sturze brachten dann den Regenbogen und dessen Farben hervor: die rote Farbe repräsentiert des Teufels Blut, die blaue — die blauen Flecken an seinem Körper u.s.w.^^ In einer anderen Sage heisstes, dass vormals Gott über die Sonne, der Teufel über den Regenherrschte, und dass sie einander ablösten, so dass Sonnenschein undRegenwetter in bestimmten Abständen wechselten. Der Teufel begannaber Unfug zu treiben: er sandte Platzregen auf die Erde und liess zu

gleich heftige Wirbelwinde toben, was alles eine verheerende Flut zur Folge hatte. Dann blendete Gott den Teufel mit Hilfe des Regenbogens, worauf jener mit seinen Untaten aufhörte. Der Regenbogen wurdeseither „Zeichen des Streites genannt, wie es alte Leute noch heutzutage

^ BALYS, 1948, II, 55.^ Vgl. die Übersicht bei MÄCHAL, 1891, 68 ff.®LOORITS, 1926—28, I, 47 f (Liven), und 1949—57, II, 34 f (Esten). 

Hierzu  HDAy VII, 586.

BALYS, 1948, II, 54.12  LFKTDy 13, Nr. 16.

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In der letzteren Sage gilt der Regenbogen freilich als eine WaffeGottes/^ jedoch tritt er wieder in einer „teuflischen“ Verzwickung hervor, wobei auch die Benennung „Zeichen des Streites“ etwas an sichhat, was das Gepräge von etwas Unheimlichem trägt.

Den gefährlichen Charakter des Regenbogens scheint ebenfalls dieTatsache zu erhärten, dass das jetzt geläufige Wort va^avlksna, womitdie Letten den Regenbogen bezeichnen, keine befriedigende etymologische Deutung gefunden hat.^^ Ebenso wie so manche andere hierhergehörige lettische und litauische Namen kann es ein noa sein statt einesmit strengem tabu belegten Wortes.

Die Frage, ob und inwiefern die lettischen Traditionen mit dem Regenbogen auf der Vorstellung vom Drachen beruhen, lassen wir offen.Bei verschiedenen slavischen Völkern wird der Regenbogen ziemlich oft

als „Drache“ bzw. „Schlange“ charakterisiert.^® Nach einer bei denSerben und Kroaten üblichen Auffassung sei er ein Gewitterdrache, der aus einem irdischen Gewässer trinke.

Dagegen besitzen wir ein altlivländisches Dokument, wo ein lebendiger Glauben der Letten an Wasserdrachen bestätigt wird. Am 19. März1630 schrieb Pastor Clavidus Sigfridi zu Wolmar (lett. Valmiera) einenBrief an den schwedischen Reichskanzler Axel Oxenstierna und berichtete unter anderem, dass sich in seinem Sprengel eine Einöde mit

einem kleinen Binnensee befinde, wo es nach Ansicht der lettischenBauern niemandem möglich wäre, auch nur ein halbes Jahr lang zuwohnen. Man behauptete, dass sowohl Menschen wie Tiere, die sichdort aufhalten wollten, dahingerafft würden. Der See hatte nämlicheinen Herrn, der auf Lettisch  puickis, d.h. Drache, hiess. Dieser Herr konnte es nicht ertragen, dass jemand an demselben Ort lebte wie er: er tötete alle und stürzte sogar die Gebäude um.^^

ibidem, 14, Nr. 18.

Über die Vorstellung, dass der Regenbogen eine Waffe sei, vgl. LOORITS,  1949—57, II, 32 f. In einer kurzen lettischen Überlieferung (s.  LFKT D, 13 f, Nr. 17) wird der Regenbogen als Gottes Hammer bezeichnet.

Darüber P. Smits in  LP J, XIII, 215.1« Vgl. AFANAS'EV, 1865—69, I, 356 ff.1 SCHNEEWEIS, 1961, 32.1® RA , OS, E778: „Bönderne hafua een Wyskäpelse om dette Landet, att ingen 

der på skall halft Åhr kunnadh Boo, wthan alle the ther bodt hafwa aro dödne  blefne; bode Falk och Fhänadh. Wnder dette Landet är een lithen jnsiö; och denne 

 jnsiön skall hafua een Herre, på Lättiske benemd puickis, på Swenska Drake; denne 

Herren skall ingen meniskie lyda på samma landet att boo, wthan dråpa Fålk och Fhänadh, ja och huserne omstörta och förröda”.

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Die in dem Briefe zweimal vorkommende Benennung „Herr” scheintmir nicht auf einem Zufall zu beruhen: hier haben wir es wohl wieder mit einem ehemaligen übernatürlichen Schirmherrn des Sees zu tun.Dieser war aber schon damals, um 1630, nicht nur seiner ursprünglichen

Wesensart beraubt, sondern auch mit einem Verderben bringenden  puic- kis bzw.  pūķis ‘Drachen’ identifiziert worden.

Was nun den lettischen Drachen anbelangt, so müssen wir zwischenzwei mit demselben Wort  pūķis bezeichneten Gestalten unterscheiden.Die eine von diesen ist ein fürchterliches Ungeheuer, die andere ein kleiner Schatzträger.Den letzteren können wir in unserem Fall unbeachtet lassen, denn er nimmt seinen Wohnort lediglich irgendwo innerhalb der Grenzen eines bestimmten Hofes und weist keine Beziehungenzum Wasser auf. Das grosse, meist schlangenartige Monstrum weilt hin

gegen oftmals in Gewässern, u.a. in Seen.^® Obwohl es beinahe immer — im Gegensatz zu dem sehr volkstümlichen „Schatzdrachen“ — nur inmärchenartigen Erzählungen auftritt, geht aus dem oben angeführtenBrief hervor, dass es manchmal doch auch im wirklichen Volksglaubenseinen Platz gefunden hat.

Wasserwesen, die als Drachen oder Schlangen beschrieben werden,sind überhaupt bei vielen Völkern nachweisbar.“ Solche findet manu.a. in Schlesien,^^ während die Litauer berichten, dass sich der Was

sergeist, wenn er an Land kommt, in eine Ringelnatter verwandelt.-'^

7.

In der Einführung zu den vorliegenden Studien wurde auf die Verwandtschaft hingewiesen, die zwischen dem lettischen und dem estnischen Kulturstil besteht. Obschon zweifellos dadurch verschiedene Ähnlichkeiten auch in der Glaubens weit beider Völker bedingt sind, können nordlettische Vorstellungen vom Wassergeist ab und zu unmittelbar 

vom entsprechenden Glauben der Esten beeinflusst worden sein, derenVolksgut in dieser Hinsicht reicher ist als das der Letten.

In Sammlungen lettischer Sagen finden wir z.B. eine Aufzeichnung,nach welcher der in Südostestland fliessende Vöhandu-Fluss von den

Vgl. ADAMOVIČS, 1940, 246 ff, 356 f.Vgl. beispielsweise  LP T, II, 18, Nr. 4, und 416 ff, Nr. 18: weiter auch XV,  

419, Nr. 9.21  HDA, II, 382 ff.

22 KALAK, 1935, 18.23 SLAVIŪNAS, 1947, 177.

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Esten sowie von den Letten als heilig gehalten wurde und demzufolgePüha-jÖgi bzw. Svētā upe, d.h. Heiliger Fluss, hiess. Die Leute glaubten,dass dort ein Gott oder Geist wohnte, der gutes und schlechtes Wetter,Segen und Hungersnot ebenso wie schwere Seuchen verursachen könnte,

weshalb man ihn mit Opfern bei guter Laune erhalten musste. Wollteman Regen heraufbeschwören, so wurden dem Flussgott allerlei Geschenke ins Wasser geworfen; war schönes Wetter wünschenswert, so

 pflegte man den Fluss und die Quelle, aus der er fliesst, von Schlammund Schutt zu reinigen. Auch die Eschen, die am Ufer des Flusses wuchsen, galten als heilig: wer einen Zweig von ihnen abbrach, musste ster

 ben.^Wir haben leider keine Möglichkeit, mit Sicherheit festzustellen, ob

die angeführte, erstmalig im Jahre 1884 veröffentlichte lettische Auf

zeichnung einer literarischen Vorlage entstammt, oder ob sie damalswirklich auf einer volkstümlichen Grundlage fusste. Wie dem auch sei,ein von J. Gutslaff 240 Jahre zuvor herausgegebenes Buch enthält ausreichende Beweise dafür, dass der Yöhandu-Fluss sowohl von estnischer als von lettischer Seite Verehrung erfuhr. Unter Gutslaffs Gewährsleuten findet man verschiedentlich estnische Bauern und einen „Bawrn mit

 Namen Lettuiske Michel“ . Dieser lettische Michel wohnte nur „einenMussquetenschuss weit“ von der Quelle des VÖhandu und gehörte den jenigen an, die, von ihrem Glauben dazu verleitet, tatsächlich den Flussgereinigt hatten.^

Was Gutslaff durch die ausgefragten Personen ermittelte, entsprichtim grossen und ganzen der oben angeführten Darlegung. Von einemWesen, das wir als einen echten Wassergeist bezeichnen könnten, hatteer jedoch nichts gehört. Einige „Bächenheiliger“, betont er, wusstenselbst nicht, wer durch diese Heiligung beehrt wurde.^ Der lettischeMichel hinwiederum zog folgende Schlüsse: „Die Teutschen sagen/ wir  beten dass Wasser an. Der Teuffel betet dass Wasser an. Weiss aber der 

Teuffel was in dem Brunn und in der Bäche ist dass einem schaden thut/wenn man sie nicht reiniget“. Nach der Behauptung eines estnischen Bauern, Wichtli Jürgen, sei

einmal zu Kriegszeiten „aus diesser Bäche ein Kehrl gekommen/ miteinem blawen vnnd einem gelben Strumpffe“.'^

1 LPT, XIII, 236, Nr. 8.2 GUTSLAFF, 1644, 19, 21. ^ ibidem, 361.^ ibidem, 29.^ ibidem, 28.

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Abbildung 2:  Eine heutige Aufnahme des Vöhandu-Flusses

Höchst interessant ist die Angabe desselben alten Gewährsmannes,

wonach der Kult am Vöhandu-Flusse eigentlich dem Donner galt; der Greis konnte sogar ein dazugehöriges Gebet hersagenWie wir ausanderen Quellen wissen, pflegten die Esten und Letten hin und wieder,den Donner mit der Witterung und daher auch mit der Fruchtbarkeit inVerbindung zu setzen.'^ Bei den Letten finden wir ausserdem eine Sage,wo ihm dieselbe Rolle zugeteilt wird wie sonst dem Regenbogen (s.oben, Abschnitt 6): er schöpft nämlich Wasser aus Flüssen und Seen, umes danach als Regen niederfallen zu lassen.® Inwieweit wir auf Grunddieser Aussagen mit einem magisch-religiösen Verhältnis zu einer Na

turmacht zu rechnen haben und in welchem Umfang mit einer Vorstellung vom Donnergott, mag unerörtert bleiben, zumal es sinnlos wäre,in dem uns allein beschäftigenden Wassergeist einen Ausläufer des Donners zu erblicken.

Trotzdem sei hier ein Seitenblick gestattet, um darauf hinzuweisen,dass im Rahmen des am Vöhandu geübten Kultes, wie man dem Gebet

ibidem, 362 f.

" Vgl. LOORITS, 1949—57, II, 28 ff (Esten);  LKV, XVI, 31644 ff (Letten). ^ IPT , XIII, 224, Nr. 1.

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des Wichtli Jürgen entnehmen kann, auch ein Ochsenopfer verkam.^Dass der Stier einerseits mit Wetter- und Donnergöttern, andererseits mitden Gewässern verbunden wird, ist vielfach belegt. Die bekanntestenBeispiele hierfür stammen aus der antiken Mittelmeerwelt und Klein

asien, wo diese Götter bald auf dem Stier, bald neben ihm stehend abgebildet wurden. Zeus erschien als Donnergott selbst in Stiergestalt; dieMasken des etruskischen Flussgottes zeigen einen älteren Mann mitfeuchtem, triefendem Bart, aber mit den Ohren und Hörnern einesStieres. Bedeutungsvoll ist darüber hinaus noch der Umstand, dass tier-gestaltigen Göttern öfter gerade jene Tiere geopfert wurden, die ihrer theriomorpher Erscheinungsform entsprachen.^®

Ohne eine Analyse vorzunehmen, sei nur erwähnt, dass das angebliche Ochsenopfer am Vöhandu-Flusse sich mit anderen ostbaltischen

und ostslavischen Bräuchen vergleichen lässt. Die Letten in Lettgallen,wie der Jesuitenpater P. Culesius i.J. 1599 berichtete, stürzten jährlichals Opfer für die Gewässer einen Stier von einer Steilwand hinab. Näheres darüber erfahren wir leider nicht. An vielen Orten in Russland, wo der heilige Profet Ilja (Elias) verschiedene Funktionen einesalten Donner- und Wettergottes übernommen hatte,^- wurde am Iljatage,dem 20. Juli, auf gemeinsame Kosten eine Mahlzeit vorbereitet, für dieman eigens einen Stier oder ein Kalb schlachtete und an der mitunter 

die ganze Dorfgemeinschaft teilnahm.Dass es sich dabei um eineFortsetzung und Umgestaltung eines ehemaligen Opferbrauches handelte, scheint kaum einem Zweifel zu unterliegen.

Kehren wir aber zu dem „Kehrl“ mit den zweifarbigen Strümpfenzurück, der einst dem Vöhandu-Flusse entstiegen sei. Die verwickeltenmythologischen, manistischen und ähnliche Versuche zur Deutung dieser Gestalt^^ sind wohl als unzutreffend anzusehen. Eher möchte mansich daran erinnern, dass gewisse übernatürliche Wesen, so beispielsweise die schlesischen Flur- und Wassergeister, in verschiedenfarbigen

Strümpfen und Kleidern auftreten.^^ Eine solche Gestaltgebung der Naturgeister stimmt jedoch weder mit lettischer noch mit estnischer Denkweise überein. Dagegen kann ein anderes Wesen, das sich nur gelegent-

« GUTSLAFF, 1644, 362 f.lö  RGG , VI, 373;  HDA, VIII, 428 f; ALTHEIM, 1951—53, I, 23 f, 26 f, 37. “ FHLSJ, II, 257.

Vgl. HAASE, 1939, 61 ff.AFANAS'EV, 1865—69, II, 256.

1" So besonders bei LOORITS, 1949—57, II, 238 f.15  HDA, VIII, 547; KALAK, 1935, 13 ff 

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lich als ein Naturgeist präsentiert, bei diesen Völkern sehr wohl in der erwähnten Ausstattung gedacht werden. Es scheint mir nämlich, dassJ. Gutslaff — wenn auch unbewusst und nur auf seiner christlichen Voreingenommenheit fussend — das Richtige getroffen hat, indem er den

„Kehrl“ mit dem Teufel identifiziert.^® In echt volkstümlichen Überlieferungen, insbesondere bei den Letten, erscheint der Teufel oftmals ineinem ausgesuchten Modekleid, d.h. als eine Person von Stand, derenwirklichen Charakter zuweilen nur das schlecht verhüllte Schwanzende,die sich hinter dem Hut versteckenden Hörner und noch andere Abweichungen verraten.In lettischen Sagen begegnet man z.B. aucheinem auf dem Wasser in schwarzem Rock und glänzendem Zylinder wandernden Teufel.

Gleichzeitig wissen wir, dass Strümpfe wie die oben beschriebenenim 16. Jahrhundert und wahrscheinlich noch später zur Ausrüstungeines Dandy gehörten. „Die geteilte Kleidung, die sogenannte mi parti“,sagt in diesem Zusammenhang M. von Boehn, „erlaubte jedem Ärmel, jedem Hosenbein, jedem Strum pf eine andere Farbe zu geben, ja für lange, lange Jahre wird diese Anordnung die Regel“ . N o c h mehr: inestnischer sowie in insular- bzw. estlandschwedischer Überlieferungwird eine solche Bekleidung tatsächlich dem Teufel zugeschrieben. Sohören wir, dass auf der Insel Worms der Teufel einmal in einer weiten

Hose erschien, deren eines Bein grün, das andere blau war; bei einemalten Begräbnisplatz ebendaselbst wurde ein Mann „von einem Kerlemit einem blauen und gelben Beine“ verfolgt.^®

 Nach allem Gesagten dürfen wir behaupten, dass der eigentümliche,aus dem Vöhandu-Fluss kommende „Kehrl“ kaum früher als im 16.Jahrhundert in die hier erörterte Tradition eingedrungen sein kann. DieVerehrung des Flusses, seiner Quelle und des an der letzteren befindlichen Haines trägt hingegen ein sehr altertümliches Gepräge und kannsogar schon aus der Zeit vor der Christianisierung des Landes stammen.

Die scheinbar widerspruchsvollen Ergebnisse, zu denen wir gekommen sind, schliessen einander jedoch keineswegs aus. Stätten, wo sicheinmal das Heilige offenbart hat, haben die Eigenschaft, verschiedeneGlaubensvorstellungen „heranzuziehen“, wie in diesem Falle jene von

16 GUTSLAFF, 1644, 30.1 Flierhergehöriges Material verzeichnet STRAUBERGS, 1939—41, 101 f (Estland) 

und 508 f (Lettland).1«  LPT, XIV, 17 f, Nr. 10.

16 BOEHN, 1923, 112.20 RUSSWURM, 1861, 139, Nr. 145,

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einem Gott oder Geist des Flusses, vom Donner — und auch von einem,mnheiligen‘"Wesen in zweifarbigen Strümpfen.

Die Bewohner der Gegend um den V5handu-Fluss sorgten selbstdafür, dass das Flussbett rein wäre und das Wasser unbehindert fliessen

könne. Bei den Liven hören wir in einem ähnlichen Zusammenhang über einen ungewöhnlichen Helfer. Nach einer Überschwemmung erschiennämlich am PitrÖg-Flusse ein stattlicher Mann und reinigte das versandete Flussbett. Er trug grüne Kleider, jedoch merkte man, dass seinKörper mit grauem Haar überwachsen war. Er erklärte, dass er sicheigentlich für die Fische seines Bruders verwendete: wenn es diesen imMeer zu kalt wird, schwämmen sie stromaufwärts in den Fluss, um sichzu wärmen, weshalb man das Flussbett gut im Stande erhalten muss.Der Grüngekleidete wurde „Flussgräber“ oder „Wassermann“ genannt,

gehörte wohl aber mehr zur Volksdichtung als zum religiösen Volksglauben.^^

Dasselbe trifft auf andere Wesen zu, welche die Liven mit den Binnengewässern verknüpf e n . Die an sich interessante und auch im H in blick au f den Glauben anderer Völker wichtige Vorstellung, dass jeder See seinen vakt'  ‘Wächter’ habe,^^ ist unentwickelt geblieben. Der Blick der Liven, bei denen die Wörter  kalàmVed  ‘Fischer’ und rändalist  ‘Strandbewohner’ sogar als Nationalitätsbezeichnungen gebräuchlich

sind, ist stets auf das Meer gerichtet, wo sich dann auch die überhauptgrösste Gruppe der Gestalten ihres Volksglaubens befindet.^^

Die in manchen osteuropäischen Quellen geschilderte wohltuende bzw.schädliche Wirkung verschiedener Gewässer muss häufig auch dann auf ein dort wohnendes übernatürliches Wesen zurückgehen, wenn die einschlägigen Texte weder eine Gottheit noch irgendeinen Geist erwähnen.

Belege, die hierfür von symptomatischem Interesse sind, kommen schonseit dem Mittelalter bei den Ostslaven vor.^ Über die Balten bzw. dieAltpreussen berichtet in seiner 1326 vollendeten Chronik Peter vonDusburg, der selbst noch lebendiges Heidentum in Preussen erlebt habenmuss, dass sie heilige Gewässer hatten, in denen sie nicht wagten Fische

21 LOORITS, 1926—28, I, 130 f.22 ibidem, 129 ff.23 ibidem, 129.

2 ibidem, 111 ff; vgl. auch PATJLSON, 1962 a, 201. 1 Vgl. HA ASE, 1939, 136 ff.

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zu fangen.^ Dieses Tabugebot lässt sich schwerlich anders erklären, alsdass die betreffenden Gewässer einem Gott oder Geist geweiht warenund als dessen unantastbares Eigentum betrachtet wurden.

Hierbei sind auch die Benennungen der Gewässer zu beachten, die in

 baltischen Ortsnamensammlungen Vorkommen.^ Manche von diesen N amen sind offensichtlich aus sakralen Vorstellungen hervorgegangen, bilden aber gleichzeitig eine bisher sehr wenig erforschte Hydronimen-gruppe. Bezeichnend ist, um nur ein Beispiel zu erwähnen, das Vorhandensein von zahlreichen litauischen Hydronimen, in denen die Formalk- vorkommt (Alkupis, Alkus und dergleichen mehr).^ Wie E. Sturmsüberzeugend nachgewiesen hat, kann lit. alkas sowie diesem verwandtelettische und altpreussische Wörter letzten Endes auf die Bedeutung ‘geschützter bzw. unverletzlicher Platz’ zurückgeführt werden.^ Hier wirdalso der Tabubegriff mit einbezogen, und infolgedessen decken sich dieeinschlägigen Orts- bzw. Gewässernamen mit dem Sinn der oben berührten Angabe bei Peter von Dusburg.

Wertvolle Hinweise enthalten die lateinischen Annalen der litauischenJesuiten von 1600. Dort heisst es unter anderem, dass einige Litauer alljährlich am Ufer eines Flusses ein Huhn opferten. Andere triebenwiederum, wenn ihnen ein Kind geboren war, einen Bock an einen See,hieben ihm Kopf und Beine ab und warfen den Rumpf ins Wasser — 

„quo ritu Deo gratias agunt, quod partus sit editus feliciter“ .® Esscheint jedoch klar, dass hier unter  Deus nicht der christliche Gott zuverstehen ist, wenn auch die Leute vermutlich den Jesuiten das vorspiegelten.

Wem die Bock- und Huhnopfer eigentlich galten, lässt sich kaum ermitteln. In einigen Quellen werden freilich angebliche litauische Gottheiten der Binnengewässer erwähnt, jedoch leider ohne sie näher zucharakterisieren. So hatte M. Stryjkowski im 16. Jahrhundert vomUpinis Dewos ( = Upinis dievas) ‘Flussgott’ gehört, dem weisse Ferkel

geopfert wurden, damit das Wasser klar und durchsichtig fliesse.^ Umdieselbe Zeit nennt J. Lasicki den Landseegott Ezernim, d.h. Ezerinis,®

2 PETRUS DE DUSBURG, 1679, 79.3 GERULLIS, 1922 (Altpreussen);  LU EV  (Litauen); ENDZELĪNS, 1956—61, und 

PLĀĶIS, 1936—39 (Lettland).4 Vgl.  LUEV, 4 f, und ŚTURMS, 1946, 26 ff.5 STURMS, 1938, 116 f.6 Der Text bei MAN NHAR DT, 1936, 433.

^ ibidem, 331.® ibidem^ 356.

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über welchen wir sonst nichts wissen.® Bei Stryjkowski begegnen wir aber auch Lituwanis (= Lytuvonis), einem regenspendenden Wesen,dem das Volk weisse, schwarze und gesprenkelte Hühner opferte.^®

Es wäre also am leichtesten, jenes Huhnopfer, von dem sich die Je

suiten im Jahre 1600 eine kurze Notiz machten, mit dem Lytuvonis zuverknüpfen. Nun hat aber J. Balys den Einwand erhoben, dass weder andere Verfasser als Stryjkowski noch die litauische Volksüberlieferungeine solche Gottheit kennen. Nach Ansicht J. Balys’ hatte Stryjkowskidas lettische Wort lietuvēns ‘Alp’ gehört. Da es ähnlich wie lietus bzw.lytus ‘Regen’ klingt, verwandelte er die Alpbenennung in einen Regeng o t t . Z u welchen verblüffenden Ergebnissen die Wirkung eines Wort-anklanges und der Volksetymologie auf religiösen Glauben und Brauchgeführt hat, ist anhand eines vielfältigen Materiales von A. Bertholet

gezeigt wo r den . Tr ot zdem möchte ich mich eines Urteils über die Echtheit oder Unechtheit des Lytuvonis enthalten. Der Umstand, dassStryjkowski nicht nur einen Namen, sondern auch einen Kult erwähnt,kann Stoff zu gewissen Überlegungen geben.

