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1 Anspruch und Realität von Budgetverhandlungen zur Umsetzung medizintechnischer Innovationen Gutachten des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) im Auftrag des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) Projektbearbeiter Dr. Karl Blum Dr. Matthias Offermanns Deutsches Krankenhausinstitut e.V. Hansaallee 201 40549 Düsseldorf www.dki.de Düsseldorf, im November 2009

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Anspruch und Realität von Budgetverhandlungen zur Umsetzung medizintechnischer Innovationen

Gutachten des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) im Auftrag des Bundesverbandes Medizintechnologie

(BVMed)

Projektbearbeiter

Dr. Karl Blum

Dr. Matthias Offermanns

Deutsches Krankenhausinstitut e.V.

Hansaallee 201

40549 Düsseldorf

www.dki.de

Düsseldorf, im November 2009

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Inhaltsverzeichnis

Seite Executive Summary....................................................................................4 Abkürzungsverzeichnis..............................................................................9 1 Einleitung....................................................................................... 10 1.1 Hintergrund........................................................................................................... 10 1.2 Ziele...................................................................................................................... 11 1.3 Methodik............................................................................................................... 12 2 Grundlagen..................................................................................... 15 2.1 Rechtliche Grundlagen für NUB............................................................................ 15 2.2 Vertragliche Grundlagen....................................................................................... 17 2.3 Das NUB-Verfahren.............................................................................................. 18 2.4 Kritik am NUB-Verfahren....................................................................................... 23 2.5 Verbots- und Erlaubnisvorbehalt........................................................................... 26 2.6 Rechtliche Grundlagen für Zusatzentgelte........................................................... 27 2.7 Verfahren für Zusatzentgelte................................................................................ 30 3 Verhandlungen zu NUB................................................................. 33 3.1 Wichtigkeit von NUB............................................................................................. 33 3.2 Vorgehen bei NUB-Anträgen................................................................................ 35 3.3 Ablehnungsgründe für NUB.................................................................................. 38 3.4 Informationen zu MDK-/MDS-Gutachten.............................................................. 42 3.5 Förderliche Bedingungen für NUB-Vereinbarungen............................................. 44 3.6 Verhandlungstaktik bei NUB................................................................................. 50 3.7 Schiedsstellenverfahren zu NUB.......................................................................... 53 3.8 Probleme mit NUB................................................................................................ 51 3.9 Neuregelung der Innovationsklausel.................................................................... 54 4 Statistische Angaben zu NUB...................................................... 57 4.1 Anzahl der NUB-Anträge...................................................................................... 57 4.2 Erfolgsquoten der NUB-Anträge beim InEK.......................................................... 58 4.3 Erfolgsquoten medizintechnischer NUB-Anträge beim InEK................................ 60 4.4 NUB-Vereinbarungen mit Kostenträgern.............................................................. 62 4.5 Erfolgsquoten der Status-1-Anträge bei Entgeltvereinbarungen.......................... 64 4.6 Erfolgsquoten medizintechnischer Status-1-Anträge bei...................................... 65 Entgeltvereinbarungen 4.7 Erfolgsquoten von NUB-Anträgen insgesamt....................................................... 67 4.8 Erfolgsquoten von medizintechnischen NUB-Anträgen insgesamt...................... 73 4.9 Fälle mit NUB....................................................................................................... 74 4.10 Erlöse aus NUB.................................................................................................... 76

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5 Bewertung des NUB-Verfahrens.................................................. 78 5.1 Zufriedenheit mit dem NUB-Verfahren................................................................. 78 5.2 Zufriedenheit mit Detailregelungen des NUB-Verfahrens.................................... 81 5.3 Änderungsvorschläge zum NUB-Verfahren......................................................... 84 5.4 Alternativen zum NUB-Verfahren......................................................................... 87 6 Zusatzentgelte und Ausgleiche ................................................... 91 6.1 Wichtigkeit von Zusatzentgelten .......................................................................... 91 6.2 Ablehnungsgründe für die Vereinbarung von Zusatzentgelten............................ 93 6.3 Förderliche Bedingungen für die Vereinbarung von Zusatzentgelten.................. 97 6.4 Vereinbarung und Abrechnung von Zusatzentgelten für das Jahr 2008..............101 6.5 Vereinbarte Erlössumme......................................................................................103 6.6 Vereinbarte Ausgleiche bei Fallpauschalen mit hohem Sachkosten-.................. 108

anteil 6.7 Vereinbarte Ausgleiche bei krankenhausindividuellen Entgelten......................... 110 7 Handlungsoptionen.......................................................................112 7.1 Stärkung des Verbotsvorbehaltes........................................................................ 112 7.2 Neuausrichtung der Entgeltvereinbarungen......................................................... 114 7.3 Entbürokratisierung des NUB-Verfahrens............................................................ 116 7.4 Veröffentlichung von MDK-/MDS-Gutachten....................................................... .118 7.5 Schaffung innovationsfreundlicher Rahmenbedingungen.....................................120 7.6 Förderung von Zusatzentgelten.............................................................................123 8 Zusammenfassung....................................................................... 125 Literaturverzeichnis....................................................................... 135 Anhang: Projektbegleitende Arbeitsgruppe.................................136

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Executive Summary

Hintergrund

Der Gesetzgeber will den Innovationstransfer im Krankenhaus ausdrücklich fördern. Nach

der sog. Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt des Sozialgesetzbuches ist daher im Krankenhaus

die Anwendung von neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) im Rahmen

des GKV-Systems im Prinzip so lange erstattungsfähig, bis der Gemeinsame Bundesaus-

schuss dies ausdrücklich verbietet. Durch den Verbotsvorbehalt soll die Einführung von In-

novationen im Krankenhaus gezielt erleichtert werden, ohne dass dem aufwendige Antrags-

und Bewilligungsverfahren entgegenstehen, welche den medizinischen und medizintechni-

schen Fortschritt ggf. be- oder verhindern könnten.

Das Krankenhausrecht sieht darüber hinaus eine sog. Innovationsklausel vor, wonach für die

Vergütung von NUB, die mit den definierten Fallpauschalen und Zusatzentgelten noch nicht

sachgerecht vergütet werden, zeitlich befristet Entgelte vereinbart werden können. Das NUB-

Verfahren ist zweistufig angelegt: Demnach müssen Krankenhäuser Anfragen für NUB an

das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) richten. Nach ggf. positivem Be-

scheid durch das INEK können Kostenträger und Krankenhäuser vor Ort ein individuelles

NUB-Entgelt vereinbaren. Über die NUB-Entgelte hinaus können Zusatzentgelte zusätzlich

zu den Fallpauschalen vereinbart werden, wenn bestimmte Krankenhausleistungen mit den

Fallpauschalen nicht leistungsorientiert vergütet werden können.

Angesichts von Praxisproblemen beim Innovationstransfer im Krankenhaus hat der Bundes-

verband Medizintechnologie (BVMed) das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) mit einer Stu-

die zu „Anspruch und Realität von Budgetverhandlungen zur Umsetzung medizintechnischer

Innovationen“ beauftragt. Das Projekt verfolgte zwei zentrale Ziele: Zum einen waren die Ur-

sachen für Praxisprobleme beim Innovationstransfer zu ermitteln. Zum anderen sollten

Handlungsoptionen für einen besseren Innovationstransfer im Krankenhaus aufgezeigt wer-

den.

Das Projekt umfasste drei Forschungsmodule: eine standardisierte Repräsentativbefragung

von Krankenhäusern, ergänzende Telefoninterviews mit Krankenhäusern zu ausgewählten

Fragestellungen sowie vertiefende Experteninterviews mit exponierten Vertretern von Kran-

kenhäusern und Krankenkassen.

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Ergebnisse

In den Entgeltverhandlungen spielen NUB eine eher untergeordnete Rolle. Für die Mehrheit

der Krankenhäuser hat die Vereinbarung von NUB keine hohe Dringlichkeit oder Wichtigkeit.

Dementsprechend stellen sie mehrheitlich nie, nur in Ausnahmefällen oder bei ausgewählten

NUB überhaupt entsprechende Anträge. Größere Relevanz hat die Vereinbarung von NUB

insbesondere für die Universitätskliniken, darüber hinaus für andere Großkrankenhäuser

oder Krankenhäuser mit Spezialisierung in einzelnen Leistungsbereichen.

Die Wahrscheinlichkeit einer NUB-Vereinbarung zwischen Krankenhäusern und Kostenträ-

gern vor Ort erhöht sich deutlich, wenn die Kostenträger die wissenschaftliche Evidenz für

die jeweiligen NUB gegeben sehen und die Kosten über Fallzahl- oder Erlösvorgaben

steuern können. Umgekehrt bildet eine vermeintlich fehlende Evidenzbasierung, vielfach un-

ter Verweis auf eigens in Auftrag gegebene Gutachten ihrer Medizinischen Dienste

(MDK/MDS), den wichtigsten Ablehnungsgrund für NUB seitens der Kostenträger.

Insbesondere die MDK-/MDS-Gutachten spielen eine überragende Rolle in den Entgeltver-

handlungen zwischen Krankenhäusern und Kostenträgern. Kostenträgerseitig bilden sie die

maßgebliche Informationsquelle und Entscheidungsgrundlage für die Verhandler vor Ort.

Nichtsdestotrotz werden sie den Krankenhäusern faktisch kaum zugänglich gemacht. In aller

Regel werden ihnen die Gutachten weder übermittelt noch können sie diese einsehen. Die

Entscheidungsgrundlagen sind somit krankenhausseitig intransparent.

Lediglich für 35 % aller NUB-Anträge kann letzlich ein Entgelt vereinbart werden. An der ers-

ten Hürde des NUB-Verfahrens, der Prüfung durch das InEK, scheitern schon 40 % aller

NUB-Anträge. Abermals knapp 40 % der erfolgreichen Anträge beim InEK scheitern an der

Hürde der Vereinbarung eines krankenhausindividuellen Entgeltes. Medizintechnische NUB

machen 30 % aller NUB-Anträge aus. Mit rund 28 % vereinbarter Entgelte fallen die Erfolgs-

quoten medizintechnischer NUB unterdurchschnittlich aus.

Es gibt sehr große Varianzen der Erfolgsquoten von NUB nach Krankenhausgröße und

Krankenhaustyp: Vor allem die Universitätskliniken mit großem Antragsvolumen haben über-

proportional Probleme, für ihren Antrag einen positiven Bescheid vom InEK zu erhalten. In

den Entgeltverhandlungen vor Ort kehren sich die Erfolgsquoten um. Die Universitätskliniken

können hier für neun von zehn Anträgen ein Entgelt vereinbaren.

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Dies ist zum einen auf die besondere Stellung der Universitätskliniken bei Forschung und In-

novation zurückzuführen. Zum Anderen liegt eine gezielte Einflussnahme der Kostenträger

auf die Leistungssteuerung und Versorgungsplanung nahe, ohne hierfür krankenhausplane-

risch autorisiert zu sein. Stellt man zusätzlich regionale Varianzen in den NUB-

Vereinbarungen in Rechnung, dann muss die Vereinbarungspraxis aus Krankenhaussicht

teilweise als willkürlich gelten.

Fallzahlen wie Erlöse für NUB sind in der Mehrzahl der Krankenhäuser äußerst gering. Im

Vergleich zu den Fallzahlen bzw. den Erlösen insgesamt liegen die entsprechenden Werte

für NUB im Promillebereich. In der Summe gibt es zudem keine großen Diskrepanzen zwi-

schen den vereinbarten und den abgerechneten Fallzahlen. Die Studie belegt somit, dass

eine Mengenexpansion bzw. Erlössteigerung bei NUB kein relevantes Praxisproblem dar-

stellt.

Viele Detailregelungen des NUB-Verfahrens stoßen auf Kritik der betroffenen Krankenhäu-

ser. Das gilt insbesondere für die Mehrfach- bzw. Wiederholungsanträge bei identischen

NUB sowie die dezentralen Entgeltvereinbarungen durch Krankenhäuser und Kostenträger

vor Ort. Aus Krankenhaussicht weist das NUB-Verfahren daher einen großen Änderungsbe-

darf auf. Das betrifft faktisch alle Aspekte des Verfahrens, im Einzelnen die Antrags-, Vergü-

tungs- und Vereinbarungsmodalitäten.

Im Vergleich zu den NUB hat die Vereinbarung von Zusatzentgelten einer merklich höhere

Relevanz für die Krankenhäuser. Die überwiegende Mehrheit der Krankenhäuser vereinbart

Zusatzentgelte. Allerdings sind Anzahl und Erlöse überschaubar. Als störend wird von den

Krankenhäusern vor allem empfunden, dass die Kostenträger oftmals keine Begründung für

die Ablehnung von Vereinbarungen für Zusatzentgelte angeben.

Praktische Schlußfolgerungen

Der Verbotsvorbehalt ist beizubehalten bzw. zu stärken. Die Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt

hat ausdrücklich das Ziel, die Einführung von Innovationen in die stationäre Versorgung zu

erleichtern und zu fördern. Eine Prüfung der Evidenz oder des Innovationspotentials von

NUB durch die Kostenträger oder in ihrem Auftrag durch den MDK/MDS ist deswegen eben-

so wenig zulässig, wie die Ablehnung eines NUB-Entgeltes seitens der Kostenträger wegen

vermeintlich mangelnder Evidenzbasierung. Die Praxis der Kostenträger, ohne gesetzliche

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Grundlage in den Entgeltverhandlungen eine zusätzliche Innovationshürde zu errichten, ist in

jedem Fall zu beenden.

Falls Kostenträger und MDK/MDS an der rechtlich fragwürdigen Praxis einer Evidenzbewer-

tung von NUB festhalten, sollten die entsprechenden MDK-/MDS-Gutachten in jedem Fall

veröffentlicht werden. Dies würde es der Krankenhausseite erlauben, sich wesentlich geziel-

ter auf die NUB-Verhandlungen vorzubereiten. Darüber hinaus hätten Verbände, Fachge-

sellschaften, Wissenschaftler etc. die Möglichkeit eines Peer Reviews der Gutachten.

Eine stärker zentralisierte Preisfestsetzung von NUB-Entgelten sollte ernsthaft erwogen wer-

den. Zentralisierte Preisverhandlungen, etwa auf Bundes- oder Landesebene, würden eine

Blockadehaltung der Kostenträger vor Ort bzw. eine mehr oder weniger willkürliche Verein-

barungspraxis verhindern oder zumindest erheblich erschweren. Vom InEK genehmigte NUB

sollten dann im Rahmen des Versorgungsauftrags der Krankenhäuser grundsätzlich erstat-

tungsfähig sein. Vorteile einer zentralisierten Preisfestsetzung wären insbesondere eine Re-

duktion des Verhandlungsaufwandes durch Wegfall von parallelen Verhandlungen in zahlrei-

chen Krankenhäusern, ein einheitliches und vergleichbares Preisniveau bei identischen NUB

sowie mittelbar eine schnellere Verbreitung des medizinischen und medizintechnischen Fort-

schritts.

Das NUB-Verfahren sollte grundlegend überarbeitet werden, da es insgesamt zu bürokra-

tisch und selbst ein Innovationshemmnis ist. In jedem Fall sollten separate Anträge durch je-

des Krankenhaus bzw. jährliche Wiederholungsanträge bei identischen NUB entfallen. Des

Weiteren sollten NUB-Entgelte unabhängig von einem Antrag des Krankenhauses vereinbart

werden können. Vereinbarte NUB-Entgelte sollten grundsätzlich rückwirkend ab Jahresbe-

ginn erstattungsfähig sein. Schließlich sollte das INEK verpflichtet werden, künftig positive

sowie negative NUB-Bescheide sachgerecht zu begründen.

Das NUB-Verfahren als solches sowie die eher restriktive Einführung von Zusatzentgelten in

den Entgeltkatalog reichen in der derzeitigen Form nicht aus, um die Einführung des medizi-

nischen und medizintechnischen Fortschritts in die Versorgung hinreichend zu sichern.

Durch angemessene rechtliche sowie finanzielle Rahmenbedingungen ist das Innovations-

klima also insgesamt zu verbessern. Maßgeblich für die weitere Diskussion sollte die Antwort

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auf die Frage sein, welche Bedingungen und Mechanismen zu einer verbesserten Innovati-

onsdynamik beitragen.

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Abkürzungsverzeichnis

BVMed Bundesverband Medizintechnologie

DKG Deutsche Krankenhausgesellschaft

DKI Deutsches Krankenhausinstitut

DRG Diagnosis Related Groups

FPV Fallpauschalenvereinbarung/-verordnung

GBA Gemeinsamer Bundesausschuß

GKV Gesetzliche Krankenversicherung

InEK Institut das Entgeltsystem im Krankenhaus

KH Krankenhäuser

KHEntG Krankenhausentgeltgesetz

KHG Krankenhausfinanzierungsgesetz

MDK Medizinischer Dienst der Krankenversicherung

MDS Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen

NUB Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden

PKV Private Krankenversicherung

SGB Sozialgesetzbuch

UK Universitätskliniken

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1 Einleitung

1.1 Hintergrund Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden überwiegend über Fallpauschalen (DRG)

vergütet. Dem als lernendes System angelegtem DRG-System muss eine gewisse Dynamik

immanent sein, um den medizinischen Fortschritt in das System einzubeziehen. Zu diesem

Zweck sieht das Krankenhausentgeltgesetz (KHEntG) eine Innovationsklausel vor, wonach

für die Vergütung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB), die mit den de-

finierten Fallpauschalen noch nicht sachgerecht vergütet werden, zeitlich befristete, fallbezo-

gene Entgelte oder Zusatzentgelte vereinbart werden können.

Die Definition von NUB erfolgt in einem standardisierten Verfahren.1

Eine Repräsentativbefragung des DKI aus dem Jahr 2007 zeigt indes, dass die "Erfolgsquo-

ten" von NUB vergleichsweise gering sind.

Demnach müssen

Krankenhäuser Anfragen für NUB an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (In-

EK) richten. Das InEK prüft, ob für diese Methoden oder Leistungen eine sachgerechte Ver-

gütung über die Entgeltkataloge (Fallpauschalen und Zusatzentgelte) möglich ist. Nach Prü-

fung durch das InEK können anerkannte NUB vergütet werden, falls Kostenträger und Kran-

kenhäuser vor Ort eine entsprechende Vereinbarung über ein individuelles NUB-Entgelt

schließen.

2

Über die Vereinbarung individueller Entgelte im Rahmen des NUB-Verfahrens hinaus kön-

nen die Vertragspartner auf Bundesebene (GKV/PKV und DKG) zur Ergänzung der Fallpau-

schalen bundesweite Zusatzentgelte vereinbaren. Dabei handelt es sich um Leistungen, die

aus diversen Gründen nicht in eine bestehende oder neu zu bildende DRG überführt werden

können. Zusatzentgelte sind Teil des DRG-Kataloges und können insofern im Prinzip von al-

len Krankenhäusern abgerechnet werden. Bereits in den Weiterentwicklungen des DRG-

Systems der vergangenen Jahre ist eine Vielzahl vormaliger NUB-Leistungen in Form von

Nur rund 44% der NUB-Anträge werden vom

InEK anerkannt. Davon werden lediglich für rund die Hälfte krankenhausindividuelle Entgelte

vereinbart. Damit liegt insgesamt nur eine Erfolgsquote für NUB-Anträge von knapp einem

Viertel vor. Die Ursachen hierfür sind im Detail vielfach nicht bekannt.

1 Vgl. ausführlich Kap. 2 2 Vgl. DKI, 2007

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Zusatzentgelten in das DRG-System integriert worden. Bislang ist allerdings nichts darüber

bekannt, unter welchen Bedingungen dies erfolgt und inwieweit es den Krankenhäusern ge-

lingt, entsprechende Zusatzentgelte für innovative Leistungen in den Budgetverhandlungen

zu vereinbaren bzw. inwieweit die vereinbarten Fallzahlen ggf. bedarfsgerecht sind.

Angesichts der genannten Schwierigkeiten des Innovationstransfers in der stationären Ver-

sorgung hat der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) das Deutsche Krankenhausin-

stitut (DKI) beauftragt, eine Studie zum Thema "Anspruch und Realität von Budgetverhand-

lungen zur Umsetzung medizintechnischer Innovationen" durchzuführen. Das DKI liegt hier-

mit das Abschlussgutachten des Projektes vor.

Zur Unterstützung des Projektes wurde eine projektbegleitende Arbeitsgruppe eingerichtet.

Ihr gehörten ein Vertreter des BVMed sowie Vertreter verschiedener Medizintechnikunter-

nehmen an. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe sind im Anhang aufgeführt.

Die primäre Aufgabe der projektbegleitenden Arbeitsgruppe war es, Details der Projektkon-

zeption und der Operationalisierung von Fragestellungen zu entwickeln und abzustimmen.

An dieser Stelle sei allen Mitgliedern der projektbegleitenden Arbeitsgruppe für die konstruk-

tive Unterstützung der Studie herzlich gedankt. Unser besonderer Dank gilt dem BVMed für

die finanzielle Förderung des Projektes. Bedanken möchten wir uns schließlich bei den

Krankenhäusern und Interviewpartnern für ihre Teilnahme an den Projektbefragungen.

1.2 Ziele Vor diesem Hintergrund verfolgte das Projekt zwei zentrale Ziele: Zum einen waren die Ur-

sachen für die relativ geringen Erfolgsquoten von NUB-Anträgen zu ermitteln. Zum anderen

sollten Handlungsoptionen für einen besseren Innovationstransfer im Krankenhaus aufge-

zeigt werden.

Konkret waren also erfolgskritische Faktoren für die Einführung von Innovationen im Kran-

kenhaus zu analysieren. Dabei war im Einzelnen zu untersuchen, welche hemmenden bzw.

förderlichen Bedingungen für die Umsetzung von Innovationen existieren. Gegenstand der

Untersuchung waren absprachegemäß vor allem die Entgelt- bzw. Budgetverhandlungen

zwischen Krankenhäusern und Kostenträgern. Hier sollte analysiert werden, wie Innovatio-

nen in den Verhandlungen vor Ort thematisiert werden, welche Strategien die Verhandlungs-

partner verfolgen und wie Dissens bzw. Konsens mit Blick auf Innovationen entsteht.

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In Umsetzung dieser allgemeinen Projektziele sollten im Rahmen der Untersuchung vor al-

lem die folgenden Fragen beantwortet werden:

• Welche Rolle spielen NUB in den Budgetverhandlungen?

• Welche Rolle spielen MDK-Gutachten in der Bewertung von NUB bzw. in den Budgetver-

handlungen?

• Welche Strategien haben die Krankenhäuser hinsichtlich ihrer NUB?

• Welche Strategien verfolgen die Krankenkassen mit Blick auf NUB?

• Welche Einflussfaktoren begünstigen bzw. verhindern die Vereinbarung krankenhausin-

dividueller NUB-Entgelte?

• Gibt es Abhängigkeiten zwischen der Art von NUB und Strukturmerkmalen der Kranken-

häuser, wie Größe, Trägerschaft oder regionale Lage?

• Wie hoch sind die Umsätze und Fallzahlen bei NUB?

• Welche Rolle spielen Zusatzentgelte in den Budgetverhandlungen?

• Welche Handlungsoptionen bestehen für einen verbesserten Innovationstransfer?

1.3 Methodik Methodisch erfolgte ein mehrstufiges Vorgehen. Ausgehend von einer in enger Abstimmung

mit dem Auftraggeber geplanten Projektkonzeption kamen drei methodische Ansätze zum

Einsatz kommen: eine standardisierte Repräsentativbefragung von Krankenhäusern zur Um-

setzung des NUB-Verfahrens sowie zur Vereinbarung von Zusatzentgelten in den Verhand-

lungen mit den Kostenträgern, ergänzende Telefoninterviews mit Krankenhäusern, welche

die veränderte Innovationsklausel des Krankenhausentgeltgesetzes bereits angewandt ha-

ben sowie vertiefende Experteninterviews mit exponierten Vertretern von Krankenhäusern

und Krankenkassen zu deren spezifischer Strategie und Problemsicht.

Die maßgeblichen Untersuchungsfragen sollten vor allem mittels einer repräsentativen Kran-

kenhausbefragung beantwortet werden. Für die Befragung wurde seitens des DKI eigens ein

Fragebogen entwickelt. Konzeptionelle Grundlage des Fragebogens bildeten zum einen die

o.g. zentralen Forschungsfragen. Zum anderen wurde mit der projektbegleitenden Arbeits-

gruppe ein spezieller Workshop durchgeführt, wo Details der Projektkonzeption und der Ope-

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rationalisierung von Fragestellungen abgestimmt worden sind. Auf Basis dieses Workshops

hat das DKI einen ersten Fragebogenentwurf erstellt. Dieser Entwurf wurde der projektbe-

gleitenden Arbeitsgruppe zur Prüfung bzw. für Verbesserungsvorschläge zugeleitet. Auf Ba-

sis der eingehenden Vorschläge und Anregungen hat das DKI dann die Endfassung des

Fragebogens erstellt. Der Fragebogen umfasst rund 10 Seiten bzw. ca. 140 Items und war in

die folgenden vier Kapitel unterteilt:

• Verhandlungen zu NUB

• Statistische Angaben zu NUB

• Bewertung des NUB-Verfahrens

• Zusatzentgelte und Ausgleiche

Grundgesamtheit der Krankenhausbefragung bildeten alle Allgemeinkrankenhäuser ab 100

Betten. Kleinere Krankenhäuser unter 100 Betten wurden nicht einbezogen, da sie, wie aus

früheren Erhebungen bekannt, vergleichsweise selten NUB-Anträge stellen. Durch die Nicht-

einbeziehung dieser Häuser, auf die bundesweit lediglich 5% der Betten, der Patienten und

des Krankenhauspersonals entfallen, wird eine mit Blick auf die Fragestellung homogenere

Grundgesamtheit geschaffen.

Aus der Grundgesamtheit der Allgemeinkrankenhäuser ab 100 Betten wurde eine dispropor-

tionale Zufallsstichprobe von 606 Krankenhäusern gezogen. Für Krankenhäuser ab 600 Bet-

ten wurde eine Vollerhebung durchgeführt, zum einen wegen der ohnehin geringen Beset-

zungszahlen, zum anderen weil aus einer früheren Erhebung bekannt war, dass Häuser die-

ser Größenklasse nahezu standardmäßig NUB-Anträge stellen. In den Größenklassen von

100-299 Betten bzw. 300-599 Betten wurden jeweils Zufallsstichproben gezogen. Die jewei-

lige Größe der Teilstichprobe war dabei näherungsweise proportional zur Verteilung der

NUB-Anträge gemäß einer früheren Erhebung1

Insgesamt nahmen 154 Krankenhäuser an der Erhebung teil. Das entspricht einer Rücklauf-

quote von gut 25%. Ein höherer Rücklauf wurde insbesondere durch die unterproportionale

Teilnahme kleinerer Krankenhäuser verhindert, welche ohnehin vergleichsweise selten NUB-

, so dass in dieser Hinsicht eine sich selbst

gewichtende Stichprobe resultierte.

1 Vgl. DKI, 2007

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Anträge stellen und insofern von der Thematik weniger betroffen sind. Krankenhäuser mit

NUB sind allerdings in hinreichender Zahl in der Stichprobe vertreten. Nach Maßgabe der

sich selbst gewichtenden Stichprobe sind die Ergebnisse näherungsweise repräsentativ für

Krankenhäuser mit NUB.

Die Krankenhausbefragung wurde im Juli 2009 durchgeführt. Die Erhebungsunterlagen (An-

schreiben, Fragebogen, freigemachtes Rückkuvert) waren an die Geschäftsführung des

Krankenhauses adressiert. Die Auswertung der Fragebogen erfolgte mittels des Statistik-

programms SPSS.

Auf Basis der Ergebnisse der Krankenhausbefragung wurden anschließend noch Telefon-

interviews mit ausgewählten Krankenhäusern geführt. Hier sind Krankenhäuser befragt wor-

den, welche - entsprechend der Änderung der Innovationsklausel im § 6 Abs. 2 KHEntG -1

Zur Ergänzung und Vertiefung der Krankenhausbefragung waren schließlich Experteninter-

views mit ausgewählten Experten von Krankenhäusern und Kostenträgern (bzw. MDK/MDS)

vorgesehen. Die ausgewählten Interviewpartner sollten sich durch eine besondere Expertise

auf dem Gebiet der Bewertung, Verhandlung und Vereinbarung von NUB bzw. Zusatzentgel-

ten auszeichnen. Insgesamt wurden drei Interviews mit Vertretern der Krankenhausseite und

zwei Interviews mit Vertretern der Kassenseite geführt. Die angesprochenen Experten des

MDK/MDS waren nicht zu Interviews bereit. In den Interviews wurden mittels eines Interview-

leitfadens spezifische Hintergrund- und Detailinformationen ermittelt, die im Rahmen einer

standardisierten Befragung nicht oder nur begrenzt erfasst werden können.

bereits 2009 unabhängig von den Budgetverhandlungen NUB verhandelt oder vereinbart ha-

ben. Die Befragungsteilnehmer sollten detailliert von ersten Erfahrungen mit der neuen

Rechtslage berichten. Insgesamt wurden 10 Telefoninterviews durchgeführt. Diese Anzahl

war ausreichend, um exemplarisch erste Tendenzen und spezifische Probleme mit der Um-

setzung der veränderten Innovationsklausel zu ermitteln.

1 Vgl. im Einzelnen Kap. 2.1

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2 Grundlagen

2.1 Rechtliche Grundlagen für NUB Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden über vorab definierte Fallpauschalen vergü-

tet. Dem als lernendes System angelegtem DRG-System muss eine gewisse Dynamik inhä-

rent sein, damit einerseits eine Anpassung der Fallpauschalen an die Gegebenheiten der

Krankenhäuser erfolgen kann, andererseits der medizinische Fortschritt in das System trans-

feriert werden kann. Das ist nur bedingt der Fall.

"Die Abbildung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in einem DRG-System ist

grundsätzlich mit Schwierigkeiten behaftet. Dies liegt einerseits daran, dass für neue Unter-

suchungs- und Behandlungsmethoden OPS-Kodes zumeist nur zeitlich verzögert geschaffen

werden; andererseits kann eine angemessene Berücksichtigung der Leistungen in der Kalku-

lation nur dann erfolgen, wenn ausreichend viele Krankenhäuser die neue Methode anwen-

den." 1

Das Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sieht hierfür eine Regelung in § 6 Abs. 2 vor, wo-

nach für die Vergütung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die mit den defi-

nierten Fallpauschalen und Zusatzentgelten noch nicht sachgerecht vergütet werden, zeitlich

befristete, fallbezogene Entgelte oder Zusatzentgelte vereinbart werden können. Konkret lau-

tet der entsprechende Gesetzespassus in der aktuellen Fassung, wie folgt:

"Für die Vergütung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die mit den

Fallpauschalen und Zusatzentgelten nach § 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 noch nicht sachge-

recht vergütet werden können und die nicht gemäß § 137c des Fünften Buches So-

zialgesetzbuch von der Finanzierung ausgeschlossen worden sind, sollen die Ver-

tragsparteien nach § 11 erstmals für das Kalenderjahr 2005 zeitlich befristete, fall-

bezogene Entgelte oder Zusatzentgelte außerhalb des Erlösbudgets nach § 4 Abs.

2 und der Erlössumme nach Absatz 3 vereinbaren. Die Entgelte sind sachgerecht

zu kalkulieren; die Empfehlungen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 sind zu beachten.

Vor der Vereinbarung einer gesonderten Vergütung hat das Krankenhaus bis spä-

testens zum 31. Oktober von den Vertragsparteien nach § 9 eine Information einzu-

holen, ob die neue Methode mit den bereits vereinbarten Fallpauschalen und Zu- 1 Schlottmann, 2005

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satzentgelten sachgerecht abgerechnet werden kann. Die Vertragsparteien nach

§ 11 haben die Informationen bei ihrer Vereinbarung zu berücksichtigen. Liegt bei

fristgerecht erfolgter Anfrage nach Satz 3 bis zur Budgetvereinbarung für das Kran-

kenhaus eine Information nicht vor, kann die Vereinbarung ohne diese Information

geschlossen werden; dies gilt nicht, wenn die Budgetvereinbarung vor dem 1. Ja-

nuar geschlossen wird. Die Entgelte sollen möglichst frühzeitig, auch unabhängig

von der Vereinbarung des Erlösbudgets, nach § 4 vereinbart werden. Wird ein Ent-

gelt vereinbart, melden die an der Vereinbarung beteiligten gesetzlichen Kranken-

kassen Art und Höhe des Entgelts an die Vertragsparteien nach § 9; dabei haben

sie auch die der Vereinbarung zu Grunde liegenden Kalkulationsunterlagen und die

vom Krankenhaus vorzulegende ausführliche Beschreibung der Methode zu über-

mitteln. Die Vertragsparteien nach § 9 können eine Bewertung der Untersuchungs-

und Behandlungsmethode nach § 137c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ver-

anlassen; § 137c Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bleibt unbe-

rührt. Für das Schiedsstellenverfahren nach § 13 kann eine Stellungnahme des

Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137c des Fünften Buches Sozialge-

setzbuch eingeholt werden." (§ 6 Abs. 2 KHEntgG)

NUB-Antrag desKrankenhauses an das InEK

Prüfung sachgerechterFinanzierung über Entgelt-

katalog durch das InEK

Abrechnung überbestehenden

Entgeltkatalog

Vereinbarung einesNUB-Entgeltes

möglich

Entgeltverhandlungenzwischen Krankenhaus und

Kostenträgern vor Ort

Vereinbarung einesNUB-Entgeltes

Erstattungsfähigkeitzu Lasten derKostenträger

Keine Erstattungs-fähigkeit zu Lastender Kostenträger

Nein

NeinJa

Ja

Abb. 1: Ablauf des NUB-Verfahrens

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Die Einführung von NUB in die stationäre Versorgung umfasst somit im Wesentlichen zwei

Verfahrensschritte: das zentrale Zulassungsverfahren mit den Antrags- und Prüfungsproze-

duren für NUB sowie das dezentrale Vergütungsverfahren mit den Preis- und Mengenver-

handlungen für NUB. Der Verfahrensablauf ist vereinfacht in Abb. 1 dargestellt. Können sich

die Vertragsparteien vor Ort über die Höhe der NUB-Entgelte nicht verständigen, besteht die

Möglichkeit zur Anrufung der Schiedsstelle nach § 13 KHEntG. Die Schiedsstelle entscheidet

dann ggf. über die Entgelthöhe.

