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Anwendbarkeit von Multigassensoren zur Geruchsdetektion in der Kriminaltechnik Bachelor-Thesis im Fachbereich Polizeivollzugsdienst der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen vorgelegt von: Mathias Paul Berthold 30. August 1987 in Schwerte Kurs: P10/01 Einstellungsbehörde: PP Dortmund Erstgutachter/Betreuer: Dr. Ronald Assmus Zweitgutachter: Peter Neumann Mai 2013

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Anwendbarkeit von Multigassensoren

zur Geruchsdetektion in der

Kriminaltechnik

Bachelor-Thesis

im Fachbereich Polizeivollzugsdienst

der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen

vorgelegt von:

Mathias Paul Berthold

30. August 1987 in Schwerte

Kurs: P10/01

Einstellungsbehörde: PP Dortmund

Erstgutachter/Betreuer: Dr. Ronald Assmus

Zweitgutachter: Peter Neumann

Mai 2013

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Inhaltsverzeichnis  

1   Einleitung  .........................................................................................................................  3  

2   Einführung  in  die  Geruchsdetektion  .......................................................................  5  

2.1   Der  Geruch  und  die  biologische  Wahrnehmung  ......................................................  5  2.1.1   Definition  des  Geruches  .............................................................................................................  5  2.1.2   Biologischer  Geruchssinn  .........................................................................................................  6  2.1.3   Besonderheiten  der  Hundenase  .............................................................................................  7  

2.2   Elektronische  Nasen  –  eine  einleitende  Beschreibung  ..........................................  7  

3   Geruchsmesstechnik  ....................................................................................................  9  

3.1   Sensorik  .................................................................................................................................  9  3.1.1   Sensorphysik  ...............................................................................................................................  11  3.1.1.1   Piezoeffekt  ............................................................................................................................................  11  3.1.1.2   Halbleiterphysik  .................................................................................................................................  12  

3.1.2   Sensorchemie  ..............................................................................................................................  13  3.1.2.1   Katalyse  und  Kinetik  ........................................................................................................................  13  3.1.2.2   Chemische  Wechselwirkung  .........................................................................................................  13  3.1.2.3   Biochemische  Reaktionen  ..............................................................................................................  14  

3.2   Chemische  Sensoren  ........................................................................................................  14  3.2.1   Massensensitive  Sensoren  .....................................................................................................  16  3.2.1.1   Surface  Acoustic  Wave  Sensor  (SAW)  ......................................................................................  17  3.2.1.2   Bulk  Acoustic  Wave  Sensor  (BAW)  ............................................................................................  18  

3.2.2   Halbleitersensoren  (MOS)  .....................................................................................................  19  3.2.3   Polymersensoren  (CPS)  ..........................................................................................................  21  3.2.4   Biochemische  Sensoren  ..........................................................................................................  22  

3.3   Das  Sensorarray  ................................................................................................................  23  

4   Mathematische  Verfahren  der  Signalverarbeitung  .........................................  24  

4.1   Hauptkomponentenanalyse  ..........................................................................................  26  4.2   Polarplots  ............................................................................................................................  27  4.3   Methodische  Probleme  und  Grenzen  der  Auswertung  ........................................  28  

5   Potentielle  Anwendungsbereiche  von  Multigassensoren  und  aktuelle  

Methoden  der  Gasmessung/-­‐analyse  ....................................................................  29  

5.1   Potentielle  Anwendungsbereiche  ...............................................................................  29  5.2   Gaschromatographie  .......................................................................................................  30  

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5.3   Einsatz  von  Diensthunden  .............................................................................................  30  

6   Aktuelle  Studien  zu  elektronischen  Nasen  vor  einem  polizeirelevanten  

Hintergrund  ...................................................................................................................  31  

6.1   Sprengstoffdetektion  .......................................................................................................  31  6.1.1   Online-­‐Detektion  von  Triacetontriperoxid  ....................................................................  32  6.1.2   Ein  bioinspirierter  Ansatz  zur  Detektion  von  Nitrogruppen  .................................  34  

6.2   Betäubungsmitteldetektion  ..........................................................................................  35  

7   Anwendbarkeit  von  elektronischen  Nasen  in  der  Kriminaltechnik  ..........  37  

8   Aussicht  ...........................................................................................................................  39  

9   Literaturverzeichnis  ...................................................................................................  41  

9.1   Referenzen  ..........................................................................................................................  41  9.2   Internetliteratur  ...............................................................................................................  45  9.3   Interviews  ............................................................................................................................  47  

10   Abbildungsverzeichnis  ............................................................................................  48  

11   Glossar  ..........................................................................................................................  51  

12   Anhang  ..........................................................................................................................  55  

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1 Einleitung Gerüche sind unsere ständigen Begleiter. Sie können in uns positive oder negati-

ve Gefühle auslösen, Gefahren signalisieren, angenehm oder unangenehm sein und sie

sind vor allem eins, individuell. Diese Individualität lässt sich polizeilich nutzen, um

zum Beispiel versteckte Betäubungsmittel sowie Sprengstoffe oder vermisste Personen

zu finden. Schon in der DDR wurde verdächtigen Personen eine Geruchsprobe ent-

nommen und archiviert, um diese mit Gerüchen am Tatort zu vergleichen.1 Da das

Riechorgan des Hundes ungleich leistungsstärker ist als das des Menschen, werden der-

zeit Hunde im polizeilichen Dienst zur Detektion von Gerüchen erfolgreich eingesetzt.

Jedoch muss jeder Hund eine spezielle Ausbildung durchlaufen und anschließend im

Einsatz stetig von einem Polizeihundeführer begleitet werden, sodass sie nicht jederzeit

und spontan eingesetzt werden können, sondern für jeden Einsatz neu angefordert wer-

den müssen. Aus diesem Grund ist eine technische Alternative, die im Streifenwagen

mitgeführt werden kann wie zum Beispiel ein Alkoholtestgerät, für den täglichen Poli-

zeidienst von Interesse.

Wenn es darum geht technisch angewandte Methoden in den Polizeidienst zu in-

tegrieren, ist das die Aufgabe der Kriminaltechnik. Die Kriminaltechnik wird als Dis-

ziplin eng mit der Naturwissenschaft assoziiert. Sie ist „die Lehre von den Werkzeugen,

Hilfsmitteln und Verfahren zur Aufklärung oder Verhinderung von kriminellem Verhal-

ten“.2 Die naturwissenschaftlichen Disziplinen Physik, Chemie, Biologie und auch die

Mathematik und Medizin offerieren der Polizei somit stetig neue Methoden, die der

Verbrechensbekämpfung zutragen und im Strafprozess der Findung wichtiger Sachbe-

weise dienen. Frappierende Beispiele für erfolgreiche kriminaltechnische Verfahren

sind die Daktyloskopie und die DNA-Analyse. Die Basis solcher Methoden wird in der

Forschung und der anschließenden technischen Umsetzung der Erkenntnisse durch In-

genieure gelegt. Häufig vergehen Jahrzehnte, bis aus wissenschaftlicher Grundlagenfor-

schung ein anwendbares Verfahren entsteht.

Derzeit machen jedoch interdisziplinäre wissenschaftliche Projekte, die sich mit

der technischen Detektion von Gerüchen beschäftigen, beachtliche Fortschritte. Aus

vielen Projekten sind bereits sogenannte elektronische Nasen oder Multigas-

Sensorsysteme (ich werde diese Begriffe synonym verwenden) hervorgegangen, die in

der Funktion einer biologischen Nase nachempfunden sind und kommerziell Verwen-

1 Vgl. Schacht, Rüdiger (2010): Geruch als Fingerabdruck, Der Geruch der Dissidenten, in: Zeit-Online, URL: [http://www.zeit.de/wissen/2010-12/stasi-duftarchiv; 16.05.2013, 19:10h]. 2 Schwind, Hans Dieter (2011): Kriminologie. Eine praxisorientierte Einführung, S.11.

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dung finden. So werden diese in der Lebensmittel- und Genussmittelindustrie zur Quali-

tätskontrolle oder in der Automobilindustrie zur Luftklappensteuerung eingesetzt. Dort

helfen sie, Geruchskontrollen zu objektivieren oder im Fall der Automobilindustrie das

Ansaugen von Außenluft bei Tunnelfahrten und Staus zu regeln. Aber auch in der Me-

dizin gibt es erste Verwendungsansätze bei der Früherkennung von Krankheiten. Un-

längst wurde an der Universität in Göteborg ein Gerät entwickelt, das am Geruch von

Blutproben erkennen kann, ob eine Patientin Eierstockkrebs hat.3

Auch die Polizei hat das Potential einer objektiven, technischen Geruchsdetekti-

on längst für sich erkannt. Bereits 1994 wurde auf einer Arbeitstagung des Bundeskri-

minalamtes das Rauschgiftspürgerät „Sentor“ vorgestellt, dessen Entwicklung in den

USA durch das BKA beobachtet wurde. Es ist in der Lage, Kokain sowie Heroin zu de-

tektieren. Der Preis einer solchen Einheit wurde jedoch auf 350.000 DM geschätzt. Zu-

dem war das Gerät ob der technischen Möglichkeiten zu groß, um mobil eingesetzt zu

werden, sodass weiterhin aufwendige Verfahren der analytischen Chemie in den Unter-

suchungsstellen der Kriminaltechnik oder der Einsatz von Diensthunden nötig sind, um

einen Geruch zu messen.4

In diesem Kontext könnten mobile und kostengünstige elektronische Nasen den

Horizont kriminaltechnischer Methoden erweitern. Es wird sogar nicht selten in Vorträ-

gen oder Artikeln, die in einem Zusammenhang mit elektronischen Nasen stehen, der

potentielle Anwendungsbereich der polizeilichen Arbeit erwähnt. Jedoch wird über die

Theorie hinaus keine Aussage getroffen und dem Rezipienten haftet der Eindruck einer

futuristischen Methode zur Verbrechensbekämpfung an.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Anwendbarkeit von Multigassensor-

systemen im täglichen polizeilichen Dienst zu überprüfen. Dabei werden mehrere Fak-

toren zu bewerten sein. Zum einen wird vor dem gegenwärtigen Stand der Forschung

erörtert, ob eine technische Umsetzung in Bezug auf die polizeibezogenen Anwen-

dungsmöglichkeiten derzeit möglich ist. Zum anderen wird die technische Umsetzbar-

keit vor einem ökonomischen und funktionellen Hintergrund betrachtet, um eine realis-

tische Gesamteinschätzung über den Einsatz von elektronischen Nasen vorzunehmen.

Dazu soll vor allem der Vergleich mit dem biologischen Pendant, der Hundenase und

den Methoden der analytischen Chemie geschaffen werden.

3 Vgl. Schwan, Ben (2011): Dem Krebs auf der Spur, in: Technology Review, URL: [http://www.heise.de/tr/artikel/Dem-Krebs-auf-der-Spur-1182642.html; 17.04.2013, 15:37h]. 4 Vgl. Hnatnicky, Sven (1994): Detektion von Rauschgiften mit Röntgentechnik und Rauschgiftspürgerät, in: BKA, kriminalistisch- kriminologische Forschungsgruppe [Hrsg.] (1994): Aktuelle Methoden der Kriminaltechnik und Kriminalistik, S. 209-212.

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Fest steht jedoch: Gerüche können einzigartig sein, sodass die elektronische Na-

se potentiell ein Anwendungsspektrum vom Detektieren von Betäubungsmitteln,

Sprengstoffen und Brandbeschleunigern bis hin zum Geruch, den ein Täter am Tatort

hinterlassen hat, offenbart.5 Aber nur, wenn sie technisch ausgereift, differenziell und

mobil anwendbar sowie finanzierbar ist, böte sie eine echte Alternative zu den heutigen

Methoden.

2 Einführung in die Geruchsdetektion

2.1 Der Geruch und die biologische Wahrnehmung Da elektronische Nasen der biologischen nachempfunden werden sollen, werden

deren Aufbau und der Geruch als Messgröße im Folgenden beschrieben.

2.1.1 Definition des Geruches

Der Geruch ist die Interpretation der wahrgenommenen Gasmoleküle, die über

die Geruchsrezeptoren des olfaktorischen Sinnes aufgenommen werden, sodass der Ge-

ruch keine einfache physikalische Observable darstellt. Zudem wird die Anzahl der

riechbaren Moleküle durch die Physiologie des Geruchssinnes beschränkt.

Grundsätzlich setzt sich der Geruch aus vier Komponenten zusammen: Der

Wahrnehmung, der Quantität, der Qualität sowie der hedonischen Wirkung. Die Wahr-

nehmung repräsentiert dabei die Gaskonzentration, die einen Stimulus im Sinnesorgan

auslöst, also einen Schwellwert. Da die Wahrnehmung in Abhängigkeit der Person vari-

iert, wird sie, gemessen an der mittleren Geruchsschwelle einer Testgruppe, berechnet.

Die Quantität stellt die Stärke der Geruchsempfindung dar. Diese nimmt in Abhängig-

keit der Gaskonzentration zu. Ist G die Geruchsempfindung, korreliert diese mit der

Gaskonzentration R zu

𝐺 = 𝑘! ∙ 𝑙𝑛𝑅𝑅!

(2.1)

wobei 𝑘! den Weber-Fechner Koeffizienten repräsentiert und 𝑅! die Schwell-

wertkonzentration.6

5 Vgl. Voss-de Haan, Patrick (2005): Physik auf der Spur, Kriminaltechnik heute, S. 276. 6Vgl. Haas, Torsten (2009): Methodische und technische Grundlagen zur Messung von geruchsaktiven Gasen durch Nutzung eines Multigas-Sensorsystems, S.1f..

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Dadurch, dass die Geruchsempfindung proportional zum Logarithmus der Ge-

ruchskonzentration ist, ergibt sich für höhere Gaskonzentrationen eine geringere olfak-

torische Empfindlichkeit. Durch das Weber-Fechner Gesetz (2.1) wurde sich an einer

Objektivierung des wahrgenommenen Geruches angenähert und gezeigt, wie sich dieser

in Abhängigkeit der Konzentration verhält. Weiterhin definiert die DIN EN 13725 den

Geruch in der Geruchseinheit GE. Diese gibt die Masse von Geruchsmolekülen an, die

in 1m3 Neutralluft unter genormten Bedingungen nötig ist, um den gleichen Stimulus

bei einer Testgruppe im Sinnesorgan hervorzurufen, wie eine Referenzsubstanz. Als Re-

ferenzsubstanz wird n-Butanol verwendet, die so definiert ist, dass sie bei 1!"!! liegt.

