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    eberhard von goldammer

    GOTTHARD GNTHER

    GRUNDZGE EINER NEUEN THEORIE DES DENKENSIN HEGLES LOGIK

    berall geht ein frhes Ahnen dem spten Wissen vorausAlexander Freiherr von Humboldt, (1769 - 1859)

    In The Rise of Scientific Philosophy schreibt Hans Reichenbach Anfang der 50er Jahre imVorwort (deutsche bersetzung:Der Aufstieg der wissenschaftlichen Philosophie)[1]:

    Es ist ein weitverbreiteter Glaube, da Philosophie und Spekulation unzertrennlich sind.Man ist der Ansicht, da dem Philosophen keine Methoden zur Verfgung stehen, diezu objektiver Wahrheit fhren, da also die Wahrheit von Beobachtungstatsachenebenso wie die Wahrheit rein logischer Gedankengnge nicht in sein Gebiet fllt, undda er deshalb eine unverifizierbare Sprache benutzen mu kurz, da die Philosophiemit Wissenschaft nichts zu tun hat. Das vorliegende Buch ist in der Absicht geschrie-ben, eine entgegengesetzte Auffassung zu begrnden. Es vertritt die Ansicht, da philo-

    sophische Spekulation eine vorbergehende Phase bedeutet, die nur dann entsteht, wennphilosophische Fragen zu einer Zeit gestellt werden, welche noch nicht ber die logi-schen Mittel zu ihrer Beantwortung verfgt. Es behauptet, da es eine wissenschaftlicheEinstellung in der Philosophie gibt und immer gegeben hat, und will zeigen, wie ausdieser Einstellung eine wissenschaftliche Philosophie entsprungen ist, welche in dermodernen Wissenschaft das Handwerkszeug dazu gefunden hat, Probleme zu lsen, diein vergangenen Zeiten das Opfer blinden Ratens geworden waren. Das Buch will denBeweis dafr erbringen, da Philosophie der Spekulation entwachsen und zur Wissen-schaft geworden ist.

    Das erste Kapitel dieses Buches vonHans Reichenbachbeginnt dann mit einem Zitat, ohnedass der Autor des Zitats genannt wird. Seinen Namen erfhrt der Leser erst ca. 70 Seiten

    spter. Hier also zunchst das Zitat mit den uerungen von Hans Reichenbach zu diesemZitat [2]:

    In den Schriften eines berhmten Philosophen findet sich die folgende Stelle:

    Die Vernunft ist die Substanz wie die unendliche Macht, sich selbst der unendlicheStoff alles natrlichen und geistigen Lebens, wie die unendliche Form, die Bettigungdieses ihres Inhalts. Die Substanz ist sie, nmlich das, wodurch und worin alle Wirk-lichkeit ihr Sein und Bestehen hat.

    Solche sprachlichen Erzeugnisse machen manchen Leser ungeduldig, und er wrdewahrscheinlich das Buch am liebsten ins Feuer werfen, da er kein Wort davon versteht.Aber eine rein gefhlsmige Reaktion ist noch keine logische Kritik [...] Ein Philoso-phiestudent wird allerdings nicht so leicht aufgebracht durch unklare Formulierungen.

    Im Gegenteil, wenn er das obige Zitat lse, wrde er wahrscheinlich zu der berzeu-gung kommen, da es seine eigene Schuld ist, wenn er es nicht versteht. Er wrde esdaher immer wieder und wieder lesen und irgendwann einen Zustand erreichen, wo erdenkt, er habe es verstanden. Es wrde ihm dann vllig klar erscheinen, da Vernunfteine unendliche Macht ist, die die Grundlage fr alles natrliche und geistige Lebenbildet und deswegen die Substanz aller Dinge ist. Er hat sich so an solche Redeweisengewhnt, da er jede Kritik ausschaltet, die ein "weniger gebildeter" Mensch gar nichtunterlassen kann. Stellen wir uns einmal einen Naturwissenschaftler vor, der gewhntist, seine Worte so zu gebrauchen, da jeder Satz einen Sinn hat ....

    1

    Hans Reichenbach,Der Aufstieg der wissenschaftlichen Philosophie(Deutsche bersetzung von MariaReichenbach, Titel der amerikanischen Originalausgabe The Rise of Scientific Philosophy, University ofCalifornia Press, 1951), Vieweg Verlag, Braunschweig 1968.

    2 Ibd. p. 12.

    Sommer-Edition 2008

    anmerkungen . . . .

    (Z_1)

    (Z_2a)

    mailto:%[email protected]://de.wikipedia.org/wiki/Gotthard_G%C3%BCntherhttp://de.wikipedia.org/wiki/Gotthard_G%C3%BCntherhttp://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_von_Humboldthttp://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Reichenbachhttp://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Reichenbachhttp://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Reichenbachhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_bibliographie.htmhttp://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Reichenbachhttp://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Reichenbachhttp://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Reichenbachhttp://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_von_Humboldthttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_bibliographie.htmmailto:%[email protected]://de.wikipedia.org/wiki/Gotthard_G%C3%BCnther
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    ... und so weiter und so fort. Wir wollen Reichenbachs Ausfhrungen hier nicht weiter fol-gen sondern den 70-seitigen Sprung zu der Stelle machen, wo der Name des "berhmtenPhilosophen" genannt wird [3]:

    Der Verfasser des Zitates istG. W. Hegel (1770-1831), aus dessen Einleitung zur Philo-sophie der Geschichtees entnommen ist. Ein paar Bemerkungen ber seine Philosophiedrften hier am Platz sein, denn Hegels System kann unter den idealistischen

    Auffassungen als die radikalste angesehen werden oder sollte man besser sagen, alsihre Karikatur? Hegel unterscheidet sich von Plato und Kant dadurch, da er ihreBewunderung fr die mathematischen Wissenschaften nicht teilt, und auerdem darin,da er nicht die Tiefe ihrer Fragestellungen erreicht. Aber er wiederholt alle ihre Fehler,und zwar in so naiver Weise, da man sein System als ein Vorbild dafr studieren kann,was Philosophie nicht sein soll...

    [...]

    Wenn Hegel sich damit begngt htte, das dialektische Gesetz zu formulieren und esmit einer Flle von historischem und philosophischem Material zu illustrieren, wre erein groer wissenschaftlicher Historiker geworden. Als Wissenschaftler htte er auchdie beschrnkte Gltigkeit seines Gesetzes der drei Stufen gesehen, die vielen Flle

    nmlich, in denen es nicht gilt, und htte nach den speziellen Bedingungen seiner An-wendbarkeit gesucht. Aber er war ein Philosoph und wurde so das Opfer der Suche nachAllgemeinheit und absoluter Gewiheit. Er verallgemeinerte das dialektische Gesetz inein Gesetz der Logik und entwickelte ein System, nach dem der Widerspruch in derNatur der Logik selbst liegt und sozusagen das Denken von einem Extrem zum anderentreibt, wodurch die dialektische Bewegung entsteht ...

    [...]

    Diese primitive Schematisierung, die eines Primaners wrdig ist, der sein eigenes philo-sophisches System entwickeln mchte, ist viel weniger bekannt, als ein anderes seinerhistorischen Schemata ...

    [...]

    Indem Hegel seine Erklrung des dialektischen Gesetzes mit seiner Ansicht einer fort-schrittlichen Entwicklung der Menschheit verbindet, kommt er zu Auffassungen, wie siein dem Zitat am Anfang des Buches enthalten sind. Die Substanz der Realitt ist derGeist, der die Geschehnisse von einem Extrem zum anderen treibt und dann die beidenExtreme auf einer hheren Ebene vereint; danach fngt der Proze von neuem an. Dasist Bildersprache; aber was Hegel sagen will, kann gar nicht anders ausgedrckt werden,sonst wrde der Unsinn zu deutlich ...

    [...]

    Hegel ist der Nachfolger Kants genannt worden; aber das ist ein tiefgehendes Miver-stndnis Kants und eine unberechtigte Verherrlichung Hegels. Obgleich sptere Ent-wicklungen Kants System als unhaltbar erwiesen haben, bedeutet es doch den Versucheines groen Geistes, den Rationalismus auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stel-len. Hegels System dagegen erinnert an Bacons Beschreibung des Philosophen, der wieeine Spinne ein Gewebe aus seiner eigenen Substanz spinnt: Hegel hat zwar eine empi-rische Wahrheit gesehen, versucht aber, sie in ein logisches Gesetz umzudeuten, das inder Vernunft seinen Ursprung hat. Er merkt nicht, da sein Spinnwebsystem mit wis-senschaftlicher Logik nichts mehr zu tun hat. Whrend Kants System den Hhepunkt inder historischen Kette des Rationalismus bedeutet, gehrt Hegels System in die Ver-fallsperiode der spekulativen Philosophie, welche das 19. Jahrhundert kennzeichnet ...

    Das alles klingt nicht sehr schmeichelhaft, aber Hegel ist ja nun schon lange tot und kann esdaher weder hren noch lesen. Wer aber noch lebt, das sind die Epigonen, die Hegelforscherund sonstigen Philosophie-Beamten, die das Erbe des Deutschen Idealismus hegen und

    pflegen und infolge "mangelnder Distanz und kreativer Schwche ... die entlegendsten

    3 Ibd. p. 81.

    (Z_2b)

    (Z_2c)

    (Z_2d)

    (Z_2e)

    (Z_2f)

    http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Wilhelm_Friedrich_Hegelhttp://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Wilhelm_Friedrich_Hegel
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    Randfragen und Mikro-Probleme mit uerster Sorgfalt und Umstndlichkeit diskutie-ren"[4], um auf diese Weise so lange wie mglich wichtigeren Problemen und Erkenntnissenaus dem Wege zu gehen "kleinliches Tftlertum" eben.

    Was mit der Kritik und dem "kleinlichen Tftlertum" gemeint ist, wird deutlich, wenn manbedenkt, dass derNeo-Positivismus,zu demHans Reichenbach zu zhlen ist, eine historischnotwendige Entwicklung war[5], die allerdings nur eine Seite eines wissenschaftslogischen

    Problems widerspiegelt und von Hans Reichenbach entsprechend auch einseitig beurteilendgesehen wurde. Eine vllig andere Seite dieses Problems ist in dem Versuch zu sehen,Hegels spekulativen (holistischen) Denkansatz ernst zu nehmen und nach einem formal-lo-gischen Ansatz zu suchen, um die Diskrepanz, die vermeintlichen Inkompatibilitten zwi-schen logischem Positivismus und dem hegelschen spekulativen Holismus berbrcken zuknnen. Das hufig vorgebrachte Argument der Hegelforscher, man knne die niederge-schriebenen Gedanken Hegels prinzipiell nicht formal darstellen, ist eine Schutzbehauptung,die erst einmal durch eine endliche, sich logisch nicht widersprechende Folge von Aussagen

    belegt werden msste. Das wrde aber bedeuten, beispielsweise die Arbeiten GotthardGnthers nicht nur zu lesen sondern auch geistig zu durchdringen, da er dieser Schutzbe-hauptung wiederholt energisch widersprochen hat. Eine Rezeption der Arbeiten Gnthers istvom Mainstream der deutschen Philosophen im Allgemeinen und von den Hegelforschernim Besonderen bis heute nicht erfolgt im Gegenteil.[6]Vielleicht sind die "Philosophie-Beamten"[7], die Kathederphilosophen in deutschen Landen heute auch nicht mehr diegeeigneten, d.h. die wirklich kompetenten Ansprechpartner fr die Arbeiten des Philoso-

    phen und Logikers Gotthard Gnther. Dies gilt erst recht fr die Arbeiten der nach-

    4 Zitat aus: Willy Hochkeppel,Mythos Philosophie, Hoffmann und Campe, 1976.5 Man bedenke dazu, dass die Formalisierung der Logik erst im ausgehenden 19. und beginnenden 20.