Im Rahmen des Krankhausfinanzierungsreformgesetzes hat das Vergütungsverfahren eine

wesentliche Änderung erfahren. Die Bestimmung, wonach die NUB-Entgelte möglichst früh-

zeitig und unabhängig von der Vereinbarung eines Erlösbudgets vereinbart werden sollen,

wurde neu in den Gesetzestext aufgenommen. Die bisherige Regelung, NUB im Rahmen der

Budgetverhandlungen zu vereinbaren, hatte zu Problemen geführt. Da die Budgetverhand-

lungen vielfach unterjährig stattfinden, gab es teilweise Probleme mit der rückwirkenden

Vergütung von NUB; d. h. die Kostenträger verweigerten ggf. eine entsprechende Vergütung

bzw. die Krankenhäuser hatten die NUB ohne Kenntnis der tatsächlichen Preise und damit

des Kostendeckungsgrades durchgeführt. Teilweise wurden die Leistungen auch gar nicht

erbracht, solange die Finanzierung nicht gesichert war. Die Probleme, die aus einer verspä-

teten Vereinbarung von NUB-Entgelten resultieren, sollen durch die Gesetzesänderungen

behoben werden, weil NUB-Entgelte nunmehr im Grundsatz gleich zu Jahresbeginn verein-

bart werden können.

2.2 Vertragliche Grundlagen Bevor eine Vergütung erfolgen kann, muss zunächst definiert werden, was eine neue Unter-

suchungs- und Behandlungsmethode ist. Hierzu wurde im Jahre 2004 mit der "Vereinbarung

zu § 6 Abs. 2 Satz 3 KHEntgG Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" ein um-

fangreiches standardisiertes Verfahren von den Selbstverwaltungspartnern auf Bundesebe-

ne beschlossen (Deutsche Krankenhausgesellschaft, Spitzenverbände der GKV, PKV-

Verband).

Die Vereinbarung bildet die vertragliche Grundlage des NUB-Verfahrens. Auf dieser Basis

regeln die Vertragsparteien der Vereinbarung das Einholen von Informationen zu NUB durch

die Krankenhäuser bzw. die Informationserteilung durch die Vertragsparteien selbst respekti-

ve in deren Auftrag. Demnach beauftragen die Vertragsparteien das Institut für das Entgelt-

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system im Krankenhaus (InEK) bis zum 31. Oktober eines Jahres Anfragen von Kranken-

häusern entgegenzunehmen und zu entscheiden, ob eine NUB mit den bereits vereinbarten

Fallpauschalen und Zusatzentgelten sachgerecht abgerechnet werden kann. Ist dies nicht

der Fall, kann bis zu einer sachgerechten Integration der NUB in das DRG-System ein kran-

kenhausindividuelles Entgelt zwischen Krankenhaus und Kostenträgern vor Ort vereinbart

werden. Eine Antwort über das Prüfergebnis hat das InEK den anfragenden Krankenhäusern

innerhalb bestimmter Fristen zu erteilen. 1

Der Auftrag der Vertragsparteien der Vereinbarung an das InEK umfasst darüber hinaus

noch eine Reihe administrativer Aufgaben wie das Erstellen eines Formblatts für das Einho-

len der Informationen durch die Krankenhäuser, die Kurzdarstellung der beantragten NUB,

die statistische Aufbereitung der Anfragen und Prüfergebnisse und die Veröffentlichung im

Internet. Schließlich sieht die Vereinbarung auch Sonderbestimmungen für den Fall vor, dass

Anfragen nicht in der vorgesehenen Frist bearbeitet werden können. In diesem Fall hat das

InEK eine Priorisierung vorzunehmen und deren Kriterien den Vertragsparteien mitzuteilen.

2.3 Das NUB-Verfahren Den grundlegenden Ablauf des Verfahrens hat das InEK in sogenannten Verfahrenseck-

punkten festgelegt, die, wenngleich weitestgehend unverändert, jährlich herausgegeben

werden. Danach nimmt das InEK stellvertretend für die Vertragsparteien der Vereinbarung

Anfragen der Krankenhäuser zu NUB entgegen. Entsprechend den gesetzlichen Grundlagen

müssen die Anfragen an das InEK bis zum 31.10. eines Jahres gestellt und vom InEK bis

zum 31.01. des Folgejahres beantwortet werden. Anfragen können nur auf elektronischem

Weg mittels eines gesonderten Erfassungstools gestellt werden, das von der Internetseite

des InEK heruntergeladen werden kann. Die eingehenden Anfragen werden vom InEK dar-

aufhin geprüft, ob sie im DRG-System sachgerecht abgebildet bzw. vergütet werden können

oder nicht. Im Ergebnis der Prüfung unterscheidet das InEK vier sogenannte Statuskatego-

rien:

Genehmigte NUB-Anträge erhalten vom InEK den Status 1. Die angefragten NUB erfüllen

damit die Kriterien der NUB-Vereinbarung der Vertragsparteien. Solche neuen Verfahren

werden im Folgejahr automatisch auf die Möglichkeit der Integration in das DRG-System ge-

1 vgl. Kap. 2.3

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prüft. Bis dahin ist die Vereinbarung eines krankenhausindividuellen Entgeltes zulässig. Die

Krankenhäuser dürfen mit den Krankenkassen vor Ort über die Finanzierung der NUB ver-

handeln. Wird das genehmigte NUB auch im kommenden Jahr nicht im DRG-System erfasst,

muss das Krankenhaus den Antrag für diese bereits positiv beschiedene Methode an das

InEK erneut stellen.

Die mit Status 2 versehenen NUB-Anfragen erfüllen die Kriterien der NUB-Vereinbarung der

Vertragsparteien nicht. Die Vereinbarung eines krankenhausindividuellen Entgelts ist damit

nicht zulässig.

Wenn die angefragten neuen Methoden oder Leistungen nicht innerhalb der festgesetzten

Frist vom InEK bearbeitet werden können, erhalten die Anfragen den Status 3. In diesem

Fall sind die Krankenhäuser berechtigt, auch ohne endgültige Antwort durch das InEK eine

Vereinbarung über krankenhausindividuelle Leistungen vor Ort zu schließen.

Mit Status 4 werden schließlich Methoden und Leistungen gekennzeichnet, bei denen die

mit der Anfrage übermittelten Informationen unplausibel oder nicht nachvollziehbar waren.

Hierfür können allenfalls in begründeten Einzelfällen NUB-Entgelte vereinbart werden.

NUB-Anfragen können immer nur im Hinblick auf das DRG-System des Folgejahres gestellt

werden. Positiv beschiedene Anträge (Status 1) werden bei der Weiterentwicklung des DRG-

Systems standardmäßig auf die Möglichkeit der Integration in das DRG-System für das Fol-

gejahr geprüft. Kann eine positiv beschiedene NUB auch im Folgejahr nicht im DRG-System

abgebildet werden, ist gleichwohl eine erneute Anfrage erforderlich. Überdies hat jedes

interessierte Krankenhaus einen eigenen NUB-Antrag zu stellen, selbst bei identischen NUB.

Von Ausnahmen für Krankenhäuser eines Krankenhausverbundes abgesehen, kann ein

Krankenhaus nur dann ein NUB-Entgelt vereinbaren, wenn es vorab einen entsprechenden

Antrag beim InEK gestellt hat und dieser positiv beschieden worden ist. Das heißt, selbst bei

NUB mit Status 1 kann ein Krankenhaus kein entsprechendes Entgelt vereinbaren, wenn es

vorher keinen Antrag gestellt hat.

Grundlage für die NUB-Beantragung durch die Krankenhäuser bildet ein vom InEK eigens

entwickeltes Erfassungstool, das im Internet abrufbar ist. Das NUB-Erfassungstool 2009 be-

steht aus 5 Registerkarten, die durch detaillierte Ausfüllhinweise und mit Beispielen aus der

Praxis ergänzt werden (Abb. 2 und 3).

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Das Stammblatt muss von jedem Antragssteller ausgefüllt werden und beinhaltet einschlägi-

ge Strukturdaten wie das Institutionskennzeichen, den Namen des Krankenhauses, Ans-

prechpartner und Anschrift des Krankenhauses. Darüber hinaus wird für Krankenhausver-

bünde, die inhaltlich identische NUB beantragen, die Möglichkeit geschaffen, eine zentrale

Anfrage abzugeben. Dadurch wird eine Aufwandsreduzierung für Antragssteller mit inhaltlich

identischen Anfragen ermöglicht. Abschließend wird auf dem Stammblatt die Information ab-

gefragt, ob bzw. von wem der Antragssteller externe Hilfestellung beim Ausfüllen in Ans-

pruch genommen hat.

Die folgenden vier Formblätter konzentrieren sich inhaltlich auf die neuen Methoden und Ver-

fahren. Im ersten Formblatt (NUB 1/4) sind die angefragten NUB zu benennen und zu be-

schreiben, etwa nach Kriterien wie Funktions-/Anwendungsweise, Technik, Materia-

lien/Mengen, Wirkmechanismus, Wirkstoff, Dosierungen, Häufigkeit und Dauer der Anwen-

dung etc. Falls vorhanden, sollte auch der Operationsschlüssel aufgeführt sein, mit dem die

Methode verschlüsselt wird.

Das zweite Formblatt (NUB 2/4) verlangt Angaben und mögliche Änderungen in der Versor-

gungsstruktur, die sich durch die Einführung der NUB im einzelnen Krankenhaus ergeben.

Dazu gehören die Beschreibung der Patientengruppe, welche mit dieser NUB behandelt

wird, die Nennung der bestehenden Behandlungsmethoden, die durch die neue Methode

abgelöst oder ergänzt werden, sowie die Auswirkung der Methode auf die Verweildauer im

Krankenhaus. Im Antrag ist zu begründen, warum es sich um eine neue Methode handelt

und inwiefern Unterschiede zu den bisherigen Behandlungsmethoden bestehen.

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Abb. 2: Das NUB-Erfassungstool 2009 vom InEK - (NUB 1/4 und NUB 2/4) 1

Im dritten Registerblatt (NUB 3/4) des NUB-Antrags werden vorwiegend statistische Größen

abgefragt. Diese betreffen etwa den Zeitpunkt der Einführung der neuen Verfahren oder die

Zulassung von neuen Medikamenten in Deutschland. Darüber hinaus sind ggf. frühere oder

künftig geplante Fallzahlen anzugeben.

Im vierten Formblatt (NUB 4/4) werden Kalkulationsdaten abgefragt. Dabei sind, falls mög-

lich, die Mehrkosten, die durch den Einsatz der NUB im Vergleich zur herkömmlichen Be-

handlung entstehen, in Sach- und Personalkosten aufzugliedern. Darüber hinaus soll be-

gründet werden, warum die NUB derzeit im DRG-System nicht sachgerecht abgebildet wird.

Ferner sind die am häufigsten von dieser Methode betroffenen DRG aufzulisten.

1 Quelle: www.g-drg.de/cms/index.php/inek_site_de/Neue_Untersuchungs_und_Behandlungsmethoden_NUB/ Erfassungstool_fuer_2009 (Abruf August 2009)

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Abb. 3: Das NUB-Erfassungstool 2009 vom InEK - (NUB 3/4 und NUB 4/4) 1

Abschließend ist anzugeben, ob es sich möglicherweise um einen Wiederholungsantrag

handelt, sei es vom Antrag stellenden Haus oder, falls bekannt, von einem anderen Kran-

kenhaus. Bei Wiederholungsanträgen empfiehlt es sich zu prüfen, ob die genehmigten NUB

aus dem Vorjahr zwischenzeitlich in das DRG-System überführt worden sind. Hierzu werden

verschiedene Hilfstools im Internet angeboten.

In dem für diese Untersuchung maßgeblichen Bezugsjahr 2008 wurden insgesamt 8.212

NUB-Anträge an das InEK gestellt (nach Bereinigung um inhaltliche Duplikate und inklusive

der stellvertretenden Anfragen): 4.258 Anfragen wurden mit Status 1, 3.797 Anfragen mit

Status 2, keine Anfrage mit Status 3 und 76 Anfragen mit Status 4 gekennzeichnet. Für 76

Anfragen wurde eine inhaltlich differenzierte Statuskennzeichnung vergeben. Insgesamt er-

hielt somit gut jeder zweite NUB-Antrag an das InEK den Status 1, dass heißt, für diese NUB

konnten im Prinzip Entgelte vor Ort vereinbart werden. 2

Selbst bei identischen NUB müssen alle interessierten Krankenhäuser unabhängig vonei-

nander jeweils einen separaten Antrag stellen, sodass infolge von Parallelanträgen die An-

1 Quelle: www.g-drg.de/cms/index.php/inek_site_de/Neue_Untersuchungs_und_Behandlungsmethoden_NUB/ Erfassungstool_fuer_2009 (Abruf August 2009) 2 InEK, 2008

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zahl der Anträge höher ausfällt als die Anzahl unterschiedlicher NUB. Bezogen auf die er-

fassten unterschiedlichen NUB fielen die Erfolgsquoten deutlich geringer aus. Im Jahr 2008

bezogen sich die gut 8.200 NUB-Anträge auf insgesamt 556 inhaltlich verschiedene Metho-

den, Verfahren oder Leistungen. Davon erhielten nur 68 NUB den Status 1, 466 den Status

2, keine den Status 3 und 14 den Status 4. Dass heißt, nur etwa jede achte inhaltlich ver-

schiedene NUB erhielt eine Anerkennung durch das InEK. 1

2.4 Kritik am NUB-Verfahren

In der Fachöffentlichkeit wird vielfach Kritik an NUB-Verfahren geäußert. Ein zentraler Kritik-

punkt am NUB-Verfahren ist zunächst seine Intransparenz. Das gilt gleichermaßen für beide

Ebenen des Prüfverfahrens: dem InEK-Antragsverfahren und den Entgeltverhandlungen vor

Ort. Im Hinblick auf das InEK-Verfahren wird insbesondere mehr Transparenz über die Da-

tengrundlagen, die Entscheidungskriterien und die Entscheidungsfindung gefordert.2

Das InEK muss die Gründe für positive sowie negative Bescheide von NUB-Anträgen nicht

offen legen, weder gegenüber den Vertragsparteien der Vereinbarung noch gegenüber den

Verhandlungsparteien vor Ort. Dadurch wird eine sachgerechte und zielorientierte Antrags-

stellung durch die Krankenhäuser erheblich beschwert. Auch die Entscheidungskriterien des

InEK bleiben weitgehend im Dunkeln. Maßstab für die Entscheidung sollte sein, dass ein

NUB im bestehenden System nicht hinreichend abgebildet werden kann, sei es definitorisch

oder kalkulatorisch. Ein negativer Bescheid (nach Status 2) würde insofern bedeuten, dass

eine Abbildung im DRG-System möglich ist. Eine entsprechende Begründung wird den nega-

tiven Bescheiden jedoch ebenso wenig beigefügt wie den positiven Bescheiden eine Be-

gründung dafür, warum eine Abbildung im DRG-System nicht möglich ist. Angesichts der In-

transparenz der InEK-Entscheidungen muss offen bleiben, wie eine sachgerechte Abbildung

und Vergütung von NUB im Rahmen des DRG-Systems bzw. deren Fehlern konkret opera-

tionalisiert wird.

Auch vor Ort in den Entgeltverhandlungen zwischen Kostenträgern und Krankenhäusern

sind die Kriterien der Entscheidungsfindung vielfach intransparent. Die Bewilligung von NUB

wird offensichtlich zwischen verschiedenen Krankenkassen, zwischen verschiedenen Regio-

1 InEK, 2008 2 BMBF, 2008

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nen und zwischen verschiedenen Krankenhäusern, selbst bei vergleichbarem Leistungs-

spektrum oder Versorgungsauftrag, unterschiedlich gehandhabt. 1

Dafür können Unterschiede in den Verhandlungsstrategien, unterschiedliche qualitative Be-

wertungen der NUB, abweichende Auffassungen zum Preisniveau der NUB-Entgelte oder

eine gezielte Leistungssteuerung von NUB auf ausgewählte Einrichtungen verantwortlich

zeichnen. Derzeit existieren keine Erkenntnisse dazu, wie die anerkannten NUB in den Ent-

geltverhandlungen realisiert wurden. Im Ergebnis erscheint den Krankenhäusern die Verein-

barungspraxis der Kostenträger daher teilweise als willkürlich.

Vor diesem Hintergrund wird den Kostenträgern eine Blockadehaltung bzw. eine Verhinde-

rung oder Verzögerung des medizinischen bzw. medizintechnischen Fortschritts vorgehalten.

So wird beispielsweise von Seiten der Bundesärztekammer die derzeitige Praxis kritisiert,

dass Krankenkassen trotz Anerkennung der NUB durch das InEK die Zusage vor Ort verzö-

gern oder verweigern. Indirekt wird dabei auch die fachliche Kompetenz und Expertise der

Verhandler vor Ort in Frage gestellt. Deswegen wird eine verbesserte Koordination des NUB-

Verfahrens unter Nutzung der medizinisch-wissenschaftlichen Kompetenz der Ärzteschaft

und ihrer Fachgesellschaften gefordert.2

Auch Krankenhausverbände wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Verband der

Krankenhausdirektoren und der Verband der Universitätsklinika kritisieren, dass die prakti-

sche Umsetzung des NUB-Verfahrens oft an der Blockade der Kostenträger scheitert. Durch

das erforderliche Placet der Kostenträger in den Entgeltverhandlungen wird eine zusätzliche

Innovationshürde in die stationäre Versorgung implementiert. Die gesetzlich vorgesehene Er-

laubnis mit Verbotsvorbehalt wird damit faktisch in Teilen ausgehöhlt, wenn die Kostenträger

eine qualitative Bewertung von Innovationen vornehmen, die nach der Gesetzeslage letztlich

dem GBA vorbehalten ist.

Schließlich wird das NUB-Verfahren auch als zu bürokratisch und unflexibel kritisiert. Vor al-

lem die Verknüpfung von NUB-Entgeltverhandlungen und Budgetverhandlungen boten lange

Anlass zur Kritik. Wegen der erst unterjährig geführten Budgetverhandlungen resultierten die

o. g. Probleme mit der Erbringung und Vergütung von NUB. Durch die Novellierung der In-

novationsklausel des KHEntgG können NUB-Entgelte nunmehr unabhängig von den Bud- 1 Vgl. Neumann, 2007 2 BMBF, 2008

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getverhandlung vereinbart werden, so dass - vorbehaltlich zügiger Entgeltvereinbarungen mit

den Kostenträgern - das Krankenhaus künftig nicht mehr in Vorleistung treten muss, ohne zu

wissen, ob eine adäquate Finanzierung erfolgt.

Ein weiterer Kritikpunkt am Verfahren betrifft die Tatsache, dass selbst bei identischen NUB

jedes interessierte Krankenhaus unabhängig voneinander einen separaten NUB-Antrag stel-

len und die aufwendige Bearbeitung durchführen muss. Insbesondere bei häufig gestellten

NUB-Anträgen resultieren deswegen erhebliche Redundanzen im Aufwand der Krankenhäu-

ser. Umgekehrt hängt die Entgeltvereinbarung für ein NUB von einem vorherigen Antrag des

jeweiligen Krankenhauses ab. D.h., ein Krankenhaus kann solange kein NUB vereinbaren

- selbst bei Anerkennung durch das InEK - wie es selbst einen entsprechenden Antrag ge-

stellt hat. Des Weiteren müssen auch bei identischen NUB jährlich Anträge bzw. Wiederho-

lungsanträge an das InEK gestellt werden, solange das jeweilige NUB nicht über das DRG-

System abgebildet bzw. sachgerecht vergütet ist. Auch diese Vorgabe bedingt erhebliche

Redundanzen und Mehraufwand in den Krankenhäusern.

Auch die dezentralen Entgeltvereinbarungen für NUB werden einem zeitnahen Innovations-

transfers als wenig förderlich erachtet. Dafür zeichnen sich insbesondere zwei Gründe ver-

antwortlich: Zum einen sind die Verhandler vor Ort nur bedingt in der Lage, das Innovations-

potential bzw. die medizinische Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit zu beurteilen. Dazu fehlt

ihnen teilweise die fachliche Kompetenz; teilweise liegt es im Wesen von Innovationen, dass

noch keine hinreichende Evidenz vorliegt. Zum anderen werden NUB in den Budgetverhand-

lungen verhandlungstaktisch wie verhandlungsstrategisch von anderen Themen überlagert.

Deswegen haben sie vielfach nur eine untergeordnete Bedeutung in den Entgeltverhandlun-

gen, so dass entsprechende Vereinbarungen beiderseits keine hohe Priorität haben. Selbst

wenn dies auf Krankenhausseite der Fall ist, sind die Bereitschaft bzw. die Möglichkeiten der

Krankenhäuser eher gering, NUB in den Verhandlungen ggf. gegen den Willen der Kosten-

träger durchzusetzen. Letztendlich entscheiden somit die Kostenträger auf Ortsebene viel-

fach über den medizinischen und medizintechnischen Fortschritt bzw. über das Tempo des

Innovationstransfers in der stationären Versorgung. Dazu sind sie allerdings weder fachlich

noch rechtlich autorisiert.

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2.5 Verbots- und Erlaubsnisvorbehalt Für die Einführung und Anwendung von innovativen Verfahren und innovativen Medizinpro-

dukten gelten in der ambulanten und stationären Versorgung unterschiedliche Rahmenbe-

dingungen bzw. rechtliche Grundlagen. Mit Blick auf die Leistungserbringung in der stationä-

ren Versorgung gilt nach § 137c SGB V die sogenannte Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt. Der

entsprechende Gesetzestext lautet, wie folgt:

"Der gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 überprüft auf Antrag des Spitzen-

verbandes Bund, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesver-

bandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu

Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung

angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine aus-

reichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Be-

rücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse

erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht den Kriterien nach

Satz 1 entspricht, erlässt der gemeinsame Bundesausschuss eine entsprechende

Richtlinie." (§ 137c Abs. 1 SGB V)

Danach ist im Krankenhaus die Anwendung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden

bzw. von zugelassenen Medizinprodukten im Rahmen des GKV-Systems im Prinzip solange

erstattungsfähig, bis sich der GBA auf Antrag ausdrücklich gegen die Zulässigkeit einer In-

novation ausspricht.1

Allerdings stehen die Einführung und Anwendung von Innovationen unter einem Finanzie-

rungsvorbehalt. D. h., sofern das Krankenhaus die Innovation nicht aus eigenen Mitteln be-

streitet, muss die Innovation im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten finanziert werden.

Grundsätzlich bestehen hier insbesondere die Optionen einer entsprechenden Anpassung

des DRG-Systems (in Form einer neuen bzw. angepassten DRG oder einem neuen Zusatz-

entgelt), der Abrechnung als krankenhausindividuelles fall- oder tagesbezogenes Entgelt

bzw. Zusatzentgelt nach § 6 Abs. 1 KHEntgG oder eine Vergütung als NUB nach § 6 Abs. 2

KHEntgG. Weitere Finanzierungsmöglichkeiten für Innovationen, die aber faktisch von unter-

geordneter Bedeutung sind, sind die Modellvorhaben nach § 63ff SGB V, Disease Manage-

1 Vgl. BMBF, 2008

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ment-Programme nach § 137f SGB V, die Integrationsversorgung nach § 140a ff. SGB V

sowie bei Innovationen aus dem Investitionsgüterbereich die Investitionsförderung über die

öffentliche Krankenhausfinanzierung. 1

Die Regelung zur Einführung und Anwendung von neuen Untersuchungs- und Behand-

lungsmethoden bzw. innovativen Medizinprodukten in der stationären Versorgung unter-

scheidet sich damit grundsätzlich von der entsprechenden Regelung im ambulanten Sektor.

Hier gilt nach § 135 SGB V das sogenannte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Danach dürfen

NUB in der vertragsärztlichen Versorgung nur erbracht werden, wenn der GBA ihren diag-

nostischen oder therapeutischen Nutzen sowie die medizinische Notwendigkeit und Wirt-

schaftlichkeit ausdrücklich anerkannt hat. Demnach sind NUB, welche vom GBA nicht positiv

beschieden worden sind, im Rahmen der GKV im Wesentlichen nicht erstattungsfähig. Aus-

nahmen bilden insbesondere die Finanzierung über Modellvorhaben, DMP oder die Integra-

tionsversorgung sowie über das Hilfsmittelverzeichnis.

Die besondere Rechtstellung der stationären Versorgung resultiert daraus, dass primär

Krankenhäuser Einrichtungen der Forschung sowie der Einführung und Evaluation von NUB

darstellen. Dieser Status soll durch die Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt unterstrichen und da-

mit die Einführung von Innovationen gezielt gefördert und erleichtert werden, ohne dass dem

aufwendige Antrags- und Bewilligungsverfahren entgegenstehen, welche den medizinischen

und medizintechnischen Fortschritt ggf. be- oder verhindern könnten.

2.6 Rechtliche Grundlagen für Zusatzentgelte Neben den NUB-Entgelten stellen die Zusatzentgelte einen weiteren wichtigen Bausteingrö-

ße dar, um Innovationen in die Krankenhausfinanzierung zu integrieren.

In Ergänzung zu den Fallpauschalen können Zusatzentgelte vom Spitzenverband Bund der

Krankenkassen, dem Verband der privaten Krankenversicherung und der Deutschen Kran-

kenhausgesellschaft vereinbart werden. Die rechtliche Grundlage dazu findet sich in § 17 b

Abs. 1 Satz 12 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG):

„Soweit dies zur Ergänzung der Fallpauschale in eng begrenzten Ausnahmefällen erfor-

derlich ist, können die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 Zusatzentgelte für Leistun-

gen, Leistungskomplexe oder Arzneimittel vereinbaren, insbesondere für die Behandlung 1 Ebd.

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von Blutern mit Blutgerinnungsfaktoren oder für eine Dialyse, wenn die Behandlung des

Nierenversagens nicht die Hauptleistung ist. Sie vereinbaren auch die Höhe der Entgelte;

diese kann nach Regionen differenziert festgelegt werden.“

Sofern bestimmte Krankenhausleistungen mit den Fallpauschalen nicht leistungsorientiert

vergütet werden, können Zusatzentgelte von den Vertragsparteien auf Bundesebene verein-

bart werden. Bei den Zusatzentgelten handelt es sich somit um eine die Fallpauschalen er-

gänzende Finanzierungsform.

Eine weitere Differenzierung der Vorschrift des KHG erfolgt über das KHEntgG. Gemäß § 9

Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KHEntgG vereinbaren die Vertragspartner auf Bundesebene einen Kata-

log ergänzender Zusatzentgelte nach § 17 b Abs. 1 Satz 12 KHG einschließlich der Vergü-

tungshöhe. Von diesen bundeseinheitlich festgelegten Zusatzentgelten sind die Zusatzent-

gelte nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG zu unterscheiden. Zwar werden diese auch von den

Vertragsparteien auf Bundesebene definiert und festgelegt. Die Entgelthöhe ergibt sich aber

in den Verhandlungen zwischen Kostenträgern und Krankenhäusern vor Ort.

Die näheren gesetzlichen Ausführungen zu den Zusatzentgelten finden sich für 2009 in § 5

der Fallpauschalenvereinbarung (FPV):

„(1) Zusätzlich zu einer Fallpauschale oder zu den Entgelten nach § 6 Abs. 1 des

Krankenhausentgeltgesetzes dürfen bundeseinheitliche Zusatzentgelte nach dem Zu-

satzentgelte-Katalog nach Anlage 2 bzw. 5 abgerechnet werden. Die Zusatzentgelte

nach Satz 1 sind mit Inkrafttreten der Vereinbarung (§ 12) abrechenbar.

(2) Für die in Anlage 4 bzw. 6 benannten, mit dem bundeseinheitlichen Zusatzentgel-

te-Katalog nicht vergüteten Leistungen vereinbaren die Vertragsparteien nach § 11

des Krankenhausentgeltgesetzes krankenhausindividuelle Zusatzentgelte nach § 6

Abs. 1 des Krankenhausentgeltgesetzes. Diese können zusätzlich zu den DRG-

Fallpauschalen oder den nach § 6 Abs. 1 des Krankenhausentgeltgesetzes vereinbar-

ten Entgelten abgerechnet werden. Für die in Anlage 4 bzw. 6 gekennzeichneten Zu-

satzentgelte gilt § 15 Abs. 1 Sätze 3 und 4 des Krankenhausentgeltgesetzes entspre-

chend. Können für die Leistungen nach Anlage 4 bzw. 6 auf Grund einer fehlenden

Vereinbarung für den Vereinbarungszeitraum 2008 noch keine kranken-

hausindividuellen Zusatzentgelte abgerechnet werden, sind für jedes Zusatzentgelt

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600 Euro abzurechnen. Wurden für Leistungen nach Anlage 4 bzw. 6 im Jahr 2008

keine Zusatzentgelte vereinbart, sind im Einzelfall auf der Grundlage von § 8 Abs. 1

Satz 3 des Krankenhausentgeltgesetzes für jedes Zusatzentgelt 600 Euro abzurech-

nen.

(3) Zusatzentgelte für Dialysen können zusätzlich zu einer DRG-Fallpauschale oder zu

einem Entgelt nach § 6 Abs. 1 des Krankenhausentgeltgesetzes abgerechnet werden;

dies gilt nicht für die Fallpauschalen der Basis-DRG L60 oder L71 oder der DRG L90C

und für das nach Anlage 3a krankenhausindividuell zu vereinbarende Entgelt L61 und

die nach Anlage 3b krankenhausindividuell zu vereinbarenden Entgelte L90A und

L90B, bei denen die Behandlung des Nierenversagens die Hauptleistung ist.“

Das InEK wurde 2004 von den oben genannten Vertragspartnern u.a. damit beauftragt, über

die Fallpauschalenkalkulation hinausgehende, erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, um

nicht sachgerecht vergütete Leistungen gemäß § 17 b KHG bestimmen und berechnen zu

können. Das InEK ermittelt seitdem den Zusatzentgelte-Katalog für die bundeseinheitlich

kalkulierten und bewerteten Zusatzentgelte sowie den Katalog von Zusatzentgelten nach

§ 6 Abs. 1 KHEntgG, der nur die Definition der entsprechenden Entgelte enthält.

Für die Bestimmung der Zusatzentgelte werden „Leistungen auf eine Vergütung über Zu-

satzentgelte untersucht, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

• Streuung über mehrere DRGs

• Sporadisches Auftreten ohne feste Zuordnung zu DRGs

• Definierbare Leistung mit eindeutigem Identifikations- und Abrechnungsmerkmal

• Relevante Höhe der Kosten

• Strukturelle Schieflage bei der Leistungserbringung.“1

1 InEK, 2008, 5.10

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2.7 Verfahren für Zusatzentgelte Abb. 4 zeigt den Verfahrensablauf für die Definition und Vergütung von Zusatzentgelten. Da-

bei muss differenziert werden zwischen den bundeseinheitlichen Zusatzentgelten und den

(„krankenhausindividuellen“) Zusatzentgelten.

Bundeseinheitliche Zusatzentgelte

nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KHEntgG

Zusatzentgelte im DRG-System

Zusatzentgelte

nach § 6 Abs. 1 KHEntgG

Definition

Bundesebene

Definition

Bundesebene

Festlegung Vergütung

Bundesebene

Festlegung Vergütung

Kostenträger und Krankenhäuser

§ 5 Abs. 1 FPV

Anlage 2 bzw. 5 FPV

§ 5 Abs. 2 FPV

Anlage 4 bzw. 6 FPV

Abb. 4: Ablauf des Verfahrens für Zusatzentgelte

In der Fallpauschalenvereinbarung sind die konkreten Abrechnungsbestimmungen u.a. für

Zusatzentgelte aufgeführt. Demnach werden gemäß § 5 FPV 2009 verschiedene Arten von

Zusatzentgelten unterschieden:

• bundeseinheitliche Zusatzentgelte gemäß § 5 Abs. 1 FPV,

• „krankenhausindividuelle“ Zusatzentgelte gemäß § 5 Abs. 2 FPV und

• Zusatzentgelte für Dialysen gemäß § 5 Abs. 3 FPV.

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Die Definition und die Festlegung der Vergütungshöhe erfolgt bei den bundeseinheitlichen

Zusatzentgelten auf der Bundesebene. In der Fallpauschalenverordnung finden sie sich in

Anlage 2 („Zusatzentgelte-Katalog - Liste“) bzw. in Anlage 5 („Zusatzentgelte-Katalog -

Definition und differenzierte Beträge“). Diese Zusatzentgelte sind mit Euro-Beträgen bewer-

tet. Die aufgeführten Zusatzentgelte sind nach Inkrafttreten der Vereinbarung für Kranken-

häuser abrechenbar.

Bei den „krankenhausindividuellen“ Zusatzentgelten erfolgt die Definition der Leistung gleich-

falls auf der Bundesebene. Die Festlegung der Vergütung ist dann aber Aufgabe der Ver-

handlungen zwischen Kostenträger und Krankenhäusern vor Ort. Die Fallpauschalenverord-

nung weist diese Entgelte in Anlage 4 („Zusatzentgelte-Katalog - Liste“) bzw. in Anlage 6

(„Zusatzentgelte-Katalog - Definition“) aus. „Diese Zusatzentgelte umfassen folgende Leis-

tungskomplexe:

• Teure Arzneimittel,

• Teure Sachmittel,

• Besondere therapeutische Verfahren,

• Besondere diagnostische Verfahren.“1

Euro-Beträge sind nicht ausgewiesen, da die die Festlegung der Entgelthöhe Aufgabe der

Verhandlungspartner auf Ortsebene ist.