Was nun das Bockopfern anbelangt, so ist dasselbe bei den Balten,in erster Linie bei den Altpreussen und Sudauern, seit jeher verbreitetgewesen, wobei es hauptsächlich, wie auch das oben angeführte litauischeBeispiel zeigt, mit der Fruchtbarkeit zu tun hatte.Wurde der Bock in

Litauen als Dank für eine geglückte Niederkunft in den See geworfen,so ist das nicht unbedingt auf den Kult an einem übernatürlichen Wesen, sondern gleichermassen auf jenen Glauben zu beziehen, nach welchem die Herkunft der Kinder von dem als Lebensträger und Lebensspender geltenden Wasser — von Quellen, Brunnen, Flüssen u.s.w. — hergeleitet wird.^^

Eine erloschene Vorstellung vom Wassergeist spürt man hinter denvielen Sagen, nach welchen die Gewässer, gewöhnlich ein See oder einFluss, zu bestimmter Zeit einen Menschen als Opfer verlangen. Man hört

eine Stimme aus dem Wasser, oder es beginnt von selbst zu brausen und

» Vgl. JAŚKIEWICZ, 1952, 81.10 MANNHARDT, 1936, 330.11 BALYS, 1953, 6 f.12 BERTHOLET, 1940, 370 f.10 Vgl. MANNHARDT, 1936, Register s.v. „Opfer. Bock“, 644, besonders aber 182. 

Über lettische Bockopfer s. FHLSJ, II, 256.1 Vgl.  HDA, IV, 1349 ff; HOLMBERG, 1913, 269 f; ELIADE, 1957, 82 und 76: 

„Der aquatischen Kosmogonie entsprechen auf anthropologischer Ebene die Hyloge-  

nesen, die Vorstellungen, nach denen das Menschengeschlecht aus den Wassern geboren

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zu heulen, worauf ein vorbeigehender Mensch von einer unüberwindlichen Macht ergriffen wird, die ihn in die Tiefe hinabzieht und er-säuft.^^ Ausser dieser Sagenvariante finden wir bei den Letten nochmehrere andere, u.a. auch solche, die mit der Prädestinationsidee ver

knüpft sind. Ein Mensch kann nämlich daran gehindert werden, demzwingenden Ruf der Gewässer zu folgen, jedoch geht sein Schicksaldann etwas später in Erfüllung, indem er durch die leichteste Berührung mit dem Wasser stirbt.^^ Entsprechende Überlieferungen kommenin Litauen und Estland vor.^^

Bisweilen spielen in diesen Glaubenskomplex die Vorstellungen vonsog. unruhigen Toten mit hinein. So wird in einer livländischen Sage angedeutet, dass der bei einer Brücke im Wasser hausende Irreführer eigentlich der Geist eines dort ertrunkenen jungen Mannes war.^^ Ein

anderer livländischer Erzähler behauptet, in einem Tümpel einen gespensterhaften nackten Menschen gesehen zu haben, der mit seiner Hilfeaus dem Wasser herauskommen wollte; hätte der Gewährsmann ihn angerührt, wäre er selbst in die Lage des Nackten geraten.Trotzdemkönnte man anhand zahlreicher Beispiele die Tatsache veranschaulichen,dass die meisten Angaben, die zu dem uns hier beschäftigenden Glau

 benskomplex gehören, letzten Endes auf einen bösen Wassergeist zurückgreifen. Dabei muss man freilich bedenken, dass die boshaften Was

sergeister — wie schon im vorhergehenden gesagt — sich überwiegenddurch Verschmelzung mit Toten und Teufeln entwickelt haben.Obige Ausführungen lassen sich durch eine Überlieferung aus Masu

ren in bezeichnender Weise exemplifizieren, wo wir sowohl die voneinem See ausgehende Lockung als den Prädestinationsgedanken antreffen und gleichzeitig auch hören, dass dies alles in engster Beziehung zumWassergeist topich (zu poln. topić ‘ertränken, versenken’) gestanden hat.Ausserdem sei daran erinnert, dass Masuren ein altes baltisches bzw. alt- preussisch-sudauisch-galindisches Gebiet ist, das erst seit dem 14. Jahr

hundert polonisiert und germanisiert wurde.^® Die jetzige Fassung der Sage ist sicher viel jüngeren Datums als die höchstwahrscheinlich vonverschiedenen Völkern stammenden Motive, die dort angesammelt und

Vgl. beispielsweise  LPT, XIII, 236 f, Nr. 9—10, XIV, 38 f, Nr. 28, und 422,  Nr. 7, XV, 337 Nr. 1;  LtTt T, 145 f.

 LPT, XIV, 197 f, Nr. 5.BALYS, 1948, II, 36; LOORITS, 1949—57, II, 233 ff.

 LPT, XIV, 460 f, Nr. 2. 

ibidem, 379, Nr. 63.-0  LKV, XIII, 26205.

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„synchronisiert“ sind. „Ein Herr“, heisst es in der etwas ungeschicktenAufzeichnung von M. Toeppen, „fährt mit seinem Knecht in einer dunklen Nacht an einem See vorbei, der auch seinen topich hatte. DenKnecht quälte brennender Durst; er wollte anhalten und mit dem Was

ser des Sees seinen Durst stillen. Der Herr kannte die Eigenschaft desSees, Jahr für Jahr sein Opfer zu fordern, genau, und hörte, als er jetztin die Nähe desselben gekommen war, die klagende Stimme des topich auch, welcher sein Opfer forderte. Alle Bitten, den Knecht vom Trinkendes Wassers abzuhalten, waren vergebens; er wollte durchaus seinenDurst löschen. Nur ein Gewaltmittel konnte ihn daran hindern. Diessah der Herr, fasste die Zügel in seine Hand und fuhr im schnellstenTrabe dem nächsten Dorfe zu. In der Schenke liess er dem Knecht einGlas Bier reichen; dieser trank es aber kaum hinunter, so fiel er rücklings hin und starb: seiner Bestimmung entging er also doch nicht, der topich musste sein Opfer haben“.^^

Desgleichen wird in estnischer und insularschwedischer Überlieferung (z.B. auf Nuckö) betont, dass der als Neck benannte Wassermannalle Jahre sein Opfer in die Tiefe hinabzuziehen sucht. Die Situationwird aber genau so geschildert, wie es sonst in Sagen üblich ist, diekeine übernatürliche Gestalt, sondern nur — wie vielfach bei den Letten und Litauern — „Opfer fordernde Gewässer“ erwähnen. Der zum

Ertrinken gezeichnete Mensch geht also wie gebannt unweigerlich seinem Schicksal entgegen, und alle Versuche, ihm zu helfen, bleiben erfolglos.

Der oben betrachtete Glauben ist sowohl den Balten und Slaven alsauch den Finno-Ugriern und Germanen geläufig. O. Loorits hat beimBewerten des einschlägigen estnischen Materiales die Priorität der entsprechenden germanischen Vorstellungen sowie die Bedeutung desdeutschen Einflusses auf ihre Nachbarn hervorgehoben.^'^ Sicher sollteman weder die Vielfalt der nord- und südgermanischen Wassergeist

überlieferung noch das Vorkommen von typisch deutschen Motiven beianderen Völkern unterschätzen.-^ Der ausgesprochen lokale Charakter mancher hierhergehörigen osteuropäischen Tradition deutet jedochdarauf hin, dass sich diese an Ort und Stelle, ohne Anregungen vonauswärts, herausgebildet haben. Die Mutmassung, dass der Wassergeisteiniger Flüsse und Seen in gewissen Zeiträumen ein Menschenopfer ver-

TOEPPEN, 1867, 33 f.2*2 RUSSWURM, 1861, 92, Nr. 91; LOORITS, 1949—57, II, 264 f. 

23 LOORITS, 1949—57, II, 225, 236.21 Vgl. WUTTKE, 1925, 48 ff; SYDOW, 1935, 135 ff.

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langt, kommt ja beispielsweise auch bei den Tscheremissen vor,-^ in deren Glaubenswelt bolgarische, tatarisch-islamitische und russisch-christliche, kaum aber germanische Entlehnungen festzustellen sind.^®

Die bei den verschiedensten Völkern zu findenden Sagen über Seen,

die von einer Stelle an die andere wandern, lassen wir unbeachtet.-^ Eshandelt sich dabei um Naturbelebung,^^ die nur von Fall zu Fall und inziemlich geringem Mass mit einer stärker entwickelten Vorstellung vomWassergeist oder überhaupt mit dem Erlebnis des Numinosen verknüpft ist. Die geisterhaften Gestalten, die zuweilen den wanderndenSee hin und her verlegen,-^ sind eher die Frucht einer dichterischenPhantasie als einer religiösen Erfahrung.

9.

Als Aufenthaltsstätte und Tätigkeitsgebiet des Wassergeistes werdenüberall, wo man an ihn glaubt, in erster Linie Binnenseen, Flüsse undTeiche genannt (die Meeresgeister sind als eine besondere Gruppe hiervonzutrennen). Seltener findet man Angaben, die ihn unmittelbar mitQuellen oder Brunnen verbinden, deren übernatürliche Bewohner — wieetwa die Nymphen und Nixen — vorwiegend dem weiblichen Geschlecht angehören.^

Dass auch Quellen bei den uns beschäftigenden Völkern als Wohnortvon Gottheiten oder Geistern galten, geht aus vielen Belegen hervor.Leider sind die dort geführten Formulierungen meist so allgemein gehalten, dass sie uns kaum gestatten, über die betreffenden Wesen insKlare zu kommen. Man möchte z.B. gern wissen, auf welche Vorstellungen folgende, noch im 17. Jahrhundert in Russland vorkommendeBeichtfrage zurückzuführen wäre: „Hast du nicht ein Geschöpf: Quellen, Brunnen und Seen, Gott genannt?“^ Desgleichen könnte man fragen, wem die Opfer zufielen, welche die Letten nach Aussage verschie-

-5 HOLMBERG, 1926, 60.Vgl. ibiderriy 4 ff.

27 Vgl. HOLMBERG, 1913, 234 f. Zahlreiche lettische Belege in LPT, XV, 416 ff.  Einige unvollständige und gelegentliche Hinweise auch bei THOMPSON, 1955—58, II, D 1641.12, D 2136.4. Es sei hinzugefügt, dass dieser Motivweiser, was Osteuropa  (Litauen ausgenommen) betrifft, beinahe jedes Wertes entbehrt.

28 Vgl. HOLMBERG, 1913, 233 f, und 1926, 77.2» Vgl. z.B.  LTTP, VII: 1, 1284 ff; LOORITS, 1949—57, II, 210 ff.

1 Vgl.  RGG , V, 734.2 HAASE, 1939, 137.

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dener Zeugnisse in die Quellen warfen.^ Zunächst wäre hier an die Ūdensmāte ‘Wassermutter’ zu denken. Sie wird in folkloristischem wie inliterarischem Material erwähnt,^ und auf sie bezieht sich sicher auch dieBezeichnung Mater fontium et fluviorum, die in der Lebensbeschreibung

des in Ostlettland tätigen Jesuitenpaters Th. Kwek (1680—1736) be>wahrt ist.^ Die Feststellung, dass die Wassermutter unter Umständen als„Quellenmutter“ galt, genügt uns aber nicht: sie gehört nicht dem Typvon übernatürlichen Wesen an, die uns an dieser Stelle beschäftigen.

Aus demselben Anlass übergehen wir einen an sich sehr interessantenZyklus lettischer Volkslieder, der über die in einer Quelle ertrunkeneSaules meita ‘Sonnentochter’ berichtet.® Beiläufig kann jedoch die Behauptung aufgestellt werden, dass der Kern dieser Lieder, wo u.a. auchder Mond und der Donner in offensichtlich mythischer Bedeutung ge

nannt werden, von hohem Alter sein mag. Ausserdem würde eine Analyse dieses Stoffes vielleicht zur Klärung der Frage beitragen, ob dieQuellenkulte der indoeuropäischen Völker solarische Anknüpfungen besessen haben. Solche hat L. Spence anhand irländischer Angaben vorausgesetzt, sich aber gleichzeitig mit dem ganz unkritischen „naturmythologischen“ Schluss begnügt: „In this instance we may accept the ex

 planation that the reflection of the sun in the water of the well wasregarded as symbolic of its essence“.'^

 Noch eine Vorstellung, auf die man hier hinweisen muss, ist jene vondem Weltbaum und von der zwischen seinen Wurzeln entspringendenQuelle.® Die oftmals in Wirklichkeit vorkommende Kombination: einheiliger Baum an einer heiligen Quelle, ist das konkrete Ebenbild dieser mythischen Vorstellung. Als ein klassisches Beispiel dazu dient die Eichein Dodona mit der Quelle, die an ihrer Wurzel sprudelte.® Kultstättenvon ähnlicher Beschaffenheit sind auch in Lettland verzeichnet.^® Bereits um 1220 notierte Bischof Oliverus von Paderborn, dass in Livland,Estland und Preussen (d.h. bei den Altpreussen) u.a.  fontes et arbores 

verehrt wurden,^^ obschon er nicht sagt, dass dies an ein und demselben

3 Vgl. KURTZ, 1924—28, 119 5.г;. „Quellen“. " Vgl. ŠMITS, 1926, 7, 25 f.^ FHLS], I, 479.®BW, 33847, 34002 mit vielen Varianten.^ SPENGE, 1948, 38.8 Vgl.  RGG , V, 734; HEILER, 1961, 71, 459.» Vgl. SEGERSTEDT, 1906, 5, 50 f, 53 f.

Vgl. KURTZ, 1924—28, Nr. 116, 132, 229.  Der Text bei MANNHARDT, 1936, 39.

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Ort vor sich ging. Hierhergehöriger Volksglauben neueren Datums, besonders was die sog. Heilquellen betrifft, sollte immerhin mit gebotener Vorsicht untersucht werden. Nicht zu vergessen ist nämlich ein mutmasslicher biblischer Einfluss: der ans Wasser gepflanzte Baum pflegt ja

sowohl im Alten als im Neuen Testament das Urbild der Gesundheitund des Heils darzustellen,^^ — ein Umstand, der synkretistische Erscheinungen veranlassen könnte.

Bisweilen wird die Quelle, wie E. R. Lange hervorgehoben hat, alsAttribut einer Göttin verehrt, so als ihr Kind, ihre Milch oder Träne.^^Dasselbe gilt für den in Osteuropa weitverbreiteten synkretistischenGlauben, wie es mit aller Deutlichkeit aus folgendem weissrussischenHeilsegen hervorgeht, durch welchen die Heiligkeit des Quellenwassers

 begründet wird: „Die hl. Mutter weinte, eine Träne Hess sie auf denBoden fallen . . . Und wohin die Träne fiel, — durchdrang sie die ganzeErde, das Quellenwasser ergab sie. Wer dieses Wasser trinkt, der wirdΛ οη Gott nicht vergessen, von Christo nicht verlassen“. I n Weissrussland konnte sich auch die örtliche Ikone der Gottesmutter an einer Quelle befinden.Die Texte, die von den Letten bei Milchsegen hergesagt wurden, setzen ihrerseits voraus, dass die synkretistische GöttinMä|*a (< hl. Maria) eine wunderbare Quelle besass: man wünschte, dassdie Milch „wie aus Mäfas Quelle“ fliesse.^^

Die wertvollste Schilderung eines lettischen Quellenkultes hat imJahre 1834 Pastor C. Schilling gegeben.^" Seine Aussagen beziehen sichauf eine Heilquelle in der livländischen Gemeinde Tirsen (lett. Tirza).^® Am Johannisabend fanden dort alljährlich grosse Zusammenkünfte statt, an denen Leute teilnahmen, deren Pferde oder Vieh erkrankt oder die selbst mit irgendeiner Krankheit behaftet waren. DieTiere wurden dreimal um die Quelle herumgeführt und, ebenso wie diekranken Menschen, mit dem heiligen Wasser besprengt; man schöpfte

12 Vgl.  RGG, V, 734.1® ibidem. ΐΊ Zitiert nach der Übersetzung von KURT2, 1937—38, II, 25.1 DOVNAR-ZAPOL'SKIJ, 1893, 423. Ebendaselbst auch ausführlicher über weiss

russische Quellenkulte.1« STRAUBERGS, 1939—41, 399; BW, 29181.1" SCHILLING, 1834, 54 ff.1® KURTZ, 1937—38, I, 39. Schilling, der selbst 1822—36 Pastor in Tirsen war 

(vgl. SLOKA, 1925—27, III, 173), nennt nicht die Gemeinde bei Namen. Auch hat er  seine hier betrachtete Sammlung lettischer Volksglauben mit -11- unterzeichnet.

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das Wasser in Gefässe, um es mitzunehmen, u.s.w. Zuletzt wurde einemWesen geopfert, das Schilling als avota saimnieks ‘Eigner der Quelle’und elka dievs ‘Abgott’ bezeichnet: dieser erhielt Geld, Wollfäden, Eier und noch andere Gaben, die ins Wasser geworfen wurdenDieselben

Benennungen wiederholt er später, indem er betont, dass dem von ihmgeschilderten Verfahren und Opfern ein Glaube an den „Abgott“ oder „Eigner“ als Segens- und Gesundheitsspender zu Grunde liegt.-® Aneiner anderen Stelle spricht er dagegen über  lemes dievi ‘Erdgötter’: dieKranken lassen entweder die Fetzen, mit denen sie ihre Verletzungengewaschen haben, oder eine Münze dreimal um den Kopf kreisen undwerfen dann „den Erdgöttern, damit das Übel aufhöre“ die Dinge indie Quelle.^^ Bemerkenswert ist auch die von Schilling erkundete Behauptung, die Quelle „komme von einer alten Kirche und einem altenBegräbnisplatz her“.^^

Schillings Beschreibung widerspricht einer eindeutigen Erklärung: hier haben wir es wieder mit Vorstellungen und Bräuchen zu tun, die sichvielfach überlagern und überschneiden. Uns ist die Tatsache am wichtigsten, dass er zweimal einen  saimnieks ‘Eigner’ der Quelle erwähnt.Dies deutet auf den Glauben an ein Wesen von jenem Typ hin, nachwelchem wir in dieser Studie stets Ausschau halten, d.h. auf den Glau

 ben an einen Eignergeist oder Schirmherrn.

Die  zemes dievi ‘Erdgötter’ sind in manchen folkloristischen Aufzeichnungen und literarischen Werken als Sammelbezeichnung zu treffen, die auf verschiedene Gestalten des Volksglaubens bezogen wird.Schilling hat hier wahrscheinlich gewisse chtonische Geister gemeint.Eine solche Auffassung würde Parallelen bei anderen Völkern finden,welche Quellen und Brunnen zuweilen als Aufenthaltsstätten der Unterirdischen und als Eingang zur Unterwelt betrachten.^^ Auf die Einschaltung des chtonischen Elementes und zugleich auch des Totenglaubens

weist Schillings Erwähnung von „einem alten Begräbnisplatz“ hin. DieVerknüpfung des Quellenkultes mit „einer alten Kirche“ geht hingegensicher auf jenen bei den lutherischen Letten und Esten verbreiteten syn-kretistischen Glaubenskomplex zurück, der die Verwandlung der Orte,

SCHILLING, 1834, 55. ibidem, 57. ibidem, 56.

-^ ibidem, 55.“3 Vgl.  HDA, I, 1677;  RGG , V, 734.

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wo sich einst katholische Heiligtümer befanden, in halbheidnische, Kultstätten nach sich zog.^^

Schwerwiegend ist schliesslich noch die Tatsache, dass die Zusammenkünfte an der Heilquelle zu Tirsen am Johannisabend, d.h. zur som

merlichen Sonnenwende stattfanden. Danach kann die Quelle bereits invorchristlicher Zeit Gegenstand der Verehrung gewesen sein. Darüber hinaus fühlt man sich hier erneut veranlasst, an die oben gestreifte erwägenswerte Verbindung zwischen Quellenkulten und solarischen Mythen zu denken.

Die Tirsensche Quelle war so bekannt und angesehen, dass sie zuJohanni nicht nur von Livländern, sondern auch von Kurländern undsogar von Litauern besucht wurde.^^

Wassergeister, die in den Quellen hausen, darunter ein besonderer Quelleneigner, allika-haldjas, sind bei den Esten häufiger als bei denLetten anzutreffen.^® Trotzdem haben diese Geister nur geringe Spurenin dem estnischen Erzählgut hinterlassen.

In deutschen Texten, die über die Wasserkulte der ostbaltischen undslavischen Völker berichten, ist es oftmals schwer, mit Sicherheit festzustellen, ob die Verfasser eine Quelle oder einen Brunnen im Sinn gehabt haben. Mit dem Wort „Brunnen“ wird ja im Deutschen sowohl einein der freien Natur sprudelnde Quelle als auch eine künstlich gefasste

oder mechanisch erschlossene Wasserader bezeichnet.-^ So bemerkte beispielsweise C. Kelch in seiner 1695 herausgegebenen livländischen Geschichte, dass ihm „unterschiedliche zugeworfene Brunnen gezeiget worden/ wohinein sie vor alters zum Opffer etwas geworffen/ wañ sieRegen verlanget“.^®Hier ist eher an eine Quelle als an einen künstlichenBrunnen zu denken. Man besinne sich auf das oben (Abschnitt 7) beschriebene Verfahren am Vohandu-Flusse, wo sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Wasserkult und einem religiös-magischen Regen

 beschwören offenbarte.

Vgl. BREGŽIS, 1931, Sachregister s.v. „Capellen“ (Letten); LOORITS, 1949—57, III, Namen- und Stichwortregister s.v. „Kapellen“ (Esten). Hier sei hinzugefügt, dass das Wort „Kapelle“ in älteren lutherischen Kirchenvisitationsprotokollen und anderen Dokumenten einen doppelten Sinn haben konnte: es bedeutete ‘(katholische) Tochterkirche’, manchmal aber auch ‘Kirchhof, Gottesacker, Leichengarten’, vgl. hierzu 

ADAMOVIČS, 1933, 468.25 SCHILLING, 1834, 56.26 LOORITS, 1949—57, II, 217, 228, 246.

2-  HDA, I, 1672.28 KELCH, 1695, 29.

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Von einem künstlichen Brunnen, lett. aka, ist dagegen die Rede in der lettischen Zeitschrift  Latviska Gada Grāmata^  wo sich im Jahrgang1797 folgende Notiz findet: „Ist ein Kind in einen Brunnen oder insWasser gefallen, so glauben alte Leute nach wie vor, dass dieser Brun

nen oder Fluss eine Seele erbeuten wollte. Deshalb muss man an demselben Ort einen Hahn oder ein anderes Tier schlachten und das Blutdarein träufeln, damit kein Mensch mehr dort hineinfalle und erträn-ke“.^^ Höchstwahrscheinlich ist dies als Beschreibung eines prophylaktischen und stellvertretenden Opfers an ein allem Anschein nach gefährliches Wesen aufzufassen. Gleichzeitig konnte aber auch hier ein magischer Hintergedanke mit im Spiel sein, denn das Blut, und besonders dasHahnenblut, gilt allenthalben als ein vortreffliches Apotropäum.^®

Vom Brunnen als Aufenthaltsort übernatürlicher Wesen findet man bei den Letten Anschauungen, die — wie es ja im Volksglauben herkömmlich ist — in direktem Gegensatz zueinander stehen.