Damit ergibt sich die Schwellkonzentration eines Stoffes aus dem Vielfachen der

Grundeinheit GE.7

2.1.2 Biologischer Geruchssinn

Die sogenannte olfaktorische Wahrnehmung (lat. olfactus ‚Geruchssinn’) wird

durch die Stimulation von Riechzellen in der Nase durch Gasmoleküle initialisiert. Je-

der Mensch besitzt etwa 30 Millionen Riechzellen, die sich aus ca. 350 verschiedenen

funktionalen Geruchsrezeptoren zur Differenzierung von Gerüchen zusammensetzen.

Dabei ist nicht nur ein Rezeptor für einen bestimmten Geruch anfällig, vielmehr interfe-

rieren mehrere Rezeptoren, die wiederum stärker oder schwächer auf ein Geruchsmole-

kül reagieren und so ein komplexes Muster der Gaszusammensetzung in der Umge-

bungsluft erzeugen, durch welches der Geruch repräsentiert wird. Durch den Mecha-

nismus der Musterbildung kann der Mensch etwa 10.000 verschiedene Gerüche unter-

scheiden. Die Anzahl der passenden Moleküle für einen bestimmten Rezeptor hängt

vom Rezeptor ab. Es gibt hoch spezifisch ansprechende Rezeptoren, andere hingegen

sind unspezifischer.8 Die Geruchsmoleküle als Anreger der Rezeptoren sind in der Re-

gel flüchtig, hydrophob, polar und haben eine Masse von bis zu 300 DA.9 Fast alle

können vom Geruchssinn als chemische Verbindungen mit niedrigen Schwellwerten,

das heißt bei geringen Konzentrationen, unterschieden und wahrgenommen werden.10

Anatomisch lassen sich zwischen der technischen Nase und der biologischen

gewissen Analogien erkennen, die sich im Verlauf der Arbeit zeigen werden. In der Na-

7 Vgl. DIN, Kommission R. u.: Bestimmung der Geruchskonzentration mit dynamischer Olfaktometrie, in: DIN EN 13725 (2003) zit. n.: Haas, Torsten (2009): Methodische und technische Grundlagen zur Messung von geruchsaktiven Gasen durch Nutzung eines Multigas-Sensorsystems, S.2. 8 Vgl. Renneberg, Rainer; Süßbier, Darja (2009): Bioanalytik für Einsteiger. Diabetes, Drogen und DNA, S. 119-129. 9 Vgl. Gardner, Julian; Bartlett, Philip (1994): A brief history of electronic noses, in Sensors and Actuators B. Chemical, 18 (1), S. 211. 10 Vgl. Ohloff, Günther (1990): Riechstoffe und Geruchssinn. Die molekulare Welt der Düfte, S. 1-5.

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sennebenhöhle der biologischen Nase befinden sich drei übereinanderliegende, wulstar-

tige Gebilde (Conchen), die in toto mit einer Schleimhaut überzogen sind. Das eigentli-

che Riechepithel befindet sich in einer kleineren Region in der obersten Conchen. Dort

ragen die Sinneszellen (Zilien) aus der Schleimhaut heraus und treten mit ihrer Umwelt

in Kontakt. Reagiert ein Geruchsmolekül mit einer solchen Rezeptorzelle wird ein

elektrischer Impuls erzeugt, der über Nervenfasern an eine Mitrazelle im Bulbus ol-

factarius weitergeleitet wird. In Mitrazellen werden Nervenfasern gleicher Rezeptorzel-

len konvergiert, sodass die ankommenden elektrischen Impulse verstärkt werden. Der

verstärkte Impuls wird über das Nervenbündel an das Gehirn weitergeleitet und dort in-

terpretiert.11

2.1.3 Besonderheiten der Hundenase

Bezogen auf die Leistungsstärke gibt es signifikante Unterschiede zwischen der

menschlichen und der Hundenase. Sie ist um den Faktor 106 besser und kann bereits

Konzentrationen um die 90 parts per trillion (ppt) wahrnehmen. Das liegt daran, dass

zum Beispiel ein Schäferhund etwa 220 Millionen Riechzellen hat und damit im Ver-

gleich zum Menschen wesentlich mehr. Die Anzahl der Riechzellen hängt jedoch von

der Hunderasse ab. Ein weiterer Vorteil ist, dass Hunde in der Lage sind bis zu 300 Mal

in der Minuten zu atmen, wodurch viel mehr Geruchsstoffe aufgenommen werden kön-

nen. Zudem macht die Hirnregion, die für die Interpretation der Gerüche zuständig ist,

nicht wie beim Menschen etwa 1% des Gehirnvolumens, sondern 10% aus.12 Diese ana-

tomische Überlegenheit führt dazu, dass Hunde durch das Riechen eine sehr differen-

zierte Wahrnehmung ihrer Umwelt haben. Diese Wahrnehmung funktioniert bis zu Dis-

tanzen von mehreren Kilometern. Außerdem kann der Hund stereo riechen und somit

zwischen links und rechts unterscheiden.13

2.2 Elektronische Nasen – eine einleitende Beschreibung Die ersten spezifischen Entwicklungen zur elektronischen Geruchsmessung began-

nen Anfang der sechziger Jahre. Jedoch wurde das erste Multigas-Sensorsystem, so wie

es heute eingesetzt wird, erst zu Beginn der achtziger Jahre vorgestellt. Die Intention

der Wissenschaftler war es eine Technologie zu entwickeln, die Gerüche objektiv zu

11 Vgl. Hatt, Hanns (2007): Aufbau des Riechsystems und seine zentralen Verschaltungen, in: Schmidt, Robert [Hrsg.]; Lang, Flori-an [Hrsg.] (2007): Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie, S. 428ff.. 12 Vgl. Renneberg, Rainer; Süßbier, Darja (2009): Bioanalytik für Einsteiger. Diabetes, Drogen und DNA, S. 118. 13 Vgl. Liebeck, Christiane (2006): Mantrailing, Menschenspuren sicher verfolgen, S. 19 ff.

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bewerten vermag, um zum Beispiel in der Industrie Qualitätskontrollen durchzuführen.

Der Grund dafür war, dass es zur teuren und zeitaufwendigen Geruchsanalyse durch

Experten keine befriedigende Alternative gab. Die bis dahin konventionellen techni-

schen Methoden wie die Gaschromatografie oder Massenspektroskopie wurden zwar

neben der menschlichen Analyse angewandt, jedoch waren sie extrem zeitaufwendig

und führten nicht selten zu unbrauchbaren Ergebnissen. Anders als bei der Gaschroma-

tografie sollten Multigas-Sensorsysteme nicht mehr einzelne Komponenten identifizie-

ren, sondern in Anlehnung an den biologischen Geruchssinn eine kollektive Aussage

über die Gaszusammensetzung der Umgebung treffen.

In diesem Kontext kam der Begriff der elektronischen Nase auf, wodurch die Ana-

logie zum biologischen Geruchssinn suggeriert und die im Grundsatz auch angestrebt

wurde. Der Definition nach ist eine elektronische Nase:

„[...] an instrument, which comprises an array of electronic chemical sensors with

partial specificity and an appropriate pattern-recognition system, capable of

recognising simple or complex odours“.14

Jedoch sei schon an dieser Stelle angemerkt, dass die durch den Begriff implizierte

Analogie zur biologischen Nase zwar nicht falsch ist, aber durchaus zu einem falschen

Eindruck führen kann. Eine elektronische Nase ist der funktionalen Komplexität der bi-

ologischen noch nicht äquivalent und offenbart bisweilen methodische Unterschiede. So

hat der biologische Geruchssinn eine hohe Empfindlichkeit (ppt) bei einem zugleich

großen Empfindlichkeitsbereich. Das bedeutet, dass bereits ein Teil pro 1012 anderer

Teilchen in der Umgebungsluft ausreicht, um ein Geruchsereignis auszulösen. Das

technische Pendant ist hingegen in einem darüber liegenden Bereich (ppm, parts per

million) empfindlich und somit um den Faktor 106 weniger sensitiv.15 Zudem ist der Be-

reich, in dem ein Multigassensor arbeitet, nicht so groß wie der des biologischen Ge-

ruchssinnes. Dafür ist er anpassbar. Zum Beispiel können bestimmte Gerüche von einer

biologischen Nase nicht wahrgenommen werden. Elektronische Nasen können hingegen

so gebaut werden, dass sie auch für Menschen geruchslose Gase messen können. Der

Begriff der elektronischen Nase sollte also im Verlauf der Arbeit immer so verstanden

14 Gardner, Julian; Bartlett, Philip (1994): A brief history of electronic noses, in: Sensors and Actuators B. Chemical, 18 (1), S. 213. 15 Vgl. Boeker, Peter (2010): Elektronische Nasen: Das methodische Konzept und seine Problematik, Teil 1: Einführung und Prob-lemlage, in: Gefahrstoffe-Reinhaltung der Luft, Teil 1: Einführung und Problemlage, 70 Nr. 7/8, S. 314f..

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werden, dass trotz der zahlreichen Gemeinsamkeiten, vor allem im schematischen Auf-

bau, im Detail Unterschiede bestehen.16

Elektronische Nasen sind grundsätzlich aus einer Anzahl von n Sensoren aufge-

baut, die in einem Array (Sensorfeld) zusammengefasst werden. Dabei unterscheiden

sich die einzelnen Sensoren in ihrem Messverhalten für verschiedene Gase. Das Ergeb-

nis einer Messung ist ein Signalmuster aus den Antworten der verschiedenen Sensoren,

welches die Gaszusammensetzung, also den Geruch, repräsentiert.

3 Geruchsmesstechnik Wie einleitend beschrieben, bestehen elektronische Nasen im Kern aus einer An-

zahl von Sensoren, die ein Gas in der Umgebungsluft messen.

Häufig verwendet werden Quarze (QMB, Quarz-Crytal Micro Balance), die mas-

senabhängig ihre Frequenz ändern. Diese Quarze schwingen über ihr ganzes Volumen,

weshalb sich auch die Bezeichnung BAW (Bulk Acoustik Wave) durchgesetzt hat.

Ebenfalls die Frequenz ändern SAW-Sensoren (SAW, Surface Acoustic Wave), bei de-

nen sich die Schwingungen auf der Oberfläche des Volumens messen lassen. Des Wei-

teren werden Materialien verwendet, die durch Interaktion mit einem Gasmolekül ihre

Leitfähigkeit verändern. Darunter fallen Polymersensoren (CPS, Conducting Polymer

Sensor) oder Metalloxid-Halbleitersensoren (MOS, Metal Oxide Semiconductor).17 Ein

anderer Ansatz mit großem Potential sind Biosensoren, die durch bioaktive Oberflächen

mit ihrer Umwelt wechselwirken. Im Folgenden wird ausführlich erläutert, wie Senso-

ren arbeiten und auf welchen chemischen und physikalischen Phänomenen die Funkti-

onsweise basiert, um abschließend die bereits aufgezählten Sensoren näher in ihren Ei-

genschaften zu beschreiben.

3.1 Sensorik

Die Sensorik (von lat. Sensus ‚Gefühl, Empfindung’) begann sich in den siebziger

Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts zu entwickeln. Grund dafür war, dass sich intelli-

gente Maschinen selbstständig in ihrer Umwelt bewegen oder diese beschreiben sollten.

So kann ein Sensor in seiner weitesten Beschreibung als technisches Sinnesorgan aufge-

fasst werden, das durch Interaktion mit seiner Umwelt ein elektrisch auswertbares Sig-

16 Vgl. Röck, Frank; Weimar, Udo; Barsan, Nicolae (2008): Electronic Nose: Current Status and Future Trends, in: Chemical Re-view, 108 (2), S. 705. 17 Vgl. Klintworth, Rolf; Grafe, Heide; Weil, Björn (2009): Qualitäts- und Verfahrenstechnik, elektronische Nase, Hochschule Bre-men - University of applied Science, URL: [http://www.hs-bremen.de/internet/forschung/projekte/detail/bm_cc-0209-1.pdf, 16.04.2013, 21:55h], S. 3f..

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nal zur Beschreibung dieser erzeugt. Als Vorbild für die Entwicklung von Sensoren

diente der biologische Organismus, sodass der Vergleich mit dem technischen Pendant

häufig strukturelle Analogien erkennen lässt, wie es in Abbildung 3.1 dargestellt ist.

Abbildung 3.1: Analogie zwischen biologischer und technischer Signalverarbeitung18

Am Anfang der Messung steht ein Messfühler, der in direktem Kontakt mit seiner

Umwelt steht und für einen bestimmten Parameter empfindlich ist. In einem Transduk-

tor werden anschließend die gewonnenen Informationen in ein elektrisches Signal um-

gewandelt. Häufig wird ein elektrisches Signal einer bestimmten Form und Größe benö-

tigt. Dieses wird mit einer Analogschaltung, zum Beispiel einem Operationsverstärker,

erzeugt und weiter an einen Computer gegeben, der das elektrische Signal mathema-

tisch auswertet und in gewünschter Form darstellt.19

Nach diesem Prinzip arbeitet ein Multigas-Sensorsystem (Abb. 3.2). Ein Gasmo-

lekül trifft, nachdem es, bezogen auf die Molekülgröße, gefiltert worden ist, auf das

sensitive Sensorelement und wird von einer bestimmten physikalischen oder chemi-

schen Größe in ein elektrisches Signal umgewandelt. Die Auswerteeinheit vergleicht

das Messsignal mit zuvor kalibrierten Daten und gibt ein Signalmuster aus.20

Damit ein Rezeptor eine gewünschte Größe misst, müssen zwischen ihm und seiner

Umwelt Wechselwirkungen stattfinden. Um dies zu erreichen werden bekannte physi-

kalische und chemische Phänomene ausgenutzt.

18Gündler, Peter (2004): Chemische Sensoren. Eine Einführung für Naturwissenschaftler und Ingenieure, S.2. 19 Vgl. ebenda, S. 1ff. 20 Vgl. Röck, Frank; Weimar, Udo; Barsan, Nicolae (2008): Electronic Nose: Current Status and Future Trends, in: Chemical Re-view, 108 (2), S. 707.