    Jahrhundert erfolgt ist. Diese formalen Hilfsmittel waren Hegel und seinen Zeitgenossen noch nicht zu-gnglich.

    6 Der Autor dieser Zeilen kann dazu einige interessante uerungen von philosophischer Seite das Werk

    von Gotthard Gnthers betreffend wiedergeben. Hier nur zwei sehr charakteristische Beispiele:a) Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Hegel-Archivs der Ruhr Universitt Bochum hat in einem

    Gesprch als er erfuhr, dass sich der Autor mit den Arbeiten von GG beschftigt, erstaunt ausgeru-fen: "Wie, Sie lesen die Arbeiten dieses Spinners?" Dieser Mitarbeiter ganz offensichtlich einHegelforscher war in der sich anschlieenden kurzen Diskussion nicht davon zu berzeugen, dasses sich da mglicherweise um ein Vorurteil handeln knnte stattdessen behauptete er, alle(!!) Ar-beiten von Gotthard Gnther gelesen zu haben.

    b) Von einem Kollegen erhielt der Autor vor einigen Monaten folgende Aussage eines Philosophen,der fr einen deutschen philosophischen Verlag arbeitet und die Szenerie offenbar gut kennt, so dassdiese Aussage mehr ist als nur die persnliche Meinung eines Einzelnen:

    "Obwohl ich selbst Gotthard Gnther noch persnlich erleben konnte (ich besuchte whrendmeines Studiums eines seiner Hamburger Seminare) und ihn hoch geschtzt habe, halte ich seinespten Arbeiten zur operationsfhigen Dialektik fr einen tragischen Irrweg: Die in Idee undGrundri einer nicht-Aristotelischen Logik vorgetragene Kritik an der Aussage- und Begrn-dungskraft der zweiwertigen Logik behlt ihren Wert aber sie gilt auch fr die mehrwertigeLogik, von deren Ausgestaltung Gnther sich mehr erhoffte. So knnen z.B. Polynome zwareventuell und in Maen komplexe Strukturen transparenter beschreiben als die Syllogismen derklassischen Logik aber auch sie knnen nicht ergrnden, warum denn ist, was da ist."

    Von Mathematik und/oder Logik scheint dieser Philosoph wenig Ahnung zu haben, das zeigt derHinweis auf die Polynome mit denen weder die klassische Logik noch die Ortswert-Logik vonGnther und erst recht nicht die Polykontexturalittstheorie etwas zu tun haben das geistige Wirr-warr lsst gren. Gewisse mathematische und logische Grundkenntnisse oder zumindest ein po-sitives Interesse dafr sind schon erforderlich um die Arbeiten von Gotthard Gnther geistig zudurchdringen.

    7 Der Begriff "Philosophie-Beamte" ist dem Buch von Willy Hochkeppel (Mythos Philosophie s. oben)

    entnommen.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Neopositivismushttp://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Reichenbachhttp://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Reichenbachhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_bibliographie.htmhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_bibliographie.htmhttp://de.wikipedia.org/wiki/Gotthard_G%C3%BCntherhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/hochkeppel_mythos-philosophie.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/hochkeppel_mythos-philosophie.pdfhttp://www.ruhr-uni-bochum.de/philosophy/Hegelarc/homepage.htmhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/hochkeppel_mythos-philosophie.pdfhttp://de.wikipedia.org/wiki/Gotthard_G%C3%BCntherhttp://de.wikipedia.org/wiki/Neopositivismushttp://www.ruhr-uni-bochum.de/philosophy/Hegelarc/homepage.htmhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_bibliographie.htmhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_bibliographie.htmhttp://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Reichenbachhttp://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Reichenbachhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/hochkeppel_mythos-philosophie.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/hochkeppel_mythos-philosophie.pdf
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    Gnther'schen ra also beispielsweise fr die Arbeiten des Logikers und PhilosophenRudolf Kaehr.[8]

    Es war Gotthard Gnther, der bereits in seiner Dissertation, die 1933 als Buch Grundzgeeiner neuen Theorie des Denkens in Hegels Logik verffentlicht wurde, die Diskrepanzzwischen Hegels spekulativ-logischem Denkansatz und der klassischen zweiwertigen aufAristoteles zurckgehenden Logik klar erkannt und spter (im Exil[9]) inIdee und Grund-riss einer nicht-Aristotelischen Logik[10] in einem greren Rahmen eingehend analysiert,undin der Folgezeit er nannte es "work in progress" mit seiner Polykontexturalittstheo-rie[11] als "Lsung" dieses als unberbrckbar erscheinenden wissenschaftslogischen Prob-

    8 Siehe zum Beispiel die Arbeiten unter: www.thinkartlab.comund/oder die Materialien zur Formalisierung

    der dialektischen Logik und Morphogrammatik 1973-1975, als Anhang in: Gotthard Gnther: Idee undGrundriss einer nicht-Aristotischen Logik, Meiner Verlag, 21978.Anmerkung: Was sich schon in den Arbeiten von Gotthard Gnther andeutet, wird durch die ArbeitenvonRudolf Kaehrunbersehbar, es handelt sich bei Polykontexturalittstheorie um ein intrinsisch hoch-

    gradig inter- undtransdisziplinres Wissenschaftsgebiet. Leider ist der Begriff "transdisziplinr" heuteeiner inflationren einer geistlosen Entwicklung ausgesetzt, so dass man diesen Begriff kaum nochverwenden kann. Zu dieser Begriffsentwertung haben leider auch die Arbeiten des PhilosophenJrgenMittelstra, von dem behauptet wird, er habe diesen Begriff eingefhrt, ganz wesentlich beigetragen.Man kann sagen, dass die Philosophen heute am allerwenigsten auf eine derartige Entwicklung, die sichvor allem in einer komplexen Organisation von Wissenschaft manifestiert, vorbereitet sind. Dort eifertman immer noch allerdings vergeblich den groen Vorbildern aus einer besseren Vergangenheitnach; jeder bastelt sozusagen an seinem philosophischen Postamentchen kleinliches Tftlertum.

    9 Das Exil, die USA, waren sozusagen das Glck im Unglck fr den Logiker und Philosophen Gotthard

    Gnther, dessen Werk so wie wir es heute kennen in der deutschen akademischen Landschaft ver-mutlich nie entstanden wre. Allerdings war das akademische Klima der USA in den 50er und 60er Jah-ren sicherlich ein anderes als das heute der Fall ist. Gnthers Arbeiten wrden mit Sicherheit heute nichtmehr von der US Air Force finanziert werden, wie das am BCL (Biological Computer Laboratory in

    Urbana, Ill.) der Fall war. Siehe dazu:a) Gotthard Gnther,Selbstdarstellung im Spiegel Amerikas, in "Philosophie in Selbstdarstellungen II",

    Felix Meiner Verlag, Hamburg 1975, S. 1-77.b) Gotthard Gnther,Number and Logos, in: vordenker.de (Herbst-Edition, 2006) J. Paul (ed.), URL: .c) Lily E. Kay,Das Buch des Lebens Wer schrieb den genetischen Code?, Suhrkamp, 2005.

    Das Buch der Wissenschaftshistorikerin Lily Kay bietet nicht nur eine gute kulturhistorischeBeschreibung der Biowissenschaften in der Nachkriegszeit, sondern beschreibt auch sehr schn dieForschungsfrderung in den USA in dieser Zeit. So erfhrt der Leser, dass der Mathematiker Johnvon Neumann und viele andere ausschlielich ber militrische Projekte gefrdert wurden das wardamals in den USA vllig normal. Das sei an dieser Stelle vor allen den Jngern des Jrgen Haber-mas ins Stammbuch geschrieben, die offensichtlich immer noch meinen, dem Spruch ihres Meisters "man brauche die Arbeiten Gotthard Gnthers nicht zu lesen, da sie von der US Air Force finanziert

    wurden" in ehrfrchtiger Gefolgschaftstreue gehorchen zu mssen.10

    Gotthard Gnther,Idee und Grundriss einer nicht-Aristotelischen Logik,Felix Meiner Verlag, Hamburg,11959, 21978, 31991.

    11 Es kann gar nicht oft genug betont werden, dass Gnther eben gerade keine 3-wertige Logik entwickelt

    und darber hinaus, wie manche meinen, das Tertium non datur "abgeschafft" hat beides ist schiererUnsinn. Gnthers Polykontexturalittstheorie umfasst die Kenogrammatik (eine pr-semiotische Theo-rie), die Morphogrammatik (eine pr-logische Theorie), die nebengeordneten Zahlen sowie die Orts-wertlogik, die er anfangs als mehrstellige Logik bezeichnet hat was nur bei oberflchlichem Lesen derGntherschen Arbeiten zu Missverstndnissen fhrt und leider auch gefhrt hat ; diese Logik mussmindestens 4-stellig und nicht 3-stellig sein, um ein echtes Logiksystem zu sein; siehe dazu:Gotthard Gnther,Strukturelle Minimalbedingungen einer Theorie des objektiven Geistes als Einheit derGeschichte, in: www.vordenker.de (Edition: Mrz 2005), J. Paul (Ed.), Erstverffentlichung in: Actes du

    IIIme Congrs International pour ltude de la Philosophie de Hegel (Association des Publications dela Facult des Lettres et Sciences Humaines de Lille) 1968, p. 159-205. abgedruckt in: GotthardGnther: Beitrge zur Grundlegung einer operationsfhigen Dialektik, Band 3, Felix Meiner Verlag,Hamburg 1980, p. 136-182.

    http://www.thinkartlab.com/http://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.thinkartlab.com/http://www.itas.fzk.de/tatup/052/mitt05a.htmhttp://www.itas.fzk.de/tatup/052/mitt05a.htmhttp://www.univie.ac.at/constructivism/papers/mueller/mueller00-bcl.htmlhttp://bcl.ece.uiuc.edu/http://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_number-and-logos_en-ger.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_number-and-logos_en-ger.pdfhttp://en.wikipedia.org/wiki/Lily_E._Kayhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_struk-min-theor-obj-geist.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_struk-min-theor-obj-geist.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_struk-min-theor-obj-geist.pdfhttp://en.wikipedia.org/wiki/Lily_E._Kayhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_number-and-logos_en-ger.pdfhttp://bcl.ece.uiuc.edu/http://www.univie.ac.at/constructivism/papers/mueller/mueller00-bcl.htmlhttp://www.itas.fzk.de/tatup/052/mitt05a.htmhttp://www.itas.fzk.de/tatup/052/mitt05a.htmhttp://www.thinkartlab.com/http://www.thinkartlab.com/http://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_struk-min-theor-obj-geist.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_struk-min-theor-obj-geist.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik.pdf
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    lems entwickelt hat.[12] Da man die Polykontexturalittstheorie (PKT) auch als theoretischeBasis fr die Entwicklung einer standpunktabhngigen Systemtheorie betrachten kann,nimmt es nicht Wunder, dass sich diese Theorie nicht einseitig auf den logischen Empiris-mus reduzieren lsst das geht prinzipiell nicht, weil weder die klassische Logik noch dieMathematik verschiedene Standpunkte akzeptieren kann und diese daher auch nicht kennt umgekehrt werden die klassische Logik und Mathematik von der PKT nicht ausgegrenzt,

    vielmehr sind sie darin enthalten, d.h. die PKT stellt eine Erweiterung der klassischenLogik, Mathematik und Zahlentheorie dar. Auf der anderen Seite sind sicherlich nicht alleHegel'schen Gedankengnge aus seinem Oeuvrevollstndig, d.h. eins-zu-eins auf der Basisdieser Theorie darstellbar. Das ist schon deshalb ausgeschlossen, weil alle Lebensprozesse und mentale Prozesse gehren dazu positiv-sprachlich ohne Zirkularitten (Antinomien)und den sich daraus ergebenden Mehrdeutigkeiten (Ambiguitten) nicht beschreibbar sind;es handelt sich dabei immer um Prozesseund nicht um Zustnde oder Gegenstnde, die man

    positiv-sprachlich gut darstellen kann. Vor allem sind diese Prozesse immer selbstrckbe-zglich, also selbstreferentiell.[13] Jeder Versuch einer Beschreibung ohne geeignete for-male Hilfsmittel fhrt automatisch zu den sprachlichen Schwierigkeiten wie sie bei Hegeloder spter bei Heidegger auftauchen. Es entstehen so sprachliche Konstrukte, die mitunter

    sehr unterscheidlich gedeutet werden knnen. In Kapitel II vonIdee und Grundriss einernicht-Aristotelischen Logik weist Gnther deutlich auf diese Problematik hin[14]:

    Immerhin ist in der spekulativen Logik wenigstens das eine begriffen. Der zweiwertigeFormalismus, sobald er nicht mehr naiv gehandhabt wird und sobald man beginnt, aufseinen Sinn und seine Gltigkeit zu reflektieren, lsst einen logisch unbewltigtenReflexionsrest zurck, der sich freilich fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt auf dieGesamtheit aller mglichen Versuche reduziert hat, dieses Problem durch den Gegen-satz von formaler und transzendentaler Logik zu lsen. Hegel projiziert die seinsthema-tisch nicht gebundene Reflexion in die Zeit und entwickelt so einen materialen dialekti-schen Prozess. In beiden Fllen liegt eine Flucht aus der formalen Logik vor, die zueinem vorlufigen Ruin der Philosophie als echter Wissenschaft gefhrt hat. Gewiss,

    Echtheit und Strenge in der Philosophie sind nicht dasselbe wie Exaktheit. Philosophieist mehr, wie Heidegger richtig bemerkt. Exaktheit und Strenge fallen nicht notwendigzusammen.[15] Worin Heidegger aber irrt, ist, dass die Philosophie eine echte Gestaltder Strenge erreichen kann, ehe in ihr alle exakten Mittel des Denkens erschpft sind.Es geht nicht an, dass man sich unter dem Vorwand der Strenge von der Exaktheit dis-pensiert. Die Entwicklung der Logik in den letzten hundert Jahren aber stellt der Philo-sophie neue Mittel des exakten Denkens zur Verfgung, die b isher von der metaphysi-schen Richtung des Denkens beharrlich ignoriert worden sind.[16]

    Whrend Hans Reichenbach von den Hegel-Jngern sicherlich mit Verachtung gestraft abernicht totgeschwiegen werden kann, ist es mit den Arbeiten des deutsch-amerikanischenPhilosophen Gotthard Gnthers ganz anders, diese wurden und werden immer noch totge-

    schwiegen. Seit es das Internet und damit verbunden das Gnther-Archiv im Web gibt, kannkaum bersehen werden, dass es viele Philosophen in akademischen Diensten zu geben

    12 Etwas verkrzt ausgedrckt: Whrend dieNeo-Positivisten die Arbeiten desDeutschen Idealismus in

    das Prokrustesbett der klassischen Logik zwingen wollten was nicht gelingen konnte haben sie dieseArbeiten in Teilen oder pauschal verworfen (siehe Z_2) oder als Scheinprobleme klassifiziert. Gntherhat den umgekehrten Schluss gezogen und die Denkwerkzeuge der klassischen Logik als nicht ausrei-chend erklrt, um die philosophischen Fragen und wissenschaftslogischen Probleme formal logischbearbeiten zu knnen.

    13 An einem Textbeispiel aus Hegels Wissenschaft der Logik wird dies weiter unten demonstriert werden.

    14 Gotthard Gnther,Idee und Grundriss einer nicht-Aristotelischen Logik,p. 170.

    15 Vgl. M. Heidegger, Was ist Metaphysik?p. 23.16

    Eine Ausnahme bildet selbstverstndlich das in dieser Richtung vorbildliche Werk von Heinrich Scholz:Metaphysik als strenge Wissenschaft.

    (Z_3)

    http://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://lexikon.meyers.de/meyers/Neopositivismushttp://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Idealismushttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Idealismushttp://lexikon.meyers.de/meyers/Neopositivismushttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/downloads/grndvorw.pdf
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    scheint, die Gnthers Arbeiten als "geistigen Steinbruch" verwenden, um sich dort mit An-regungen und Ideen zu versorgen ohne die Quelle zu benennen; und das obwohl oder ge-rade weil Gnther im Vergleich zum logischen Positivismus ein echtes Kontrastprogrammzu bieten hat, was so geschrieben ist, dass es auch fr alle diejenigen verstndlich wird, diesich vorher nicht einem Hegel'schen Initiationsritus bei den Glubigen unterzogen haben.Hier ein kleines Textbeispiel aus dem2. Kapitel seiner Dissertation von 1933[17]:

    Beginnen wir mit der Frage: Hat Hegel die traditionelle Logik berhaupt verstanden,oder ist ihm ein Hinausgehen ber sie nur dadurch ermglicht worden, dass er sie vlligschief gesehen und gnzlich missverstanden hat? Die fast unwidersprochene Meinungheute ist, dass das letztere der Fall ist. Und wenn man sich auch im allgemeinen nicht sokrass ausdrckt und schlechthin behauptet, dass Hegel die traditionelle Logik nur alsZerrbild gesehen habe, so beweist doch die Tatsache, dass die Arbeit Hegels auf diefolgende Entwicklung der formalen Logik auch nicht die Spur einer Wirkung ausgebthat, dem Nachdenklichen genug. [...] Wo man sich aber die Hegelsche Logik zu erneu-ern bemht, da geschieht es in bewusster Abkehr von der Idee der Logik als reinemFormbegriff des Denkens.[18] Kurz der allgemeineEindruck gegenber der VerbindungHegel-formale Logik ist verlegenes Schweigen.[19] Cum tacent clament.

    Demgegenber hat sich die vorausgehende Darstellung bemht nachzuweisen, indemsie alles das heraushob, was direkt oder indirekt auf die traditionelle Logik Bezug hat,dass Hegel die traditionelle Logik sehr wohl verstanden hat. Ja, dass er sie vielleichtbisher in der ganzen Geschichte der Logik am tiefsten verstanden hat.

    [...]

    Der Gesichtspunkt, unter dem Hegel die traditionelle Logik sieht und darstellt, ist des-halb von allen bisherigen so abweichend, und seine Methode, die er sich analog dertranszendental-kritischen Methode Kants erst schaffen musste, auf den ersten Blick der-art befremdend, dass die Verstndnislosigkeit, mit der seine Kritik der traditionellenLogik aufgenommen worden ist, nur allzu begreiflich scheint. Die Methode, die sichHegel analog der transzendentalen Methode Kants schafft, ist sinnanalytisch.

    [...]Die Art, wie Hegel, diese Aufgabe lst, ist recht undurchsichtig, weil Hegel, hierin vonKant vllig verschieden, nicht erst die Kritik und dann seine neuen Lsungen, sonderngerade umgekehrt von vornherein seine neue Lsung und nur implizit in ihr die Kritikdes Alten gibt. Das hat auch bislang gehindert, so richtig zu erkennen, dass Hegel aufseinem Spezialgebiet des reinen Denkens ein ebenso nchterner, erfolgreicher Kritizistist, wie Kant auf dem Gebiete des Erkennens.

    [...]

    Das Ergebnis ist folgendes:

    Der Anspruch der traditionellen Logik, die Logik alles berhaupt Denkbaren zu sein,und deshalb die Idee des Denkens berhaupt zu reprsentieren, besteht zu Unrecht. Die

    traditionelle Logik ist eine Logik des reinen Seins. Alles Denkbare wird in ihr alsSeiendes "gesetzt". Auch das Nichts wird in ihr als Seiendes "gesetzt". Die traditionelleLogik ist so die Logik der "sich uerlich bleibenden" Unmittelbarkeit.

    17 Gotthard Gnther, Grundzge einer Neuen Theorie in Hegels Logik, Felix Meiner Verlag, Hamburg

    11933, 21978 (Kap.2:Die klassische Axiomatik in der Dialektik des Absoluten,Seite 103ff) Der inte-ressierte Leser findet dazu mehr in einer kurzen Zusammenfassung der Grundzge... im dem Gnther-Archiv (Nr. 5 bzw. Nr. 80).

    18 So etwa in der Logik von Benedetto Croce. Oder aber man vermeidet, ohne sich selbst von dem

    Gedanken der formalen Logik abzukehren, eine Konfrontierung Hegels mit der formalen Logik. So z.B.bei Emge, Hegels Logik und die Gegenwart.

    19

    Eine Ausnahme bildet das Buch von Hans Leisegang, Denkformen. Aber die bedenkliche Konsequenzdieses Werkes ist, dass hier die Idee einer einheitlichen Logik berhaupt zerstrt wird. Nach Leiseganggibt es berhaupt nur Logiken besonderer Bewusstseinshaltungen resp. spezieller Gegenstandsgebiete.Hier entfernt sich Leisegang weit von Hegel.

    (Z_4a)

    (Z_4b)

    (Z_4c)

    (Z_4d)

    http://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik_2.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik_2.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_bibliographie.htmhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_bibliographie.htmhttp://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Leiseganghttp://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Leiseganghttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_bibliographie.htmhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_bibliographie.htmhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik_2.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik.pdf
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    Wer nach der Lektre des obigen Zitats den Eindruck gewinnt, Gotthard Gnther sei demdeutschen Idealismus zuzurechnen, der irrt sich gewaltig. Gnther selbst schreibt zu diesemThema inSelbstdarstellung im Spiegel Amerikas[20]:

    Als er [Anmerkung_vgo: gemeint ist "der Autor", Gotthard Gnther] sein erstes Buch Grundzgeeiner neuen Theorie des Denkens in Hegels Logik schrieb, war er ganz berzeugterIdealist, und als er mit den Arbeiten fr Idee und Grundriss ... begann, glaubte er es

    auch noch zu sein, freilich bereits in einer modifizierten Form. Es hatte sich bei ihmschon die berzeugung durchgesetzt, dass der Idealismus in der tradierten Form, dieauch Hegel und Schelling noch einschloss, nicht lebensfhig mehr sei, aber er trautedem Idealismus damals noch eine Wandlungsfhigkeit und unausgeschpfte Reservenzu, die ihn ber die gegenwrtige Krise hinweg tragen knnten. Wenn wir sagen, dassder Idealismus sich bisher in zwei Stadien entwickelt hat nmlich erst auf der Plato-nisch-Aristotelischen Stufe und dann in einer zweiten Version als transzenden-tal-spekulativer Idealismus des Viergestirns der Kant, Fichte, Hegel und Schelling soschien es nicht ganz unberechtigt zu hoffen, dass dem Idealismus die Kraft innewoh-nen knnte, eine dritte Geistesgestalt aus sich zu entwickeln. Der Autor wei heute,dass diese Hoffnung ihn getuscht hat. DerIdealismus hat sich im bergang zum dia-lektischen Materialismus selbst liquidiert.[21] Denn der letztere ist nicht etwas, was anden Idealismus von auen her herangetragen worden ist, sondern eine systemimmanenteNotwendigkeit, die in der Hegelschen Logik und in der Altersphilosophie Schellingsdeutlich zutage tritt, und die wohl von Lenin am schrfsten gesehen worden ist. DerAutor muss gestehen, dass er zuerst blind gegen diese Konsequenzen war, obwohl ihnseine eigene Arbeit an der Logik htte eines Besseren belehren knnen. Was dem Idea-lismus die Lebensfhigkeit ber die erste Platonische Stufe hinaus sicherte, war dieKontinuitt der logischen Tradition durch das Zweiwertigkeitsprinzip, das sich auch imtranszendentalen Idealismus unangetastet erhielt. Man darf ruhig sagen: Idealismus istidentisch mit der Definition von Rationalitt als Zweiwertigkeit. Und in diesem Sinneist der Marxismus undLeninismus, da er an dieser Definition von Rationalitt noch im-mer verzweifelt festhlt, theoretisch nichts weiter als ein Idealismus mit negativem