Für Dialysen können gemäß § 5 Abs. 3 FPV unter bestimmten Bedingungen Zusatzentgelte

vereinbart werden. Diese Zusatzentgelte zählen zu den bundeseinheitlichen Zusatzentgelten

und sind dementsprechend auch in Anlage 2 bzw. 5 FPV aufgeführt.

Durch die Fallpauschalenverordnung 2004 wurden die Zusatzentgelte in das Entgeltsystem

eingeführt. Zunächst waren ein Zusatzentgelt in Anlage 2/5 und 25 Zusatzentgelte in Anlage

4/6 enthalten. Die Anzahl der Zusatzentgelte wuchs bis zum Jahr 2009 moderat an. So sieht

die Fallpauschalenvereinbarung 2009 74 bundeseinheitliche Zusatzentgelte in Anlage 2/5

und 53 Zusatzentgelte nach § 6 Abs. 1 KHEntgG in Anlage 4/6 vor. Die nachfolgende Tabel-

le verdeutlicht die Entwicklung der Zusatzentgelte zwischen 2004 und 2009.

1 Deutsche Krankenhausgesellschaft: Hinweise zu den Budget- und Entgeltverhandlungen für das Jahr 2008 nach dem

Krankenhausfinanzierungsgesetz, Berlin 2007, S34.

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Tab. 1: Entwicklung der Zusatzengelte 2004-2009

Fallpauschalen-verordnung (FPV)

Zusatzentgelte Anlage 2 bzw. 5 FPV

Zusatzentgelte Anlage 4 bzw. 6 FPV

Summe Zusatzent-gelte

2004 1 25 26

2005 35 36 71

2006 40 46 86

2007 59 46 105

2008 64 51 115

2009 74 53 127

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3 Verhandlungen zu NUB

3.1 Wichtigkeit von NUB Mit Blick auf NUB stellt sich zunächst die Frage, inwieweit NUB-Vereinbarungen für die

Krankenhäuser überhaupt relevant sind. Daher sollten die Befragungsteilnehmer konkret an-

geben, welche Dringlichkeit und Wichtigkeit die Vereinbarung von NUB für sie hat. Die Ant-

worten zeigt Abb. 5.

Abb. 5: Wichtigkeit von NUB

Demnach haben NUB-Vereinbarungen für gut ein Viertel der Krankenhäuser eine sehr hohe

(12%) oder zumindest eine eher hohe (15,1%) Dringlichkeit und Wichtigkeit. Für mehr als die

Hälfte der Häuser sind die NUB dagegen von eher geringer (32%) oder sehr geringer Wich-

tigkeit (23,1%). Für die übrigen Befragungsteilnehmer (17,9%) sind NUB allenfalls partiell

wichtig.

Weiterführende Analysen zeigen, dass die Relevanz von NUB in hohem Maße in Abhängig-

keit von der Krankenhausgröße variiert (Tab. 2): Insbesondere in kleinen Krankenhäusern

unter 300 Betten sind die NUB von eher untergeordneter Bedeutung; für fast zwei Drittel der

Einrichtungen dieser Größenklasse haben sie eine geringe bis sehr geringe Wichtigkeit und

Dringlichkeit. Umgekehrt verhält es sich bei den Großkrankenhäusern ab 600 Betten (ohne

Universitätsklinika). Hier hat für mehr als die Hälfte der Einrichtungen die Vereinbarung von

NUB eine hohe bis sehr hohe Relevanz. Auch in Häusern der mittleren Bettengrößenklasse

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(300-599 Betten) fällt die Wichtigkeit von NUB mit rund 40% noch überdurchschnittlich aus.

Da Forschung und Entwicklung schwerpunktmäßig in den Universitätskliniken stattfinden,

haben NUB hier die höchste Relevanz.

Tab. 2: Wichtigkeit von NUB nach Krankenhausgröße

Bettengrößenklasse

Dringlichkeit und

Wichtigkeit von NUB

KH unter 300 Betten

KH mit 300-599 Betten

KH ab 600 Betten

(ohne Universi-tätskliniken)

Universitäts-kliniken

Sehr gering 32,6% 8,1% 0,0% 0,0%

Eher gering 32,6% 35,1% 22,2% 0,0%

Teils, teils 17,4% 16,2% 22,2% 25,0%

Eher hoch 9,8% 21,6% 33,3% 25,0%

Sehr hoch 7,6% 18,9% 22,2% 50,0%

Gesamt 100,0% 100,0% 100,0% 100,0%

p (Chi²) < 0,05

Tab. 3 zeigt die Relevanz von NUB nach Regionen, konkret im Ost-West-Vergleich. Dem-

nach gibt es hier keine signifikanten Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern.

Eine weitere regionale Differenzierung der Regionen im Westen war aus statistischen Grün-

den nicht möglich: Teilweise waren hier die Fallzahlen zu klein, teilweise sind die regionali-

sierten Daten durch Krankenhausgrößeneffekte konfundiert (z.B. infolge der Überrepräsen-

tanz kleinerer Krankenhäuser im Süden der Bundesrepublik).

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Tab. 3: Wichtigkeit von NUB nach Region

Region

Dringlichkeit und

Wichtigkeit von NUB

KH in alten Bundesländern

KH in neuen Bundesländern

Sehr gering 22,6% 25,8%

Eher gering 31,3% 32,3%

Teils, teils 18,3% 16,1%

Eher hoch 16,5% 9,7%

Sehr hoch 11,3% 16,1%

Gesamt 100,0% 100,0%

p (Chi²) = n.s.

• Im Ergebnis kann somit festgehalten werden, dass die Vereinbarung von NUB lediglich

für eine Minderheit der Krankenhäuser eine hohe Relevanz besitzt. Darunter sind Groß-

krankenhäuser deutlich überrepräsentiert.

3.2 Vorgehen bei NUB-Anträgen Von der grundsätzlichen Relevanz der NUB ist die konkrete Strategie bei NUB-Anträgen zu

unterscheiden. Hier sollten die Krankenhäuser ihre Vorgehensweise beschreiben, also ob sie

möglichst zahlreiche NUB-Anträge stellen oder eher zurückhaltend agieren.

Demnach zeichnet sich jeweils rund die Hälfte der Krankenhäuser durch einen hohen oder

geringen Beteiligungsgrad am NUB-Verfahren aus (Abb. 6): Auf der einen Seite versucht

rund ein Drittel der Krankenhäuser (34,2%) möglichst alle relevanten NUB in Anträge umzu-

setzen. Knapp ein Fünftel (18,8%) konzentriert sich primär auf NUB, die kostenintensiv sind

oder von denen viele Patienten betroffen sind. Auf der anderen Seite beteiligen sich Kran-

kenhäuser nie (33,5%) oder nur in absoluten Ausnahmefällen (13,4%) am NUB-Verfahren.

Von ihnen werden daher in der Regel keine Anträge auf neue NUB gestellt.

Verglichen mit dem Jahr 2007, als die entsprechende Fragestellung schon einmal im DKI-

Krankenhaus Barometer erhoben wurde, hat sich das Antragsverhalten bei NUB intensiviert.

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Seinerzeit versuchte rund ein Viertel der Häuser möglichst alle relevanten NUB in Anträge

umzusetzen. Gut die Hälfte der Häuser gab an, nie oder selten NUB-Anträge zu stellen.1

Abb. 6: Vorgehensweise bei NUB-Anträgen

Mit Blick auf die Vorgehensweise oder Strategie bei NUB resultieren abermals signifikante

Unterschiede nach Krankenhausgrößen (Tab. 4): So gaben fast 60% aller Krankenhäuser

unter 300 Betten an, sich nie oder selten mit Anfragen an das InEK zu wenden.

Ein wesentlicher Grund hierfür dürfte vor allem darin liegen, dass in diesen Krankenhäusern

die Grund- und Regelversorgung stattfindet und die Forschung und Umsetzung von Innova-

tionen nicht die oberste Priorität besitzt. Gleichwohl kommen auch in kleineren Häusern NUB

zur Anwendung. Denn jeweils rund 20% dieser Einrichtungen stellen häufig oder gelegentlich

NUB-Anträge.

Bei den großen Krankenhäusern ab 600 Betten dominiert eine andere Vorgehensweise. Die

Hälfte dieser Häuser versucht, möglichst alle relevanten NUB in Anträge an das InEK umzu-

setzen; bei den Universitätskliniken ist dies sogar ausnahmslos bei allen Stichprobenkran-

kenhäusern der Fall. Ursache hierfür dürfte neben der hohen Priorität der Forschung in

Krankenhäusern der Maximalversorgung und der Universitätskliniken vor allem die hohe

Spezialisierung und ausgeprägte medizinische Kompetenz in einzelnen Fachbereichen sein,

die innovative Verfahren und Methoden begünstigen. Allerdings unterziehen sich 40% der

großen Krankenhäuser dem NUB-Antragsverfahren nur dann, wenn es sich um kosteninten- 1 Vgl. DKI, 2007

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sive Methoden handelt oder viele Patienten betroffen sind. Kaum ein Haus ab 600 Betten

stellt hingegen nie oder nur in Ausnahmefällen NUB-Anträge.

Auch bei den Häusern der mittleren Größenklasse fallen die Ergebnisse abermals über-

durchschnittlich aus. Mehr als die Hälfte (55,3%) dieser Häuser versucht, alle relevanten Me-

thoden in NUB-Anträge umzusetzen. Nur etwa eins von zehn Häusern (13,2%) hat noch nie

einen NUB-Antrag gestellt.

Tab. 4: Vorgehen bei NUB-Anträgen nach Krankenhausgröße

Bettengrößenklasse

Vorgehensweise bei NUB

KH unter 300 Betten

KH mit 300-599 Betten

KH ab 600 Betten (ohne Universitäts-

kliniken)

Universitäts-kliniken

Möglichst alle neuen NUB in Anträge

umsetzen

22,3% 55,3% 50,0% 100,0%

Nur Anträge für kostenintensive NUB/

NUB mit vielen Patienten

18,4% 15,8% 40,0% 0,0%

NUB-Anträge nur in Ausnahmefällen 13,6% 15,8% 10,0% 0,0%

Noch nie NUB-Antrag gestellt 45,6% 13,2% 0,0% 0,0%

Gesamt 100,0% 100,0% 100,0% 100,0%

p (Chi²) < 0,05

Im Ost-West-Vergleich gibt es abermals keine statistisch signifikanten Unterschiede zwi-

schen den alten und neuen Bundesländern. Tendenziell versuchen allerdings Krankenhäu-

ser in den alten Bundesländern eher möglichst alle neuen NUB in Anträge umzusetzen (Tab.

5).

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Tab. 5: Vorgehen bei NUB-Anträgen nach Region

Region

Dringlichkeit und

Wichtigkeit von NUB

KH in alten Bundesländern

KH in neuen Bundesländern

Möglichst alle neuen NUB in Anträge

umsetzen

36,9% 24,2%

Nur Anträge für kostenintensive NUB/

NUB mit vielen Patienten

19,7% 15,2%

NUB-Anträge nur in Ausnahmefällen 11,5% 21,2%

Noch nie NUB-Antrag gestellt 32,0% 39,4%

Gesamt 100,0% 100,0%

p (Chi²) = n.s.

• Im Ergebnis kann somit festgehalten werden, dass nur rund die Hälfte der Krankenhäu-

ser in größerem Umfang NUB-Anträge stellt. Darunter sind kleinere Einrichtungen deut-

lich unterrepräsentiert.

3.3 Ablehnungsgründe für NUB Die Krankenhäuser der Stichprobe, welche in der Vergangenheit bereits NUB-Anträge ge-

stellt haben, wurden dezediert zu ihren diesbezüglichen Erfahrungen befragt. Krankenhäu-

ser, welche noch nie einen NUB-Antrag gestellt haben, finden aus naheliegenden Gründen

in den folgenden Auswertungen keine Berücksichtigung mehr. Erfasst sind mithin alle Häu-

ser, die möglichst viele NUB-Anträge stellen bzw. zumindest in Ausnahmefällen oder bei

NUB mit hohen Kosten bzw. Fallzahlen.1

Zunächst ist grundsätzlich zu fragen, ob die Kostenträger überhaupt Gründe für die Ableh-

nung von NUB-Vereinbarungen speziell bei medizintechnischen Innovationen anführen oder

nicht. Für immerhin rund zwei Drittel der Einrichtungen ist das Entscheidungsverhalten der

Kostenträger intransparent, weil die Gründe für die Ablehnung von NUB teilweise (35,8%)

1 Vgl. Kap. 3.2

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oder vielfach (29,6%) nicht genannt werden. Nur gut ein Drittel der Häuser berichtet, dass

die Ablehnungsgründe üblicherweise bekannt gemacht werden (Abb. 7).

Abb. 7: Ablehnung von NUB-Anträgen mit Angabe von Gründen

In dieser Hinsicht gab es auch keine signifikanten Unterschiede nach alten und neuen Bun-

desländern sowie nach Krankenhausgröße. Tendenziell kommt in großen Krankenhäusern

ab 600 Betten und hier insbesondere in den Universitätskliniken eine Ablehnung ohne Anga-

be von Gründen seltener vor. Die Kostenträger versuchen mithin, hier ihre Entscheidungen

stärker zu legitimieren.

Darüber hinaus sollten die Befragungsteilnehmer konkret die Gründe für eine etwaige Ableh-

nung von medizintechnischen NUB nennen. Die mit Abstand am häufigsten genannten

Gründe bildeten der Verweis auf MDK-/MDS-Gutachten sowie eine vermeintlich fehlende

Evidenzbasierung von NUB.1

1 Teilweise gibt es sicherlich Redundanzen zwischen den beiden Items, teilweise kann eine fehlende Evidenzbasierung

auch unabhängig von MDS-Gutachten behauptet werden. Deswegen wurde die Thematik hier über zwei Items opera-tionalisiert.

In jeweils rund einem Drittel der Einrichtungen mit negativ be-

schiedenen NUB wird häufig oder zumindest manchmal auf Gutachten des MDK oder MDS

verwiesen. Eine vermeintlich fehlende Evidenzbasierung von NUB bildet sogar in 75% der

Fälle einen Ablehnungsgrund (Abb. 8).

Ablehnung mit Angabe von Gründen

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40

Abb. 8: Hauptgründe für die Ablehnung von NUB

Alle anderen Gründe werden dagegen vergleichsweise selten angeführt. Bei rund einem

Fünftel der Krankenhäuser bildet ein angeblich fehlender Versorgungsauftrag für das fragli-

che NUB oder eine fehlende Entsprechung im Leistungsspektrum des Krankenhauses zu-

mindest manchmal einen Ablehnungsgrund. Eine Beschränkung von NUB auf ausgewählte

Krankenhäuser wird dementsprechend von den Kostenträgern des Öfteren gefordert. Auch

die Mengenthematik spielt bei den NUB keine herausragende Rolle. Fehlende Mengenbe-

grenzung bei NUB oder zu kleine Fallzahlen bilden keine Hauptgründe für die Ablehnung von

NUB.

Im Vergleich zur Evidenzbasierung spielen vordergründig selbst die Kosten von NUB eine

untergeordnete Rolle. So bildet das Finanzierungsrisiko bei gut 5% der Häuser einen häufi-

gen und bei gut einem Viertel einen gelegentlichen Ablehnungsgrund der Kostenträger. Eine

Finanzierung der NUB aus dem bestehenden Erlösbudget wird dagegen etwas häufiger ge-

fordert (Abb. 9).

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Abb. 9: Sonstige Gründe für die Ablehnung von NUB

Tab. 6 zeigt die Ablehnungsgründe nach Krankenhausgröße. Nach Bettengrößenklassen

gibt es bei den Ablehnungsgründen nur einen statistisch signifikanten Unterschied. Demnach

wird mit steigender Krankenhausgröße überproportional häufig auf MDK-/MDS-Gutachten

verwiesen. Beispielsweise bildet dies bei zwei Dritteln der Universitätskliniken einen häufigen

Ablehnungsgrund. Daneben wird bei anderen Krankenhäusern als den Universitätskliniken

überproportional häufig auf eine fehlende Entsprechung von NUB im Leistungsspektrum so-

wie eine Beschränkung auf NUB auf ausgewählte Krankenhäuser verwiesen.

Unter regionalen Gesichtspunkten gab es keine nennenswerten Unterschiede zwischen den

alten und neuen Bundesländern. Eine Detaildarstellung ist damit verzichtbar. In den Exper-

teninterviews wurde zwar kolportiert, dass das Bewilligungsverhalten der Kostenträger teil-

weise regional variierte. Es müsste jedoch über kleinräumigere Analysen mit entsprechend

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höheren Fallzahlen ermittelt werden, ob solche regionalen Unterschiede zufällig verteilt oder

räumlich konzentriert sind.

Tab. 6: Ablehnungsgründe im NUB-Verfahren nach Krankenhausgröße (Chi²-Test)

Bettengrößenklassen

(in Prozent)

KH unter 300

Betten

KH mit

300-599 Betten

KH ab 600

Betten (ohne UK)

Universitäts-

kliniken

p

h m n h m n h m n h m n

Verweis auf MDK-/MDS-Gutachten 0 25 75 18 54 29 39 17 44 67 11 22 p<0.05

Fehlender Versorgungsauftrag für fragl. NUB 13 13 75 10 28 62 0 22 78 14 0 86 n.s.

Fehlende Entsprechung von NUB 13 13 75 0 28 72 0 22 78 0 0 100 n.s.

Fehlende Mengenbegrenzung für NUB 0 0 100 5 10 86 0 27 73 0 29 71 n.s.

Beschränkung auf andere ausgewählte KH 27 9 64 20 33 47 11 32 58 0 0 100 n.s.

Fehlende Studien/ fehlende Evidenz-basierung

29 29 43 27 49 24 20 60 20 33 33 33 n.s.

Zu kleine Fallzahlen bei NUB 0 22 78 4 22 74 6 24 71 0 14 86 n.s.

Finanzierungsrisiko/ Kosten für NUB 13 25 63 8 32 60 0 20 80 0 29 71 n.s.

Forderung der Finanzierung aus bestehendem Erlösbudget

10 10 80 24 24 52 5 37 58 0 43 57 n.s.

h = häufig, m = manchmal, n = nie/selten

• Insgesamt ist festzuhalten, dass die Kostenträger ihre Ablehnungsgründe für NUB-

Vereinbarungen vielfach nicht transparent machen. Sofern dies erfolgt, bildet insbeson-

dere die fehlende Evidenzbasierung, vielfach unter Verweis auf MDK-/MDS-Gutachten,

den maßgeblichen Ablehnungsgrund.

3.4 Informationen zu MDK-/MDS-Gutachten Der Verweis auf MDK-/MDS-Gutachten bildet einen maßgeblichen Ablehnungsgrund von

NUB-Anträgen bei medizintechnischen Innovationen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die

Frage, inwieweit die Krankenhäuser überhaupt Zugriff auf diese Gutachten haben. Konkret

sollten die Befragungsteilnehmer daher angeben, ob und wie ihnen die entsprechenden In-

formationen zugänglich gemacht werden. Wie aus Abb. 10 ersichtlich, werden den Kranken-

häusern die maßgeblichen Informationsgrundlagen vielfach vorenthalten:

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So erfolgt die Übermittlung oder schriftliche Vorlage von Gutachten, sei es vollständig oder in

Auszügen, allenfalls in Ausnahmefällen. Nur einzelne Stichprobenkrankenhäuser berichten

davon, dass ihnen die Gutachten häufig oder zumindest manchmal vorliegen. Bei rund 94%

der Krankenhäuser ist dies jedoch nicht der Fall. Selbst eine visuelle Einsichtnahme wird den

Krankenhäusern weitestgehend verwehrt. 9 von 10 Häusern (91,7%) können die Gutachten

selten oder nie einsehen. Auch veröffentlichte wissenschaftliche Quellen von Gutachten

werden kaum benannt. Gut drei Viertel der Krankenhäuser (77,1%) erhalten selten oder nie

entsprechende Quellenangaben, ein Fünftel nur gelegentlich.

Abb. 10: Informationen zu MDK-/MDS-Gutachten

Die maßgebliche bzw. in der Regel einzige Informationsquelle zu den MDK-/MDS-Gutachten

bildet somit die mündliche Wiedergabe wesentlicher Inhalte durch Vertreter der Kostenträ-

ger. In 41% der Krankenhäuser ist dies häufig der Fall und bei 46% der Einrichtungen

manchmal.

Da den Krankenhäusern die MDK-/MDS-Gutachten bzw. deren wissenschaftliche Quellen

quasi flächendeckend vorenthalten werden, resultieren - schon aus statistischen Gründen -

in dieser Hinsicht auch faktisch keine Unterschiede nach Krankenhausgröße oder regionaler

Lage. Eine detaillierte Darstellung erübrigt sich somit.

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• Insgesamt lässt sich konstatieren, dass eine vermeintlich fehlende Evidenzbasierung

zwar einen wichtigen Ablehnungsgrund von NUB bildet. Für die Krankenhäuser bleibt

diese Evidenzbasierung jedoch weitestgehend intransparent bzw. nicht nachvollziehbar,

da sie keine orginären oder unmittelbaren Informationen zu den diesbezüglich maßgebli-

chen MDK-/MDS-Gutachten erhalten. Die Informationen beschränken sich insofern wei-

testgehend auf die mündliche Wiedergabe wesentlicher Gutachteninhalte durch Vertreter

der Kostenträger. Es muss offen bleiben, inwieweit diese Informationen umfassend und

hinreichend oder zu Verhandlungszwecken gezielt aufbereitet und gefiltert sind.

3.5 Förderliche Bedingungen für NUB-Vereinbarungen Ähnlich wie bei den Ablehnungsgründen stellt sich die Frage, welche Gründe ggf. förderlich

für die erfolgreiche Vereinbarung von NUB speziell bei medizintechnischen Innovationen

sind. Zu diesem Zweck wurde den Befragungsteilnehmern eine entsprechende Fragenliste

möglicher Erfolgsfaktoren zur Beantwortung vorgelegt. Für eine erfolgreiche NUB-

Vereinbarung zeichnen demnach im Wesentlichen drei Gründe verantwortlich:

Analog zur fehlenden Evidenzbasierung als maßgeblichen Ablehnungsgrund stellt eine hohe

Evidenzbasierung den wichtigsten Einflussfaktor einer NUB-Vereinbarung dar. Bei knapp

drei Vierteln der Krankenhäuser ist dies mehr oder weniger häufig der Fall (Abb. 11). Dabei

ist davon auszugehen, dass die Evidenz insbesondere auf entsprechende MDK-/MDS-

Gutachten basiert, weil sie seitens der Kostenträger die wesentliche Informations- und Refe-

renzquelle bilden und maßgeblich für deren Entscheidungsverhalten sind.1

1 Vgl. Kap. 3.4

Gleichwohl ist

hervorzuheben, dass immerhin gut ein Viertel der Krankenhäuser angab, bei ihnen würde ei-

ne hohe Evidenzbasierung der NUB keine große Rolle in den Verhandlungen mit den Kos-

tenträgern spielen.

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Abb. 11: Hauptgründe für die Vereinbarung von NUB

Neben der Evidenzbasierung bilden eine strikte Begrenzung von Fallzahlen bzw. Erlösen bei

NUB weitere erfolgskritische Faktoren. Bei jeweils knapp der Hälfte der Krankenhäuser ha-

ben diesbezügliche Verständigungen häufig oder manchmal NUB-Vereinbarungen begüns-

tigt.

Demgegenüber sind die übrigen erfragten Gründe von eher untergeordneter Bedeutung

(Abb. 12): Ein besonderes Wohlwollen der Kostenträger vor Ort, Zugeständnisse der Kran-

kenhäuser bei anderen Verhandlungsthemen oder eine Unterstützung von NUB-Anträgen

durch die Industrie fördern zumindest gelegentlich die Vereinbarung von NUB bei medizin-

technischen Innovationen. Die Drohung mit der Schiedsstelle respektive die Einschaltung der

Schiedsstelle sind hingegen keine wirksamen Instrumente. Auch im Rahmen einer offenen

Frage konnten keine weiteren Einflussfaktoren identifiziert werden.

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Abb. 12: Sonstige Gründe für die Vereinbarung von NUB

Tab. 7 zeigt die erfolgskritischen Faktoren nach Krankenhausgröße. Nach Bettengrößen-

klassen gab es nur einen statistisch signifikanten Unterschied. Demnach hat bei größeren

Krankenhäusern und hier insbesondere bei Universitätskliniken die etwaige Unterstützung

durch die Industrie keinen positiven Effekt auf den Abschluss von NUB-Vereinbarungen.

Größere Krankenhäuser sind stattdessen bei NUB eher auf das Wohlwollen ihrer Kostenträ-

ger vor Ort angewiesen. Darüber hinaus sind strikte Fallzahl- und Erlösbegrenzungen bei

kleineren Krankenhäusern unter 300 Betten tendenziell weniger wichtig für eine erfolgreiche

NUB-Vereinbarung, möglicherweise vor allem auf Grund begrenzter Möglichkeiten zur Men-

genexpansion.

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Tab. 7: Erfolgsfaktoren von NUB-Vereinbarungen nach Krankenhausgröße (Chi²-Test)

Bettengrößenklassen

(in Prozent)

p KH unter 300

Betten

KH mit

300-599 Betten

KH ab

600 Betten (ohne UK)

Universitäts-

kliniken

h m n h m n h m n h m n

Besonderes Wohlwollen der Kostenträger vor Ort

22 22 56 4 35 62 0 63 47 22 44 33 n.s.

Zugeständnisse bei anderen Verhand-

lungsthemen 0 11 89 4 33 63 13 38 50 10 60 30 n.s.

Unterstützung NUB-Anträge durch die

Industrie 22 11 677 21 28 52 0 25 75 0 0 100 p<0.05

Drohung mit Schiedsstelle 0 0 100 0 14 86 6 0 94 0 10 90 n.s.

Strikte Fallzahlbegrenzung bei NUB 0 33 67 28 24 48 26 32 42 30 20 50 n.s.

Strikte Erlösbegrenzung bei NUB 0 25 75 22 22 56 29 24 47 20 20 60 n.s.

Hohe Evidenzbasierung von NUB 22 44 33 43 37 20 44 17 39 33 33 33 n.s.

h = häufig, m = manchmal, n = nie/selten

Vorbehaltlich der geringen statistischen Basis gibt die Regionalanalyse für ausgewählte

Items zumindest Hinweise auf ein regional unterschiedliches Vorgehen der Kostenträger bei

NUB: So spielen Fallzahlbegrenzungen bei NUB in den neuen Bundesländern eine signifi-

kant größere Rolle als in den alten Ländern. Im Westen ist man hingegen eher auf ein be-

sonderes Wohlwollen der Kostenträger vor Ort angewiesen als im Osten, wenngleich der Un-

terschied statistisch nicht signifikant ist (Tab. 8).

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Tab. 8: Erfolgsfaktoren von NUB-Vereinbarungen nach Regionen (Chi²-Test)

KH in alten Bundesländern

KH in neuen Bundesländern

p (in Prozent)

h m n h m n

Besonderes Wohlwollen der Kostenträger vor Ort 8 47 45 7 14 79 n.s.

Zugeständnisse bei anderen Verhandlungsthemen

9 35 57 0 39 62 n.s.

Unterstützung NUB-Anträge durch die Industrie 8 23 69 25 13 63 n.s.

Drohung mit Schiedsstelle 0 7 93 8 8 83 n.s.

Strikte Fallzahlbegrenzung bei NUB 27 19 54 13 53 33 p<0.05

Strikte Erlösbegrenzung bei NUB 23 19 58 14 36 50 n.s.

Hohe Evidenzbasierung von NUB 40 34 26 39 23 39 n.s.

h = häufig, m = manchmal, n = nie/selten

• Alles in allem lässt sich festhalten, dass sich die Wahrscheinlichkeit einer NUB-

Vereinbarung deutlich erhöht, wenn die Kostenträger eine Evidenzbasierung für die je-

weiligen NUB gegeben sehen und die Kosten über Fallzahl- oder Erlösvorgaben steuern

können. Konsequenterweise bedeutet dies, dass letztlich und maßgeblich die Kostenträ-

ger über die Erstattungsfähigkeit von NUB entscheiden. Angesichts partieller Varianzen

im Entscheidungsverhalten nach Krankenhausgröße und regionaler Lage wäre die Ein-

heitlichkeit ihrer Vorgehensweisen ggf. zu problematisieren.

3.6 Verhandlungstaktik bei NUB NUB sind im Rahmen der Budgetverhandlungen zwischen Krankenhäusern und Kostenträ-

gern nur ein Thema unter vielen. Wie erwähnt, hat für viele Krankenhäuser die Vereinbarung

von NUB nicht einmal eine besondere Wichtigkeit und Dringlichkeit. Vor diesem Hintergrund

stellt sich die Frage, inwieweit NUB auch zu verhandlungstaktischen Zwecken eingesetzt

werden, um bei Preisgabe im Gegenzug andere Ziele durchsetzen zu können.

Dies ist indes vergleichsweise selten der Fall (Abb. 13). Nur ein Viertel der Krankenhäuser

setzt NUB zumindest manchmal zu verhandlungstaktischen Zwecken im genannten Sinne

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49

ein. Die große Mehrheit der Krankenhäuser (72,4%) verneinte hingegen die entsprechende

Frage.

Abb. 13: Einsatz von NUB zu verhandlungstaktischen Zwecken durch Krankenhäuser

Analog zur eigenen Verhandlungstaktik wurden die Krankenhäuser überdies um eine Ein-

schätzung dazu gebeten, inwieweit NUB von den Kostenträgern verhandlungstaktisch in-

strumentalisiert, also gezielt abgelehnt werden, um bei Preisgabe im Gegenzug andere Ziele

durchsetzen zu können. Dies ist allerdings auch hier nur begrenzt der Fall (Abb. 14): Nach

Einschätzung der Krankenhäuser nutzen 63% der Kostenträger NUB selten oder nie aus

verhandlungstaktischen Gründen und 31% tun dies nur manchmal.

Abb. 14: Einsatz von NUB zu verhandlungstaktischen Zwecken durch die Kostenträger

Page 50: Anspruch und Realität von Budgetverhandlungen...Dr. Karl Blum Dr. Matthias Offermanns Deutsches Krankenhausinstitut e.V. Hansaallee 201 40549 Düsseldorf Düsseldorf, im November

50

Tab. 9 zeigt die Ergebnisse nach Bettengrößenklassen. Tendenziell werden NUB eher in

kleineren Einrichtungen zu verhandlungstaktischen Zwecken eingesetzt, allerdings sind die

Unterschiede nach Krankenhausgröße nicht statistisch signifikant. In größeren Krankenhäu-

sern bzw. Universitätskliniken mit zahlreichen NUB oder NUB-Anträgen werden NUB hinge-

gen kaum zu verhandlungstaktischen Zwecken eingesetzt. Umgekehrt verhält es sich bei

den Kostenträgern, welche NUB in den Universitätskliniken überproportional häufig zu ver-

handlungstaktischen Zwecken einsetzen. Regional gab es in dieser Hinsicht keine signifikan-

ten Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern.

Tab. 9: Einsatz von NUB zu verhandlungstaktischen Zwecken nach Krankenhausgröße

(Chi²-Test) Bettengrößenklassen

(in Prozent)

p KH unter 300 Betten

KH mit 300-599 Betten

KH ab 600 Betten (ohne UK)

Universitäts-kliniken

h m n h m n h m n h m n

Einsatz von NUB zu verhandlungstaktischen Zwecken durch Krankenhäuser

10 24 67 0 32 69 0 18 82 0 18 82 n.s.

Einsatz von NUB zu verhandlungstaktischen Zwecken durch Kostenträger

0 26 74 2 34 64 12 31 58 25 25 50 n.s.

h = häufig, m = manchmal, n = nie/selten

• Insgesamt lässt sich somit festhalten, dass NUB weder von den Krankenhäusern noch

von den Kostenträgern vorwiegend zu verhandlungstaktischen Zwecken instrumentali-

siert werden. In einem Teil der Krankenhäuser mag dies die geringe Priorität und damit

das geringe verhandlungstaktische Potenzial von NUB widerspiegeln, in einem anderen

Teil deren Dringlichkeit und Wichtigkeit reflektieren.

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51

3.7 Schiedsstellenverfahren zu NUB NUB-Vereinbarungen sind schiedsstellenfähig. Vor diesem Hintergrund wurden die Kran-

kenhäuser gefragt, ob sie seit 2007 schon einmal die Schiedsstelle angerufen haben, weil es

zu keiner Vereinbarung von NUB mit den Kostenträgern kam. Allerdings behauptete nur ein

Stichprobenkrankenhaus, deswegen in diesem Zeitraum die Schiedsstelle angerufen zu ha-

ben.

Das entsprechende Krankenhaus gab an, bei immerhin ca. 20 NUB die Schiedsstelle ange-

rufen zu haben, weil es zu keiner Vereinbarung mit den Kostenträgern hierzu gekommen sei.

Angaben zum Ergebnis des Schiedsstellenverfahrens wurden nicht gemacht.

• Faktisch sind NUB also einstweilen nicht Gegenstand von Schiedsstellenverfahren.

Selbst bei hoher Relevanz im Krankenhaus ist die Vereinbarung von NUB mithin nicht so

dringlich, dass man aus diesem Grunde die Schiedsstelle anruft.

3.8 Probleme mit NUB Die Budgetverhandlungen finden vielfach erst unterjährig statt. Da bis zur Novellierung der

Innovationsklausel des KHEntgG dort NUB mitverhandelt wurden, wurden sie somit häufig

erst im Laufe des Jahres vereinbart. Daraus können Probleme entweder mit der rückwirken-

den Vergütung von NUB für das entsprechende Jahr resultieren, falls die Kostenträger NUB

erst ab dem Zeitpunkt der Budgetvereinbarung zahlen, oder aber mit der Erbringung von

NUB, falls die Finanzierung noch ungeklärt ist.

Ein Drittel der Krankenhäuser gab an, häufig Probleme mit der rückwirkenden Vergütung von

NUB auf Grund einer verspäteten Entgeltvereinbarung zu haben. In gut einem Fünftel der

Häuser ist dies manchmal der Fall. In der Summe stellt somit die rückwirkende Vergütung

von NUB für die Mehrzahl der Krankenhäuser ein mehr oder weniger großes Problem dar.