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Abbildung 3.2: Schematischer Aufbau von der Detektion bis zur Auswertung einer elektroni-schen Nase21

3.1.1 Sensorphysik

3.1.1.1 Piezoeffekt

Der Piezoeffekt ist die Grundlage für die Funktion von Schwingquarzen. Wird

ein Quarz zusammengedrückt, entsteht zwischen den gegenüberliegenden Flächen eine

elektrische Spannung. Umgekehrt zieht sich ein Quarz zusammen, wenn an ihm von

außen eine Spannung angelegt wird. Der Grund für das Auftreten dieses Phänomens ist

die asymmetrische Kristallstruktur von Quarzen. Wird die Kristallstruktur verformt, bil-

den sich Dipole. Die Summe der entstehenden Dipole entspricht der von außen messba-

ren Spannung.22

Abbildung 3.3: Piezoeffekt veranschaulicht an einer Quarzelementarzelle. Links der asymmetrische Kristall. Rechts die Dipolbildung nach der Verformung durch eine äußere Krafteinwirkung23

21 Röck, Frank; Weimar, Udo; Barsan, Nicolae (2008): Electronic Nose: Current Status and Future Trends, in: Chemical Review S. 707. 22 Vgl. Grahmann, Jan (2007): Hochempfindliche resonante Gassensoren auf der Basis von einkristallinen Silizium-Plattenschwingern, S. 35. 23 ebenda, S.35.

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3.1.1.2 Halbleiterphysik

„Halbleiter sind physikalisch definierte Festkörper, [...] bei welchen zumindest

durch äußere Einwirkungen eine Leitfähigkeit erzwungen werden kann.“24 Der am häu-

figsten genutzte Halbleiter ist Silizium. Durch Dotieren werden fremde Atome in das

Siliziumgitter eingebracht. Es wird zwischen p- und n-Dotierungen unterschieden. Bei

der p-Dotierung wird ein Atom in das Kristallgitter eingebracht, welches ein Valen-

zelektron weniger als Silizium besitzt. Bei der n-Dotierung hingegen wird ein Atom

eingebracht, welches ein Valenzelektron mehr besitzt. Durch die neue Struktur entste-

hen frei bewegliche Elektronen bzw. Elektronenlücken, die sich bei Anlegen einer

Spannung im Halbleiter bewegen können. Dabei kann man sich die Elektronenlücken

analog zu den frei fließenden Elektronen vorstellen, nur dass sie sich in umgekehrter

Richtung bewegen.

Die Arbeitsweise von Halbleitern kann am besten anhand des Bändermodells be-

schrieben werden. Dieses setzt sich aus einem Leiterband und einem Valenzband zu-

sammen. Im Leiterband befinden sich die frei beweglichen Elektronen, die zur La-

dungsübertragung beitragen. Im Valenzband befinden sich die am Atom gebundenen

Elektronen. Je kleiner die Bandlücke zwischen dem Valenzband und dem Leiterband

ist, desto größer ist die elektrische Leitfähigkeit eines Stoffes, da sich Elektronen durch

eine Zufuhr von Energie aus dem Valenzband lösen und in das Leiterband aufsteigen

können. Die Größe der Bandlücke von Halbleitern liegt zwischen der von Metallen und

Isolatoren. Wesentlich mit beeinflusst wird die Leitfähigkeit von der Umgebungstempe-

ratur. Bei Zimmertemperaturen weisen Halbleiter eine geringe Eigenleitfähigkeit auf.

Durch das Dotieren des Materials kann diese gezielt modifiziert werden.25 Anders als

bei der Verwendung als Bauteil in der Elektrotechnik, wird bei chemischen Sensoren

nicht von außen eine Steuerspannung angelegt, sondern durch eine chemische Reaktion

auf einer sensitiven Kontaktfläche des Halbleiters der Sensor angesteuert. Diese sorgt

dafür, dass sich Elektronen aus dem Valenzband lösen und in das Leiterband aufsteigen.

Der entstehende Stromfluss kann dann gemessen werden.

24 Sauer, Rolf (2009): Halbleiterphysik, Lehrbuch für Physiker und Ingenieure, S.1. 25 Vgl. Thuselt, Frank (2005): Physik der Halbleiterbauelemente, Einführendes Lehrbuch für Ingenieure und Physiker, S. 32-64.

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3.1.2 Sensorchemie

3.1.2.1 Katalyse und Kinetik

Chemische Reaktionen laufen mit einer bestimmten Reaktionsgeschwindigkeit

𝑣 =𝛥𝑛𝛥𝑡

(3.1)

,wobei n die Stoffmenge in Mol und t die Zeit ist,

ab, die mit dem Differential der umgesetzten Stoffmenge nach der Zeit beschrieben

werden kann. Je größer die Konzentration der Moleküle in der Luft ist, desto größer ist

die Geschwindigkeit der chemischen Reaktion. Diese Geschwindigkeit kann gemessen

werden, wodurch Rückschlüsse auf die Gaskonzentration getroffen werden können. Ei-

ne Reaktion postuliert eine bestimmte Aktivierungsenergie, die überwunden werden

muss, um eine chemische Reaktion auszulösen. Katalysatoren senken diesen Wert der

benötigten Energie und beschleunigen die chemische Reaktion oder setzen diese erst in

Gang, ohne sich dabei selbst zu verändern.26

3.1.2.2 Chemische Wechselwirkung

Chemische Wechselwirkungen können als nicht ganz vollendete chemische Re-

aktionen verstanden werden, da der abschließende Umsatz von Reaktanten nicht vor-

liegt. Ein Prinzip der chemischen Wechselwirkung ist die Adsorption. Darunter ist die

Anreicherung oder die Abreicherung von Substanzen an der Grenzschicht eines Sensors

zu verstehen. Genauer unterschieden wird zwischen physikalischen (Physisorption) und

chemischen (Chemisorption) Mechanismen der Adsorption. Bei der Physisorption bin-

den schwache Adhäsionskräfte (van der Waals Kräfte) die Moleküle an der Oberfläche.

Dies ähnelt dem Prinzip der Adhäsion. Bei der Chemisorption werden die Moleküle

durch chemische Bindungen an der Oberfläche der Sensorschicht gebunden. Durch die

chemische Bindung kann sich das adsorbierte Molekül jedoch verändern.

Neben der Adsorption können Moleküle auch absorbiert werden. Dabei diffun-

dieren Moleküle aus der Umgebungsluft in das Material des Sensors hinein. Das kann

zum Beispiel bei Polymeren dazu führen, dass sie ihre Masse oder ihre Leitfähigkeit

ändern.27

26 Vgl. Gündler, Peter (2004): Chemische Sensoren. Eine Einführung für Naturwissenschaftler und Ingenieure, S. 72-78. 27 Vgl. ebenda, S. 41f..

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3.1.2.3 Biochemische Reaktionen

Biochemische Reaktionen können über ein Enzym katalysiert werden. Enzyme

sind Proteine mit wenigen hundert Aminosäuren. Das reaktive Zentrum des Enzyms ist

eine hydrophobe Tasche, die sich über ein Substratmolekül legt. Die Form und Größe

der Tasche sorgt dafür, dass das Enzym nur mit einem bestimmten Molekül reagiert.

Dieser Mechanismus wird Schlüssel-Schloss-Prinzip genannt, da nur Moleküle einer

bestimmten Form zu einem Rezeptor passen. Durch das Enzym wird, wenn es in den

entsprechenden Rezeptor passt, die Aktivierungsgrenze des Prozesses gesenkt oder erst

ausgelöst und die biochemische Reaktion beschleunigt.28 Wie bei den chemischen Kata-

lysatoren ist auch hier die Reaktionsgeschwindigkeit messbar.

3.2 Chemische Sensoren Chemische Sensoren finden immer dann Anwendung, wenn es sich bei der zu un-

tersuchenden Messgröße um einen chemischen Zustand handelt. Dies kann wie bei

Multigassensor-Systemen die Konzentration in einem bestimmten Gas sein. Im Gegen-

satz zu anderen Sensoren wurde für die chemischen durch die International Union of

Pur and Applied Chemistry (IUPAC) eine eigenständige Definition festgelegt:

„Ein chemischer Sensor ist eine Anordnung, die chemische Informationen in ein

analytisch nutzbares Signal umwandelt. Die erwähnten chemischen Informationen

können von einer chemischen Reaktion der Probe oder von einer physikalischen

Eigenschaft des untersuchten Systems herrühren. Chemische Sensoren enthalten

gewöhnlich zwei Basiskomponenten in Serienordnung. Ein chemisches Erken-

nungssystem und einen physikochemischen Transduktor.“29

Darüber hinaus besteht Einigkeit darüber, dass chemische Sensoren bestimmte

Merkmale erfüllen müssen. Sie sollten

• chemische Informationen in elektrische Signale umwandeln,

• schnell ansprechen,

• lange einsetzbar und reversibel sein,

• miniatursierbar sein, 28 Vgl. Kytzia, Hans Joachim (2012): Enzyme als Katalysatoren, in: Lottspeich, Friedrich [Hrsg.]; Engels, Joachim [Hrsg.] (2012): Bioanalytik, S. 49. 29 Hulanicki, Adam et al. (1991): Chemical sensors definitions and classification, in: Pure Applied Chemistry, 63 (9), S. 2048.

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• preisgünstig sein,

• spezifisch auf einen Analyten oder selektiv auf eine Gruppe von Analyten an-

sprechen

• und bei Bedarf eine hohe Sensitivität aufweisen, um auch für geringe Gaskon-

zentrationen empfindlich zu sein.30

Bezüglich der Klassifizierung einzelner Sensorgruppen wird nach dem Prinzip der

Transduktion differenziert. Demnach unterscheidet man zwischen optischen, elektro-

chemischen, elektronischen, masseempfindlichen, magnetischen und thermometrischen

Prinzipien für chemische Sensoren, sodass alle im weiteren Verlauf aufgeführten Senso-

ren für Multigassensor-Systeme unter die Gruppe der chemischen Sensoren fallen. Häu-

fig werden Biosensoren als selbstständige Gruppe aufgeführt. Jedoch können sie laut

der IUPAC auch unter der Gruppe der chemischen Sensoren subsumiert werden, da das

Erkennungssystem einen biochemischen Mechanismus nutzt.

Auf der Grundlage der Definition der IUPAC werden zwei Basiselemente für che-

mische Sensoren genannt, der Rezeptor und der Transduktor.

Der Rezeptor ist in dem Fall der Empfänger der zu messenden Größe und steht mit

dieser in direktem Kontakt. Häufig besteht er aus einer dünnen Schicht, die in Wech-

selwirkung mit dem Probemolekül tritt, eine Reaktion selektiv katalysiert oder in einem

chemischen Gleichgewicht mit Substanzen der Probe steht. Die am häufigsten auftre-

tenden Wechselwirkungsmechanismen sind die Adsorption, der Ionenaustausch und die

Extraktion. Diese Mechanismen wirken an der Grenzfläche zwischen dem Analyten und

der sensitiven Schicht des Sensors und bewirken zum Beispiel eine Massenzunahme.

Ein anderer Mechanismus ist eine chemische Reaktion. Eine solche liegt vor, wenn der

Rezeptor als Katalysator wirkt und die Reaktion mit einem Probemolekül beschleunigt.

Biorezeptoren nutzen einen Mechanismus, der dann wirkt, wenn das Probemolekül eine

bestimmte Form und Größe aufweist.

Messgrößen werden grundsätzlich durch elektrische Signale verarbeitet. Aus die-

sem Grund ist es nötig zwischen dem Rezeptor und der Auswerteinheit einen Transduk-

tor zu integrieren, der eine nicht elektrische Größe wie zum Beispiel eine Temperatur,

in eine elektrische Größe umwandelt. Das kann eine Spannung, ein Strom, ein Wider-

stand oder eine damit assoziierte Größe sein. Bei chemischen Sensoren ändern die Re-

zeptoren ob der Wechselwirkung mit dem sie umgebenden Medium ihre physikalischen 30 Vgl. Mashayekhi, Parham (2005): Eine massensensitive elektronische Nase zur Erkennung, Untersuchung und Qualitätskontrolle von Safran und Trüffel, S. 11f..

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Eigenschaften. Zum Beispiel ändert ein Schwingquarz durch adsorbierte Moleküle seine

Masse m. Die Veränderung in eine elektrische Größe umzuwandeln, ist Aufgabe des

Transduktors. Im Fall des Schwingquarzes wird die Änderung der Masse Δm in eine

Änderung der Frequenz Δf der Schwingung am Quarz zur Messung umgewandelt. Da

der Transduktor eng mit dem Rezeptor verknüpft ist, befinden sich beide häufig in ei-

nem Bauelement. Es gibt jedoch Fälle, in denen sich Rezeptor und Transduktor nicht

mehr unterscheiden lassen, da bereits das mit der Umwelt interagierende Element auf-

grund der Wechselwirkung seine elektrische Eigenschaft verändert. Dies ist zum Bei-

spiel bei MOS-Sensoren der Fall. 31

3.2.1 Massensensitive Sensoren

Massenempfindliche Sensoren lassen sich anhand einer Analogie aus der Me-

chanik beschreiben. Stellt man sich ein Pendel vor, das mit einer bestimmten Frequenz f

vertikal schwingt, wird ein Erhöhen der Masse m die Auslenkung des Pendels vergrö-

ßern und zu einer Frequenzänderung Δf führen. Massenempfindliche Sensoren nutzen

ebenfalls eine von der Masse abhängige Frequenzänderung, indem auf ihrer Oberfläche

eine selektive Schicht aufgetragen wird, die bestimmte Stoffe aufnehmen kann. In der

Regel basieren diese Sensoren auf dem piezoelektrischen Effekt. Dazu wird ein Quarz

mit zwei Metallkontakten auf der Oberfläche versehen. Dieser lässt sich in eine elektro-

nische Rückkoppelschaltung integrieren. Am Ausgang der Schaltung wird eine Wech-

selspannung mit konstanter Resonanzfrequenz f0 ausgegeben. Adsorbieren Moleküle an

der sensitiven Schicht, kommt es in Abhängigkeit der Massenänderung Δm zu einer

Änderung der Frequenz Δf. Da die Schwingung des Piezokristalls mit der Ausbreitung

einer Körperschallwelle im Feststoff assoziiert ist, werden diese häufig als Messsignal

verwendet.32

Die Empfindlichkeit liegt bei massesensitiven Sensoren in einem Bereich <1

ppm, da schon eine Adsorption geringer Massen eine Änderung der Frequenz bewirkt.

Aus demselben Grund ist die Selektivität dieser Sensoren gering, sodass sie häufig in

Kombination mit anderen Sensortypen verwendet werden.33 Der Nachteil bei Massen-

schwingern ist der benötigte komplexe elektrische Schaltkreis.34 Massensensitive Sen-

31 Vgl. Gündler, Peter (2004): Chemische Sensoren. Eine Einführung für Naturwissenschaftler und Ingenieure, S. 7ff.. 32 Vgl. ebenda, S. 121f.. 33 Vgl. Bai, Hua; Shi, Gauquan (2007): Gas sensors based on conducting polymers. in: Sensors, 7 (3), S. 287. 34 Vgl. Wilson, Alphus; Baietto, Manuela (2009): Applications and advances in electronic-nose technologies, in: Sensors, 9 (7), S. 5113.