    Vorzeichen. Der Autor hlt das nicht unbedingt fr ein abschtziges Urteil.Bevor wir auf ein Textbeispiel von Hegel kommen, welches wir in den Kontext der spterenArbeiten von Gnther stellen wollen, sei hier noch einmal auf die Arbeit von JoachimCastellaGotthard Gnther: Leben und Werkverwiesen, die seit September'07 im Web er-hltlich ist sowie auf Willy HochkeppelsBeitragNegativsprache zur Erfassung der Welt?zu Gnthers 80. Geburtstag und auf eine Rezension von Herbert Marcuse aus dem Jahr1937, die wir an den vorliegenden Text angehngt haben. Da wir zur Zeit keine weitereRezension vonGrundzge einer neuen Theorie...haben (es gibt noch eine von Karl Korsch,von der wir jedoch nicht wissen, wo und wann sie erschienen ist) haben wir der Vollstn-digkeit halber noch einen Beitrag aus dem Wrterbuch der Logik[22] als Anlage an diesenText angehngt.[23]

    20 Gotthard Gnther,Selbstdarstellung im Spiegel Amerikas,in Philosophie in Selbstdarstellungen II, Felix

    Meiner Verlag, Hamburg 1975, S. 1-77.21

    Zustzliche Hervorhebung durch evgo.Anmerkung zu dem Zitat: Was das Verhltnis von Idealismus und dialektischem Materialismus angeht,so ist das Vortragsmanuskript von 1964 Kybernetik und Dialektik Der Materialismus von Marx undLeninaus dem Nachlass eine sehr empfehlenswerte Lektre und das gilt erst recht fr den nicht verf-fentlichten etwas lngeren Text aus dem NachlassDer Tod des Idealismus und die letzte Mythologie,denes seit Dezember07 auch als berarbeitete pdf-Datei im www.vordenker gibt.

    22 N.I. Kondakow, Wrterbuch der Logik, Erhard Albrecht & Gnter Asser (Hrsg. der deutschen Ausgabe)

    VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1983.23 Anmerkung: Weder in der von H.J. Sandkhler herausgegebenen Enzyklopdie Philosophie (MeinerVerlag, Hamburg 1999) noch in der von J. Mittelstra 1995 herausgegebenen Enzyklopdie Philosophieund Wissenschaftstheorietaucht der Name Gotthard Gnther auf aus welchen Grnden auch immer!

    (Z_5)

    http://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/pkl/jc_gg-leben-und-werk.pdfhttp://www.vordenker.de/pkl/jc_gg-leben-und-werk.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/whgg80.htmhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/whgg80.htmhttp://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Marcusehttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_vortrag_koeln.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_vortrag_koeln.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_ende-idealismus.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_ende-idealismus.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_ende-idealismus.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/whgg80.htmhttp://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Marcusehttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_vortrag_koeln.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_vortrag_koeln.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_ende-idealismus.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/pkl/jc_gg-leben-und-werk.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdf
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    Georg Friedrich Wilhelm Hegel(1770-1831)

    Wissenschaft der Logik II [25]Zweiter Teil: Die subjektive Logik

    Dritter Abschnitt: Die Idee

    Drittes Kapitel: Die absolute Idee[p_548-573]

    [...]Dies ist nun selbst der vorhin bezeichneteStandpunkt, nach welchem ein allgemeinesErstes, an und fr sich betrachtet, sich als dasAndere seiner selbst zeigt. Ganz allgemeinaufgefat, kann diese Bestimmung so genom-men werden, da hierin das zuerst Unmittel-bare hiermit als Vermitteltes, bezogen auf einAnderes, oder da das Allgemeine als ein Be-

    sonderes gesetzt ist. Das Zweite, das hierdurchentstanden, ist somit das Negative des Erstenund, indem wir auf den weiteren Verlauf zumvoraus Bedacht nehmen, das erste Negative.Das Unmittelbare ist nach dieser negativenSeite in dem Anderen untergegangen, aber dasAndere ist wesentlich nicht das leere Negative,das Nichts, das als das gewhnliche Resultatder Dialektik genommen wird, sondern es ist das Andere des Ersten, das NegativedesUnmittelbaren; also ist es bestimmt als das Vermittelte, enthlt berhaupt dieBestimmung des Erstenin sich. Das Erste ist somit wesentlich auch im Anderen aufbe-wahrtund erhalten. Das Positive in seinemNegativen, dem Inhalt der Voraussetzung,

    im Resultate festzuhalten, dies ist das Wichtigste im vernnftigen Erkennen; es gehrtzugleich nur die einfachste Reflexion dazu, um sich von der absoluten Wahrheit undNotwendigkeit dieses Erfordernisses zu berzeugen, und was die Beispielevon Bewei-sen hierzu betrifft, so besteht die ganze Logik darin.

    Was hiermit nunmehr vorhanden ist, ist das Vermittelte, zunchst oder gleichfalls un-mittelbar genommen auch eine einfacheBestimmung; denn da das Erste in ihm unterge-gangen, so ist nur das Zweite vorhanden. Weil nun auch das Erste im Zweiten enthaltenund dieses die Wahrheit von jenem ist, so kann diese Einheit als ein Satz ausgedrcktwerden, worin das Unmittelbare als Subjekt, das Vermittelte aber als dessen Prdikatgestellt ist, z.B. das Endliche ist unendlich, Eins ist Vieles, das Einzelne ist das Allge-meine. Die inadquate Form solcher Stze und Urteile aber fllt von selbst in dieAugen. Bei dem Urteileist gezeigt worden, da seine Form berhaupt und am meistendie unmittelbare des positivenUrteils unfhig ist, das Spekulative und die Wahrheit insich zu fassen. Die nchste Ergnzung desselben, das negativeUrteil, mte wenigstensebensosehr beigefgt werden. Im Urteile hat das Erste als Subjekt den Schein einesselbstndigen Bestehens, da es vielmehr in seinem Prdikate als seinem Anderen aufge-hoben ist; diese Negation ist in dem Inhalte jener Stze wohl enthalten, aber ihre posi-tive Form widerspricht demselben; es wird somit das nicht gesetzt, was darin enthaltenist, was gerade die Absicht, einen Satz zu gebrauchen, wre.

    24 Hegels Konterfei aus: Introducing Hegel, Lloyd Spencer & Andrzej Krauze, Totem Books, New York,

    1997 Text aus: G.W.F. Hegel, Wissenschaft der Logik I, (Werkausgabe/Band 5: E. Moldenhauer,K.M. Michel, Hrsg.), Suhrkamp, Frankfurt 11969, p. 83.25

    G.W.F. Hegel, Wissenschaft der Logik II, (Werkausgabe/Band 6: E. Moldenhauer & K.M. Michel,Hrsg.) Suhrkamp, 1969, p. 561 ff.

    siehe: [24

    ]

    . 561

    p. 562

    http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Wilhelm_Friedrich_Hegelhttp://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Wilhelm_Friedrich_Hegelhttp://gutenberg.spiegel.de/?id=19&autor=Hegel,%20%20Georg%20Wilhelm%20Friedrich&autor_vorname=%20Georg%20Wilhelm%20Friedrich&autor_nachname=Hegelhttp://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=3266&kapitel=1#gb_foundhttp://www.amazon.com/Introducing-Hegel-Beginners-Lloyd-Spencer/dp/1874166447http://www.amazon.com/Introducing-Hegel-Beginners-Lloyd-Spencer/dp/1874166447http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=3266&kapitel=1#gb_foundhttp://gutenberg.spiegel.de/?id=19&autor=Hegel,%20%20Georg%20Wilhelm%20Friedrich&autor_vorname=%20Georg%20Wilhelm%20Friedrich&autor_nachname=Hegelhttp://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Wilhelm_Friedrich_Hegel
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    Die zweite Bestimmung, die negative oder vermittelte, ist ferner zugleich die vermit-telnde. Zunchst kann sie als einfache Bestimmung genommen werden, aber ihrerWahrheit nach ist sie eine Beziehungoder Verhltnis; denn sie ist das Negative, aberdes Positiven, und schliet dasselbe in sich. Sie ist also dasAndere nicht als von einem,wogegen sie gleichgltig ist so wre sie kein Anderes, noch eine Beziehung oder Ver-hltnis , sondern das Andere an sichselbst, das Andere eines Anderen; darum schlietsie ihr eigenes Anderes in sich und ist somit als der Widerspruchdie gesetzte Dialektikihrer selbst. Weil das Erste oder Unmittelbare der Begriff an sich, daher auch nur ansichdas Negative ist, so besteht das dialektische Moment bei ihm darin, da der Unter-schied, den es an sichenthlt, in ihm gesetzt wird. Das Zweite hingegen ist selbst dasBestimmte, der Unterschiedoder Verhltnis; das dialektische Moment besteht bei ihmdaher darin, die Einheitzu setzen, die in ihm enthalten ist. Wenn deswegen das Nega-tive, Bestimmte, das Verhltnis, Urteil und alle unter dies zweite Moment fallendenBestimmungen nicht fr sich selbst schon als der Widerspruch und als dialektischerscheinen, so ist es bloer Mangel des Denkens, das seine Gedanken nicht zusammen-bringt. Denn das Material, die entgegengesetzten Bestimmungen in einer Beziehung,sind schon gesetzt und fr das Denken vorhanden. Das formelle Denken aber macht sichdie Identitt zum Gesetze, lt den widersprechenden Inhalt, den es vor sich hat, in dieSphre der Vorstellung, in Raum und Zeit herabfallen, worin das Widersprechende imNeben- und Nacheinander auereinander gehalten wird und so ohne die gegenseitigeBerhrung vor das Bewutsein tritt. Es macht sich darber den bestimmten Grundsatz,da der Widerspruch nicht denkbar sei; in der Tat aber ist das Denken des Widerspruchsdas wesentliche Moment des Begriffes. Das formelle Denken denkt denselben auchfaktisch, nur sieht es sogleich von ihm weg und geht von ihm in jenem Sagen nur zurabstrakten Negation ber.