So hat ein Kurländer, R. Vulfs, dem Märchen- und Sagensammler A.Lerchis-Puskaitis erzählt, dass er als Knabe einmal Wasser aus demHausbrunnen zog und es danach wieder zurückgoss. Seine Mutter hätteihn deshalb durchgeprügelt und gesagt, dass man so etwas nicht tundürfe, weil man sonst der Laimas māte ‘Mutter Laima’ das Wasser indie Augen sprenge.^^ Hieraus geht deutlich hervor, dass die manchmal

als Mutter benannte Göttin Laima, die sich an verschiedenen Stellen desBauernhofes aufhalten konnte,^^ auch unmittelbar mit dem Brunnenverknüpft wurde.

Christliches Gepräge trägt die Vermutung, dass „der Brunnen voneinem Engel Gottes gegen den Teufel geschützt wird“.^^

Mitunter hören wir aber, dass der  velns ‘Teufel’ einen Brunnen alsAusgang aus der Jenseitswelt und Eingang in dieselbe benutze,^^ oder dass er sich, im Brunnen hausend, in einen Fisch verwandle.^^ Dieletztere Vorstellung kann gegebenenfalls auf den synkretistisch zer

setzten Glauben an einen theriomorphen Brunnengeist hinweisen.Bei den Litauern begegnen wir einem Szullinys (= Sulninys), der,

wie M. Praetorius im 17. Jahrhundert notierte, „den Brunnen vor-

29  LTT, 571.39 Vgl. SCHEFTELOWITZ, 1914, 41 ff.31  LTTP, VII: 1, 361, Nr. 3.32 Vgl. BIEZAIS, 1955, 172 ff.33  LTT, 559.

34  LPT, III, 127 f, Nr. 1.35  LTT, 32411.

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steht“ . ® In Estland hat jeder Brunnen einen besonderen Geist oder Eigner, kaevu-vaim bzw. kaevu-haldjas, jedoch liegt über diese Gestalten, ebenso wie über die Quellengeister, keine genauere Überlieferung vor.^^ Unvorsichtige Kinder pflegen die Esten mit dem Brunnen

gespenst, kaevH-kol'ly zu schrecken;^® dieser spielt also dieselbe Rolle wiedie grosse, langhaarige Brunnenmutter, kouv-jema, bei den Liven^^ undder im vorhergehenden (Abschnitt 2) betrachtete Büzelis bei den Letten.

Sowohl bei den Letten und Litauern als bei den Esten galt die Sitte,dass eine neu vermählte Frau durch das Haus und den H of ihres Gattenwanderte und an allen wichtig erscheinenden Stellen kleine Opfer niederwarf. Bei dieser Wanderung wurde auch der Brunnen nicht vergessen.^^ Dies deutet auf den Glauben an ein dort weilendes Wesen hin,denn es war die Absicht der Frau, mit den Opferwürfen die Gunst aller über ihr neues Heim waltenden Gottheiten und Geister zu gewinnen.^^

Es gibt auch amtliche Bestätigungen, dass den Gewässern, darunter den Brunnen bzw. Quellen, im alten Livland eine grosse sakrale Bedeutung zufiel. Hier kann z.B. eine von Generalgouverneur J. J. Hastfer auf dem Schloss zu Riga am 4. Oktober 1693 gegebene Verordnung gegen „Abergl. Opffer‘‘ erwähnt werden, wo allerlei Opferungen, auchsolche, die sich bei „Ströhmen/ Bächen/ Brunnen“ vollzogen, scharf verurteilt wurden.^^-

10.

Schon am Anfang unserer Studie wurde bemerkt, dass die ausführlichsten Nachrichten über den lettischen Wassergeist vom östlichen Teildes Landes, nämlich aus Lettgallen (Latgale), stammen. Vor allem ist indieser Hinsicht ein längerer Bericht, der im Jahre 1935 von O. Svenneerstattet wurde, beachtlich. Es ist höchst bedauerlich, dass dort nirgends Gewährsleute oder Quellen erwähnt sind.^ In grossen Zügen dek-

ken sich diese Angaben mit dem Inhalt eines Aufsatzes, in dem N. Niki-forovskij 1907 die entsprechenden Glaubensvorstellungen der Weiss-

36 M. Praetorius bei MANNHARDT, 1936, 545.37 LOORITS, 1949—57, II, 217, 228.3® ibidem y 228.3ö LOORITS, 1926—28, I, 130.46 BW, 111:1, 7, 17, 24, 37, 45, 48 u.a.m. (Letten); BALYS, 1946, 29 (Litauer);  

BOECLER, 1685, 670 (Esten).44 Vgl. JOHANSONS, 1964, 109 ff.

42  Lie ff ländische Landes-Ordnungen, 1707, 571.4 Vgl. JOHA NSON S, 1964, 38 f.

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russen schildert und von dem noch die Rede sein wird. Dabei werdenwir aber auch finden, dass diese Übereinstimmungen nicht erschöpfendgenug sind, um Svennes Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen. Beginnenwir also damit, dass wir das Wichtigste aus seiner Darstellung wieder

geben.Das uns interessierende Wesen wird in Lettgallen ūdens gars ‘Wasser

geist’ oder  virnieks (zu lett. virs ‘Mann’ oder russ. und wruss. virnik  ‘Strudelmann’?) genannt. Dieser Geist offenbart sich als ein grauer alter Mann mit keilartigem Kopf, breitem Bart und herabhängendem Bauch.Seine Beine sind unverhältnismässig lang, zwischen den Fingern hat er Schwimmhäute. Sein Körper ist gleichsam wie mit glattem Ffaar bewachsen, jedoch besteht diese Hülle eigentlich aus Wassertropfen,Schlamm und Entengras. Bleibt der Wassergeist so lange auf festem

Land, bis das Wasser abrinnt und die Schlammhülle abfälit, so kann er nicht mehr in sein nasses Element zurückkehren, sondern er stirbt amUfer, wo man danach nur einen Haufen Schlamm und Wassergewächsevorfindet. Wirft aber jemand diese Überbleibsel ins Wasser, so erwachtder Wassergeist wieder zum Leben und erweist sich seinem Retter stetsdankbar, indem er ihn nie ertrinken lässt. Die Lieblinge des Wassergeistes dürfen auch sein Unterwasserreich besuchen, das in bläulichemSchimmer erglitzert. Ihm selbst bereitet es viel Vergnügen auf einem

Wels zu reiten. Im ganzen gesehen ist der Wassergeist ein boshaftes Wesen. Er verheddert und zerreisst den Fischern die Netze, beschädigt dieMühlendämme, sucht im Frühling den Eisgang zu hemmen, trägt dieBrücken hinweg. Am meisten befleissigt er sich aber des Unterfangens,Menschen zu ertränken. An heissen Sommertagen taucht er halb aus demWasser auf und ruft: „Einen Mund hat man, aber nichts zu fressen!“Er lauert den Badenden auf und versucht, sie in die Tiefe zu locken.Auch Tiere werden von ihm nicht verschont: er legt sich denselben auf den Rücken und drückt sie mit seinem Gewicht herab. Fängt der Was

sergeist an zu toben, ist es äusserst gefährlich, auf einem See oder Flusseine Fahrt zu unternehmen: dann bringt er nämlich Boote zum Kenternund reisst sogar am Ufer stehende Menschen ins Wasser. Ertrinkende pflegt er damit zu foltern, dass er sie Atem holen lässt, nur um siedarauf hinwieder in den Schlund zu ziehen. Wenn er die Seele eines Ertrunkenen erbeutet hat, überlässt er dessen Körper den Egeln, Krebsen,Fischen und Wasserkäfern. Die Seele wird dem Wassergeist untertan.Alle Wassergeister zeichnen sich dagegen nicht wie der bisher geschilderteaus. Oftmals hört man auch von einem bejahrten Mann mit wassergrünem Bart und einem langen, schuppigen Fischschwanz. Die Merkmale

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dieses halbanthropomorphen Geistes sind hauptsächlich durch Wollustgekennzeichnet, weshalb Frauen und Mädchen sich vor ihm hüten müssen. Die Unzucht verübt er jedoch vorzugsweise mit Selbstmörderinnen,die in eine Art Nixen verwandelt werden. Aus diesen Verbindungen ent

stehen viele kleine Wassermännchen, an und für sich meist ganz harmlose Wesen, die immerhin mit der Genussucht ihres Vaters erblich belastet sind. Besonders im Frühjahr, wenn die Flüsse aus ihrem Bett treten, schweben sie, auf Frauenjagd, aus der Tiefe empor. Nach der Überschwemmung bleiben sie auf den Sandbänken liegen, um daselbst inErmangelung von Feuchtigkeit bald zu verdorren und zu verenden.Zahlreiche dieser Geschöpfe werden ihrer Liederlichkeit wegen vonihren Müttern, den Wasserfrauen, umgebracht.^

Ergänzende Angaben über den lettgallischen Wassergeist finden wir in einer Aufzeichnung aus Ossun (lett. Asüne), die folgenden Wortlauthat; „Der Wassergeist sieht wie ein alter Mann aus. Er haust in Flüssen,Seen oder Sümpfen und ernährt sich von Fischen. Tagsüber zeigt er sich nirgends und verlässt das Wasser nur in der Nacht. Er duldetkeinen anderen Geist in seiner Nähe. Badende fasst er an den Beinenund zieht sie in Strudel — vor allem Leute, die sich nicht bekreuzigen, bevor sie ins Wasser gehen. Am häufigsten geschieht dies in der Mittagsstunde und um Mitternacht. Auch ITaustiere werden von ihm in Schrek-

ken versetzt und manchmal ersäuft. In stillen Nächten pflegt er ineinem leeren ruder losen Kahn zu fahren. Zauberer besuchen ihn um

Mitternacht und empfangen von ihm Wasser, das sie als Arznei gegenverschiedene Krankheiten verwenden. Wasserjungfrauen stehen imDienst des Wassergeistes’’.^

Schon von vornherein ist ersichtlich, dass viele teuflische Züge auf den lettgallischen Wassergeist gemünzt sind. In diesem Zusammenhangdürfte es nicht uninteressant sein, folgende Auszüge aus O. Svennesumfangreicher Schilderung der lettgallischen Teufel anzuführen: „Viele

von ihnen (d.h. den Teufeln. A.J.) sind in Gewässern — Seen undTeichen — zu finden, wo sie entweder auf Frauen, die dort ihre Wäschespülen, oder — im Sommer — auf Badende warten. Dann springen sierasch aus dem Wasser und erscheinen als allerlei verführerische Gegenst änd e.. . Vor etwa zwanzig Jahren (um 1915. A.J.) sahen gewisseLeute, wie der Teufel aus einem Fluss hervorschlich; er war zweiFuss lang, trug einen schwarzen Flut, ritt auf einem Espenzweig, fuhr 

SVENNE, 1935, 254 f.  LTT, 31372.

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aber dann in einem Nachen umher. Sobald man ihn erwischen wollte,verschwand er unter einen Stein. Danach ertranken in diesem Flussetliche Menschen, die dortige Brücke stürzte ein, und ein Händler (der sich dem Teufel überantwortet hatte) warf sich in den Strom“.

Die lettgallischen Wassergeister sind jedoch nicht nur mit den Teufelnverstrickt, sondern sie weisen auch deutliche Spuren fremder Beeinflussung auf. Lettgallen war stärker als andere Gebiete Lettlands demslavischen Einfluss ausgesetzt, was teils durch die geographische Lage,teils durch politische Verhältnisse und die dadurch bedingten Veränderungen des ethnischen Bildes erhellt. Kennzeichnend hierfür ist z.B.,als das Ergebnis einer längeren Entwicklungsperiode, die Einwohnerstatistik von 1930: von allen Einwohnern Lettgallens waren damals57 ^/o Letten, 27 ' /o Russen, 4 ®/o Weissrussen, 6 Vo Polen.^ „Der heutigeWanderer“, schrieb L. Mackensen im Jahre 1938, „der manches von der Besonderheit der Lettgallen gelesen, mehr noch von ihrer Absonderlichkeit gehört hat, ist erstaunt, eine einheitliche Bevölkerung nicht feststellen zu können“.®

Die genannten Umstände haben auch im lettgallischen Volksglaubenihren unvermeidlichen Niederschlag gefunden, wobei die Vorstellungenvom Wassergeist keine Ausnahme bilden. Es wurde bereits erwähnt, dassdie oben wiedergegebene Übersicht von O. Svenne stark an eine ähn

liche, die Weissrussen betreffende und von N. Nikiforovskij verfassteAbhandlung erinnert. Dieser hatte seine Aufzeichnungen im Gouvernement Witebsk gemacht. In der Zeitspanne von 1802 bis 1917 gehörteaber auch Lettgallen zu demselben, überwiegend von Weissrussen bewohnten Gouvernement.^. Es liegt auf der Hand, dass zu dieser Zeiteine weitgehende, wenn auch schon früher eingesetzte Überwucherungder ursprünglich lettischen bzw. lettgallischen Glaubensvorstellungen erfolgte. So konnte schliesslich der einfache Lettgaller kaum mehr zwischenselbst Hervorgebrachtem und Angeeignetem unterscheiden.

Bei Nikiforovskij, wie bei Svenne, begegnen wir einem Wassergeistin der Gestalt eines alten bärtigen Mannes mit aufgedunsenem Bauch

^ SVENNE, 1935, 241, 244.5  LKV, X, 20129. e MACKENSEN, 1938, 32.^ Vgl. hierzu im allgemeinen ŠVĀBE, 1958, 12 f und  passim. Obwohl die Anzahl 

der eigentlichen Weissrussen in Lettgallen nicht gross war, spielten gerade sie bei der Denationalisierung der dortigen Letten eine hervortretende Rolle. Über diese kom

plizierte Erscheinung, die sowohl durch politische als religiöse Faktoren bedingt war,  vgl. PLENSNERS, 1928, 122 ff.

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und unverhältnismässig langen Beinen. Er hat Schwimmhäute zwischenden Zehen, und sein Körper ist mit einer Schlamm- und Wasser

 pflanzenhülle überwachsen. Wird diese auf festem Lande trocken,schrumpft er zusammen, erwacht aber erneut zum Leben, sobald seine

ausgedörrten Reste ins Wasser geraten. Auch ansonsten vernehmen wir von Nikiforovskij Einzelheiten, die sich bei Svenne wiederholen. Der weissrussische Wassergeist reitet auf einem Wels und drangsaliert dieMüller und Fischer; er ertränkt Badende, überlässt die Leichen denEgeln, Wasserkäfern und Krebsen, behält aber die Seele in seinenDiensten; er ist auffallend lüstern und hegt eine Vorliebe für Selbstmörderinnen, mit denen er die kleinen, geilen Wassermännchen erzeugt, u. s. w.^

Dass Svenne das von Nikiforovskij gesammelte und veröffentlichteMaterial gekannt und teilweise auch ausgewertet hat, steht ausser allemZweifel. Die Übereinstimmungen sind nicht auf die Schilderung desWassergeistes beschränkt, sondern finden sich ebenfalls in den Angabenüber andere übernatürliche Wesen. Trotzdem scheint es mir kaumglaubhaft, dass Svenne solche Vorstellungen willkürlich auf Lettgallenausgedehnt hat, die bei Lettgallens Bevölkerung, so heterogen diese auchsein mochte, jeder Grundlage entbehren. Ausserdem geht er auf gewisseDetails ein, die bei Nikiforovskij nicht Vorkommen. Nikiforovskijs Be

trachtung des weissrussischen Volksglaubens ist viel ausführlicher undenthält auch manche Aussagen über den Wassergeist, die im Obigen nicht berührt werden.

Die weissrussischen Wassergeister pflegen sich auf Abstand voneinander zu halten. Deswegen beherbergen alle Gewässer — Seen, Teiche,Flüsse, Tümpel, Brunnen — gewöhnlich bloss je einen Wassergeist;mehrere hingegen tun sich bei den Mühlen zusammen, und zwar je nachAnzahl der Wasserräder, auf denen sie auch dann bequem sitzen, wenndiese im Gange sind. Insgemein weilen jedoch die Wassergeister tagsüber 

in der Tiefe. Eine fieberhafte Tätigkeit auch am lichten Tage entwickeln sie nur in der Woche vor dem Iljatage (dem 20. Juli), zu welcher Zeit sie besonders gefährlich sein können. Der weissrussische Wassergeist vermag nicht Pfiffe zu ertragen; durch Asche aber, die ihm jemand ins Wasser streut, wird er vergiftet und kommt um.^

Alle diese Angaben lassen sich nicht ohne weiteres miteinander inEinklang bringen. Da der Wassergeist von den Weissrussen als ein vor-

NIKIFOROVSKIJ, 1907, 75 ff. ibidem, 77  f.

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wiegend boshaftes Wesen aufgefasst wird, wäre seine Unruhe vor demIljatage durch Furcht vor dem heiligen Profeten zu erklären. Wie schonzurückliegend (Abschnitt 7) bemerkt, hatte Ilja bei den Ostslaven ge-wissermassen die Rolle eines alten Donner- und Wettergottes übernom

men, der seine Pfeile bzw. Blitze „auf den Unreinen*' aussandte.^® Desgleichen wird die Asche bei den verschiedensten Völkern als ein Abwehr- und Heilmittel betrachtet.^^ Pfeifen dagegen bewirkt im allgemeinen das diametrale Gegenteil von dem, was Nikiforovskij behauptet:dadurch bannt man keineswegs böse Geister, sondern ruft sie herbei.

 Nikiforovskijs Bericht über den Wassergeistglauben im Gebiet vonWitebsk ist durch Aufzeichnungen zu vervollständigen, die zu Anfangdes 20. Jahrhunderts bei den Weissrussen im Gouvernement Smolensk gemacht wurden. Nach der dortigen Vorstellung erscheint der Wasser

geist als ein altes Väterchen, dem der Bart bis zu den Knien reicht. Zuweilen ist er halb Mensch, halb Fisch; auch kann er die Gestalt jedes

 beliebigen Fisches annehmen. Er besitzt ein prächtiges Unterwasserschloss. Zu bestimmten Tages- und Nachtzeiten verlässt er diese seineAufenthaltsstätte und lauert auf dem Grunde des Flusses oder Sees, gewöhnlich in der Nähe eines Strudels, auf seine Beute. Es ist mit Gefahr verbunden, einen Ertrinkenden zu retten, d.h. dem Wassergeist seinOpfer zu entreissen, denn dadurch kann man ihn erzürnen. In gleicher 

Weise wie manche uns schon bekannte Geister, ersäuft er badende Menschen, am häufigsten mittags oder um Mitternacht, verwandelt ertrunkene Mädchen in Nixen, hat es viel mit den Mühlen und Müllern zutun. An sumpfigen Orten erscheint dieser weissrussische Wassergeist (der von dem eigentlichen Sumpfgeist zu unterscheiden ist!) als ein buckliger und bärtiger alter Mann; er hat Schwanz und Beine, die denjenigen einer Kuh ähneln. Man sieht ihn entweder direkt im Wasser oder irgendwoam Wasser als ein graues Monstrum, das sich auf allen Vieren bewegt.

Im vorhergehenden haben wir schon wiederholt Vorstellungen und

Riten berührt, die mit dem russischen Wassergeist, vodjanoj, in Verbin-

*0 HAASE, 1939, 63.Vgl.  HDA, I, 611 ff.Vgl. die verschiedenen Belege in  HDA, VI, 1579 f, und folgende Bemerkungen, 

ibidem, 1586: „Gegenüber dieser ausgedehnten Verwendung des Pfeifens im Lock- zauber sind Belege über damit getriebenen Abwehrzauber sehr spärlich, und es ist  die Begründung für die darin zutage tretende dämonenvertreibende Kraft des Pfeifens  auch meist nicht in diesem selbst, sondern in Nebenumständen zu finden. Wenn in Böhmen am 30. IV. gepfiffen wird, um die Hexen zu verscheuchen, so ist dies ein  

vielerorts mit allerhand anderen Instrumenten bewerkstelligter Lärmzauber“. DOBROVOL'SKIJ, 1908, 11 f.

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dung stehen. An dieser Stelle sei noch eine ergänzende und mehr oder weniger zusammenfassende Charakteristik gegeben, die uns u.a. erläuternwird, dass der lettgallische Wassergeistglauben offensichtlich auch vonrussischer Seite, vielleicht am stärksten von Einwanderern, Einflüsse

empfangen hat.Der russische Wassergeist haust in allerlei Gewässern, doch haupt

sächlich in Strudeln und in der Nähe von Mühlen, sowie in sumpfigemGelände. Meist sieht er wie ein alter grauer Mann aus — sehr oft nackt,seltener in ein rotes Hemd gekleidet. Er pflegt aus dem Wasser zu steigen und auf einem Steg zu verweilen, um sich zu waschen und seinenBart zu kämmen. Bisweilen ist er mit Schlamm und Entengras überwachsen. Er kann auch als Mensch erscheinen, doch mit einem Fischschwanz an Stelle von Beinen. Fische, Frösche, ausserdem noch Nixen

(russ. rusałki) und Ertrunkene unterliegen dem Willen des vodjanoj. Man behauptet ebenfalls gesehen zu haben, wie er eine aus Krebsen bestehende „Herde“ von einem See zum anderen hinübertreibt. Menschengegenüber ist er im grossen und ganzen feindlich eingestellt. Gewaltsamversucht er. Badende in die Tiefe zu locken und zu ertränken; wer zur Mittagszeit oder um Mitternacht badet und sich vor dem Baden nicht bekreuzt, ist von ihm besonders bedroht. Dagegen gibt es Müller, mitdenen er in Frieden und Freundschaft lebt; man weiss sogar von Mül

lern zu berichten, die allnächtlich in die Tiefe hinabtauchen, um denWassergeist einen Besuch abzustatten. Weniger oft unterhält er mit denFischern freundschaftliche Verbindungerf; diesen zerreisst er mitunter die Netze.^^

In der russischen Volksüberlieferung tritt der vodjanoj natürlich nichteinheitlich auf. Er wird beispielsweise auch als alter Mann mit geschwollenem Bauch und schwammigem Gesicht geschildert;^^ nach anderen Beschreibungen hat er wiederum einen grünen Bart und grüne Haare,oder ist überall mit weisser Wolle bedeckt.^® Die Ertrunkenen werden

dem Wassergeist untertan; Mädchen werden entweder zu seinen Frauenoder zu Nixen. Man hat Erzählungen vorliegen von kristallenen Palästenim Wasser, wo der  vodjanoj hausen soll. Oftmals sieht man in ihm denAnstifter von Stürmen, die auf dem einen oder dem anderen Seewüten.

UŠAKOV, 1897, 160 f.15 AFANAS'EV, 1865—69, II, 237. 

le HAASE, 1939, 145.1’ ZELENIN, 1927, 389 f.

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Die Kontamination zwischen den Vorstellungen vom Wassergeist undTeufel ist bei den Russen und Weissrussen, wie bereits rückgehend inunserer Studie festgehalten wurde, durchaus spürbar. Eine ganz undurchsichtige Gestalt hatte sich schon zu jener Zeit, als mit der Erfassung der 

Volksüberlieferungen ernsthaft begonnen wurde (d.h. etwa in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts), aus dem weissrussischen Wassergeistentwickelt. Nur einige Momente, wie etwa seine halbwegs oder gänzlichtheriomorphe Offenbarungsform und sein Reiten auf dem Rücken einesWelses, lassen uns ahnen, dass diese Entwicklung im Geist von Eigner-

 bzw. Schirmherrschaft über die Gewässer und Fische ihren Ausgangs punkt gehabt haben muss. In dieselbe Richtung weisen mehrere weitereMerkmale, die im oben gegebenen Charakteristikum des russischen Wassergeistes zum Vorschein kommen. Der  vodjanoj ist der Herrscher oder 

sogar ein im kristallenen Schloss wohnender „König“ über die Gewässer und die dort verborgenen lebenden und geisterhaften Wesen. Die Behauptung, dass er Krebse von einem See zum anderen hinübertreibe,stimmt völlig mit der Vorstellung von einem Schirmherrn überein:Fische und allerlei Wassertiere gelten ja, wie wir mehrfach gesehen ha ben, beim übernatürlichen Eigner der Gewässer als ,,Haustiere“ .