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52

Abb. 15: Probleme mit NUB

Wenn keine NUB-Vereinbarung vorliegt, sei es wegen der Ablehnung der Kostenträger oder

weil die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind, hat das Krankenhaus grundsätzlich

zwei Möglichkeiten: die Erbringung oder Nicht-Erbringung der jeweiligen NUB. In dieser Hin-

sicht gibt es allerdings keine eindeutigen Tendenzen. Jeweils rund ein Drittel der Kranken-

häuser führt die Nicht-Erbringung von NUB wegen fehlender Entgeltvereinbarungen in abge-

stufter Häufigkeit an. Näherungsweise vergleichbare Anteile von Krankenhäusern erbringen

NUB trotz fehlender Entgeltvereinbarung (Abb. 15).

Gleichwohl kommt es eher selten vor, dass Patienten wegen einer fehlenden NUB-

Vereinbarung an andere Krankenhäuser verwiesen werden, die ggf. die entsprechende NUB

erbringen. In nur gut 10% der Einrichtungen ist dies häufig oder manchmal der Fall. D.h. die

entsprechenden Patienten werden überwiegend entweder mit etablierten oder traditionellen

Behandlungs- oder Untersuchungsmethoden im jeweiligen Krankenhaus behandelt oder die

Erbringung von NUB wird vom Krankenhaus selbst bzw. anderweitig finanziert.

Die Auswertung nach Krankenhausgröße ergab, dass in allen Bettengrößenklassen die

Mehrzahl der Krankenhäuser Probleme mit der rückwirkenden Vergütung von NUB hat. Des

Weiteren zeigt sich, dass vor allem die Universitätskliniken mit einer hohen Zahl von NUB

bzw. NUB-Anträgen häufig NUB trotz fehlender Entgeltvereinbarung erbringen, vielfach NUB

infolge einer fehlenden Vereinbarung aber auch nicht anwenden (Tab. 10). Die Vorgehens-

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53

weise hängt also hier von den jeweiligen NUB bzw. den individuellen Rahmenbedingungen

ab.

Tab. 10: Probleme mit NUB nach Krankenhausgröße (Chi²-Test)

Bettengrößenklassen

(in Prozent)

p KH unter 300 Betten

KH mit 300-599 Betten

KH ab 600 Betten (ohne UK)

Universitäts-kliniken

h m n h m n h m n h m n

Probleme mit der rückwirkenden Vergütung von NUB

31 25 44 28 23 49 40 20 40 46 18 36 n.s.

Nicht-Erbringung von NUB wegen fehlender Entgeltvereinbarung

24 18 59 25 35 40 46 39 15 64 27 9 p<0.05

Erbringung von NUB trotz fehlender Entgeltvereinbarung

5 52 42 22 39 39 27 46 27 60 30 10 n.s.

Verweis von Patienten an andere Krankenhäuser wegen fehlender NUB-Vereinbarung

6 6 89 7 9 84 0 11 89 0 0 100 n.s.

h = häufig, m = manchmal, n = nie/selten

In regionaler Betrachtung gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen alten und neuen

Bundesländern hinsichtlich der Erbringung und Vergütung von NUB. Dies schließt kleinräu-

migere Differenzen ausdrücklich nicht aus (Tab. 11).

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54

Tab. 11: Probleme mit NUB nach Regionen (Chi²-Test)

KH in alten Bundesländern

KH in neuen Bundesländern

p (in Prozent)

h m n h m n

Probleme mit der rückwirkenden Vergütung von NUB 34 21 45 33 25 42 n.s.

Nicht-Erbringung von NUB wegen fehlender Entgelt-vereinbarung

37 31 32 23 39 39 n.s.

Erbringung von NUB trotz fehlender Entgelt-vereinbarung

28 44 28 12 39 50 n.s.

Verweis von Patienten an andere Krankenhäuser wegen fehlender NUB-Vereinbarung

4 8 88 4 8 89 n.s.

h = häufig, m = manchmal, n = nie/selten

• Zumindest auf Basis der alten Rechtslage ohne die Möglichkeit von NUB-Vereinbarungen

unabhängig von den Budgetverhandlungen bildet die rückwirkende Vergütung von NUB

wegen verspäteter Entgeltvereinbarung ein zentrales Praxisproblem. Teilweise verhindert

oder verzögert dies die Erbringung von NUB, teilweise erschwert oder verhindert es die

Finanzierung von erbrachten NUB seitens der Krankenhäuser.

3.9 Neuregelung der Innovationsklausel Die Verknüpfung von NUB- und Budgetvereinbarung in Verbindung mit den vielfach unterjäh-

rig geführten Verhandlungen haben in der Vergangenheit häufig zu Problemen mit der Er-

bringung und Vergütung von NUB geführt. Auch vor diesem Hintergrund hat der Gesetzge-

ber im Rahmen des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes die Innovationsklausel ge-

mäß § 6 Abs. 2 KHEntgG zwischenzeitlich geändert. Danach können NUB frühzeitig im Jahr

und unabhängig von der Vereinbarung des Erlösbudgets vereinbart werden.

Von dieser Neuregelung will die Mehrzahl der Krankenhäuser, die schon in der Vergangen-

heit NUB-Anträge gestellt haben, in den nächsten Jahren verstärkt Gebrauch machen (Abb.

16). Rund 57% dieser Befragungsteilnehmer bejahte eine entsprechende Frage. Vor allem

die Universitätskliniken wollen die novellierte Innovationsklausel überproportional nutzen

(Tab. 12).

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55

Abb. 16: Akzeptanz der novellierten Innovationsklausel zu NUB

Tab. 12: Akzeptanz der novellierten Innovationsklausel zu NUB nach Krankenhausgröße

(Chi²-Test) Bettengrößenklassen

(in Prozent)

KH unter 300 Betten

KH mit 300-599 Betten

KH ab 600 Betten (ohne UK)

Universitäts-kliniken

eher ja 52 53 61 73

eher nein 48 47 39 27

p (Chi²) < 0,05

Nach den Ergebnissen der Krankenhausbefragung wird schon in diesem Jahr von der Neu-

regelung rege Gebrauch gemacht (Abb. 17). Zwar haben erst 7% der Krankenhäuser auf

dieser Basis NUB vereinbart; im Mittel (Median) waren dies 10 NUB. 84% der Einrichtungen

gaben aber an, Verhandlungen hierzu terminiert oder aufgenommen zu haben - gemäß der

Fragestellung ausdrücklich unabhängig von den Budgetverhandlungen. Angesichts des sehr

hohen Prozentsatzes muss offen bleiben, ob diese Bedingung von den Befragungsteilneh-

mer stets beachtet wurde respektive der Wert überhöht ist. Auf telefonische Nachfrage1

1 Vgl. Kap. 1.3

be-

richteten die befragten Häuser jedoch überwiegend, dass NUB-Verhandlungen entweder

unabhängig on den Budgetverhandlungen aufgenommen bzw. teilweise schon vor deren

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56

Ende NUB-Entgelte vereinbart worden sind. Wie auch immer, selbst bei einer gewissen

Überschätzung würden die Ergebnisse immer noch belegen, dass die novellierte Innovati-

onsklausel des KHEntgG in hohem Maße von den Krankenhäusern mit NUB angenommen

wird.

Abb. 17: Anwendung der novellierten Innovationsklausel zu NUB

• Die Neuregelung des § 6 Abs. 2 KHEntgG schafft im Grundsatz die Voraussetzung dafür,

die Probleme einer rückwirkenden Vergütung von NUB zu vermeiden oder zumindest

merklich abzuschwächen. Deswegen trifft die Neuregelung bereits kurz nach ihrem In-

krafttreten auf eine hohe Akzeptanz und Anwendung.

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57

4 Statistische Angaben zu NUB

4.1 Anzahl der NUB-Anträge Laut Angaben des InEK wurden im Jahr 2007 für das Jahr 2008 insgesamt 8.212 NUB-

Anträge gestellt, allerdings bereinigt um inhaltliche Duplikate und inklusive der stellvertreten-

den Anfragen. Eine entsprechende Bereinigung bzw. Differenzierung war im Rahmen der

Krankenhausbefragung des vorliegenden Projektes nicht möglich. Aus diesem Grunde sowie

auf Grund von Stichprobeneffekten weicht daher die Anzahl der NUB-Anträge und deren

Verteilung über die verschiedenen Statuskategorien leicht von den InEK-Daten ab.

Die statistischen Angaben zu NUB beziehen sich abermals nur auf diejenigen Krankenhäu-

ser, welche zumindest gelegentlich NUB-Anträge stellen.1

Im statistischen Durchschnitt hat die genannte Gruppe von Krankenhäusern im Jahr 2007

15,4 NUB-Anträge für das Jahr 2008 an das InEK gestellt. Allerdings sind die Werte sehr

schief verteilt. So beträgt der Median der Verteilung sieben Anträge. Der untere Quartilswert

liegt bei gut zwei Anträgen und der obere Quartilswert bei 21,5 Anträgen.

Krankenhäuser, die noch nie ei-

nen Antrag gestellt haben, finden ausdrücklich keine Berücksichtigung.

Erwartungsgemäß nehmen die NUB-Anträge mit steigender Krankenhausgröße signifikant

zu (Tab. 13). So stellen kleinere Häuser unter 300 Betten, welche überhaupt am NUB-

Verfahren teilnehmen, im Mittel (Median) zwei Anträge. In den Großkrankenhäusern ab 600

Betten sind es bereits 15 Anträge. NUB-Anträge konzentrieren sich insbesondere auf die

Universitätskliniken. Hier liegt der Median der Verteilung bei 43 NUB-Anträgen, das arithme-

tische Mittel bei 55 und der obere Quartilswert bei 75 Anträgen.

1 Vgl. Kap. 3.2

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58

Tab. 13: Anzahl der NUB-Anträge für 2008

Mittelwert Median Unterer Quartilswert

Oberer Quartilswert

Standard-abweichung

KH Gesamt 15,4 7,0 2,3 21,5 19,3

KH unter 300 Betten 4,7 2,0 2,0 6,5 4,8

KH mit 300-599 Betten 9,3 5,0 2,0 11,8 10,2

KH ab 600 Betten (ohne UK) 17,4 15,0 3,8 27,5 14,1

Universitätskliniken 55,4 43,0 35,0 75,0 25,3

KH in alten Bundesländern 17,1 8,0 3,0 25,8 20,7

KH in neuen Bundesländern 10,0 5,0 2,0 11,8 12,3

Trotz der Überrepräsentanz großer Krankenhäuser in den neuen Bundesländern fällt hier die

Anzahl der NUB-Anträge mit einem Median von fünf Anträgen niedriger aus als in den alten

Ländern bei einem Median von acht Anträgen.

• Zwar beteiligen sich die Krankenhäuser nur selektiv am NUB-Verfahren. Sofern sie aber

teilnehmen, stellen sie in der Regel mehrere Anträge. Das Antragsvolumen ist dabei in-

nerhalb wie zwischen den Bettengrößenklassen sehr ungleich verteilt.

4.2 Erfolgsquoten der NUB-Anträge beim InEK Im Jahr 2008 hat das InEK über die im Jahr 2007 von den Krankenhäusern eingereichten

Anträge entschieden. Entsprechend dem Prüfverfahren wird dem Antrag ein Status zugewie-

sen.1

Basierend auf den Angaben der Krankenhäuser wurden Erfolgsquoten für die NUB-Anträge

ermittelt, welche sich aus der Relation der Anträge mit Status 1 oder Status 2 zu der Ge-

samtzahl der gestellten Anträge ergeben. Diese Erfolgsquoten geben Auskunft darüber, wie

viele Anträge auf NUB ihr Ziel erreichen konnten oder nicht. Es geht also nicht um die Zahl

In der Erhebung wurde nach den Anträgen gefragt, die den Status 1 (positiver Be-

scheid) bzw. Status 2 (negativer Bescheid) erhalten haben. Die Statusgruppen 3 und 4 sind

statistisch von untergeordneter Bedeutung und bilden im Folgenden lediglich eine Restkate-

gorie.

1 Vgl. ausführlich Kap. 2.3

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59

unterschiedlicher Methoden, die den Statuts 1 oder 2 erhalten haben. Diese Angaben kön-

nen der Veröffentlichung des InEK zu den "Informationen nach § 6 Abs. 2 KHEntgG für 2008:

Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" entnommen werden.

Im Jahr 2008 erhielten rund 57% aller NUB-Anträge der Stichprobenprobenkrankenhäuser

den Status 11. Für das Jahr 2006, als eine entsprechende Frage schon einmal im DKI-

Krankenhaus Barometer gestellt wurde, lag der Anteil der Anträge mit Status 1 noch bei

44%.2

Die Erfolgsquoten der NUB-Anträge nehmen mit steigender Krankenhausgröße tendenziell

ab. In den Universitätskliniken mit dem größten Antragsvolumen erreicht etwa nur jeder zwei-

te Antrag (48,7%) den Status 1. In allen übrigen Bettengrößenklassen fallen dagegen die Er-

folgsquoten von NUB-Anträgen überproportional aus. Demgegenüber ist der Anteil der NUB-

Anträge, welche vom InEK den Status 1 erhalten, in den alten und neuen Bundesländern

nahezu identisch (Abb. 18).

Vorbehaltlich von Stichprobeneffekten deutet diese Steigerung auf ein fokussierteres

Antragsverhalten der Krankenhäuser in den letzten Jahren hin.

57,2

69,2

60,2

60,7

48,7

57,1

57,6

40,1

26,2

38,4

38,4

46,0

40,1

40,2

KH Gesamt

KH unter 300 Betten

KH mit 300-599 Betten

KH ab 600 Betten (ohne UK)

Universitätskliniken

KH in alten Bundesländern

KH in neuen Bundesländern

Status 1 Status 2

Anträge in %

Abb. 18: NUB-Anträge mit Status 1 und Status 2 für 2008 3

1 Laut Aufstellung des InEK erhielten rund 52% der NUB-Anträge des Status 1. Die Unterschiede sind durch Stich-

probeneffekte und einen teilweise abweichenden Erlassungsmodus erklärbar (vgl. Kap. 4.1). 2 DKI, 2007 3 Fehlende Angaben zu 100% = Anträge mit Status 3 oder Status 4 und keine Angabe

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60

• Festzuhalten bleibt, dass trotz steigender Tendenz nur gut jeder zweite NUB-Antrag vom

InEK positiv beschieden wird. Vor allem die Universitätskliniken mit großem Antragsvo-

lumen haben überproportional Probleme, für ihre Anträge den Status 1 zu erhalten.

4.3 Erfolgsquoten medizintechnischer NUB-Anträge beim InEK Von den Erfolgsquoten der NUB-Anträge insgesamt sind die Erfolgsquoten der Anträge zu

unterscheiden, welche sich ausdrücklich auf medizintechnische Innovationen beziehen. Zu

diesem Zweck sollten die Krankenhäuser konkret angeben, wie viele Anträge mit Status 1

bzw. Status 2 medizintechnische NUB erfassen.

Insgesamt machen medizintechnische Innovationen 30% aller NUB-Anträge aus, sind also

insbesondere im Vergleich zu pharmazeutischen Innovationen in der Minderheit. Abgesehen

von kleineren Krankenhäusern mit deutlich unterproportionalem Anteil an medizintechni-

schen NUB-Anträgen (15,2%), gibt es ansonsten keine nennenswerten Unterschiede weder

nach Bettengrößenklassen noch nach regionaler Lage (Abb. 19).

Abb. 19: Anteil medizintechnischer NUB an allen NUB-Anträgen für 2008

Abb. 20 weist zunächst die Anteile der medizintechnischen NUB-Anträge jeweils an den Ant-

rägen mit Status 1 und Status 2 aus. Demnach beziehen sich 18,8% aller Anträge mit Status

1 auf medizintechnische Innovationen sowie 44% aller Status-2-Anträge. Stellt man in Rech-

nung, dass 30% aller NUB-Anträge medizintechnischer Art sind, so fällt die Erfolgsquote für

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61

medizintechnische NUB insgesamt unterdurchschnittlich aus. Das gilt gleichermaßen für alle

Bettengrößenklassen sowie für die alten und neuen Bundesländer.

18,8

8,3

19,3

17,4

21,9

18,5

20,9

44,0

40,0

48,9

46,8

40,0

43,0

50,8

KH Gesamt

KH unter 300 Betten

KH mit 300-599 Betten

KH ab 600 Betten (ohne UK)

Universitätskliniken

KH in alten Bundesländern

KH in neuen Bundesländern

Status 1 Status 2

NUB-Anträge mit Medizintechnik in %

Abb. 20: Anteil medizintechnischer NUB an allen Anträgen mit Status 1 oder Status 2 für 2008

Abb. 21 weist die Erfolgsquoten ausschließlich für NUB-Anträge mit medizintechnischen In-

novationen aus, also der Anteil dieser Anträge, welche vom InEK den Status 1 erhalten ha-

ben. Demzufolge erreicht nur gut ein Drittel (34,7%) der medizintechnischen NUB-Anträge

den Status 1. Zum Vergleich: Die Erfolgsquote für NUB-Anträge insgesamt liegt bei 57%.

D.h. medizintechnische Innovationen haben schon auf der ersten Stufe des Prüfverfahrens

geringere Erfolgsaussichten als andere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Das gilt

abermals für alle erfassten Krankenhausgrößen und Regionen.

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62

Abb. 21: Medizintechnische NUB-Anträge mit Status 1 für 2008 in %

• Insgesamt sind medizintechnische Innovationen sowohl unter den NUB-Anträgen insge-

samt als auch unter den Status-1-Anträgen unterrepräsentiert. In dieser Hinsicht haben

sie daher größere Probleme, die finanzielle Erstattungsfähigkeit zu erlangen, als andere

neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden.

4.4 NUB-Vereinbarungen mit Kostenträgern Nach der etwaigen Bewilligung durch das InEK bildet die Vereinbarung mit den Kostenträ-

gern die letzte Stufe im Prüfverfahren für NUB. 73% der Krankenhäuser, die mindestens ei-

nen Antrag mit Status 1 hatten, haben für das Jahr 2008 krankenhausindividuelle Entgelte

vereinbart. Verglichen mit 2006 ist dies eine Steigerung um rund 14 Prozentpunkte.1

1 Vgl. DKI, 2007

Auch

angesichts ihres großen Antragsvolumens gelang es allen Universitätskliniken in der Stich-

probe, Vereinbarungen zu schließen. In den übrigen Bettengrößenklassen fielen die entspre-

chenden Anteilswerte leicht unterproportional aus (Abb. 22).

Page 63: Anspruch und Realität von Budgetverhandlungen...Dr. Karl Blum Dr. Matthias Offermanns Deutsches Krankenhausinstitut e.V. Hansaallee 201 40549 Düsseldorf Düsseldorf, im November

63

Abb. 22: Anteil der Krankenhäuser mit Entgeltvereinbarung an Krankenhäusern mit Status-1-

Anträgen in 2008

Krankenhäuser mit Entgeltvereinbarungen hatten im Durchschnitt 18,5 NUB-Anträge bzw.

10,4 Anträge mit Status 1. Einrichtungen ohne jegliche Entgeltvereinbarung wiesen durch-

schnittlich 6,3 NUB-Anträge respektive 4,3 Status-1-Anträge auf. Diese Verteilung spiegelt

insofern die größeren Erfolgsaussichten von NUB-Vereinbarungen in größeren Krankenhäu-

sern mit entsprechendem Antragsvolumen wider.

Im arithmetischen Mittel konnten die Häuser mit Entgeltvereinbarungen für 7,7 NUB ein

krankenhausindividuelles Entgelt vereinbaren. Bei abermals schiefer Verteilung lag der Me-

dian der Verteilung bei 4 NUB-Entgelten, der untere Quartilswert bei einem Entgelt und der

obere Quartilswert bei 13 Entgelten. Nach Krankenhausgröße resultierte der übliche Gra-

dient. Die höchste Anzahl an krankenhausindividuellen Entgelten wird in Universitätskliniken

mit durchschnittlich 24,5 NUB erzielt (Tab. 14).

• Trotz abnehmender Tendenz verhindert ein grundsätzliches Scheitern der NUB-

Entgeltvereinbarung mit den Kostenträgern in gut einem Viertel der Krankenhäuser mit

Status-1-Anträgen die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden.

Page 64: Anspruch und Realität von Budgetverhandlungen...Dr. Karl Blum Dr. Matthias Offermanns Deutsches Krankenhausinstitut e.V. Hansaallee 201 40549 Düsseldorf Düsseldorf, im November

64

Tab. 14: Anzahl der vereinbarten NUB-Entgelte für 2008

Mittelwert Median Unterer Quartilswert

Oberer Quartilswert

Standard-abweichung

KH Gesamt 7,7 4,0 1,0 13,0 9,1

KH unter 300 Betten 3,6 2,0 1,0 8,0 3,8

KH mit 300-599 Betten 3,6 3,0 1,0 6,0 3,5

KH ab 600 Betten (ohne UK) 7,3 7,0 2,0 13,0 5,4

Universitätskliniken 24,5 22,0 16,5 29,0 10,7

KH in alten Bundesländern 8,8 6,0 1,8 13,3 10,2

KH in neuen Bundesländern 5,3 2,0 1,0 7,0 5,7

4.5 Erfolgsquoten der Status-1-Anträge bei Entgeltvereinbarungen Analog zur Prüfung durch das InEK wurde auch für die Entgeltvereinbarungen mit den Kos-

tenträger wiederum eine Erfolgsquote berechnet. Diese ergibt sich aus der Anzahl der ver-

einbarten NUB-Entgelte in Relation zur Anzahl der Status-1-Anträge insgesamt. Die letztge-

nannte Basis umfasst somit auch ausdrücklich die Krankenhäuser mit erfolgreichen InEK-

Anträgen, welche überhaupt keine Entgeltvereinbarungen schließen konnten.1

Insgesamt konnten für 61,4% der NUB-Anträge mit Status 1 entsprechende Entgelte zwi-

schen Krankenhäusern und Kostenträgern vor Ort vereinbart werden. Gegenüber 2006 ist

das Steigerung um gut 8 Prozentpunkte.

2

Die höchsten Erfolgsaussichten für NUB-Entgelte bestehen eindeutig in den Universitätskli-

niken. Hier konnte 2008 bei 9 von 10 NUB mit Status 1 (91,6%) ein Entgelt vereinbart wer-

den, in den übrigen Bettengrößenklassen hingegen nur für etwa jedes zweite NUB. Die Er-

gebnisse legen insofern die Schlussfolgerung nahe, dass die Kostenträger Entgeltvereinba-

rungen für NUB sehr gezielt auf Universitätskliniken fokussieren. Daneben mag eine größere

Expertise der Universitätskliniken in der Beantragung bzw. Anwendung von NUB einer ent-

sprechenden Vergütung gleichfalls zuträglich sein.

Für nahezu 40% der NUB-Anträge wäre ein kran-

kenhausindividuelles Entgelt möglich gewesen, aber es kam zu keiner Vereinbarung zwi-

schen den Vertragsparteien.

1 Vgl. Kap. 4.4 2 Vgl. DKI, 2007

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65

Abb. 23: Anteil von Status-1-Anträgen mit Entgeltvereinbarungen für 2008

• Trotz abnehmender Tendenz können für fast 40% der Status-1-Anträge keine NUB ver-

einbart werden, weil Krankenhäuser und Kostenträger vor Ort sich nicht über die Vergü-

tung einigen können.

4.6 Erfolgsquoten medizintechnischer Status-1-Anträge bei Entgeltverein- barungen Von den Erfolgsquoten für Status-1-Anträge insgesamt sind die Erfolgsquoten der Anträge

zu unterscheiden, welche sich ausdrücklich auf medizintechnische Innovationen beziehen.

Zu diesem Zweck sollten die Krankenhäuser konkret angeben, wie viele NUB-Entgelte medi-

zintechnische NUB erfassen.

Insgesamt machen medizintechnische Innovationen fast 22% aller vereinbarten NUB-

Entgelte aus. Stellt man einerseits in Rechnung, dass 30% aller NUB-Anträge medizintech-

nischer Art sind, so fällt die Erfolgsquote für medizintechnische NUB mit Blick auf die Ent-

geltvereinbarungen abermals unterdurchschnittlich aus. Bedenkt man andererseits, dass nur

19% der Status-1-Anträge Medizintechnik zum Gegenstand haben, wäre die Erfolgsquote

medizintechnischer NUB zumindest in dieser Hinsicht leicht überdurchschnittlich. Der Anteil

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66

medizintechnischer NUB-Entgelte an allen NUB-Entgelten variiert dabei weder nennenswert

nach Krankenhausgröße noch zwischen alten und neuen Bundesländern (Abb. 24).1

Abb. 24: Anteil medizintechnischer NUB an allen NUB-Entgelten in 2008

Eine weitere Messgröße bilden die Erfolgsquoten ausschließlich für medizintechnische Sta-

tus-1-Anträge, also der Anteil dieser Anträge, für die ein Entgelt durch die Vertragspartner

vor Ort vereinbart werden konnte. Allerdings fiel der Anteil der Stichprobenkrankenhäuser,

welche zu beiden Merkmalen Angaben machen konnten, vergleichsweise gering aus. Vor-

behaltlich der kleinen Fallzahl konnten für 79,4% der medizintechnischen NUB-Anträge mit

Status 1 Entgelte zwischen Krankenhäusern und Kostenträgern vor Ort vereinbart werden.

Die entsprechende Vereinbarungsquote für medizintechnische NUB liegt damit deutlich über

der entsprechenden Quote für NUB-Entgelte insgesamt (61,4%).2

• In Relation zum Anteil medizintechnischer NUB-Anträge an den NUB-Anträgen insge-

samt sind medizintechnische Innovationen unter den NUB-Entgelten unterrepräsentiert.

D.h. sofern eine medizin-

technische Innovation überhaupt den Status 1 erhält, erhöht sich insbesondere im Vergleich

zu pharmazeutischen Innovationen die Wahrscheinlichkeit einer entsprechenden Entgeltver-

einbarung.

1 Wegen zu kleiner Fallzahlen sind kleine Krankenhäuser unter 300 Betten in Abb. 22 nicht auf geführt. 2 Vgl. Kap. 4.5

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67

Bezogen auf die Status-1-Anträge insgesamt bzw. ausschließlich für medizintechnische

Innovationen, fällt der Anteil medizintechnischer NUB-Entgelte - verglichen mit anderen

neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden - dagegen überdurchschnittlich aus.

4.7 Erfolgsquoten von NUB-Anträgen insgesamt Die nachfolgenden Auswertungen fassen die Erfolgsquoten von NUB-Anträgen über die bei-

den Stufen des Prüfverfahrens, also die Prüfung durch das InEK und die Entgeltvereinba-

rung vor Ort, zusammen. Die Basis der Berechnung (= 100%) bilden alle NUB-Anträge, wel-

che an das InEK gestellt wurden. Dies sind laut Angaben des InEK gut 8.200 Anträge. Infol-

ge von Stichprobeneffekten und einem abweichenden Erfassungsmodus1

An der ersten Hürde, der Prüfung durch das InEK, scheitern schon 40% aller NUB-Anträge.

Rund 57% der von den Krankenhäusern gestellten Anträge schafften den Status 1 und damit

die Voraussetzung für die Vereinbarung eines krankenhausindividuellen Entgeltes. Abermals

knapp 40% der erfolgreichen Anträge bzw. 22,1% der Anträge insgesamt scheitern aber an

der Hürde der Vereinbarung eines krankenhausindividuellen Entgeltes.

weichen die hoch-

gerechneten Daten der vorliegenden Studie davon moderat ab.

Damit können für rund 61% der Status-1-Anträge bzw. lediglich für 35% aller NUB-Anträge

insgesamt Entgelte vereinbart werden. Verglichen mit 2006 ist dies gleichwohl eine merkli-

che Steigerung um rund 12 Prozentpunkte.2

Für 22% der NUB-Anträge wäre ein kranken-

hausindividuelles Entgelt möglich gewesen, aber es kam zu keiner Vereinbarung zwischen

Krankenhaus und den Kostenträgern vor Ort.

1 Vgl. Kap. 4.2 2 Vgl. DKI, 2007

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68

Abb. 25: Erfolgsquoten der NUB-Anträge insgesamt in 2008

Die Abbildungen 26-29 zeigen die entsprechenden Erfolgsquoten nach Krankenhausgröße.

Die größten Erfolgsaussichten hatten NUB-Anträge demnach in Universitätskliniken. Hier

kann letztlich für fast jeden zweiten NUB-Antrag (44,6%) ein Entgelt vereinbart werden. Die-

ses Ergebnis ist maßgeblich durch den hohen Anteil an Status-1-Anträgen bedingt, die in

den Universitätskliniken zu Entgeltvereinbarungen führen (rund 92%). Denn auf der ersten

Stufe des Prüfverfahrens fällt der Anteil der vom InEK positiv beschiedenen NUB-Anträgen

hier mit 48,7% unterproportional aus.

NUB-Anträge 100%

Status 1 57,2%

Status 2 40,1%

Vereinbarung Entgelte

35,1% (61,4%

der Status-1-Anträge)

Status 3/4, keine Angabe

2,7%

Keine Ver-einbarung

22,1% (38,6%

der Status-1-Anträge)

Kein Entgelt möglich 40,1%

Keine Angabe möglich

2,7%

Page 69: Anspruch und Realität von Budgetverhandlungen...Dr. Karl Blum Dr. Matthias Offermanns Deutsches Krankenhausinstitut e.V. Hansaallee 201 40549 Düsseldorf Düsseldorf, im November

69

Abb. 26: Erfolgsquoten der NUB-Anträge insgesamt in Krankenhäusern unter 300 Betten in

2008

Umgekehrt verhält es sich in den übrigen Bettengrößenklassen. Hier erhalten zwar zwischen

60-70% aller NUB-Anträge vom InEK den Status 1. Allerdings kommt es nur für jeweils der

Hälfte der so positiv beschiedenen Anträge zu einer Entgeltvereinbarung zwischen Kranken-

haus und Kostenträger. Deswegen kann etwa in Krankenhäusern mit 300-599 Betten bzw.

ab 600 Betten für weniger als 30% aller NUB-Anträge im Endeffekt ein NUB-Entgelt verein-

bart werden.

NUB-Anträge 100%

Status 1 69,2%

Status 2 26,2%

Vereinbarung Entgelte

39,4% (56,9%

der Status-1-Anträge)

Status 3/4, keine Angabe

4,6%

Keine Ver-einbarung

29,8% (43,1%

der Status-1-Anträge)

Kein Entgelt möglich 26,2%

Keine Angabe möglich

4,6%

Page 70: Anspruch und Realität von Budgetverhandlungen...Dr. Karl Blum Dr. Matthias Offermanns Deutsches Krankenhausinstitut e.V. Hansaallee 201 40549 Düsseldorf Düsseldorf, im November

70

Abb. 27: Erfolgsquoten der NUB-Anträge insgesamt in Krankenhäusern mit 300-599 Betten in

2008

Abb. 28: Erfolgsquoten der NUB-Anträge insgesamt in Krankenhäusern ab 600 Betten

(ohne Universitätskliniken) in 2008

NUB-Anträge

100%

Status 1 60,2%

Status 2 38,4%

Vereinbarung Entgelte

26,1% (43,4%

der Status-1-Anträge)

Status 3/4, keine Angabe

1,4%

Keine Ver-einbarung

34,1% (56,6%

der Status-1-Anträge)

Kein Entgelt möglich 38,4%

Keine Angabe möglich

1,4%

NUB-Anträge 100%

Status 1 60,7%

Status 2 38,4%

Vereinbarung Entgelte

29,9% (49,3%

der Status-1-Anträge)

Status 3/4, keine Angabe

0,9%

Keine Ver-einbarung

30,8% (50,7%

der Status-1-Anträge)

Kein Entgelt möglich 38,4%

Keine Angabe möglich

0,9%

Page 71: Anspruch und Realität von Budgetverhandlungen...Dr. Karl Blum Dr. Matthias Offermanns Deutsches Krankenhausinstitut e.V. Hansaallee 201 40549 Düsseldorf Düsseldorf, im November

71

Abb. 29: Erfolgsquoten der NUB-Anträge insgesamt in Universitätskliniken in 2008

In den neuen Bundesländern sind NUB-Anträge erfolgreicher als in den alten Ländern (Abb.

30 und 31). Während im Osten für 44,8% aller NUB-Anträge letztlich ein Entgelt vereinbart

werden kann, ist dies im Westen bei 33,4% der Anträge der Fall. Auf der ersten Stufe des

Prüfverfahrens gibt es keine regionalen Unterschiede, insofern der Anteil der Status-1-

Anträge in den alten und neuen Bundesländern nahezu identisch ist. Allerdings können die

ostdeutschen Krankenhäusern in höherem Maße auch NUB-Entgelte vereinbaren. Während

es in den neuen Bundesländern bei rund 78% der Status-1-Anträge zu einer Entgeltverein-

barung kommt, liegt der entsprechende Anteilswert in den alten Ländern bei knapp 59%.

Neben etwaig nicht auszuschließender Stichprobeneffekte auf Grund der kleinen Fallzahlen

ostdeutscher Krankenhäuser ist dies ggf. auch auf die Überrepräsentanz größerer Kranken-

häuser und Universitätskliniken in den neuen Bundesländern zurückzuführen.

• Trotz steigender Tendenz bleibt festzuhalten, dass letztlich nur eine Minderheit von gut

einem Drittel der NUB-Anträge erfolgreich im Sinne einer abschließenden Entgeltverein-

barung ist. Je nach betrachteter Stufe des Prüfverfahrens gibt es starke Varianzen, sei es

zwischen verschiedenen Bettengrößenklassen oder nach regionaler Lage. Die höchsten

Erfolgsquoten bei den NUB-Entgelten insgesamt erzielen die Universitätskliniken.