    Die betrachtete Negativitt macht nun den Wendungspunktder Bewegung des Begriffesaus. Sie ist der einfache Punkt der negativen Beziehungauf sich, der innerste Quell allerTtigkeit, lebendiger und geistiger Selbstbewegung, die dialektische Seele, die allesWahre an ihm selbst hat, durch die es allein Wahres ist; denn auf dieser Subjektivittallein ruht das Aufheben des Gegensatzes zwischen Begriff und Realitt und die Ein-

    heit, welche die Wahrheit ist. Das zweiteNegative, das Negative des Negativen, zudem wir gekommen, ist jenes Aufheben des Widerspruches, aber ist sowenig als derWiderspruch ein Tun einer uerlichen Reflexion, sondern das innerste, objektivsteMomentdes Lebens und Geistes, wodurch ein Subjekt, Person, Freiesist. Die Bezie-hung des Negativen auf sich selbstist als die zweite Prmissedes ganzen Schlusses zubetrachten. Die erste kann man, wenn die Bestimmungen von analytisch und synthe-tisch in ihrem Gegensatze gebraucht werden, als das analytische Moment ansehen,indem das Unmittelbare sich darin unmittelbarzu seinem Anderen verhlt und daher indasselbe bergeht oder vielmehr bergegangen ist, obgleich diese Beziehung, wieschon erinnert, eben deswegen auch synthetisch ist, weil es ihr Anderesist, in welchessie bergeht. Die hier betrachtete zweite Prmisse kann als die synthetische bestimmtwerden, weil sie die Beziehung des Unterschiedenen als solchenauf sein Unterschiede-nes ist. Wie die erste das Moment der Allgemeinheit und der Mitteilung, so ist diezweite durch die Einzelheitbestimmt, die zunchst ausschlieend und als fr sich undverschieden sich auf das Andere bezieht. Als das Vermittelndeerscheint das Negative,weil es sich selbst und das Unmittelbare in sich schliet, dessen Negation es ist. Inso-fern diese beiden Bestimmungen nach irgendeinem Verhltnisse als uerlich bezogengenommen werden, ist es nur das vermittelnde Formelle; als die absolute Negativittaber ist das negative Moment der absoluten Vermittlung die Einheit, welche die Sub-jektivitt und Seele ist.

    In diesem Wendepunkt der Methode kehrt der Verlauf des Erkennens zugleich in sichselbst zurck. Diese Negativitt ist als der sich aufhebende Widerspruch die Herstel-lungder ersten Unmittelbarkeit, der einfachen Allgemeinheit; denn unmittelbar ist das

    Andere des Anderen, das Negative des Negativen das Positive, Identische, Allgemeine.DieszweiteUnmittelbare ist im ganzen Verlaufe, wenn man berhaupt zhlenwill, dasDrittezum ersten Unmittelbaren und zum Vermittelten. Es ist aber auch das Dritte zum

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    ersten oder formellen Negativen und zur absoluten Negativitt oder dem zweiten Nega-tiven; insofern nun jenes erste Negative schon der zweite Terminus ist, so kann das alsDrittesgezhlte auch als Viertesgezhlt und statt der Triplizittdie abstrakte Form alseine Quadruplizittgenommen werden; das Negative oder der Unterschiedist auf dieseWeise als eine Zweiheit gezhlt. Das Dritte oder das Vierte ist berhaupt die Einheitdes ersten und zweiten Moments, des Unmittelbaren und des Vermittelten. Da es

    diese Einheitsowie da die ganze Form der Methode eine Triplizittist, ist zwar ganznur die oberflchliche, uerliche Seite der Weise des Erkennens; aber auch nur diese,und zwar in bestimmterer Anwendung aufgezeigt zu haben denn die abstrakte Zahl-form selbst ist bekanntlich schon frh, aber ohne Begriff und daher ohne Folge aufge-stellt worden , [ist] gleichfalls als ein unendliches Verdienst der Kantischen Philoso-phie anzusehen. Der Schlu, auch das Dreifache, ist als die allgemeine Form der Ver-nunft immer erkannt worden, teils aber galt er berhaupt als eine ganz uerliche, dieNatur des Inhalts nicht bestimmende Form, teils, da er im formellen Sinne blo in derverstndigen Bestimmung der Identittsich verluft, fehlt ihm das wesentliche, dialek-tische Moment, die Negativitt; dieses tritt aber in der Triplizitt der Bestimmungenein, weil das Dritte die Einheit der zwei ersten Bestimmungen ist, diese aber, da sie ver-schiedene sind, in Einheit nur als aufgehobenesein knnen. Der Formalismus hat sichzwar der Triplizitt gleichfalls bemchtigt und sich an das leere Schema derselbengehalten; der seichte Unfug und das Kahle des modernen philosophischen sogenanntenKonstruierens, das in nichts besteht, als jenes formelle Schema ohne Begriff und imma-nente Bestimmung berall anzuhngen und zu einem uerlichen Ordnen zu gebrau-chen, hat jene Form langweilig und bel berchtigt gemacht. Durch die Schalheit diesesGebrauchs aber kann sie an ihrem inneren Werte nicht verlieren, und es ist immer hochzu schtzen, da zunchst auch nur die unbegriffene Gestalt des Vernnftigen aufgefun-den worden.

    Nher ist nun das Dritte das Unmittelbare, aber durch Aufhebung der Vermittlung, dasEinfache durch Aufheben des Unterschiedes, das Positive durch Aufheben des Negati-ven, der Begriff, der sich durch das Anderssein realisiert und durch Aufheben dieser

    Realitt mit sich zusammengegangen [ist] und seine absolute Realitt, seine einfacheBeziehung auf sich hergestellt hat. Dies Resultatist daher die Wahrheit. Es ist ebenso-sehr Unmittelbarkeit als Vermittlung; aber diese Formen des Urteils: das Dritte istUnmittelbarkeit und Vermittlung, oder es ist die Einheit derselben, sind nicht verm-gend, es zu fassen, weil es nicht ein ruhendes Drittes, sondern eben als diese Einheit diesich mit sich selbst vermittelnde Bewegung und Ttigkeit ist. Wie das Anfangende dasAllgemeine, so ist das Resultat das Einzelne, Konkrete, Subjekt; was jenes an sich, istdieses nun ebensosehr fr sich, das Allgemeine ist im Subjekte gesetzt. Die beiden ers-ten Momente der Triplizitt sind die abstrakten, unwahren Momente, die eben darumdialektisch sind und durch diese ihre Negativitt sich zum Subjekte machen. DerBegriff selbst ist, fr unszunchst, sowohldas an sich seiende Allgemeine alsdas frsich seiende Negative als auchdas dritte Anundfrsichseiende, dasAllgemeine, welches

    durch alle Momente des Schlusses hindurchgeht; aber das Dritte ist der Schlusatz, inwelchem er durch seine Negativitt mit sich selbst vermittelt, hiermit fr sich als dasAllgemeineundIdentischeseiner Momentegesetzt ist.

    Dies Resultat hat nun als das in sich gegangene und mit sich identischeGanze sich dieForm der Unmittelbarkeitwiedergegeben. Somit ist es nun selbst ein solches, wie dasAnfangendesich bestimmt hatte. Als einfache Beziehung auf sich ist es ein Allgemei-nes, und dieNegativitt, welche die Dialektik und Vermittlung desselben ausmachte, istin dieser Allgemeinheit gleichfalls in die einfache Bestimmtheit zusammengegangen,welche wieder ein Anfang sein kann. Es kann zunchst scheinen, da dies Erkennen desResultats eine Analyse desselben sein und daher diejenigen Bestimmungen und derenGang wieder auseinanderlegen msse, durch den es entstanden und der betrachtet wor-

    den ist. Wenn aber die Behandlung des Gegenstandes wirklich auf diese analytischeWeise gemacht wird, so gehrt sie der oben betrachteten Stufe der Idee, dem suchendenErkennen an, das von seinem Gegenstand nur angibt, was ist, ohne die Notwendigkeit

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    seiner konkreten Identitt und deren Begriff. Die Methode der Wahrheit aber, die denGegenstand begreift, ist zwar, wie gezeigt, selbst analytisch, da sie schlechthin imBegriffe bleibt, aber sie ist ebensosehr synthetisch, denn durch den Begriff wird derGegenstand dialektisch und als anderer bestimmt. Die Methode bleibt an der neuenGrundlage, die das Resultat als der nunmehrige Gegenstand ausmacht, dieselbe als beidem vorhergehenden. Der Unterschied betrifft allein das Verhltnis der Grundlage alssolcher; sie ist dies zwar jetzt gleichfalls, aber ihre Unmittelbarkeit ist nur Form, weil

    sie zugleich Resultat war; ihre Bestimmtheit als Inhalt ist daher nicht mehr ein bloAufgenommenes, sondernAbgeleitetesundErwiesenes.

    Hier ist es erst, wo der Inhaltdes Erkennens als solcher in den Kreis der Betrachtungeintritt, weil er nun als abgeleiteter der Methode angehrt. Die Methode selbst erweitertsich durch dies Moment zu einem Systeme. Zunchst mute fr sie der Anfang inAnsehung des Inhalts ganz unbestimmt sein; sie erscheint insofern als die nur formelleSeele, fr und durch welche der Anfang ganz allein nur seiner Formnach, nmlich alsdas Unmittelbare und Allgemeine bestimmt war. Durch die aufgezeigte Bewegung hatder Gegenstand eine Bestimmtheitfr sich selbst erhalten, die ein Inhaltist, weil die indie Einfachheit zusammengegangene Negativitt die aufgehobene Form ist und, als ein-fache Bestimmtheit, ihrer Entwicklung, zunchst ihrem Gegensatze selbst gegen die

    Allgemeinheit gegenbersteht.Indem nun diese Bestimmtheit die nchste Wahrheit des unbestimmten Anfangs ist, sorgt sie denselben als etwas Unvollkommenes, sowie die Methode selbst, die von dem-selben ausgehend nur formell war. Dies kann als die nunmehr bestimmte Forderungausgedrckt werden, da der Anfang, weil er gegen die Bestimmtheit des Resultatsselbst ein Bestimmtes ist, nicht als Unmittelbares, sondern als Vermitteltes und Abge-leitetes genommen werden soll, was als die Forderung des unendlichen rckwrts-gehenden Progresses im Beweisen und Ableiten erscheinen kann, so wie aus demneuen Anfang, der erhalten worden ist, durch den Verlauf der Methode gleichfalls einResultat hervorgeht, so da der Fortgang sich ebenso vorwrts ins Unendliche fort-wlzt.

    Wer sich bis zum Ende dieses etwas lngeren Zitats durchgekmpft hat, ohne dass ihmdabei schwindelig wurde, der wird die Markierung eines kleinen Teils des Textes bemerkthaben, die wir eingefhrt haben, um nicht jedes Mal den gesamten Text von vorne lesen zumssen und am Ende schwindelnd aus dem Karussell des Georg Friedrich Wilhelm zu tor-keln. Wir haben diesen markierten Teil bewusst in einem etwas lngeren Zusammenhangzitiert, um dem Leser, der vielleicht noch nie den Versuch unternommen hat, etwas vonHegel zu lesen, einen kleinen Eindruck ber diesen groen Denker des Deutschen Idealis-mus zu geben. Als gelernter Naturwissenschaftler gesteht der Autor (evgo), dass er keinHegelkenner ist. Als Leser der Arbeiten von Gotthard Gnther allerdings erschlieen sichdie Texte von Hegel soweit sie ihm bekannt sind sicherlich in einer vllig anderenWeise als den Hegelforschern, die diese Texte (vermutlich) sehr viel besser kennen (soll-

    ten). Wer also mit Gnthers Arbeiten einigermaen vertraut und bei der Lektre des Zitatsgeistig nicht schwindelig geworden ist, bei dem sollten sich whrend der Lektre diesesTextbeispiels sofort Begriffe wie Proemialrelation, Kenozahlen und/oder Morphogrammeusw. einstellen. Dazu gengt es, die markierte Textstelle noch einmal nachdenkend zu lesen;wer hingegen die Gnther'schen Arbeiten nicht kennt, der wird, wenn er zum ersten Maldiesen Text liest, etwas verwirrt sein und vielleicht hnlich reagieren wie es HansReichenbach im Anschluss an das von ihm im ersten Kapitel seines Buches verwendeteHegel-Zitat (Z_2b) mutmat, nmlich das Buch hier: Wissenschaft der Logik am liebstenins Feuer oder wenn er nicht so rabiat ist in den Papierkorb werfen. Auch das in demHegel-Konterfei wiedergegebene Zitat erschliet sich vor dem Hintergrund derGntherschen Texte relativ einfach.[26] Wer mit der berhmten Hegel'schen Relation