Bei dem ukrainischen Wassergeist, vodjanyk, konnten wir zurückgreifend (Abschnitt 5) Merkmale erkennen, die ihn als einen „Herrn“

der Fische, gleichzeitig aber auch als eine Art Trickster charakterisieren.Häufig tritt er dennoch als ein diabolisiertes, den russischen und weissrussischen Wassergeistern verwandtes Wesen auf. Als eine wichtigeEigentümlichkeit muss notiert werden, dass der vorwiegend anthropomorphe oder fischschwänzige vodjanyk  mitunter auch Flügel hat. Gelegentlich erscheint er als ein grosser Fisch, ein Bock oder als eine Katze.Entfachen die Fischerleute am Ufer ein Feuer, kommt er aus dem Wasser gekrochen, um sich zu erwärmen. Im übrigen schreiben ihm die Ukrainer dasselbe Gebärden zu wie andere Ostslaven: er pflegt an Mühlen zuweilen, lauert den Badenden auf, verehelicht sich mit ertrunkenenFrauen, die ihm danach Kinder gebären, u. s. w.^® Manchmal belustigtsich der  vodjanyk  damit, dass er Trunkenbolde ins Moor hineinlockt.^^ Nach einem sekundären, obzwar in ukrainischer Volksüberlieferung erwiesenen Deutungsversuch entstehen die Wassergeister aus Ertrunkenen,die immer weiter im Wasser liegen und unbeerdigt geblieben sind. Die

P. IVANOV, 1893, 60; HNATJUK, 1912, XXI f. P. IVANOV, 1893, 60.

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Seele solcher Unglücklichen nimmt die Gestalt eines weissen Hundes an,weilt jede Nacht an dem toten Körper, stöhnt, pfeift und heult.^®

Wie dem auch sei, man kann wohl S. Tokarev recht geben, wenn er den ostslavischen Wassergeist typologisch mit dem Waldgeist, lesij, ver

gleicht und hinzufügt: „Bei jenem, wie auch beim Waldgeist, ist dasElement der Vorstellung vom Geist des Besitztums der Natur und Herrschaft über ihre lebenden Wesen zu beobachten. Er stellt dem Fischer den Fang zu, ebenso wie das von den Eignergeistern der Flüsse und desMeeres für die Wildbeuter des Nordens getan wird. Das genannte Element spielt jedoch in der Vorstellung von dem Wassergeist eine ganzuntergeordnete Rolle, weil ja die Fischerei selbst in der Wirtschaft der Ostslaven eine beiläufige Rolle spielt. Für den Ackerbauer ist der Wassergeist in erster Linie die Verkörperung der Gewässer, einer gefähr

lichen Naturgegebenheit mit ihren grundlosen Tiefen, Gruben, Strudeln,wo Leute so oft ertrinken. Somit wird das Ertränken der Menschen zur vordringlichsten Beschäftigung des Wassergeistes”.^^

Gewisse Anschauungen über den Wassergeist und seine Tätigkeit sindallen Slaven gemeinsam. Bei einer Gegenüberstellung des oben angeführten ostslavischen Materiales und, beispielsweise, Angaben aus der Tschechoslowakei finden wir eine ganze Reihe von Übereinstimmungen,die sich auf die Gefährlichkeit des Geistes, auf die für Badende kriti

schen Stunden und dergleichen mehr beziehen.^^ Dasselbe kann in nochgrösserem Ausmass anhand der reichen Volksüberlieferungen aus Polenund dessen Randgebieten festgestellt werden.^^

Wenn wir jetzt nochmals zum lettisch-lettgallischen Wassergeistglauben zurückkehren, so wäre es verfehlt, dessen Entwicklung einzigals Ausschlag fremder Beeinflussung zu deuten. Es musste dafür einevorhandene Voraussetzung bestehen, und für eine solche hat bereits die

 Natu r selbst gesorgt, da Lettgallen viel reicher an Binnengewässern istals die übrigen Gebiete Lettlands. Dass die lettgallischen Bauern auch

andere, allem Anschein nach ursprünglichere Wasserwesen als den boshaften Wassermann kannten und verehrten, geht aus mehreren Aufzeichnungen der unter ihnen tätig gewesen Jesuiten hervor. Die in der Le

 bensbeschreibung des Paters Th. Kwek zu findende Notiz über die

ibidem, 63.21 TOKAREV, 1957, 86 f.22 Vgl. GROHMANN, 1864, 11 ff.2 Sehr reiches hierhergehöriges Material enthalten die in Krakau herausgegeben 

Reihen  Zbiór wiadomości do antropologii krajowe], 1880 ff, und  Materiały antropo- logiczno-archeologiczne i etnograficzne, 1896 ff.

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Quellen- und Flussmutter, Mater fontium et fluviorum, hat bereits zurückliegend Erwähnung gefunden. J. Stribingius berichtete im Jahre1606, dass die Lettgaller einen Gott hatten, der ihnen Fische gab — „habemus deum, qui nobis pisces dat“.-^ Näheres über dieses Wesen er

fahren wir leider nicht.Slavische Vorstellungen vom Wassergeist haben nicht nur den lett-

gallischen Glauben beeinflusst, sondern sind auch in Litauen Spuren davon zu entdecken. So erzählen die Litauer, dass in gewissen Seen undFlüssen ein traukutis oder  skenduolis hause. Das erste Wort bedeutetetwa ‘Hinabzieher’, das andere sowohl ‘Ertränker’ als ‘Ertrunkener’.Die Versuche, Menschen zu ertränken, sind auch, wie es scheint, als dieeinzige Obliegenheit dieser beiden Geister aufgefasst worden. Über den

 skenduolis wird noch erzählt, dass er ein kleines, dünnes, menschenähnliches Geschöpf sei; sein Kopf sehe wie eine Kapuze aus, er habe eine

 bläuliche Haut und einen sehr langen Schwanz.^^ Etwa zu demselbenTyp gehört ein litauischer Bachgeist, der Männern auflauert, die einenSchluck Wasser zu sich nehmen wollen; solche Menschen packt er amBart und lässt sie nicht los, ehe sie ihm nicht eine Gabe versprechen.-^

Das letztere Motiv kommt auch bei den Letten vor, jedoch ist es hier der  velns ‘Teufel’, der den Trinkenden am Bart packt.^^ Gewisse Elemente, die im slavischen Volksglauben dem Wassergeist eigen sind, haben

in Lettland Anknüpfung an die Üdens māte ‘Wassermutter’ gefunden, so beispielsweise der vermutliche Trieb, Leute zu ertränken, die nach Sonnenuntergang baden.^®

I. Paulson, der anhand des finnisch-ugrischen Materiales die Wassergeister als Schutzwesen der Fische betrachtet hat, weist darauf hin, dassman hierbei mit zwei Kategorien von übernatürlichen Gestalten rechnenmüsse. In die erste Gruppe wären solche Wesen einzureihen, die direktaus der Fischwelt, d.h. aus den Fischen bzw. aus einzelnen Fischarten,hervorgegangen sind, in die andere dagegen „die Wassergeister, d.h. N a

turwesen der verschiedenen Gewässer, oder das Wasser (bzw. die Gewässer) selbst als Schutzwesen der Fische“.-^ Obwohl ich kaum Jemalsdas Wasser bzw. die Gewässer schlechthin als „Schutzwesen“ bezeichnen möchte, ist diese Zweiteilung, soweit sie den LFnterschied zwischen

24 FHLS], II, 106.25 SLAVIONAS, 1947, 177 f.2® ibidem.27 STRAUBERGS, 1939—41, 558.

28 i r r , 31373.2» PAULSON, 1965, 179.

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den „Fischeignem“ und den „Eignern der Gewässer“ unterstreicht,durchaus berechtigt, denn die beiden Begriffe decken sich nicht ganz,

 jedenfalls nicht immer. Gleichzeitig hat Paulson selbst eingesehen, dasssein Idealschema sich in Wirklichkeit selten aufrecht erhalten lässt, und

er fügt hinzu: „Dabei weist das Material aber auch darauf hin, dass esin bezug auf Form und Funktion der Fischschutzgeister verschiedeneÜbergreifungen und Kontaminationen zwischen den beiden Kategoriengegeben hat, die eine saubere Zweiteilung nicht immer und überall durchführen lassen“ .*®

Blicken wir auf unsere Untersuchung zurück, so sind dort solcheÜbergreifungen und Kontaminationen auf Schritt und Tritt zu entdecken. Nur bei den Esten begegneten wir eigentlichen Eignern oder 

„Alten“ der verschiedenen Fischarten (Hechte, Zander, Brachsen), dieman von den sich als Naturwesen einführenden Wassergeistern trennenkann. Im grossen und ganzen fanden wir meist Mischformen, und dieErschliessung von deren Bestandteilen gereichte uns dann zu unserer Hauptaufgabe.

ibidem.

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Der Sumpfgeist

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Das ganze ostbaltische und ostslavische Areal ist ziemlich reich anSümpfen, und man braucht nicht Anhänger des „Environmentalismus“

zu sein, um die unmittelbare Verbindung der Vorstellung vom Sumpf-geist mit der Beschaffenheit des Landes einzusehen. Denn es sagt sich javon selbst, das Sumpfgeister dort nicht Vorkommen können, wo keineSümpfe vorhanden sind. Das grösste Missgeschick für diese Geister istdas Austrocknen und vor allem die Entwässerung ihrer Aufenthaltsstätten, mithin Prozesse, durch welche sie entweder zu einer Umsiedlunggezwungen sind oder sogar eingehen. Dieses Schicksal teilen sie mit denihnen verwandten Wassergeistern.^ Die Auffassung, wonach Naturgeister und überhaupt die als „Dämonen” oder ähnlich bezeichneten

Wesen — im Gegensatz zu den Göttern — langlebig, aber nicht unsterblich sind, bildet übrigens kaum einen dem osteuropäischen Volksglaubeneigenen Zug. Sie ist u.a. manchmal schon im antiken Griechenland feststellbar.^

Es besteht, wie gerade gesagt, eine Verwandtschaft zwischen denSumpf- und Wassergeistern. Häufig begegnen wir aber in Sümpfen auchsolchen Gestalten, die von Haus aus nicht mit irgendeinem Natursubstrat verbunden sind. Die bedeutendste Rolle fällt hier den Teufeln zu.Darüber hinaus nimmt der Sumpf einen wichtigen Platz ein in der Magie, im Totenglauben und Hexenwesen, ja sogar in Weltschöpfungsund eschatologischen Vorstellungen. Die Stoffülle in dieser Hinsicht istauch bei den uns interessierenden Völkern sehr erschöpfend. Da wir uns in der vorliegenden Studie auf den Sumpfgeist als ein spezifischesPhänomen beschränken wollen, wird das übrige Material nur einleitungsweise sowie im Laufe der Untersuchung knapp und fragmentarischzur Sprache kommen.

Der Sumpf gilt in volkstümlichen Glaubensvorstellungen und auch

im magischen Brauchtum vor allem als ein vorzüglicher Bannungsort.Dieselbe durch religiöse oder zaubergläubige Denkart ausgelöste Auffassung kommt zum Vorschein in den Rechtsaltertümern.

Von grundlegender Bedeutung hierfür ist der alte und weitverbreiteteGlaube, das Sümpfe — wie auch Höhlen, Teiche oder verschiedene Erdöffnungen — den Eingang zur Unterwelt bilden.^ Ob diese Unterweltvon den Völkern des ostbaltischen Raumes und люп den Ostslaven zu

' Vgl. MAKSIMOV, 1903, 99.

2 JAKOBSSON, 1925, 23, 55.Vgl.  HD A, IV, 186 f, VIII, 603; STRAUBERGS, 1957, 84 ff.

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einer Zeit, wo die christliche Eschatologie und Dämonologie bei ihnennoch unbekannt oder kaum durchgedrungen waren, als eine Stätte der Strafe und Qual betrachtet wurde, ist fraglich. Sicher waren sittlicheIdeen der Vergeltung damit nicht verknüpft.^

Aus den Tiefen des Sumpfes gab es aber keine Rückkehr. Der dortVersunkene hatte die Grenze zum Jenseits überschritten, wodurch seineVerbindungen mit den Lebenden ein für allemal abgebrochen waren.Bezeichnenderweise wurden ja vorwiegend solche „unreine“ Tote imSumpf versenkt, bei denen man Verdacht geschöpft hatte, dass sie entweder umgehen oder Schaden anrichten würden. Zu dieser Kategoriegehörten insbesondere die Selbstmörder. Bemerkenswert ist die Notiz ineiner livländischen Kirchenchronik, wonach ein Mädchen, das sich selbstums Leben gebracht hatte, im Jahre 1763 „nach bekannter landes ge-

wohnheit“ ohne Sarg im Morast eingescharrt wurde.^Eine besondere Erwähnung verdienen gewisse Ereignisse vom Ende des

17. Jahrhunderts, die in der Nähe von Riga, im Kirchspiel Holmhof und Pinkenhof (lett. Sala un Piņķi), stattgefunden hauen. Darüber berichtet die Kirchenchronik: „Anno 1696 d. 4 juny ward Garrosing Peter,welcher auff keinerley weise sich zu Gott bekehren wollte, u. auch insolcher hartnäckigkeit starb, von des henckers knecht geschleiffet und ingegenwart vieler menschen in eine pfütze geworffen u. verscharret. Diefreunde haben ihn auf einen wagen in s [einem] sarge auf den kirchhoff gebracht; musten aber den sarg niederlegen, da der henckte knechtede [n] selben mit einer axt von [ein] ander schlug u. den cörper in gegenwart der versamelten von der gemeine, an den füssen mit strengen wieeinen baur-schlieten angeknüpfet, 3 mahl um die kirchen schleppete unddarnach nach den morrast hin schlep [pen] th at t“ .®Da wir in GarrosingPeter ( = Garoziņu Pēteris) kaum einen Atheisten im heutigen Sinne desWortes erblicken können, ist der Ausdruck „welcher auff keinerleyweise sich zu Gott bekehren wollte“ wohl so zu deuten, dass er ein

überzeugter Anhänger des althergebrachten heidnischen bzw. altlettischen Glaubens war. Seine hartnäckig antichristliche Einstellung wurde

" STRAUBERGS, 1957, 85; HAASE, 1939, 334.^ SLOKA, 1925—27, III, 150. Ähnliche Bestattungen konnten auch auf amtlichen 

Befehl erfolgen, s. ibidem, 45 und besonders 148, wo über eine alte Frau berichtet wird, die im Sommer 1753 Selbstmord beging: „Sie wurde auf ein hochlrszl. kayserl.  landgerichts befehl in purra u. morast hinter Leppekruge ohne sarck von bettlern d. 6 

 july eingescharret“. Der Ausdruck „in purra u. morast‘‘ ist eigentlich eine Tautologie, wo in purra für die Lokativform von lett.  purvs ‘Morast, SumpP steht.

« SLOKA, 1925—27, II, 75 f.

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allerdings als eine Gefahr betrachtet. Schleppte man seinen toten Körper dreimal um die Kirche, so scheint das darauf zurückzuführen zu sein,dass die Dreizahl als die erste sich zusammenschliessende Grösseneinheit häufig als eine Äusserung der sich ballenden Macht gilt und, ver

eint mit ihrer christlichen Bedeutung, einen Schutz gegen das Böse bietet.” Durch das Versenken des Körpers im Morast wollte man ohneZweifel verhindern, dass Garoziņu Pēteris als Gespenst die gläubigenChristen störe.

In Russland geschah es seinerzeit ziemlich oft, dass „unreine“ Verstor bene, die schon in Gräbern bestattet waren, wieder herausgegraben wurden, um in einen Morast oder an einen anderen öden Ort verlegt zuwerden.^ Dieses Verfahren, dass sich bei den Russen hie und da noch bis zum 20. Jahrhundert nachweisen lässt, kann aus grauer Vorzeit stam

men. Es ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass z.B. auch einige von denvorhistorischen sog. Moorleichen der Germanen eine ähnliche sekundäre ,,Bestattung“ im Sumpfe erfahren haben.^

Im Gegensatz zu Deutschland und Skandinavien ist das Problem der Moorleichen in dem uns beschäftigenden Gebiet wenig erforscht. Die bisher einzige derartige Leiche, die nach W. La Baume mit grosser Wahrscheinlichkeit baltischer bzw. altpreussischer Herkunft ist, wurde 1939 bei Dröbnitz in Ostpreussen gefunden. Es handelt sich dabei um dieLeiche eines Mädchens von 12 bis 14 Jahren, die im Wasser eines Sumpfes lag. Sie war vollständig in ein Fell eingehüllt, das sich bei näherer Untersuchung als ein Pelzumhang erwies. Der Fund war etwa auf 500V . Chr. zurückzudatieren. „Weder die Sektion noch Röntgenbilder“,konstatiert La Baume, „ergaben irgendwelche Anhaltspunkte für dieTodesursache; insbesondere kann auch die Frage, ob das Mädchen vonDröbnitz lebend oder tot in den Sumpf gelegt wurde, nicht beantwortetwerden. Der Umstand, dass die Leiche ausgestreckt auf dem Rücken lag,sowie die Lage der Hände, die anscheinend zurechtgelegt sind, spricht

dafür, dass die Annahme, die Niederlegung im Sumpf sei nach demTode erfolgt, die grössere Wahrscheinlichkeit hat“.^®Hier ist es nicht am Platze, die vieldiskutierte Frage nach dem Sinn

der vorgeschichtlichen Moorbestattungen näher zu betrachten. VonEinzelfällen abgesehen können hierbei Religion oder Recht, Opfer oder 

^ Vgl. WUTTKE, 1925, 90.8 Vgl. ZELENIN, 1911, 382 ff, und 1927, 327 ff. ö LINDSTEN, 1933, 330 f.

LA BAUME, 1940, 387 f.

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Strafe entscheidend gewesen sein. La Baume bemerkt aber ganz richtig,dass „die Strafe des Versenkens im Sumpf, bei verschiedenen Völkerndes Altertums und Mittelalters gebräuchlich und mehrfach im Schrifttum überliefert, im Sinne eines Opfers aufgefasst wurde‘‘.^^ Auch die

„Sumpfbestattung‘^ der sog. unreinen Toten entsprang, da sie — wie inLivland — eine rechtliche Sanktion hatte, eigentlich derselben, durchausunjuridischen Quelle, nämlich der Furcht vor Gespenstern, wie das entsprechende, oftmals mehr oder minder spontane Verfahren in Russland.Soweit wir die Opfertheorie voraussetzen, bleibt immer die Frage, welchem Gott oder Geist die im Moor versenkten Menschen zugedachtwaren. Eine gemeingültige Antwort darauf gibt es kaum: sie muss unter Berücksichtigung des Charakters und der Bezogenheit eines jeden Einzel

 phänomens gesucht werden.^^ Dazu ist zu beachten, dass die vorhisto

rischen Versenkungsopfer wenigstens zum Teil nicht unmittelbar inSümpfen, sondern an später versumpften Stellen, d.h. in Gewässerndargebracht wurden, — ein Umstand, der den Kreis der als Opferempfänger denkbaren Wesen bedeutend erweitert.

Wenden wir uns wieder zum Sumpf als Bannungsort, so ist der Einfluss des Christentums noch besonders hervorzuheben. Dorthin verlegtenämlich die Phantasie des Volkes die Fiölle oder zumindest die Fiöl-lenpforte. Diese Entwicklung führte in ihrem Ergebnis zu einem eigentümlichen Synkretismus, zu einer Mischung althergebrachter und später erworbener Jenseitsvorstellungen.

Deutlich kommt dies z.B. zum Vorschein im Strafverfahren gegenzahlreiche lettische Werwölfe, Zauberer und Hexen. So erklärte eineAngeklagte im Jahre 1647, der Teufel hätte sie „in ein gebröckte oder morast geführet“. Auf die Frage, was dies für ein Morast wäre, antwortete sie,, er „sey als eine helle gewesen“. D e r über 80 Jahre alteangebliche Werwolf Thies gab 1692 eine genaue Beschreibung des Einganges zur Hölle, der sich in einem sumpfigen See zu Lemburg (lett.

Mālpils) befinden sollte. Seine Schilderung der unter dem Sumpfe liegenden „Hölle“ enthielt aber viele Züge der heidnischen Unterwelt, wosich das Leben schlechthin in gleicher Weise wie in der irdischen Weltabspielte (ausserdem spürt man bei den Letten auch die weitverbreitete

ibidem, 389.Die verschiedenen mit den Sumpfbestattungen zusammenhängenden Probleme  

sind besonders in letzter Zeit lebhaft besprochen worden, vgl. z.B. das Literaturverzeichnis bei GLOB, 1966, 168 ff (die eigenen Hypothesen des Verfassers sind einseitig).

2EMZARIS, 1939, 133.

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Abbildung 3:  Die vorgeschichtliche Moorleiche aus Dröhni tz in Ostpreussen

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Vorstellung, dass die Unterwelt etwa ein umgekehrtes Bild bzw. Spiegelbild dieser Erde sei). Bezeichnend in soziologischer Hinsicht ist Thies’Angabe, dass die lettischen Bauern ihre eigene, die deutschen Herrenwieder „eine sonderliche“ Hölle hätten.^^ Spezifisch lettisch ist dieser 

Glauben nicht: eine Einteilung nach Stand im Jenseits findet man beiverschiedenen Völkern. Nach bekanntem (bereits in der vorhergehenden Studie über den Was

sergeist erörtertem) Muster wurden die Sümpfe nach dem Durchbruchdes Christentums als von Teufeln bevölkert angesehen. In diesen erkennen wir häufig diabolisierte Sumpfgeister, welche — wie der russischebolotnyj — trotz ihres hässlichen Äusseren nicht immer als Bösewichtegalten.^® Die allgemeine Auffassung der Russen drückt jedoch das mannigfach variierte Sprichwort aus: „Wo der Sumpf, da auch der Teu

fel“ . I n Weissrussland sind, wie wir noch hören werden, die Vorstellungen vom Sumpfgeist so reich entwickelt wie vermutlich nirgends anders in der Welt. Trotzdem kommen auch im weissrussischen Volksglauben sowohl Mischformen als „Sumpfteufel“ vor.

Alles Gesagte hat oftmals im Zauberwesen, vorzugsweise in Zaubersprüchen, seinen Niederschlag gefunden. Unter Zaubersprüchen verstehen wir hier Wörter oder Texte, denen eine bestimmte übernatürlicheWirkung zugeschrieben wird.^^ Besondere Kraft erlangen sie — ungeachtet dessen, ob wir es mit einem Segen oder einer Verwünschung zu tunhaben — durch die Nennung von Götter- und Heiligennamen. Diesewerden entweder nur erwähnt, oder — um eine geläufige Wendung zugebrauchen — in einem Rahmenmythos als „magisches Antecedens'’ eingefügt.Somit können Zaubersprüche oftmals eine äussere Ähnlichkeitmit Gebeten aufweisen. Gebete im eigentlichen Sinne sind sie aber keinesfalls, weil ihr Wirken doch hauptsächlich von der Macht des Wortesund dem Willen des Äussernden erwartet wird.-^

Magische Handlungen und Sprüche, die sich auf den Sumpf beziehen,

sind teilweise Vorbeugungsmassnahmen: man beabsichtigt der Gefahr entgegenzuwirken, die einen dort Wandernden bedroht. Vor allem werden aber Unheil und Krankheit an diese ausgezeichneten Bannungsorte

BRUININGK, 1924—28, 194 ff.15 Vgl. LANDAU, 1909, 25 f.16 UŠAKOV, 1896, 161.17 AFANAS'EV, 1865—69, II, 236.18 Vgl. OHRT, 1935, 77.19 HEILER, 1961, 309.2« Vgl. CRAWLEY, 1934, 35 f.

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verwiesen. Das Material hierzu ist bei sämtlichen im Bereich unseresInteresses liegenden Völkern ziemlich gleichförmig: es kann anhandeiniger lettischer und weissrussischer Beispiele ausreichend exemplifiziertwerden.