NUB-Anträge

100%

Status 1 48,7%

Status 2 46,0%

Vereinbarung Entgelte

44,6% (91,6%

der Status-1-Anträge)

Status 3/4, keine Angabe

5,3%

Keine Ver-einbarung

4,1% (8,4%

der Status-1-Anträge)

Kein Entgelt möglich 46,0%

Keine Angabe möglich

5,3%

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72

Abb. 30: Erfolgsquoten der NUB-Anträge insgesamt in den alten Bundesländern in 2008

Abb. 31: Erfolgsquoten der NUB-Anträge insgesamt in den neuen Bundesländern in 2008

NUB-Anträge

100%

Status 1 57,1%

Status 2 40,1%

Vereinbarung Entgelte

33,4% (58,5%

der Status-1-Anträge)

Status 3/4, keine Angabe

2,8%

Keine Ver-einbarung

23,7% (41,5%

der Status-1-Anträge)

Kein Entgelt möglich 40,1%

Keine Angabe möglich

2,8%

NUB-Anträge 100%

Status 1 57,6%

Status 2 40,2%

Vereinbarung Entgelte

44,8% (77,8%

der Status-1-Anträge)

Status 3/4, keine Angabe

2,2%

Keine Ver-einbarung

12,8% (22,2%

der Status-1-Anträge)

Kein Entgelt möglich 40,2%

Keine Angabe möglich

2,2%

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73

4.8 Erfolgsquoten von medizintechnischen NUB-Anträgen insgesamt Die nachfolgenden Auswertungen fassen die Erfolgsquoten von medizintechnischen NUB-

Anträgen über die beiden Stufen des Prüfverfahrens zusammen, also die Prüfung durch das

InEK und die Entgeltvereinbarung vor Ort. Die Basis der Berechnung (=100%) bilden alle

medizintechnischen NUB-Anträge, welche vom InEK den Status 1 oder Status 2 erhalten

haben. Das sind unter Zugrundelegung der Krankenhausangaben zu medizintechnischen

NUB-Anträgen in der vorliegenden Studie rund 2.500 Anträge. Im Unterschied zu den NUB-

Anträgen insgesamt sind bei den medizintechnischen NUB-Anträgen Status-3-Anträge und

Status-4-Anträge nicht erfasst worden. Die Berechnungsbasis ist hier somit geringfügig an-

ders als bei den NUB-Anträgen insgesamt.1

Auf der ersten Stufe des Prüfverfahrens, der Prüfung durch das InEK, scheitern schon rund

zwei Drittel (65,3%) aller medizintechnischen NUB-Anträge. Rund 35% der von den Kran-

kenhäusern gestellten Anträge erhalten hingegen den Status 1. Rund 20% der erfolgreichen

Anträge bzw. 7,2% der Anträge insgesamt scheitern aber an der Hürde der Vereinbarung ei-

nes krankenhausindividuellen Entgeltes.

Abb. 32: Erfolgsquoten medizintechnischer NUB-Anträge insgesamt in 2008

1 Vgl. Kap. 4.7

NUB-Anträge

100%

Status 1 34,7%

Status 2 65,3%

Vereinbarung Entgelte

27,5% (79,3%

der Status-1-Anträge)

Keine Ver-einbarung

7,2% (20,7%

der Status-1-Anträge)

Kein Entgelt möglich 65,3%

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74

Damit können insgesamt nur für 27,5% aller medizintechnischen NUB-Anträge Entgelte ver-

einbart werden. Die Erfolgsquote medizintechnischer NUB-Anträge fällt somit um gut ein

Fünftel niedriger aus als für die NUB-Anträge insgesamt (35,1%).1 Die unterproportionale Er-

folgsquote medizintechnischer NUB ist insbesondere auf den unterproportionalen Anteil me-

dizintechnischer NUB mit Status 1 im InEK-Verfahren zurückzuführen. Während lediglich

knapp 35% aller medizintechnischer NUB-Anträge den Status 1 erhalten, liegt die entspre-

chende Anerkennungsquote bei den NUB-Anträgen insgesamt bei gut 57%.2 Umgekehrt

verhält es sich auf der zweiten Stufe des Prüfverfahrens, der Entgeltvereinbarung zwischen

Krankenhaus und Kostenträgern vor Ort. Hier kann für fast 80% aller medizintechnischer

NUB mit Status 1 ein Entgelt vereinbart werden, bei den Status-1-Anträgen insgesamt hin-

gegen nur für gut 60%.3

Eine Differenzierung der Erfolgsquoten von medizintechnischen NUB-Anträgen insgesamt

nach Krankenhausgröße oder regionaler Lage war auf Grund der kleinen Fallzahlen nicht

möglich.

Die überproportionale Vereinbarungsquote für medizintechnische

NUB-Entgelte kann aber die unterproportionale Anerkennungsquote von NUB-Anträgen nicht

vollständig kompensieren.

• Insgesamt ist nur eine Minderheit von gut einem Viertel der medizintechnischen NUB-

Anträge erfolgreich im Sinne einer abschließenden Entgeltvereinbarung. Die spezifischen

Probleme medizintechnischer NUB liegen dabei weniger in der Entgeltvereinbarung vor

Ort als im Anerkennungsverfahren durch das InEK.

4.9 Fälle mit NUB NUB-Entgelte können entweder fallbezogen (gemäß AEB E 3.1) oder als Zusatzentgelt (ge-

mäß AEB E 3.2) vereinbart und abgerechnet werden. Allerdings kommt die Abrechnung als

fallbezogenes NUB-Entgelt vergleichsweise selten vor. Nur 23% der Stichprobenkranken-

häuser, welche überhaupt NUB-Entgelte vereinbaren konnten, führten die Vereinbarung fall-

bezogener Entgelte an. Der entsprechende Anteilswert für die NUB-Zusatzentgelte lag dem-

gegenüber bei 73%. Die übrigen Häuser machten hierzu keine Angaben.

1 Vgl. Kap. 4.7 2 Ebd. 3 Ebd.

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75

Wegen der geringen Anzahl an Krankenhäusern mit fallbezogenen NUB-Entgelten ist die

statistische Basis für die entsprechenden Fallzahlen relativ klein, so dass die Ergebnisse hier

bestenfalls orientierende Funktion haben. Die Fallzahl fallbezogener NUB-Entgelte ist jeden-

falls eher gering, im Mittel (Median) liegt sie bei 29 Fällen über alle fallbezogenen NUB-

Entgelte bei einer äußerst schiefen Verteilung: So liegt der untere Quartilswert bei 11 Fällen

und der obere Quartilswert bei 139 Fällen. In der Summe lag der Anteil der tatsächlich abge-

rechneten an den vereinbarten Fällen bei etwa zwei Dritteln. Insofern ist hier eindeutig keine

Mengenexpansion zu beobachten.

Eine weitere Differenzierung fallbezogener NUB-Entgelte nach Entgelten mit Medizintechnik,

wie im Erhebungsinstrument erfragt, ist wegen weitgehend fehlender Angaben nicht möglich.

Abb. 33: Vereinbarte Fälle mit NUB-Entgelten (Median) für 2008

Für die NUB-Zusatzentgelte haben die Krankenhäuser im Mittel (Median) 38 Fälle über alle

NUB-Entgelte vereinbart. Allerdings sind die Werte wiederum äußerst schief verteilt: Wäh-

rend der untere Quartilswert bei nur 8 Fällen liegt, beträgt der obere Quartilswert bereits 263

Fälle.

Im Mittel (Median) haben die Krankenhäuser 35 Fälle für NUB-Zusatzentgelte abgerechnet.

In der Summe über alle Krankenhäuser lag der Quotient von abgerechneten und vereinbar-

ten Fällen bei 99%, d.h. die Krankenhäuser haben die vereinbarten Zahlen an NUB-

Zusatzentgelten eingehalten. Auch hier lässt sich keine Mengenexpansion feststellen.

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76

Eine Differenzierung der NUB-Zusatzentgelte nach Entgelten mit Medizintechnik ist wegen

geringer Fallzahlen, einer sehr schiefen Werteverteilung bzw. extremer Varianzen nicht sinn-

voll. Aus analogen Gründen werden die Fallzahlen für fallbezogene NUB bzw. NUB-Zusatz-

entgelte auch nicht nach Krankenhausgröße oder regionaler Lage ausgewertet.

• Vorbehaltlich der geringen Anzahl an Krankenhäusern mit entsprechenden Angaben so-

wie der großen Varianzen in den Werten sind die vereinbarten wie die abgerechneten

Fallzahlen bei NUB zumindest im Mittel bzw. in der Mehrzahl der Krankenhäuser eher

gering. In der Summe gibt es zudem keine großen Diskrepanzen zwischen vereinbarten

und abgerechneten Fallzahlen. Die Krankenhäuser nutzen die Vereinbarung von NUB

somit nicht zur Mengenexpansion.

4.10 Erlöse aus NUB Die Entgelte für NUB, sei es fallbezogen oder als Zusatzentgelt, werden krankenhausindivi-

duell zwischen Kostenträgern und Krankenhäusern vor Ort ausgehandelt. Die Entgelthöhe

wird dabei für jedes einzelne NUB separat festgelegt. Die Produktsumme von vereinbarter

Fallzahl (gemäß AEB E 3.1) bzw. vereinbarten Zusatzentgelten (gemäß AEB E 3.2) und der

jeweiligen Entgelthöhe entspricht den vereinbarten Gesamterlösen aus NUB nach der AEB.

Im Erhebungsinstrument sollten die Krankenhäuser die vereinbarte Summe für das Jahr

2008 angeben. Im Mittel (Median) lag diese vereinbarte Erlössumme aus NUB-Entgelten bei

50.630 Euro, allerdings bei wiederum sehr schiefer Verteilung (Tab. 15). So liegt der untere

Quartilswert bei 16.500 Euro und der obere Quartilswert schon bei 258.000 Euro.

Erwartungsgemäß nimmt die Erlössumme aus NUB mit steigender Krankenhausgröße signi-

fikant zu. Den höchsten Wert erreichen hier die Universitätskliniken mit einem Median von

467.000 Euro.

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77

Tab. 15: Erlöse aus NUB-Entgelten je Krankenhaus in 2008

Mittelwert Median Unterer Quartilswert

Oberer Quartilswert

Standard-abweichung

KH Gesamt 267.332 50.632 16.500 258.000 467.365

KH unter 300 Betten 381.753 70.000 14.750 863.880 585.846

KH mit 300-599 Betten 140.519 22.104 3.911 92.500 294.561

KH ab 600 Betten (ohne UK) 193.729 84.000 12.337 240.519 297.307

Universitätskliniken 781.768 467.716 240.975 1.221.283 798.017

Bezogen auf das vereinbarte Erlösbudget gemäß § 4 KHEntgG fällt die Größenordnung der

NUB-Entgelte aber eher klein aus. Konkret lag das Verhältnis von NUB-Gesamterlösen und

Erlösbudget im Jahr 2008 bei rund 0,3%. In dieser Hinsicht gab es faktisch keine Unter-

schiede nach Bettengrößenklassen. Zu den Erlösen aus NUB-Entgelten mit Medizintechnik

haben nur vergleichsweise wenige Häuser Angaben gemacht. Vorbehaltlich der geringen

Fallzahl lag der Anteil der medizintechnischen NUB-Entgelte an den NUB-Entgelten insge-

samt bei rund 35%. Das Verhältnis von Gesamterlösen aus medizintechnischen NUB-

Entgelten und dem Erlösbudget insgesamt den lag 2008 bei ca. 0,1%.

Relativ gesehen, fallen die Erlöse aus NUB-Entgelten insgesamt bzw. aus medizintechni-

schen NUB-Entgelten zwar eher gering aus. Zur Gewährleistung des Innovationstransfers in

die Praxis ist eine ausreichende Finanzierung der NUB gleichwohl unerlässlich.

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78

5 Bewertung des NUB-Verfahrens

5.1 Zufriedenheit mit dem NUB-Verfahren Abschließend zu den NUB-Fragestellungen wurden die Krankenhäuser um eine resümieren-

de Bewertung des NUB-Verfahrens im Allgemeinen bzw. der Detailregelungen des Verfah-

rens im Besonderen gebeten. Die Auswahl der Krankenhäuser beschränkt sich abermals auf

Einrichtungen, welche schon einmal NUB-Anträge gestellt haben.1

Abb. 34 zeigt zunächst die Ergebnisse hinsichtlich der allgemeinen Zufriedenheit mit der

derzeit bestehenden Regelung zur Einführung und Vergütung von NUB. Hier gibt keine ein-

deutige Tendenz, vielmehr sind die Antworten näherungsweise um den mittleren Wert der

Skala normalverteilt. Die relative Mehrheit der Krankenhäuser (35%) ist in ihrer Einschätzung

des derzeitigen NUB-Verfahrens unentschieden. Jeweils rund 28% der Häuser sind eher zu-

frieden bzw. eher unzufrieden. Nur vergleichsweise wenige Einrichtungen sind sehr zufrie-

den (1,6%) oder sehr unzufrieden (7,3%).

Abb. 34: Grundsätzliche Zufriedenheit mit dem NUB-Verfahren

Von der eher grundsätzlichen Einschätzung des NUB-Verfahrens ist die Zufriedenheit mit

seiner konkreten Umsetzung zu unterscheiden. Auch diesbezüglich gibt es kein eindeutiges

Bild. Tendenziell fallen die Ergebnisse hier aber etwas schlechter aus: Jeweils rund ein Drit-

tel der Krankenhäuser ist mit der praktischen Umsetzung der derzeit bestehenden Regelung

1 Vgl. Kap. 3.2

Page 79: Anspruch und Realität von Budgetverhandlungen...Dr. Karl Blum Dr. Matthias Offermanns Deutsches Krankenhausinstitut e.V. Hansaallee 201 40549 Düsseldorf Düsseldorf, im November

79

zur Einführung und Vergütung von NUB unzufrieden oder nur teilweise zufrieden; mehr als

10% sind sogar sehr unzufrieden. Weniger als ein Viertel der Einrichtungen ist zufrieden

oder sehr zufrieden (Abb. 35).

Abb. 35: Zufriedenheit mit der praktischen Umsetzung des NUB-Verfahrens

Die Zufriedenheit mit dem NUB-Verfahren nach Krankenhausgröße kann Tab. 16 entnom-

men werden. Dabei wurden die positiven bzw. negativen Kategorien der Zufriedenheitsskala

jeweils zusammengefasst. Sowohl mit Blick auf die grundsätzliche Zufriedenheit als auch die

praktische Umsetzung gibt es demnach keine signifikanten Unterschiede zwischen den Bet-

tengrößenklassen. Tendenziell sind jedoch eher die Großkrankenhäuser ab 600 Betten mit

dem NUB-Verfahren im Grundsatz unzufrieden und insbesondere die Universitätskliniken mit

dessen praktischer Umsetzung.

Page 80: Anspruch und Realität von Budgetverhandlungen...Dr. Karl Blum Dr. Matthias Offermanns Deutsches Krankenhausinstitut e.V. Hansaallee 201 40549 Düsseldorf Düsseldorf, im November

80

Tab. 16: Zufriedenheit mit dem NUB-Verfahren nach Krankenhausgröße (Chi²-Test)

Bettengrößenklassen (in Prozent)

p

KH unter

300 Betten

KH mit

300-599 Betten

KH ab

600 Betten (ohne UK)

Universitätskliniken

sehr/

unzu-frie-

den

teils,

teils

sehr/

zu-frie-

den

sehr/

unzu-frie-

den

teils,

teils

sehr/

zu-frie-

den

sehr/

unzu-frie-

den

teils,

teils

sehr/

zu-frie-

den

sehr/

unzu-frie-

den

teils,

teils

sehr/

zu-frie-

den

Grundsätzliche Zufriedenheit mit NUB

32 41 27 33 33 34 45 35 21 27 36 36 n.s.

Zufriedenheit mit praktischer NUB-

Umsetzung 36 36 27 44 31 25 41 38 21 55 36 9 n.s.

In der regionalen Betrachtung fällt die Zufriedenheit mit dem NUB-Verfahren in den neuen

Bundesländern mehrheitlich höher aus als im alten Bundesgebiet, sowohl grundsätzlich als

auch hinsichtlich der praktischen Umsetzung. Der letztgenannte Unterschied ist statistisch

sogar signifikant. Dies reflektiert insofern die schon anderweitig aufgezeigten regionalen Va-

rianzen im NUB-Verfahren.

Tab. 17: Zufriedenheit mit dem NUB-Verfahren nach Regionen (Chi²-Test)

Ost-West-Vergleich (Prozent)

p

KH in alten Bundesländern

KH in neuen Bundesländern

sehr/ unzu-frie-den

teils, teils

sehr/ zufrie-den

sehr/ unzu-frie-den

teils, teils

sehr/ zufrie-den

Grundsätzliche Zufriedenheit mit NUB 39 35 26 21 36 43 n.s.

Zufriedenheit mit praktischer NUB-Umsetzung

49 31 20 22 44 33 p>0.05

• Alles in allem trifft das NUB-Verfahren in der jetzigen Form bei den betroffenen Kranken-

häusern bislang nur auf eine begrenzte Akzeptanz. Die Gründe hierfür lassen sich aus

den nachfolgend dargestellten Detailregelungen und Verbesserungsvorschlägen herlei-

ten.

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81

5.2 Zufriedenheit mit Detailregelungen des NUB-Verfahrens Die Fragen zu den Detailregelungen des NUB-Verfahrens orientierten sich an den aus Kran-

kenhaussicht maßgeblichen Prozesssequenzen von der Antragstellung bis zur Entgeltver-

einbarung. Abb. 36 zeigt die Mittelwerte für die entsprechenden Items auf der 5-wertigen Zu-

friedenheitsskala. Demnach treffen auch die Detailregelungen des NUB-Verfahrens unter

den Krankenhäusern auf eine begrenzte Akzeptanz.

Am ehesten zufrieden sind die Krankenhäuser noch mit der Prüfung von NUB durch das

InEK. Insgesamt zwei Drittel der Einrichtungen äußerten sich in dieser Hinsicht positiv, weni-

ger als 10% der Krankenhäuser sind mit dieser Regelung ausdrücklich unzufrieden.

Abb. 36: Zufriedenheit mit Detailregelungen des NUB-Verfahrens

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82

Dementsprechend fällt die Einschätzung zu den Begründungspflichten des einzelnen Kran-

kenhauses für NUB-Anfragen an das InEK (gemäß Erfassungstool des InEK) eher positiv

aus. Der Mittelwert liegt hier noch in der oberen Hälfte der Zufriedenheitsskala. Auch die

Neuregelung der Innovationsklausel des KHEntgG, wonach NUB unabhängig vom Erlösbud-

get vereinbart werden können, trifft mehrheitlich noch auf eine positive Resonanz.

Alle anderen Detailregelungen werden von den Krankenhäusern dagegen kritisch gesehen:

So sind etwa drei Viertel der Krankenhäuser mit der Bestimmung unzufrieden bis sehr unzuf-

rieden, bei identischen NUB jährlich Anträge stellen zu müssen. Das gleiche gilt analog für

das Erfordernis einer separaten Beantragung durch mehrere Krankenhäuser bei identischen

NUB. Beide Regelungen implizieren aus Krankenhaussicht Redundanzen im Antragsverfah-

ren.

Weitere Kritikpunkte betreffen die Vor-Ort-Vereinbarungen zu NUB durch Krankenhäuser

und Kostenträger. Im Mittel sind die Krankenhäuser sowohl mit dem Erfordernis der Verein-

barung von NUB als auch der Festsetzung von deren Entgelthöhe durch die Vertragspartner

vor Ort unzufrieden. In dieser Hinsicht halten die Krankenhäuser folglich eine stärkere Zent-

ralisierung der NUB-Vereinbarung für sinnvoll.1

Tab. 18 zeigt die Zufriedenheit mit den Detailregelungen des NUB-Verfahrens nach Kran-

kenhausgröße. Der Mittelwertvergleich erfolgt dabei mittels Varianzanalysen (ANOVA). Va-

rianzanalytisch sind zwei Mittelwertdifferenzen statistisch signifikant: Dies betrifft im Einzel-

nen die Begründungspflichten für die NUB-Anträge und die separate Beantragung durch

mehrere Krankenhäuser bei identischen NUB, welche vor allem bei den Universitätskliniken

jeweils auf eine überdurchschnittliche Akzeptanz treffen. Darüber hinaus fällt bei größeren

Krankenhäusern (inklusive der Universitätskliniken) die Zufriedenheit mit der Prüfung von

NUB durch das InEK eher unterdurchschnittlich und mit dem Erfordernis einer NUB-

Vereinbarung vor Ort eher überdurchschnittlich aus.

1 Vgl. auch Kap. 5.3

Page 83: Anspruch und Realität von Budgetverhandlungen...Dr. Karl Blum Dr. Matthias Offermanns Deutsches Krankenhausinstitut e.V. Hansaallee 201 40549 Düsseldorf Düsseldorf, im November

83

Tab. 18: Zufriedenheit mit Detailregelungen des NUB-Verfahrens nach Krankenhausgröße

(ANOVA) Bettengrößenklassen (Mittelwerte)

p KH unter

300 Betten

KH mit

300-599

Betten

KH ab

600 Betten

(ohne UK)

Universitäts-

kliniken

Prüfung von NUB durch das InEK 3,8 3,8 3,5 3,4 n.s.

Begründungspflichten des einzelnen Kranken-

hauses für NUB-Anfragen 3,5 3,4 2,9 3,8 p<0.05

Jährliche Beantragung bei identischen NUB 2,1 2,0 1,8 2,2 n.s.

Separate Beantragung durch mehrere Kranken-

häuser bei identischen NUB 2,2 2,1 2,0 2,9 p<0.05

Erfordernis der Vereinbarung von NUB durch

Krankenhaus und Kostenträger 2,0 2,2 2,4 2,6 n.s.

Festsetzung der Entgelthöhe von NUB durch Krankenhaus und Kostenträger

2,0 2,3 2,4 2,3 n.s.

Möglichkeit der Vereinbarung von NUB-Ent-gelten

unabhängig von der Vereinbarung 3,6 3,6 3,3 2,9 n.s.

Analog zur allgemeinen Zufriedenheit fällt auch die Zufriedenheit mit den Detailregelungen

des NUB-Verfahrens in den neuen Bundesländern abermals höher aus (Tab. 19). Vor allem

die Ablehnung einer dezentralen Vereinbarung von NUB und NUB-Entgelten fällt im Osten

signifikant niedriger aus. Daneben findet insbesondere die novellierte Innovationsklausel des

KHEntgG dort überdurchschnittliche Akzeptanz.

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84

Tab. 19: Zufriedenheit mit Detailregelungen des NUB-Verfahrens nach Regionen (ANOVA)

Ost-West-Vergleich (Mittelwerte)

p KH in alten Bundesländern

KH in neuen Bundesländern

Prüfung von NUB durch das InEK 3,7 3,8 n.s.

Begründungspflichten des einzelnen Krankenhauses für NUB-Anfragen

3,3 3,4 n.s.

Jährliche Beantragung bei identischen NUB 2,0 1,9 n.s.

Separate Beantragung durch mehrere Kranken-häuser bei identischen NUB

2,1 2,4 n.s.

Erfordernis der Vereinbarung von NUB durch Krankenhaus und Kostenträger

2,1 2,6 p<0.05

Festsetzung der Entgelthöhe von NUB durch Krankenhaus und Kostenträger

2,2 2,7 p<0.05

Möglichkeit der Vereinbarung von NUB-Entgelten unabhängig von der Vereinbarung

3,3 3,8 n.s.

• Insgesamt stoßen viele Detailregelungen des NUB-Verfahrens auf Kritik der betroffenen

Krankenhäuser. Das gilt insbesondere für die Mehrfach- bzw. Wiederholungsanträge bei

identischen NUB sowie die dezentralen NUB-Vereinbarungen durch Krankenhäuser und

Kostenträger vor Ort. Die Prüfung durch das InEK und die damit verbundenen Begrün-

dungspflichten schneiden hingegen besser ab.

5.3 Änderungsvorschläge zum NUB-Verfahren Vor dem Hintergrund der Detailkritik vieler Krankenhäuser an den NUB-Regelungen stellt

sich die Frage nach Alternativen. Die Befragungsteilnehmer sollten daher angeben, welche

konkreten Änderungsvorschläge für das NUB-Verfahren sie begrüßen würden. Abb. 37 gibt

die positiven Antworten auf die entsprechende Vorschlagsliste wieder. Auf den ersten Blick

ist ersichtlich, dass alle Änderungsvorschläge von der überwältigenden Mehrheit der Kran-

kenhäuser befürwortet werden. Dies indiziert einen entsprechend hohen Handlungsbedarf

aus Krankenhaussicht. Betrachten wir die Ergebnisse im Einzelnen:

Oberste Priorität für die Krankenhäuser hat eine Veränderung der Finanzierungsmodalitäten

von NUB. Fast alle Krankenhäuser fordern unisono eine rückwirkende Erstattungspflicht für

Page 85: Anspruch und Realität von Budgetverhandlungen...Dr. Karl Blum Dr. Matthias Offermanns Deutsches Krankenhausinstitut e.V. Hansaallee 201 40549 Düsseldorf Düsseldorf, im November

85

vereinbarte NUB ab Jahresbeginn sowie eine grundsätzliche Erstattungspflicht von einmal

vereinbarten NUB bis auf die Widerruf durch das InEK.

Eng damit zusammenhängend würde ein Wegfall von Wiederholungsanträgen bei einmal

genehmigten NUB gleichfalls weitestgehend befürwortet. Auch separate Anträge bei identi-

schen NUB durch jedes interessierte Krankenhaus erscheinen aus Sicht der Krankenhäuser

obsolet. Stattdessen sollte es die Möglichkeit geben, vom InEK genehmigte NUB unabhän-

gig von einem eigenen Antrag des Krankenhauses zu vereinbaren.

Abb. 37: Änderungsvorschläge zum NUB-Verfahren

Schließlich würden gut drei Viertel der Krankenhäuser eine Abkehr von den bisher dezentra-

len Vergütungsvereinbarungen für NUB zwischen Krankenhaus und Kostenträgern begrü-

ßen. Stattdessen präferieren sie - ausdrücklich so im Fragebogen ergänzend formuliert1

1 Aus Kapazitätsgründen ist diese Ergänzung in Abb. 37 nicht explizit aufgeführt.

- ei-

ne zentrale Entgeltfestsetzung auf Bundes- oder Landesebene.

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86

Einzig stärkere Unterstützungs- oder Mitwirkungsmöglichkeiten Dritter beim NUB-Verfahren

(z.B. der Industrie) werden von den Krankenhäusern mehrheitlich nicht befürwortet. Aller-

dings wäre dies bei einer stärkeren Zentralisierung der Entgeltfestsetzung zwangsläufig teil-

weise der Fall (etwa in Form einer stärkeren Mitwirkung von Politik oder Selbstverwaltung).

Angesichts generell sehr hoher Zustimmungsquoten für die diversen Änderungsvorschläge

gibt es insgesamt sehr wenig Varianz nach Krankenhausgröße, in jedem Fall wenn man von

den Universitätskliniken abstrahiert. Die Letztgenannten nehmen mit Blick auf die Ände-

rungsvorschläge eine Sonderstellung ein, insofern sie auf eine stärkere Autonomie im NUB-

Verfahren pochen (Tab. 20). Der Wegfall dezentraler Vergütungsvereinbarungen wird von

den Universitätskliniken ebenso mehrheitlich abgelehnt wie der Wegfall der separaten Ant-

ragstellung durch jedes interessierte Krankenhaus bei identischen NUB. Auch die Möglich-

keit der Vereinbarung von genehmigten NUB unabhängig von einem eigenen Antrag des

Krankenhauses findet bei den Universitätskliniken signifikant weniger Zustimmung.

Tab. 20: Zufriedenheit mit den Änderungsvorschlägen zum NUB-Verfahren nach Kranken-hausgröße (Chi²-Test)

Bettengrößenklassen (in Prozent)

p KH unter

300 Betten

KH mit

300-599

Betten

KH ab

600 Betten

(ohne UK)

Universitäts-

kliniken

Rückwirkende Erstattungspflicht für vereinbarte

NUB ab Jahresbeginn 100 97 100 91 n.s.

Grundsätzliche Erstattungspflicht von einmal vereinbarten NUB

96 97 96 82 n.s.

Wegfall von Wiederholungsanträgen bei einmal

genehmigten NUB 100 97 93 91 n.s.

Wegfall der separaten Antragstellung durch jedes

interessierte Krankenhaus 86 81 96 44 p<0.05

Möglichkeit der Vereinbarung von genehmigten NUB ohne Antrag

91 88 86 55 p<0.05

Wegfall dezentraler Vergütungsvereinbarung für

NUB durch Krankenhaus und Kostenträger 83 85 72 40 p<0.05

Begründungspflicht des InEK bei NUB-Bescheiden 74 67 69 60 n.s.

Stärkere Unterstützungs-/Mitwirkungsmöglich-

keiten Dritter 45 46 29 20 n.s.

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87

Differenziert nach alten und neuen Bundesländern entsprachen die Zustimmungsquoten für

die Änderungsvorschläge weitgehend der Verteilung im Bundesgebiet insgesamt. Eine De-

taildarstellung erübrigt sich somit.

• Alles in allem bleibt festzuhalten, dass das NUB-Verfahren aus Krankenhaussicht einen

großen Änderungsbedarf aufweist. Dies betrifft faktisch fast alle maßgeblichen Aspekte

des Verfahrens, im Einzelnen die Antrags-, Vergütungs- und Vereinbarungsmodalitäten.

5.4 Alternativen zum NUB-Verfahren Von den konkreten Änderungsvorschlägen sind grundsätzliche Alternativen zum NUB-

Verfahren zu unterscheiden. Zu diesem Zweck wurde den Krankenhäusern eine Liste mögli-

cher Alternativen zum NUB-Verfahren mit der Bitte vorgelegt, diesbezüglich ihre Präferenzen

zu äußern (Abb. 38).

Einige Alternativvorschläge betreffen eine stärker zentrale Verteilung von Innovationsmitteln,

etwa über Innovationszuschläge pro Krankenhaus, einen zentralen Innovationsfonds oder

Innovationspauschalen im Rahmen der öffentlichen Krankenhausfinanzierung. Keiner dieser

Vorschläge ist unter den Krankenhäusern mehrheitsfähig. Relativ gesehen, treffen kranken-

hausindividuelle Zuschläge bzw. ein Innovationsfond je Krankenhaus noch auf die höchste

Zustimmung (44,4%).

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88

Abb. 38: Alternativen zum NUB-Verfahren

Eine Individualisierung der Innovationsfinanzierung auf einzelne Patienten oder Kostenträger

trifft dagegen auf deutliche Ablehnung unter den Krankenhäusern. Nur ein Viertel der Ein-

richtungen würde die Finanzierung innovativer Methoden als medizinische Wahlleistung be-

fürworten. Noch geringer ist die Akzeptanz für Selektivverträge für Innovationen mit einzel-

nen Kostenträgern, ggf. mit exklusiven Leistungsrechten für Mitglieder (13,9%), und die In-

novationsfinanzierung über private Zusatzversicherungen von Patienten (12,1%).

Aber auch eine gezielte Beschränkung auf ausgewählte Krankenhäuser findet nur partiell

Zustimmung. Das gilt gleichermaßen für die Einführung von innovativen Methoden bei-

spielsweise zunächst in Kompetenz- oder Exzellenzzentren (32,5%) oder in Modellvorhaben

zur Evaluation (42,6%).

Die einzige Option, die unter den Krankenhäuser mehrheitsfähig ist, ist die grundsätzliche

Erstattungsfähigkeit medizintechnischer Innovationen nach Marktzulassung (vorbehaltlich ei-

ner Vergütungsvereinbarung mit den Kostenträgern). Fast drei Viertel der Befragten (71,3%)

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89

befürworten eine solche Regelung, die zumindest im Kern dem Status quo des Erlaubnisvor-

behaltes entspricht. Die Krankenhäuser wollen mithin mehrheitlich und grundsätzlich an der

bestehenden Vorbehaltsregelung festhalten.

Tab. 21: Zufriedenheit mit den Alternativen zum NUB-Verfahren nach Krankenhausgröße

(Chi²-Test) Bettengrößenklassen (in Prozent)

p KH unter 300 Betten

KH mit 300-599 Betten

KH ab 600 Betten (ohne UK)

Universitäts-kliniken

Innovationsfonds/-zuschläge pro Krankenhaus

36 49 39 55 n.s.

Verteilung aus zentralem Innovationsfonds 41 31 25 36 n.s.

Innovationpauschalen im Rahmen der öffentlichen Krankenhaus-Investitionen

36 35 36 46 n.s.

Finanzierung innovativer Methoden als medizinische Wahlleistung

48 20 16 30 n.s.

Finanzierung innovativer Methoden über separate Verträge mit einzelnen Kostenträgern

9 14 15 20 n.s.

Finanzierung innovativer Methoden über private Zusatzversicherung von Patienten

18 11 8 18 n.s.

Einführung innovativer Methoden zunächst in ausgewählten Krankenhäusern

33 26 24 90 p<0.05

Einführung innovativer Methoden zunächst in Modellvorhaben

53 41 29 64 n.s.

Grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von medizintechnischen Innovationen

60 71 80 75 n.s.

Nach Krankenhausgröße resultierte nur ein statistisch signifikanter Unterschied (Tab. 22):

Demnach würden es die Universitätskliniken signifikant häufiger begrüßen, wenn Innovatio-

nen zunächst in ausgewählten Krankenhäusern, wie Kompetenz- oder Exzellenzzentren,

eingeführt würden. Auch bei anderen Optionen, die möglicherweise die Universitätskliniken

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90

begünstigen könnten, fällt deren Zustimmung höher aus (z.B. Innovationsfinanzierung über

Modellvorhaben, Innovationszuschläge oder -pauschalen).

In regionaler Perspektive gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen den alten und

neuen Bundesländern. Dies bedeutet insbesondere, dass die Krankenhäuser im Osten wie

im Westen gleichermaßen für eine grundsätzliche Erstattungsfähigkeit medizintechnischer

Innovationen plädieren, entsprechend dem Verbotsvorbehalt. Eine detaillierte Ergebniswie-

dergabe erübrigt sich.