    26 Der ersten Satz "Das reine Sein und das reine Nichts sind also dasselbe" des obigen Zitats erinnert den

    Autor des vorliegenden Textes an eine grotesk zu bezeichnende Diskussion zwischen Rudolf Kaehr und

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    "Sein=Nichts" intellektuelle Schwierigkeiten hat, dem kann man nur empfehlen, einmalGnthersSelbstdarstellung im Spiegel Amerikaszu lesen ... ;-)

    Die Proemialrelation wurde von Gnther erst Anfang der 70er Jahre in seiner Arbeit Cogni-tion and Volition, von der es mittlerweile auch eine deutsche (und franzsische!) ber-setzung gibt[27], in die Wissenschaft eingefhrt. Der Begriff "Morphogramm" tauchterstmalig Anfang der 60er Jahre auf.[28] In der Folgezeit erschienen eine Reihe von Arbei-

    ten auch in der nach-Gnther'schen ra in denen die Begriffe "Proemialrelation","Kenozahlen" usw. in verschiedenen Kontexten diskutiert wurden, sodass sie an dieserStelle nicht noch einmal in aller Breite dargestellt werden mssen. Allerdings zeigt diewanzenflache Diskussion ber die Willensfreiheit, die zwischen der so genannten "Elite"der Hirnforscher und den Schulphilosophen vor einiger Zeit ausgebrochen ist, dass allediese Arbeiten jedenfalls in diesen Kreisen nicht zur Kenntnis genommen wurden. Dasgilt auch fr die Arbeit vonWarren S. McCullochA Heterarchy of Values Determined bythe Topology of Nervous Nets aus dem Jahr 1945. Da McCulloch nachweislich Neurophy-siologe war und gerade diese Arbeit zentral ist fr das Verstndnis der Wirkungsweise neu-ronaler Netze, kann man mit Fug und Recht behaupten, dass die Hirnforscher noch nichteinmal ihre Fachliteratur richtig kennen. Wen wundert es da, dass auch den Philosophendiese Arbeit und damit der Begriff "Heterarchie" vllig unbekannt ist. Was Hegel aber indem obigen Zitat zu beschreiben sucht, das sind heterarchisch-hierarchische Prozess-Struk-turen, nur Hegel lebte im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert, McCullochund Gnther lebten im 20. Jahrhundert.

    Obwohl es auf dem Gebiet der Polykontexturalittstheorie noch fr Generationen vielUnbekanntes und heute noch nicht verstandenes zu erforschen gibt, reicht das, was heute

    einem Mathematiker-Kollegen an der "elitren" Privat-Universitt Witten/Herdecke Mitte der 80erJahre. In dieser Diskussion, die sehr emotional verlief jedenfalls ist sie mir so in der Erinnerunggeblieben , erwhnte Rudolf Kaehr die berhmte Hegel'sche Relation "Sein = Nichts". Er hatte das

    kaum ausgesprochen, da platzte besagter Kollege frmlich vor Lachen und konnten sich ber diesen"Unsinn" so hat er das damals bezeichnet kaum wieder beruhigen. Er war dann in der Folgezeitzutiefst davon berzeugt, dass es sich bei den Arbeiten von Rudolf Kaehr nur um Wissenschaftsbetrughandeln knne. Heute vertritt dieser Kollege aus welchen Grnden auch immer ebenfalls einige(allerdings sehr unreflektierte) widersprchliche Ansichten, die er im Kontext der schwchelndenWillensdiskussion (in: Kristian Kchy & Dirk Stederoth (Hg.), Willsensfreiheit als interdisziplinresProblem, S. 319-345) zu Papier gebracht hat da ist schon der Titel des Buches merkwrdig. Siehedazu auch: Historischer Rckblick und Anmerkungen zu einem Projekt, das an einer Privat-Universittunerwnscht war...

    27 Gotthard Gnther, Cognition and Volition Erkennen und Wollen , in: www.vordenker.de (Edition:

    Januar 2000), J. Paul (ed.)28

    Gnther erwhnt diese Strukturen (Morphogramme) erstmalig in einemBrief vom 30.12.1960 an Kurt

    Gdel und stellt sie dann anlsslich der Heidelberger Hegeltage 1962 einer breiteren ffentlichkeit unterdem TitelDas metaphysische Problem einer Formalisierung der transzendental-dialektischen Logikvor.Diese Tagung war insofern interessant, als Gnther von den sog. "rechten" Hegelianern nach Heidelbergeingeladen wurde. Im Allgemeinen trug Gnther auf Tagungen der Internationalen Hegelgesellschaftvor, die damals von Wilhelm Raimund Beyer organisiert wurden und auf der sich wie man denTagungsbnden entnehmen kann eher die sog. "linke" Hegelfraktion, also die dialektischen Materia-listen trafen. Als man den Lapsus der Einladung von Gnther nach Heidelberg bemerkte, wurde zurgeistigen Verstrkung Paul Lorenzen als Ko-Referentnach Heidelberg eingeladen (siehe dazu auch:"gotthard gnther annotationen_2004/1: 'A oder nicht-A' das ist hier die Frage"). Der Vortrag vonPaul Lorenzen und der sich daran anschlieende Briefwechsel zwischen Lorenzen und Gnther zeigtallerdings die Schwierigkeiten der Diskussion. Paul Lorenzen bleibt im klassisch mehrwertigen Kalkl la ukasiewicz bzw. seiner Dialoglogik verhaftet, sodass der Briefwechsel dann irgendwann sanft ein-schlft. Zehn Jahre spter htte Gotthard Gnther seinem Logiker-Kollegen Paul Lorenzen vielleicht

    geantwortet, dass seine (Lorenzens) Argumente sich alle durch eine monokontexturale Sicht der Weltauszeichnen; der Begriff der Polykontexturalitt existierte 1962 noch nicht und damit war logischer-weise auch der Begriff der Monokontexturalitt noch nicht geboren die Diskussion wre auf der Basisdieser Begriffsbildung sicherlich einfacher gewesen. zurck zu Ref. 30

    http://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/c_and_v.pdfhttp://www.editions-harmattan.fr/index.asp?navig=catalogue&obj=livre&no=26119http://www.amphilsoc.org/library/mole/m/mcculloc.htmhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/mcculloch_heterarchy.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/mcculloch_heterarchy.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/mcculloch_heterarchy.pdfhttp://www.vordenker.de/vgo/vgo_ein-ungeliebtes-forschungsprojekt.pdfhttp://www.vordenker.de/vgo/vgo_ein-ungeliebtes-forschungsprojekt.pdfhttp://www.vordenker.de/vgo/vgo_ein-ungeliebtes-forschungsprojekt.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/e_und_w.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_briefwechsel-goedel_ger.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_formal-transzend-dialekt-logik.pdfhttp://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Raimund_Beyerhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/lorenzen_koreferat-gg.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg-annotationen_2004-1_ger.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg-annotationen_2004-1_ger.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg-annotationen_2004-1_ger.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/lorenzen_koreferat-gg.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/lorenzen_koreferat-gg.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/c_and_v.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/c_and_v.pdfhttp://www.amphilsoc.org/library/mole/m/mcculloc.htmhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/lorenzen_koreferat-gg.pdfhttp://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Raimund_Beyerhttp://www.editions-harmattan.fr/index.asp?navig=catalogue&obj=livre&no=26119http://www.vordenker.de/ggphilosophy/lorenzen_koreferat-gg.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/lorenzen_koreferat-gg.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg-annotationen_2004-1_ger.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_formal-transzend-dialekt-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_briefwechsel-goedel_ger.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/e_und_w.pdfhttp://www.vordenker.de/vgo/vgo_ein-ungeliebtes-forschungsprojekt.pdfhttp://www.vordenker.de/vgo/vgo_ein-ungeliebtes-forschungsprojekt.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/mcculloch_heterarchy.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/mcculloch_heterarchy.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdf
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    schon bekannt ist, aus, um das, was Hegel den "objektiven Geist" nannte, mit Hilfe vonComputern zu ergrnden.[29] Leider haben die heutigen Biologen von einigen wenigenAusnahmen abgesehen[30] noch nicht einmal im Ansatz verstanden, was ihr eigentlichesObjekt ist nmlich "Leben"; sie setzen "Leben" immer nur voraus. Damit haben sie sichnatrlich auch noch nicht mit der Frage befasst, wie ein adquates Modell ihrer Forschungs-objekte aussehen knnte oder msste. Hier sieht es finster aus, zumal wenn man bedenkt,

    29 Eine gut lesbare Zusammenfassung (in deutscher Sprache) auch und gerade ber Entwicklungen der

    nach-Gnther'schen ra ist Die Skizze eines Gewebes rechnender Rume in denkender Leere vonRudolf Kaehr: (weitere Links in diesem Text), sowie seine Arbeit From Ruby to Rudy,um hier nur eineweitere Arbeit der letzten Jahre aus dem ThinkArtLabzu erwhnen.

    30 Anmerkung: Eine Ausnahme bildet der MikrobiologeJames A. Shapiro,der schon seit Jahren dynami-

    sche Modelle fordert, die nur mit Hilfe von Computern realisiert werden knnen: James A. Shapiro,Bacteria are small but not stupid: cognition, natural genetic engineering and socio-bacteriology (in:Stud. Hist. Phil. Biol. & Biomed. Sci. 38 (2007) 807819). Bereits im Abstract dieser Arbeit kann man folgen-des lesen:

    "Forty years experience as a bacterial geneticist has taught me that bacteria possess many cogni-tive, computational and evolutionary capabilities unimaginable in the first six decades of the twen-tieth century. Analysis of cellular processes such as metabolism, regulation of protein synthesis,and DNA repair established that bacteria continually monitor their external and internal environ-ments and compute functional outputs based on information provided by their sensory apparatus.Studies of genetic recombination, lysogeny, antibiotic resistance and my own work on transposableelements revealed multiple widespread bacterial systems for mobilizing and engineering DNAmolecules. Examination of colony development and organization led me to appreciate how exten-sive multicellular collaboration is among the majority of bacterial species. Contemporary researchin many laboratories on cellcell signaling, symbiosis and pathogenesis show that bacteria utilisesophisticated mechanisms for intercellular communication and even have the ability to commandeerthe basic cell biology of higher plants and animals to meet their own needs. This remarkableseries of observations requires us to revise basic ideas about biological information processing andrecognise that even the smallest cells are sentient beings."

    URL:http://shapiro.bsd.uchicago.edu/index3.html?content=publications.html

    In seinem Beitrag zu den Heidelberger Hegeltagen (siehe Ref.28)schreibt Gnther:"Wenn wir davon sprechen, dass ein System eine Umwelt besitzt, so meinen wir damit ein solches,das Kraft seiner internen Organisation die Fhigkeit besitzt, diese Umwelt qua Umwelt in sich ab-zubilden und zwischen:a) sich,b) dem Abbildungsverhltnisc) dem Abgebildetenzu unterscheiden. In diesem Sinne ist jede Pflanze, jedes Tier und jeder Mensch, d.h. alles Leben-dige, ein S-System".