Eine grosse Rolle im osteuropäischen Volksglauben überhaupt spieltder sog. Irreführer, d.h. ein Geist, der den Wanderer den Weg verfehlenlässt und ihn nicht selten in den Morast lockt, wo er allerlei Strapazenausgesetzt ist oder sogar umkommt. Die Letten bezeichnen diesen Geistals vadātājs,“  die Ukrainer als hludf- bei den Russen und Weissrussentr itt jedoch am häufigsten der Waldgeist als Irreführer auf.

„Wenn der Waldgeist über deinen Weg geht“, heisst es in einem weissrussischen Texte, „so wirst du dich bestimmt verirren. Sümpfe, Wälder,alles Schreckliche, werden dir als Trugbild erscheinen“. Um sich von der 

Irreführung zu befreien, muss man an Ort und Stelle alle Gebete hersagen, die man auswendig kann, darauf einen betont zauberischen, dabeiaber durchaus christlich geprägten Spruch murmeln, in dem Gott, dieKiewer und andere Gottesmütter sowie der Engel Avin („ohne den mannichts Gutes erreicht“) angerufen werden. Zuletzt noch: „Ebendaselbstmusst du eine dreifache Verbeugung gegen alle vier Himmelsrichtungenleisten: zuerst gegen Osten, dann gegen Süden, Westen und Norden;nach allen diesen Verneigungen sollst du dich hinlegen und ein wenigschlummern, wenn auch nur eine Minute. Wieder aufgestanden wirst dualles klar sehen. Das ist wahr“.^^ Es sei hinzugefügt, dass der weissrussische Waldgeist —  Ijasun, lesovik  oder wie er sonst benannt werdenmag — zwar Menschen in Sumpf und Verderben führen kann, dochkein ausschliesslich böses Wesen ist und manchmal auch Gutes schafft.-*

Sümpfe werden mehrfach in lettischen Schlangenbeschwörungen erwähnt. Man versucht z.B. die Schlangen zu verjagen, indem man beteuert, dass ihnen Sumpf und Wald, den Menschen dagegen das „Vaterland” (d.h. der bebaute Boden) gehöre.In den Sümpfen sind ja nicht

nur Unmengen von gewöhnlichen Schlangen, sondern da soll auch der Schlangenkönig wohnen, der eine goldene Krone auf dem Kopf trägt.-^Interessanter als die genannten Beschwörungen sind ein paar andere, derselben Gruppe angehörende Sprüche, von denen ich hier einen über-

 LPT, XIV, 427 ff.HNATJUK, 1912, XXIV f.

23 ROMANOV, 1891, 3.2 Vgl. die einschlägigen Angaben bei DOBROVOL'SKIJ, 1908, 3 ff.

25 TREJLAND (BR1V2EMN1AKS), 1881, 157.26  LPT, XV, 495 f.

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setze: „Ein altes Männchen geht über den Sumpf; er hat einen kupfernen Leibgurt, trägt in der Hand ein stählernes Rohr. Hinweg, Nattern!Hinweg! Das Männchen wird ein stählernes Kreuz schlagen und euchin neun Stücke zerhacken“.^^ In den Varianten desselben Spruches

heisst es, dass ein „kleines Männchen“ oder „ein eiserner Mann mit stählernen Stiefeln, kupfernem Gürtel und einem Silberdegen“ über denSumpf geht und die Schlangen zerhackt.^® Es dürfte klar sein, dass hinter dem alten bzw. kleinen Männchen der altlettische Gott Dievs steckt,der im lettischen Erzählgut häufig in dieser Gestalt auf tr it t nur diekupfernen und stählernen Attribute sind als Kontaminationserscheinungen anzusehen. Was hingegen den eisernen, an einen Ritter erinnernden Mann betrifft, so möchte ich in ihm eher einen synkretistisch umgestalteten Heiligen (den Drachentöter St. Georg?) erblicken.

 Nach weissrussischem Glauben können Krankheiten von Zaubererngebracht werden, die den Wind heranrufen, damit dieser den Menschen packe und durchschüttele, so dass der böse Geist in dessen Körper hineinschleichen kann.^^ Dem ist durch Gegenzauber abzuhelfen, wobei dasÜbel nicht selten fort in Sümpfe verwünscht wird.

Um beispielsweise die Flechten zu heilen, betete der weissrussischeBauer unter Verbeugungen zu Gott dem Vater und der Heiligen Dreieinigkeit sowie zu einer langen Reihe von Gottesmüttern und Heiligen.

Alle diese, insbesondere aber der Hl. Nikolaus, wurden ermahnt, dieKrankheit und zugleich den verabscheuungswerten Zauberer „in Moosund Sumpf zu bannen“. Zum Schluss wandte man sich an die Hl. Maria:„Und du, allerheiligste Maria, die du am Tempel des Herrn stehst unddeine goldene Schlüsselchen hältst, schliesse diesem Zauberer und der  bösen Krankheit Lippen und Zähne, schicke ihn und die Krankheit hinweg in Moos und Sumpf, ins Weidengestrüpp, in dornige Birnen, wokein Vieh herumläuft, wo keine Vögel fliegen, wo keine Lurche vorhanden sind, — dort soll der üble Mensch und soll die üble Krankheit

wohnen und leben“.^^ Der goldene Schlüssel Marias kommt in vielenostslavischen Zaubersprüchen vor. Wie V. Mansikka nachgewiesen hat,wird Maria in lateinischen Hymnen mit dem clavis sophiae und mitdem clavisy quae coelos aperit  sowie in einem ukrainischen Lobgesangmit dem „Schlüssel des Reiches Christi“ zusammengebracht; dies ist

27 TREJLAND (BRIVZEMNIAKS), 1881, 157.28 STRAUBERGS, 1939—41, 423 f.29 LPT, XIII, 102 ff.

=0 ROMANOV, 1891, 3. ibidem, 5 f.

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dann buchstäblich so aufgefasst worden, dass man sich sie oder ihreSubstitute als Trägerinnen der Schlüssel gedacht ha t.‘ - In dem angeführten weissrussischen Spruch wird das Unheilvolle nicht nur an schaurige Orte beschwört, sondern wir finden hier auch Anklänge an die sog.

eliminatorischen Riten. Die Erwähnung des Weidengestrüppes und der „dornigen Birnen” ist nämlich so zu verstehen, dass man die Krankheitauf diese Gegenstände zu übertragen suchte, — eine Handlungsweise, diemanchmal ganz konkret (durch Beissen in die Baumrinde und dergleichen mehr) vor sich ging und auch bei den Letten sehr verbreitetwar.‘·

Ferner ziehen wir noch einen weissrussischen Zauberspruch (gegenFieber) heran, der sich, obschon im Wesentlichen kaum von dem obenzitierten abweichend, in einem anderen Vorstellungskreis bewegt: „Am blauen Meer steht eine Eiche, und an dieser Eiche Herodes. Er hattesiebenundneunzig Töchter. Diese gingen über das Meer und begegnetenden heiligen Vätern Isaak und Jakob. — Wohin geht ihr, Töchter desHerodes? — Wir gehen nach dem Weissen Russland, weisse Knochenzermalmen, warmes Blut ausgiessen! — Geht lieber nach dem feuchtenWalde, zermalmt den grauen Sumpf, die morschen, nichtsnutzigenBaumstümpfe, und vergesst den Weg nach dem heiligen Russland! DieTöchter des Herodes werden den Weg vergessen, und der Knecht Got

tes wird nimmer vom Fieber gepackt werden“.^^ Die 97 Töchter des(zur Zeit Johannes des Täufers regierenden) Herodes sind identisch mitden Krankheit erregenden sog. Fieberschwestern, trjasavicy, die in vielen russischen Beschwörungen genannt werden. Ihre Anzahl und Namenwandeln sich, sie sind äusserst kontaminierte Gestalten, jedoch haben sienicht nur im ostslavischen Volksglauben, sondern auch in der Bildmalerei (Frauen mit Fledermausflügeln!) ihre Spuren hinterlassen.'^^ Es seiebenfalls festgehalten, dass die oben erwähnte Sammelbezeichnung der „Fieberschwestern“ etymologisch sowohl mit russ. trjasti ‘schütteln, rüt

teln’, refi, ‘zittern, beben’, trjasucka ‘Zittern, Fieber’ und vielen ähnlichen Formen als auch mit trjasina ‘Sumpf’ zusammenhängt.

Aus dem Bereiche der lettischen Heilzauberei möchte ich einen länge-

MANSIKKA, 1909, 141 f.Vgl. STRAUBERGS, 1939—41, 233 ff;  LTT, 6039, 6043, 6048, 7107, 7110. Über 

die Phänomenologie und Gliederung der eliminatorischen Riten vgl. HEILER, 1961,  181 ff.

ROMANOV, 1891, 170.

35 AFANAS'EV, 1865—69, III, 85 ff; MANSIKKA, 1909, 48 ff, 57 ff; HAASE,  1939, 166 f, 364 f.

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ren Spruch anführen, wo die Bannung der Krankheit in den Sumpf auf  besonders eindrucksvolle Art hervorgehoben wird. Die Formel richtetsich gegen den Rotlauf und beruht teilweise auf einem Wortspiel, weilauf Lettisch (ebenso wie zuweilen auf Deutsch) der Rotlauf und die

Rose mit demselben Wort roze bezeichnet werden. Zuerst bittet man dieliebe Māļ-a, d.h. die Hl. Maria in synkretistischer Gestaltung, sie „mögedie roten Rosen forttragen“, darauf heisst es aber: „Sie brachte die rotenRosen fort hinter neun Wege, hinter neun Hügel, hinter neun Steine ineines grossen Sumpfes Mitte. Pressend, das Kreuz schlagend, legte sie dieRosen dort nieder. Mit dem linken Hacken stampfte sie neunmal hinein,dass es nicht schwelle, dass es nicht wachse, dass kein Blut fliesse, dass esschwinde, wie der alte Mond, wie eine alte Sandale, dass es verwelke,wie Sumpfgras“.^^

Dass der Sumpf als geeigneteste Stelle dazu betrachtet wurde, umetwas Böses aus der Welt zu schaffen, zeigt ein ostlettisches bzw. lett-gallisches Märchen über den reichen und den armen Bruder auf seineeigene Weise. Dem letzteren gelingt es einmal, das Unglück, das ihnlange geplagt hat und das als ein kleines schwarzes Weibchen personifiziert wird, in die Höhlung eines grossen Knochens hineinzulocken. Er dichtet den Knochen ordentlich ab und versenkt ihn in den Morast.Fortan geht es ihm immer besser, weshalb der neidische reiche Bruder 

sich an den Sumpf begibt, um binnen dreier Tage den Knochen zu finden. Er lässt das Unglück entfliehen, damit es zu dem Armen wiederkehre; aus Dankbarkeit aber entscheidet es sich, ständig bei seinem Retter zu bleiben.'^^ Bezeichnend ist hier auch das Einsperren des Unglücks in Knochen, welchen die Letten eine starke apotropäische Kraftzuschrieben.^®

Oben wurde auf den theoretischen Unterschied zwischen Zaubersprüchen und Gebeten hingewiesen. Dass dieser Unterschied sich inPraxis jedoch nicht immer aufrecht erhalten lässt, geht kennzeichnend

aus Folgendem hervor. In Russland, in der Nähe des Fleckens Krasnyjim Pleskauer Gebiet, bestand seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine aus Setukesien herstammende estnische Kolonie, die auf Grundihrer isolierten Lage noch gute 300 Jahre später recht lebendige Erinnerungen an ihr Heidentum bewahrt hatte. Dort wurde dann auch der folgende Text auf gezeichnet: „G ott behüte beim Pflügen, Säen — bei

36 KURTZ, 1937—38, II, 122 f.

”  L a t g a l i e i u p a s a k a s , 9 2 f f .·’* Vgl. JOHA NSON S, 1964, 61 ff.

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Brot, Salz — Gott behüte vor Hagelschlag — gib, Gott, guten Sommer  — bring vorbei die grossen Wolken — bring den Regen nach Wierland — die Regenschauer nach Oesel — wo der Hahn nicht kräht, nicht der Hund bellt — dahin bring die Wolken — in einen grossen Sumpf”.

 Nach der Aussage des Gewährsmannes handelte es sich dabei um einGebet, das die Bauern beim Opfern an ihre „Landesgötter“ oder „Landeskönige“ richteten.Der Anfang des Textes vermittelt tatsächlich denEindruck eines Gebetes, das auch christlich sein könnte, der Schluss dagegen ist ein typischer Zauberspruch, wo nicht nur der Sumpf, sondernauch andere — sowohl bei den Balten und Slaven als bei den Finno-Ugriern und Germanen vorkommende — Bannungsorte genannt werden.^® Als die angeführte Formel noch gangbar war, befanden sich dieheidnischen Glaubensvorstellungen der Krasnyjer Esten schon lange inAuflösung. Wir sehen aber, wie auffallend sich bei ihnen nicht nur Heidnisches und Christliches, sondern ebenfalls Religiöses und Zauberisches vermischte.

2 .

Im lettischen und litauischen Volksgut sowie in literarischen Quellenwird der Zusammenhang des Sumpfes mit dem Supranormalen sehr ofterwähnt. Trotzdem hat sich die Vorstellung von einem besonderen

Sumpfgeist bei diesen Völkern entweder nie recht durchgesetzt oder auchist sie in Vergessenheit geraten.

Die letzteren Alternativen treffen auch auf die Altpreussen zu, beidenen man eine blühende Entwicklung dieser Vorstellung hätte erwarten können. Wird doch ihre „Urlandschaft“ von G. Schlüter folgen-dermassen charakterisiert: „Was zunächst die geographischen Anhalts punkte für die Rekonstruktion der Urlandschaft anlangt, so fällt bei jeder neueren Moorkarte auf, wie sich Ostpreussen durch seinen Reichtum an Mooren so stark von dem übrigen Nordostdeutschland abhebt.Wir finden hier zwar nicht die grossen Hochmoorbezirke wie in Hannover und Oldenburg, wohl aber — ausser der weiten Mündungsniederung des Memelstromes — ein Gewirr von kleinen und schmalen Grünlandmooren. Unzählige Täler und Tälchen oder auch rundere Bodensenken, die ehemals Seen enthielten, haben noch immer moorigen Bo-

KALLAS, 1904, 52. Derselbe Forschungsbericht enthält auch die historischen Nachrichten über die Krasnyjer Esten. Vgl. weiter noch LOORITS, 1949—57, III,  566, 5.г?. „Kraasna“.

Hierzu besonders BRUMMER, 1908, 4 ff. Über die Bedeutung des Sumpfes im Zauberwesen vgl. auch JOHANSONS, 1965 а, 255 ff.

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den“.^ Irgendwelche Hinweise auf Gottheiten oder Geister des Sumpfessind trotz diesen ökologischen Voraussetzungen in den allerdings auchsonst sehr lückenhaften altpreussischen Religionsquellen nicht aufzuspüren. Auf altpreussischem Boden ist indes, wie wir schon früher hör

ten, eine Moorleiche gefunden worden, — eine Bestattung muss also erfolgt sein, hinter der wir religiöse Beweggründe ahnen dürfen. Auch inverschiedenen Sagen aus Preussen, die Sümpfe mit dem Übernatürlichenverbinden, können alte bzw. altpreussische Elemente bewahrt sein.-Eine Durchsicht der altpreussischen Ortsnamensammlung'^ erlaubt uns,obgleich sie eine Reihe von Sumpfbenennungen erfasst, kaum etwas Wesentliches zu erschliessen.

In der Lebensbeschreibung des Jesuitenpaters Theophilus Kwek (1680—1736), der in Ostlettland wirkte, wird berichtet, dass unter denheidnischen Gestalten der Letten ein rector paludis ‘Walter des Sumpfes’zu finden war.^ Eine entsprechende Aussage enthalten die Annalen desJahres 1720 der Dünaburger (lett. Daugavpils) Jesuiten.^ Ausser einer allgemeinen und dazu noch lateinischen Bezeichnung erfahren wir über dieses Wesen nichts Näheres. In den Annalen wird nur noch hinzugefügt, dass der rector paludis nichts anderes sei als der Teufel.®

Ein lettischer Zauberspruch zur Abwendung des „Drückers“ (Bauchschmerzen) erwähnt gewisse purvu kungi ‘Sumpfherren’.” Da jedoch der 

Spruch von einem nicht ganz zuverlässigen Aufzeichner stammt, istdessen Echtheit bezweifelt worden.^Bezeichnend scheint mir, dass eine von den litauischen Benennungen

des Teufels, nämlich balinis, offenbar von bala ‘Sumpf abgeleitet ist^und demgemäss etwa ‘der im Sumpf Wohnende’ bedeutet. Hinter diesem Namen kann eine erloschene Vorstellung vom Sumpfgeist stecken, — eine Annahme, die dadurch nicht beeinträchtigt wird, dass auch dasWort bala mitunter sowohl ‘Teufel’ als ‘Hölle’ ersetzt.^® Die Gleichstellung des Sumpfes mit der Hölle sowie die Diabolisierung der übernatür

lichen Sumpfbewohner hat zu eigentümlichen Kontaminationserschei-

1 SCHLÜTER, 1921, 18.“ Vgl. beispielsweise TETTAU & TEMME, 1865, 225 ff, 251 ff. ·■* GERULLIS, 1922.^ FHLSJ, I, 479.^ ibidem^ 386.® ibidem," TREJLAND (BRIV2EM NIAKS), 1881, 124, Nr. 85.8 ŠMITS, 1908, 142; dagegen KURTZ, 1937—38, I, 102.

»  LKŻ, I, 474, 486.ibidem, 474; vgl. auch BO JÄTE & SUBATNIEKS, 1964, 78.

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nungen geführt, die wir an dieser Stelle nicht zu analysieren brauchen,dagegen stets im Auge behalten müssend^

Jan Lasicki erwähnt in seinem um 1580 verfassten Büchlein  De Düs Samagitarnm ein Wesen, das er Kirnis nennt. Dieser Lokalgott, deus 

 singularis, wurde nach seiner Angabe an dem litauischen Orte Plateliaiverehrt, wo er als Schutzherr der Kirschbäume einer an einem See gelegenen Burg galt. Um ihn zu beschwichtigen, warfen die Leute geschlachtete Hähne zwischen die Bäume und befestigten angezündete Kerzenan deren Ästen.

Man konnte in dem Kirnis etwa einen „Baumgott*' erblicken, jedochist sein Name augenscheinlich mit solchen Artnamen wie kirnis 'Sumpf,Morast' und kirna ‘buschige nasse Stelle’ zu verbinden.„Both kirnis and kirna'\ schreibt W. Jaśkiewicz, „were natural habitats for hauntingspirits and ghosts, and such a spirit in the kirna could be called '^kirnys'‘\  In ganz unverständlicher Weise fügt er aber hinzu, dass kirna die „logische Stelle" gewesen wäre, um von Hunden oder Füchsen totgebissenesGeflügel abzuwerfen, was dann Lasickis Gewährsmann (namens JakubLaskowski) als eine sakrale Handlung aufgefasst h ä t t e W . Mannhardthat seinerseits die Frage gestellt: „Dürfte nicht ein dem Burggarten angrenzender Teil des Sees, der im Laufe der Zeit ausgetrocknet war undgemeinhin als kirnis bezeichnet wurde, von Alters heilig gewesen und zu

Laskowskis Zeit noch von den Abergläubischen im Volke mit Opfergaben beehrt worden sein? Aus der heiligen Lokalität machten sie einenGott, d.h. ein N u m e n " . Dies ist an sich nicht undenkbar, zumal auchein anderer Landsee, nämlich Orthus (— Artas oder Artus), bei Lasickieinen göttlichen Rang einnimmt.^® Mannhardts Gesichtspunkte besagen jedoch nicht, warum der allmählich ausgetrocknete See als heilig gegolten hätte, welchem Wesen die geopferten Hähne zugedacht waren oder zu welchem Zweck die Kerzen angezündet wurden. Der eigentliche Sachverhalt bleibt auch dann dunkel, wenn wir das Vorkommen von einem

„Lokalgott des Sumpfes" mit dem Namen Kirnis annehmen.

“ Vgl. u.a. BALYS, 1948 a, 45, Nr. 27. Mit Sümpfen werden manchmal auch die  laumés bzw. deives ‘Feen’ verknüpft, vgl. ibidem und HINKEN, 1894, 137 f. Dunkele Überlieferungen über böse Geister an verschiedenen sumpfigen Orten Litauens bei LANGKUSCH, 1878, 426, 434 f.

Der vollständige Text bei MANNHARDT, 1936, 356 f.··■' Vgl.  LK2, V, 847 f.

JAŚKIEWICZ, 1952, 85.

»5 MANNHARDT, 1936, 380 f.Vgl. ibidem, 356, 381, 397, und JAŚKIEWICZ, 1952, 91.

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Die Weitschweifigkeit von Kontaminationen zwischen verschiedenensupranormalen Sumpfbewohnern lässt sich noch durch die Varianteneines bei den Litauern und Ukrainern vorkommenden Märchens gutveranschaulichen. Das Märchen ist auch anderen Völkern bekannt.^^

Die vermutlichen Wege seiner Ausbreitung fallen für uns jedoch nicht sosehr ins Gewicht, weil gerade die litauischen und ukrainischen Versionen den besten Einblick in das Ineinanderfliessen der dort agierendenübernatürlichen Gestalten bieten.

Ein Musikant, so heisst es in dem litauischen Märchen, begegnet einesAbends einem jungen Herrn, der ihn bittet, auf seinen Hof zu kommenund zur Hochzeit zu spielen. Bald erreichen sie einen prächtigen Palast,wo sich die Hochzeitsgäste nach und nach einfinden und zu tanzen beginnen. Dem Musikanten fällt es auf, dass die schwarzgekleideten Herren beim Tanze ihre Finger in ein Gefäss hereinstecken und sich danndie Augen salben. Er wird neugierig und bestreicht sich unbemerkt aucheines seiner Augen. Kaum hat er das getan, erkennt er mit diesem Auge,dass alle Herren Schweif und Hörner haben und dass der Palast inWirklichkeit ein furchtbarer Morast und Sumpf ist, die Stühle aber hervorstehende Baumstümpfe sind. Das Grauen ergreift ihn; doch dannfasst der Musikant wieder Mut, spielt weiter und erhält schliesslich kurzvor Mitternacht eine reiche Belohnung, die aus Papiergeld, Gold, Silber,

Pfefferkuchen, Broten und noch allerlei Geschenken besteht. Als er aber das alles hernach betrachtet, findet er in seinen Händen und Taschennichts als Pferdemist,, Topfscherben und Birkenrinden.^® Nach anderenVarianten kommt der Musikant, als er tief im Morast auf einem Baumstumpf sitzt und seine wertlose Beute anstiert, am Ende zu sich.^^ Ausdem Texte geht klar hervor, mit welchen Wesen wir es hier zu tun ha

 ben: der Spielmann wird von gehörnten und beschweiften, häufig jedochals elegante schwarze Herren auftretenden Teufeln betrogen.^®

Im ukrainischen Erzählgut liegt ein Märchen vor, das typologisch und

inhaltlich ein Gegenstück zu den oben umrissenen litauischen bildet, nur mit dem Unterschied, dass der Musikant, nachdem er sein Auge eingesalbt hat, in den Tanzenden eine Schar von „Wasserteufeln“ erblickt.^^Diese ab und zu in den Sümpfen wirkenden Wasserwesen sind aber, ob-

Einige Bemerkungen darüber bei BALYS, 1948 a, 46. Lett isch-litauische Volksmärcheriy 170 f.BALYS, 1948 a, 46.Über die litauischen Vorstellungen von Teufeln im allgemeinen vgl. besonders 

BASANAVIČIUS, 1903, 279 ff.“1 P. IVAN OV, 1893, 65.