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soren werden in zwei Gruppen eingeteilt. Zum einen die Volumenschwinger (BAW)

und zum anderen die Oberflächenschwinger (SAW).

3.2.1.1 Surface Acoustic Wave Sensor (SAW)

Bei SAW-Sensoren wird die sich auf der Oberfläche der sensitiven Schicht aus-

breitende Transversalwelle als Messgröße verwendet. Dazu werden zwei dünne Metall-

schichten getrennt voneinander auf der Basisplatte des Piezokristalls angebracht. Eine

davon fungiert als Sender, die andere als Empfänger. Dazwischen befindet sich die sen-

sitive Verzögerungsschicht. Wird an die Senderplatte eine Wechselspannung angelegt,

entsteht durch den Piezoeffekt auf der Oberfläche der Verzögerungsschicht eine mecha-

nische Oberflächenwelle. Der Empfänger kann die Welle als Wechselspannungssignal

mit der Resonanzfrequenz f0 aufnehmen und messen.

Abbildung 3.4: Funktionsschema SAW-Sensor35

Tritt ein Analyt mit der sensitiven Oberfläche, der Verzögerungsschicht, in Kon-

takt, verlängert sich die Laufzeit der Welle und die Frequenz !!

wird kleiner. Der

Grund dafür ist die Massenänderung Δm des Kristalls durch die Adsorption von Mole-

külen an der Oberfläche. Je größer die Dicke und die Dichte des sensitiven Materials

sind, desto größer ist die Frequenzänderung. Die Frequenzänderung ergibt sich aus:

∆𝑓 = (𝑘! + 𝑘!) ∙ 𝑓!! ∙ ℎ ∙ 𝜌! (3.2)

wobei k1 und k2 die Materialkonstanten des Piezokristalls, f0 die Resonanzfrequenz des

Kristalls, h die Dicke der Verzögerungsschicht und 𝜌! deren Dichte sind.36

35 James, David et al. (2005): Chemical sensors for electronic nose systems, in: Microchimica Acta, 149(1-2), S. 12. 36 Vgl. Gündler, Peter (2004): Chemische Sensoren. Eine Einführung für Naturwissenschaftler und Ingenieure, S. 124f..

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Ein Vorteil der SAW-Sensoren ist die Anwendbarkeit im Gigaherzbereich und

die daraus folgende hohe Empfindlichkeit gegenüber Masseänderungen. Zudem können

zwei Verzögerungsschichten auf einem Piezokristall aufgetragen werden. Die zweite

Schicht kann als Referenz genommen werden, sodass mögliche Drifteffekte gemessen

und ausgeglichen werden können.37 Der Nachteil von SAW Sensoren ist die relativ gro-

ße Temperaturabhängigkeit.38

3.2.1.2 Bulk Acoustic Wave Sensor (BAW)

BAW-Sensoren unterscheiden sich dadurch von SAW-Sensoren, dass die

Schwingung nicht nur auf der Oberfläche besteht, sondern den gesamten Kristall durch-

dringt. Aus diesem Grund werden die Schwingquarze auch als Volumenschwinger be-

zeichnet. Dazu werden auf beiden Seiten des Quarzes Elektroden angebracht. Die durch

eine Spannung hervorgerufene Schwingung durchsetzt den gesamten Kristall und kann

an der zweiten Elektrode als Resonanzfrequenz f0 gemessen werden.39

Abbildung 3.5: Aufbau eines BAW-Sensors. Links ein Schwingquarz im AT- Schnitt. Rechts der Schwingquarz im Querschnitt.40

Auf den Elektroden ist eine für das Analytmolekül sensitive Schicht homogen

aufgetragen. Diese Schicht führt nach der Adsorption von Molekülen aus der Umge-

bung zu einer Masseänderung Δm.

37 Vgl. James, David et al. (2005): Chemical sensors for electronic nose systems, in: Microchimica Acta, 149(1-2), S. 12. 38 Vgl. Wilson, Alphus; Baietto, Manuela (2009): Applications and advances in electronic-nose technologies, in: Sensors, 9 (7), S. 5113. 39 Vgl. Bock, Jens (2000): Selektives und rekalibrierbares Sensorsystem zur Messung charakteristischer Verbindungen in Röstpro-zessen, S. 21. 40 Haas, Torsten (2009): Methodische und technische Grundlagen zur Messung von geruchsaktiven Gasen durch Nutzung eines Mul-tigas-Sensorsystems, S. 13.

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Nach der Sauerbreygleichung:

∆𝑓 =1

𝜚! ∙ 𝑘!∙ 𝑓!! ∙

∆𝑚𝐴 (3.3)

wobei  𝜚! die Dichte, kf die Frequenzkonstante des Quarzes, f0 die Resonanzfre-

quenz, Δm die Änderung der Masse und A die Fläche des Querschnittes des Kristalls

sind,

lassen sich auch hier große Frequenzänderungen Δf bei nur verhältnismäßig geringen

Masseänderungen Δm erwarten. Dies gilt für den am häufigsten gewählten AT-Schnitt

bei Schwingquarzen, welcher die Bauform beschreibt. Bei der Einstellung bestimmter

Werte lässt sich zum Beispiel ein Δf von 2,3Hz bei einem Δm von 10 !"!"! erreichen.

Dadurch sind BAW-Sensoren sehr empfindlich gegenüber dem Analyten. Zudem lassen

sie sich ob der geringen Drift- und Alterungseffekte besonders gut für Langzeitmessun-

gen einsetzen.41 Der Nachteil von BAW-Sensoren ist, dass sie sensitiv für Feuchtigkeit

sind und temperaturabhängig arbeiten.42

3.2.2 Halbleitersensoren (MOS)

Die Halbleitergassensoren (MOS) sind Bauteile, die durch auftragen einer sensi-

tiven Schicht, häufig SnO2, für Gase empfindlich sein können. MOS lassen ein Mess-

signal über die Änderung der materialabhängigen spezifischen Leitfähigkeit bezie-

hungsweise des spezifischen Widerstandes entstehen. Der spezifische Widerstand ρ ist

der reziproke Wert der spezifischen Leitfähigkeit σ. Beide sind somit über

𝜌 =1σ  

(3.4)

miteinander verknüpft.

Die Änderung des Widerstandes Δρ wird durch Physisorption und Chemisorpti-

on über das Hinzufügen oder das Entfernen von Elektronen aus dem Leitungsband der

sensitiven Halbleiterschicht vermittelt. Dazu müssen Konzentrationsänderungen in der

Luft eine variable Steuerspannung erzeugen. 41 Vgl. Haas, Torsten (2009): Methodische und technische Grundlagen zur Messung von geruchsaktiven Gasen durch Nutzung eines Multigas-Sensorsystems, S. 11f.. 42 Vgl. Wilson, Alphus; Baietto, Manuela (2009): Applications and advances in electronic-nose technologies, in: Sensors, 9 (7), S. 5113.

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Die Gleichung 3.5 beschreibt die Änderung des spezifischen Widerstandes in Abhän-

gigkeit der Gaskonzentration in der Luft,

Δ𝜌 = ρ(1+ A ∙ C)!! (3.5)

wobei ρ der Ausgangswiderstand, A sowie α Konstanten und C die Gaskonzent-

ration sind.43

Der Vorgang geschieht zum Beispiel bei MOS-Feldeffekttransistor (MOSFET)

Sensoren zur H2-Detektion über eine Palladiumschicht als Gate-Elektrode. Die drei

Kontakte des MOSFET heißen Source, Gate und Drain. Ein vierter Kontakt (Bulk) ist in

der Regel intern mit S verbunden und dient der Funktion per se. Über ein Heizelement

im Sensor wird eine Betriebstemperatur von 150°C erzeugt, sodass Wasserstoffmolekü-

le in freie Elektronen dissoziieren. Diese diffundieren durch die Metallschicht des Kon-

taktes und werden an der Grenzfläche zur Halbleiterschicht adsorbiert. Dort polarisieren

sie und es entsteht eine partielle Ladungstrennung, die einen Strom zwischen Source

und Drain fließen lässt. Dieser Vorgang ist gut reversibel.44

Abbildung 3.6: Aufbau eines MOSFET Gassensors45

Ein weiterer Ansatz ist es neben der Änderung Δρ/Δσ die durch die Gasreaktion

auf der sensitiven Oberfläche induzierte Änderung der Temperatur ΔT als Messgröße

auszuwerten und somit das Spektrum der Messmethoden zu erhöhen.46 Der Vorteil der

MOS-Sensoren liegt darin, dass der technische Standard hoch ist und sie sich günstig in

43 Vgl. Marques, Lino; de Almeida, Anibal (1998): Application of odor sensors in mobile robotics, in: Autonomous Robotic Sys-tems. S. 87. 44 Vgl. Gündler, Peter (2004): Chemische Sensoren. Eine Einführung für Naturwissenschaftler und Ingenieure, S. 117f.. 45 James, David et al. (2005): Chemical sensors for electronic nose systems, in: Microchimica Acta, 149(1-2), S. 7. 46 Vgl. Hierlemann, Andreas; Gutierrez-Osuna, Ricardo (2008): Higher-Order Chemical Sensing, in: Chemical Review, 108 (2), S. 570f..

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großen Mengen produzieren lassen und als Bauteil sehr klein sind.47 Zudem haben sie

eine Sensitivität im Bereich ppm und können durch das Auftragen verschiedener

Schichten in einem Array für eine hohe Selektivität sorgen. Es ist jedoch eine hohe Be-

triebstemperatur notwendig und damit eine hohe Betriebsleistung. MOS-Sensoren arbei-

ten bei Temperaturen zwischen 300-500°C, MOSFET-Sensoren arbeiten bei Tempera-

turen um 160°C.48

3.2.3 Polymersensoren (CPS)

Analog zu den MOS-Sensoren sind Sensoren auf der Basis von leitfähigen Po-

lymeren entstanden. CP-Sensoren sind mit zwei getrennten Leiterplatten versehen, wel-

che sich unter einem Heizelement befinden. Beide Platten sind mit Kontakten verbun-

den, über die ein Strom als Messsignal fließen kann. Getrennt werden die Leiterplatten

durch eine Polymerschicht.49

Abbildung 3.7: Aufbau eines CP-Sensors

Durch Sorption von Fremdmolekülen auf der Schicht ändert sich die Leitfähig-

keit des Polymers, welche über eine Spannungs- oder Strommessung als Messsignal

verwertet werden kann. Um einer genaueren Beschreibung gerecht zu werden, muss

zwischen extrinsischen und intrinsischen Polymeren differenziert werden. Reine, unbe-

handelte Polymere sind nicht leitfähig. Intrinsisch leitfähige Polymere werden durch

Oxidation p-dotiert, sodass sie ein Maß an gewünschter Leitfähigkeit gewinnen. Der

Mechanismus der Wechselwirkung ist bis heute nicht vollständig verstanden. Bei

extrinsischen Polymeren werden Fremdatome zur Leitfähigkeitserhöhung eingebracht,

ähnlich wie bei der Dotierung von Siliziumhalbleitern. Der Vorteil von CP-Sensoren

besteht in der Breite der Selektivität, der gleichzeitig hohen Empfindlichkeit50 und den

47 Vgl. Wilson, Alphus; Baietto, Manuela (2009): Applications and advances in electronic-nose technologies, in: Sensors, 9 (7), S. 5113. 48 Vgl. James, David et al. (2005): Chemical sensors for electronic nose systems, in: Microchimica Acta, 149 (1-2), S. 4-7. 49 Vgl. Hierlemann, Andreas; Gutierrez-Osuna, Ricardo (2008): Higher-Order Chemical Sensing, in: Chemical Review, 108 (2), S. 571ff.. 50 Vgl. Haas, Torsten (2009): Methodische und technische Grundlagen zur Messung von geruchsaktiven Gasen durch Nutzung eines Multigas-Sensorsystems, S. 8.

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schnellen Ansprechzeiten sowie dem geringen Produktionspreis. Ein Nachteil ist die ge-

ringe Lebensdauer.51

3.2.4 Biochemische Sensoren

Die Rezeptorfunktion eines biologischen Sensors übernimmt ein biologisch aktiver

Stoff. Die Detektion erfolgt fast immer über das sogenannte Schlüssel-Schloss-Prinzip.

Das heißt, dass Moleküle anhand ihrer Form erkannt werden und nur mit kongruenten

Rezeptoren wechselwirken. Jedoch sind Methoden angestrebt, die das Schlüssel-

Schloss-Prinzip aufweichen und zu einer differentiellen Detektion von Molekülen füh-

ren. Das heißt, dass Rezeptoren nicht spezifisch und selektiv arbeiten, sondern mehrere

Formen von Molekülen aufnehmen können. Dieses Prinzip ist dem biologischen Ge-

ruchssinn verwandter. Abbildung 3.8 zeigt, dass differentielle Rezeptoren unterschiedli-

che Formen aufnehmen können, die dann zu einer Musterkomposition zusammengesetzt

werden.52

Abbildung 3.8: Oben das spezifische Schlüssel-Schloss-Prinzip, darunter das differentielle Prinzip53

Bislang wurden zumeist bioaffine oder biokatalytische Sensoren eingesetzt. Bioka-

talytische Sensoren katalysieren, häufig durch Enzyme, eine Reaktion. Durch die Reak-

tionsgeschwindigkeit lässt sich die Konzentration des Analytes bestimmen. Bioaffine

Sensoren binden die Moleküle des Analytes. An der Sensoroberfläche bildet sich ein

Komplex, der indirekt über die Änderung der Elektrodeneigenschaften des Sensors ge-

messen werden kann.

Ein anderer biologischer Ansatz ist der Einsatz von lebenden Zellen. Diese können

bestimmte Chemikalien aus der Umwelt aufnehmen und in einer zellspezifischen Reak- 51Vgl. Wilson, Alphus; Baietto, Manuela (2009): Applications and advances in electronic-nose technologies, in: Sensors, 9 (7), S. 5113. 52 Vgl. Lavigne, John; Anslyn, Eric (2001): Aufspüren eines Paradigmenwechsels auf dem Gebiet der molekularen Erkennung: von den selektiven Rezeptoren zu den differenziellen Rezeptoren, Angewandte Chemie, 113 (17), S. 3213ff.. 53 ebenda.