• Insgesamt fordern die Krankenhäuser mehrheitlich also keine grundsätzliche Alternativen

zum jetzigen NUB-Verfahren. Im Kern sollten medizintechnische Innovationen entspre-

chend der vorherrschenden Regelung des Verbotsvorbehalts nach Marktzulassung prin-

zipiell erstattungsfähig sein.

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91

6 Zusatzentgelte und Ausgleiche

6.1 Wichtigkeit von Zusatzentgelten Zur Ergänzung des DRG-Fallpauschalenkataloges können gemäß § 17 b Abs. 1 KHG Zu-

satzentgelte für Leistungen, Leistungskomplexe oder Arzneimittel vereinbart werden. Bei den

Zusatzentgelten handelt es sich um eine zu den Fallpauschalen ergänzende Finanzierungs-

form. Sofern bestimmte Krankenhausleistungen mit den Fallpauschalen nicht leistungsorien-

tiert vergütet werden, können Zusatzentgelte von den Vertragsparteien auf Bundesebene

vereinbart werden. „Für eine Vergütung im Rahmen von Zusatzentgelten eignen sich …

grundsätzlich Leistungen oder Leistungskomplexe, die sporadisch über mehrere DRGs ver-

teilt auftreten und Kosten in für das G-DRG-System relevanter Höhe verursachen. Voraus-

setzung für die Bewertung ist die eindeutige Identifizierbarkeit der Leistung, z.B. in Form ubi-

quitärer ICD- oder OPS-Kodes.“1

Es stellt sich zunächst die Frage, welche Relevanz Zusatzentgelte für die Krankenhäuser

haben. Daher sollten alle Krankenhäuser der Stichprobe konkret angeben, welche Dringlich-

keit und Wichtigkeit die Vereinbarung von Zusatzentgelten für sie hat. Aus der nachfolgen-

den Abbildung gehen die Antworten hervor (Abb. 38).

Abb. 38: Wichtigkeit von Zusatzentgelten

1 Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus: Abschlussbericht – Weiterentwicklung des G-DRG-Systems für das Jahr 2004, Band I: Projektbericht, Siegburg 2003, S.50. Vgl. auch Kap. 2.6-2.7

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92

Vereinbarungen von Zusatzentgelten haben demnach für rd. 60% der Krankenhäuser eine

sehr hohe (29,5%) oder zumindest eine eher hohe (30,7%) Dringlichkeit und Wichtigkeit. Für

gut ein Fünftel der Häuser sind die Zusatzentgelte dagegen von eher geringer (11,1%) oder

sehr geringer Wichtigkeit (9,7%). Eine partielle Wichtigkeit wird den Zusatzentgelten eben-

falls von einem Fünftel der Häuser (19%) zugemessen.

Die Wichtigkeit und Dringlichkeit der Vereinbarung von Zusatzentgelten variiert in hohem

Maße in Abhängigkeit von der Krankenhausgröße (Tab. 19): In kleinen Krankenhäusern un-

ter 300 Betten attestierten weniger als die Hälfte der Häuser den Zusatzentgeltvereinbarun-

gen eine hohe oder sehr hohe Wichtigkeit. Umgekehrt verhält es sich bei den Großkranken-

häusern ab 600 Betten und, stärker noch, bei den Universitätsklinika. Hier geben fast alle

bzw. alle Einrichtungen der Vereinbarung von Zusatzentgelten eine hohe bis sehr hohe Re-

levanz. In eine vergleichbare Richtung zielt auch die Aussage der Häuser der mittleren Bet-

tengrößenklasse (300-599 Betten). Immerhin von mehr als drei Vierteln (78%) werden Ver-

einbarungen über Zusatzentgelte als wichtig eingeschätzt.

Tab. 19: Wichtigkeit von Zusatzentgelten nach Krankenhausgröße

Bettengrößenklasse

Dringlichkeit und

Wichtigkeit von Zusatzentgelten

KH unter 300 Betten

KH mit 300-599 Betten

KH ab 600 Betten

(ohne Universi-tätskliniken)

Universitäts-kliniken

Sehr gering 14,0% 1,5% 0% 0%

Eher gering 14,0% 7,4% 0% 0%

Teils, teils 23,3% 13,2% 3,6% 0%

Eher hoch 30,2% 30,9% 42,9% 9,1%

Sehr hoch 18,6% 47,1% 53,6% 90,9%

Gesamt 100,0% 100,0% 100,0% 100,0%

p (Chi²) < 0,05

Ein Vergleich der Relevanz der Zusatzentgelte nach Regionen zeigt im Ost-West-Vergleich

keine signifikanten Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern.

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93

Tab. 20: Wichtigkeit von Zusatzentgelten nach Region

Region

Dringlichkeit und

Wichtigkeit von Zusatzentgelten

KH in alten Bundesländern

KH in neuen Bundesländern

Sehr gering 4,3% 5,9%

Eher gering 8,6% 2,9%

Teils, teils 12,1% 17,6%

Eher hoch 31,0% 32,4%

Sehr hoch 44,0% 41,2%

Gesamt 100,0% 100,0%

p (Chi²) < 0,05

Insgesamt hat die Vereinbarung von Zusatzentgelten eine hohe Relevanz für die Kranken-

häuser. Je größer die Krankenhäuser, desto höher ist die Dringlichkeit und Wichtigkeit einer

solchen Vereinbarung für die Häuser.

6.2 Ablehnungsgründe für die Vereinbarung von Zusatzentgelten Alle Krankenhäuser der Stichprobe wurden danach befragt, mit welchen Gründen die Kos-

tenträger die Vereinbarung von Zusatzentgelten speziell bei stärker medizintechnischen Ent-

gelten ablehnen.

Zunächst wurde gefragt, ob die Kostenträger überhaupt Gründe für die Ablehnung von Ver-

einbarungen für Zusatzentgelte anführen oder nicht. Eine Ablehnung mit Angabe von Grün-

den kommt bei rund der Hälfte der Krankenhäuser (49,3%) selten oder nie vor. Die Kosten-

träger teilen in 38% der Häuser manchmal die Gründe mit, weshalb sie Vereinbarungen von

Zusatzentgelten verweigern. In lediglich 13% der Häuser begründen die Kostenträger ihre

Ablehnung häufig (Abb. 39).

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94

Abb. 39: Ablehnung der Vereinbarung von Zusatzentgelten mit Angabe von Gründen

Keine Unterschiede bei der Ablehnung mit Angabe von Gründen gab es hinsichtlich der Un-

terscheidung nach alten und neuen Bundesländern sowie nach Krankenhausgröße.

Darüber hinaus sollten die Befragungsteilnehmer konkret die Gründe für eine etwaige Ableh-

nung von Zusatzentgelten nennen. Der häufigste Ablehnungsgrund war demnach die fehlen-

de Entsprechung der Zusatzentgelte im Leistungsspektrum des Krankenhauses. Immerhin

30,5% der Krankenhäuser gaben an, dass das häufig ein Argument der Kostenträger gewe-

sen sei. Weiteren 30% wurde dies von den Krankenkassen manchmal vorgehalten, um eine

Vereinbarung von Zusatzentgelten abzulehnen.

In die gleiche Richtung zielt auch die Begründung der Kostenträger, dass für die Zusatzent-

gelte ein Versorgungsauftrag fehlen würde. Mehr als ein Fünftel der Krankenhäuser (22%)

hörte dies häufig in den Budget- und Entgeltverhandlungen. Mehr als ein Drittel (35,3%) der

Krankenhäuser wurde der fehlende Versorgungsvertrag manchmal als Ablehnungsgrund

mitgeteilt.

Dass fehlende Studien oder eine fehlende Evidenzbasierung häufig als Ablehnungsgrund

herangezogen wurden, gab ein Fünftel der betroffenen Häuser an. Bei fast 28% der Kran-

kenhäuser wurde diese Begründung manchmal von den Kostenträgern herangezogen.

Im Vergleich zu den drei genannten Argumentationsstrategien der Kostenträger spielt die

Höhe der Fallzahlen oder ein etwaiges Finanzierungsrisiko nur eine untergeordnete Rolle.

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95

Abb. 40: Gründe für die Ablehnung von Zusatzentgelten

Ein Vergleich der Ablehnungsgründe nach den Größenklassen zeigt insbesondere für die

kleinen Krankenhäuser unter 300 Betten sowie spiegelbildlich für die Universitätsklinika

stringente Argumentationen seitens der Kostenträger.

Überdurchschnittlich häufig werden Zusatzentgelte in den kleineren Krankenhäusern mit den

Begründungen

• fehlender Versorgungsauftrag,

• fehlende Entsprechung im Leistungsspektrum sowie

• zu kleine Fallzahlen

abgelehnt. Auf der anderen Seite spielen hier die zu hohen Fallzahlen sowie das mögliche

Finanzierungsrisiko keine Rolle in der Argumentation der Kostenträger.

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96

Geradewegs umgekehrt die Begründung bei den Universitätsklinika: Dass aufgrund des

Leistungsspektrums eine Ablehnung der Vereinbarung von Zusatzentgelten mit dem fehlen-

den Versorgungsauftrag oder der mangelnden Entsprechung des Leistungsspektrums keine

Rolle spielt, dürfte selbstevident sein. Aber auch zu hohe Fallzahlen spielen offensichtlich

eher eine untergeordnete Rolle. Stattdessen wird überdurchschnittlich häufig das Finanzie-

rungsrisiko von den Kostenträgern genannt.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Ablehnungsgründe nach Krankenhausgröße im Einzel-

nen.

Tab. 21: Ablehnungsgründe für die Vereinbarung von Zusatzentgelten nach Krankenhaus-

größe (Chi²-Test)

Bettengrößenklassen (in Prozent)

p

KH unter 300 Betten

KH mitb 300-599 Betten

KH ab 600 Betten (ohne UK)

Universitäts-kliniken

h m n h h m h m n h m n

Fehlende Studien/ fehlende Evidenzbasierung 30 10 60 10 25 50 16 44 38 25 50 25 n.s

Fehlender Versorgungsauftrag 25 31 43 21 0 12 15 35 50 0 12 87 n.s

Fehlende Entsprechung Leistungsspektrum 43 25 31 17 0 12 0 33 66 0 12 87 n.s

Zu hohe Fallzahlen 0 0 100 12 0 25 5 33 61 0 25 75 n.s

Zu kleine Fallzahlen 13 40 46 3 0 50 0 22 77 0 50 50 n.s

Finanzierungsrisiko 0 11 88 19 25 50 5 42 52 25 50 25 n.s

h = häufig, m = manchmal, n = nie/selten

Bei der Differenzierung nach alten und neuen Bundesländern gibt es lediglich bei einem Item

einen signifikanten Unterschied (p (Chi²) < 0,05), nämlich bei dem Ablehnungsgrund der zu

kleine Fallzahlen (Abb. 41).

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97

Abb. 41: Ablehnungsgrund „zu kleine Fallzahlen“ nach Region

In rund 64% der westdeutschen Krankenhäuser wurden die zu kleinen Fallzahlen selten oder

nie von den Kostenträgern als Begründung für die Ablehnung von Zusatzentgelten herange-

zogen. In den neuen Bundesländern lag der entsprechende Anteil der Krankenhäuser bei

rund 47%. In einem Fünftel der Häuser wurde diese Begründung aber häufig von den Kos-

tenträgern verwendet, um keine Vereinbarung abzuschließen. In keinem der westdeutschen

Stichprobenkrankenhäuser war dies der Fall.

• Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kostenträger in der Hälfte der Kranken-

häuser selten oder nie ihre Gründe für die Ablehnung von Vereinbarungen von Zusatz-

entgelten anführen. Nur in wenigen Fällen sehen sich die Kostenträger in der Lage, häu-

figer ihre Ablehnungsgründe den Krankenhäusern mitzuteilen. Sofern Gründe von den

Kostenträgern genannt werden, wird die Vereinbarung von Zusatzentgelten am häufigs-

ten mit der fehlenden Entsprechung der Zusatzentgelte im Leistungsspektrum bzw. mit

einem fehlenden Versorgungsauftrag abgelehnt.

6.3 Förderliche Bedingungen für die Vereinbarung von Zusatzentgelten Analog zu den Hinderungsgründen stellt sich die Frage, welche Gründe ggf. förderlich für die

erfolgreiche Vereinbarung von Zusatzentgelten speziell bei stärker medizintechnischen Ent-

gelten sind. Zu diesem Zweck wurde den Befragungsteilnehmern wieder eine entsprechende

Fragenliste möglicher Erfolgsfaktoren zur Beantwortung vorgelegt.

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98

Für eine erfolgreiche Vereinbarung von Zusatzentgelten zeichnen demnach genau wie schon

bei der Vereinbarung von NUB-Entgelten im Wesentlichen drei Gründe verantwortlich (Abb.

42):

Eine hohe Evidenzbasierung stellt einen wichtigen Einflussfaktor der Vereinbarung dar. Bei

mehr als einem Fünftel der Krankenhäuser ist dies häufig der Fall. In knapp einem Drittel der

Krankenhäuser kommt dies manchmal vor.

Eine strikte Erlösbegrenzung bei Zusatzentgelten wurde von einem Fünftel der Häuser als

einer Vereinbarung häufig förderlich qualifiziert. Etwas mehr als ein Viertel der Krankenhäu-

ser betonte, dass eine solche Begrenzung manchmal dem Abschluss einer Vereinbarung

dienlich sei.

Einer erfolgreichen Vereinbarung zweckmäßig sei auch eine strikte Fallzahlbegrenzung.

Dass dies häufig bzw. manchmal der Fall, wurde von 56% der Krankenhäuser berichtet.

Abb. 42: Hauptgründe für die Vereinbarung von Zusatzentgelten

Weitere erfolgskritische Faktoren lassen sich der nachstehenden Abbildung entnehmen. Da-

nach spielt die Schiedsstelle keine Rolle für den Abschluss einer Vereinbarung von Zusatz-

entgelten, sowohl was die Drohung mit der Einschaltung angeht als auch die tatsächliche

Einschaltung.

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99

Dagegen hat ein Wohlwollen der Kostenträger vor Ort durchaus eine gewisse Relevanz für

eine erfolgreiche Verhandlung. Bei knapp der Hälfte der Krankenhäuser hat ein diesbezügli-

ches Verhalten häufig oder manchmal Vereinbarungen begünstigt.

Im Sinne von Kompensationsgeschäften kommt es bei knapp der Hälfte der Befragten gele-

gentlich vor, dass Vereinbarungen mit den Kostenträgern abgeschlossen werden können,

sofern bei anderen Verhandlungsthemen ausdrücklich Zugeständnisse gemacht werden.

Abb. 43: Sonstige Gründe für die Vereinbarung von Zusatzentgelten

Tab. 22 zeigt für ausgewählte Fragestellungen die erfolgskritischen Faktoren nach Kranken-

hausgröße.

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100

Tab. 22: Erfolgskritische Faktoren für die Vereinbarung von Zusatzentgelten nach Kranken-

hausgröße (Chi²-Test)

Bettengrößenklassen (in Prozent)

p

KH unter 300 Betten

KH mit 300-599 Betten

KH ab 600 Betten

(ohne UK)

Universitäts-kliniken

h m n h h m h m n h m n

Hohe Evidenzbasierung 10 30 60 32 32 35 23 28 47 37 50 12 n.s

Strikte Fallzahlbegrenzung 14 38 47 25 36 38 18 45 36 0 50 50 n.s

Strikte Erlösbegrenzung 11 17 70 36 36 27 25 40 35 14 42 42 n.s

Besonderes Wohlwollen der Kostenträger 11 41 47 8 41 50 0 52 47 28 42 28 n.s

Zugeständnisse bei anderen Themen 4 42 52 8 52 39 10 57 31 25 62 12 n.s

Hohe Evidenzbasierung 10 30 60 32 32 35 23 28 47 37 50 12 n.s

h = häufig, m = manchmal, n = nie/selten

Die nicht signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Größenklassen zeigen insbe-

sondere für die Universitätsklinika auf der einen Seite ein besonderes Wohlwollen seitens

der regionalen Kostenträger, auf der anderen Seite überdurchschnittlich häufig eine Ver-

handlungsstrategie, die auf Zugeständnisse bei anderen Themen setzt.

Die strikte Begrenzung von Fallzahlen bzw. Erlösen zählt offensichtlich zu den besonders er-

folgskritischen Faktoren bei den Krankenhäusern ab 300 Betten (ohne Universitätsklinika).

Hier führt eine Begrenzung überdurchschnittlich häufig zu einer Vereinbarung von Zusatz-

entgelten.

Die Regionalanalyse zeigt keine Unterschiede zwischen den alten und den neuen Bundes-

ländern im Vorgehen der Kostenträger bei der Vereinbarung von Zusatzentgelten.

• Insgesamt lässt sich festhalten, dass eine hohe Evidenzbasierung der Zusatzentgelte, ei-

ne strikte Erlösbegrenzung sowie eine strikte Fallzahlbegrenzung wichtige Einflussfakto-

ren für die Vereinbarung von Zusatzentgelten darstellen.

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6.4 Vereinbarung und Abrechnung von Zusatzentgelten für das Jahr 2008 Für das Jahr 2008 haben rund 86% der befragten Krankenhäuser Zusatzentgelte entweder

vereinbart oder abgerechnet.

Die bettengrößenklassenspezifische Analyse belegt nachdrücklich, dass bei den Kranken-

häusern ab 600 Betten jedes und mit 300 bis 599 Betten nahezu jede Krankenhaus im Jahr

2008 über eine Vereinbarung verfügte oder zumindest aber Zusatzentgelte abgerechnet hat.

Vergleichbares gilt immerhin noch für rund vier Fünftel der Häuser mit weniger als 300 Bet-

ten.

Abb. 44: Vereinbarung und Abrechnung von Zusatzentgelten im Jahr 2008

Zusatzentgelte zählen damit neben den Fallpauschalen zur standardmäßigen Finanzierungs-

form von stationären Leistungen in Deutschland. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Kran-

kenhäuser im Westen oder im Osten der Republik liegen.

Die meisten Krankenhäuser haben für 2008 eine Vereinbarung zur Abrechnung von Zusatz-

entgelten bzw. haben Zusatzentgelte abgerechnet. Von den Krankenhäusern wurde erfragt,

wie viele Zusatzentgelte vereinbart oder abgerechnet worden sind. Aufgrund der unter-

schiedlichen Größe der Krankenhäuser würde der arithmetische Mittelwert durch Ausreißer-

werte die Anzahl der Zusatzentgelte extrem verzerrt darstellen. Aus diesem Grunde wird im

Folgenden der Median verwendet.

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Im Mittel haben die Krankenhäuser die Abrechnung von 206 Zusatzentgelten nach § 5 Abs.

1 FPV vereinbart, abgerechnet wurden dann im Jahr 2008 im Mittel 218.

Vergleicht man die Vereinbarung mit der Abrechnung, dann war

• in 52% der Krankenhäuser die Anzahl der abgerechneten höher als die Zahl der vereinbar-

ten Zusatzentgelte,

• in 43% der Häuser wurde die vereinbarte Anzahl der Zusatzentgelte nicht erreicht und

• in 5% der Einrichtungen wurde eine Punktlandung geschafft.

Abb. 45: Durchschnittliche Anzahl (Median) der vereinbarten und abgerechneten Zusatzent-

gelte

Deutlich niedriger lag die durchschnittliche Anzahl der Vereinbarungen von Zusatzentgelten

nach § 5 Abs. 2 FPV. Lediglich 85 Zusatzentgelte aus diesem Katalog nach Anlage 4 FPV

wurden im Mittel vereinbart. Im Unterschied zu den Zusatzentgelten gemäß § 5 Abs. 1 FPV

wurden hier aber weniger Zusatzentgelte abgerechnet als vereinbart wurden. Insgesamt ha-

ben in etwa gleich viele Krankenhäuser, nämlich jeweils rd. 45%, die vereinbarte Anzahl

nicht erreicht bzw. überschritten.

Der überwiegende Anteil sowohl der vereinbarten als auch der abgerechneten Zusatzentgel-

te nach § 5 Abs. 2 FPV betraf Zusatzentgelte mit einem medizintechnischen Anteil.

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Es besteht ein starker Zusammenhang zwischen der Zahl der Zusatzentgelte und der Größe

des Krankenhauses. In Tab. 23 sind die vereinbarten und die abgerechneten Zusatzentgelte

nach Größenklassen differenziert dargestellt. Es handelt sich jeweils um den Median der

Entgelte.

Tab. 23: Vereinbarte (v) und abgerechnete (a) Zusatzentgelte nach Krankenhausgröße

KH unter 300 Betten

KH mit 300-599 Betten

KH ab 600 Betten (ohne UK)

Universitäts-kliniken

v a v a v a v a

Zusatzentgelte § 5 Abs. 1 FPV 124 132 282 304 1.308 1.491 5.546 6.652

davon: Zusatzentgelte mit Medizintechnik 39 36 143 144 856 837 2.410 2.374

Zusatzentgelte § 5 Abs. 2 FPV 37 23 102 122 328 295 2.085 2.532

davon: Zusatzentgelte mit Medizintechnik 42 9 100 100 141 130 986 1.222

Erwartungsgemäß wächst die Zahl der vereinbarten und der abgerechneten Zusatzentgelte

mit der Größe des Krankenhauses.

Die regionalen Unterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern sind nicht

signifikant. Sie lassen sich i.d.R. mit der unterschiedlichen Struktur der Krankenhäuser in

West- und Ostdeutschland erklären.

• Es wird in der Zusammenschau deutlich, dass Zusatzentgelte zur standardmäßigen Fi-

nanzierungsform von stationären Leistungen in Deutschland zählen. Im Mittel wurden

aber – im Vergleich zu den DRG-Fallzahlen – nur wenige Zusatzentgelte abgerechnet.

Die Varianz zwischen den differenzierten Größenklassen der Krankenhäuser ist aller-

dings sehr hoch.

6.5 Vereinbarte Erlössumme Die Vereinbarung zur Abrechnung von Zusatzentgelten enthält nicht nur die Art und die An-

zahl der abzurechnenden Leistungen, sondern auch die daraus zu erwartenden Erlöse. Für

die Zusatzentgelte gemäß § 5 Abs. 1 FPV ergibt sich die Erlössumme zwangsläufig aus der

Multiplikation der vereinbarten Menge mit den in Anlage 2 FPV aufgeführten Euro-Beträgen.

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104

Bei den Zusatzentgelten gemäß § 5 Abs. 2 FPV muss zusätzlich eine Vereinbarung über die

Entgelthöhe getroffen werden.

Liegt keine Vereinbarung nach § 5 Abs. 2 FPV vor, so können die Krankenhäuser in Anwen-

dung für jedes Zusatzentgelt 600 Euro in Rechnung stellen. Dieser Fall kam allerdings nur

selten zum Tragen. Der überwiegende Teil der Krankenhäuser in der Stichprobe, die ent-

sprechende Entgelte abgerechnet haben, verfügten über eine Vereinbarung.

Die durchschnittlich vereinbarte Erlössumme für Zusatzentgelte gemäß § 5 Abs. 1 FPV lag

demnach im Jahr 2008 bei 186.307 Euro. Aufgrund der schon oben geschilderten Abhängig-

keit der Anzahl der vereinbarten Zusatzentgelte von der Krankenhausgröße streut dieser

Median stark.

Abb. 46: Durchschnittlich vereinbarte Erlössumme (Median) der vereinbarten Zusatzentgelte

Den Großteil der Erlössumme ergibt sich hierbei aus Zusatzentgelten mit einem medizin-

technischen Hintergrund.

Deutlich niedriger sind die vereinbarten Erlöse für die Zusatzentgelte nach § 5 Abs. 2 FPV

und hier insbesondere für die medizintechnischen Entgelte. Inwieweit diese geringe Erlös-

summe auf die geringe Zahl von Vereinbarungen oder aufgrund von fehlenden Angaben zu-

grunde kommt, muss offen bleiben.

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Die Varianz der vereinbarten Erlössummen in Abhängigkeit von der Größenklasse geht aus

der nachfolgenden Abbildung hervor. Zur Erklärung sei noch angeführt, dass nicht alle Kran-

kenhäuser Vereinbarungen für alle Items aufweisen. Die Anzahl der berücksichtigten Kran-

kenhäuser variiert daher.

Tab. 24: Vereinbarte Erlössumme nach Größenklassen

Bettengrößenklasse

Dringlichkeit und

Wichtigkeit von NUB

KH unter 300 Betten

KH mit 300-599 Betten

KH ab 600 Betten

(ohne Universitäts-kliniken)

Universitäts-kliniken

Zusatzentgelte § 5 Abs. 1 FPV 129.389 286.665 1.185.989 6.406.552

davon: Zusatzentgelte mit Medizintechnik 77.186 214.583 332.005 1.406783

Zusatzentgelte § 5 Abs. 2 FPV 58.697 150.176 389.799 3.805.392

davon: Zusatzentgelte mit Medizintechnik 80.350* 114.457 120.000 2.992158

* Diese durchschnittliche Teil-Erlössumme ist höher als die durchschnittliche Gesamt-Erlössumme, da nicht alle

Krankenhäuser medizintechnische Zusatzentgelte abgerechnet haben, insbesondere die Häuser nicht, die schon

wenige Zusatzentgelte gemäß § 5 Abs. 5 FPV vereinbart haben.

Wie schon bei der Anzahl der vereinbarten Zusatzentgelte zeigt sich auch hier eine deutliche

Steigerung der Erlössumme in Abhängigkeit von der Größe des Krankenhauses. Sowohl der

Sprung von den Krankenhäusern mit 300 bis 599 Betten zu den Häuser ab 600 als auch der

von diesen Häusern zu den Universitätskliniken ist sehr groß (Tab. 24).

Relativiert werden die Ergebnisse, wenn man die vereinbarte Erlössumme in Relation zur

vereinbarten Anzahl der Zusatzentgelte stellt.

Im Folgenden wurden nur Krankenhäuser berücksichtigt, die in den jeweiligen Bereichen

sowohl Fallzahlen als auch Erlössummen angegeben haben. Im Unterschied zu den bisheri-

gen Auswertungen wird nun das arithmetische Mittel ausgewiesen.

Bei den Zusatzentgelten gemäß § 5 Abs. 1 FPV liegt der durchschnittliche vereinbarte Erlös

je Zusatzentgelt bei 768 Euro. Allerdings variiert dieser Durchschnittserlös in Abhängigkeit

von der Größenklasse (vgl. Tab. 25). Demzufolge liegen die vereinbarten Erlöse für die ge-

nannten Zusatzentgelte in den Krankenhäusern mit weniger als 600 Betten unterhalb des

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ermittelten Durchschnittswertes. Die mittleren vereinbarten Erlöse in den Universitätskliniken

sind mit rd. 1.100 Euro fast doppelt so hoch wie die in den Häusern unter 300 Betten.

Die Zusatzentgelte nach § 5 Abs. 1 FPV zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Erlöse in An-

lage 2 bzw. Anlage 5 FPV hinterlegt sind. Damit liegen bundeseinheitliche Vergütungen vor,

von denen in den krankenhausindividuellen Budget- und Entgeltverhandlungen nicht abge-

wichen werden kann. Daraus kann geschlossen werden, dass in den größeren Krankenhäu-

sern höherpreisliche Zusatzentgelte vereinbart und auch erbracht werden.

Abb. 47: Durchschnittliche Erlössumme je Zusatzentgelt (arithmetisches Mittel)

In die gleiche Richtung geht auch die Argumentation hinsichtlich der Zusatzentgelte mit ei-

nem medizintechnischen Hintergrund. Auch hier liegen die durchschnittlichen Erlöse der

größeren Häuser deutlich über den der Krankenhäuser mit weniger als 600 Betten.

Die Durchschnittserlöse für die Zusatzentgelte gemäß § 5 Abs. 2 FPV sind mit 1.428 Euro

fast doppelt so hoch wie die der Zusatzentgelte nach § 5 Abs. 1 FPV.

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Tab. 25: Durchschnittliche Erlössumme je Zusatzentgelt nach Größenklassen (arithmeti-

sches Mittel)

Bettengrößenklasse

Dringlichkeit und

Wichtigkeit von NUB

KH unter 300 Betten

KH mit 300-599 Betten

KH ab 600 Betten (ohne Universitätskliniken)

Universitäts-kliniken

Zusatzentgelte § 5 Abs. 1 FPV 597 731 848 1.101

davon: Zusatzentgelte mit Medizintechnik 254 315 438 556

Zusatzentgelte § 5 Abs. 2 FPV 1.635 1.101 720 2.305

davon: Zusatzentgelte mit Medizintechnik 2.268 1.755 989 2.720

Wiederum streuen die mittleren Erlöse stark zwischen den vier differenzierten Größenklas-

sen. Diesmal allerdings liegen die Durchschnittserlöse der kleinen Krankenhäuser und der

Universitätskliniken deutlich über dem größenklassenübergreifenden arithmetischen Mittel.

Unter den Krankenhäusern mit weniger als 300 Betten sind Häuser, die sich auf die Erbrin-

gung hochpreislicher und medizinisch komplexer Zusatzentgelte spezialisiert haben. Bei den

Universitätskliniken war aufgrund ihrer Forschungsaktivitäten und ihres hochspezialisierten

Leistungsangebotes zu erwarten, dass hier entsprechend hohe Erlöse für Zusatzentgelte zu-

stande kommen.

Die geringsten vereinbarten Erlöse je Zusatzentgelt verzeichnen die Krankenhäuser ab 600

Betten. Allerdings ergeben sich hier Verzerrungen durch einige Ausreißer nach unten. Würde

man nicht das arithmetische Mittel, sondern den Median für die Durchschnittserlöse verwen-

den, so läge dieser Mittelwert bei 1.154 Euro je Zusatzentgelt.

Für die Zusatzentgelte nach § 5 Abs. 2 FPV mit einem medizintechnischen Hintergrund lie-

gen die höchsten vereinbarten Durchschnittserlöse je Zusatzentgelt vor. Das arithmetische

Mittel liegt bei 1.895 Euro. Dies spricht dafür, dass hier – aufgrund der Notwendigkeit der

Vereinbarung mit den Kostenträgern vor Ort – entsprechend teure medizintechnische Geräte

in die Zusatzentgelte einkalkuliert worden sind. Nur in einem Falle wurde offensichtlich der in

§ 5 Abs. 2 FPV vorgegebene Erlös in Höhe von 600 Euro je Zusatzentgelt in Anspruch ge-

nommen.

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In allen vier Größenklassen liegen die mittleren Erlöse für medizintechnische Zusatzerlöse

über den Durchschnittserlösen für alle vereinbarten Zusatzentgelte gemäß § 5 Abs. 2 FPV.

Zwischen den Größenklassen, aber auch innerhalb der Größenklassen variieren die mittle-

ren Erlöse sehr stark. Das könnte dafür sprechen, dass die krankenhausindividuellen Ver-

einbarungen zu den Erlösen selbst bei gleichem Leistungsspektrum sehr unterschiedlich

ausfallen.

Wiederum fällt das arithmetische Mittel für die Erlöse in den Krankenhäusern ab 600 etwas

aus dem Rahmen. Wie auch in den drei anderen Klassen sind die krankenhausindividuellen

Erlöse sehr unterschiedlich, aber in dieser Größenklasse ist die Spannweite zwischen dem

niedrigsten und dem höchsten Durchschnittserlöse je Zusatzentgelt besonders groß.

• Es konnte insgesamt festgestellt werden, dass die vereinbarte Erlössumme für die Zu-

satzentgelte im Vergleich zu den vereinbarten Erlösbudgets für die DRGs eher niedrig

ausfällt. Wiederum zeigen sich erhebliche Differenzen zwischen den Krankenhäusern der

unterschiedlichen Größenklassen. Die durchschnittlichen Erlöse je Zusatzentgelt liegen

bei den Zusatzentgelten nach § 5 Abs. 1 FPV bei 768 Euro und bei den Zusatzentgelten

nach § 5 Abs. 2 FPV bei 1.428 Euro.

6.6 Vereinbarte Ausgleiche bei Fallpauschalen mit hohem Sachkostenan-teil

Das Krankenhausentgeltgesetz sieht in § 4 Abs. 9 vor, dass für Fallpauschalen mit hohem

Sachkostenanteil individuelle Ausgleichssätze für Minder- bzw. Mehrerlöse mit den Kosten-

trägern vereinbart werden können. Da es sich um eine Kann-Regelung handelt, ist eine Ver-

einbarung nicht verpflichtend umzusetzen.

Individuelle Ausgleichssätze werden nicht häufig vereinbart. Insbesondere Ausgleichssätze

für Mindererlöse liegen nur in einem Bruchteil der Krankenhäuser vor. Nur in knapp 4% der

deutschen Krankenhäuser liegt eine individuelle Vereinbarung für Ausgleichssätze für Min-

dererlöse vor. Sofern eine solche Vereinbarung vorliegt, konzentriert sie sich auf die Univer-

sitätskliniken. Hier hat mehr als ein Drittel der Einrichtungen eine Vereinbarung mit den Kos-

tenträgern abschließen können.

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109

Abb. 48: Vereinbarung von individuellen Ausgleichssätzen für Minder- und Mehrerlösen bei

Fallpauschalen mit hohem Sachkostenanteil

Häufiger finden sich abweichende Vereinbarungen zu den Ausgleichssätzen für Mehrerlöse.

In rd. 12% der deutschen Krankenhäuser liegen entsprechende Vereinbarungen mit den

Kostenträgern vor. Wiederum sind die Universitätskliniken hier führend beteiligt: Fast zwei

Drittel dieser Einrichtungen konnten individuelle Ausgleichssätze abschließen. Aber auch

17% der Häuser ab 600 Betten verfügten über einen abweichenden Ausgleichssatz für

Mehrerlöse.

Eine regionale Analyse belegt, dass die Verteilung der Vereinbarungen für Ausgleichssätze

für Minder- und Mehrerlöse in den alten und den neuen Bundesländern nahezu identisch ist.

Regionale Besonderheiten liegen damit nicht vor.