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wohl sie eine Mischform darstellen, kaum als eigentliche Teufel anzusehen, sondern vielmehr mit dem Wassergeist, dem uns bereits von der vorhergehenden Studie bekannten vodjanyk, zu verbinden/^-

Das ukrainische Überlieferungsmaterial führt uns noch weiter. Wir 

finden dort nämlich die Vorstellung von einem besonderen Sumpfgeist,dem bolotjanyk, mit Erzählungen darüber, dass auch dieser den einenoder den anderen, der nicht unbedingt ein Spielmann sein muss, inscheinbar wohlausgestattete Zimmer zu locken pflegt. Da wird geschmaust und getanzt, und zuletzt entlässt der freundliche Hauseigner seinen Gast mit schönen Geschenken. Als nun dieser aus seiner Betäu bung erwacht, findet er, dass er im Sumpf gesessen hat und sieht sichum die täuschend echten Gaben schändlich betrogen.^^

Gleichzeitig mit den zwei eben erwähnten Überlieferungsgruppenkommt bei den Ukrainern noch eine dritte vor, wo von einem Trunken bold berichtet wird, der im Sumpf etwa dasselbe erlebt wie die zuvor  berührten Personen. Hier heisst es jedoch ausdrücklich, dass der durchTrunksucht heruntergekommene Mann ein Opfer der Teufel gewordensei.“^

Es wäre übereilt, allein auf Grund der angeführten Parallelen dieTeufel der referierten litauischen Märchen als allmählich diabolisierteSumpfgeister zu betrachten. Ebensowenig ist aber eine solche Möglich

keit als undenkbar auszuschliessen.Andererseits steht es fest, dass jener Geist, der zuweilen Leute in den

Morast lockte, bei den Letten meist vadātājs Trreführer’ genannt wurde,obschon auch Teufel, Tote und Hexen in derselben Rolle auftretenkonnten.-^

Mehrere wichtige Glaubensvorstellungen, die mit dem Sumpf verknüpft sind, finden sich in einer längeren litauischen Volksüberlieferungüber das Torfmoor bei Kakschen (Kaksbalis). Die Fassung, in welcher diese Überlieferung aufgezeichnet bzw. veröffentlicht ist, lässt ohne

Schwierigkeiten verschiedene Bestandteile erkennen, Märchen und Sagen,die sich aneinander reihen, weil sie auf ein und demselben Platz konzentriert sind. Einem Wesen, das „Sumpfgeist“ hiesse, begegnen wir dortnicht. Ein Abschnitt, wo über die „Teufelin“ des Moores und ihreSöhne berichtet wird, scheint mir allerdings so bedeutungsvoll, das er an

-- ibidem, 60.2* HNATJUK, 1912, XXII f. 

-·* ibidem, 182.“  LPT, XIV, 430 ff.

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dieser Stelle eine Wiedergabe (in der Übersetzung von A. Schleicher)verdient. „In dem Kakschener Moore“, erzählt die Sage, „hält sich seitalten Zeiten eine Teufelin auf, die in einer der Untiefen auf einem eisernen Stuhle sitzt. Einst zog sie aus einer Wolke, die über das Moor zog,

ein Schiff nieder, und in dem hält sie sich jetzt auf. Die Mastspitze desSchiffes ragte aus dem Moore hervor und die Alten konnten sie sehen; jetzt aber ist auf der Spitze oder über ihr ein kleines Inselchen vonMoos. Die Teufelin pflegte oft auf die Oberfläche zu kommen und dieAltvordern konnten sie recht gut sehen. Einst Hessen sich die Vorfahreneinen Schwarzkünstler kommen und verlangten von ihm, er solle dieTeufelin aus dem Moore vertreiben. Als der zu ihr hin gieng und ihr ankündigte, er werde sie von hier vertreiben, da gab sie ihm zur Antwort, wenn sie dieses Moor, in welchem sie so lange geherscht habe, verlassen müsse, so werde sie ihre Herrschaft über alle Insterwiesen bis andie Brücke von Kaupischken ausdehnen und bei Laugalen unter der Brücke ihren Thron aufschlagen und da ihren eigentlichen Wohnsitznehmen. Als der Schwarzkünstler das von ihr vernommen hatte, Hesser sie in Ruhe; denn es sei besser, wenn sie in ödem Moore bleibe, alswenn sie über die schönen Wiesen hersche und besonders unter einer Brücke ihr Wesen treibe, über welche bis heutigen Tages viele Leuteihren Weg nehmen müssen. Ausserdem sagte sie ihm, dass sie, wenn sie

das Moor verlasse, das Loch aufmachen werde, welches mit einem gros-sen Pferdekopfe verstopft sei und durch welches alles Wasser des Mooresund alle Untiefen abfHessen könnten; und dann würden alle Dörfer,welche dieser Strom treffen werde, im Wasser ihren Untergang finden.Als der Schwarzkünstler alles dies den Altvätern hinterbrachte, erschraken sie heftig und Hessen sie fortan in Ruhe. Und so sitzt sie noch

 jetzt in einer der Untiefen, aber zu sehen bekommt sie niemand mehr.Wenn sie aber einst ihren eisernen Thron zusammen gesessen haben wird,dann wird der jüngste Tag sein. In dem Moore gab es auch viele Feld

teufel, jener Teufelin Söhne; diese pflegten in alten Zeiten mit den ändern jungen Burschen in die Kakschener Schenke zum Tanze zu kommen und mit den Mädchen zu tanzen wie andre Burschen. Stets hattensie dann grüne Kleider an; aber man konnte sie daran erkennen, dass,wenn man ihnen auf die Stiefel trat, diese immer leer waren. Sobaldsie aber das merkten, verschwanden sie. Diese Feldteufel quälten vieleLeute zu Tode, die über das Moor oder am Moore giengen. Man erzählt,dass man oft im Moore oder neben demselben Leute todt fand, die

schrecklich zerkniffen waren, als wären sie zerbissen, so dass das Fleischvon den Knochen abgerissen war; ausserdem waren ihre Kleider voll

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Moos gestopft. So fanden diese Leute ein jämmerliches und entsetzlichesEnde. Bisweilen kamen diese Feldteufel zu den Hirten oder zu denLeuten, welche egten, aufs Feld und erbaten sich ein Pferd unter demVorwande, der Vater des Burschen oder des Mädchens, das das Pferd bei

sich hatte, habe es befohlen, und stellten sich als wären sie gute Bekannte. Wenn man ihnen nun das Pferd zäumte und gab, so setzten siesich auf und ritten weit weg, oder sie ritten bis in das Moor und ertränkten das Pferd, oder sie Hessen es, nachdem sie geritten, laufen, undda kam das Pferd denselben oder den folgenden Tag nach Hause ge-laufen‘‘.-^

Es ist vor allem interessant zu beobachten, dass die auf dem eisernenStuhl sitzende Teufelin, lit. velnenka, nicht nur als die Herrscherin desKakschener Moores auftritt, sondern auch mit gewissen eschatologischenVorstellungen bzw. mit dem Weltuntergang verknüpft wird. Der Textsetzt voraus, dass die Welt am jüngsten Tage im Sumpf versinkenwürde. Fassen wir die Zerstörung der vorhandenen Welt als die Wiederkehr zum Urzustand oder Chaos auf, so finden wir auch bei anderenVölkern den Glauben, dass das Chaos eine flüssige, schlammige Masse bzw. ein Sumpf sei.“

Die in der Überlieferung geschilderten Feldteufel, eigentlich lit. vel- niukìcei ‘Teufelchen’, sind bei allen Nachbarvölkern der Litauer mit

ihnen verwandten Gestalten zu vergleichen. Ihr ursprünglicher Charakter lässt sich kaum ermitteln: sie können ebenso gut genuin heidnischewie auch in jüngerer Zeit mit der Etikette „Teufel“ versehene Bösewichte sein. Der Umgang dieser Sumpfteufel mit „anderen jungen Burschen“ in der Schenke erinnert an gewisse schlesische und russische Vorstellungen von Wassergeistern.^^ Ebenso häufig wie die letzteren sind siean einer Abnormität (die „leeren“ Stiefel) zu erkennen.

Ed. Sturms hat in seinem Forschungsbericht über die sog. Alkstätten bzw. heiligen Stätten in Litauen auch mehrere Moore verzeichnet.^^ Die

vielen und oftmals mit der volkstümlichen Glaubenswelt zusammenhängenden Sumpfbenennungen, die unter den Ortsnamen Lettlands Vorkommen,'^® konnten die Grundlage für eine religionsphänomenologische

26 SCHLEICHER, 1857, 97 ff; der litauische Text bei BASANAVIČIUS, 1903, 378 f.

2 Vgl. beispielsweise EISSFELDT, 1940, 1 f.2« Vgl. KALAK, 1935, 27, und AFANAS'EV, 1865—69, 11, 240.2» STURMS, 1946, 30.

6 Vgl. das einschlägige Material bei END2ELÎNS, 1956—61, und PLĀĶ1S, 1936—39.

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Spezialuntersuchung bilden. In beiden genannten Fällen kommt jedochkaum etwas zum Vorschein, was einen entwickelten Glauben der baltischen Völker an einen besonderen Sumpfgeist bestätigen würde. Dasselbe trifft für die an sich reichen archäologischen Funde in Lettlands

Sümpfen zu, obschon diese mit grosser Wahrscheinlichkeit als religiöseWeihegaben zu deuten sind.’^

3.

Die estnische Volksüberlieferung kennt sowohl einen Sumpfgeist,  soo- vaim, als ein Sumpfgespenst,  soo-tonty die sich nicht nur miteinander,sondern darüber hinaus auch mit Teufeln und Toten vermischt haben.^Hier stellt sich die Frage, ob und wieweit ein etwaiger ursprünglicher 

Sumpfgeist der Esten zu den haldjad  zu zählen wäre, d.h. zu demselbenTyp von Schutzgeistern oder übernatürlichen Naturwaltern wie der Wassergeist, der Waldgeist und dergleichen mehr.

Oskar Loorits, der das Material hierzu vorlegt, neigt im grossen undganzen zur Annahme, dass der   soo-vaim nicht die Funktion einesEigners habe, sondern oftmals den Teufel einfach ersetze.“ Gleichzeitig bemerkt er aber: „In Nord-E stland . . . haben die haldjad  oft auch einenegativere Färbung bekommen und sind in der dualistischen Weltauffassung z.T. mit den bösen Geistern und Teufeln identifiziert worden,

die . . . von den Engeln auf die Erde, ins Wasser, in die Wälder, Sümpfeusw. niedergeworfen sind und dort ihre bösen Taten fortsetzen, häufigmit den bösen Toten verschmelzend, anthropomorph und zoomorph auf-tretend“.^ Auf die vom Himmel herabgeworfenen Wesen werden wir noch zurückkommen. An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass ein sog.Sumpfteufel in einem estnischen Märchen sich als Herr bzw. Wirt des

 bodenlosen Ortes bezeichnet.^ Hierin kann man mit guter Begründungeine ehemalige, sodann aber in negativer Richtung zersetzte und veränderte Vorstellung von einem Eigner oder Schirmherrn des Sumpfeserblicken. Ergänzend kommt eine bei den Krasnyjer Esten gemachteAufzeichnung hinzu, wo geradeswegs betont wird: „Im Sumpfe herrschtder Sumpfmann“.^ Entgegen Loorits’ Ansichten möchte ich den letztgenannten weder als einen „nach russischem Muster“ umgetauften

Hierzu STURMS, 1946, 30, und URTANS, 1962, 83 ff (mit Bibliographie). 1 LOORITS, 1949—57, II, 199 ff.“ ibidem^ 200.^ ibidem, I, 558 f.

^ ibidem, II, 201.■'5 KALLAS, 1904, 64.

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Sumpfteufel noch als einen „unreinen Toten“ betrachten.® Bereits imersten Abschnitt der vorliegenden Untersuchung wurde darauf hingewiesen, dass die Krasnyjer Esten noch mehr als 300 Jahre nach ihrer Übersiedlung nach Russland lebendige Erinnerungen an ihr Heidentum

 bewahrt hatten. Der bei ihnen vorkommende Glaube an einen über denSumpf herrschenden, den haldjad  angehörenden Geist brauchte uns deshalb nicht wunderzunehmen.

Andernfalls pflegt der estnische Sumpfgeist in gespensterhafter Gestalt zu erscheinen. Ein Heudieb sieht ihn als einen beweglichen, unheimlichen Heuschober; vor einem sonntags im Sumpfe wanderndenKnecht taucht er als ein Mann auf, der den Pflug führt und dem Ochsen befiehlt, in die Furche zu treten.^ In einer Sage zanken sich zweiziegenbärtige Sumpfgeister, weil sich jeder von ihnen den weicheren

Sumpf als Wohnort wünscht.® Eine ähnliche Überlieferung kommt beiden Letten vor, jedoch werden dort, wie in den meisten lettischen Volkserzählungen über den Sumpf, statt Sumpfgeister zwei Teufel erwähnt.®Die estnische Geschichte von einer Mutter, die im Schlaf den Befehl

 bekam, ihrer vierjährigen Tochter einen Stein an den Hals zu hängen

und das Kind dem Geist des Sumpfsees zu opfern,^® wurzelt augenscheinlich in halluzinatorischen Erlebnissen, setzt aber jedenfalls denGlauben an einen Sumpfgeist voraus. Eine ganz ungewöhnliche Konta

mination ist schliesslich auf der Insel ösel (estn. Saaremaa) gefundenworden, wo Gerüchte gingen von Vertrauten eines Sumpfgeistes, die ihnin seinem  pohjata kurri so ‘bodenlosen bösen SumpP besuchten, umsich von ihm Bienen, Gold und Reichtümer zu h o l e n . D e r öselscheSumpfgeist war also mit dem bekannten übernatürlichen Schatzträger  bzw. dem sog. Reichtumsdrachen verquickt.

Im Gegensatz zu den Esten sehen die Liven jene geisterhafte Gestalt,die in ihrem Glauben unmittelbar mit Sümpfen verknüpft wird, als einweibliches Wesen. Es handelt sich dabei um eine der zahlreichen livi

schen „Mütter“, nämlich um die Sumpfmutter,  suo-äma. Neben ihr begegnet man Sumpf hindern,  suo-lapst, während von einem Sumpf vater nirgendwo die Rede ist.^^

e LOORITS, 1949—57, II, 200.^ ibidem,® ibidem,«  LP7, XIV, 59, Nr. 6.

LOORITS, 1949—57, II, 235.

” HOLZMAYER, 1873, 24.'2 Vgl. LOORITS, 1926—28, I, 108, und KETTUN EN, 1938, 385.

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Meist sind es Beerensammler, die mit der Sumpfmutter zu schaffenhaben. Beim Betreten des Sumpfes legen sie rotes Garn an den Sumpfrand. Sind die Hümpel im Sumpfe dicht mit Moosbeeren bedeckt, sosagt man, die Haare der Sumpfmutter seien voller Läuse. Als ihre Haare

gelten „die langen dürren Halme mit weissen Wurzeln, die auf denHümpeln wachsen“ (d.h. die Waldschachtelhalme), wobei der Hümpelselbst als ihr Kopf gedacht wird.^*^

Etwas mehr über die Sumpfmutter berichtet eine bei den Liven aufgezeichnete „wahre Geschichte“. Es heisst dort, dass sich zwei kleineMädchen beim Beerenpflücken im Grossen Sumpfe verirrten und dassman zu Hause keine Ahnung hatte, wo sie hingeraten waren. Siefingen an zu weinen, zumal sie nicht wussten, wo sie übernachten

sollten. Auch ängstigten sie sich beim Gedanken, dass sie den Wegaus dem Wald nicht finden würden. Die Mädchen sassen unter einem Baum und zitterten vor Kälte. Plötzlich kam eine alte Frauheran und sagte: „Kommt mit mir, Kinder!“ Die Kinder warenaber steifgefroren, so dass sie kaum aufstehen und gehen konnten.Die Alte nahm sie dann auf ihre Arme und brachte sie zu sich nachHause. Das war ein gemütliches Heim, die Mädchen labten sich anwarmer Milch, und die Alte versprach, sie am nächsten Morgen bisan die Landstrasse zu begleiten. Dort befinde sich ein Sümpfchen, voll

von Moosbeeren, welche die Mädchen abpflücken sollten, da die Beereneigentlich Läuse wären, die ihr und ihren Kindern zu arg am Kopf nagten. Früh morgens begaben sich alle drei nach dem Sümpfchen, wodie Mädchen ihre Körbe und Säckchen vollsammelten, sich darauf beider Alten bedankten und von ihr bis zur Landstrasse gebracht wurden.Dort stand auf einer Düne eine Kiefer mit zwei Wipfeln, und die Altesagte: „Geht jetzt nach Hause, Kinder, und sagt eurer Mutter, dass sieein Handtuch an dieser Kiefer aufhängen soll“. Die Kinder würdensich dann nie wieder verirren, das Handtuch aber hätte sie selbst nötig.Als die Mädchen zur grossen Freude ihrer Eltern heimkamen, wurde sofort ein Handtuch an der Kiefer aufgehängt, und die Sumpfmutter (denn das war die Alte) holte es schleunigst ab. Übrigens soll dieSumpfmutter noch gesagt haben, dass man in diesem (vermutlich demkleinen) Sumpf jedes Jahr Beeren abpflücken müsse, was von da anauch getan wurde.^'^

13 LOORITS, 1926—28, I, 108. 11 ibidem, 108 f.

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Die religionsgeschichtliche Ausbeute aller oben angeführten livischenÜberlieferungen ist keine reiche. Wir sehen jedoch, dass die  suo-äma alsein durchaus menschenfreundliches Wesen aufgefasst wurde und dassihr auch ein bescheidener Kult (das Opfern von Garn und Handtuch)

zugedacht war. Dass man der Sumpfmutter bei einer Kiefer mit zweiWipfeln opferte, ist zwar bezeichnend, aber kaum überraschend: Bäumemit einer sakralen Bedeutung unterscheiden sich beinahe immer inirgendeiner Weise von den an d e re n .W u rd e etwa ein Hümpel als der Kopf der Sumpfmutter betrachtet, während die Waldschachtelhalme alsihre Haare galten, so sind hierin in ihrer Gestalt gewisse chtonischeZüge zu erblicken.

Als nächste Verwandte der Sumpfmutter im livischen Volksglaubengilt die Beerenmutter, möfad-äma. Auch sie hatte viel mit den im Waldund Sumpf wandernden Beerensammlern zu tun,^® so dass man in Fragestellen kann, ob die Sumpfmutter und die Beerenmutter in der Vorstellungswelt des Volkes immer auseinandergehalten wurden.

J. J. Bachofen wies seinerzeit darauf hin, dass Aphrodite, Artemis(bzw. Artemis Limnatis) sowie andere Göttinnen und mythische Frauengestalten des klassischen Altertums bemerkenswerte Beziehungen zum

Sumpf und zur Sumpfvegetation unterhielten. In diesem Umstand er blickte er den Ausdruck einer „wilden Sumpfzeugung“ , d.h. eines aus-serehelichen Geschlechtslebens oder Hetärismus, das unter der Schirmherrschaft der „grossen Sumpfmütter“ s t a n d .E r wollte auch geltendmachen, dass es sich dabei um eine „Naturidee“ handelte, die zu keinemeinzelnen Volk, sondern zum ganzen Menschengeschlecht gehörte.^^ Dielivische Sumpfmutter hat indessen nichts mit dem Geschlechtsleben zuschaffen, und überhaupt scheint es, dass Bachofens These in dem Quellenmaterial aus dem uns beschäftigenden Gebiete keine Erhärtung findet.

Der Irreführer, der z.B. bei den Russen bisweilen als eine anziehendeFrau auftritt, um wollüstige Männer in Sumpf und Verderben zu lokk e n , bildet kaum eine Ausnahme von der Regel.

Vgl. hierzu JOHANSONS, 1964, 257 ff.Iß LOORITS, 1926—28, I, 107.

BACHOFEN, 1966, 12 ff.1® ibidem y 12.Iß Vgl. beispielsweise A. IVANOV, 1900, 71.

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Unter den übernatürlichen Wesen, die nach russischem Glauben in der freien Natur wirken, finden wir auch einen Sumpfgeist, bolotnyj, jedoch

ist dieser eine so vage Gestalt, dass er auf Schritt und Tritt bald mitdem vodjanoj und dem leUj, d.h. mit dem Wassergeist und dem Waldgeist, bald mit dem Teufel verwechselt wird.^ Allerdings stellt man denbolotnyj als einen Mann hin, dessen Körper mit grauer Wolle überwachsen ist; er hat lange Arme und einen langen Ringelschwanz.-

 Nach gewissen russischen Aufzeichnungen entwickeln die Feld-,Sumpf- und Wiesengeister gerade in der Mittagsstunde und vor demSonnenuntergang eine rege Tätigkeit. Dann soll der Mensch nicht imFreien schlafen: die aus ihren Wohnstätten herausgekommenen Geister 

versetzen ihn sonst in allzu tiefen Schlaf, oder sie lassen ihn vom Fieber und von anderen schweren Krankheiten befallen.^

Die grauenvolle Atmosphäre des Sumpfes wird in der Vorstellungswelt der Russen dadurch verstärkt, dass sie dorthin den Aufenthaltsortvon verwunschenen Toten verlegen. Infolgedessen werden auch manchein den Sümpfen vorkommende Geisterwesen, die mit Sicherheit keinenmanistischen Ursprung haben, oftmals als verfluchte „einstige Menschen“oder „Gestorbene ohne Kreuz“ aufgefasst.^

In dem altrussischen Sendschreiben des Metropoliten Joann an denMönch Jakov (1080-er Jahre) ist von Opfern die Rede. Die Aufmerksamkeit wird auf diejenigen gerichtet, die „den Teufeln und den Sümpfenund den Brunnen opfern und die ertappt werden“' Diese Aussage lässtverschiedene Deutungen zu. Man kann Beschwichtigungsopfer an diein bekannter Weise diabolisierten Wasser- und Sumpfgeister voraussetzen. Es ist aber auch möglich, die angeführten Worte im Lichte einesanderen altrussischen Dokumentes zu interpretieren, wo allerlei Sündenverzeichnet werden, darunter „wenn jemand den Teufel um etwas zum

 Nachteil eines anderen Menschen bitte t“ .®Da der Sumpf bei den Russen so häufig als die Wohnstätte des Teufels galt, konnte man letzterendort nicht nur um etwas derartiges bitten, sondern auch das Gesagtemit einem Opfer besiegeln.

1 Hierzu JOHANSO NS, 1965, 49.2 UŠAKOV, 1896, 161.

KOLČIN, 1899, 28 f.^ ZAVOJKO, 1914, 86, 100." MANSIKKA, 1922, 248.® ibidem^ 267.

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Unvergleichlich reicher als bei allen ihren Nachbarn sind die Sumpfgeisttraditionen bei den Weissrussen, was die besonders sumpfige Beschaffenheit ihres Landes zur natürlichen Voraussetzung hat. Die weissrussischen Sumpfgeister werden nach einer eigentümlichen Rangordnung

gegliedert: im schlimmsten Pfuhl wohnt der gefährlichste Geist, imTrockenen oder Halbtrockenen hausen die harmloseren.^

Im mehr oder weniger „gewöhnlichen“ Sumpf begegnet man demholotnik. Obwohl niemand ihn richtig erschaut hat, weiss man zu erzählen, dass er im grossen und ganzen einem Menschen ähnelt. Jedochist er unverhältnismässig dick und von Kopf bis Fuss mit Schlamm bedeckt, so dass nicht einmal seine Augen sichtbar sind. An der Schlammhülle haften Wasserpflanzen, Moos, Schnecken sowie Wasserkäfer undanderes Insekt, was alles ihn plump und ungelenk erscheinen lässt. Der 

bolotnik  pflegt sich unter der Oberfläche des Sumpfes aufzuhalten, under freut sich daran, über seinem Wohnort die Pracht einer üppigen Vegetation zu sehen. Die schönen Blumen, Preisei- und Moosbeeren, Pilzeund der Porst mit seinem betäubenden Duft sind für ihn aber nur Mittel,um Menschen oder Tiere heranzulocken und sie ins Verderben zu stürzen. In derselben Absicht schlägt er im Sumpf Wassergruben aus, dieer heimtückisch durch Pflanzen tarnt oder mit zusammengescheuchtenFischen füllt. Zuweilen muht er wie eine Rohrdommel oder schnattertwie eine Ente; er kann ebenfalls die Stimme des Birkhahns, des Haselhuhns und noch allerlei anderer Vögel nachahmen. Der  bolotnik  ärgertsich krank, wenn er einen Mann erblickt, der mit Hilfe hölzerner Sumpfschuhe geschickt den Sumpf überquert, oder wenn in der Sommerhitze gar ein Bauer mit seiner Fuhre ihn durchfährt. Im Winter kauerter sich zusammen und liegt in der tiefsten Tiefe seiner Wohnstätte inständiger Angst davor, dass der Sumpf durchfrieren und er selbst ein-gehen könnte. Aus seinem Lager steigt zeitweise sein warmer Atemempor, wodurch sich die nicht zugefrorenen Flecke der Sumpflachen

 bilden.^Gewisse Stellen in Torfmooren, wo es kaum irgendeine Vegetationgibt und die aus breiigem, schwarzem Schlamm bestehen, werden mitdem Wort bagna bezeichnet. Eine bagna, die vom Eisensumpferz rot braun gefärbt ist, heisst orzavin'ja und gilt als der denkbar schlimmstePfuhl.^ Auch dort sind besondere Geister zu finden, nämlich der  bagnik  und der orzavenik.