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tion eine messbare Größe ausgeben. Dies kann zum Beispiel ein elektrisches Signal bei

neuronalen oder Herzzellen sein. Die Zelle selbst arbeitet dabei als Rezeptor und Trans-

duktor. In einem Vortrag an der Universität Tübingen berichtete Dr. Christiane Ziegler

bereits 1999 von neuronalen Zellen, die, mit Drogen in Kontakt gekommen, eine Reak-

tion in Form eines elektrischen Signals liefern.54 Die Universität Rostock hat zudem ei-

nen Multiparametersensor entwickelt, welcher unterschiedliche, zellspezifische Mess-

größen liefert. Der Sensorchip zeigt die Temperatur, die Stoffwechselprodukte, die

elektrischen Impulse und die Adhäsion von Molekülen auf der Sensoroberfläche der

Zellen an. Das Ziel war es ein vielseitiges Messinstrument zu bauen, das dem natürli-

chen Organismus möglichst ähnlich ist. Dennoch unterscheiden sich in vitro geschaffe-

ne Zellen weiterhin von in vivo agierenden Zellen in ihrem Verhalten.55

3.3 Das Sensorarray Unter einem Sensorarray versteht man die Anordnung mehrerer Sensoren zu ei-

nem Sensorfeld. Dabei können unterschiedliche und/oder gleiche Sensoren zusammen-

geschaltet werden. Schaltet man gleiche Sensoren zusammen (Redundanz), hat das den

Vorteil, dass die Messung gegen Störungen unempfindlicher wird, da der Ausfall eines

Sensors durch die anderen kompensiert wird.56

Jedoch ist häufig nicht nur die Detektion von Einzelstoffen angestrebt, sondern

die Messung von stoffübergreifenden chemischen Mustern, welche die Einordnung in

einen chemischen Merkmalraum ermöglichen. Das bedeutet, dass bestimmte Gasmi-

schungen ein bestimmtes Signalmuster erzeugen und dieses einer Geruchsklasse zuge-

ordnet werden kann.57 Ebenfalls kann anhand eines Musters die geringe Selektivität ei-

nes Sensors 1, der Stoff A und B misst, kompensiert werden. Misst Sensor 2 lediglich

Stoff B, bei gewünschter Messung von Stoff A, kann das Ansprechen von Sensor 2 ei-

nen Rückschluss auf das Nichtvorliegen von Stoff A liefern und umgekehrt. Damit ein

Signalmuster entsteht, muss eine Komposition unterschiedlicher Sensoren zusammen-

gestellt werden. Diese Zusammenstellung muss zielorientiert vorgenommen werden und

ist für jede Messanwendung neu durchzuführen. Dabei sind unter anderem die Sensoren

so zu wählen, dass deren Querempfindlichkeit sich nicht signifikant überschneidet und

54 Vgl. Ziegler, Christiane; Häfelinger, Günter (1999): Riechen und riechen lassen: Die Welt der Gerüche und elektronischen Nasen, URL: [http://timms.un tuebingen.de/List/List01.aspx; 25.04.2013, 16:19h]. 55 Vgl. Hierlemann, Andreas; Gutierrez-Osuna, Ricardo (2008): Higher-Order Chemical Sensing, in: Chemical Review, 108 (2), S. 578f.. 56 Vgl. Gündler, Peter (2004): Chemische Sensoren. Eine Einführung für Naturwissenschaftler und Ingenieure, S. 255. 57 Vgl. Boeker, Peter (2003): Methodik und Technik der Online-Geruchsmessung, in: Gefahrstoffe-Reinhaltung der Luft, 63 Nr. 7/8, S. 284.

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das Maximum von Empfindlichkeiten bei je einem anderen Molekül pro Sensor erreicht

wird. Zum Beispiel konnten mit einem Array aus sechs Piezokristallen verschiedene al-

koholische Getränke unterschieden werden.58

Bei dem Erstellen von Arrays kommt häufig die Frage auf, ob mehrere Sensoren

mit einem besseren Ergebnis gleichzusetzen sind. Die Meinungen gehen diesbezüglich

weit auseinander. Auf der einen Seite wird dadurch ein selektiveres und bei der Ver-

wendung redundanter Sensoren ein weniger störanfälliges Signalmuster erzeugt. Auf

der anderen Seite führt es zu höherdimensionalen Signalmustern, worunter die spätere

Analyse ob der möglichen Informationsverluste leiden kann.59

4 Mathematische Verfahren der Signalverarbeitung Bislang wurde erläutert, wie Gase gemessen werden können. Hier wird es darum

gehen die Signale so zu verarbeiten, dass sie ein interpretierbares Ergebnis abbilden.

Das ausgegebene Signalmuster eines Multisensor-Systems wird durch verschiedene

mathematische Verfahren erzeugt. Zum grundsätzlichen Verständnis eignet sich zu-

nächst eine vektorielle Darstellung, da so die Konzentration des Gases und die Gaszu-

sammensetzung getrennt gut erkennbar sind. Abbildung 4.1 zeigt links die Sig-

nalamplituden von drei Sensoren, die rechts in ℝ! aufgetragen sind. Die Lage der Vek-

toren im Raum zueinander repräsentiert das Verhältnis der Sensorsignale zueinander.

Die quantitative Aussage lässt sich über die Länge des Vektors treffen. Zudem ist eine

2-dimensionale Diskriminanzebene eingezeichnet, durch die die chemische Zusammen-

setzung des Gemisches dargestellt wird. Dabei durchstoßen Vektoren ähnlicher Sig-

nalamplituden die Ebene in räumlicher Nähe. Abweichende Signalamplituden durchsto-

ßen die Ebene an einer entfernteren Stelle. Der Abstand zweier durchstoßener Bereiche

repräsentiert den chemischen Unterschied.60 Da bei dieser Methode für n Sensoren n

Dimensionen zur Darstellung nötig sind, wird sie bei mehr als drei Sensoren problema-

tisch, sodass komplexere mathematische Verfahren zur Darstellung eines Geruches an-

gewendet werden müssen.

58 Vgl. Gündler, Peter (2004): Chemische Sensoren. Eine Einführung für Naturwissenschaftler und Ingenieure, S. 260. 59 Vgl. Hierlemann, Andreas; Gutierrez-Osuna, Ricardo (2008): Higher-Order Chemical Sensing, in: Chemical Review, 108 (2), S. 583. 60 Vgl. Boeker, Peter (2010): Elektronische Nasen: Das methodische Konzept und seine Problematik, Teil 1: Einführung und Prob-lemlage, in: Gefahrstoffe-Reinhaltung der Luft, 70 Nr. 7/8, S. 315.

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Abbildung 4.1: Vektorielle Darstellung eines Signalmusters von drei Sensoren61

Abbildung 4.2 zeigt die Signale von sechs Sensoren, zu deren Analyse der vektori-

elle Ansatz nicht ausreicht und triviale Diagramme, wie man an Abbildung 4.2 erkennt,

unübersichtlich wirken und nicht zielführend sind. Für höherdimensionale Signalmuster

müssen also andere Methoden genutzt werden. Die zu wählende Auswertungsmethode

hängt immer davon ab, welches Ziel man verfolgt. Zum Beispiel lassen einige Methode

quantitative Ergebnisse zu, andere hingegen qualitative. Häufig bieten sich zur Ge-

ruchsmessung multivariate Datenanalysen an. Im Folgenden soll das Prinzip der Sig-

nalverarbeitung anhand von zwei Verfahren dargestellt werden.

Abbildung 4.2: Darstellung der Signalstärke in Hz über der Zeit t von sechs Sensoren mit einer Probenänderung nach 2,5 Tagen. Die Interpretation der Signale als chemisches Muster anhand des Diagrammes ist kaum möglich.62

61Boeker, Peter (2010): Elektronische Nasen: Das methodische Konzept und seine Problematik, Teil 1: Einführung und Problemla-ge, in: Gefahrstoffe-Reinhaltung der Luft, 70 Nr. 7/8, S. 315. 62Boeker, Peter (2003): Methodik und Technik der Online-Geruchsmessung, in: Gefahrstoffe-Reinhaltung der Luft, 63 Nr. 7/8, S. 287.

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4.1 Hauptkomponentenanalyse Die Hauptkomponentenanalyse ist ein Verfahren, um komplexe Datensätze zu ver-

anschaulichen. Wie im Beispiel der Einführung gezeigt wurde, können die Signale der

Sensoren in einem kartesischen Koordinatensystem aufgetragen werden. Da für die vek-

torielle Darstellung von n Sensoren n Dimensionen benötigt werden, stößt man bei der

Analyse schnell an Grenzen. Die Hauptkomponentenanalyse ist geeignet die Variablen-

anzahl eines Datensatzes zu reduzieren, sodass die Signale eines Sechs-Sensoren-Arrays

in zwei Dimensionen dargestellt werden können. Veranschaulichen kann man das Ziel

des Verfahrens, wenn man sich die Signale als Farben vorstellt und ein Teil sich aus

Farben wie Blau, Violett, Purpur etc. und der zweite Teil sich aus Farben wie Rot,

Orange, etc. zusammensetzt. Durch das Verfahren würden Blautöne und Rottöne ge-

trennt als Hauptkomponenten dargestellt.

Geometrisch betrachtet sind die Daten Punkte eines Datensatzes in einem n-

dimensionalen euklidischen Raum. Gesucht wird ein r-dimensionaler linearer Unter-

raum, der sich optimal dieser Punktemenge anpasst.63 Dazu werden wie in Abbildung

4.3 die Signale in einem kartesischen Koordinatensystem als Messpunkte auf den Ach-

sen dargestellt und als Messzeitpunktes rechtwinklig in den Raum gelegt.

Abbildung 4.3: 5 Messsignale zweier Sensoren auf eine Dimension projiziert

Anschließend wird die Gerade gesucht, welche das Muster am besten approximiert. Die

Hauptkomponente lässt sich ermitteln, indem man aus allen Signalpunkten einen Mit-

telwert bildet. Die Gerade durch den Mittelwert mit der geringsten Fehlersumme der

euklidischen Abstände zu den Signalpunkten ist die Hauptkomponente. Für die zweite

Hauptkomponente, im Falle von mehr als zwei Variablen, geht man genau so vor und

63 Vgl. Herion, René; Henrion, Günter (1995): Multivariante Datenanalyse, Methodik und Anwendung in der Chemie und verwand-ten Gebieten, S.10f..

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sucht nach der oben beschriebenen Methode eine Gerade, welche jedoch orthogonal auf

der ersten steht.64

Hat man die Anzahl der Variablen weit genug reduziert, kann man die neuen Va-

riablen wieder in einem kartesischen Koordinatensystem darstellen. Häufig wird für die

Darstellung von Gasen ein zweidimensionaler Raum bevorzugt. Der große Vorteil die-

ser Methode ist, dass das Ergebnis durch die Reduktion von Variablen anschaulich

wird, ohne dabei wesentliche Informationen zu verlieren. Abbildung 4.4 zeigt wie, aus

einer Onlinemessung zwei Gasklassen errechnet wurden. Erst hier wird deutlich, dass

die Proben der Messung aus Abbildung 4.2 im Laufe der Zeit eine andere chemische

Signatur enthielten. Durch einen Computer kann eine Referenzmessung mit diesen Wer-

ten verglichen werden. Je nachdem wo der neue Messpunkt liegt, kann er einer Klasse

zugeordnet werden. Je kleiner die Punktwolken sind, desto genauer ist das Ergebnis.

Abbildung 4.4: Darstellung der Signale aus Abbildung 4.1 nach Reduktion der Signale auf zwei Hauptkomponenten. Der chemische Unterschied der Pro-benänderung lässt sich als Distanz zwischen den Ellipsen A und B interpretie-ren.

4.2 Polarplots Alternativ und abhängig vom Ziel der Analyse werden Polarplots erstellt. Mit die-

sen lässt sich eine besonders qualitative Aussage über die Messsignale mehrerer Senso-

ren treffen. Abbildung 4.5 zeigt exemplarisch einen Plot aus sechs Sensoren. Zunächst

wird eine in Abhängigkeit der Anzahl der verwendeten Sensoren geometrische Figur

aufgespannt. Im Fall von sechs Sensoren ein Hexagon. Anschließend wird die Figur in

n Teile unterteilt, wobei n = die Anzahl der Sensoren ist. Aus Gründen der Unterscheid-

barkeit werden die Flächen in unterschiedlichen Farben dargestellt.

64 Vgl. Kockläuner, Gerhard (2000): Multivariate Datenanalyse, am Beispiel des statistischen Programmpakets SPSS, S. 38-49.

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Abbildung 4.5: Regelmäßiges Polarplot Muster aus sechs Sensoren65

Da jeder Sensor für ein anderes Molekül empfindlich ist, wird nach der Messung des

Gases wie in Abbildung 4.6 das Muster verzerrt. Je größer dabei der Ausschlag der Flä-

che ist, desto größer ist das Signal des entsprechenden Sensors. Mit dieser Methode las-

sen sich besonders gut einzelne Moleküle nachweisen.66

Abbildung 4.6: Polarplot-Muster von n-Octan67

4.3 Methodische Probleme und Grenzen der Auswertung Zu der Komplexität des auszuwertenden Signals treten häufig Probleme bei der In-

terpretation dieser auf. Zum Beispiel können Mehrdeutigkeiten unspezifischer Senso-

ren bei unterschiedlicher Gaszusammensetzung zu einem gleichen Ergebnis führen.

Stellt man sich vor, Gas A und B liegen im Empfindlichkeitsbereich von Sensor 1 und

Gas C und D im Empfindlichkeitsbereich von Sensor 2, so würde sowohl das Vorhan-

densein von Gas A und C, als auch das der Gase B und D dasselbe Signal hervorrufen.68

Ein anderes Beispiel ist das Vorhandensein ähnlicher Moleküle. Propan-2-ol liefert, be-

zogen auf die Form des Musters, das gleiche Ergebnis wie Propan-1-ol. Allein die Grö-

ße der Form unterscheidet sich bei gleicher Konzentration. Wird die Konzentration des

einen erhöht oder des anderen gesenkt, nähern sich die Formen auch in der Größe an.

Auch hier stößt man an Grenzen bei der Auswertung.69

65 Weimar, Udo (2003): Elektronische Nasen, URL: [http://timms.uni-tuebingen.de/List/List01.aspx; 29.04.2013, 23:08h]. 66 Vgl. Ziegler, Christiane; Häfelinger, Günter (1999): Riechen und riechen lassen: Die Welt der Gerüche und elektronischen Nasen, URL: [http://timms.un tuebingen.de/List/List01.aspx; 25.04.2013, 16:19h|. 67 Weimar, Udo (2003): Elektronische Nasen, URL: [http://timms.uni-tuebingen.de/List/List01.aspx; 29.04.2013, 23:08h]. 68Vgl. Boeker, Peter (2010): Elektronische Nasen: Das methodische Konzept und seine Problematik, Teil 2: Methodische Anwen-dung, in Gefahrenstoffe-Reinhaltung der Luft, 70 Nr. 10, S. 431f.. 69 Vgl. Weimar, Udo (2003): Elektronische Nasen, URL: [http://timms.uni-tuebingen.de/List/List01.aspx; 29.04.2013, 23:08h].