Nur für wenige Krankenhäuser liegen damit individuell vereinbarte Ausgleichssätze vor. Vor-

behaltlich der kleinen Fallzahlen ergibt sich in allen Stichprobenkrankenhäusern, die eine

Vereinbarung für Mindererlöse abgeschlossen haben, ein Ausgleichssatz von 0. Mit anderen

Worten: Die Krankenhäuser erhalten von den Kostenträgern keine Kompensation dafür,

wenn die vereinbarten Erlöse für Fallpauschalen mit einem hohen Sachkostenanteil nicht er-

reicht werden.

Bei den Vereinbarungen für Mehrerlöse liegt der Ausgleichsatz – wiederum vorbehaltlich der

kleinen Fallzahl – im Mittel bei 56%.

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• Deutlich wird, dass Vereinbarungen über Ausgleiche bei Fallpauschalen mit hohem

Sachkostenanteil eher selten abgeschlossen werden. Wenn sie abgeschlossen werden,

dann häufiger als Ausgleichsätze für Mehrerlöse und seltener als Ausgleichssätze für

Mindererlöse.

6.7 Vereinbarte Ausgleiche bei krankenhausindividuellen Entgelten Für krankenhausindividuelle Entgelte können gemäß § 6 Abs. 3 KHEntgG in Verbindung mit

§ 11 Abs. 8 BPflV in der Fassung von 2003 abweichende Ausgleichssätze für Minder- bzw.

Mehrerlöse mit den Kostenträgern vereinbart werden. Bei diesen Entgelten kann es sich um

tages-, fallbezogene oder Zusatzentgelte handeln.

Wiederum wurden kaum abweichende Ausgleichssätze für krankenhausindividuelle Entgelte

vereinbart.

Abb. 49: Vereinbarung von individuellen Ausgleichssätzen für Minder- und Mehrerlösen bei

krankenhausindividuellen Entgelten

Sofern es zu einer Vereinbarung kam, waren vorwiegend die Universitätskliniken betroffen.

Hier hatte in der Tat jede vierte Einrichtung abweichende Ausgleichssätze sowohl für Minder-

als auch für Mehrerlöse abgeschlossen.

In den anderen Krankenhäusern spielten die individuellen Ausgleichssätze für krankenhaus-

individuelle Entgelte so gut wie keine Rolle.

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Aufgrund der geringen Fallzahlen werden die nachfolgenden Angaben zur Höhe der Aus-

gleichssätze vorbehaltlich angegeben. Demnach hat die überwiegende Anzahl der Kranken-

häuser einen Ausgleichssatz für Mindererlöse für krankenhausindividuelle Entgelte in Höhe

von 0% abgeschlossen. Lediglich einem Haus gelang es, einen höheren Ausgleichssatz zu

vereinbaren.

Mehrheitlich lag der Ausgleichssatz für Mehrerlöse bei krankenhausindividuellen Entgelten

ebenfalls bei 0%. Allerdings konnten hier mehrere Krankenhäuser Ausgleichssätze zwischen

50 und 100% mit den Krankenkassen vereinbaren.

• Auch vereinbarte Ausgleiche bei krankenhausindividuellen Entgelten sind die Ausnahme.

Die Wahrscheinlichkeit für eine Vereinbarung liegt bei einer Universitätsklinik noch am

höchsten.

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7 Handlungsoptionen

7.1 Stärkung des Verbotsvorbehaltes Der rechtliche Rahmen für die Einführung bzw. Erstattungsfähigkeit von NUB ist eindeutig im

Rahmen des KHEntG und des SGB V geregelt. Demnach können nur das InEK und der GBA

die Anerkennung von NUB verhindern bzw., darauf basierend, die Erstattungsfähigkeit von

NUB zu Lasten der GKV untersagen. Das InEK prüft dabei lediglich, ob eine NUB im DRG-

System in dem Sinne abgebildet werden kann, dass sie keine relevanten Mehrkosten im

Vergleich zu Standardverfahren verursacht. Es nimmt aber ausdrücklich keine Bewertung

des Innovationspotenzials der NUB vor, weder im Sinne einer Evidenzbasierung noch in

Form eines qualitativen Vergleichs mit Standardverfahren.

Eine solche Bewertung ist ausschließlich dem GBA nach § 137c Absatz 1 SGB V vorbehal-

ten. Gemäß dieser Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt sind Untersuchungs- und Behandlungs-

methoden in der Krankenhausbehandlung so lange zu Lasten der GKV erstattungsfähig, wie

ihre Erbringung nicht ausdrücklich vom GBA untersagt wird. Das Verbotsverfahren ist dabei

an zwei Voraussetzungen geknüpft: zum einen an einen diesbezüglichen Antrag des Spit-

zenverbandes Bund, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes

der Krankenhausträger, zum anderen an die Feststellung des GBA, dass die fragliche Me-

thode für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung unter Berücksich-

tigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse nicht erforderlich

ist.

Angesichts der beschriebenen Gesetzeslage ist eine Bewertung von Untersuchungs- und

Behandlungsmethoden durch die Kostenträger vor Ort eindeutig nicht vorgesehen. Für die in

dieser Studie nachgewiesene Praxis der Kostenträger, NUB-Entgelte unter Verweis auf

MDK-/MDS Gutachten bzw. eine vermeintlich fehlende Evidenzbasierung zu verweigern, gibt

es daher keine rechtliche Grundlage. Eine entsprechende Legitimation ist im Sozial- und

Krankenhausrecht weder aufgeführt, noch lässt sie sich daraus ableiten. Stellen die Kosten-

träger vor Ort die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit einer NUB in Frage, sind entspre-

chende Bedenken an den Spitzenverband Bund zu kommunizieren, der im beschriebenen

Sinne aktiv werden müsste. Eine qualitative Bewertung von NUB durch die Kostenträger vor

Ort widerspricht sowohl dem Inhalt als auch der Zielbestimmung des § 137c SGB V bzw. der

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Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt, die Einführung von NUB in die stationäre Versorgung zu er-

leichtern und zu fördern.

Vor diesem Hintergrund ist auch die gängige Praxis der Kostenträger, den MDK/MDS mit

Gutachten zur Evidenzbewertung von NUB zu beauftragen, äußerst kritisch zu sehen. Denn

zum einen obliegt eine entsprechende Bewertung rechtlich nicht dem MDK/MDS, sondern

eindeutig dem GBA. Deswegen dürfen die Gutachten zum anderen, zumindest mit Blick auf

eine Evidenzbewertung, im Rahmen der Entgeltverhandlungen überhaupt nicht herangezo-

gen werden. Die Notwendigkeit bzw. Sinnhaftigkeit und damit auch die Wirtschaftlichkeit der

Beauftragung des MDK/MDS zur Gutachtenerstellung für NUB durch die Kostenträger sind

deswegen zu hinterfragen.

Legitimiert wären sie ggf. dann, wenn sie der Vorbereitung eines Verbotsverfahrens nach

§ 137c SGB V dienten. Dies ist offensichtlich nicht der Fall, da entsprechende Gutachten

standardmäßig und unabhängig von möglichen oder tatsächlichen Verbotsverfahren erstellt

werden. Unter Umständen könnten sie zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit von NUB im

Vergleich zu Standardverfahren herangezogen werden. Denn selbst wenn NUB mit Status 1

im Grundsatz erstattungsfähig sind, müssen sich die Verhandlungspartner vor Ort gleichwohl

über die Entgelthöhe verständigen. Allerdings spielen Kostenargumente bei der Ablehnung

von NUB, wie die Ergebnisse dieser Studie nachdrücklich belegen, bislang eine eher unter-

geordnete Rolle in den NUB-Verhandlungen vor Ort. Deswegen können sie bis auf weiteres

auch nicht zur Legitimation von MDK-/MDS-Gutachten zur Bewertung von NUB bzw. ihrer

Beauftragung durch die Kostenträger dienen.

Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass NUB mit einem positiven Bescheid durch das InEK

(Status 1) und ohne Verbot durch den GBA im Rahmen seines Verbotsvorbehaltes im

Grundsatz zu Lasten der GKV erstattungsfähig sind. Der Verbotsvorbehalt erstreckt sich ein-

deutig weder auf die Kostenträger vor Ort noch auf den MDK/MDS. Eine Prüfung der Evi-

denz oder des Innovationspotenzials von NUB durch die Kostenträger oder in ihrem Auftrag

durch den MDK/MDS ist deswegen ebenso wenig zulässig, wie die Ablehnung eines NUB-

Entgeltes seitens der Kostenträger wegen vermeintlich mangelnder Evidenzbasierung.

Die Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt hat das Ziel, die Einführung von Innovationen in die sta-

tionäre Versorgung zu erleichtern und zu fördern. Dies hat der Gesetzgeber ausdrücklich so

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gewollt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere in Rechnung zu stellen, dass Innovati-

onseinführung und Evidenzbasierung zwangsläufig in einem Spannungsverhältnis stehen

und eine hinreichende Evidenz teilweise erst unter den Bedingungen der Versorgungsrealität

mit einem breiten Praxis-Roll-Out entstehen kann. Überdies sei daran erinnert, dass phar-

mazeutische wie medizintechnische Innovationen vor Marktzulassung eine Wirksamkeits-

bzw. Risikobewertung durchlaufen haben, sei es in Form einer klinischen Prüfung bei Arz-

neimitteln gemäß Arzneimittelgesetz, sei es in Form einer Konformitätsbewertung mit CE-

Kennzeichnung bei Medizinprodukten gemäß Medizinproduktegesetz. Eine weitere Innovati-

onshürde für NUB, über den Verbotsvorbehalt des GBA hinaus, ist vor diesem Hintergrund

abzulehnen. Im Sinne der Sicherung des medizinischen und medizintechnischen Fortschritts

ist daher unbedingt an der Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt festzuhalten. Die Praxis der Kos-

tenträger, ohne gesetzliche Grundlage in den Entgeltverhandlungen eine zusätzliche Innova-

tionshürde zu errichten, ist in jedem Fall zu beenden.

7.2 Neuausrichtung der Entgeltvereinbarungen Selbst bei einer Beibehaltung bzw. Stärkung des Verbotsvorbehalts sind NUB nur im Grund-

satz erstattungsfähig. Nach der geltenden Gesetzeslage müssen sich Krankenhäuser und

Kostenträger vor Ort über die Höhe der NUB-Entgelte verständigen. Zumindest aus wirt-

schaftlichen Gründen können die Kostenträger die Vereinbarung von NUB-Entgelten somit

weiterhin verhindern, wenn sie die NUB im Vergleich zu Standardverfahren als zu kostenin-

tensiv taxieren (ggf. in Relation zum erwarteten Nutzen). Infolgedessen ist den Krankenhäu-

sern mit dem Verweis auf die eindeutige und innovationsfreundliche Rechtslage nur bedingt

geholfen. Denn die Kostenträger können unter Hinweis auf eine tatsächliche oder vermeintli-

che Unwirtschaftlichkeit die Einführung von NUB blockieren oder gezielt auf ausgewählte

Krankenhäuser beschränken. Letztlich können die Kostenträger somit unabhängig von einer

vermeintlich mangelnden Evidenz die Einführung von NUB be- oder verhindern, eben weil

sie einer Entgeltvereinbarung zustimmen müssen.

Angesichts dieser Konstellation hat sich, von den Universitätsklinika abgesehen, die große

Mehrheit der befragten Krankenhäuser für einen Wegfall der dezentralen Entgeltvereinba-

rungen bei NUB und für eine zentrale Entgeltfestsetzung für NUB auf Landes- oder Bundes-

ebene ausgesprochen.

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Vorteile einer stärker zentralisierten Preisfestsetzung für NUB wären insbesondere eine Re-

duktion des Verhandlungsaufwandes durch Wegfall von parallelen Verhandlungen in zahlrei-

chen Krankenhäusern sowie ein einheitliches und vergleichbares Preisniveau bei identischen

NUB. Die Vorgabe, wonach NUB-Entgelte nur vereinbart werden dürfen, wenn eine NUB

über das DRG-System nicht angemessen vergütet werden kann, engt den Preisspielraum

nach unten ein, das Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V den Preisspielraum nach oben.

Deswegen könnten auch bei einer stärker zentralisierten Vereinbarung von NUB-Entgelten

unterschiedliche und ggf. divergierende Interessen von Krankenhäusern, Kostenträgern und

Medizinprodukteherstellern im Grundsatz angemessen Berücksichtigung finden.

Bei einer stärker zentralisierten Preisfestsetzung sollten NUB – im Rahmen des Versor-

gungsauftrages der Krankenhäuser – dann grundsätzlich erstattungsfähig sein. Vor Ort in

den Entgeltverhandlungen zwischen Krankenhäusern und Kostenträgern würde nur noch

über die jeweilige Menge, aber nicht mehr über den Preis verhandelt. Damit würde die bis-

lang schwache Position der Krankenhäuser bei der Vereinbarung von NUB-Entgelten nach-

drücklich gestärkt, einer fortgesetzten Aushöhlung des Verbotsvorbehalts durch die Kosten-

träger – in diesem Fall unter Vorgabe von Wirtschaftlichkeitsaspekten – gezielt vorgebeugt

und eine rasche wie breite Einführung von Innovationen wirksam unterstützt.

Einschränkend sei allerdings erwähnt, dass eine relevante Minderheit von Krankenhäusern

eine zentrale Entgeltfestsetzung auf Landes- oder Bundesebene ablehnt, darunter auch die

Mehrheit der Universitätskliniken mit besonders hohem Antragsvolumen. Die Unterschiede

sind insofern nachvollziehbar, als die Universitätskliniken schon heute für fast alle ihrer Ant-

räge mit Status 1 ein Entgelt vereinbaren können. Demgegenüber fallen bei den übrigen

Krankenhäusern die Erfolgsquoten in den Entgeltverhandlungen für NUB deutlich niedriger

aus. Von stärker zentralisierten Entgeltverhandlungen auf Landes- oder Bundesebene erwar-

ten diese Häuser insofern eine weitergehende Anwendung von NUB, während entsprechen-

de Vorteile für die Universitätskliniken weniger offensichtlich sind.

Die Modalitäten einer zentralisierten Entgeltvereinbarung wären noch konkret festzulegen.

Dies betrifft insbesondere Fragen der Zuständigkeiten und Kompetenzen für die Entgeltfest-

setzung, die Berechnungsgrundlagen für die Entgeltbemessung, die Angemessenheit der

Entgelthöhe sowie den Geltungsbereich der Entgelte (Landes- oder Bundesebene). Ange-

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sichts diesbezüglicher Probleme und Unklarheiten wäre auch eine stärker zentralisierte

Festsetzung der NUB-Entgelte fraglos nicht frei von Nachteilen und Schwierigkeiten.

Zumindest mit Blick auf eine Stärkung der Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt und damit einer

schnellen Verbreitung des medizinischen wie medizintechnischen Fortschritts erscheint ein

Wegfall der dezentralen Entgeltvereinbarung bei NUB jedoch als eine sinnvolle Alternative,

weil eine Blockadehaltung der Kostenträger vor Ort bzw. eine mehr oder weniger willkürliche

Vereinbarungspraxis verhindert oder zumindest erheblich erschwert würde. Eine Neuausrich-

tung der Entgeltvereinbarungen bei NUB sollte deswegen ernsthaft erwogen werden.

7.3 Entbürokratisierung des NUB-Verfahrens Die Ergebnisse dieser Studie zeigen eindeutig, dass die Krankenhäuser viele Detailregelun-

gen des NUB-Verfahrens ablehnen bzw. für eine grundlegende Überarbeitung des Verfah-

rens plädieren. Insgesamt ist das Verfahren zu bürokratisch, zu aufwendig sowie in Teilen

intransparent und selbst ein Innovationshemmnis. Eine Vereinfachung und Entbürokratisie-

rung des NUB-Verfahrens ist deswegen dringend angezeigt:

So sehen die Verfahrensregeln bislang vor, dass jedes Krankenhaus, das eine fragliche NUB

anwenden will, einen separaten Antrag stellen muss. Dies führt in der Konsequenz dazu,

dass in der Regel mehrere, vielfach sogar zahlreiche Krankenhäuser identische NUB-

Anträge stellen. Dadurch entstehen erhebliche Redundanzen bzw. Mehraufwand in den ant-

ragstellenden Krankenhäusern und mittelbar auch für das InEK, das zahlreiche inhaltsglei-

che Anträge bearbeiten muss. Die entsprechende Verfahrensregel ist insgesamt zu bürokra-

tisch und sollte deswegen abgeschafft werden. Eine mögliche Alternative besteht beispiels-

weise darin, dass das InEK den Erstantrag für eine fragliche NUB zeitnah auf seiner Home-

page anzeigt. Damit würde anderen interessierten Krankenhäusern signalisiert, dass sich die

entsprechende NUB in der Prüfung befindet und ein weiterer bzw. gesonderter Antrag nicht

mehr erforderlich ist.

In der Konsequenz eines Wegfalls separater oder paralleler Anträge ist auch die Regelung

zu streichen, wonach bei Anerkennung eines NUB durch das InEK nur antragstellende Kran-

kenhäuser ein Entgelt vereinbaren können. Die Sinnhaftigkeit dieser Regelung ist ohnehin

nicht ohne weiteres erkennbar. Wenn ein NUB über das DRG-System nicht abgebildet wer-

den kann, dann gilt das unabhängig von einem NUB-Antrag eines Krankenhauses. Ein ent-

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sprechendes Interesse vorausgesetzt, sollte daher jedes Krankenhaus mit einem entspre-

chenden Leistungsspektrum oder Versorgungsauftrag diese Innovation im Prinzip einführen

können, also ausdrücklich ohne vorherigen Antrag. Für die Vereinbarung eines NUB-

Entgeltes sollte mithin die Anerkennung durch das InEK ausreichen, die Beschränkung auf

antragstellende Krankenhäuser sollte entfallen. Der entsprechende Vorbehalt stellt eindeutig

ein Innovationshemmnis dar, weil er die Verbreitung von Innovationen verzögert.

Eine weitere bürokratische Hürde bilden Wiederholungsanträge bei identischen NUB. Wird

eine NUB vom InEK positiv beschieden und im Folgejahr bzw. in den Folgejahren nicht in

das DRG-System überführt, müssen die antragstellenden Krankenhäuser sowie ggf. weitere

interessierte Krankenhäuser gleichwohl erneut Anträge beim InEK stellen. Ähnlich wie die

separate Antragstellung bei identischen NUB bedingen auch Wiederholungsanträge erhebli-

che Redundanzen bzw. einen Mehraufwand bei Krankenhäusern und InEK. Deswegen soll-

ten einmal positiv beschiedene NUB bis auf Widerruf durch das InEK die Anerkennung erhal-

ten, d. h., bis sie in das DRG-System überführt werden oder ihnen anderweitig eine Aner-

kennung verweigert wird. Die fortgesetzte Anerkennung einmal genehmigter NUB bis auf

Widerruf könnte das InEK auf seiner Homepage veröffentlichen. Eine entsprechende Praxis

für NUB mit Status 1, welche in das DRG-System überführt werden, gibt es im Übrigen be-

reits; diese Leistungen werden auf der Homepage des InEK mit dem Hinweis ausgewiesen,

dass eine weitere NUB-Anfrage nicht mehr erforderlich ist. Eine Erweiterung des Verfahrens

auf Leistungen mit Status 1, für die bis auf weiteres NUB-Entgelte vereinbart werden können,

wäre daher nur konsequent.

Ein grundlegendes Problem bei der Einführung von NUB bildete bislang ihre rückwirkende

Erstattung. Da die Budgetverhandlungen vielfach erst unterjährig stattfinden, zahlen die Kos-

tenträger NUB ggf. erst ab dem Zeitpunkt der Budgetvereinbarung bzw. die Krankenhäuser

erbringen NUB solange nicht, wie die Finanzierung ungeklärt ist. Dieser Problematik wird

durch die novellierte Innovationsklausel des KHEntG, wonach NUB nunmehr unabhängig

von den Budgetverhandlungen vereinbart werden können, im Grundsatz begegnet. Aller-

dings muss offen bleiben, inwieweit diese Neuregelung tatsächlich genutzt wird bzw. NUB-

Vereinbarungen schon zu Jahresbeginn vorliegen werden. In dem Maße, wie dies nicht der

Fall ist, wird die Problematik der rückwirkenden Erstattung von NUB virulent bleiben. Vor

diesem Hintergrund sollten vereinbarte NUB-Entgelte grundsätzlich rückwirkend ab Jahres-

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beginn erstattungsfähig sein. Diesbezügliche Unsicherheiten stellen eindeutig ein Innovati-

onshemmnis dar, das es zu beseitigen gilt. Eine rückwirkende Erstattungspflicht für NUB hät-

te überdies den wünschenswerten Nebeneffekt, dass auch die Kostenträger ein Interesse an

möglichst frühzeitigen NUB-Vereinbarungen hätten.

Die Anerkennung von NUB obliegt dem InEK. Es prüft, ob NUB über das DRG-System an-

gemessen abgebildet, d. h. sachgerecht vergütet werden können. Das Ergebnis der Prüfung

teilt das InEK den antragstellenden Krankenhäusern in Form eines positiven oder negativen

Bescheides mit. Die entsprechenden Begründungen, warum eine sachgerechte NUB-

Vergütung möglich ist oder nicht, werden aber nicht mit geliefert. Die Prüfkriterien des InEK

bleiben daher im Detail im Dunkeln. Dadurch ist das Verfahren bzw. die Prüfpraxis des InEK

für die Krankenhäuser weitestgehend intransparent. Konkret wissen die Krankenhäuser bei

positiven Bescheiden nicht, warum NUB im DRG-System nicht sachgerecht vergütet werden

können, sowie vor allem bei negativen Bescheiden nicht, inwiefern dies der Fall ist, also für

Krankenhäuser keine relevanten Mehrkosten entstehen. Im Sinne einer verbesserten Trans-

parenz des Prüfverfahrens sollte das InEK daher verpflichtet sein, künftig positive wie nega-

tive NUB-Bescheide sachgerecht zu begründen. Eine erhöhte Transparenz des Prüfverfah-

rens würde es den Krankenhäusern erleichtern, schon im Vorfeld der Antragstellung die Er-

folgsaussichten zu sondieren bzw. den Antrag gezielt auf die Prüfkriterien des InEK auszu-

richten.

7.4 Veröffentlichung von MDK-/MDS-Gutachten Analog zur größeren Transparenz im InEK-Verfahren sollte es auch mehr Transparenz hin-

sichtlich der MDK-/MDS-Gutachten geben. Dabei ist zunächst abermals zu betonen, dass

die Notwendigkeit, Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Gutachten äußerst kritisch zu

hinterfragen sind, da eine Evidenzbewertung von NUB durch die Kostenträger bzw. in ihrem

Auftrag durch den MDK/MDS rechtlich nicht vorgesehen ist.1

1 Vgl. ausführlich Kap. 7.1

Falls Kostenträger und

MDK/MDS nichtsdestotrotz an dieser fragwürdigen Praxis festhalten, sollten die entspre-

chenden Gutachten aber in jedem Fall veröffentlicht bzw. allgemein zugänglich gemacht

werden.

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Kennzeichnend für die NUB-Verhandlungen vor Ort ist eine völlig asymmetrische Informati-

onsverteilung zwischen Krankenhaus und Kostenträgern. Maßgebliche Entscheidungsgrund-

lage seitens der Kostenträger bilden insbesondere die MDK-/MDS-Gutachten zu den NUB, in

welche der MDS Bewertungen zum Innovationspotenzial bzw. zur Erstattungsfähigkeit von

NUB durch die Kostenträger ausspricht. Die MDK-/MDS-Gutachten bilden somit einen er-

folgskritischen Faktor für die Ablehnung bzw. Vereinbarung von NUB. Für die Krankenhäuser

bleibt diese Evidenzbasierung jedoch weitestgehend intransparent bzw. nicht nachvollzieh-

bar, da sie keine orginären oder unmittelbaren Informationen zu den diesbezüglich maßgeb-

lichen MDK-/MDS-Gutachten erhalten. Die Informationen beschränken sich weitestgehend

auf die mündliche Wiedergabe wesentlicher Gutachteninhalte durch Vertreter der Kostenträ-

ger. Es muss offen bleiben, inwieweit diese Informationen umfassend und hinreichend oder

zu Verhandlungszwecken gezielt aufbereitet und gefiltert sind.

Die mangelnde Zugänglichkeit der MDK-/MDS-Gutachten verstößt gegen elementare Regeln

des wissenschaftlichen Diskurses und der wissenschaftlichen Auseinandersetzung, nämlich

der Schaffung von Öffentlichkeit. Es bleibt weitestgehend im Dunklen, auf welche Weise die

MDK-/MDS-Gutachter zu ihren Urteilen gelangen, welche Methoden sie anwenden, welche

wissenschaftlichen und sonstigen Quellen sie genutzt haben, welche Experten sie befragt

haben, wie sie mit widersprüchlichen Informationen und Positionen umgehen, wie medizini-

sche, technische und ökonomische Aspekte in ein Gesamturteil einfließen und welche Maßs-

täbe sie letztlich ihren Bewertungen und Empfehlungen zugrunde legen.

Angesichts einer generellen Intransparenz der MDK-/MDS-Gutachten muss konsequenter-

weise auch die Qualifikation und Kompetenz der Gutachter, entsprechende Gutachten auto-

risiert durchführen zu können, zumindest offen bleiben. Vorderhand ist unklar, welche wis-

senschaftliche Expertise und Erfahrung sie aufweisen, welche Fachgebiete und Fachthemen

sie abdecken und über welche Referenzen sie verfügen. Deswegen stellt sich die Frage, in-

wieweit die MDK-/MDS-Gutachter überhaupt mit Blick auf die Bewertung einer fragliche NUB

hinreichend qualifiziert sind.

Vollends zu problematisieren ist auf Seiten der Kostenträger die Fachkompetenz der Ver-

handler vor Ort. Diese haben in der Regel keinen medizinischen oder wissenschaftlichen

Hintergrund, so dass sie weder die NUB als solche noch deren Einstufung durch den

MDK/MDS hinreichend kompetent bewerten können. Letztlich sind sie daher auf das Know-

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How des MDK/MDS angewiesen bzw. von dessen Expertise abhängig. Da das Zustande-

kommen einer Entgeltvereinbarung zu NUB letztlich vom Placet der Kostenträger abhängt,

werden die Entscheidungen mithin von Personen getroffen, die hierfür fachlich vielfach nicht

ausreichend qualifiziert sind auf einer Informationsbasis, deren Qualität und Expertise in-

transparent ist.

Aus der asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Krankenhäusern und Kostenträ-

gern ist in jedem Fall die Schlussfolgerung zu ziehen, diese abzubauen oder aufzuheben.

Zu diesem Zweck sind die MDK-/MDS-Gutachten zu NUB künftig generell zu veröffentlichen.

Dies würde es der Krankenhausseite erlauben, sich wesentlich gezielter auf die NUB-

Verhandlungen vorzubereiten und intern wie extern ggf. weitere Expertise einzuholen. Darü-

ber hinaus hätten Verbände, Fachgesellschaften, Wissenschaftler etc. die Möglichkeit einer

kritischen Überprüfung oder Validierung von Gutachten im Sinne eines wissenschaftlichen

peer reviews; auch die Recherchearbeit der InEK würde ggf. erleichtert. Deswegen würde

eine obligatorische Veröffentlichung von MDK-/MDS-Gutachten die Transparenz des NUB-

Verfahrens in jedem Fall spürbar und nachhaltig erhöhen. Dies gilt allerdings nur unter der

eingangs erwähnten Einschränkung, dass es für die Bewertung von NUB durch den

MDK/MDS überhaupt eine hinreichende Rechtsgrundlage gibt bzw. die Kostenträger an ei-

ner rechtlich fragwürdigen Praxis festhalten.

7.5 Schaffung innovationsfreundlicher Rahmenbedingungen Das NUB-Verfahren setzt erst bei der Anwendung oder Praxiseinführung von Innovationen in

die Versorgung an. Vielfach erfordert die Innovationseinführung jedoch längerfristige strate-

gische Entscheidungen oder kostenaufwendige Investitionen. Entsprechende Planungs- und

Investitionsprozesse finden in einem stark regulierten Markt wie der Krankenhausversorgung

allerdings mit geringen Freiheitsspielräumen und unter sehr großer Unsicherheit statt. Zwar

sind Innovationen grundsätzlich mit wirtschaftlichen Risiken verbunden. Im Krankenhausbe-

reich besteht aber die Besonderheit, dass Produktinnovationen letztlich nur im Wege der

Erstattungsfähigkeit durch die GKV finanzierbar sind. Leistungsdefinition und Preishöhe wer-

den somit von der Selbstverwaltung oder der Politik vorgegeben und sind nicht Gegenstand

freier unternehmerischer Entscheidungen.

Angesichts der Grenzen und Unwägbarkeiten dieses Verfahrens stellt sich die grundsätzli-

che Frage, wie sich das Innovationsklima und die Innovationsfinanzierung generell verbes-

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sern lassen. Die möglichen Alternativen reichen hier von einer vollständigen wettbewerbli-

chen Lösung über eine Reorganisation der bisherigen Regulierungen bis hin zu Vorschlägen

wie die Einrichtung eines Innovationsfonds, die Finanzierung über Innovationspauschalen

oder -zuschlägen je Krankenhaus oder die Auswahl von Innovationszentren.

Die möglichen Alternativen zur bisherigen Innovationsförderung haben in der konkreten Aus-

gestaltung zu gewährleisten, dass hinreichende oder zumindest angemessene Mittel für die

Innovationsfinanzierung zur Verfügung gestellt werden. Damit würden strategische Pla-

nungs- und Innovationsentscheidungen erleichtert, die Planungssicherheit erhöht und lang-

fristig die Einführung und Verbreitung von Innovationen gesichert. Allerdings gilt es sehr

sorgfältig zu überlegen, welche Steuerungswirkungen die genannten Alternativmöglichkeiten

auslösen. Hierbei ist nicht nur an die direkten, sondern auch an indirekte Wirkungen zu den-

ken. So haben z.B. Innovationspauschalen oder -zuschläge den Nachteil, dass Mitnahmeef-

fekte auftreten. Die knappen Mittel für Innovationen würden damit auch für Zwecke verwen-

det, die nicht dem beabsichtigten Ziel der Innovationsförderung dienen. Ein rein wettbewerb-

liches Modell mit ausschließlich individuellen Verhandlungen über die zur Verfügung gestell-

ten Mittel zur Innovationsförderung wirft die Frage auf, inwieweit angesichts der Marktmacht

der Kassen die Rahmenbedingungen hierfür gegeben sind. Schon die NUB-Verhandlungen

in ihrer heutigen Form scheitern vielfach an der Blockadehaltung der Kostenträger.

Aber auch die Einführung einer stärker zentralisierten Vergabe der zur Verfügung stehenden

Innovationsmittel kann nicht intendierte Steuerungswirkungen auslösen. Die Einführung von

Innovationszentren wirft sofort Fragen nach Anzahl, Auswahl und Legitimation der enspre-

chenden Krankenhäuser auf. Bei einem Innovationsfond stellt sich die Frage nach einer

sinnvollen und zielgerichteten Mittelverteilung. Des Weiteren ließe sich ordnungspolitisch

problematisieren, ob oder inwieweit eine stärker zentralisierte Steuerung der Innovationsmit-

tel nicht ihrerseits innovationshemmend sein kann.

Wie auch immer, das NUB-Verfahren als solches reicht in der derzeitigen Form nicht aus,

um die Einführung des medizinischen und medizintechnischen Fortschritts in die Versorgung

hinreichend zu sichern. Durch angemessene rechtliche wie finanzielle Rahmenbedingungen

ist das Innovationsklima also insgesamt zu verbessern.

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Von seiner Grundkonzeption her ist das DRG-System als lernendes System angelegt. Dieser

Anspruch kann aber nur erfüllt werden, wenn es eine Möglichkeit für die Beteiligten gibt,

mögliche oder vermeintliche Fehlentwicklungen zu korrigieren. Dazu muss aber Transparenz

hergestellt werden. Bedenklich ist daher, dass (zumindest) für die Ermittlung der NUB und

der Zusatzentgelte diese Transparenz nur sehr eingeschränkt vorhanden ist. Es ist nicht er-

sichtlich, aus welchen Gründen ein NUB vom InEK einen bestimmten Status erhält oder

warum bestimmte Leistungen zu Zusatzentgelten werden und andere nicht.

Ein grundsätzliches Problem stellen die nicht aufeinander abgestimmten Rahmenbedingun-

gen dar. Bis der medizinische und medizintechnische Fortschritt als Entgelt in die Kataloge

aufgenommen ist, sind vielfältige Regulierungen zu durchlaufen:

1. Gemäß den Vorgaben des Arzneimittelgesetzes oder des Medizinproduktegesetzes gibt

es Wirksamkeits- und Sicherheits- bzw. Risikobewertungen von NUB.

2. Das InEK überprüft, inwieweit NUB angemessen über das DRG-System abgebildet wer-

den können oder nicht. Vergleichbares, natürlich mit einem anderen Verfahren, gilt für

Fallpauschalen und Zusatzentgelte.

3. Der GBA kann die Erstattungsfähigkeit von NUB zu Lasten der GKV im Rahmen seines

Verbotsvorbehalts untersagen.

4. Schließlich nimmt der MDK/MDS, allerdings mit fehlender gesetzlicher Begründung, Evi-

denzbewertungen für NUB vor.

5. Die Kostenträger entscheiden letztlich darüber, ob es eine Vereinbarung von NUB-

Entgelten oder von Zusatzentgelten gibt.

Auf jeder dieser fünf Stufen gibt es eigenständige und komplexe Mechanismen, die häufig

wenig transparent sind und im Zweifelsfalle nicht aufeinander abgestimmt sind.

Im deutschen Krankenhauswesen herrscht also kein Mangel an Steuerungsinstrumenten für

die Innovationseinführung und –prüfung. Weitere Regulierungen wären daher kontraproduk-

tiv, weil innovationshemmend; vielmehr sind Innovationshürden im oben beschriebenen Sin-

ne abzubauen.1

1 Vgl. Kap 7.1-7.4

Ein nach sachlogischen Kriterien aufgebautes Verfahren, welches aufeinan-

der abgestimmte Regulierungen inkorporiert, würde viel zur Schaffung von Innovationsanrei-

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zen bzw. eines innovationsfreundlichen Klimas beitragen. Möglicherweise sekundär wäre

dann die Frage, in welcher Form die Steuerung im Detail zu erfolgen hat.