    Gnther beschreibt hier unmissverstndlich, was ein kognitiv-volitives System (er nennt es in dieserArbeit ein S-System) mindestens leisten muss. Auf der Basis unseres heutigen Computer-Paradigmas(d.i. die Turing Maschine) lassen sich derartige Systeme jedoch niemals modellieren. Mit anderen Wor-

    ten: Die Modelle der Neuroinformatik sind non-kognitive Modelle, darauf haben wir in der Vergangen-heit schon mehrfach hingewiesen und dies auch logisch-formal begrndet. hnliche Argumente dasComputer-Paradigma betreffend finden sich in dem Buch von Roger Penrose The Emperor's NewMind, das 1989 erschien und in der Fachwelt fr einigen Wirbel gesorgt hat. So wurde in der wis-senschaftlichen Zeitschrift Behavioral and Brain Sciences im Jahr 1990 (Vol. 13, p.643-705) eineZusammenfassung "Prcis of The Emperors New Mind: Concerning computers, minds, and thelaws of physics" abgedruckt, der eine heftige sehr kontrovers gefhrte Diskussion folgte, an dernahezu die gesamte Creme der KI-Forschung sich beteiligt hat.Wenn das alles heute vom Mainstream der Philosophen, Hirn- und KI-Forscher immer noch ignoriertwird, dann ist das auch ein Vergehen an der nchsten Generation, denn man fllt die Hirne der Studentenmit Nebelschwaden und deklariert das Ganze dann auch noch als Eliteforschung.Was heute bentigt wird, sind Modelle zur Beschreibung 'heterachisch-hierarchische prozessualer biolo-gischer Objekte' in der Biologie (Genetik, Immunologie, Hirnforschung, usw.). Man kann eben nicht von

    "Ganzheitlichkeit" oder "Holismus" und hnlichem nur reden, wie das anthorposophisch-steinerscheoder philosophisch-hegelsche Glaubensgemeinschaften und andere Sekten tun, das fhrt mit Sicherheit,wie die Vergangenheit zur Genge gezeigt hat, zu keinem neuen Wissenschaftsverstndnis im Gegen-teil.

    http://www.vordenker.de/ggphilosophy/kaehr_skizze_36-120.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/kaehr_skizze_36-120.pdfhttp://www.thinkartlab.com/pkl/lola/From%20Ruby%20to%20Rudy.pdfhttp://www.thinkartlab.com/pkl/lola/From%20Ruby%20to%20Rudy.pdfhttp://www.thinkartlab.com/http://shapiro.bsd.uchicago.edu/http://shapiro.bsd.uchicago.edu/http://www.thinkartlab.com/http://www.thinkartlab.com/pkl/lola/From%20Ruby%20to%20Rudy.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/kaehr_skizze_36-120.pdf
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    dass die Philosophen den Naturwissenschaften und damit auch den Biologen heute hinterherlaufen und glcklich sind, wenn sie einmal einige Krmel vom reichlich gedeckten Tischder Naturwissenschaften aufschnappen und verarbeiten drfen. Hegel war seiner Zeit voraus

    das unterscheidet ihn ganz wesentlich von seinen heutigen "Berufs"kollegen hnlichesgilt auch fr Gotthard Gnther, den Philosophen und Logiker des 20. Jahrhunderts, auch erwar und ist immer noch(!) seiner Zeit weit voraus. Es bleibt nur zu hoffen, dass nicht

    alles neu erfunden werden muss eventuell von den aufstrebenden Asiaten? es wre je-denfalls nicht verwunderlich, denn Gnthers Beitrge zur Grundlegung einer operations-fhigen Dialektik fhren weit ber die Philosophie hinaus und hinein in die Lebens- undComputerwissenschaften!

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    A printable version of any text file may be obta ined from [email protected]

    ISSN 1619-9324

    http://www.vordenker.de/ics/downloads/problems.pdfhttp://www.vordenker.de/ics/downloads/problems.pdfhttp://www.vordenker.de/ics/downloads/problems.pdfhttp://www.vordenker.de/ics/downloads/problems.pdfhttp://www.vordenker.de/ics/downloads/problems.pdfhttp://www.vordenker.de/ics/downloads/problems.pdfhttp://www.vordenker.de/
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    Herbert Marcuse[* ]

    Rezension: Gotthard Gnther, Grundzge einer neuen Theorie desDenkens in Hgels Log ik , Feli x Meiner Verlag, Leip zig 1933.

    Gnther macht den Versuch, die formal-logischen Grundlagen der HegelschenPhilosophie losgelst von ihrer metaphysisch-systematischen Gestalt zuuntersuchen. Er vertritt die These, dass bei Hegel (und in Anstzen schon beiFichte) eine neue Idee der Logik wirksam sei, die eine weitgehende Verwandlungund Aufhebung der traditionellen Logik voraussetze. Die durch das klassischeAxiomensystem definierte traditionelle Logik erschpft nach G. nicht den Sinnvon Rationalitt: sie ist eine reine "Sachlogik", die nur die "uerlichkeit"thematisiert, bloe Seinsverhltnisse denkt. Als Ergnzung erfordert sie eine reine"Sinnlogik" als Logik der "Innerlichkeit" mit einem dem klassischen inversenAxiomensystem, die die Objektivitt nicht als seiende, sondern als gedachtethematisiert. Diese beiden "Stellungen des Gedankens zur Objektivitt" sind bei

    Hegel aufgehoben in der dialektischen Logik des Absoluten, als derenZentralbegriff G. die Kategorie der "Vermittlung" aufweist. Die von Hegelvollzogene "Gleichsetzung" des logischen und metaphysischen Systems ist selbst"logisch nicht mehr begrndbar"; "das logische System und die ihm innewohnendeProblematik kann und muss von uns bernommen werden, ohne dass wir damitgezwungen sind, uns dem metaphysischen Idealismus mit Haut und Haaren zuverschreiben". G.'s Buch ist eine der bedeutendsten Leistungen derHegel-Literatur und -Interpretation.

    Herbert Marcuse (Genf).

    * in: Zeitschrift fr Sozisalforschung, 3 (1937) 421

    zurck zum Text Seite 7

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    N. I. Kondakow [* ]

    Wrterbuch der Log ik

    Gnther, Gotthard, geb. 1900: Philosoph und Logiker; em. Professor an der

    Universitt Hamburg. G. beschftigt sich vor allem mit Fragen der Grundlagenforschungder Logik und Dialektik und der Anwendung logischer und dialektischer Methoden in derKybernetik/Computerwissenschaft. Er vertritt die Auffassung, da eine philosophischeErneuerung der Logik und nicht ein blo technisches Verbessern der bisherigenDenkgewohnheiten, wie sie die zeitgenssische Logistik anstrebt, auf die Tagesordnungzu setzen sei. Eine Erweiterung der philosophischen Logik zur Logistik ist dabei fr ihnnur insofern gegeben, als eine Erweiterung der philosophischen Logik zu einertechnischen Erweiterung des Logikkalkls durch bergang zu einer Theorie derMehrwertigkeit fhren msse. Die mehrwertigen Formeln lassen sich aber nicht mehr mitden Mitteln klassischer Philosophie, also lediglich in dem philosophischenFundamentalrahmen des traditionellen Weltbildes deuten. Damit hngt es nach G.

    zusammen, da die klassische Logik strukturell (morphogrammatisch) als Basis derPhilosophie unvollstndig ist. Auch seien ihre philosophischen Mglichkeitenausgeschpft. Ferner gbe es jenseits der Mehrwertigkeit noch eine tiefere Dimensioneiner transklassischen Logik, zu der die Werte nur eine Vordergrundkulisse bildeten. G.nennt die logischen Erscheinungen, die jenseits der Wertdimension auftreten,Reflexionsmusterund spter Kenogramm. In dieser neuen Theorie wies er nach, da diealte Logik nur ein kenogrammatisches Fragment sei. Mit der Verffentlichung dergeneralisierten Stellenwerttheorie (1962) legt G. Ergebnisse einer neuen philosophischenInterpretation der mehrwertigen Logik vor. "Der Anspruch der klassischen Logik, dieObjektivitt der Welt als eine einzige bruchlose Universalkontextur, jenseits der nur das

    Absolute ist, zu verstehen, wird damit ein fr allemal bestritten. Die Wirklichkeit, in der wirleben, besitzt keine solche ungebrochene Kontinuitt. An jeder Kontexturschranke erlischtein Gltigkeitsbereich der klassischen Logik, aber in jeder neuen Universalkontextur tritter mit verndertem Positionswert wieder auf. Eine transklassische Logik hat es imwesentlichen mit der Vernderung dieser Positionswerte zu tun. Diese Positionswertedefinieren unsere Welt als einen polykontexturaIen Wirklichkeitszusammenhang, in demdie Objektivitt einer Kontextur einen gleichwertigen Objektivittsanspruch einer anderenausschliet." (76, S. 65).[ 1 ]

    Werke:Grundzge einer neuen Theorie des Denkens in Hegels Logik (1933) ; Logistik undTranszendentallogik (1940);Metaphysik, Logik und die Theorie der Reflexion (1957); Diearistotelische Logik des Seins und die nicht-aristotelische Logik der Reflexion (1958);

    Idee und Grundri einer nicht-aristotelischen Logik 1(1959); Ein Vorbericht ber diegeneralisierte Stellenwerttheorie der mehrwertigen Logik (1960); Cybernetic, Ontologyand Transjunctional Operations (1962); Das Problem einer Formalisierung dertranszendental-dialektischen Logik (1962); Logik, Zeit, Emanation und Evolution (1967);Die Theorie der mehrwertigen Logik (1971); Life as Poly-Contexturality (1973);Philosophie in Selbstdarstellung II (1975); Beitrge zur Grundlegung einer ope-rationsfhigen Dialektik, 3 Bde. (1976. 1980).

    * aus: N.I. Kondakow, Wrterbuch der Logik, Erhard Albrecht & Gnter Asser (Hrsg. der deutschen Ausgabe) VEBBibliographisches Institut Leipzig, 1983.

    1 Anmerkung_vgo: Das Zitat befindet sich in"Philosophie in Selbstdarstellung II (1975) .

    zurck zum Text S. 7

    http://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_logistik-transzend-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_logistik-transzend-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_metaph-logik-refl.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_logik-sein-reflexion.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_logik-sein-reflexion.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_cyb_ontology.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_cyb_ontology.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_formal-transzend-dialekt-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_formal-transzend-dialekt-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_logik-zeit-emanat-evol.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_theorie-mehrwert-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_life_as_polycontexturality.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_life_as_polycontexturality.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_theorie-mehrwert-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_logik-zeit-emanat-evol.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_formal-transzend-dialekt-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_formal-transzend-dialekt-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_cyb_ontology.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_cyb_ontology.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/grndvorw.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_logik-sein-reflexion.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_logik-sein-reflexion.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_metaph-logik-refl.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_logistik-transzend-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_logistik-transzend-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/theor-hegel-logik.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdfhttp://www.vordenker.de/ggphilosophy/gg_selbstdarstellung.pdf
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    http://www.vordenker.de/ggphilosophy/whgg80.htm 17 . November 2000

    DIE ZEIT vom 13.Juni 1980, Nr. 25

    Negativsprache zur Erfassung der Welt ?Der Philosoph Gotthard Gnther wird achtzig Jahre alt

    von Willy Hochkeppel [* ]

    Von seinem Volksschullehrer wollte der Spro aus dem Pastorenhausim Riesengebirge wissen, warum man immer nur Kirchen und nichtKirchen, Krokodile, Mtter und Zahnschmerzen zusammenzhlenknne. Warum man also, wie er spter sah, alles in ein qualitts-til-gendes Grenschema pressen msse, Jahre danach berlegt er, dadie Kolonne der natrlichen Zahlen auch seitwrts abweichen knnte,statt immer hintereinander im Gnsemarsch zu verlaufen. Eine solche"Seitwrtsbewegung" der natrlichen Zahlen hatte in der Tat schonein amerikanischer Mathematiker ins Auge gefat; sie ergbe sich,wenn man aus unserem klassischen, zweiwertigen logischen Denk-system ausstiege. Den Ausstieg aus der berkommenen aristoteli-schen Logik, den berstieg in eine "transklassische", mehrwertigeLogik dieses schwindelerregende Manver bt der nun achtzigjh-rige Gotthard Gnther seit nunmehr rund fnfzig Jahren im schwere-losen Raum einer Hegels spekulatives Denken und die Kybernetikvermittelnden erweiterten Rationalitt.