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5 Potentielle Anwendungsbereiche von Multigassensoren und aktuel-

le Methoden der Gasmessung/-analyse

5.1 Potentielle Anwendungsbereiche Ob auf dem Gebiet der Repression oder der Prävention, Gase können dazu beitra-

gen das polizeiliche Ziel zu erreichen. Grundsätzlich lässt sich der Einsatz von Mul-

tigassensoren überall dort vorstellen, wo auch Spürhunde tätig werden. Aber auch der

Einsatz zur Eigensicherung ist denkbar. Geruchlose oder toxische Gase könnten erkannt

werden und verhindern, dass sich Einsatzkräfte und Unbeteiligte wider ihres Wissens in

Gefahr bringen.

Dennoch, die potentiell interessantesten Anwendungsbereiche sind die schnelle,

unkomplizierte Detektion von Betäubungsmitteln für die Landespolizei und für die

Bundespolizei, darüber hinaus die zuverlässige Detektion von Sprengstoffen. Das Mi-

nisterium für Wissenschaft, Forschung und Technologie NRW förderte aus diesem

Grund ein interdisziplinäres Projekt einer Arbeitsgruppe der Universität Bonn zur Ent-

wicklung von Minisensoren für das Aufspüren von Drogen und Gefahrenstoffen mit 2

Millionen Euro. Das Ziel des Projektes war ein schnelles, zuverlässiges, leicht bedien-

bares und zudem noch preiswertes sowie mobil einsetzbares Gerät zur Gasdetektion zu

entwickeln.70 Ein weitaus ambitionierteres Projekt gab die amerikanische Armee in

Auftrag. Im Rahmen dieses Projektes soll ein biometrisches System zur Identifizierung

von Personen über die körpereigenen Gerüche entwickelt werden. Die Idee basiert auf

den individuellen, flüchtigen organischen Verbindungen, die jeder Mensch in seinem

Körpergeruch trägt. Diese bleiben bis zu einem Monat in der Umwelt bestehen und sol-

len über räumliche wie zeitliche Distanzen nach Vorlage einer Referenz gemessen wer-

den können. Abseits der militärischen Anwendung können mit diesem Verfahren Täter

überführt werden, die, ohne es zu wissen, ihren Körpergeruch am Tatort hinterlassen

haben.71

Es ist absehbar, dass der Nutzen einer zuverlässig funktionierenden Technologie

für die polizeiliche Arbeit von signifikanter Tragweite sein kann. Dennoch werden der-

zeit Hunde eingesetzt oder Verfahren der analytischen Chemie genutzt, um Gerüche zu

70 Vgl. Universität Bonn [Hrsg.] (2009): Minisensoren sollen Drogen und Gefahrenstoffe aufspüren, URL: |http://www3.uni-bonn.de/Pressemitteilungen/238-2009; 06.05.2013, 15:23h|. 71 Vgl. Klotz, Anne (2010): Biometrische Identifizierung, an ihrem Geruch sollt ihr sie erkennen, in: Frankfurter Allgemeine Zei-tung.de, URL: [http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/biometrische-identifizierung-an-ihrem-geruch-sollt-ihr-sie-erkennen-1984308.html; 06.05.2013, 15:52].

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messen. Beide Methoden sollen im Folgenden kurz dargestellt werden, um die Ver-

gleichbarkeit mit einer elektronischen Nase zu herzustellen.

5.2 Gaschromatographie Die Gaschromatographie ist ein physikalisch-chemisches Verfahren, bei dem sich

zu trennende Substanzen zwischen zwei nicht mischbaren Phasen verteilen. Dabei wird

eine mobile Phase (z.B. ein Gas) an einer stationären Phase (z.B. ein Feststoff) vorbei-

geführt. Das Analyt befindet sich in der mobilen Phase. Diese bewegt sich dabei

gleichmäßig an der stationären Phase vorbei. Im Unterschied zum Molekel der mobilen

Phase wechselwirkt das Molekel des Analyten mit der stationären Phase, welche als

Trennstrecke bezeichnet wird. Die geringere Wandergeschwindigkeit des Molekels im

Vergleich zur mobilen Phase lässt sich messen.72 Durch dieses Verfahren können Be-

täubungsmittel, Sprengstoffe und andere polizeirelevante Stoffe nachgewiesen werden.

Der Nachteil dieses Verfahrens ist, dass die Analysezeit deutlich länger als bei elektro-

nischen Nasen ist und die Geräte weder mobil, noch durch Laien bedienbar sind.

5.3 Einsatz von Diensthunden Derzeit sind Hunde das vorherrschende Instrument, um mobil und schnell Gerüche

zu detektieren. Um dem direkten Vergleich zwischen Hund und elektronsicher Nase als

technische Alternative Genüge zu tun, sollen im Folgenden kurz die Einsatzmöglichkei-

ten und Rahmendaten von Diensthunden dargestellt werden.

Häufig werden die üblichen Gebrauchshunderassen wie zum Beispiel der Deutsche,

der Belgische Schäferhund, der Holländisch Herder als Diensthund eingesetzt, da sie ob

ihrer Charaktereigenschaften besonders geeignet sind. Differenziert wird zwischen

Schutzhunden und Spezialhunden. Spezialhunde sind Rauschgiftspürhunde, Leichen-

hunde, Brandmittelspürhunde, Sprengstoffspürhunde oder Fährtenhunde.73 Die Ausbil-

dung dauert drei Monate und kostet ca. 20.000 Euro. Die Hunde werden unterschiedlich

spezifisch ausgebildet. Jedoch ist es in der Regel so, dass jeder Hund die Ausbildung

eines Schutzhundes und darüberhinaus noch eine oder mehrere Spezialausbildungen be-

kommt, um Kosten zu sparen. Der Nachteil ist, dass, je mehr ein Hund kann, desto

schlechter wird das Einzelergebnis. Das führt dazu, dass es den Hund, der alles be-

72 Vgl. Kolb, Bruno (2002): Gaschromatographie in Bildern, eine Einführung, S. 3-7. 73 Vgl. Polizeidirektion Hannover [Hrsg.]: Allgemeines über Diensthunde, URL: [http://www.pd-h.polizei-nds.de/dienststellen/sonderdienststellen/diensthundfuehrerstaffel/allgemeines_ueber_diensthunde/allgemeines-ueber-diensthunde-109079.html; 02.05.2013, 13:26h].

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herrscht, nicht gibt. Für den Diensthund spricht jedoch eine Erfolgsquote von über 95

Prozent beim Auffinden von Substanzen.74

Diensthunde als Lebewesen bergen das Problem, dass Faktoren wie Unkonzent-

riertheit oder Müdigkeit das Ergebnis der Arbeit beeinträchtigen können. Es kann

durchaus passieren, dass ein Hund „keine Lust“ mehr hat und die Arbeit einstellt.75

Aber auch unabhängig von der Lust des Hundes müssen Pausen eingelegt werden. Als

Richtwert für die Arbeitszeiten von Hunden können 20 Minuten Intervalle angenommen

werden, welche sich zyklusmäßig verkürzen. Entscheidend hinzu treten Umstände wie

die Tagesform des Hundes und Umweltfaktoren, welche die Arbeitszeit noch einmal

beeinflussen können.76

6 Aktuelle Studien zu elektronischen Nasen vor einem polizeirelevan-

ten Hintergrund

6.1 Sprengstoffdetektion Auf dem Sektor der Sprengstoffdetektion entwickeln sich derzeit viele konkrete

Ansätze zur mobilen Detektion. 2008 stellte die Universität Bonn zum Beispiel einen

funktionsfähigen Prototyp (Abb. 6.1) zur Onlinedetektion von Triacetonetriperoxid

(TATP) vor, dessen Funktionsprinzip unter 6.1.1 vorgestellt wird.

Abbildung 6.1: odemS (online detection of explosives by microbalance sensors) der Universität Bonn. Links im Vordergrund die QMB-Sensoren (nicht größer als eine 2 Euro Münze) und im Hintergrund die mobile Messeinheit.77 Rechts das Durchsuchen eines Fahrzeugs durch einen Bundeswehrsoldaten.78

74 Vgl. Weitkamp, Martin (2013): Gesprächsnotiz basierend auf einem Telefonat, geführt vom Verfasser. Dortmund, 01.05. 2013. 75 Vgl. Kaye, Brian (1997): Mit der Wissenschaft auf Verbrecherjagd, S. 160f.. 76 Vgl. Weitkamp, Martin (2013): Gesprächsnotiz basierend auf einem Telefonat, geführt vom Verfasser. Dortmund, 01.05. 2013. 77 ProVendis (2010): Referenz-Nr. 1702, odemS - Online Detection of Explosives by Microbalance Sensors Erfindung, URL: [http://www.provendis.info/?pid=2&id=563&search=uni+bonn&id=563&pid=2&L=0&suche_send2=&offer_id=1359; 14.05.2013, 13:41h]. 78 Idw Universität Bonn (2009): Elektronischer Drogen-Schnüffler ersetzt Polizeihunde, in: Scinexx, das Wissensmagazin, URL: [http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-10331-2009-08-11.html; 14.05.2013, 13:28h].

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Neben den folgenden Verfahren ist eine Vielzahl von Herstellern und Geräten zur

Sprengstoffdetektion zu finden, die jedoch durch ihre Größe und ihr Gewicht häufig

immobil sind.

6.1.1 Online-Detektion von Triacetontriperoxid

Triacetontriperoxid ist der meistverwendete Stoff zur improvisierten Sprengmit-

telherstellung und sollte in großen Mengen bei den geplanten Anschlägen der Sauer-

landgruppe zum Einsatz kommen.79 Seit 2002 ist der Stoff als explosionsgefährlich im

Sinne des Sprengstoffgesetzes klassifiziert.80 Die Sprengkraft ist der von Trinitrotoluol

(TNT) annähernd äquivalent und die Herstellung kann mit profanen Haushaltschemika-

lien erfolgen. Während ein Großteil der Technik auf die Detektion von nitrobasiertem,

industriellem Sprengstoff ausgelegt ist, entwickelten Lubczyk et al. (2010) von der

Universität Bonn eine Methode um TATP einfach und schon in geringen Konzentratio-

nen zu messen. Dazu verwendeten sie ein Array aus sechs QMB-Sensoren mit einer Re-

sonanzfrequenz von 200 MHz, wodurch eine hohe Sensitivität bei niedrigen Ansprech-

zeiten erreicht wurde. Zudem konnte durch das Array mit unterschiedlich beschichteten

Sensoren gewährleistet werden, dass das System ähnliche Komponenten anhand des

entstehenden Signalmusters differenzieren kann. Diskriminiert werden sollten im

Versuch TATP, tBu-O-O-tBu, H2O2, H2O und C3H6O, um die Selektivität des Arrays zu

prüfen.

In einem ersten Versuch wurden modifizierte Dendrimere (2) ob ihrer hohen Af-

finität für TATP und der Exklusion von kleinen, polaren Molekülen wie Wasser als sen-

sitive Schicht getestet. Alle getesteten Kandidaten von Dendrimeren lieferten gute Wer-

te in der Empfindlichkeit (1-9 Hz pro ppm TATP). Die besten Ergebnisse lieferte eine

Sensorbeschichtung mit einer Frequenzänderung Δf von 8,91Hz pro ppm TATP. An-

schließend wurde die Komposition aus Sensoren aus Dendrimeren mit der geringsten

Kreuzselektivität für alle getesteten Analyten ausgewählt. Diese schien zudem die ge-

ringsten Alterungseffekte aufzuweisen und konnte mehrere Wochen ohne signifikanten

Leistungsverlust genutzt werden.

Als weiteres Material wurde Cholsäure (3) untersucht. Trotz der höchsten Emp-

findlichkeit von Δf =10,7 Hz pro ppm TATP konnte Cholsäure Methyl Ester nicht ver-

wendet werden, da die Schicht aufgrund des viskoelastischen Effekts nicht ausreichend

79 Vgl. O.V. (2008): Anschläge auf Großstädte geplant, in: Stern.de, URL: [http://www.stern.de/politik/deutschland/sauerland-attentaeter-anschlaege-auf-grossstaedte-geplant-638157.html; 11.05.2013, 13:11h]. 80 Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung [Hrsg.] (2002): Feststellungsbescheid Nr. 413.

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dick aufgetragen werden konnte. Das zweitbeste Ergebnis erbrachte Natriumcholat mit

einer Empfindlichkeit von Δf = 3.8 Hz pro ppm TATP, welche jedoch durch Vergrößern

der Schicht verbessert werden kann. Zudem zeigte dieses Material auch eine Affinität

für zum Beispiel Wasser oder Wasserstoffperoxid.

Als drittes Material wurden Cyclodextrine (4) verwendet. Diese ließen Modellie-

rungen zu und sowohl α- als auch β-Cyclodextrine offerierten eine ausreichende Anfäl-

ligkeit für TATP (Δf = 2,4 Hz pro ppm). Zudem konnte nach weiterer Anpassung eine

höhere Sensitivität für polare, organische Verbindungen wie Aceton erreicht werden,

sodass Cyclodextrin als Teil einer Sensorkomposition in Betracht kam. Abbildung 6.3

zeigt die relativen Ansprechwerte für die verschiedenen Sensoren bei dem gewählten

Analytengemisch, wodurch die Diskrimination von TATP ermöglicht wird.

Abbildung 6.2: Sensortyp 2 zeigt eine hohe Sensitivität gegenüber TATP, tBu-O-O-tBu,C3H6O und eine geringe gegenüber H2O2 und H2O. Sensortyp 3 ist empfindlich für TATP und besonders für H2O2 und H2O. Sensortyp 3 ist besonders für C3H6O anfällig bei gleichzeitigem Anzeigen von TATP.

Nach der Komposition der Sensoren wurde der Beschichtungsprozess der Schwingquar-

ze noch einmal modifiziert, wodurch ein Detektionslimit von 1 ppm erreicht wurde.

Weitere Verbesserungen könnten zu Werten < 0,1 ppm führen. Zudem wiesen die Mes-

sewerte bei Verdünnung der Phase mit Stickstoff auf die Reversibilität der Sensoren

hin.

Bislang war die einzige zuverlässige Methode zur TATP-Detektion der Spür-

hund. Das Sensorarray, basierend auf QMB-Sensoren mit drei verschiedenen Beschich-

tungen, stellt eine funktionierende Alternative dar, der weitere Entwicklungsschritte

folgen werden.81

81 Vgl. Lubczyk, Daniel et al. (2010): Simple and sensitive online detection of triacetone triperoxide explosive, in: Sensors and Ac-tuators B: Chemical, 143(2), S. 561-566.