Abzulehnen sind daher Ansätze, die in Form einer zusätzlichen Evidenzbewertung eine wei-

tere Innovationshürde in der stationären Versorgung errichten. Das gilt zum einen für eine

probeweise und vorbehaltliche Einführung von NUB, beispielsweise in Modellvorhaben; das

betrifft zum anderen aber auch eine Ausdehnung des Erlaubsnisvorbehalts von der ambulan-

ten auf die stationäre Versorgung. Beide Varianten würden die Einführung von Innovationen

verzögern oder erschweren bzw. sie zum Gegenstand politischer respektive verbandspoliti-

scher Einflussnahme machen.

Maßgeblich für die weitere Diskussion sollte die Antwort auf die Frage sein, welche Mecha-

nismen und Steuerungen zu einer verbesserten Innovationsdynamik beitragen.

7.6 Förderung von Zusatzentgelten Bei den Zusatzentgelten bestehen keine größeren Probleme auf der krankenhausindividuel-

len Ebene. Strittig in den Verhandlungen über eine Vereinbarung zu bundeseinheitlichen Zu-

satzentgelten ist natürlich häufig die zu vereinbarende Anzahl der Leistungen. Von den Ver-

tragsparteien vor Ort wird auch über die grundsätzliche Abrechnungsfähigkeit von Zusatz-

entgelten diskutiert. Von Kostenträgerseite wird beispielsweise mit einer vermeintlich fehlen-

den Entsprechung der Zusatzentgelte im Leistungsspektrum oder dem fehlenden Versor-

gungsauftrag argumentiert.

Ein weiterer Verhandlungspunkt, nämlich die Höhe des Entgeltes, tritt bei den Zusatzentgel-

ten nach § 6 Abs. 1 KHEntgG hinzu. Die genannten Probleme stellen aber das gängige Ver-

handlungsgeschäft dar, welches nur mittelbar die Innovationsproblematik tangiert.

Die Innovationsproblematik betreffen aber die grundsätzlichen Modalitäten bei der Einfüh-

rung von Zusatzentgelten. Die Integration von Zusatzentgelten erfolgt bislang nach wenig

transparenten Kriterien. Nach Angaben des InEK erfolgt die „Auswahl der zu untersuchen-

den Leistungen auf der Grundlage von Hinweisen aus dem Vorschlagsverfahren, InEK-

eigenen Erkenntnissen und bereits in die Anlagen 2 bzw. 4 der FPV aufgenommenen Leis-

tungen.“1

1 InEK, 2008, S.10.

Hier wäre zu überlegen, ob nicht eine offenere Vorgehensweise für die adäquate

Einbindung des medizinischen und medizintechnischen Fortschritts in den Entgeltkatalog

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zweckdienlicher wäre. Hilfreich wäre beispielsweise ein dem Vorschlagsverfahren für die

Weiterentwicklung des G-DRG-Systems vergleichbares Verfahren für Zusatzentgelte.

Zusatzentgelte werden nur restriktiv in das Fallpauschalensystem eingebunden. Seit der Ein-

führung im Jahr 2004 ist die Zahl der Zusatzentgelte nur moderat gestiegen. Zwar wird der

medizintechnische Fortschritt auch über die Fallpauschalen in das System inkorporiert. Aber

eine solche Vorgehensweise kann auch, gerade etwa was hochpreisliche Implantate anbe-

langt, zu wenig gewünschten Effekten führen – nämlich dann, wenn eine Durchschnittskalku-

lation die echten Kosten nur anteilig deckt. „Die getrennte Finanzierung über ein Zusatzent-

gelt stellt in diesen Fällen häufig die sachgerechtere Abbildung dar und vermeidet, dass spe-

zialisierte Versorgungsstrukturen systematisch benachteiligt werden.“1

Die Einführung von Zusatzentgelten erfolgt häufig über die Zwischenstufe der NUB. Beim

NUB-Verfahren gibt es aber zwei große Hürden für die Einführung einen Entgelts. Wie be-

schrieben, scheitern schon viele Anträge am InEK-Verfahren. Aber selbst für die NUB, die

vom InEK mit Status 1 qualifiziert worden sind, werden aufgrund der restriktiven Haltung der

Kostenträger nur eher selten Entgelte vereinbart. Die Chance für ein innovatives Verfahren

über ein NUB zu einem Zusatzentgelt zu werden, ist eher gering. Zukünftig sollte eine zügi-

gere und umfassendere Einführung von Zusatzentgelten in die Entgeltkataloge statt finden.

1 Roeder et al. 2008, S.78.

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8 Zusammenfassung

Angesichts bestehender Schwierigkeiten beim Innovationstransfer in die stationäre Versor-

gung hat der Bundesverband Medizintechnologie das Deutsche Krankenhausinstitut beauft-

ragt, diesbezüglich Ausmaß, Ursachen und Handlungsoptionen zu untersuchen. Zu diesem

Zweck haben sich die Vertragspartner über zentrale Forschungsfragen verständigt, die im

Projekt zu beantworten waren. Basierend auf diesen Forschungsfragen sind nachfolgend die

wesentlichen Untersuchungsergebnisse zusammengefasst.

• Welche Rolle spielen MDK-/MDS-Gutachten in der Bewertung von NUB bzw. in den

Budgetverhandlungen?

MDK-/MDS-Gutachten spielen eine überragende Rolle in den Entgeltverhandlungen zwi-

schen Krankenhäusern und Kostenträgern vor Ort. Kostenträgerseitig bilden sie teilweise

die einzige, in jedem Fall aber die maßgebliche Informationsquelle der Verhandler vor Ort.

Da diese in der Regel nicht über einschlägige oder zumindest hinreichende Fachexpertise

verfügen, sind die MDK-/MDS-Gutachten somit auch die primäre Grundlage für die Einord-

nung und Bewertung von NUB durch die Kostenträger. Deswegen zählt der Verweis auf

MDK-/MDS-Gutachten auch zu den wichtigsten Ablehnungsgründen in den Entgeltverhand-

lungen bzw. ist eine positive Bewertung eines NUB durch den MDK/MDS einer Vereinbarung

in jedem Fall zuträglich.

Auffallend zur Bedeutung von MDK-/MDS-Gutachten für die Kostenträger kontrastiert ihre In-

formationspolitik mit Blick hierauf. Denn obwohl sie die maßgebliche Informations- und Be-

wertungsgrundlage der NUB bilden, werden sie den Krankenhäusern faktisch kaum zugäng-

lich gemacht. In aller Regel werden ihnen die Gutachten weder übermittelt noch können sie

diese einsehen; selbst etwaige wissenschaftliche Quellen werden selten benannt. Die Infor-

mationen beschränken sich weitestgehend auf die mündliche Wiedergabe wesentlicher Gu-

tachteninhalte durch Vertreter der Kostenträger.

Die Rolle von MDK-/MDS-Gutachten im Rahmen des NUB-Verfahrens ist äußerst kritisch zu

sehen. Zum einen obliegt eine Evidenzbewertung von NUB rechtlich nicht dem MDK/MDS,

sondern eindeutig dem GBA im Rahmen des Verbotsvorbehalts. Zum anderen verstößt die

mangelnde Zugänglichkeit der MDK-/MDS-Gutachten gegen elementare Regeln des wissen-

schaftlichen Diskurses bzw. einer evidenzbasierten Medizin, nämlich der Schaffung von Öf-

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fentlichkeit. Angesichts einer generellen Intransparenz der MDK-/MDS-Gutachten muss kon-

sequenterweise auch die Qualifikation der Gutachter offen bleiben, entsprechende Gutach-

ten autorisiert durchführen zu können.

• Welche Rolle spielen NUB in den Budgetverhandlungen?

Insgesamt, d.h. über alle Krankenhäuser betrachtet, spielen NUB in den Budgetverhandlun-

gen eine untergeordnete Rolle. Für die Mehrheit der Krankenhäuser hat die Vereinbarung

von NUB keine hohe Dringlichkeit oder Wichtigkeit. Dementsprechend stellen sie mehrheit-

lich nie, nur in Ausnahmefällen oder bei ausgewählten NUB überhaupt entsprechende Ant-

räge. Die Bedeutung von NUB spiegelt sich auch darin wider, dass NUB faktisch nicht

schiedsstellenrelevant sind, kaum zu verhandlungstaktischen Zwecken eingesetzt werden

und Fallzahlen bzw. Erlöse vergleichsweise gering ausfallen. Strategisch sind NUB für die

meisten Krankenhäuser insofern von fehlender oder zumindest untergeordneter Relevanz.

Auf Krankenhausseite bedeutet dies in der Konsequenz, dass die Vereinbarung von NUB in

den Budgetverhandlungen keine hohe Priorität hat. Angesichts dieser fehlenden Priorisie-

rung ist die Bereitschaft der Krankenhäuser, auf die Vereinbarung von NUB zu insistieren

oder diesbezüglich die Konfrontation mit den Kostenträgern zu suchen, eher gering. Die viel-

fach geringe strategische Relevanz von NUB in den Krankenhäusern erleichtert es der Kos-

tenträgerseite merklich, ihrerseits weniger kompromissbereit zu agieren und somit Vereinba-

rungen zu verhindern oder deren Anzahl deutlich zu limitieren. Im Ergebnis führt dies dazu,

dass die Erfolgsquoten von NUB in den Entgeltverhandlungen, von den Universitätskliniken

einmal abgesehen, vor allem in den unteren Bettengrößenklassen bzw. bei Häusern mit klei-

nem Antragsvolumen eher gering ausfallen.

Der untergeordneten strategischen Bedeutung in vielen Krankenhäusern zum Trotz haben

NUB für ausgewählte Krankenhäuser gleichwohl eine hohe Relevanz. Dies betrifft insbeson-

dere die Universitätskliniken, darüber hinaus aber auch ausgewählte andere Krankenhaus-

gruppen, wie beispielsweise Großkrankenhäuser außerhalb der Universitätskliniken. Ursa-

che hierfür ist neben der hohen Priorität der Forschung in Krankenhäusern der Zentral- und

Maximalversorgung und den Universitätskliniken vor allem die hohe Spezialisierung und

ausgeprägte medizinische Kompetenz in den einzelnen Fachbereichen.

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Dementsprechend hat die Vereinbarung von NUB zumindest in diesen Krankenhäusern eine

höhere Priorität. Dies zeigt sich zum einen darin, dass diese Einrichtungen den NUB aus-

drücklich eine hohe Dringlichkeit und Wichtigkeit einräumen. Zum anderen versuchen sie

möglichst viele NUB in Anträge umzusetzen. Folglich dürften sie in den NUB-Verhandlungen

auch stärker auf einer Vereinbarung bestehen oder eher die Konfrontation mit den Kosten-

trägern suchen. Die Erfolgsquoten für NUB-Vereinbarungen in diesen Häusern belegen um-

gekehrt auch eine höhere Kompromissbereitschaft auf Seiten der Kostenträger in den Ver-

handlungen.

• Welche Strategien haben die Krankenhäuser hinsichtlich ihrer NUB?

Mit Blick auf die Strategie bei NUB lassen sich, grob vereinfacht, zwei Gruppen von Kran-

kenhäusern unterscheiden: Krankenhäuser mit einer eher defensiven Strategie bei NUB und

Häuser mit einer eher offensiven Strategie. Für das Gros der Krankenhäuser hat die Verein-

barung von NUB keine hohe Wichtigkeit und Dringlichkeit. Dementsprechend ist ihre Strate-

gie eher defensiv ausgerichtet, d. h. sie stellen nie oder allenfalls in Ausnahmefällen NUB-

Anträge. Für diese Krankenhäuser sind NUB nicht von strategischer Relevanz. Folglich wer-

den NUB in den Budgetverhandlungen auch nicht priorisiert. Die Erfolgsquoten von NUB fal-

len in diesen Häusern daher unterproportional aus.

Krankenhäuser mit einer offensiven Strategie versuchen hingegen, möglichst alle NUB in

Anträge umzusetzen oder aber zumindest für kostenintensive NUB bzw. NUB mit vielen Pa-

tienten Anträge zu stellen. Darunter sind insbesondere Universitätskliniken sowie generell

größere Häuser der Zentral- oder Maximalversorgung deutlich überrepräsentiert. Ursache

hierfür dürfte neben der hohen Priorität der Forschung in diesen Einrichtungen vor allem die

hohe Spezialisierung und ausgeprägte medizinische Kompetenz in einzelnen Fachbereichen

sein, was innovative Verfahren und Methoden begünstigt.

Angesichts ihrer strategischen Relevanz werden NUB hier eher selten zu verhandlungstakti-

schen Zwecken eingesetzt, um bei Preisgabe im Gegenzug andere Ziele durchsetzen zu

können. Ansonsten sind die verhandlungsstrategischen und -taktischen Möglichkeiten der

Krankenhäuser begrenzt, weil in den Entgeltverhandlungen die Kostenträger bzw. die MDK-

/MDS-Gutachten die ausschlaggebende Rolle spielen. Auch deswegen ist es schwierig, ei-

gene Expertise oder Gegenexpertise einzubringen. Als Drohpotential bleibt den Kranken-

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häusern nur eine mögliche Einschaltung der Schiedsstelle. Faktisch werden Schiedsstellen-

verfahren aber weder angedroht noch durchgeführt. Erfolgsversprechend ist, das Wohlwollen

der Kostenträger vorausgesetzt, insofern vor allem eine strikte Fallzahl- und Erlösbegren-

zung. Die im Schnitt eher geringen Fallzahlen und Erlöse bei NUB legen die Schlussfolge-

rung nahe, dass die Krankenhäuser in dieser Hinsicht eher kompromissorientiert verhandeln.

• Welche Strategien verfolgen die Krankenkassen mit Blick auf NUB?

Hinsichtlich der Strategie der Krankenkassen ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen

der in den Verhandlungen explizit artikulierten Strategie und einer möglicherweise impliziten

Strategie, wie sie sich krankenhausübergreifend in den Erfolgsquoten von NUB manifestiert.

Ähnlich wie die Krankenhäuser setzen auch die Kostenträger NUB vergleichsweise selten

zu verhandlungstaktischen Zwecken ein, um bei Preisgabe im Gegenzug andere Ziele

durchsetzen zu können. Zumindest explizit lassen sie sich vor allem von der vermeintlichen

Evidenzbasierung der NUB leiten. Vordergründig spielen daher Aspekte der Leistungs- oder

Versorgungssteuerung bei NUB keine besondere Rolle. Eine Beschränkung von NUB auf

ausgewählte Krankenhäuser, etwa mit besonderem Versorgungsauftrag oder Leistungs-

spektrum, wird in den Entgeltverhandlungen selbst eher selten angeführt.

Auf der anderen Seite belegen die Studienergebnisse sehr große Varianzen der Erfolgsquo-

ten von NUB in den Entgeltverhandlungen nach Krankenhausgröße und Krankenhaustyp.

Die mit Abstand größten Erfolgsquoten für NUB-Entgelte lassen sich für die Universitätsklini-

ken nachweisen, insofern hier für Status-1-Anträge überwiegend Entgelte vereinbart werden

können, bei den übrigen Bettengrößenklassen und Krankenhaustypen hingegen nur für je-

des zweite Haus; hier gibt es auch wenig Varianzen bzw. keine Gradienten nach Kranken-

hausgröße.

Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass die Universitätskliniken ein zentraler Ort für For-

schung und Innovation in der stationären Versorgung sind und eine Reihe von NUB speziell

dem Versorgungsauftrag und dem Leistungsspektrum der Universitätskliniken entsprechen.

Das gilt in abgestufter Form auch für andere Großkrankenhäuser der Maximal- und teilweise

auch der Schwerpunktversorgung sowie ggf. für kleinere Kliniken mit spezialisiertem Leis-

tungsspektrum. Die größenklassenabhängigen Erfolgsquoten spiegeln insofern teilweise

auch die Besonderheiten eines abgestuften Versorgungssystems wider.

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Allerdings betreffen viele NUB-Anträge identische NUB respektive werden von Krankenhäu-

sern unterschiedlicher Größe Anträge für die gleichen NUB gestellt. Damit liegt die Schluss-

folgerung nahe, dass die Kostenträger in den Entgeltvereinbarungen für NUB teilweise sehr

gezielt bestimmte Krankenhäuser oder Krankenhaustypen bevorzugen und somit aktiv Ein-

fluss auf die Leistungssteuerung und Versorgungsplanung nehmen, ohne hierfür kranken-

hausplanerisch autorisiert zu sein. Stellt man zusätzlich regionale Varianzen in den NUB-

Vereinbarungen in Rechnung, dann muss die Vereinbarungspraxis aus Krankenhaussicht

teilweise als willkürlich gelten.

• Welche Einflussfaktoren begünstigen bzw. verhindern die Vereinbarung krankenhausin-

dividueller NUB-Entgelte?

Mit Blick auf die Einflussfaktoren für die Vereinbarung von NUB-Entgelten ist zunächst her-

vorzuheben, dass die Verhandlungsstrategien und Entscheidungen der Kostenträger für die

Krankenhäuser vielfach intransparent sind. Zum einen haben sie keinen Zugriff oder Einblick

in die MDS-Gutachten. Zum anderen werden Gründe für die Ablehnung von NUB teilweise

oder vielfach nicht genannt. Insgesamt sind die Entgeltverhandlungen für die Krankenhäuser

daher durch eine erhebliche Intransparenz und große Informationsdefizite gekennzeichnet.

Dadurch werden die Verhandlungen und die Entwicklung von Verhandlungsstrategien auf

Krankenhausseite grundsätzlich erschwert. Mittelbar beeinträchtigt dies auch die Analyse

von Einflussfaktoren für NUB-Vereinbarungen.

Vorbehaltlich dieser Einschränkung konnte die Studie zeigen, dass vor allem eine vermeint-

lich fehlende Evidenzbasierung, vielfach unter Verweis auf MDS-Gutachten, den wichtigsten

Ablehnungsgrund für NUB bildet. Andere Gründe für die Ablehnung entsprechender Entgelt-

vereinbarungen werden in den Entgeltverhandlungen, zumindest soweit explizit vorgetragen,

hingegen kaum genannt. Auf der einen Seite betrifft dies krankenhausplanerische Aspekte:

So werden ein fehlender Versorgungsauftrag für fragliche NUB oder eine vermeintlich feh-

lende Entsprechung von NUB im Leistungsspektrum des Krankenhauses vergleichsweise

selten als Ablehnungsgründe angeführt. Auf der anderen Seite spielen auch die Mengen

bzw. Kosten für NUB eine untergeordnete Rolle. Weder eine mögliche Mengenexpansion

noch das Finanzierungsrisiko von NUB sind kostenträgerseitig für die Ablehnung von NUB

vorgeblich ausschlaggebend.

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Die förderlichen Bedingungen für NUB-Vereinbarungen sind spiegelbildlich zu den Hinder-

nissen zu betrachten. Analog zur fehlenden Evidenzbasierung als maßgeblichen Ableh-

nungsgrund stellt eine hohe Evidenzbasierung den mit Abstand wichtigsten Einflussfaktor ei-

ner NUB-Vereinbarung dar. Da letztlich die Kostenträger bzw. der MDS über die Evidenz

entscheiden, bestimmen sie insofern primär darüber, ob NUB-Entgelte vereinbart werden

oder nicht. Neben der Evidenzbasierung bilden eine strikte Begrenzung von Fallzahlen bzw.

Erlösen bei NUB weitere erfolgskritische Faktoren, wenngleich von merklich untergeordneter

Bedeutung verglichen mit der Evidenzbasierung. Dieses Resultat steht insofern nicht grund-

sätzlich im Widerspruch zu den o.g. Ergebnissen, wonach eine mögliche Mengen- und Kos-

tenexpansion bei NUB keine maßgeblichen Ablehnungsgründe bilden. D.h. zumindest für

ausgewählte NUB sind strikte Fallzahl- und damit auch Erlösbegrenzungen einer Vereinba-

rung förderlich, daneben gelegentlich noch ein besonderes Wohlwollen der Kostenträger

oder Zugeständnisse der Krankenhäuser bei anderen Themen.

Festhalten lässt sich somit, dass sich die Wahrscheinlichkeit einer NUB-Vereinbarung deut-

lich erhöht, wenn die Kostenträger die Evidenzbasierung für die jeweiligen NUB gegeben se-

hen und die Kosten über Fallzahl- oder Erlösvorgaben steuern können.

• Gibt es Abhängigkeiten zwischen den Erfolgsquoten von NUB und Strukturmerkmalen

der Krankenhäuser wie Größe oder regionale Lage?

Auf der ersten Stufe des NUB-Verfahrens, der Prüfung durch das InEK, wird nur gut jeder

zweite NUB-Antrag vom InEK positiv beschieden. Vor allem die Universitätskliniken mit gro-

ßem Antragsvolumen haben überproportional Probleme, für ihre Anträge den Status 1 zu er-

halten, während die Anerkennungsquoten in den übrigen Bettengrößenklassen überpropor-

tional ausfallen. Regional gibt es in dieser Hinsicht keine Unterschiede zwischen alten und

neuen Bundesländern.

Auf der zweiten Stufe des NUB-Verfahrens, den Entgeltverhandlungen vor Ort, kehren sich

die Erfolgsquoten nach Krankenhausgröße um. Die Universitätskliniken können hier bei 9

von 10 Anträgen mit Status 1 ein Entgelt vereinbaren, Häuser in den übrigen Bettengrößen-

klassen hingegen nur für jeden zweiten Status-1-Antrag. Ggf. begünstigt durch eine Überrep-

räsentanz größerer Krankenhäuser in den neuen Bundesländern können im Osten überpro-

portional viele NUB-Entgelte vereinbart werden.

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Über beide Stufen des NUB-Verfahrens zusammengefasst, haben NUB-Anträge in Universi-

tätskliniken die größten Erfolgsaussichten. Hier kann für fast jeden zweiten NUB-Antrag ein

Entgelt vereinbart werden. Dieses Ergebnis ist im Wesentlichen durch die überdurchschnitt-

lich erfolgreichen Entgeltvereinbarungen in den Universitätskliniken bedingt, welche die nied-

rigen Anerkennungsquoten im InEK-Verfahren überkompensieren. Umgekehrt verhält es sich

in den übrigen Bettengrößenklassen: Hier werden die überdurchschnittlichen Anerkennungs-

quoten im InEK-Verfahren durch eine unterdurchschnittliche Anzahl an NUB-Entgelten kom-

pensiert, so dass hier nur etwa jeder dritte NUB-Antrag zu einem Entgelt führt. Aufgrund ei-

ner anderen Krankenhausstruktur fallen die Erfolgsquoten für NUB in den neuen Bundeslän-

dern abermals überproportional aus.

Medizintechnische NUB machen Größenklassen- und Regionenübergreifend 30% aller NUB-

Anträge aus. Gemessen daran, fallen die Erfolgsquoten medizintechnischer NUB sowohl auf

der ersten Stufe des Verfahrens durch das InEK als auch auf der zweiten Stufe in den Ent-

geltverhandlungen vor Ort unterdurchschnittlich aus. Das gilt gleichermaßen für alle Betten-

größenklassen sowie im Ost-West-Vergleich.

Beschränkt man sich ausschließlich auf die Status-1-Anträge bzw. die medizintechnischen

Status-1-Anträge, fällt der Anteil medizintechnischer NUB-Entgelte und damit die Erfolgsquo-

te für medizintechnische NUB überdurchschnittlich aus. D. h. sofern eine medizintechnische

Innovation überhaupt den Status 1 erhält, erhöht sich insbesondere im Vergleich zu pharma-

zeutischen Innovationen die Wahrscheinlichkeit einer entsprechenden Entgeltvereinbarung.

In dieser Hinsicht gibt es abermals kaum Unterschiede nach Krankenhausgröße oder regio-

naler Lage.

• Wie hoch sind die Umsätze und Fallzahlen bei NUB?

Vorbehaltlich der geringen Anzahl an Krankenhäusern mit entsprechenden Angaben sowie

der großen Varianzen in den Werten sind die vereinbarten wie die abgerechneten Fallzahlen

bei NUB zumindest im Mittel bzw. in der Mehrzahl der Krankenhäuser eher gering. In der

Summe gibt es zudem keine großen Diskrepanzen zwischen den vereinbarten und den ab-

gerechneten Fallzahlen. Entsprechend den geringen Fallzahlen fallen auch die Erlöse aus

den NUB-Entgelten eher niedrig aus. Im Vergleich zu den Fallzahlen bzw. den Erlösen in-

sgesamt liegen die entsprechenden Werte für NUB im Promillebereich.

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In jedem Fall zeigt die Studie, dass eine Mengenexpansion bzw. Erlössteigerung bei NUB

kein besonders relevantes Problem darstellten. Dafür sprechen insbesondere vier Gründe:

Erstens werden fehlende Mengenbegrenzungen bzw. das Finanzierungsrisiko bei NUB von

den Kostenträgern vergleichsweise selten als Ablehnungsgrund für NUB-Entgelte angeführt.

Im Gegenteil, sind zweitens strikte Mengen- oder Erlösbegrenzungen bei NUB den entspre-

chenden Vereinbarungen sogar förderlich. Drittens sind die vereinbarten Fallzahlen für NUB

respektive die vereinbarten NUB-Erlöse, verglichen mit dem Erlösbudget oder den Fallzahlen

insgesamt, eher gering. Und viertens werden die vereinbarten Fallzahlen nicht oder kaum

überschritten.

Mit den Vorgaben der AEB ist eine gezielte Steuerung des Leistungs- und Kostenvolumens

bei NUB gerade seitens der Kostenträger möglich. Die Krankenhäuser instrumentalisieren

ihrerseits NUB nicht zu Mengenexpansionen. Vor diesem Hintergrund wären selbst bei einer

generöseren Verhandlungspraxis der Kostenträger die zusätzlich entstehenden Kosten zu

vernachlässigen. In jedem Fall eignen sich die NUB für die Krankenhäuser in keiner Weise

dafür, anderweitig (d. h. bei den Katalogleistungen) bestehende Finanzierungsprobleme der

stationären Versorgung zu kompensieren.

• Welche Rolle spielen Zusatzentgelte in den Budgetverhandlungen?

Für mehr als die Hälfte der Krankenhäuser hat die Vereinbarung von Zusatzentgelten eine

hohe oder eine sehr hohe Relevanz. Je größer die Krankenhäuser, desto höher ist der Stel-

lenwert von Zusatzentgelten.

Den Stellenwert der Zusatzentgelte erkennt man daran, dass im Jahr 2008 mehr als vier

Fünftel der Krankenhäuser Zusatzentgelte entweder vereinbart oder abgerechnet haben. Bei

den Häusern ab 300 Betten hat nahezu jedes Haus diese Entgelte vereinbart. Zusatzentgelte

zählen damit neben den Fallpauschalen zur standardmäßigen Finanzierungsform von statio-

nären Leistungen in Deutschland.

Im Vergleich zur Zahl der Fallpauschalen ist die Anzahl der vereinbarten bzw. abgerechne-

ten Zusatzentgelte überschaubar. Gleiches trifft ebenso auf die durchschnittlich vereinbarte

Erlössumme zu. Dies darf allerdings nicht den Blick für die Wichtigkeit dieser Entgeltform

verstellen. Bei den Zusatzentgelten handelt es sich ja um eine die Fallpauschalen ergänzen-

de Finanzierungsform. Diese Entgelte sollen gemäß der Intention des Gesetzgebers nur in

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Ausnahmefällen definiert werden. Insofern wird den Zusatzentgelten der Vergleich mit allen

abgerechneten Fallpauschalen nicht gerecht.

Hinzu kommt, und hieran erkennt man wiederum die Bedeutung der Zusatzentgelte, dass die

Anzahl der abgerechneten bzw. vereinbarten Zusatzentgelte bei den Maximalversorgern und

hier insbesondere bei den Universitätskliniken sehr hoch ist. Der besondere Stellenwert die-

ser Entgeltform kommt somit vor allem bei den Krankenhäusern voll zum Tragen, die solche

Fälle in ihrem Leistungsmix aufweisen, bei denen die Fallpauschalen keine adäquate Vergü-

tung bieten.

Die überwiegende Mehrheit der Krankenhäuser hat Zusatzentgelte vereinbart. Insofern lagen

keine grundsätzlichen Probleme wie bei den NUB vor. Als störend wird von den Kranken-

häusern aber empfunden, dass die Kostenträger oftmals keine Begründung für die Ableh-

nung von Vereinbarungen für Zusatzentgelte angeben. Sofern Kostenträger Gründe für die

Verweigerung von Vereinbarungen angeben, werden die fehlende Entsprechung der Zusatz-

entgelte im Leistungsspektrum der Krankenhäuser sowie der fehlende Versorgungsauftrag

genannt.

• Welche Handlungsoptionen bestehen für einen verbesserten Innovationstransfer?

Der Verbotsvorbehalt ist beizubehalten bzw. zu stärken. Denn die Erlaubnis mit Verbotsvor-

behalt hat ausdrücklich das Ziel, die Einführung von Innovationen in die stationäre Versor-

gung zu erleichtern und zu fördern. Eine Prüfung der Evidenz oder des Innovationspotentials

von NUB durch die Kostenträger oder in ihrem Auftrag durch den MDK/MDS ist deswegen

ebenso wenig zulässig, wie die Ablehnung eines NUB-Entgelts seitens der Kostenträger we-

gen vermeintlich mangelnder Evidenzbasierung. Die Praxis der Kostenträger, ohne gesetzli-

che Grundlage in den Entgeltverhandlungen eine zusätzliche Innovationshürde zu errichten,

ist in jedem Fall zu beenden.

Eine stärker zentralisierte Preisfestsetzung von NUB-Entgelten sollte ernsthaft erwogen wer-

den. Zentralisierte Preisverhandlungen, etwa auf Bundes- oder Landesebene, würden eine

Blockadehaltung der Kostenträger vor Ort bzw. eine mehr oder weniger willkürliche Verein-

barungspraxis verhindern oder zumindest erheblich erschweren. Vorteile wären insbesonde-

re eine Reduktion des Verhandlungsaufwandes durch Wegfall von parallelen Verhandlungen

in zahlreichen Krankenhäusern, ein einheitliches und vergleichbares Preisniveau bei identi-

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schen NUB sowie eine schnellere Verbreitung des medizinischen und medizintechnischen

Fortschritts.

Das NUB-Verfahren sollte grundlegend überarbeitet werden, da es insgesamt zu bürokra-

tisch, zu aufwändig sowie in Teilen intransparent und selbst ein Innovationshemmnis ist. In

jedem Fall sollten separate bzw. Wiederholungsanträge bei identischen NUB entfallen. Des

weiteren sollten NUB-Entgelte unabhängig von einem Antrag des Krankenhauses vereinbart

werden können. Vereinbarte NUB-Entgelte sollten grundsätzlich rückwirkend ab Jahresbe-

ginn erstattungsfähig sein. Schließlich sollte das InEK verpflichtet werden, künftig positive

wie negative NUB-Bescheide sachgerecht zu begründen.

Falls Kostenträger und MDK/MDS an der rechtlich fragwürdigen Praxis einer Evidenzbewer-

tung von NUB festhalten, sollten die entsprechenden MDK-/MDS-Gutachten in jedem Fall

veröffentlicht werden. Dies würde es der Krankenhausseite erlauben, sich wesentlich geziel-

ter auf die NUB-Verhandlungen vorzubereiten. Darüber hinaus hätten Verbände, Fachge-

sellschaften, Wissenschaftler etc. die Möglichkeit eines wissenschaftlichen peer reviews der

Gutachten. Deswegen würde eine obligatorische Veröffentlichung von MDK-/MDS-Gutachten

die Transparenz des NUB-Verfahrens in jedem Fall spürbar und nachhaltig erhöhen.

Die Integration von Zusatzentgelten erfolgte bislang nach wenig transparenten Kriterien.

Deswegen ist zu überlegen, ob nicht eine offenere Vorgehensweise für die adäquate Einbin-

dung des medizinischen und medizintechnischen Fortschritts in den Entgeltkatalog zweck-

dienlicher wäre, etwa in Form eines Vorschlagsverfahrens für Zusatzentgelte. Grundsätzlich

sind die Chancen für ein innovatives Verfahren über ein NUB zu einem Zusatzentgelt zu

werden eher gering. Zukünftig sollte deswegen eine zügigere und umfassendere Einführung

von Zusatzentgelten in die Entgeltkataloge stattfinden.

Das NUB-Verfahren als solches reicht in der derzeitigen Form nicht aus, um die Einführung

des medizinischen und medizintechnischen Fortschritts in die Versorgung hinreichend zu si-

chern. Durch angemessene rechtliche wie finanzielle Rahmenbedingungen ist das Innovati-

onsklima also insgesamt zu verbessern. Maßgeblich für die weitere Diskussion sollte die

Antwort auf die Frage sein, welche Mechanismen und Steuerungen zu einer verbesserten

Innovationsdynamik beitragen.

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Literaturverzeichnis Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Identifizierung von Innovationshür-

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sellschaft für biomedizinische Technik im VDE/Institut Gesundheitsökonomie und Medizin-

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http://www.dki.de/pdf/bericht%20kh%20barometer%202007.pdf

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hausgesellschaft

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Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK): Abschlussbericht – Weiterentwicklung

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Röder, N./Fiori, W./Bunzemeier, H.: Anpassungsbedarf der Vergütung von Krankenhausleis-

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Schlottmann, N.: G-DRG-System 2006: Ein erster Überblick aus medizinischer Sicht. das

Krankenhaus 2005 (97), S. 846-858

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Anhang: Mitglieder der projektbegleitenden Arbeitsgruppe

Dr. Matthias Bosch

Jens Bussmann

Petra Cockrell

Steffi Erhardt

Gerhard Forkel

Wolfgang Frisch

Günter Gyarmathy

Dr. Lutz Helmke

Martin Kühl

Karl-Georg Schmitt

Peter Strieder

Olaf Winkler