NIKIFOROVSKIJ, 1895, 487. 

NIKIFOROVSKIJ, 1907, 80 ff. NIKIFOROVSKIJ, 1895, 487.

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Seinem Aussehen nach ist der  hagnik  noch schmutziger als der obengeschilderte bolotnik. Er führt ein unterirdisches Dasein, und nicht einmal ein Opfer, das sich in dem Schlamm windet, lockt ihn aus seiner Lagerstätte heraus. Er ist überzeugt davon, dass der Eingesunkene sich

nicht retten kann und früher oder später zu ihm heruntersinken wird.Seine Beute pflegt allerdings spärlich zu sein, denn sowohl Menschenals Tiere meiden die bagna. In der Regel sind da nur Schnecken, Käfer,Egel und Regenwürmer zu finden. Diese werden zwar von Stelzvögelngefangen, welche jedoch immer schleunigst die bagna verlassen, um somehr, weil der  bagnik  mitunter gefährliche Dünste auspufft. Seine Gegenwart lässt er überhaupt meist durch aufsteigende Blasen ahnen; oftmals erzeugt er auch Irrlichter. Im Gegensatz zum bolotnik  fürchtet er sich nicht so sehr vor der Kälte. Die bagna friert selten zu, weil sie, wie

man sich das vorstellt, von dem pulsierenden Körper des bagnik  gewärmt wird. Seine erbitterten Feinde sind jene Leute, die den Schlammaus der  bagna schöpfen, um daraus Heizmaterial zuzubereiten oder damit ihre Äcker und Gemüsegärten zu düngen. Grosse Plagen hat er in der Sommerschwüle zu ertragen, wenn die bagna nicht nur eintrocknet, sondern hie und da sogar zu brennen anfängt. Dann liegt er halbtot auf dem Grunde seines Domizils, bis Regen und Bäche denSchlamm wieder aufweichen.

Der  oriavenik  wird als ein schmutzigbraunes menschenähnlichesGebilde beschrieben. Sein Bauch ist garstig gross, seine Beine hingegensind dünn wie Schachtelhalme. Er rülpst unaufhörlich. Der  oriavenik  erhascht selten ein Opfer, denn in dem eisenhaltigen schlammigen Wasser, das sein Element bildet, gibt es weder Frösche und Würmer nochirgendwelche Käfer. Dorthin geraten nur gehetzte Tiere oder einMensch, der nicht bei vollem Verstände ist. Auch darum kann der  oria

venik  kaum jemand betrügen, weil sich seine Aufenthaltsstätte, selbstwenn sie unter Schnee und Eis liegt, durch ihre gelbbräunliche Färbung

verrät. Wo er sich auch verbirgt, die trüben Blasen auf der Wasseroberfläche sowie das darüber schwimmende rostbraune „Fett“ entlarvenihn.^^

Die drei genannten Sumpfgeister sind alle solitäre Wesen, ohne Frauund Kinder. Obwohl sie gewisse Ähnlichkeiten mit dem Wassergeistaufweisen, weiss sich der letztere vor ihnen zu hüten. Sie helfen einander, wenn es gilt. Menschen und Tiere zu verfolgen; sonst stehen sie

10 NIKIFOROVSKIJ, 1907, 82 f.11 ibidem, 83 f.

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miteinander in keinerlei Verkehr, wenn auch ihre Wohnorte oft Seite anSeite liegen. In bemerkenswerter Weise sind sie gegen den Blitzschlaggefeit, der nämlich seine Kraft bei der ersten Berührung mit der Sumpfoberfläche verliert, so dass ihn die Geister in der Tiefe höhnisch aus

lachen können. Ihr Schicksal ist dagegen besiegelt, sobald eine gründliche Entwässerung des Sumpfes vorgenommen wird. Der Schlamm erstarrt langsam, und die bisherigen Wohnstätten, die sie nicht verlassenkönnen, verwandeln sich in ihr Grab.^-

 Neben den drei individualisierten Geistern sind in den weissrussischen Morästen noch die scharenweise auftretenden lozniki bzw. lazniki zu finden. Diese, wie bereits ihre Benennung (zu wr. laza und russ. loza ‘Bachweide’) besagt,^^ weilen meist in den Weidegebüschen oder in deren Nähe. Die lozniki sind klein und neckisch. Freilich sind sie oftmals der Anlass dazu, dass ein Mensch sich im Gesträuch verwickelt oder ineine unbemerkte Wassergrube einsinkt, jedoch geschieht das nicht auseiner bösen Absicht heraus, sondern ergibt sich aus der spielerischen Gemütsart der  lozniki. Wird es ernst, so reichen sie dem Versinkenden eineWeidenrute oder einen Kalmusstengel, damit er sich rette. Kommt der Mensch trotzdem um, so ist er aller Wahrscheinlichkeit nach dem vod- 

 janoj oder dem bolotnik  zum Opfer gefallen. Die relative Harmlosigkeit der winzigen lozniki bewahrt sie nicht vor dem Verhängnis der 

grossen Wasser- und Sumpfgeister: wird der Sumpf entwässert und werden die Gebüsche abgeholzt, hört damit auch ihre Existenz auf.^'^

Abgesehen von denjenigen übernatürlichen Wesen, die sich den Eigenschaften des Sumpfbodens entsprechend abzeichnen, hausen in denSümpfen Weissrusslands die Teufel, welche die Wassergruben benutzen,um ihre Aufenthaltsstätten zu erreichen, „genau so wie sich die Füchseund Iltisse in ihre Höhlen verkriechen“.^'^ Bei den in Litauen ansässigenWeissrussen war die Vorstellung von besonderen Sumpfgeistern schonEnde des 19. Jahrhunderts verschwunden. Dort sagte man nur, dass inden Sümpfen „böse Geister“ oder „die schrecklichen langohrigen Teufel“ wohnten.^®

ibidem, 80 f.N. Nikiforovskij verwendet in seinen Schriften meist die russischen Formen der 

Geisternamen, die von den weissrussischen ein wenig abweichen. Da seine Forschungen diesem Teil unserer Untersuchung hauptsächlich zugrunde liegen, ist hier auch seine 

Schreibart beibehalten worden.NIKIFOROVSKIJ, 1907, 84 f.

NIKIFOROVSKIJ, 1895, 486.. FEDEROWSKI, 1897, 16 f.

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Im vorhergehenden wurde auf die bei den Esten vorkommende Sagehingewiesen, nach welcher Waid-, Sumpf- und andere Naturgeister vomHimmel herabgestürzte Bösewichte seien. Die weissrussische Überlieferung berichtet, dass es sich dabei um  jangaly, d.h. Engel, handelte, die

Gott seiner himmlischen Herrschaft berauben wollten. Sie wurden vomBlitz Gottes getroffen, so dass einige von ihnen in Sümpfe, andere inWälder  U.S.f. herunterfielen. Jetzt erscheinen sie entweder als Menschenmit Schweinskopf und Schwanz oder in der Gestalt irgendeines Tieres.Die ukrainische Variante derselben Sage gebt davon aus, dass nicht nur Gott, sondern auch der Teufel einst im Himmel wohnte. Da der Teufelsich ziemlich langweilte, zumal er keinen Freund hatte, gab Gott ihmden Rat, einen Finger ins Wasser zu tauchen und ihn hinter dem Rückenabzuschütteln. Der Teufel tauchte aber die ganze Hand ein, und als er 

sie zu schütteln begann, entflogen ihr scharenweise neue Teufel. Dieseempörten sich gegen Gott, der sie dann zur Strafe vom Himmel herabwarf. Wer ins Wasser fiel, wurde zum Wassergeist, wer in den Sumpf fiel, wurde zum Sumpfgeist u.s.w. Demgemäss sind alle auf Erden vorhandenen Geister vom Teufel herzuleiten.Diese und ähnliche Traditionen, die auch in Skandinavien und anderorts in Europa zu findensind,^^ gehen wohl letzten Endes auf Johannis Offenbarung 12: 7—9zurück.

Wir hörten schon früher, dass der ukrainische Sumpfgeist, bolotjanyk, als ein Wesen geschildert wird, das den Menschen gern zum Narren hält.Man sagt auch, es sei gefährlich, im Sumpf die Schalmei zu spielen; wer das tut, wird von dem bolotjanyk  in den Bruch hineingerissen. Nachukrainischem Glauben vermehren sich die Sumpfgeister genau wie dieMenschen, wobei sie sachkundige Geburtshelferinnen zu Rate zu ziehen pflegen. Wenn diese alles ausführen, was der Sumpfgeist ihnen befiehlt,erhalten sie eine gute Belohnung. Die ukrainische Überlieferung weissebenfalls zu berichten, dass einmal ein Mann mit seiner Fuhre des Weges

ziehend plötzlich den Sumpfgeist erblickte, der am Wegrand sass; er  bastelte an einem Lederstück, wobei er sang, und begann endlich Schuheanzufertigen. Als der Mann näher kam, tauchte der Geist in den Sumpf und warnte den Menschen, dass er sich hüte und von ihm Abstandhalte.^® Ein gespensterhaftes Wesen („ein Schuster mit Nase, aber ohne

LJACKIJ, 1890, 30 f.Í8 HNATJUK, 1912, VIII f.

Vgl. GRANBERG, 1935, 71 f.

Alle erwähnten Überlieferungen über den bolotjanyk  bei HNATJUK, 1912, XXII f. Vgl. auch MACHAL, 1891, 144, 165, 169.

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 Nasenlöcher“), das auf einem Baumstumpf im Sumpfe sitzt und Schuheanfertigt, kommt in einer lettischen Sage aus dem lettisch-litauischenGrenzgebiet vor.^^

Wie bei allen osteuropäischen Völkern, gilt auch bei den Ukrainern

der Sumpf als eine bevorzugte Aufenthaltsstätte der Teufel und alsWirkungsfeld des Irreführers. Der letztere tritt in ukrainischen Volkserzählungen unter dem Namen blud  auf. Er nimmt bald Menschengestalt, bald Tiergestalt an, aber er kann auch als Heuschober und desöfteren als ein aufglühendes, fliehendes Irrlicht erscheinen.

5.

Aus sämtlichen Ausführungen geht deutlich hervor, dass bei den uns

 beschäftigenden Völkern nur ganz vage Spuren von einem Sumpfgeistnachzuweisen sind, den man als Eigner oder Schirmherrn des Sumpfes

 bezeichnen könnte. Wir begegnen vorwiegend Wesen von bösartigemCharakter, die sich häufig kaum von Teufeln unterscheiden lassen.

Diese Sachlage scheint teilweise darauf zu beruhen, dass die übernatürlichen Schirmherren — wie z.B. jene des Waldes und Wildes — inder Regel wohl neckisch und manchmal gefährlich sind, jedoch gleichzeitig bei der Nahrungsversorgung der Menschen unterstützend eingrei-

fen. Der im Walde hausende Herr der Tiere besitzt und beschützt dasWild, und er weist dem Jäger eine angemessene Menge von Tieren zu;der Schirmherr der Gewässer verfährt, wie das in unserer Studie über den Wassergeist erwähnt wurde, auf dieselbe Art mit den Fischen. Der Sumpf birgt wenig Wertvolles; demzufolge kann sich auch ein Sumpfeigner schwerlich als Gönner der menschlichen Existenz behaupten. Es istimmerhin hervorzuheben, dass die in dürftigen Verhältnissen lebendenLiven ihre Sumpfmutter für gut und hilfreich hielten: sie gab ihnen dieMoosbeeren.

Die vorher (besonders im Abschnitt 1) vorgebrachten Umstände, dieden Sumpf in einen berüchtigten Bannungsort verwandelten, waren auchdie Ursache dafür, dass die in den Sümpfen hausenden übernatürlichenWesen ohne Rücksicht auf ihre Provenienz die Farben des Todes undder Hölle annahmen.

Aus gewissen in lettischen Volksliedern enthaltenen Angaben lässtsich die Ansicht herausschälen, dass der kultivierte Boden Gottes Eigen-

 LTTP, VII: 1, 476 f.22 HNATJUK, 1912, XIV, XXIV f, 182.

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tum war, während das unbestellbare Land, darunter die Sümpfe, demTeufel gehörtend Entsprechendes wird in folkloristischen Aufzeichnungen der Esten angedeutetd Da diese Auffassung auf Dualismus fusst,kann sie kaum ursprünglich lettisch oder estnisch, sondern dürfte eher 

religionssynkretistischen Ideenverbindungen entsprungen sein.In einem weissrussischen, auch gewissermassen vom Religionssynkre

tismus beeinflussten Märchen wird der Teufel geradewegs als der Schöpfer des Sumpfes geschildert. Nach diesem Märchen gab es im Anfang nur reines Wasser, und alles blitzte und blinkte in der Sonne wieGlas. Da fuhr Gott in einem Kahn über das Wasser und „säte“ dieErde. Er warf nämlich eine Handvoll Erde auf das Wasser, das sichdaraufhin teilte, und hervor trat die trockene Erde mit Wäldern, Feldern und Wiesen. Der Teufel, der ihm nachgeschwommen war, ergriff 

eine Handvoll Samen aus Gottes Kahn und schluckte sie hinunter. „Dafreute sich der Teufel”, heisst es weiter in dem Märchen, „und schwammschnell fort. Auf einmal bemerkte er, dass sein Bauch wie Hefe aufgingund so stark schwoll, dass die Seiten auseinandergingen. Der Bauchschwoll immer mehr und mehr, bis der Teufel nicht mehr atmen konnte.Da spie er den ganzen Samen aus, und überall, wo er hinspie, entstanden Baumstümpfe und Weidenbüsche. Der Teufel schleppte sich durchdas Wasser und spie so heftig, dass es ihm fast den Magen heraushob.

So wurden es immer mehr Weidenruten auf dem Wasser, immer mehr und mehr. Dem Teufel war furchtbar übel, er wollte den ganzen Samenaus dem Bauch heraushaben, und so lief er wie eine Spinne auf demWasser hin und her und spuckte. Nach einiger Zeit war das ganze Wasser mit Weiden bedeckt. Der Teufel hielt sich an einer Rute fest undrülpste so stark, dass alle Samen aus dem Bauch ins Wasser fielen unddort allerlei garstiges Unkraut entstand. So besudelte der Teufel dasreine Wasser und machte es zu einem garstigen Teufelsmoor“.^ DieMotive dieses Märchens wiederholen sich bei den verschiedensten Völ

kern in allerlei Varianten. Es ist aber aus ökologischem Gesichtspunkt bezeichnend, dass der Teufel nach weissrussischer Anschauung nichtSteine, Berge oder dergleichen mehr, sondern gerade Sümpfe geschaffen hat.

Ad. E. Jensen hat die These aufgestellt, dass manche in „recht belang-

1 Vgl. ŠVĀBE, 1921, 41 ff.2 Vgl. LOORITS, 1949—57, III, 135 f.^ Belorussische Volksmärchen, 504 f. Übrigens ist der Sumpf bei den Weissrussen, 

wie bei vielen anderen Völkern, auch die günstigste Stelle, um den Teufel heranzurufen, vgl. z.B. ibidem, 239.

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losen“ Erzählungen auftretende Geister oder ähnliche Gestalten nur aus den echt mythischen Beschreibungen von Gottheiten und ihren Taten verständlich werden. „Meistens“, sagt er, „handelt es sich dabei umkörperlich abnorm gebildete Geister, bei denen ein ursprünglich echt

mythisch begründetes Merkmal nur noch um des Greulichen willen bei behalten wird“.^ H ier kann man sich fragen, ob der Umstand, dass dieFigur der weissrussischen Sumpfgeister — des holotnik, bagnik  undorzavenik  — durch einen riesigen Bauch entstellt wird, irgendeinenmythischen Kern verbirgt.

Gerade erfuhren wir, dass bei den Weissrussen reines, glänzendes Wasser als eine Art „Urzustand“ galt. Wieder aus ökologischen Gründenliegt jedoch der Gedanke nahe, dass in diesem sumpfreichen Lande auchandere Vorstellungen von Verhältnissen vor der Entstehung der jetztvorhandenen Welt bestanden. Wir wissen, dass das Chaos oder der Urstoff, aus dem eine höhere Macht die Welt schuf, nicht nur im altvorderorientalischen Glauben, sondern vielerorts als eine formlose, flüssige oder schlammige Masse gedacht wurde.^ Alte Phantasiegebilde vonschwimmenden „Chaostieren“, wie etwa von der babylonischen Tiämatund dem biblischen Leviathan, haben später das Aufkommen anderer Ungeheuer nach sich gezogen, deren Bauch einen vollen Menschen undgegebenenfalls ein ganzes Schiff in sich aufnehmen konnte. Im Mittel

alter wurde der Bauch solcher Geschöpfe mit der Hölle verglichen. DieFinsternis, die einen Verschlungenen umgab, kann aber gleichzeitig diekosmische Nacht, das Chaos vor der Schöpfung, symbolisieren.^

Der Sumpf — und besonders ein so schlimmer Sumpf wie die bagna oder  orzavinja Weissrusslands — ist schlammig, in gewisser Hinsichtamorph; einem Menschen, der in geordneten Verhältnissen lebt und sichdorthin verirrt, kann er das Gefühl einer Auflösung im Chaos vermitteln. Die Tiefen des Sumpfes münden in die Unterwelt, und daher versinnbildlichen sie auch die Hölle. Von diesen Vorstellungen ist es nur ein

Schritt zu dem gewaltigen Bauch der drei weissrussischen Sumpfgeister in oben erwähnter Bedeutung.

Trotzdem sind diese Wesen kaum — um diesmal die von Jensengegebenen Richtlinien zu bestreiten — als Gottheiten anzusehen, dieetwa nach einem langen Degenerationsprozess als Geister auftreten.^ Wie

^ JENSEN, 1960, 371.Vgl. EISSFELDT, 1940, 1 f, und ELI ADE, 1957, 30.

° Vgl.  RGG , IV, 337 f (Leviathan) und Registerband, 1021 s.v. „Tiämat“; 

ELIADE, 1960, 219 ff.' JENSEN, 1960, 370.

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dem auch sei, ich möchte sie und ihresgleichen bei anderen Völkern als.ursprüngliche Eigner oder Schirmherren des Sumpfes betrachten. Nacheinem sehr altertümlichen indoeuropäischen Glauben, der im alten Iran belegt ist, besass alles, was sich im Himmel, auf Erden oder Wasser be

findet, seinen ratu, d.h. Schutzgeist oder Herrn.® Sümpfe dürften vondieser Regel keine Ausnahme bilden. Dieselbe Vermutung trifft auf dieFinno-Ugrier mit ihrem sehr entwickelten Schutzgeistglauben zu. Diewenig ansprechende Beschaffenheit des Tätigkeitsgebietes der Sumpfeigner war aber daran schuld, dass sie beinahe unauflöslich mit bösenGeistern verschmolzen und dass darüber hinaus, wie in dem weissrussischen Fall, auch unheimliche mythische Merkmale auf sie übertragenwurden.^

NYBERG, 1937, 161 f.Eine kürzere Fassung der oben vorgelegten Studie: JOHANSONS, 1966, 237 ff.

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SCHLUSS

Wir haben gesehen, dass bei den Völkern des ostbaltischen Raumessowie auch bei den Ostslaven verschiedenartige Vorstellungen vonWassergeistern der Binnengewässer zu finden sind. Eine grössere Anzahlvon Wesen, die man ohne Vorbehalt als Eigner oder Schirmherren der Gewässer und Fische bezeichnen könnte, kommt jedoch in dieser Regionnicht vor. Dem echten Typ der übernatürlichen Eigner entsprechen nur die „Alten“ allerlei Fischarten, die im Volksglauben der Esten eine gewisse Rolle spielen. Mehr oder weniger deutliche Spuren der Vorstellungen von Eignern sind allerdings auch bei den anderen Völkern desuns interessierenden Gebietes vorhanden. In diesen Zusammenhang gehören z.B. die lettischen Sagen über die geheimnisvollen Suchrufe nacheinem verschwundenen merkwürdigen Fisch, das Auftreten des Wassergeistes als Hirt der Krebse (bei den Russen), die volkstümliche Anschauung der Litauer, dass ein jeder See oder Fluss einen eigenen Herrscher besitze, und dergleichen mehr. Was von alledem zu einem ursprüng

lichen, obzwar allmählich verblassten Glauben eines bestimmten Volkesoder einer Volksgruppe gehört, was andererseits aus fremder bzw. erworbener religiöser Erfahrung stammt, lässt sich nicht immer erschlies-sen. Mit Rücksicht auf verschiedene Kulturtypen und deren Auswirkung auf die Religion verdienen einige Folgerungen erwähnt zu werden,die I. Paulson in seiner posthum erschienenen Synthese der estnischenVolksreligion gezogen hat: „Der Wald mit seinem Wild sowie das Wasser mit den Fischen geben den natürlichen Hintergrund her, wo sich dieältesten Glaubensvorstellungen und Gebräuche aus dem Ökotyp der 

Wildbeuter am längsten erhalten haben, obwohl man auch hier mit späteren Elementen rechnen muss . . . Der Ackerbau mit Viehzucht habenandere Bereiche des Naturglaubens vorrücken lassen, die Mächte undWesen der Erde und des Himmels, was die "Agrarreligion’ des Bauernmassgebend geformt hat. An diese schliessen sich die Vorstellungen undKulte des sog. Innenkreises, den Haus und Hof sowie das Familieleben bilden, eng an“ . Mit den von Paulson erwähnten späteren Elementenmöchte ich jene Art von Wassergeistern verknüpfen, die sich vor allem

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 bei den Slaven herausgebildet hat, nämlich Wesen von boshaftemCharakter, von deren Tätigkeit die meisten auf oder in den Gewässernerlebten Strapazen sowie der Tod durch Ertrinken hergeleitet werden.Dieser Glauben hat Veranlassung dazu zu geben, in dem Wassergeist

selbst einen sog. unruhigen Toten zu erblicken, — eine Auffassung, diesich wie alle monogenetischen Deutungsversuche nur dann und wanndurchsetzt. Im ganzen sind jedoch die Kontaminationen zwischen demWassergeist und anderen Gestalten des Volksglaubens sehr stark. Urkunden und Überlieferungen, nach welchen ein übernatürlicher Wasser bewohner „Teufel“ genannt wird, müssen der sorgfältigsten Prüfungunterworfen werden, denn solche Vorstellungen von Teufeln könnenhäufig das Ergebnis eines insbesondere unter dem Einfluss der christlichen Dogmatik stattgefundenen Diabolisierungsprozesses sein.