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6.1.2 Ein bioinspirierter Ansatz zur Detektion von Nitrogruppen

Die Detektion von Sprengstoffen ist aufgrund ihrer niedrigen Dampfdrücke eine

große Herausforderung. Spitzer et al. (2012) entwickelten einen bioinspirierten Nano-

struktursensor mit piezoresistiver Signalerkennung und organischer Beschichtung für

die Detektion von sehr niedrigen Sprengstoffkonzentrationen. Dabei ließen sie sich von

dem Sinnesorgan des Seidenspinners, einer Schmetterlingsart, inspirieren. Diese besit-

zen gefächerte Antennen, auf denen poröse Härchen sitzen, um Pheromone zu detektie-

ren. Um dies nachzuahmen, benutzten Spitzer und seine Kollegen Mikrocantilever aus

Silizium, die sie mit einer dichten, dreidimensional geordneten Schicht aus Titandioxid-

Nanoröhrchen (TiO2-NTs) beschichteten. Titanoxide können die für Sprengstoffe cha-

rakteristischen Nitrogruppen sehr gut binden. Durch die mikromechanische Empfind-

lichkeit der Mikrocantilever bei zugleich großer spezifischer Oberfläche sowie hoher

Affinität der aufgetragenen Schicht erreichten sie eine große Sensitivität für Sprengstof-

fe. Zudem sind die Nanoröhrchen offene Strukturen, wodurch die Massenzunahme be-

schleunigt und die Ansprechzeit verkürzt werden.

Abbildung 6.3: A, B, C: Antennen eines Seidenspinners mit gefächerten Härchen; D, E, F:

nanostrukturierter, mit TiO2-NTs beschichteter, Mikrocantilever; G: teilweise mit TiO2-NTs

beschichteter Mikrocantilever.

Experimentell konnte wiederholt eine Verschiebung der Resonanzfrequenz um

250 Hz bei einer TNT-Konzentration von 530 ppt über die Dauer von drei Minuten

nachgewiesen werden. Anhand dieser Werte lässt sich eine Nachweisgrenze von 1 ppt

extrapolieren. Dies ist ein nie zuvor erreichter Wert für Mikrocantilever. Zudem wurde

die Selektivität des TiO2-NTs in Bezug auf Ethanol und Heptan mit eingebrachten Kon-

zentrationen von δ=6,4*102 bzw. 6,8* 102 ppm bestätigt. Diese Störsubstanzen waren

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um vier Größenordnungen höher als das detektierte TNT mit δ=0,03 ppm. Sie wurden

insbesondere deswegen ausgewählt, da sie gerade an Flughäfen zu erwarten sind.

Trotz des Erfolges müssen die Sensoren noch selektiver gegenüber der realen

Atmosphäre werden und zwischen mehr Sprengstoffen unterscheiden können. Dazu soll

die TiO2-NTs Oberfläche mit spezifischen funktionellen Gruppen oder Biomolekülen

besetzt werden. Das Ziel der Forschung wird die Integration von verschieden funktiona-

len Mikrocantilevern in eine elektronische Nase zur Sprengstoffdetektion sein.82

6.2 Betäubungsmitteldetektion Forschungsberichte mit Bezug auf die Betäubungsmitteldetektion durch Multigas-

sensor-Systeme sind weitaus weniger vertreten als solche zur Sprengstoffdetektion. Ein

funktionsfähiger Prototyp wie der bereits vorgestellte odemS ließ sich in der Form nicht

finden. Häufig wird sich darauf beschränkt, die elektronische Nase als potentielles Gerät

zur Drogendetektion im Rahmen der Zusammenfassung oder Einleitung aufzuführen.

Oishi, Kaneyasu und Ikegami schrieben bereits 1988:

„A smell sensor also has a great future in the following applications: [...] Drug

detection and criminal identification based on smell.“83

Marques und de Almeida gaben in ihrer Publikation (1998), ähnlich wie Nirschl

(2011), als Anwendungsbereich folgendes an:

„A robot with a very sensitive electronic nose that detects [...]

illegal substances (drugs) [..] can be an excellent replacement for

police dogs.“84

„FBAR Sensoren in Luft könnten Gassensoren [...] für Sprengstoff oder Drogen

sein oder als eine sogenannte elektronische Nase dienen.“85

Hieraus lässt sich ableiten, dass grundsätzlich ein Interesse an der Entwicklung eines

Drogendetektionsgerätes besteht. Dass es derweil nicht zur kommerziellen Verwendung

82Vgl. Spitzer, Denis et al. (2012): Ein bioinspirierter nanostrukturierter Sensor für die Detektion von sehr niedrigen Sprengstoff-konzentrationen, in: Angewandte Chemie, 124 (22), S. 5428-5431. 83 Oishi, Kaneyasu und Ikegami (1988): Discrimination of Chemical Compounds and Functional Groups by Pattern Recognition Using an Integrated Sensor, in: Microelectronics International, 5 (2), S.19. 84 Marques, Lino; de Almeida, Anibal (1998): Application of odor sensors in mobile robotics, in: Autonomous Robotic Systems. S. 92. 85 Nirschl, Martin (2011): Thin-film bulk acoustic resonators for biomolecular interaction analysis, S. VI.

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bei der Polizei gekommen ist, könnte mit technischen Defiziten oder zu hohen Produk-

tionskosten zusammenhängen.

Frisk et al. (2006) vom Royal Institute of Technology in Stockholm arbeiten je-

doch an einem konkreten Verfahren der mobilen Drogendetektion mit Biosensoren. Da

sich in der analytischen Chemie die Analyse von Stoffen in einem flüssigen Zustand

bewährt hat, wird dieses Vorgehen am häufigsten angewendet. Die Drogendetektion

soll jedoch direkt aus der Umgebungsluft erfolgen. Frisk et al. (2006) entwickelten da-

für ein offenes Air-Liquid-Interface, das Drogendämpfe aus der Luft aufnimmt und in

einer flüssigen Phase bindet, um anschließend die Analyse in einem Fluid zu ermögli-

chen. Die Messung erfolgt über QCM-Sensoren, die in einer elektronischen Nase inte-

griert werden können.86 Die Sensoren wurden dazu mit einer sensitiven Schicht aus An-

tigenen beschichtet, an der sich Antikörper anbinden können. Der experimentelle Auf-

bau und Ablauf sind Abbildung 6.4 dargestellt.

Abbildung 6.4: Oben: Schematischer Versuchsaufbau des Biosensorsystems mit offenem Air-Liquid-

Interface und darüber liegender Probe (Filter), dem QCM-Array, dem Fluidsystem mit Pumpe und dem

Auswertecomputer. Unten links: Open Interface mit adsorbierten Probemolekülen im Fluid. Unten rechts:

A. Anströmende Probemoleküle an die mit Antiköpern besetzte sensitive Sensorschicht des QCM; B.

Ankoppeln der Antikörper an die Probemoleküle und Frequenzänderung der QCM.87

Das Prinzip ist, dass ein Fluid (phoshate buffer solution) durch ein System, bestehend

aus einem offenen Interface und einem Sensorarray, gepumpt wird und dabei als Träger

der Probemoleküle fungiert.

86 Vgl. Frisk, Thomas et al. (2006): A micromachined interface for airborne sample-to-liquid transfer and its application in a bio-sensor system, in:Lab on a Chip, 6(12), S. 1504-1509. 87 Frisk, Thomas et al. (2005): Fast narcotics and explosives detection using a microfluidic sample interface, in Solid-State Sensors, Actuators and Microsystems, 2005. Digest of Technical Papers. TRANSDUCERS'05. The 13th International Conference on (Vol. 2), S. 2151.

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Vor einer Messung müssen die mit Antigenen beschichteten QCM mit Antikörpern be-

setzt werden. Dazu werden Antikörper von außen solange über das Fluid an den Senso-

ren vorbeigeführt, bis sich an ihnen eine konstante Resonanzfrequenz f0 einstellt, also

alle Antigene besetzt sind. Anschließend kann die Messung mit einer Probesubtanz er-

folgen. Diese wird auf einem Filterpapier, das sich über dem offenen Interface befindet,

auf ca. 270°C erhitzt, sodass es verdampft. Wenn dieser Dampf auf die flüssige Phase

des Interfaces trifft, kondensiert er und wird in die Phase adsorbiert. Da das Fluid durch

das System gepumpt wird, gelangen die Probemoleküle zu den Sensoren, von denen

sich dann die Antikörper wieder lösen und sich an die Probe binden. Durch das Lösen

ändert der QCM seine Masse m und somit seine Schwingfrequenz f.88 Der Grund für

das Lösen von den Antigenen ist, dass die Antikörper gegenüber der Probesubstanz

(hier Drogen) affiner sind.

In einer letzten Studie zu diesem Sensorsystem wurden XTC und Kokain ge-

messen. Dabei wurde eine Empfindlichkeit bei XTC von ∿15Hz 100ng-1 und ∿ 5Hz

100ng-1 erreicht. Die ungefähre Messzeit betrug ca. 30 Sekunden pro Messung. Ein

Problem der Anwendung scheint der stetige Verbrauch des Fluides zu sein. Frisk et al.

gaben den Verbrauch mit 3,5µl pro zehn Minuten Laufzeit an und schlossen damit die

Notwendigkeit des Mitführens großer Reserven aus, sodass ein mobiler Gebrauch

dadurch nicht ausgeschlossen ist. Zudem ist das System aufgrund der verwendeten

Technologie kostengünstig und kann auch, bezogen auf die Größe und das Gewicht,

portabel gefertigt werden. 89

7 Anwendbarkeit von elektronischen Nasen in der Kriminaltechnik Das Ziel dieser Arbeit war es den Forschungsstand polizeibezogener Applikationen

elektronischer Nasen vor einem funktionalen und vor einem ökonomischen Hintergrund

dahingehend zu bewerten und einzuschätzen, ob sie eine denkbare Alternative zur ana-

lytischen Chemie und Diensthunden darstellen. Im Verlauf der Arbeit hat sich gezeigt,

dass ein grundsätzlicher, funktionaler Unterschied zwischen dem biologischen Geruchs-

system und elektronischen Nasen besteht, weshalb der Begriff Multigassensor-System

der weitaus schärfere ist. Bezogen auf die kriminachtechnische Anwendbarkeit wurden

einige neue Technologien vorgestellt. Eine Schwäche der Arbeit ist, dass viele Projekte

88 Vgl. Frisk, Thomas et al. (2005): Fast narcotics and explosives detection using a microfluidic sample interface, in Solid-State Sensors, Actuators and Microsystems, 2005. Digest of Technical Papers. TRANSDUCERS'05. The 13th International Conference on (Vol. 2), S. 2151-2154. 89 Frisk, Thomas et al. (2008): An integrated QCM-based narcotics sensing microsystem. in: Lab on a Chip, 8(10), S.1648-1657.

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geheim sind90 und somit nicht in die Bewertung mit einbezogen werden konnten.

Trotzdem lassen sich einige Erkenntnisse ableiten.

Bezogen auf den Stand der Forschung und die funktionalen Aspekte hat sich her-

ausgestellt, dass jede Technologie auf einen spezifischen Anwendungsbereich be-

schränkt ist und es ein universell einsetzbares Gerät nicht gibt. Ganz im Gegenteil. Wie

sich bei der Entwicklung elektronischer Nasen zur Sprengstoffdetektion zeigte, muss

weiterhin bezüglich der Anwendung nach der Detektion von Nitrogruppen und TATP

differenziert werden. Dabei erreichten Spitzer et al. (2012) mit ihrem Mikrocatilever zur

TNT-Detektion eine sehr hohe Sensitivität im Bereich ppt. Jedoch muss die Selektivität

gegenüben realen Störgrößen in der Umwelt noch erhöht werden, um einen anwendba-

ren Prototypen zu produzieren. Lubczyk et al. (2010) entwickelten hingegen bereits ei-

nen funktionierenden Prototypen zur TATP-Messung, dessen Sensitivität jedoch nur im

Bereich ppm liegt und damit um den Faktor 106 geringer als die Empfindlichkeit von

Hunden ist.

Bei der Detektion von Betäubungsmitteln lag das Problem für die in dieser Arbeit

vorgestellte Anwendung von Frisk et al. (2008) in der Distanz, über die gemessen wur-

de. Es deutete sich bei dieser Methode zwar an, dass die Detektion von verschiedenen

Drogen mit einem Gerät möglich ist, jedoch wurde die Probe direkt über der Schnittstel-

le zur Messeinheit platziert und musste auf 270°C erhitzt werden. Da es hier nicht um

die Klassifikation eines Substrates geht, sondern um das Auffinden versteckter und/oder

verpackter Drogen, erscheint dieses Verfahren in der Form nicht zielführend. Die er-

wähnte Möglichkeit, einen Täter über den hinterlassenen Körpergeruch zu finden, wur-

de in der wissenschaftlichen Literatur nicht erwähnt und kann nach dem Stand dieser

Arbeit unter futuristischem Wunschdenken medialer Berichterstattung subsumiert wer-

den.

Insgesamt ist nach dem Erkenntnisstand und der Fragestellung dieser Arbeit die

Anwendbarkeit von elektronischen Nasen vor einem funktionalen Hintergrund im tägli-

chen Polizeidienst zu verneinen, da sie Schwächen in der Sensitivität sowie der Selekti-

vität aufweisen und zudem anwendungsspezifisch sind. Allein die komplementäre An-

wendung elektronischer Nasen zur Langzeitsprengstoffdetektion für die Bundespolizei

an Flughäfen etc. erscheint derzeit als sinnvoller Anwendungsbereich.

Im Gegenteil dazu lassen ökonomische Aspekte eine andere Interpretation zu. Es

stellte sich heraus, dass ein Großteil der elektronischen Nasen mit Mikroschwingquar-

90 Vgl. Royal Institute of Technologie Stockholm: The electronic Nose, URL: [http://www.particle.kth.se/~fmi/proj/nose7.html; 18.05.2013, 01.18h].

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zen realisiert wurde. Da es sich bei Schwingquarzen um eine ausgereifte Technologie

handelt, können diese kostengünstig und miniaturisiert als Massenprodukt gefertigt

werden. Im Vergleich zu Gaschromatographen oder Ionenscannern, die Drogen erken-

nen und klassifizieren können, wäre die Methode von Frisk et al. (2008) eine kosten-

günstige Alternative der Drogenerkennung und Klassifikation. Ebenso basiert der

odemS von Lubczyk et al. (2010) auf QMB-Sensoren und ist somit kostengünstig in der

Produktion.