    Das klingt durchaus nach science fiction, doch darin sieht Gntherkeinen Makel. Dieses Genre versteht nmlich der 1949 amerikani-scher Staatsbrger gewordene Schlesier er hat es "nie bereut" alsDesignat amerikanischen Frontier-Geistes und literarisches Symptom"eines totalen Ausbruchs aus der klassisch-abendlndischen Tradition des Denkens". In andere Weltenfhlte er sich schon zu Beginn seiner Studien ein, ins klassische Chinesisch, in Sanskrit und Indologie.Heute steht er in gewissermaen distanzierter Nhe zu einem dialektischen Materialismus.

    uerlich ist der eher schtter wirkende kleineHerr zweifellos der deutsche Gelehrte geblieben,der die Idee des Preuentums "zeitlebens verehrt"hat, auch wenn er bei internationalen Hegel-kon-gressen mit Baseball-Kappe auftaucht, als gingees ins Yankee-Stadion. Kaum jemand, der ihnnicht kennt, vermutet hinter diesem Image denleidenschaftlichen Skifahrer und Ski-Experten, der"so ziemlich alles, was ber die Welt des Skis von

    1910 bis in die letzten Jahre erschienen ist, gele-

    sen hat"; oder den Flieger mit der A-, B- und C-

    Prfung und dem Internationalen Leistungsab-zeichen fr Segelflug, dem Kunstflug- und demMotorflugschein.

    * Dr. Willy Hochkeppel: Freier Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks, Mnchen, Mitarbeiter verschiedenerRundfunksender einige Schriften/Bcher: Das Dilemma der Philosophie (1962), Mythos Philosophie

    (1982), War Epikur ein Epikureer? Aktuelle Weisheitslehren der Antike (1984), Endspiele: Zur Philosophiedes 20. Jahrhundert (1993), u.a.

    zurck zum Text

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    Willy Hochkekppel Negativsprache zur Erfassung der Welt?

    Das alles hrt sich auch nicht gerade nach dem Lebenslauf eines "ordentli-chen" Professors an. Kein Zweifel: Gotthard Gnther ist Outsider. Die Ziele,die er sich gesteckt hat, muten ihn immer weiter vom akademischen Philoso-

    phie-Betrieb entfernen. Zwei Anforderungen, zur "Kathederphilosophie"zurckzukehren, hat er abgelehnt. Das war 1972 bei seiner Emeritierung vonder Universitt in Urbana/Illinois, wo er dank der Vermittlung seines FreundesWarren S. McCulloch, des berhmten Kybernetikers, ber ein Jahrzehnt lang"nicht ohne ein etwas wunderliches Gefhl" als Professor of Electrical Engi-neering ttig war. Heute lebt Gnther in Hamburg.

    Der scheinbar abseitige Weg von Hegel zur Kybernetik war keineswegssprunghaft, kein Sphrenwechsel; er war kontinuierlich, zwangslufig undwohl seit der Dissertation bei Eduard Spranger und dem aus ihr hervorgegan-

    gen Buch "Grundzge einer neuen Theorie des Denkens in Hegels Logik", 1933 erschienen, vorge-zeichnet. In diesem Buch, das nebenbei eines der gelungensten Interpretationen der "grotesken Felsen-melodie" so der junge Marx Hegelscher Gedankengnge darstellt, zeigte Gnther, da sich inHegels "Logik", in der doch Inhalt und Form als untrennbar verquickt galten, dennoch ein formalesPrinzip, ein logischer Formalismus, abheben lie, der allerdings die klassiche zweiwertige Logik, wennnicht sprengen, so doch zum Spezialfall einer umfassenderen mehrwertigen Logik degradieren mte.

    Hegelianer aller Spielarten bekundeten freundliche Verstndnislosigkeit gegenber derartigen "forma-listischen" Experimenten, whrend moderne Logiker, die stets von der Hegelschen Logik, der Dialek-tik, "Machbarkeit" verlangten, diesen tatschlichen oder vermeintlichen Nachweis ihrer Formali-sierbarkeit bis heute nicht zur Kenntnis genommen haben. Vielleicht argwhnten sie, sich irgendwel-che Metaphysik, irgendeine Weltanschauung einzuhandeln, wenn sie sich auf Gnthers transklassischeLogik einlieen.

    Insofern nun Gnther eine philosophische Erneuerung der Logik anstrebt und nicht blo technischeVerfeinerung der herkmmlichen, springt fr ihn allerdings und eingestandenermaen eine neue "Welt-anschauung" dabei heraus. Auch die alte Logik, sagt er, ist ja metaphysisch-weltanschaulich auf die

    beiden Pole Erkennen und monolithisches Sein, Subjekt und Objekt, Idee und Materie oder derzeitIdealismus und Materialismus fixiert. Aus der damit gesetzten fatalen Zwei-Welten-Lehre und ihrerLogik der Unvershnlichkeit kommt man eben nur heraus, wenn man sich vom Denken in der traditio-nellen zweiwertigen Logik mit den Werten "wahr" und "falsch" freimacht und diese in ein mehrwer-tiges Logik-System transzendiert. Zwar gibt es bereits verschiedene mehrwertige Logik-Modelle, aberdie bieten, wie Gnther unwidersprochen klarmacht, lediglich Abstufungen, Grade von Wahrschein-lichkeit zwischen den beiden Polen "wahr" und "falsch".

    Gnthers Fluchtweg aus dem Bannkreis klassischer, zweiwertiger Logik in die Mehrwertigkeit und ineine neue Dimension menschlicher Rationalitt sieht, auf das Skizzenhafteste verkrzt, etwa so aus:

    Der normale logische Proze beschreibt ein unmittelbares Denken eines Gegenstandsberei-ches, eine einfache Reflexion ein Ich denkt einen Stein.

    Der Schritt darber hinaus ist die doppelte Reflexion das Denken des Denkens desSteins.

    Im ersten Fall einer klassischen Logik ist der Gegenstand der Reflexion der Stein; imzweiten Fall einer transklassischen Logik ist der Reflexions-Gegenstand der gedachteStein, also die Reflexion selbst.

    Anders gesagt: die transklassische Logik ist das Denken der klassischen Logik. Und weil jene es nichtmehr direkt mit realen Gegenstnden zu tun hat, verlieren, meint Gnther, in ihr Begriffe wie "falsch"und "wahr" ihren Sinn. Der klassische Wahrheitswert spaltet sich gleichsam auf und die klassischeLogik erhlt im Rahmen der Mehrwertigkeit vernderte Stellenwerte zugeteilt, so wie in der ArithmetikZahlen durch Vernderung ihrer Stellenwerte einen anderen Rang erhalten.

    Fr die Beschreibung der objektiven Wirklichkeit bleibt damit die klassische Logik, auf die unserGehirn programmiert ist, gltig. Denn eine unmittelbar auf die Realitt statt auf das diese reflektie-rende Bewutsein angewandte transklassische Logik wrde natrlich eine Welt abbilden, "in der der

    Wahnsinn regiert". Das Ganze der Wirklichkeit, so stellt es Gnther dar, ist vielmehr eine Art Kong-lomerat unendlich vieler "ontologischer Orte", die, isoliert betrachtet, durch eine zweiwertige Logikbeschreibbar sind; als Gesamt dieser Orte kann Wirklichkeit indes nur durch ein mehrwertiges System

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    Willy Hochkekppel Negativsprache zur Erfassung der Welt?

    abgebildet werden. Die Welt, so liee sich sagen, besteht aus unendlich vielen Stellen klassischer Rati-onalitt, deren Zusammenspiel aber durch punktuelle Rationalitt nicht durchschaubar wird.

    Der Mannigfaltigkeit der Welt entsprche brigens viel besser eine "Negativsprache". Zu dieser absurdanmutenden, originellen Idee Gnthers lt sich hier andeutungsweise nur soviel sagen, da eine

    Negativsprache durch den Reichtum vielfacher Verneinungen die "Hintersinnigkeit der Gedanken"weitaus treffender zum Ausdruck brchte als unsere auf Bejahung beruhende, eher plump-naive "Posi-

    tivsprache".Gnthers zh durchgehaltene Lebensarbeit er "war und ist ein extrem langsamer Lerner", meint er besteht darin, eine solch komplexe Welt und deren Begreifen vom Ruch schwer verdaulicher, phantas-tischer Spekulation befreit und demonstriert zu haben, da, eine entsprechende transklassische Logikder Reflexion als formaler Kalkl, als Regelsystem also, mit dem man "rechnen" kann, machbar ist.Die Kybernetik war dazu das geeignete technische Hilfsmittel, zumal deren Theorie es ja ihrerseits mitder maschinellen Simulation komplizierter Bewutseinsprozesse zu tun hat. Die Metaphysik derKybernetik als Erweis der "technischen Machbarkeit" erlebnishafter, subjektiver Ereignisse war es, dieGnther fasziniert hat und zu deren Grundlagen sein bei uns vielleicht bekanntestes Buch "DasBewutsein der Maschinen" aus dem Jahr 1963 beigetragen hat.

    Die Frage, ob Gnthers verwegenes Unternehmen nicht weniger waghalsig, finde ich, als etwa derVersuch, das mathematische Dreikrperproblem lsen zu wollen Hegels Dialektik zum funktionie-renden Schaltsystem eines Denkens zu przisieren, das dem menschlichen Geist neue Perspektivenerffnet und Ich und Welt in ein verndertes, ranggleiches Verhltnis setzt, erfolgreich war, ist ange-sichts dieser Anstrengung des Begriffs als solcher fast schon belanglos. Selbstkritisch nennt der Philo-soph brigens seine bisherigen Versuche, mit denen er sich in einen "unvershnlichen Gegensatz"zum"philosophischen Zeitgeist" setzte, "unzureichend". Im Rckblick sind ihm die umfangreiche Arbeit"Idee und Grundri einer nicht-Aristotelischen Logik" oder manche der "Beitrge zur Grundlegungeiner operationsfhigen Dialektik" Stufen, die hinter ihm, dem jetzt Achtzigjhrigen (immer noch akti-ver Skifahrer), liegen. Als work in progress also, nicht als fixes Resultat, ist Gnthers in jedem Sinneexzeptionelles Werk zu verstehen und zu lesen.

    Ende - Artikel aus "DIE ZEIT"

    Gotthard Gnther verstarb am 29. November 1984 in Hamburg

    Der Abdruck dieses Artikels erfolgte mit freundlicher Genehmigung des Autors,dem wir dafr herzlich danken.

    How to cite:

    Willy Hochkeppel: Negativsprache zur Erfassung der Welt? Der Philosoph Gotthard Gnther wird 80 Jahre alt, in:www.vordenker.de (Edition: 17. November 2000), J. Paul (Ed.), URL: originally published in: DIE ZEIT Nr. 25 vom 13. Juni 1980.

    The text was originally edited and rendered into PDF file for the e-journal byE. von Goldammer

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    ISSN 1619-9324