Die oben angeführten phänomenologischen Feststellungen und Befunde treffen in noch grösserem Ausmass auf den Sumpfgeist zu. DasWenige, was wir über diesen Geist bei den Balten sagen konnten, istzwar erschlossen, nicht aber unmittelbar bezeugt. Einige direkte Zeugnisse sind im estnischen Überlieferungsmaterial erhalten geblieben, obwohl wir auch dort auf tiefgreifende Kontaminationserscheinungen stos-sen. Eine beachtenswerte Variante des Sumpfgeistes vertritt die livischesog. Sumpfmutter. Obschon in keiner reicheren Formgebung, so findet

sich doch schon in genügend deutlichen Ansätzen die Vorstellung vomSumpfgeist im ukrainischen Volksglauben. Ähnliche, wenn auch vielschwächere Ansätze sind bei den Russen festzuhalten. Es ist aber vor allem die reichhaltige weissrussische Überlieferung, die uns gestattet,den Sumpfgeist nicht als eine Abart irgendeines anderen Wesens, sondern als eine selbständige Gestalt zu betrachten.

Die allgemeine Bedeutung der Gewässer und Sümpfe im Glauben der uns interessierenden Völker haben wir bloss gestreift. Bemerkenswert istdie oftmals nachweisbare Gleichstellung des Sumpfes mit der Jenseits

welt und der Hölle oder mindestens mit den Eingängen zu denselben.Diese Auffassung hat in Zaubersprüchen, Moorbestattungen sowie imHexenwesen u.s.w. ihren Ausdruck gefunden. Andere bedeutungsvolleVorstellungen, wie etwa diejenige von dem Sumpf als Purgatorium,^haben sich bei den Völkern des ostbaltischen Raumes und bei den Ostslaven nicht entwickelt.^

2 Vgl. LANDAU , 1909, 60.* Es sei auch noch darauf hingewiesen, dass eine Region in derjenigen Welt, die 

der sibirische Schamane im extatischen Zustand durchwandert, aus einem Sumpf  besteht, vgl. FRIEDRICH, 1955, 35.

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In einer Auseinandersetzung mit dem Problem der ökologischenMethode in der Religionsforschung schrieb neulich Åke Hultkrantz:„Since religion is a part of culture, it also shares, directly or indirectly,some of the effects which environment has on culture. The implication

is that environment furnishes us with certain clues to religious inter pretation, and therefore enables us to trace religious configurations of the past in the same natural setting“ .* Es scheint mir, dass auch die hier angestellten Untersuchungen diese Gesichtspunkte rechtfertigen können.

^ HULTKRANTZ, 1966, 132.

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S E I T E N W E I S E R  

A. PERSONEN(einschliesslich Götter- und Geisternamen)

Adam von Bremen 7, 9 Bubbelmann 19 f   genii speciei  26Adamovics 39, 53 Bubulis 19 f Gerullis 45, 80Afanas'ev 23, 25 f, 32, 38, Buddruss 24 Gimbutas 9

42, 61, 74, 77, 85 hüsemann 20 Gleye 8

allika-haldjas 53 Butzemann 20 Glob 72Altheim 11, 42 Būzēlis 19 f, 55 Granberg 94

Antoniewicz 9 Grimm 20

Antonius der Einsiedler 12 cért  32 Grohmann 63

Aphrodite 89 Coyote 29 Gutslaff 40 ff 

Artemis 89 Crawley 74 Gutzeit 19 f 

Avin 75 Christus s. Jesus

avota saimnieks 52 Culesius 42 Haase 11, 18, 28, 33, 42, 44, 49, 60 f, 77

Baaren 17deivés 81 haldjad  32, 86 f 

Depis 18 f  Hastfer 55Bachofen 89Dievs 76 Heiler 17, 50, 74, 77

bäckahästen 21 Dobrovol'skij 60, 75 Hellmann 8hagnik  91 f, 97 Dovnar-Zapol'skij 51 Herodes 77halinis 80 Hinken 81Balys 10, 25, 37, 46 f. 55,

Edsman 12 Hnatjuk 28, 32 f, 62, 75,81 f  Eissfeldt 85, 97 83, 94 f 

Basanavicius 82, 85 Eliade 46, 97 Holmberg 22, 46, 49Berkholz 8 Eliezer 31 f  Holzmayer 87Bertholet 46 Endzelīns 45, 85 Hultkrantz 29, 101

Biezais 54 Ezerinis 45hlud  75, 95 Ilja 42, 59 f Boeder 55 Federowski 93 Isaak 77Boehn 43 Flechsig 20 Ivanov, A. 89Bojäte 80 Fleming 8 Ivanov, P. 62, 82bolotjanyk  83, 94 Fraenkel 9, 20holotnik  91, 93, 97 Friedrich 24, 100 Jakob, Jakov 77, 90bolotnyj  74, 90 Jakobsson 69Bregzis 53 Garoziņu Pēteris 70 f Jaśkiewicz 20, 46, 81Bruiningk 74 Gaujas vecis 24 ff  Jehosuâ 31

Brummer 79 Georg, hl. 76 Jensen 18, 29, 34, 96 f Bubbel 19 f   genii loci  26 Jesus 21, 51

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Joann 90Johannes der Täufer 77 

Johansons 10 ff, 18, 20,25 f, 34, 55, 78 f, 89 f, 98 

Jung 29

kaevH-haldjas 55 kaevH-kol'l 55 

kaevH-vaim 55 Kalak 19, 25, 32 f, 39, 42, 

85

Kallas 79, 86 Kelch 53 Kerényi 29 

Kettunen 87 Kirnis 81 

Kolein 90 koHV-jema 55 

Kretschmer 22 Kühnau 32 f  Kurtz 50 f, 78, 80 Kwek 50, 63, 80

La Baume 71 f  Laima 54 Landau 74, 100 Lange 51 

Langius 36 f  

Langkusch 81 Lasicki 45, 81 Laskowski 81 

laumès 81 laznikiy lozniki  93 

Lerchis-Puskaitis 54 lesij  63, 90 Lesnaja 24 

lesovik  75 Leviathan 31 f, 97 

lietuvēns 46 Lindsten 71 

Ljackij 94  Ijasun 75

Loorits 11 f, 21 ff, 25, 32, 

36 ff, 41 f, 44, 47 ff, 53, 55, 79, 86 ff, 96

Lytuvonis 46

Mâchai 37, 94 Mackensen 12, 27, 58 

Maksimov 32 f, 69 Mannhardt 45 f, 50, 55, 81 Mansikka 27, 76 f, 90 

Māra 51, 78 Maria, hl. 51, 76 ff  Mater fontium et fluviorum 

50, 64 mātes 18Michel (Lettuiske Michel) 

40

mörad-äma 89 

Moser-Rath 28

näkk 22 Neck 21, 48Nikiforovskij 32, 35, 55, 

58 ff, 91 ff  Nikolaus, hl. 76 Nyberg 98

Ohrt 74Oliverus von Paderborn 50 orzavenik  91 f, 97 Osiris 27 

Oxenstierna 38

Paulson 26, 28, 34, 44, 64 f, 99

Petrus de Dusburg 44 f  Pettazzoni 29 Plāķis 45, 85 

Plensners 58 Plinius d.Ä. 7 Popelmann 19 

Popov 24 Poseidon 22 Praetorius 54 f  

 pūķis 39

Radin 27 Ranke 13 

ratu 98rector paludis 80

Rimscha 8 Roeder 27 Röhrich 27, 29 f  Romanov 75 ff  Runeberg 11 rusałki  18, 61 Russwurm 43, 48

Saules meita 50 Scheftelowitz 54 Schilling 51 ff  Schleicher 84 f  Schlüter 79 f  Schneeweis 35, 38 

Segerstedt 50 Setech (Seth) 27 Sigfridi 38 skenduolis 64 

Slaski 9Slaviünas 26, 32, 39, 64 Sloka 51, 70 

Smits 38, 50, 80 soo-tont  86 soo-vaim 86 

Spence 50Straubergs 28, 43, 51, 64, 69 f, 76 f  

Stribingius 64 

Stryjkowski 45 f  Šturms 45, 85 f  Subatnieks 80 

suo-äma 87, 89 suo-lapst  87 

Sulninys 54 Švābe 58, 96 Svenne 55 ff  Svennung 7 Sydow 21 f, 48

Temme 80 Tettau 80 Thies 72, 74 

Thompson 49 Tiamat 97 

Toeppen 48Tokarev 18, 29, 32 f, 63

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topich 47 f  topielec 33 traukutis 64Trejland (Brivzemniaks) 

75 f, 80 

Tret'jakov 9 Trickster 29, 62 trjasavicy 77

ūdens dievs 26 ūdens gars 56 

Ūdens māte 50, 64 ūdens vecis 26 ūdens velns 36 f  Upinis dievas 45

Ürüng-Uolan 23 Urtāns 86 Ušakov 61, 74, 90 utopliec 33

vadātājs 75, 83 valdytojai  32 

velis 33 velnenka 85velnias, velniai, velniuksčei  

32, 85 velns 28, 33, 54, 64 vīrnieks 56vodjanoj  23, 25 f, 32 f,

60 ff, 90, 93

vodjanyk  28, 62, 83 Vulfs 54

Wichtli Jürgen 40, 42 

Widengren 27 

Wittram 8 Wlislocki 22 Wuttke 17, 48, 71

Zavojko 90Zelenin И, 18, 25 f, 30, 

33 f, 61, 71  zemes dievi  52 Zemzaris 72 Zeus 42

в. SACHEN

Aberglaube (Definition)35 f 

Abwehr s. Apotropäisches 

Ackerbau 34 f, 63, 99 

Agrarvölker s. Ackerbau Ägypter 27 

Alp 46

Altpreussen 9, 44 ff, 50, 71, 

79 f Animatismus 17, 34 

Anthropomorphismus 28, 57, 62, 86 

Apotropäisches 54, 60 f, 78 Asche 19, 59 f  

Augen 29, 31 f, 54, 82, 91 Aussenkreis 34

Babylonier 97 

Bach 32, 55, 92 Baden, Badende 56 f, 59 ff  

Balten 7 ff, 44 ff, 48, 79, 86 , 100 

Bannungsort 69, 72, 74,78 f, 95

Barsch 30 f 

Bart 42, 56, 58, 60 f, 64 

Bauch 56, 58, 61, 92, 96 f  

Begräbnisplatz 43, 52 

Beine 43, 45, 56 f, 59 ff, 92 

Benediktionen 12 

Bier 48 

Birkhahn 91 

Birnen 76 f  Blitz 60, 93 f  

Blut 37, 54, 77 f  Bock 45 f, 62 

Boot 29, 33, 36, 56 

Borg 31 Brachse 32, 65 Brot 23, 26, 79, 82 

Brücke 47, 56, 58, 84 Brunnen 19, 24, 40, 46, 49, 

52 ff, 59, 90 Buddhisten 27

Chaos 85, 97

Christentum 12, 27, 33, 43, 72, 74, 100

Deutschbalten 8 f, 19 f  

Deutsche 10, 32, 40, 48, 74 

Diabolisierung 12, 24, 27 f, 

32 ff, 62, 74, 80, 83, 90, 

100

Donner, Donnergötter 27, 

41 f, 44, 50, 60 

Drache 28, 38 f, 76, 78 Dreizahl 71 

Dualismus 86, 96

Egel 56, 59, 92 

Eiche 50, 77 

Eier 52Eigner s. Schirmherr Engel 33, 54, 75, 86, 94 

Ente 91Entengras 56, 61 

Entwässerung 69, 93 Environmentalismus 69 

Ertränken, Ertrinken, Ertrunkene 23, 25 f, 33 ff, 

47 f, 50, 54, 56 f, 60 ff, 100

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Eschatologie 69 f, 85 Eschen 40 

Espe 57Esten 8 ff, 21 f, 25, 28, 32, 

37, 39 ff, 47 ff, 52 f, 55, 65, 78 f, 86 f, 94, 96, 99 f  

Etrusken 42

Fährmann 35 

Feldgeist 90 Ferkel 45 

Feuer 17, 29, 62 Fieber 77, 90 

Finnen 22, 34 

Finno-Ugrier 9 f, 48, 64, 79, 98

Fisch, Fische 23, 28 ff, 32, 34, 36, 44, 54, 56 f, 60 ff, 

91, 95, 99 Fischer 23, 29 f, 33 ff, 44, 

56, 59, 61 ff  Flachs 35 

Flechten 76 Fledermaus 77 

Flosser 24, 26 Flügel 62, 77 

Flurgeist 42Fluss 20 f, 23 ff, 32, 36, 

39 ff und  passim, 99 Flut 37 

Frösche 61, 92 Fruchtbarkeit 17, 41, 46

Galinder 9, 47 Garn 88 f Gebet 24, 41, 74 f, 78 f  Geburtshelferin 94 

Geld 52, 82 Gemüse 35, 92 Genitalien 21 Germanen 48 f, 71, 79 Geschirr 35 Geschlechtsleben 89 

Gespenst 20, 47, 55, 71 f, 86 f, 94

Gewitter 27, 61 Gold 82, 87 Griechen 22

Haar 44, 56, 61, 88 f  Hahn 54, 79, 81 Hain 43Hammer (Gottes) 38 Handtuch 88 f  Hanfsaat 23 Haselhuhn 91 Hausgeist 10, 20, 33 Hecht 28, 32, 65 Heilige, das 43 

Heiligenverehrung 12 Hemd 61Henkersknechte 70 Herr s. Schirmherr Heuschober 87, 95 Hexe 35, 37, 60, 69, 72, 

83, 100 Himmel 24, 86, 94, 98 f  Himmelsrichtungen 75 Hofgeist 10 Höhle 24 f, 69 

Hölle 72, 74, 80, 95, 97, 100

Honig 23, 33 Hörner 42 f, 82 Hosen 43 Huhn 45 f  Hund 63, 79 Hut 43, 57 Hyksos 27 Hylogenesen 46

Ikone 51 Innenkreis 99 Irreführer 47, 75, 83, 89, 

Irrlicht 92, 95 Itelmenen 28

Jagd, Jäger 34, 95 Jakuten 23 

Jatvinger 9Jenseitswelt 54, 70, 100

Jesuiten 42, 45 f, 50, 63, 80 

Johannisabend 51, 53 Juden 22, 27, 31

Käfer 56, 59, 91 f  Kalb 42 Kapelle 53 

Katze 62 Kerzen 81 

Kiefer 88 f Kinder 19 ff, 45 f, 51, 54 f, 

62, 88, 92 Kirche 52 f, 70 f  

Kirchhof 70 

Kirschbäume 81 Kleider 22, 42 ff, 84 Knochen 36, 77 f, 84 

Kommunion 17 Konfiguration 10, 101 

Kontamination 29, 33, 62, 65, 76 f, 80 ff, 87, 100 

Kopf 45, 52, 56, 64, 75, 88 f, 91 

Krankheit 51 f, 57, 74, 76 f, 

90Krebse 56, 59, 61 f, 99 Kreuz 76, 78, 90 

Kroaten 35, 38 Kröte 19 

Kuh 36, 60 Kulturkontakt 10 Kulturstil 10, 39 Kuren 9

Läuse 88 Leiche 59, 71Letten 8 ff, 18 ff und  pas

sim, 70, 72, 74 ff, 79 f, 83, 87, 94 ff, 99 

Lettgallen (halt. Stamm) 9 Litauer 8 ff, 20, 25 f, 32 f, 

37 ff, 45 ff, 53 ff, 64, 79 

ff, 94, 99 

Liven 9 f, 21, 36 f, 44, 55, 87 ff, 95, 100

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Magie s. Zauber 

Meer 18, 22, 27, 31, 44, 63, 

77

Milch 26, 51, 88 

Mittagszeit 18, 57, 60 f, 90 

Mitternacht 23, 57, 60 f, 82 

Mond 50, 78 

Moor s. Sumpf  Moorleichen 71 ff, 80 

Moosbeeren 88, 91, 95 

Morast s. Sumpf  

Mordwinen 28 Mücke 32

Mühle 31 f, 56, 59 ff  

Müller 31, 33, 59 ff  Musikant 82

Naturgeister 11, 42 f, 69, 

94

Netz 23, 30, 56, 61 Niederkunft 46 

Nixen 49, 57, 60 f  noa 38 

Nymphen 49

Ochse s. Stier Offenbarung 17 

Ohren 42

Opfer 23 ff, 27, 33, 40, 42, 

45 f, 48 f, 52 ff, 71 f, 79,  81, 89 f  

Ortsgeister 10 Ostslaven 7, 10 f, 18, 30, 

32, 35, 42, 44, 60, 62 f, 

69, 76 f, 99 f  

Paradies 37 Pfeifen 59 f  

Pferd 21 ff, 51, 84 f  Pflügen 78, 87 

Pharaonen 22 Polarität 36

Polen 10, 22, 32 f, 58, 63 

Prädestination 47 Predigtmärlein 28

Purgatorium 100

Quelle 24, 40, 43, 46, 49 ff 

Rebhuhn 34

Regen 36 f, 40 f, 46, 53, 79, 92

Regenbogen 36 ff, 41 Religionssynkretismus 12, 

37, 51 f, 54, 72, 76, 96 

Riesen 28 

Ringelnatter 39 Riten, eliminatorische 77 

Rock 43 Rockschoss 25 Rohrdommel 91 

Rose 78 Rotlauf 78Russen 7, 11, 23 f, 25, 28, 

32 ff, 42, 49, 58, 60 ff, 71, 74 f, 77, 85 f, 89 f, 

99 f 

Säen 78, 96 Sage (Definition) 12 f  Schalmei 94 Schamanismus 23 f, 100 

Schicksal 47 f, 69, 93 Schiff 31, 84, 97 Schirmherr 17 f, 23, 25 f  

28 ff, 34, 39, 52 f, 55, 62 ff, 86 f, 95, 98 f  

Schlamm 40, 56, 59, 60, 

85, 91 ff, 97 Schlange 38 f, 75 f  Schleuse 31 Schlüssel 76 f  Schnee 35, 92 Schornsteinfeger 19 Schuhe 94 f  Schwanz s. Schweif  Schweden 10, 21 f, 43, 48 Schweif 43, 60, 64, 82, 90, 

94Schwein 30, 94

Schwimmhäute 56, 59 

See 25 f, 28 ff, 32, 36, 38 f, 

41, 44 ff und  passim, 72, 

79, 81, 87, 99 

Seele 34, 54, 56, 59, 63 

Selbstmörder 57, 59, 70 

Selen 9Semgallen (balt. Stamm) 9 

Serben 38 Setukesen 23 f  

Sonne 37, 50, 53, 96 Sonnenuntergang 64, 90 

Spielsachen 22 Stein 35, 58, 78, 87, 96 

Stier 42 f, 87Strudel 20, 24 ff, 57, 60 f, 

63Strümpfe 40, 42 ff  

Sturm s. Gewitter 

Sudauer 9, 46 f  

Südslaven 35Sumpf 28, 57, 62, 69 ff und 

 passimSumpfgeist 7, 11, 60, 67—  

98  passim, — im Volksglauben der Esten 86 f, 

 — der Russen 74, 90, 100, — der Ukrainer 83, 

94, 100, — der Weissrussen 74, 91 ff, 100 

Syrjänen 28

Tabak 33 

tabu 38, 45 Taucher 20

Teich 19, 22, 49, 57, 59, 69 Teufel 25, 27 ff, 32 f, 35 ff, 

40, 43, 47, 54, 57 f, 60, 64, 69, 72, 74, 80, 82 ff, 

90, 93 ff, 100 Theriomorphismus 19, 28, 

42, 54, 62 

Tod 33, 71, 84, 95, 99 

Tote 25, 33, 47, 52, 69 ff, 83, 86 f, 90, 100

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Träne 51Trinken 35, 48, 64 Trommel 24 Trunkenbold 62, 83 Tscheremissen 28, 49 

Tümpel 47, 59

Überschwemmung 44, 57 Ukrainer 7, 11, 28 f, 33, 62, 

75 f, 82 f, 94 f, 100 

Ungarn 22, 37 Unterwelt 52, 69, 72, 74, 

97Vegetationsgötter 23 Verteufelung s. Diabolisie- 

rungViehzucht 34 f, 99 Vogel 24, 76, 91 f  Völker des ostbaltischen 

Raumes 7 ff, 35, 69, 99 f 

Wald 34, 75, 77, 86, 89, 94 ff, 99

Waldgeist 33 f, 63, 75, 86. 90, 94

Waldschachtelhalme 88 f,92

Wäsche 35, 57 

Wasser 17 ff und  passim

Wassergeist 7, 11, 15—65  passim, 69, 83, 85 f, 90, 92 ff, 99 f, — im Volksglauben der Esten 21 f, 25, 32, 48, 53, 65, — der Letten 18 ff und  passim, — der Litauer 26, 39, 64, — der Liven 21, 44, —  der Polen 33, — der Rus

sen 23, 25 f, 28, 32 f, 60 ff, 85, — Schlesiens 19, 25, 32 f, 39, 42, 85, 

 —der Schweden 21, 48, — der Ukrainer 28 f, 62 f, — der Weissrussen 58 ff, 62

\7assergott (Definition) 17

Wasserjungfrau 21, 57 Wasserrad 32, 59 Weiden 76 f, 93, 96 Weissrussen 7, 11, 35 f, 51, 

58 ff, 74 ff, 91 ff, 96 ff, 

100Wels 28, 56, 59, 62 Weltbaum 50 Weltschöpfung 69, 96 f  Werwolf 72 Westslaven 35 

Wiesengeist 90 Wildbeuter 34, 63, 99 Wind 76 Wirbel s. Strudel 

Wollfäden 52 Wüste 27

Zander 32, 65 Zauber 41, 54, 60, 69, 74 ff, 

80, 100 Zauberer 57, 72, 76 Zentauren 22 Zylinder 43

B E R I C H T I G U N G E N

s. 45, Z. 7 lies S. 45, Z. 9 lies S. 45, Z. 36 lies S. 49, Z, 16 lies S.61, Z. 22 lies S. 63, Z. 33 lies S. 70, Z. 36 lies 

S. 76, Z. 26 lies S. 83, Z. 35 lies

Hydronymen- Hydronymen STURMS von zu trennen um dem gewesenen hochlrszl. [!] goldenen dass er

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Stockholm Economie Studies. Pamphlet Series

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STOCKHOLM STUDIES IN COMPARATIVE RELIGION 

 Published by the University of Stockholm

EDITOR: ÂKE HULTKRANTZ

Subscriptions to the series and orders for single volumes should be addressed to anyinternational bookseller or directly to the publishers: Almqvist & Wiksell, GamiaBrogatan 26, S>111 20 Stockholm, Sweden. Universities, libraries, learned societiesand publishers of learned periodicals may obtain the volumes of the series andother publications of the University of Stockholm in exchange for their own pub

lications. Inquiries should be addressed to  K u n g l ig a B ib l i o t e k e t , B o x 5 0 3 9 ,   S -1 0 2 4 1 S to c k h o lm , S w e d e n ,   or to  H u m a n is t i s k a B i b l i o t e k e t , B o x 6 4 0 4 , S - 1 1 3 8 2  

 S to c k h o l m , S w e d e n ,

1. Â. HULTKRANTZ, ed.: The Supernatural Owners of Nature. Nordic symposionon the religious conceptions of ruling spirits (genii loci, genii speciei) and alliedconcepts. Stockholm 1961. Pp. 165, 2 maps. Sw. Kr. 30.

2. I. PAULSON: Schutzgeister und Gottheiten des Wildes (der Jagdtiere undFische) in Nordeurasien. Eine religionsethnographische und religionsphänomenologische Untersuchung jägerischer Glaubensvorstellungen. Stockholm 1961. Pp.315. Sw. Kr. 60. O u t o f p r in t .

3. V. DUSENBERRY: The Montana Cree. A study in religious persistence.Stockholm 1962. Pp. 280, IX plates. Sw. Kr. 60.

4. Ā. HULTKRANTZ: Les Religions des Indiens primitifs de PAmérique. Essaid’une synthèse typologique et historique. Stockholm 1963. Pp. 157. Sw. Kr. 30.

5. A. JOHANSONS: Der Schirmherr der Hofes im Volksglauben der Letten.