Als Fazit bleibt zu sagen: Im Vergleich zur olfaktorischen Wahrnehmung des Hun-

des und dessen universellen Einsatzmöglichkeiten sind Multigassensoren lediglich ein

komplementärer Ansatz zur Sprengstoffdetektion über große zeitliche Distanzen. Im

Vergleich zu analytischen Untersuchungen in Kriminaluntersuchungsstellen kann die

Methode von Frisk et al. (2010) eine kostengünstige Substraterkennung darstellen. Eine

mobiles Gerät zum universalen Aufspüren von polizeirelevanten Substraten ist nach

dem Stand der Technik jedoch nicht verfügbar.

Signifikant bei der Literaturrecherche war, dass die mediale Darstellung häufig den

Eindruck einer baldigen Ablösung des Diensthundes vermittelt. Da dies nicht bestätigt

werden konnte, entsteht der Eindruck, dass im Sicherheitssektor mehr von elektroni-

schen Nasen versprochen wird, als sie halten können. Zuletzt versprach ein britisches

Unternehmen mobile Sprengstoffdetektoren und verkaufte unbrauchbare Detektoren

zum Stückpreis von 40.000 Dollar in großer Stückzahl in den Irak.91

8 Aussicht Abschließend soll eine Aussicht geschaffen werden, die die einleitende Frage nach

der Anwendbarkeit von Multigassensorsystemen für die Zukunft klärt. Dazu wurde ein

telefonisches Interview mit Herrn Dr. Peter Boeker, Privatdozent und Leiter von Altra-

SensⒸ Geruchsmessung, geführt. Die Detektion von Brandmitteln, Betäubungsmitteln

und Individualgerüchen eines Menschen mit der Technik wie sie hier vorgestellt wurde,

schließe er aus. Dies liege an der zu geringen Empfindlichkeit der Sensoren im Bereich

ppm. Zudem würden Multigassensoren sehr spezifisch arbeiten, wodurch eine Anwen-

dung für mehrere Zielstoffe gleichzeitig nicht möglich sei. Aus diesen Gründen können

Beiträge, die elektronische Nasen als echte Konkurrenz für Spürhunde bei der Polizei

ankündigen, kritisch aufgefasst werden. Häufig würde sich von und gerade auch durch

91 Vgl. O.V. (2010): Irak: Britische Firma verkaufte unbrauchbare Sprengstoffdetektoren, in: Spiegel-Online, URL: [http://www.spiegel.de/politik/ausland/irak-britische-firma-verkaufte-unbrauchbare-sprengstoffdetektoren-a-673630.html; 18.05.2013, 10:51h].

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den Begriff elektronische Nase, zu viel versprochen. Aber es sei auch immer die Frage,

wie man elektronische Nasen genau definiert. Zukünftig könnten andere Technologien

miniaturisiert und mobil eingesetzt werden, um Gerüche zu messen.92 Diese Technolo-

gie könnten Ionescanner sein. Diese gibt es bereits zu Detektion von Sprengstoffen wie

RDX, PETN, NG, TNT, HMX, TATP bei gleichzeitiger Messbarkeit von Drogen wie

Kokain, Heroin, Amphetamin, Methamphetamine, MDA, THC. Jedoch wiegt ein sol-

ches Gerät noch 19kg93 und kostet 50.000 Euro94 und ist somit von einer Anwendbar-

keit, wie elektronische Nasen es versprechen, weit entfernt.

92 Vgl. Boeker, Peter (2013): Gesprächsnotiz basierend auf einem Telefonat, geführt vom Verfasser. Dortmund, 16.05. 2013. 93 Vgl. Smiths Detection: Produktbeschreibung zu IONSCAN 500DT, URL: [http://www.smithsdetection.com/deu/1526.php; 18.05.2013; 02:41h]. 94 Telefonische Auskunft des Unternehmens Smiths Detection vom 22.05.2013, 15:00h.

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9.3 Interviews

Boeker, Peter (2013): Gesprächsnotiz basierend auf einem Telefonat, geführt vom

Verfasser. Dortmund, 16.05. 2013.

Weitkamp, Martin (2013): Gesprächsnotiz basierend auf einem

Telefonat, geführt vom Verfasser. Dortmund, 01.05. 2013.

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10 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 3.1:

Analogie zwischen biologischer und technischer Signalverarbeitung, S. 10.

Abbildung 3.2:

Schematischer Aufbau von der Detektion bis zur Auswertung einer elektronischen Nase,

S. 11.

Abbildung 3.3:

Piezoeffekt veranschaulicht an einer Quarzelementarzelle. Links der

asymmetrische Kristall. Rechts die Dipolbildung nach der Verformung durch eine äu-

ßere Krafteinwirkung, S. 11.

Abbildung 3.4:

Funktionsschema SAW-Sensor, S. 17.

Abbildung 3.5:

Aufbau eines BAW-Sensors. Links das Bauteil und rechts der

Schwingquarz im Querschnitt, S. 18.

Abbildung 3.6:

Aufbau eines MOSFET Gassensors, S.20.

Abbildung 3.7:

Aufbau eines CP-Sensors, S. 21.

Abbildung 3.8:

Oben das spezifische Schlüssel-Schloss-Prinzip, darunter das

differentielle Prinzip, S. 22.

Abbildung 4.1:

Vektorielle Darstellung eines Signalmusters, S. 25.

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Abbildung 4.2:

Darstellung der Signalstärke in Hz über der Zeit t von 6 Sensoren mit einer Probenän-

derung nach 2,5 Tagen. Die Interpretation der Signale als chemisches Muster anhand

des Diagrammes ist kaum möglich, S. 25.

Abbildung 4.3:

5 Messsignale zweier Sensoren auf eine Dimension projiziert, S. 26.

Abbildung 4.4:

Darstellung der Signale aus Abbildung 4.1 nach Reduktion der

Signale auf 2 Hauptkomponenten. Der chemische Unterschied der Probenänderung

lässt sich als Distanz zwischen den Ellipsen A und B interpretieren, S. 27.

Abbildung 4.5:

Regelmäßiges Polarplot-Muster aus 6 Sensoren, S. 28.

Abbildung 4.6:

Polarplot-Muster von n-Octan, S. 28.

Abbildung 6.1:

odemS (online detection of explosives by microbalance sensors) der Universität Bonn.

Links im Vordergrund die QMB-Sensoren (nicht größer als eine 2 Euro Münze) und im

Hintergrund die mobile Messeinheit. Rechts das Durchsuchen eines Fahrzeugs durch

einen Bundeswehrsoldaten, S. 31.

Abbildung 6.2:

Sensortyp 2 zeigt eine hohe Sensitivität gegenüber TATP, tBu-O-O-

tBu,C3H6O und eine geringe gegenüber H2O2 und H2O. Sensortyp 3 ist

empfindlich für für TATP und besonders für H2O2 und H2O. Sensortyp 3 ist

besonders für C3H6O anfällig bei gleichzeitigem Anzeigen von TATP, S. 33.

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Abbildung 6.3:

A, B, C: Sensoren eines Seidenspinners; D, E, F: nanostrukturierter, mit TiO2-NTs be-

schichteter, Mikrocantilever; G: teilweise mit TiO2-NTs beschichteter Mikrocantilever,

S. 34.

Abbildung 6.4:

Oben: Schematischer Versuchsaufbau des Biosensorsystems mit offenem Air-Liquid-

Interface und darüber liegender Probe (Filter), dem QCM-Array, dem Fluidsystem mit

Pumpe und dem Auswertecomputer. Unten links: Open Interface mit adsorbierten Pro-

bemolekülen im Fluid. Unten rechts: A. Anströmende Probemoleküle an die mit Antikö-

pern besetzte sensitive Sensorschicht des QCM; B. Ankoppeln der Antikörper an die

Probemoleküle und Frequenzänderung der QCM, S. 36.

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51

11 Glossar

Absorption: Aufsaugen einer Substanz in das Volumen des Sensors

Adsorption: Anreicherung von Substanzen an der Grenzschicht eines

Sensors

Antigen: Stoff, an den sich Antikörper spezifisch binden können

Antikörper: Proteine, die als Reaktion auf Antigene vom

Immunsystem gebildet werden und sich an diese binden

können

Array: Sensorfeld, bestehend aus unterschiedlichen oder gleichen

Sensoren

Chemisorpton: Adsorption durch chemische Bindungen

Cholsäure: Chemische Gruppe der Sterine. Die Salze werden Cholate

genannt (hier genutzt als sensitive Sensorschicht)

Cyclodextrine: Ringförmige Abbauprodukte von Stärke (hier genutzt als

sensitive Sensorschicht)

Dampfdruck: Stoff- und temperaturabhängiger Gasdruck eines

mehrphasigen, abgeschlossenen Systems mit flüssiger

Phase

Dendrimere: Hochverzweigte, kugelförmige Makromoleküle

(hier genutzt als sensitive Sensorschicht)

Dipol: Hier: Ladungstrennung auf mikroskopischer Skala in

einem asymmetrischen Molekül

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Drift: Änderung der Messgröße durch Störgrößen (z.B.

Temperatur)

BAW-Sensor: Bulk Acoustic Wave Sensor (auch QMB, QCM):

Massenabhängige Frequenzänderung der Körperschallwel-

le im Volumen des Schwingquarzes (Messgröße: Δm)

Bulbus olfactarius: Anschwellung an der vorderen Basis des Gehirns (auch

Riechkolben). Endpunkt der Riechzellen

DA: Atomare Masseneinheit, 1 DA ≜ 1,600538921(73) ⋅27kg

[M]

Gaschromatografie: Analysenmethode zum Auftrennen von Gemischen in

einzelne chemische Verbindungen

Massenspektroskopie: Verfahren zum Messen der Masse von Atomen oder

Molekülen

Mikrocantilever: Bioinspirierter, chemischer, frequenzverändernder Sensor

aus winzigen biegbaren Balken

Molekel: Atom oder Molekül

MOS-Sensor: Metall Oxide Semiconductor: Halbleitersensor, dessen

Leitfähigkeit sich bei einer Arbeitstemperatur zwischen

200°C und 500°C nach Interaktion mit einem Gasmolekül

verändert (Messgröße: Δσ)

MOSFET-Sensor: Metal Oxide Semiconductor Field Effect Transistor:

Halbleitersensor, dessen Leitfähigkeit sich bei einer

Arbeitstemperatur ab 150°C nach Interaktion mit einem

Gasmolekül verändert (Messgröße: Δσ). Die Ansteuerung

geschieht über ein elektrisches Feld und damit leistungslos

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Nitrogruppe: Funktionelle Gruppe NO2 der organischen Chemie (z.B.

TNT)

QMB-Sensor: Quarz Crystal Microbalance Sensor (auch QCM, BAW):

Massenabhängige Frequenzänderung der Körperschallwel-

le im Volumen des Schwingquarzes (Messgröße: Δm)

Querempfindlichkeit: Sensitivität für Größen neben der Messgröße

SAW-Sensor: Surface Acoustic Wave Sensor: Massenabhängige

Frequenzänderung der Körperschallwelle auf der Oberflä-

che des Schwingquarzes (Messgröße: Δm)

Schwingkreis: Resonanzfähige Schaltung, die eine elektrische

Schwingung erzeugen kann

Selektivität: Anzahl der Stoffe, auf die ein Sensor anspricht. Je höher

die Selektivität, desto geringer die Anzahl der Stoffe

Sensitivität: Menge an Molekülen (ppm), bei der ein Sensor anspricht.

Je höher der Sensitivität, desto geringer die benötigte An-

zahl an Molekülen

Triacetontriperoxid: Acetonperoxid (auch TATP) ist ein hochexplosiver Stoff

mit der Schlagempfindlichkeit eines Initialsprengstoffs

Titandioxid: Ein in der Größe gut modifizierbares Molekül (Hier als

sensitive Nanoschicht für Sensoren)

Operationsverstärker: Elektronisches Bauteil zur Verstärkung und Umformung

(z.B. durch Integration oder Differentiation) von elektri-

schen Signalen

Phase: Der Begriff Phase bezeichnet in diesem Kontext einen

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stofflichen Aggregatzustand

Physisorption: Adsorption vermittelt durch physikalische Kräfte

ppm: Parts Per Million = 10-6 = !!"!

(Konzentration in der Luft)

ppt: Parts Per Trillion = 10-12 = !!"!"

(Konzentration in der Luft)

Resonanzfrequenz: Anregung mit der Eigenfrequenz eines schwingungsfähi-

gen Systems (Quarz) zur Erzeugung eines stabilen

Schwingkreises

Valenzelektronen: Elektronen auf den äußeren Orbitalen eines Atoms, die die

Wertigkeit bestimmen und für Bindungen verantwortlich

sind

Van-der-Waals-Kräfte: Schwache, nicht kovalente Wechselwirkungen zwischen

Molekülen oder Atomen

Viskoelastischer Effekt: Elastizität eines nicht-newtonschen Fluides über kurze

Zeiten, mit Übergang zum Flüssigen über lange

Zeitdistanzen

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12 Anhang

Erklärung

Ich versichere, dass ich die vorstehende Arbeit eigenständig und

ohne fremde Hilfe angefertigt und mich anderer als der in der Arbeit

angegebenen Hilfsmittel nicht bedient habe. Alle Stellen, die

sinngemäß oder wörtlich aus Veröffentlichungen – auch aus

Internetquellen - übernommen wurden, sind als solche kenntlich

gemacht.

Die Arbeit wurde bisher weder in Teilen noch insgesamt von mir oder

einer Dritten/einem Dritten als Studienleistung vorgelegt oder

veröffentlicht.

Mir ist insofern bekannt, dass es sich insbesondere bei Plagiarismus

um ein schweres akademisches Fehlverhalten handelt.

Die Arbeit umfasst ____________________________________________Wörter.

Name, Vorname: _______________________________________________________

Ort/ Datum: __________________________________________________________

Zutreffendes bitte ankreuzen:

□  Ich versichere, dass ich bei der Erstellung der Bachelorarbeit keine

Quellen verwendet habe, die als „Verschlusssachen – nur für den

Dienstgebrauch“ eingestuft sind.

□  Ich habe bei der Erstellung der Arbeit Quellen verwendet, die als

„Verschlusssache - nur für den Dienstgebrauch" eingestuft sind. Mir

ist bekannt, dass meine Arbeit daher ebenfalls als „Verschlusssache -

Nur für den Dienstgebrauch" einzustufen ist. Ich verpflichte mich

ausdrücklich, die Arbeit verschlossen aufzubewahren und unbefugten

Personen nicht zugänglich zu machen. Mir ist bekannt, dass eine

Veröffentlichung der Arbeit ausgeschlossen ist und die Arbeit bei der

Einschreibung in einer anderen Hochschule nicht vorgelegt werden kann.

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Unterschrift: ______________________________________________